Die Mindestlohnanhebung 2025 muss stärker ausfallen – 15 Euro in Sicht?
Dossier
„Bis Ende Juni 2025 muss die Mindestlohnkommission entscheiden, wie hoch der deutsche Mindestlohn in den beiden kommenden Jahren sein soll. Eine wichtige Vorentscheidung hat die Mindestlohnkommission dabei bereits getroffen: Anders als bisher wird sich die nächste Mindestlohnerhöhung nicht nur nachlaufend an der Tarifentwicklung orientieren, sondern auch am Zielwert von 60 Prozent des Medianlohns der Vollzeitbeschäftigten. Darauf haben sich die von Gewerkschaften und Arbeitgebern benannten Kommissionsmitglieder im Januar verständigt, als sie eine neue Geschäftsordnung beschlossen haben…“ Pressemitteilung vom 24. März 2025 der Hans-Böckler-Stiftung
(„Nächste Mindestlohnanhebung dürfte stärker ausfallen – 15 Euro in Sicht“) – siehe mehr daraus und die Studie:
- DGB und Mindestlohn: Wenn im gewerkschaftlichen Menschenbild Lohnabhängige als Träger der Nachfrage dominieren, geht unter, was diese zum würdigen Leben brauchen
- Verschleiernde Zahlenspielchen: Die DGB-Rechtfertigung zur Mindestlohnerhöhung überzeugt nicht
„Zahlenspielchen werden von Wirtschaftsverbänden gerne genutzt, um mit Schreckensszenarien von Pleitewellen und aussterbenden Regionen Politik gegen den Mindestlohn zu machen. Auch wenn sich keines dieser Szenarien bei der Einführung der Lohnuntergrenze bewahrheitet hat, werden Wirtschaftslobbyisten nicht müde, an den Zahlen zu drehen. Umso ernüchternder ist es, dass auch Stefan Körzell, Mitglied im DGB-Bundesvorstand und Verhandlungsführer in der Mindestlohnkommission, die Zahlen zur am Freitag beschlossenen Erhöhung zuungunsten der Beschäftigten umdeutet. Er erklärte, mit der beschlossenen Anhebung sei »die Grundlage für einen armutsfesten Mindestlohn« gelegt. Das aber widerspricht wissenschaftlichen Untersuchungen, etwa gewerkschaftsnaher Ökonom*innen. Körzell stellt damit zudem die Kernforderung nach einer Lohnuntergrenze von 15 Euro infrage. Nicht nur der DGB, auch die SPD, deren Mitglied Körzell seit 1993 ist, hatte die Mindestlohnerhöhung auf 15 Euro zu einem maßgeblichen Wahlkampfthema gemacht und sich im Koalitionsvertrag gegen die Union durchgesetzt. Die nun beschlossene Erhöhung liegt ganze 40 Cent unter dem geforderten Betrag – und damit unter der Armutsgrenze. Eigentlich erfordert das einen gesetzlichen Eingriff. Doch der ist mit Union und Wirtschaftsverbänden nicht zu machen, sodass die SPD von links in Bedrängnis zu geraten droht. Körzell mag mit dem verschleiernden Zahlenspielchen zur Mindestlohnerhöhung dem DGB und der Sozialdemokratie politisch den Rücken freihalten wollen. Der Glaubwürdigkeit der Gewerkschaften erweist er damit aber genauso einen Bärendienst wie den Beschäftigten im Niedriglohnbereich.“ Kommentar von Felix Sassmannshausen vom 27. Juni 2025 in Neues Deutschland online - [DGB] Mindestlohn steigt in zwei Schritten auf 14,60 Euro
„Die unabhängige Mindestlohnkommission hat sich auf einen höheren Mindestlohn geeinigt. Nach langen Verhandlungen haben die Sozialpartner einem Vermittlungsvorschlag der Vorsitzenden der Mindestlohnkommission zugestimmt und damit eine Erhöhung in zwei Stufen vereinbart. Demnach soll der gesetzliche Mindestlohn zum 1.1.2026 um 1,08 Euro auf 13,90 Euro steigen. In einem zweiten Schritt sind ab 1.1.2027 dann 70 Cent mehr, also 14,60 Euro vorgesehen. Stefan Körzell, DGB-Vorstandsmitglied und Verhandlungsführer für die Gewerkschaftsseite in der Mindestlohnkommission, sagte am Freitag in Berlin: “… Während manche Arbeitgeber am liebsten ganz auf eine Erhöhung verzichten wollten, hat die Gewerkschaftsseite in der Kommission dennoch ein Plus von insgesamt 13,9 Prozent durchgesetzt. Das entspricht 1,78 Euro je Arbeitsstunde. Vollzeitbeschäftigte (40 Stunden) mit Mindestlohn haben damit ab Januar 2026 pro Monat brutto rund 190 Euro mehr in der Tasche. Im zweiten Jahr ergibt sich so ein monatliches Plus von brutto 310 Euro im Gegensatz zu heute. Aufs Jahr gerechnet ist das ein Plus von 3700 Euro brutto. Damit erreichen wir den aktuellen 60-Prozent-Medianlohn und legen die Grundlage für einen armutsfesten Mindestlohn. (…) Es ist davon auszugehen, dass dieses Geld eins zu eins in den Konsum fließt und damit die Konjunktur belebt.” Der Mindestlohn sichert Millionen Menschen, insbesondere in Niedriglohnsektoren wie dem Einzelhandel, der Logistik oder dem Gastgewerbe, ein existenzsicherndes Einkommen. Besonders profitieren Frauen, die oft in diesen Branchen arbeiten, sowie Beschäftigte in Ostdeutschland…“ DGB-Pressemitteilung vom 27. Juni 2025 - [ver.di] Entscheidung der Mindestlohnkommission: Statement der stellv. ver.di-Vorsitzenden Andrea Kocsis
„Zur Entscheidung der Mindestlohnkommission erklärt Andrea Kocsis, stellvertretende Vorsitzende der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und Mitglied der Mindestlohnkommission: „Nach extrem harten und schwierigen Verhandlungen hat die Vorsitzende der Mindestlohnkommission am Ende einen Vermittlungsvorschlag vorgelegt, dem wir zugestimmt haben. Auch wenn es nicht die 15 Euro geworden sind, ist es doch eine erhebliche finanzielle Verbesserung für die Beschäftigten im Niedriglohnsektor…“ ver.di-Pressemitteilung vom 27. Juni 2025 - Dieses gewerkschaftliche Menschenbild der Lohnabhängigen als Träger der Nachfrage wurde meinerseits bereits im Kontext der Hartz-Kommission kritisiert
- Verschleiernde Zahlenspielchen: Die DGB-Rechtfertigung zur Mindestlohnerhöhung überzeugt nicht
- Beschluss der Mindestlohnkommission nach „harten Verhandlungen“: Erhöhung in zwei Schritten über 13,90 in 2026 zu 14,60 Euro pro Stunde zum 1. Januar 2027
„Der gesetzliche Mindestlohn soll bis 2027 in zwei Schritten auf 14,60 Euro pro Stunde steigen. Das sieht ein Beschluss der Mindestlohnkommission vor. Er muss noch formell vom Bundesarbeitsministerium umgesetzt werden. Der Mindestlohn in Deutschland soll 2026 auf 13,90 Euro pro Stunde steigen. Das teilte die Mindestlohnkommission in Berlin mit. Zum 1. Januar 2027 ist eine weitere Anhebung um 70 Cent auf 14,60 Euro geplant. Aktuell liegt die Lohnuntergrenze bei 12,82 Euro. (…) Der Verhandlungsführer des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Stefan Körzell, sagte, es seien „harte Verhandlungen“ gewesen. Der Verhandlungsführer der Arbeitgeber, Steffen Kampeter, kritisierte den großen Druck, der in den letzten Monaten von politischer Seite auf die Kommission ausgeübt worden sei…“ Meldung vom 27.06.2025 in tagesschau.de(„Erhöhung in zwei Schritten: Mindestlohn soll auf 14,60 Euro pro Stunde steigen“)
- Argument für deutliche Mindestlohnerhöhung: Staat zahlte 2024 rund sieben Milliarden Euro an »Aufstocker« bzw. Lohnsubventionen statt in Pflege- und Kitaplätze
