Essen aus dem Müll gerettet – gegen Containern als Straftat

Dossier

[Petition] Containern ist kein Verbrechen! Wir brauchen eine Gesetzesänderung!Zwei junge Frauen sind heute wegen sogenanntem „Containern“ vom Amtsgericht Fürstenfeldbruck schuldig gesprochen worden, genauer wegen gemeinsam begangenem Diebstahl. (…) Die beiden Frauen hatten Lebensmittel, die sie noch für verwertbar halten, aus der Mülltonne eines Supermarktes mitgenommen. Die beiden Studentinnen wollten damit auf das Thema „Lebensmittelverschwendung“ hinweisen. Das Amtsgericht Fürstenfeldbruck sah in dieser Aktion jedoch einen gemeinsam begangenen Diebstahl. (…) Sie seien keine Diebinnen, und nachdem der Supermarkt die Waren bereits entsorgt hätte, sei ihm auch kein Schaden entstanden, als sie die Lebensmittel mitgenommen hätten – so ihre Argumentation. (…) Vor dem Prozess hatten mehrere Dutzend Menschen demonstriert…“ Meldung vom 30.01.2019 bei BR24 externer Link, siehe die Aktionsseite Containern ist kein Verbrechen! Freispruch für Franzi & Caro externer Link und hier zum Fall wie zur Debatte:

  • Straffreies Containern: Kein Ende der Debatte in Sicht New
    Politiker diskutieren, ob Containern weiter bestraft werden soll. Immer mehr Initiativen werden aktiv, um übriggebliebenes Essen gerecht zu verteilen. Der Kern des Problems ist systembedingt. (…) Während Initiativen wie Foodsharing zeigen, wie überzählige Lebensmittel sinnvoll verwertet werden können, sind die Politiker noch uneins in der Frage, wie das umstrittene „Containern“ zu bewerten sei. Im Januar warb Cem Özdemir (Grüne) dafür, die Strafen für das sogenannte Containern abzuschaffen. Wer noch ess- oder trinkbare Lebensmittel aus Müllcontainern heraussuche, solle dafür nicht mehr belangt werden. Wenn sich Menschen weggeworfene Lebensmittel mit nach Hause nehmen, ohne eine Sachbeschädigung oder einen Hausfriedensbruch zu begehen, müsse dies nicht strafrechtlich verfolgt werden, erklärt auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Seither ist in der Sache rechtlich wenig passiert. (…) Dabei wäre jetzt konsequente Umsetzung angesagt, denn vom Handel kommt Gegenwind. Christian Böttcher etwa sieht in straffreien Containern einen völlig falschen Ansatz. Aus rechtlicher Perspektive brauche man diesen Änderungsvorschlag nicht, erklärt der Sprecher des Bundesverbandes Deutscher Lebensmittelhandel. (…) Tatsächlich veröffentlichte das Agrarministerium im November eine Reihe Absichtserklärungen: So soll sowohl in Dialogforen pro Sektor als auch im übergeordneten Nationalen Dialogforum über Maßnahmen, Fortschritte und Handlungsbedarf diskutiert werden. Zudem steuert ein „ressortübergreifendes Bund-Länder-Gremium die Umsetzung der Strategie und identifiziert weitere Handlungsfelder“. (…) Einerseits entsteht in unserer Überflussgesellschaft eine große Menge an Essensmüll. Essen, das tonnenweise Treibhausgase emittiert – sowohl in der Herstellung als auch auf den Müllhalden. Andererseits wächst die Zahl der Armen, deren Geld nicht ausreicht, um sich Lebensmittel zu kaufen. Sicher wird dieser Widerspruch nicht allein durch straffreies Containern aufgelöst. Dennoch wäre es ein erster Schritt zur Entkriminalisierung von Menschen, die sich aus Abfalltonnen bedienen, deren Inhalt ohnehin entsorgt werden soll. Beim Wegwerfen von Essen handelt es sich um ein systemimmanentes Problem, das einhergeht mit der Entwertung von guten Lebensmitteln. Um es zu lösen, müsste man an die Ursachen ran – an den Kapitalismus, der darüber hinaus Menschen in nützliche Arbeitskräfte und nutzlose Esser aufteilt. Mehr soziale Gerechtigkeit, nicht nur innerhalb unserer Gesellschaft, sondern auch entlang globaler Lieferketten vom Produzenten bis zum Supermarkt wäre nötig. Die wenigsten Politiker setzen sich ernsthaft und konsequent dafür ein.“ Beitrag von Susanne Aigner vom 21. April 2023 in Telepolis externer Link
  • „Rette Lebensmittel, wer kann!“ Von der Lebensmittelrettung zur ganzen Bäckerei 
    Während vor 15 Jahren Personen wie Hanna Poddig, die in Talkshows das Containern propagierten, noch als völlig abgedrehte Freaks dargestellt werden konnten, hat sich das Blatt mittlerweile gewendet.
