„Wenn ich das vorrechne, sind alle erstaunt“. Gegen den Jobverlust durch Roboter können Gewerkschaften was tun, sagt der Wirtschaftsprofessor Heinz-Josef Bontrup. Sie sollten für ein Ende der 40-Stunden-Woche kämpfen

Dossierpad-Broschüre "Arbeitszeitverkürzung jetzt! 30-Stunden-Woche fordern!"

Im Gespräch: Gegen den Jobverlust durch Roboter können Gewerkschaften was tun, sagt der Wirtschaftsprofessor Heinz-Josef Bontrup. Sie sollten für ein Ende der 40-Stunden-Woche kämpfen. Interview von Felix Werdermann veröffentlicht durch den pad-verlag (Eine gekürzte Fassung des Interviews erschien in der gedruckten Ausgabe des freitag Nr. 35, 28.8.2014, S. 7) Aus dem Text: „… [Frage] Vielleicht wollen viele Beschäftigte aber gar nicht weniger arbeiten, weil sie dann weniger verdienen? [Antwort] Es muss natürlich einen vollen Lohn- und Personalausgleich geben. Dies geht verteilungsneutral. Keiner verliert, alle gewinnen. Selbst die Unternehmer können ihre Gewinne steigern. Wenn ich das in meinen Vorträgen vorrechne, dann ist der ganze Saal immer erstaunt und kann es kaum fassen. [Frage] Wie funktioniert das? [Antwort] Nehmen wir an, die Produktivität steigt um zwei Prozent. Dann kann ich mit dem gleichen Aufwand ein Produkt herstellen, das zwei Prozent mehr wert ist. Ich kann also den Arbeitern zwei Prozent mehr Lohn zahlen und gleichzeitig zwei Prozent mehr Gewinn einstreichen. Das wäre dann verteilungsneutral, es gibt keine Umverteilung von Kapital zur Arbeit oder umgekehrt…“ Siehe die darauf folgende Debatte:

  • Dritte Replik zur Flassebeck-Erwiderung: die Dritte: Das Knappheitsargument gilt!
    Je gelehrter umso verkehrter? – Modellrechnungsblasen und parallele Scheinwelten jenseits der ökonomischen Realität.
    Das freitag-Interview von Heinz-J. Bontrup („Wenn ich das vorrechne, sind alle erstaunt“) löste mit der darin begründeten Notwendigkeit einer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich einen Ökonomen-Streit mit Heiner Flasbeck und Friederike Spiecker aus. Sie wurde einseitig vor allem auch von den NachDenkSeiten weiter verbreitetet und gipfelte in drei Beiträgen in dem Vorwurf, Arbeitszeitverkürzung sei ungeeignet das Problem der Massenarbeitslosigkeit zu beseitigen. Heinz-J. Bontrup hat in mehreren Erwiderungen die Kritik an der beschäftigungsfördernden Wirkung der Arbeitszeitverkürzung zurückgewiesen. In seinem „Last Word“ erinnert er noch einmal an die in der Vergangenheit sträflich versäumte Arbeitszeitverkürzung, die jetzt nur noch als „gesamtgesellschaftliches Projekt“ durchsetzbar sei. „Flassbeck und Spiecker argumentieren in einer neoklassischen Modellwelt, die mit der wirtschaftlichen Realität nicht übereinstimmt.“ – Das freitag-Interview ist dieser Pressemitteilung in ungekürzter Fassung beigefügt. Die Zusammenhänge von Produktivitätsentwicklung, Beschäftigung und Verteilung erschließen sich bereits über die Anwendung der Grundrechenarten. Neoklassischer Modellstreit erweckt da eher den Eindruck einer Debatte über das Loch in der Hose des Kaisers, der keine Kleider anhat
    .“ Pressemitteilung des „Projektbüro Ökonomisches Alphabetisierungsprogramm“ beim pad-Verlag zur dritten Replik von  Heinz-Josef Bontrup am 13.10.2014 
  • Bontrup-Erwiderung, die dritte: Kann Arbeitszeitverkürzung die Knappheit des Produktionsfaktors Arbeit erhöhen?
    In unserer Kontroverse mit Heinz-Josef Bontrup zum Thema Arbeitszeitverkürzung (AZV) als Mittel zur Verringerung von Arbeitslosigkeit haben wir den Vorwurf erhoben, die Argumentation der Befürworter von Arbeitszeitverkürzung spiele den neoklassisch bzw. neoliberal argumentierenden Ökonomen in die Hände. Dies wollen wir heute sorgfältig begründen. Vorweg wollen wir betonen, dass es uns keinesfalls um einen persönlichen Angriff gegen Professor Bontrup geht oder darum, seine Verdienste in Sachen Konjunkturforschung oder gar sein Engagement (wie das vieler seiner Mitstreiter und anderer AZV-Befürworter) für eine Verbesserung der Situation der Arbeitslosen und Unterbeschäftigten klein zu reden. Unsere Lageanalysen decken sich ja in vielerlei Hinsicht. Es geht hier ausschließlich darum, eine tragfähige Position in Sachen Tarifpolitik zu entwickeln, die erfolgversprechend in Hinblick auf den Abbau von Arbeitslosigkeit ist, und alternative Vorschläge auf ihre Tragfähigkeit hin zu untersuchen…“ Beitrag von Friederike Spiecker vom 08. Oktober 2014 externer Link
  • Flassbeck/Spiecker-Erwiderung, die Zweite: Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich ist notwendig!
    Zur Fortsetzung des aktuellen Streites um die Arbeitszeitverkürzung: In einer umfangreichen Erwiderung greift Prof. Dr. Heinz-J. Bontrup die erneute Kritik von Flassbeck/Spiecker an der Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich zurück. „Flassbeck und Spiecker (haben) offensichtlich die Problematik nicht verstanden oder verstehen wollen“.  „Arbeitszeitverkürzung“, so Heinz-J. Bontrup, muss wieder „zur Stoßrichtung der Tarifpolitik in Deutschland werden. Nur so kann die bestehende Massenarbeitslosigkeit bekämpft werden.“ Er unterstreicht: „Zur dringend gebotenen Durchsetzung der Arbeitszeitverkürzung müssen sich die Gewerkschaften mit anderen Kräften verbünden. Nötig ist eine gesellschaftliche Bewegung (ein ‚Gesellschaftsvertrag‘), in deren Verlauf das Arbeitszeitgesetz verbessert wird, in der Tarifverträge in Richtung Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohn- und Personalausgleich vereinbart werden und durch eine erweiterte Mitbestimmung der Betriebs- und Aufsichtsräte bei der Personalplanung eine von den Beschäftigten befürchtete Arbeitsverdichtung verhindert wird.“ Pressemitteilung des „Projektbüro Ökonomisches Alphabetisierungsprogramm“ beim pad-Verlag zur zweiten Replik von  Heinz-Josef Bontrup am 3.10.2014
  • Bontrup-Erwiderung, die erste: zur Logik und zur Politik
    Unsere Kritik an Professor Heinz-Josef Bontrups Aussagen zur Arbeitszeitverkürzung (AZV) hat einigen Wirbel hervorgerufen. Manche Leser kritisieren, hier fänden persönliche Hahnenkämpfe oder akademische Haarspaltereien statt, andere bedauern, dass es unter den progressiven Ökonomen immer solch heftigen Streit gibt statt politisch dringend benötigter Einigkeit, noch andere aber bestätigen uns darin, auch hier kritisch zu sein und in unseren Bemühungen um Aufklärung und Erklärung nicht nachzulassen. Wir hatten schon angekündigt, noch einmal die relevanten Fälle von Lohnreaktionen auf Produktivitätssteigerungen darzustellen und werden das auch tun…“ Beitrag von Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker vom 26. September 2014 externer Link
  • Zum aktuellen Streit um die Arbeitszeitverkürzung
    „Die in einem freitag-Interview mit Prof. Dr. Heinz-Josef Bontrup („Wenn ich das vorrechne, sind alle erstaunt“) wiederholt erhobene Forderung nach Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich ist von den Ökonomen Heiner Flassbeck und Friedericke Spiecker in einem heute auf den NachDenkSeiten referierten Beitrag („Professor Bontrup und ein ziemlich alter Trugschluß“) zurückgewiesen worden.
    In der Anlage finden Sie die Replik von Heinz-Josef Bontrup. Er weist die Argumentation von Flassbeck/Spieker als kurzschlüssig zurück: „Wer ernsthaft die ‚Geisel der Menschheit‘ (Oskar Negt), die Massenarbeitslosigkeit bekämpfen will, muss die Arbeitszeit verkürzen. Nur mit Lohnerhöhungen zur Nachfragesteigerung, hierauf setzen bekanntermaßen Flassbeck und Spieker, geht das nicht. Außerdem sind Lohnsteigerungen bei vorliegender Massenarbeitslosigkeit nicht durchsetzbar. Ursache des Lohnverfalls und prekärer Beschäftigungsverhältnisse ist die Arbeitslosigkeit. Auch hier ist der empirische Befund eindeutig.“
    Heinz-Josef Bontrup, der vor einem Jahr zusammen mit Mohssen Massarrat eine Initiative „Arbeitszeitverkürzung jetzt! 30-Stunden-Woche fordern!“ gestartet hat, verweist in seiner Erwiderung auf die Notwendigkeit einer Umverteilung von oben nach unten, von den Besitzeinkommen zu den Arbeitseinkommen. Nur so sei ein Abbau der Massenarbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung möglich. „Denn ohne diese Umverteilung können wir das Elend an den Arbeitsmärkten nicht mehr beheben. Ohne Arbeitszeitverkürzung wird es, auch bei einem demographischen Rückgang des gesamtwirtschaftlichen Angebots, nie mehr zu einer vollbeschäftigen Wirtschaft kommen. Alle seriösen Berechnungen und Schätzungen zur Produktivitätsentwicklung übersteigen die vermeintlichen ‚demographischen Belastungen‘.
    “ Pressemitteilung des „Projektbüro Ökonomisches Alphabetisierungsprogramm“ beim pad-Verlag vom 18.09.2014
  • Professor Bontrup und ein ziemlich alter Trugschluss
    „Es gibt Argumente, die sind vollkommen falsch, klingen aber ungeheuer einleuchtend, weil sie ein (womöglich uraltes) Vorurteil bestätigen und deswegen das Denken der meisten Menschen in dieser Frage von vorneherein vernebelt ist oder gar nicht erst einsetzt. Eine Leserin fragt, ob denn die einfache Rechnung zur Arbeitszeitverkürzung, die Professor Heinz-Josef Bontrup in einem Interview des Freitag vorführte, so richtig sein kann. Ist sie überhaupt nicht, um es vorwegzunehmen. Aber die Art und Weise, wie Bontrup diese Milchmädchenrechnung verpackt, um ihr die nötige Überzeugungskraft zu geben, ist schon Klasse…Artikel von Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker auf flassbeck-economics vom 16.09.2014 externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=64716
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