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Auch in Italien „plötzlich willkommen“: Erntehelfer (und sonstige „Schwarzarbeiter“). Nur „angemeldet“ sollen sie nicht werden…

Gewerkschaft Unione Sindacale di Base (USB) in Italien gegen Prekarisierung durch die Corona-Krise„… Für weniger als 20 Euro am Tag ernten sie Tomaten, Orangen, Oliven und Trauben, die auf deutschen Esstischen landen. Die meisten von ihnen wohnen in Siedlungen in Süditalien unter miserablen Bedingungen. An vielen Orten fehlt sogar fließendes Wasser. Über sie berichten italienische Medien oft nur, wenn sich tödliche Unfälle ereignen oder Großbrände in ihren Siedlungen ausbrechen, wie in der Nacht auf Sonntag in der Nähe von Foggia in Apulien. Dort brannten 30 Baracken. An einem anderen Ort in der Region hatte Ende Dezember ein Brand die Blechhütten von mehreren Hundert Arbeitern zerstört. Das Coronavirus macht alles noch schwieriger. Wegen der prekären Lebenssituation ist das Virus für die Menschen in den Arbeitersiedlungen eine echte Gefahr, warnt Antonio Bonanese von der Gewerkschaft Unione Sindacale di Base (USB). Ein Arbeitsstopp aber hätte nicht nur für die Arbeiter weitreichende Konsequenzen – sondern für die Lebensmittelproduktion in Italien und ganz Europa…“ – so der Vorspann zu  „“Die gesamte Lebensmittelproduktion könnte ins Stocken geraten““ am 01. April 2020 bei Spiegel Online externer Link, ein Interview von Francesco Collini mit dem USB-Aktivisten Bonanese, der darin unter anderem die Forderung deutlich macht, dass diese Menschen legalisiert werden müssen, weil sie sonst außerhalb aller unterstützenden Maßnahmen bleiben müssen. Siehe dazu zwei weitere aktuelle Beiträge zur sozialen Entwicklung insbesondere für „informell Beschäftigte“ in Italien:

  • „Die Zeit danach“ von Gerhard Feldbauer am 02. April 2020 in der jungen welt externer Link zur generellen sozialen Entwicklung in Italien in der Virus-Krise und der Ausgangslage: „… Laut Statistiken lebten 2019 etwa achtzehn Millionen Italiener in Armut und waren von sozialer Ausgrenzung betroffen. Fünf Millionen von ihnen befinden sich laut Caritas Italia in »absoluter Armut«. In Süditalien bedeutet das ein Monatseinkommen von 554 Euro. Das reicht nicht einmal für eine einfache Wohnung. Es sind die Hunderttausenden Arbeitslosen, die Obdachlosen, die Schwarzarbeiter, deren Familien jetzt völlig mittellos sind. »Diese sozial Benachteiligten, die ohnehin bereits von der Gesellschaft ausgegrenzt werden, trifft es besonders hart in einer Zeit, da das gesamte Wohlfahrtssystems ernsthaft geschwächt ist«, erklärte Pietro Saitta, Professor für Soziologie an der Universität von Messina, gegenüber junge Welt. Sie, »die jetzt am dringendsten auf Unterstützung angewiesen sind, werden völlig ausgeschlossen«. In den Plänen der Regierungen sind sie kaum »präsent« und werden der »öffentlichen Wohltätigkeit überlassen«. Unterdessen dreht sich in Italien weiter alles darum, wie die Wirtschaft, und vornehmlich die Konzerne, am besten vor den Auswirkungen der Krise geschützt und ihre Gewinnverluste aufgefangen werden können. Diesbezüglich hat – kaum dass ein »kleiner Hoffnungsschimmer« in Sicht ist – auch Matteo Renzi schon konkrete Vorstellungen. Der für seine Kumpanei mit dem Industriellenverband Confindustria bekannte Expremier (2014–2016) und Chef der von dem sozialdemokratischen Partito Democratico (PD) abgespaltenen rechtslastigen Partei »Italia Viva« (Lebendiges Italien) fordert, die Produktion in allen Unternehmen wieder aufzunehmen. Premier Conte lehnte zwar ab und will die allgemeine Quarantäne bis Ostern, möglicherweise auch darüber hinaus, aufrechterhalten, aber für den Sektor »der produktiven Aktivitäten« solle sie »nicht lange dauern«...“
  • „Rund 1 Million irreguläre Arbeiter*innen weiterhin beschäftigt“ vom 02. April 2020 ist ein Telegram-Beitrag von Maurizio C., der die Situation der „Irregulären“ folgendermaßen zusammen fasst:
    Laut dem italienischen Statistikamt arbeiten rund 1 Milion Beschäftigte irregulär, d.h. ohne Aufenthaltspapiere und/oder ohne Vertrag. Diese sind auch in diesen Wochen der Corona-Krise weiterhin beschäftigt, nämlich in den sogenannten lebensnotwendigen Produktionsketten (Lebensmittelindustrie, Logistik, Care-Arbeit etc.). Ihre Arbeitsverhältnisse bleiben aber prekär.
    Enrico Giovannini, Sprecher der italienischen Allianz für nachhaltige Entwicklung ASviS fordert ein „Notstands-Einkommen“ als Instrument, um diese irregulären Arbeiter*innen einerseits finanziell zu unterstützen, sobald sie ihren Job und somit jede Form von Einkommen verlieren, andererseits aber auch, um diese verdeckte und irreguläre Arbeit aufzudecken und zu regularisieren. Die Forderung nach einer Änderung der Lage der irregulär Beschäftigten, besonders der migrantischen Landarbeiter*innen, wurde in den letzten Tagen von verschiedenen Seiten laut: Die Basisgewerkschaft USB kritisiert die Situation der Migrant*innen in Kalabrien, die auf den Feldern in der Orangenernte beschäftigt sind und in den anliegenden Zeltstädten leben – unter prekärsten Bedingungen, die die Vorschriften zur Eindämmung des Covid-19 in keiner Weise respektieren. Sie fordern eine kollektive Regularisierung und den Zugang zu staatlichen Sozial-und Gesundheitsleistungen. Die großen Landwirtschaftsbetriebe und die Großverteiler hingegenfürchten um die Frühlingsernte, da aufgrund der Einschränkung der Bewegungsfreiheit papierlose Migrant*innen zurzeit keine Möglichkeit haben, von der einen Region in die nächste zu reisen. Sie fordern die Wiedereinführung der Bewegungsfreiheit. Die Regierung schweigt immer noch zur Lage der irregulären Arbeiter*innen; in keiner der bis jetzt eingeführten Verordnungen wurden Maßnahmen für sie getroffen“.

Siehe zu Corona-Kriste in Italien (nur die wichtigsten!):

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=169100
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