„… Der Staat hat nach Regierungsangaben im vergangenen Jahr rund 826.000 Erwerbstätigen zusätzlich Bürgergeld gezahlt, weil ihr Einkommen nicht zum Leben reichte. Die Kosten lagen bei rund sieben Milliarden Euro. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Linkenabgeordneten Cem Ince hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Demnach ist die Zahl der sogenannten Aufstocker erstmals seit 2015 wieder gestiegen. (…) Der Linkenabgeordnete Ince sieht die Zahlen der Aufstocker dagegen als Argument für eine deutliche Erhöhung. »Es kann nicht sein, dass Hunderttausende trotz Arbeit auf staatliche Hilfe angewiesen sind«, sagte er der dpa. »Wir unterstützen damit niedrige Löhne und halten die Ausbeutung der Arbeitskraft aufrecht, anstatt in Pflege- und Kitaplätze zu investieren, die vielen Menschen den Weg aus der Teilzeitfalle ermöglichen würden.«…“ Agenturmeldung vom 23.06.2025 im Spiegel online(„Staat zahlte zuletzt rund sieben Milliarden Euro an »Aufstocker«“), siehe den Kommentar:
- „Der echte mafiöse Bürgergeldmißbrauch findet bei den >800.000 Arbeitsplätzen statt, die aufgrund zu geringer Löhne Aufstockung benötigen. Es ist absurd, dass das im Haushalt unter “Sozialausgaben” fällt wenn es doch eigentlich direkte Subventionen an AGs sind. Von Vermietern ganz zu schweigen.“ Post von Lankfried vom 23. Juni 2025 auf bsky
- „Der echte mafiöse Bürgergeldmißbrauch findet bei den >800.000 Arbeitsplätzen statt, die aufgrund zu geringer Löhne Aufstockung benötigen. Es ist absurd, dass das im Haushalt unter “Sozialausgaben” fällt wenn es doch eigentlich direkte Subventionen an AGs sind. Von Vermietern ganz zu schweigen.“ Post von Lankfried vom 23. Juni 2025 auf bsky
- 15 Euro reichen nicht: Um Altersarmut wirklich zu bekämpfen, müsste Mindestlohn auf 21 Euro steigen „CDU/CSU und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen, den Mindestlohn von derzeit 12,82 Euro pro Stunde auf 15 Euro zu erhöhen. Darüber ist bereits wie bei jeder bisherigen Erhöhung eine Debatte entbrannt. So eine Erhöhung würde „in der längsten Wirtschaftskrise seit Gründung der Bundesrepublik schwere wirtschaftliche Schäden anrichten“, sagt etwa der Chef des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Oliver Zander. Auch andere Arbeitgeberverbände sind gegen die Erhöhung. Nicht nur Sozialverbände, sondern auch die meisten Ökonomen stehen auf der anderen Seite. Das hat einen simplen Grund. Die 15 Euro sind kein ausgedachter Fantasiewert, sondern haben eine hart kalkulierte Basis. (…) 15 Euro Mindestlohn würden (…) aktuelle Angestellte aus der Armutsgefährdung heraushalten. Dieser Wert gilt aber nur für 2025. (…) Es gibt noch ein weiteres Problem: 15 Euro Mindestlohn schützen nur einen aktuellen Arbeiter vor der Armut. Sobald er in Rente ginge, würde er aber sofort wieder in die Armut rutschen. Selbst mit 45 Beitragsjahren auf 15 Euro Mindestlohnniveau käme ein fiktiver Rentner nur auf rund 1170 Euro Brutto-Rente, was etwa 1043 Euro netto entsprechen würde. (…) Die Schwelle für die Armutsgefährdung liegt bei mindestens 1380 Euro netto pro Monat. (…) Dabei haben wir jetzt noch mit den Werten von 2024 gerechnet. Ab dem 1. Juli steigt der Wert eines Rentenpunkte auf 40,79 Euro. Doch auch das Durchschnittsentgelt steigt kräftig. Vorläufig rechnet die Deutsche Rentenversicherung damit, dass dieses Jahr 50.493 Euro für einen Rentenpunkt notwendig sein werden. Mit diesen Parametern ergäbe sich ein notwendiger Mindestlohn von 20,59 Euro. Auch dieser müsste jedes Jahr mit den Medianlohn ansteigen. (…) Zudem berücksichtigt selbst ein Mindestlohn von 21 Euro nicht, dass es gerade für Menschen mit niedrigen Einkommen schwer ist, die erforderlichen Rentenpunkte zu sammeln. Erstens sind ihre Jobs meist körperlich anstrengender und sie aufgrund eines Lebens mit wenig Geld anfälliger für Krankheiten und Verletzungen, zweitens sind ihre Jobs oft die ersten, die in wirtschaftlich schlechten Zeiten gestrichen werden. So ist die Höhe des Mindestlohns denn auch eine Aushandlung, die eine Gesellschaft treffen muss, darüber, wie viel des Armutsrisikos Unternehmen über einen Mindestlohn abdecken sollen und wie viel die Gesellschaft in Form von Sozialleistungen übernimmt.“ Artikel von Christoph Sackmann vom 17. Juni 2025 im focus online
