wie immer ist eine Menge los in der Welt, das Sommerloch lässt seit gefühlt 20 Jahren auf sich warten. Boris Johnson hat nach eigenen Aussagen seinen Lieblingsjob verloren (das Aufatmen aus Großbritannien hört man bis hier) – nicht die Arbeitsbedingungen, die uns interessieren. Aber: Die Inflationsproteste bleiben aktuell ebenso wie Migration und Flucht. Heute haben wir anlässlich des Ferienbeginns in vielen Bundesländern unseren Schwerpunkt im Newsletter auf Arbeitskämpfe in der Flugindustrie gelegt. Zum einen findet ihr ein länderübergreifendes Übersichtsdossier über die aktuellen Arbeitskämpfe im Flugsektor. Zum anderen haben wir die neuen Entwicklungen in Frankreich, Spanien, der Schweiz und Co. auch extra aufgeführt. Und nicht zu vergessen: Der bundesweit wichtige Streik in den Kliniken in NRW geht weiter und braucht unsere Unterstützung!
Wir wünschen wie immer viel Spaß beim Lesen und freuen uns auf Feedback! Mag und Anne
a) Uns wichtigste Veröffentlichungen seit dem letzten Newsletter:
Personalmangel tötet. Streikende der NRW-Unikliniken veröffentlichen Schwarzbuch
„Am 4. Juli, in ihrer bereits zehnten Streikwoche, wandten sich Streikende aus den sechs Unikliniken in NRW an die Öffentlichkeit. In der mit mehr als 500 Menschen vollbesetzten Agneskirche in Köln-Nippes stellten sie ihr „Schwarzbuch“ vor. Darin dokumentieren sie die ungeheuren körperlichen und psychischen Belastungen für die Beschäftigten, aber auch Ereignisse, bei denen Patient*innen durch den Personalmangel zu Schaden gekommen sind. Sie machen damit klar, dass es in dieser Auseinandersetzung um einen Entlastungstarifvertrag nicht nur um die Belange der Beschäftigten, sondern auch um die Gesundheit und das Leben der Patient*innen geht. Angesichts der Unnachgiebigkeit der Unikliniken, die bisher in dieser Tarifauseinandersetzung noch kein nennenswertes Angebot vorgelegt haben, haben sich die Streikenden entschlossen, das Schweigen über die Missstände zu brechen. Sie wollen diese Zustände nicht weiter verantworten. Das Schwarzbuch enthält Hunderte Berichte aus den sechs Unikliniken in NRW. Streikende und Unterstützer*innen haben 12 davon aus verschiedenen Bereichen und Berufsgruppen vorgelesen, die deutlich machen, wie der Personalmangel und das Profitstreben im Krankenhaus tagtäglich zu unerträglichen Situationen und zu Schädigungen von Patient*innen führen, bis hin zu Todesfällen. Mit diesen schockierenden Berichten haben sie nach mehr als neun Wochen Streik endlich eine größere mediale Öffentlichkeit erreicht…“ Aus dem Artikel von Alix Arnold vom 6.7.22 – wir danken!
Siehe im Dossier weitere aktuelle Meldungen – auch Informationen zum Schwarzbuch
Luftindustrie am Boden: Weltweite Arbeitskämpfe als Reaktion auf die „Cost-Cutting Crazyness“
Seit Beginn des Sommers 2022 fallen weltweit viele Flüge aus aufgrund der „Cost-Cutting Craziness“, wie es laut Reuters-Meldung vom 7. Juli 2022 (engl.) Kolleg:innen des Lufthansa-Personals nannten. Wir haben bereits im Artikel Der Traum vom Fliegen? wirtschaftspolitische, pandemische und umweltrelevante Zusammenhänge der Krise der Luftfahrt dokumentiert. Aus umweltpolitischer Sicht sind die Ausfälle der Flüge durchaus zu begrüßen. Immerhin wurde gerade ein weiteres Ozonloch über dem Amazonas entdeckt, das auf 50% der Erdbevölkerung verheerende Auswirkungen haben kann (MDR-Meldung vom 5. Juli 2022). Die Erdtemperatur steigt weiter an. Doch die fehlenden umweltfreundlichen und planbaren Alternativen und die stressigen Arbeitsbedingungen in der Luftfahrt sind ein Grund, trotz einer erfreulichen Ruhe am Himmel, das „Flugchaos“ weiter zu beobachten und hier einen Blick auf die Arbeitskämpfe in dieser Industrie sowohl international als auch in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Schweiz, Spanien, USA (to be continued) zu werfen – denn wer weiß, vielleicht wird auch das Thema „Konversion“ auch beim Fliegen wieder auf die Tagesordnung gesetzt? Siehe unseren internationalen Überblick
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte weist Beschwerde des MB gegen Tarifeinheitsgesetz zurück, dieser bekräftigt Forderung nach Abschaffung des Gesetzes – und Armin Kammrad kommentiert
„… Der Witz an der EGMR-Mehrheitsentscheidung zum Vertragsverbot für Minderheitsgewerkschaften durch das Tarifeinheitsgesetz ist jedoch auch, dass die maßgeblich vom Nazi-Rechtsvertreter und ersten BAG-Präsidenten Nipperday geprägte Rechtsauffassung zum Streik, welche nur Arbeitskämpfe zulässt, deren Ziele tariflich vereinbart werden können, so gerade pluralisiert wird. Denn zur praktischen gewerkschaftlichen Interessendurchsetzung sind bindende Verträge gar nicht erforderlich, ja, u.U. sogar hinderlich. Letzteres erleben wir aktuell ganz hautnah. Denn fast alle der ursprünglichen Tarifvereinbarungen haben nicht die nun eingetretenen extremen Preiserhöhungen berücksichtigt. Das bürgerliche Recht fordert nun von der tarifgebundenen Gewerkschaft trotzdem Vertragserfüllung. Eine Rechtsauffassung, die jedoch eher nachteilig für die Gewerkschaften ist. Aber wenn die kleinen Gewerkschaften gar keine Tarifverträge abgeschlossen haben, weil sie das angeblich nicht durften, wie können sie dann eine Vertragsverletzung begehen, wenn sie zum Streik aufrufen?…“ aus den Anmerkungen von Armin Kammrad vom 7. Juli 2022, siehe im Dossier zum juristischen Kampf gegen das Tarifeinheitsgesetz zudem das Urteil vom 5.07.2022 beim ECHR und die Pressemitteilung des Marburger Bundes (und zuvor das Bundesverfassungsgericht)
AKTUELL BEI LABOURNET.TV: Inside Amazon Labor Union
„„Man muss den Arbeiter*innen zeigen wie stark eine Gewerkschaft ist.“ (aus dem Video) Am 1. April 2022 wurde in Staten Island/New York die erste Amazon Gewerkschaft gegründet – gegen den erbitterten Widerstand des Managements, das Millionen Dollars für Union Busting ausgegeben hatte. Die Genoss*innen von More Perfect Union haben den Gewerkschaftskampf im Amazon Warenlager Staten Island (JFK8) vom ersten Tag an verfolgt. Ihr Filmmaterial aus den ersten Tagen der Amazon-Gewerkschaftskampagne zeigt, wie die Arbeiter*innen sich organisiert haben: Die Akltivist*innen der Amazon Labor Union versorgten die Arbeiter*innen mit Essen, halfen ihnen Rechnungen zu bezahlen und traten in gewerkschaftsfeindlichen Versammlungen des Managements auf…“ Video von labournet.tv (engl. mit dt. UT | 5 min | 2022)
Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged
Le point de rencontres de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils aient ou non un emploi
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