    Dass inzwischen Politiker*innen der Grünen, ebenso wie von der FDP vorschlugen, zu entkriminalisieren, wenn Menschen Essen aus Supermarktcontainern ziehen, hat seine Gründe. Es sind die gleichen, welche diese Fraktionen in Hinblick auf gewisse Sympathien für ein bedingungsloses Grundeinkommen teilen. Ganz im Unterschied zur Sozialdemokratie, welche traditionell mit der ausufernden staatlichen Bürokratie verfilzt ist, wissen gelbgrüne Liberale, dass Menschen eine gewisse Selbstständigkeit benötigen, um sich aktiv in den Arbeitsmarkt einbringen oder als bürgerliche Rechtspersonen konstituieren zu können. Was den einen der Steuererlass oder Gründerzuschuss, ist den anderen eben ihr gratis Essen aus dem Container. Selbstverständlich ist Müll auch Eigentum. Unterm Strich lohnt es sich aber, wenn er von verarmten alten Leuten, studentischen Kleinsparer*innen oder ausgewiesenen Vollzeitaktivist*innen verwertet wird. Volkswirtschaftlich teurer als das Containern zu kriminalisieren, wäre es, kämen die Betreffenden auf die Idee, individuell (mehr) zu klauen. Oder gar kollektiv zu plündern, wie es noch in den 70er und 80er Jahren selbst in der BRD durchaus gängige Praxis im Anschluss an manche stimmungsvolle Demo war. In Zeiten spürbar steigender Preise, die auch bei Lebensmitteln deutlich zu Buche schlagen, wäre dies sicherlich nicht die entfernteste Idee. Jedenfalls ist die Lebensmittelrettung auch durch den einen oder anderen Verein bekannt geworden. Fast wichtiger noch als dies ist die inzwischen in zahlreichen Städten anzutreffende systematische Organisation der Erbeutung und Verteilung von Weggeworfenem. (…) Lebensmittel aus der Verurteilung zur Wertlosigkeit zu erretten, gibt Menschen insofern das Gefühl, den Verfall für einen kurzen Moment aufzuhalten. Man gibt sich somit auch ein Stück Selbstwert zurück, der einem sonst in der Konkurrenz- und Mangelgesellschaft nie – oder eben nur kurz, damit wir Junkies bleiben – gewährt wird. Somit ist es auch nur konsequent, sich die zur Zersetzung bestimmten kapitalistischen Waren selbst einverleiben zu wollen. Da die zum Müll degradierten Produkte trotzdem durch die Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft, wie auch die Vernichtung der natürlichen Lebensgrundlage erzeugt wurden, handelt es sich im Grunde genommen um eine Art Kannibalismus. (…) Lebensmittelrettung als eine Art Ablass zu betreiben, der nebenbei die Aufmerksamkeit von sozialen Kämpfen ablenkt, ist nichts als ein skurriles Hobby oder ein verkappter Puritanismus. So einfach diese Wahrheit ist: Wir müssen auf die Produktion abzielen. Und dies beinhaltet, die ganze Bäckerei zu vergesellschaften.“ Beitrag von Jonathan Eibisch vom 10. April 2023 im Untergrundblättle externer Link
  • Lebensmittelkrise: „Schwerer Diebstahl“ gegen Verschwendung – und Kommentar 
    Während die Preise für Grundnahrungsmittel rasant steigen, erinnern „Container“-Aktivisten an einen Missstand, den der Agrarminister eigentlich längst beheben wollte. Warum verkündet ein Jesuitenpater stolz auf Facebook, dass gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen „besonders schweren Diebstahls“ läuft, beziehungsweise „wieder aufgenommen“ wurde? Dazu postete Jörg Alt am Mittwoch ein Foto, auf dem zu sehen ist, wie er ein schriftliches Geständnis in den Briefkasten der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth warf. Der Hintergrund ist schnell erklärt; Hashtags verweisen auf die Forderung nach einem „Essen-Retten-Gesetz“ und die Parole „Macht euren Job“ – gemeint ist die Bundesregierung. Meldungen über rasant steigende Lebensmittelpreise sind an der Tagesordnung. Ein wesentlicher Grund ist aktuell der Ukraine-Krieg – mittel- und langfristig droht durch die Klimakrise ein Schwund von Anbauflächen für Getreide, Obst und Gemüse. Eine der leichtesten und kostengünstigsten Anpassungsmaßnahmen wäre ein wirksames Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung, wie es in anderen europäischen Ländern bereits existiert. Supermärkte wären dann unter Androhung hoher Geldstrafen verpflichtet, noch genießbare Lebensmittel zu spenden, statt sie einfach wegzuwerfen. Zuletzt brachte in diesem Jahr Spanien ein solches Gesetz auf den Weg. Eine weitere Maßnahme, die einfach und schnell umgesetzt werden könnte, wäre die Entkriminalisierung des „Containerns“, wie es umgangssprachlich genannt wird, noch genießbare Lebensmittel eigenmächtig aus den Mülltonnen von Supermärkten zu holen. (…) Vor mehr als einem halben Jahr hat Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) sinngemäß erklärt, dass in Deutschland eigentlich nichts gegen diese Gesetzesänderungen spräche. Die Strafbarkeit des Containerns nannte Özdemir im Dezember sogar „absurd“. Getan hat sich aber seither nichts – Aktivisten wie Jörg Alt wollen es mit öffentlichkeitswirksamen Gerichtsverhandlungen und gepfefferten Verteidigungsreden beschleunigen…“ Beitrag von Claudia Wangerin 7. Juli 2022 bei Telepolis externer Link