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- Siehe bereits von 2013: Warum der Mindestlohn 18,50 Euro betragen müsste
- Lobby will Armut verankern: Handelsverband gegen Erhöhung des Mindestlohns, Empfehlung einer »Nullrunde«. Scharfe Kritik von Verdi
„Einmischung durch die Politik in die Diskussion über den künftigen Mindestlohn verbittet sich der Handelsverband Deutschland (HDE), mischt sich aber selbst mit der Empfehlung einer »Nullrunde« ein. Die Gewerkschaft Verdi hält dagegen. Zuständig für die Festlegung des zur Zeit bei 12,82 Euro pro Stunde liegenden Mindestlohns ist eine Kommission aus Beschäftigten- und Unternehmensvertretern. Berechnungen im Vorfeld der anstehenden Entscheidung über die Erhöhung der Lohnuntergrenze laufen auf etwa 15 Euro hinaus, da dieser Wert 60 Prozent des Medianlohns aller Vollzeitbeschäftigten entspräche. Die Berechnungsgrundlage ist in der Europäischen Mindestlohnrichtlinie festgelegt, die bisher von der deutschen Kommission ignoriert wurde. Nach einer Verständigung beider Lager im Januar kündigte sie an, sie in diesem Jahr zu berücksichtigen. Selbst die aus CDU/CSU und SPD bestehende Bundesregierung hatte sich in ihrer Koalitionsvereinbarung unverbindlich zu einem Mindestlohn von 15 Euro bekannt. Grund genug für den mächtigen HDE, nun mit markigen Worten vor den Folgen einer Erhöhung des Mindestlohns zu warnen. Eine Befragung von rund 550 Handelsunternehmen verschiedener Größe habe ergeben, dass zwei Drittel von ihnen mit Stellenabbau kalkulieren, wenn es dazu kommt, heißt es in einer Mitteilung des Verbandes vom Donnerstag. (…) Auf die Einlassungen des HDE reagierte am selben Tag das für den Handel zuständige Verdi-Vorstandsmitglied Silke Zimmer mit scharfer Kritik: »Der HDE will die Beschäftigten im Handel nicht fair entlohnen«, stellte sie laut dpa fest. »Anders kann man die Behauptungen, mit denen der HDE die 15 Euro Mindestlohn verhindern will, nicht verstehen.« Die Beschäftigten der Branche seien auf Lohnsteigerungen angesichts der erheblichen Preissteigerungen bei Mieten und Lebenshaltungskosten dringend angewiesen. Viele kämen mit ihrem Entgelt kaum über die Runden. »90 Prozent der mehr als drei Millionen Einzelhandelsbeschäftigten sind akut von Altersarmut bedroht«, so Zimmer weiter. Wegen der schlechten Bezahlung suchten sich immer mehr Mitarbeiter dieser Branche alternative Jobs. (…) In jeder Tarifrunde der vergangenen Jahre hat sich Verdi dafür starkgemacht, die Tarifverträge des Handels für allgemeinverbindlich erklären zu lassen, was bisher stets am – wen wundert’s – Widerstand der Unternehmensverbände in der Branche gescheitert ist…“ Artikel von Gudrun Giese in der jungen Welt vom 14. Juni 2025 - Nächste Mindestlohnanhebung dürfte stärker ausfallen – 15 Euro in Sicht