    • Anm.: Was bei Claudia Wangerin nicht so ganz klar rüberkommt: Bei Özdemir liegt das eigentlich Problem gerade darin, dass er einen zentralen Bestandteil der kapitalistischen Wirtschafts- und Rechtsordnung, nämlich das Eigentumsrecht in seiner u.U. fatalen Bedeutung populistisch verharmlost hat (oder besser: sich dumm stellte). Und nun scheitert er an dieser Wirtschafts- und Rechtsordnung. Konkret müsste der Diebstahlsparagraph § 242 StGB geändert werden. Aber wie das Eigentum, was in den Abfall landet, hier gesetzlich eine strafrechtliche Sonderstellung einräumen? Was ganz anderes, weil durchaus kapitalkonform, wäre eine gesetzliche Regelung für die Eigentümer (z.B. Supermärkte) zur Handhabung (!) von noch verwertbaren Lebensmitteln (spenden, verschenken, zum öffentlichen Gebrauch freigeben usw.). Spanien tat sich juristisch in diesem Bereich in sofern leicht und DE könnte sich in der Tat daran orientieren, weil so der kapitalistische Eigentumsbegriff nicht in fragegestellt würde. Nur was ist mit den Containern? Notwendig wäre hier die Kritik der kapitalistischen Wirtschafts- und Rechtsordnung gerade für diejenigen, die völlig zu recht – allerdings wohl meist unbewusst – durch ihr Containern diese in Frage stellen. Umweltschutz ist auch hier eine Systemfrage. In sofern tat sich das BVerfG am 5. August 2020 (Az. 2 BvR 1985/19, 2 BvR 1986/19) externer Link zur Strafbarkeit des Containers leicht. Unerlässlich ist deshalb vor allem die Auseinandersetzung mit einer Rechtsaufassung, die streng an den Vorgaben kapitalistischen Ideologie orientiert bleibt, statt das praktische und sinnvolle Infragestellen des kapitalistischen Eigentumsbegriffs zu zulassen…
  • Erneut containern bundesweit Bürger:innen für ein Essen-Retten-Gesetz
    „Am Wochenende werden wieder Dutzende Bürger:innen in der Bundesrepublik Essen aus Mülltonnen retten, es öffentlich verschenken und sich dafür teilweise selbst wegen Diebstahls anzeigen. Es ist das Monatsjubiläum der Containern-Aktion von Pater Jörg Alt. Diese hatte ebenfalls im Rahmen der Kampagne der Letzten Generation für ein Essen-Retten-Gesetz stattgefunden und für bundesweite Unterstützung gesorgt. Rechtsausschussmitglied Canan Bayram verkündete am Mittwoch in der zehnten Sitzung des neuen Bundestags: “Ebenso ungerecht ist es, Menschen dafür zu bestrafen, dass sie Lebensmittel aus dem Müll retten. Nein, das sind für mich Helden – die will ich feiern und nicht bestrafen.” Der Letzten Generation zufolge sind solche “Held:innen” mindestens in Heidelberg, Karlsruhe, Stuttgart und Bayreuth unterwegs. Ob das alle teilnehmenden Städte sind, sei unklar – die Gruppen führten ihre Aktionen autonom in Solidarität mit dem Aufstand und dessen Forderungen durch. Man lade zudem Politiker:innen und explizit Frau Bayram herzlich zu den Aktionen ein. “Für das Essen-Retten-Gesetz hat uns viel Zuspruch aus der Mitte der Gesellschaft erreicht – egal ob bei Passant:innen auf der Strasse, der Polizei oder der Spitzenpolitik. Die Mehrheit der Menschen versteht, dass es falsch ist, Essen wegzuwerfen, während immer mehr Menschen auf die Tafel angewiesen sind”, erklärt Benchi Ottstadt von der Letzten Generation. (…) “Sogar in Deutschland haben wir bereits jetzt weniger Getreide aufgrund der Klimakrise. Wir können Lebensmittel nicht weiter achtlos verschwenden, sonst drohen uns auch in Deutschland Hungersnöte.” sagt Carla Hinrichs, Pressesprecherin der Letzten Generation. “Das Thema wurde jahrelang verschleppt. Jetzt müssen wir Bürger:innen aufstehen, um endlich die Verschwendung von Lebensmitteln im Grosshandel vollständig und gesetzlich verbindlich zu stoppen. Wir brauchen das Essen-Retten-Gesetz, das bereits beschlussbereit vorliegt!” Pressemitteilung des Aufstands der Letzten Generation beim untergrundblättle vom 24. Januar 2022 externer Link, siehe auch:

    • Klima-Bewegung: „Essen retten“ auf der Autobahn. Die Gruppierung „Aufstand der letzten Generation“ hat ihre Ankündigung wahr gemacht, für Störungen im Straßenverkehr zu sorgen
      Autobahn-Blockaden, die am Montag in die Tat umgesetzt wurden, hatte die Gruppierung „Aufstand der letzten Generation“ freundlich, aber bestimmt in einer Neujahrsansprache externer Link auf der Plattform Youtube angekündigt. Es werde ab Ende Januar Einschränkungen auf deutschen Autobahnen geben, hatte der Klimagerechtigkeits-Aktivist Henning Jeschke darin erklärt. „Wir wollen, dass die Regierung ihren Job tut.“
      Am Montagmorgen war es dann so weit. Insgesamt 25 Menschen mit Warnwesten und Corona-Schutzmasken blockierten die Zufahrten zur A 103 in Berlin-Steglitz und A 114 im Stadtteil Pankow. „Essen retten, Leben retten“ stand auf einem Transparent. Hintergrund ist die Forderung nach einem Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung und einer klimagerechten Agrarwende. Die BZ sprach von einem „Mega-Stau“, den sie verursacht hätten. Die Polizei nahm alle Beteiligten fest und zog sie von der Straße, nachdem sie sich auf das Grundgesetz berufen hatten. (…) Gleichwohl müssen die Beteiligten der Blockaden mit Anzeigen wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr rechnen. Das Presseteam der Gruppe rechnet nach einer entsprechenden Auskunft der Polizei nicht vor Dienstagabend mit ihrer Freilassung.
      Zumindest teilweise könnten ihre Forderungen aber bald umgesetzt werden. Der neue Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hat zumindest angekündigt, die „Ampel“-Regierung wolle „Lebensmittelverschwendung in der gesamten Wertschöpfungskette – vom Feld bis zum Handel – reduzieren“. Außerdem bezeichnete er Ende Dezember in einem Interview die Strafbarkeit des „Containerns“ als „absurd“. Hier die Rechtslage zu ändern, wäre eine einfache Maßnahme ohne Finanzierungsproblem. Solange den Worten keine Taten gefolgt sind, wollen die Aktiven aber nicht locker lassen. (…)
      In den letzten Wochen machten die Aktiven vor allem in Berlin mit „Container“-Aktionen und Selbstanzeigen auf den Missstand aufmerksam, dass es in Deutschland als Diebstahl gilt, noch genießbare Lebensmittel aus den Mülltonnen von Supermärkten zu holen, um sie entweder selbst zu essen oder zu verschenken.
      Überwiegend sind es junge Leute zwischen 20 und 30, die damit rechnen müssen, eines Tages mit Lebensmittelknappheit auch in Europa konfrontiert zu werden, falls durch eine ungebremste Klimakrise landwirtschaftlich nutzbare Flächen verloren gehen. An ihrer Seite stehen aber auch Ältere, allen voran der Nürnberger Jesuitenpater Jörg Alt, der sich wegen der „Container“-Aktionen augenzwinkernd „Jesuit und Dieb“ nennt. Gegen ihn hat die Staatsanwaltschaft Nürnberg nach einer Selbstanzeige im Dezember zu ermitteln externer Link begonnen…“ Artikel von Claudia Wangerin vom 25. Januar 2022 in Telepolis externer Link
  • Essen retten oder verteuern? – Welten zwischen Grünen und Umweltbewegung – sowie der sozialen 
    Der frisch gebackene grüne Landwirtschaftsminister will die Wertschätzung für Lebensmittel durch höhere Preise steigern. Wer deren Verschwendung eigenmächtig verhindert, macht sich strafbar
    In Frankreich gibt es seit 2016 ein Gesetz externer Link, das Supermärkten verbietet, noch genießbare Lebensmittel einfach wegzuwerfen oder gar unbrauchbar zu machen. Die Betreiber von Märkten mit einer Ladenfläche von mehr als 400 Quadratmetern sind seither verpflichtet, unverkaufte Lebensmittel an örtliche Tafeln oder andere gemeinnützige Organisationen zu spenden. In Deutschland macht sich dagegen strafbar, wer nicht gespendete Lebensmittel aus den Mülltonnen von Supermärkten fischt, um sie selbst zu essen oder an Bedürftige zu verteilen. „Containern“ gilt hierzulande als Diebstahl externer Link. Während Aktive der Gruppierung „Aufstand der letzten Generation“ sich dabei filmen lassen, um die Debatte über ein deutsches „Essen-Retten-Gesetz“ als soziale Klimaschutzmaßnahme anzustoßen, hat der frisch gebackene grüne Landwirtschaftsminister Cem Özdemir andere Pläne und Prioritäten externer Link: Essen muss aus seiner Sicht erst mal teurer werden, damit es wertgeschätzt wird. (…) „Es geht nur ökosozial, sonst verliert man die Unterstützung der Bevölkerung“, sagte Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Ulrich Schneider der Welt vom Montag. Entsprechende Preissteigerungen müssten „zwingend mit einer deutlichen Erhöhung der Regelsätze einhergehen“.
    Zwei Studentinnen sind im Jahr 2020 mit einer Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht gescheitert externer Link, nachdem das Amtsgericht Fürstenfeldbruck sie im Vorjahr zu einer Geldstrafe wegen „Containerns“ verurteilt hatte. Das oberste deutsche Gericht verwies allerdings auf die Gesetzgebung, deren Sache es sei, „den Bereich strafbaren Handelns verbindlich festzulegen“. Das Gericht könne „diese Entscheidung nicht darauf prüfen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat“.
    Die als „Caro und Franzi“ bekannten Studentinnen wollten durch ihre „Container“-Aktion nicht nur Geld sparen, sondern auch aus ökologischen Gründen gegen Lebensmittelverschwendung vorgehen. Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. hatte ihre Verfassungsbeschwerde unterstützt, weil Strafrecht „der Ahndung von sozialschädlichem Verhalten“ diene – Lebensmittelverschwendung zu verhindern, sei aber in Zeiten absehbarer Ressourcenknappheit gesellschaftlich wünschenswert. Wie viele Menschen noch wegen solcher Aktionen strafrechtlich verfolgt werden, bis gesetzgeberisch Abhilfe geschaffen wird, bleibt abzuwarten. Im Koalitionsvertrag der „Ampel“-Bundesregierung findet sich nur das Versprechen: „Wir werden gemeinsam mit allen Beteiligten die Lebensmittelverschwendung verbindlich branchenspezifisch reduzieren, haftungsrechtliche Fragen klären und steuerrechtliche Erleichterung für Spenden ermöglichen.„…“ Artikel von Claudia Wangerin vom 27. Dezember 2021 in Telepolis externer Link – siehe dazu:

    • [Fleischpreisdebattee und Ungleichheit] Unter den steigenden Preisen leiden vor allem Geringverdiener