Weiter aus der Pressemitteilung vom 24. März 2025 der Hans-Böckler-Stiftung: „… Was dies für die kommende Mindestlohnanpassung bedeutet, haben Forscher des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) und des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung jetzt in einer Stellungnahme für die Mindestlohnkommission detailliert herausgearbeitet. Um das Ziel von 60 Prozent des Medianlohns zu erreichen, ist in Deutschland ein Mindestlohn von rund 15 Euro notwendig. Die verschiedenen Datenquellen, die in der Studie hierzu analysiert werden, unterscheiden sich diesbezüglich nur um Cent-Beträge: Schreibt man die Daten des Statistischen Bundesamtes fort, so ergibt sich ein Mindestlohn von 14,88 bis 15,02 Euro im Jahr 2026 und von 15,31 bis 15,48 Euro im Jahr 2027. Verwendet man stattdessen Berechnungen der OECD, wäre schon für das laufende Jahr ein Mindestlohnniveau von 15,12 Euro erforderlich, um den 60-Prozent-Wert zu erreichen. In der Vergangenheit hat Deutschland den international üblichen Referenzwert von 60 Prozent des Medianlohns, der auch in der Europäischen Mindestlohnrichtlinie verankert ist, regelmäßig unterschritten. Entsprechend groß ist jetzt der Aufholbedarf – und zwar auch, weil die Mindestlohnkommission in ihrem letzten Beschluss 2023 gegen die Stimmen der Gewerkschaftsvertreter*innen nur eine Mini-Anhebung auf das derzeitige Niveau von 12,82 Euro beschlossen hatte. Die kommende Erhöhung dürfte damit stärker ausfallen, als dies der Fall wäre, wenn die Kommission sich wie in der Vergangenheit nur an der Tarifentwicklung der vergangenen zwei Jahre orientieren würde, erwarten die Fachleute von WSI und IMK. (…) Wenn man Tariflohndaten der Deutschen Bundesbank oder des WSI Tarifarchivs zugrunde legt, ergibt sich nach dem bisherigen Anpassungsmodus ein Mindestlohnniveau von bis zu 14,26 Euro. (…) Unabhängig von der Kritik am niedrigen Niveau fällt die Bilanz nach zehn Jahren Mindestlohn in der Studie positiv aus. „Der gesetzliche Mindestlohn ist inzwischen zu einem fest etablierten Regelungsinstrument der deutschen Arbeitsmarktordnung geworden, das von keinem relevanten Akteur mehr in Frage gestellt wird“, so die Studienautoren. Vom Mindestlohn profitiert haben vor allem Beschäftigte im unteren Lohnsegment. Hier sind die Stundenlöhne – insbesondere seit der Erhöhung auf zwölf Euro – deutlich gestiegen. Dies habe zu einem Rückgang der Lohnungleichheit in Deutschland beigetragen. „Da Niedriglöhne vor allem bei Frauen und in Ostdeutschland verbreitet sind, waren die Auswirkungen hier besonders stark. Der Mindestlohn hat damit auch einen wichtigen Beitrag zum Abbau der Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern geleistet und geholfen, das innerdeutsche Lohngefälle zumindest im unteren Lohnsegment abzubauen“, hebt Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des WSI, hervor. In vielen Fällen ist es nach Einführung des Mindestlohns gelungen, Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse umzuwandeln, so die Analyse. Die von Kritikern im Vorfeld befürchteten Arbeitsplatzverluste – je nach Prognose zwischen rund 400.000 und 1,4 Millionen – sind hingegen ausgeblieben…“
- Siehe die 44-seitige Analyse “10 Jahre Mindeslohn – Bilanz und Ausblick“
von Malte Lübker, Thorsten Schulten, Alexander Herzog-Stein vom März 2025
Wichtig zum Thema:
- das letzte Dossier: Mindestlohnanpassung gegen die Stimmen der Gewerkschaften beschlossen: Ab 1. Januar 2024 gibts inflationäre 41 Cent mehr
- Mindestentgelt in der Landwirtschaft: Bei Saisonkräften wechselhaft und darin aktuell: Bauernverbandspräsident will für Saisonarbeitskräfte nur noch 80% des Mindestlohnes – IG BAU versteht dies korrekt als Vorschlag zur Arbeitszeitverkürzung