      „Für Ulrich Schneider gehören Ökologie und Soziales zusammen, weshalb er sich über Inflations- und Fleischpreisdebatten freut.“ Ulrich Schneiders Credo im Interview von Pepe Egger im Freitag online vom 17.01.2022 externer Link: „Wir müssen endlich über Hartz IV reden (…) Nach dem Grundgesetz muss der Regelsatz das Existenzminimum abdecken. In dem Moment, in dem die Preise stärker steigen als der Regelsatz, wird nach Adam Riese automatisch das Existenzminimum unterschritten. Damit ist der Regelsatz dann nicht mehr verfassungskonform. (…) Wir hatten im November eine Inflationsrate von 5,2 Prozent. Selbst wenn es nur darum ginge, die Preissteigerung aufzufangen, bräuchte man also eine Erhöhung der Regelsätze um rund fünf Prozent. Nun ist es aber so, dass die Regelsätze an sich schon wesentlich zu niedrig angesetzt sind. Wir brauchen eine Erhöhung auf deutlich über 600 Euro, um wenigstens den Mindestbedarf sicherzustellen. (…) In der Tat schreien jene am lautesten über die Inflation, die die Inflation eigentlich gar nicht merken. Weil sie so ein hohes Einkommen haben, dass bei ihnen die Inflation nur die Sparquote tangiert, im Alltag müssen diese Menschen auf nichts verzichten. Wahrscheinlich schreien sie übrigens genauso laut wie allen anderen, man hört sie nur besser, weil sie eine bessere Lobby und einen besseren Draht zu den Medien haben. (…) Es steht einiges im Koalitionsvertrag, was armutspolitisch Relevanz hat, etwa die Pläne für eine Verbesserung des Wohngeldes und des BAföG oder die Kindergrundsicherung. Wenn man sich allerdings zu der Formulierung hinreißen lassen wollte, die Armen lägen dieser Bundesregierung am Herzen, dann hätte da auch zwingend eine deutliche Erhöhung der Regelsätze für Hartz IV und für die Altersgrundsicherung drinstehen müssen. Die Grünen sind damit in den Wahlkampf gezogen, konnten sich aber bei den Koalitionsverhandlungen in diesem Punkt offensichtlich nicht durchsetzen. So ist es bei der harten Linie des Arbeitsministeriums geblieben, bei den Regelsätzen so wenig zu verbessern wie möglich.(…) Den Ökobonus haben wir mit dem BUND zusammen ins Spiel gebracht, als Pro-Kopf-Rückerstattung der CO2-Abgabe, was einen deutlichen Verteilungseffekt zugunsten der ärmeren Bevölkerungsschichten hätte. Die SPD aber beharrt darauf, stattdessen die EEG-Umlage zu senken oder sogar abzuschaffen, was wir für eine unsoziale Kompensation halten: Hier werden die belohnt, die sehr viel Energie verbrauchen, ein Umverteilungseffekt findet nicht statt…“
  • Containern:  Das kann doch keine Straftat sein – muss es auch nicht 
    „… Recht, Rechtsprechung und Gerechtigkeitsempfinden sind drei höchst unterschiedliche Dinge, die oftmals sogar miteinander konkurrieren oder sogar gegensätzlich wirken. Kommt dann noch der sogenannte gesunde Menschenverstand hinzu, wird es oft noch widersprüchlicher. Im Falle der Strafbarkeit des »Containerns«, also der Mitnahme von weggeworfenem Essen aus Supermarktmüllcontainern in Deutschland, ist sich die Bevölkerung jedenfalls ziemlich einig: Fast neun von zehn Befragten in einer Forsa-Umfrage halten es für falsch, dass Containern weiter als Diebstahl gewertet und somit als Straftat gewertet wird. (…) Karlsruhe hat im Sommer zwar auf den ersten Blick »gegen das Containern« geurteilt – aber wirklich nur auf den ersten Blick. Es hat nämlich dem Gesetzgeber ausdrücklich mitgegeben, dass es seine Sache ist, den Bereich strafbaren Handelns verbindlich festzulegen. Es ist also möglich, Containern per Gesetz aus dem Bereich der Straftaten zu entfernen. Dies und die einhellige Ablehnung sowohl der Strafbarkeit als auch der zugrunde liegenden Lebensmitterverschwendung durch die Bevölkerung könnte dazu führen, dass der Druck auf die großen Supermärkte weiter steigt und sich die »moralischen« Kosten auch in realen Kosten niederschlagen – und die Praxis massenhaften Lebensmittelwegwerfens einfach zu teuer wird. Weder Karlsruhe noch der »gesunde Menschenverstand« würden dem wohl widersprechen.“ Artikel von Stephan Fischer vom 7. September 2020 in neues Deutschland online externer Link
  • BVerfGE: Erfolglose Verfassungsbeschwerde bei einer strafgerichtlichen Verurteilung wegen „Containern“ – Containern bleibt eine Straftat  
    • Auch Lebensmittel im Müllcontainer können strafrechtlich geschütztes Eigentum sein, wenn der Gesetzgeber es so will. Das Bundesverfassungsgericht zum „Containern“ und die eigentlich relevante Frage in einer Wegwerfgesellschaft 
      „… An dieser Stelle kann man (…) den Kommentar von Ulrike Heidenreich aus dem Januar 2019 aufrufen: »Während in anderen Ländern per Gesetz verboten wird, Lebensmittel zu vernichten, streitet man in Deutschland noch darüber, wem eigentlich der Müll gehört. (…) Ein Gesetz in Frankreich verbietet, dass weggeworfene Lebensmittel mit Chlor überschüttet werden, um sie ungenießbar zu machen. Lebensmittelmärkte von einer Verkaufsfläche von 400 Quadratmeter an müssen übrig gebliebene Ware außerdem spenden … In Tschechien ist es seit Anfang dieses Jahres verboten, Lebensmittel wegzuwerfen.« Frankreich könnte hier ein naheliegender Vorbild sein: Wie Frankreich gegen den achtlosen Umgang mit Essen kämpft, so ist ein Bericht von Marlene Thiele aus dem Februar 2019 überschrieben. Am 11. Februar 2016 wurde das französische Gesetz zur Bekämpfung der Lebensmittelverschwendung erlassen und seitdem »dürfen in Frankreich Supermärkte Lebensmittel nicht mehr einfach wegwerfen. (…) Interessant ist auch die Entstehungsgeschichte des französischen Gesetzes: »Arash Derambarsh … hat … (2015) begonnen, zu handeln. Derambarsh war damals Stadtrat von Courbevoie, einer Gemeinde im Nordwesten von Paris. Wie überall im Land gab es dort Menschen, die sich kein Essen leisten können, und Supermärkte, die kiloweise Lebensmittel wegwarfen. Der gebürtige Pariser mit iranischen Wurzeln suchte sich einen Supermarkt aus, um gemeinsam mit einem Dutzend Freiwilliger die Überbleibsel des Tages in Empfang zu nehmen und an die Bedürftigen in der Stadt zu verteilen. Die Aktion lief über einen Zeitraum von sechs Wochen. Eine medienwirksame Aktion: Die großen Zeitungen Frankreichs berichteten über den damals 35-Jährigen, er gab Interviews im Radio und im Fernsehen … Die Aktion stieß auf großen Zuspruch. Kurz darauf startete der Anwalt eine Online-Petition, um die französische Regierung dazu zu bewegen, die unnötige Entsorgung von Essen zu stoppen. Nur vier Monate später beschloss die Nationalversammlung einstimmig das Gesetz. Frankreich war damit das erste Land weltweit, das die Lebensmittelverschwendung offiziell unter Strafe stellte.« (…) Fazit: Zumindest mit Blick auf die Supermärkte und Discounter könnte man die in Deutschland mit einer vergleichbaren Verpflichtung in eine geregelte und auf Dauer gestellte Verantwortung bringen. Dabei sollte man auch bedenken, dass lediglich vier Große mehr als 80 Prozent des Lebensmitteleinzelhandels in unserem Land beherrschen: Edeka, Rewe, die Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland sowie ALDI Nord und ALDI Süd. Würde man die Big Four zwingen, die Lebensmittel an gemeinnützige Organisationen wie die Tafeln abzugeben, dann wäre nicht nur das Ziel der Reduzierung der Lebensmittelverschwendung näher gekommen. Und dann müssten auch nicht mehr junge Studentinnen Müllcontainer aufbrechen, um mit solchen Aktionen auf den Missstand hinzuweisen und für eine Veränderung zu werben. Außer, sie würden dann gegen die Weiterleitung an die Tafeln (oder andere gemeinnützige Unternehmen) protestieren wollen, dann ginge das natürlich wieder von vorne los.“ Beitrag von Stefan Sell vom 19. August 2020 auf seiner Homepage externer Link
    • BVerfGE: Erfolglose Verfassungsbeschwerde bei einer strafgerichtlichen Verurteilung wegen „Containern“
      „Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts zwei Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen, die sich gegen eine strafgerichtliche Verurteilung wegen Diebstahls von Lebensmitteln aus einem verschlossenen Abfallcontainer eines Supermarktes richteten („Containern“). Zur Begründung führte die Kammer im Wesentlichen aus, dass die Auslegung der Fachgerichte weder gegen das Willkürverbot verstößt noch die Beweiswürdigung verfassungsrechtlich zu beanstanden ist. Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und insbesondere das Ultima-Ratio-Prinzip gebieten keine Einschränkung der Strafbarkeit. Der Gesetzgeber darf das zivilrechtliche Eigentum grundsätzlich auch an wirtschaftlich wertlosen Sachen strafrechtlich schützen. (…)Es ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, den Bereich strafbaren Handelns verbindlich festzulegen. Das Bundesverfassungsgericht kann diese Entscheidung nicht darauf prüfen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat. Es wacht lediglich darüber, dass die Strafvorschrift materiell in Einklang mit der Verfassung steht. Der Gesetzgeber, der bisher Initiativen zur Entkriminalisierung des Containerns nicht aufgegriffen hat, ist insofern frei, das zivilrechtliche Eigentum auch in Fällen der wirtschaftlichen Wertlosigkeit der Sache mit Mitteln des Strafrechts zu schützen. Im vorliegenden Fall dient die Strafbarkeit des Verhaltens der Beschwerdeführerinnen dem Schutz des Eigentumsgrundrechts nach Art. 14 Abs. 1 GG als Rechtsgut von Verfassungsrang. Der Eigentümer der Lebensmittel wollte diese bewusst einer Vernichtung durch den Abfallentsorger zuführen, um etwaige Haftungsrisiken beim Verzehr der teils abgelaufenen und möglicherweise auch verdorbenen Ware auszuschließen. Bereits das Interesse des Eigentümers daran, etwaige rechtliche Streitigkeiten und Prozessrisiken auszuschließen und keinen erhöhten Sorgfaltspflichten im Hinblick auf die Sicherheit der Lebensmittel ausgesetzt zu sein, ist im Rahmen der Eigentumsfreiheit nach Art. 14 Abs. 1 GG grundsätzlich zu akzeptieren. Der Gesetzgeber hat diese Verfügungsbefugnis des Eigentümers nicht durch eine gegenläufige, verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung eingegrenzt. Die im Wortlaut des § 242 StGB angelegte und durch die Fachgerichte konkretisierte kriminalpolitische Grundentscheidung des Gesetzgebers zur Strafbarkeit des Containerns ist deshalb verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. (…) Ob der Gesetzgeber im Hinblick auf andere Grundrechte oder Staatszielbestimmungen wie beispielsweise den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen nach Art. 20a GG und im Rahmen einer Fortentwicklung von Inhalt und Schranken des Eigentums auch eine alternative Regelung hinsichtlich des Umgangs mit entsorgten Lebensmitteln treffen könnte, ist vorliegend ohne Bedeutung.“ BVerfG-Pressemitteilung Nr. 75/2020 vom 18. August 2020 zu Beschluss 2 BvR 1985/19, 2 BvR 1986/19 vom 5. August 2020 externer Link, ein selten eindeutiger Beleg dafür, dass das BVerfG nicht einfach die Verfassung schützt, sondern diese verkürzt nur im Sinne privater Eigentumsinteressen interpretiert. Denn eine „grundsätzliche“ Eigentumsgarantie nach Art. 14 GG, die man akzeptieren muss, gibt es gar nicht. Dass „Eigentum verpflichtet“ und sein „Gebrauch (…) zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“ soll (Art. 14 Abs. 2 GG), beachtet das BVerfG nicht einmal ansatzweise. Das Verständnis des BVerfG bezüglich Eigentumsgarantie hat hier schlichtweg nichts mit dem zutun, was im Grundgesetz steht und ursprünglich von der Mehrheit der „Mütter und Väter“ des Grundgesetzes bezweckt war. Siehe dazu:
    • Bundesverfassungsgericht: Containern bleibt eine Straftat
      Wer Nahrungsmittel aus dem Müll von Supermärkten fischt, muss weiter damit rechnen, als Dieb verurteilt zu werden. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschied, dass das sogenannte Containern eine Straftat bleibt. Der Gesetzgeber dürfe grundsätzlich auch das Eigentum an wirtschaftlich wertlosen Sachen strafrechtlich schützen, hieß es zur Begründung. Die Klage zweier Studentinnen aus Oberbayern wurde abgewiesen. (…)Unterstützt von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) legten die beiden Studentinnen im November 2019 eine Verfassungsbeschwerde gegen die Verurteilung ein externer Link. Ihrer Ansicht nach verstoße die Strafbarkeit des Containerns gegen das Übermaßverbot – also das Verbot gegenüber der öffentlichen Verwaltung, unverhältnismäßige Maßnahmen, in diesem Fall das Urteil gegen sie, zu ergreifen. Das Bundesverfassungsgericht widersprach dem: Die Auslegung der Fachgerichte verstoße nicht dagegen, noch sei ihre Beweisführung verfassungsrechtlich zu beanstanden. Gleichzeitig mahnten die Richter eine politische Entscheidung an. Es sei grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, den Bereich strafbaren Handelns verbindlich festzulegen. Das Gericht könne diese Entscheidung nicht darauf prüfen, ob der Gesetzgeber die „zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung“ gefunden hat. Initiativen zur Entkriminalisierung des Containerns seien bislang nicht aufgegriffen worden. Eine solche Initiative brachte etwa 2019 Hamburg auf der Justizministerkonferenz der Länder vor, scheiterte jedoch. In einer Mitteilung externer Link kündigte die an der Verfassungsbeschwerde indirekt beteiligte GFF an, sich nach dem Scheitern vor Gericht an die Bundesregierung zu wenden…“ Agenturmeldung vom 18. August 2020 in der Zeit online externer Link
  • Franzi & Caro: „Wir reichen Verfassungbeschwerde ein!“ 
    Nach reichlichen Überlegungen haben wir uns dazu entschieden, gemeinsam mit unseren Anwält*innen und der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) eine Verfassungsklage einzureichen, denn trotz unserer Verurteilung bleibt weiterhin die Absurdität bestehen, dass in Zeiten der Klimakrise der Schutz unserer Lebensgrundlagen hintangestellt wird. Am Freitag, den 8. November um 12 Uhr werden wir gemeinsam die Verfassungsklage in Karlsruhe persönlich einwerfen. Zu diesem Anlass wird eine Kundgebung ab 11 Uhr vor Ort am Schlosspark (gegenüber dem Bundesverfassungsgericht) stattfinden, in der in Form eines Redebeitrags unser Anliegen an die Öffentlichkeit tragen werden. Wir laden euch herzlich dazu ein, an diesem Tag dabei zu sein – als Teilnehmer*innen oder Mitorganisator*innen.“ Meldung vom 30. Oktober 2019 auf der Aktionsseite Containern ist kein Verbrechen! Freispruch für Franzi & Caro externer Link
  • „Containern“ ist Diebstahl: Urteil gegen Studentinnen bestätigt
    Im Januar hat das Amtsgericht Fürstenfeldbruck zwei „Containerinnen“, Franziska S. und Caroline K. aus Olching, wegen Diebstahls verurteilt. Nun hat das Bayerische Oberste Landesgericht die Revision der beiden verworfen und das Urteil bestätigt. (…) Am 30. Januar 2019 sprach das Amtsgericht Fürstenfeldbruck die beiden Studentinnen wegen Diebstahls schuldig. Sie wurden verwarnt, zugleich wurde eine Geldstrafe von jeweils 225 Euro vorbehalten. Die beiden Frauen wollten dieses Urteil jedoch nicht annehmen und gingen in Revision. Der 6. Strafsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat mit Beschluss vom 2. Oktober 2019 die Revision der Angeklagten als unbegründet verworfen. Demnach bestätigt der Senat das Urteil des Amtsgerichts Fürstenfeldbruck. Das Urteil ist damit rechtskräftig. Der Senat führt in seiner Begründung aus, dass die entwendeten Lebensmittel zum Zeitpunkt der Wegnahme im Eigentum der Supermarktkette Edeka standen – auch wenn die Lebensmittel für die Abholung durch ein Entsorgungsunternehmen aussortiert worden sind. Die Lebensmittel wurden in einem abgesperrten Container auf dem Firmengelände vor dem Zugriff Dritter geschützt. Die Angeklagten durften somit auch nicht davon ausgehen, dass ihnen die Mitnahme erlaubt war. (…) Die Studentinnen aus Olching haben auf die Gerichtsentscheidung mit großem Unverständnis reagiert. Zusammen mit ihren Anwälten wollen die Frauen jetzt eine Verfassungsklage vor dem Bundesverfassungsgericht prüfen…“ Beitrag vom 14.10.2019 beim Bayerischen Rundfunk externer Link
  • Containern als Straftat: Mein Müll gehört mir 
    „Wenn es um ihr Eigentum geht, kennen die Deutschen kein Pardon. Selbst ihren Müll verteidigen sie eisern. Auch gegen Menschen, die im Abfall nach Lebensmitteln suchen. (…) Die deutschen Gesetze sind hier eindeutig und betrachten das Entwenden von Waren aus einem Müllcontainer als Diebstahl, vergleichbar dem Entwenden aus einem Ladenregal. Zu einer Anklage kommt es oft nur deshalb nicht, weil Marktbesitzer ihre Anzeigen zurückziehen. Für Aufsehen sorgte kürzlich der Fall von zwei Münchner Studentinnen. Sie hatten Gemüse, Säfte und Milchprodukte aus dem Container eines Edeka-Marktes geholt und wurden dabei von zwei Polizisten auf­gegriffen. Das Gericht verurteilte sie zu Strafen von jeweils 225 Euro auf Bewährung und acht Stunden Arbeit, ausgerechnet bei der örtlichen Tafel. (…) Je nachdem, welche Berechnung man heranzieht, werden in Deutschland elf bis 18 Millionen Tonnen Lebensmittel pro Jahr weggeworfen. Das ist nicht nur moralisch empörend, sondern auch ökologisch problematisch. Viele Ackerflächen könnten Naturschutzgebiete sein, wenn alle Agrarprodukte tatsächlich verzehrt würden. (…) In Hamburg möchte Senator Till Steffen nun einen Sonderweg gehen: »Wir wollen mit unserer Staatsanwaltschaft darüber reden. Sie hat nach der Strafprozessordnung die Möglichkeit, Verfahren wegen Geringfügigkeit einzustellen«, sagte er dem Bayerischen Rundfunk. Ähnliche Regelungen kennt man beim Besitz geringer Mengen von Cannabis in einigen Bundesländern. Wenn das Hamburger Modell Schule macht, könnte eine schleichende Entkriminalisierung des Containerns, Bundesland für Bundesland, folgen…“ Beitrag von Jan Stich vom 1. August 2019 aus Jungle World 2019/31 externer Link
  • [Petition] Containern ist kein Verbrechen! Wir brauchen eine Gesetzesänderung! 
    KANN ES STRAFBAR SEIN, WEGGEWORFENE ABER NOCH GENIEßBARE LEBENSMITTEL AUS DEM CONTAINER VON EDEKA ZU RETTEN? IST ES GERECHT, WENN IN ZEITEN DER KLIMAERWÄRMUNG UND ZUNEHMENDER RESSOURCENKNAPPHEIT DIE VERSCHWENDUNG STRAFLOS BLEIBT UND DIE SPARSAMKEIT ZUM VERBRECHEN WIRD?
    Wir, Caro (27) und Franzi (25), waren am 4. Juni bei einem Edeka in unsere Nähe containern. An diesem Abend holten wir Gemüse und einige Milchprodukte dort aus der Tonne. Kurz bevor wir uns auf den Heimweg machen wollten, tauchte eine Polizeistreife auf und nahm unsere Personalien auf. Nun wird uns vorgeworfen, Lebensmittel von Edeka „gestohlen“ zu haben. Wir sind des „besonders schweren Fall des Diebstahls“ (§ 243 StGB) angeklagt. Laut Edeka beträgt der Wert des entstandenen Schadens 100€. Diese Einschätzung beruht auf der Annahme, dass die Lebensmittel, die sich im Müll befanden, noch ihrem Verkaufswert nach zu beurteilen sind. Unser momentanes Strafmaß beläuft sich auf 40 Tagessätze a 30€ pro Person – DAS MACHT INSGESAMT 2400€. (…) GEMEINSAM FORDERN WIR:

    1. Lebensmittelverschwendung muss gesetzlich verboten werden. Supermärkte müssen dazu verpflichtet werden, noch genießbare Lebensmittel weiter zu verteilen. Dabei gehen Länder, wie Frankreich und Wallonien, mit gutem Vorbild voran.
    2. Polizeiliche und strafrechtliche Verfolgung von Containern muss gestoppt werden. Containern ist kein Verbrechen!
    1. Edeka, haltet euch an eure Vorsätze der Nachhaltigkeit und verschwendet keine Lebensmittel!

    Zu Forderungen 1. und 2. liegen bereits konkrete Vorschläge für eine Gesetzesänderung in Form der Petition 74584 des deutschen Bundestages vom 02.11.2017 vor: „Eigentumsdelikte – Keine Strafe für die Rettung genießbarer Lebensmittel und verwertbarer Sachen aus Mülltonnen/Sperrmüll“…“ Petition bei campact externer Link an die Bundesjustizministerin Katarina Barley und den Vorstandsvorsitzenden der Edeka AG Markus Mosa

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=143568
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