Hausdurchsuchungen und Ermittlungen nach 129 gegen mehrere Antifaschist*innen in Nürnberg mit dem Vorwurf, „die Antifa zu verherrlichen“ – mit Graffitis

Dossier

Wir sind alle Antifa!Am 11. Oktober wurden mehrere Wohnungen von Antifaschist*innen in Nürnberg durchsucht. Die Generalstaatsanwaltschaft München ermittelt wegen Graffiti. Sie konstruiert eine „kriminelle Vereinigung“ und wirft den Betroffenen vor, sich positiv auf antifaschistische Aktivitäten und Antifaschismus im Generellen zu beziehen. Der Solikreis Nürnberg verurteilt dies als Angriff auf alle Menschen, die sich dem erstarkenden Rechtsruck in der Gesellschaft entgegen stellen. Weiter kritisiert der Solikreis Nürnberg die politisch motivierte Pressemitteilung der Generalstaatsanwaltschaft München…“ Pressemitteilung von „Solikreis Nürnberg“ vom 12.10.2023 – siehe dazu Rote Hilfe und weitere Solidarität mit den von §129 Betroffenen in Nürnberg:

  • [Bitte mitzeichnen] Wir sind alle Antifa! New
    Am 11. Oktober hat die Polizei die Wohnungen von sechs jungen Menschen in Nürnberg durchsucht. Der Vorwurf: Durch das Sprühen von antifaschistischen Graffiti im Großraum Nürnberg sei die Antifa „verherrlicht“ worden. Auf Grundlage dieses Vorwurfs konstruiert die Generalstaatsanwaltschaft München eine kriminellen Vereinigung nach §129. Seit dem Jahr 2000 wurden in Bayern 22 Menschen und im gleichen Zeitraum bundesweit über 170 Menschen durch Faschist:innen ermordet. In keiner Stadt gab es so viele NSU-Todesopfer wie in Nürnberg. Aus der bayerischen Landtagswahl am 8. Oktober gingen rechte Parteien mit einem immensen Stimmzuwachs hervor. Angesichts dieser Erfolge verwundert es nicht, dass sich die „Mitte“-Parteien seit Jahren zunehmend rechte Forderungen in die Wahlprogramme schreiben.
    Nur drei Tage nach der Landtagswahl tritt die bayerische Polizei Wohnungstüren von Antifaschist:innen ein, fesselt sie und bedroht sie zum Teil mit gezogenen Schusswaffen. Zuvor waren die Beschuldigten und ihr Umfeld monatelang abgehört und überwacht worden – alles wegen ein paar Sachbeschädigungen unbekannter Urheberschaft. Doch eine Urheberschaft muss die Staatsanwaltschaft den Beschuldigten gar nicht nachweisen können – der §129 erlaubt es ihr, ohne konkrete Anhaltspunkte derart gegen Beschuldigte vorzugehen. „Verherrlichung der Antifa“ als Begründung für staatliche Verfolgung zu nutzen ist der Versuch, Antifaschismus mit Nationalsozialismus gleichzusetzen. (…)
    Während Faschist:innen töten und Nazistrukturen bei Polizei und Bundeswehr als Einzelfälle verharmlost werden, setzt die „Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus“ alles daran, ein paar mutmaßliche linke Sprayer:innen zu verfolgen. Das ist nichts anderes als ein Angriff auf den Antifaschismus im Allgemeinen. (…)
    Gegen Rechtsruck und Faschismus hilft nur Antifaschismus – und nichts anderes ist Antifa. Antifaschismus ist gerade jetzt richtig und wichtig! Die bayerische Generalstaatsanwaltschaft liefert uns die besten Gründe zu sagen: Wir sind alle Antifa! Wegen unserer Vergangenheit. Wegen dieser Gegenwart. Für die Zukunft. Wir rufen alle Antifaschist:innen auf sich solidarisch zu zeigen.Antifa ist eine Notwendigkeit und kein Verbrechen
    .“ Siehe die Aktionsseite Wir sind alle Antifa: Solidarität mit den von §129 Betroffenen in Nürnberg externer Link zum Mitzeichnen der Erklärung Wir sind alle Antifa! externer Link
  • Kriminelle Vereinigung wegen Graffitis: Rote Hilfe verurteilt Razzien
    In den frühen Morgenstunden des 11.10.2023 wurden sechs Durchsuchungsbeschlüsse gegen Nürnberger Antifaschist*innen vollstreckt. Die Beschlüsse wurden auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft München durch das Amtsgericht München erlassen. Insgesamt wurden fast zeitgleich vier Wohnungen im Stadtgebiet von Einheiten des sog. Unterstützungskommando (USK) durchsucht. Auf der Suche nach „umfangreichem Beweismaterial“ wurden insbesondere Mobiltelefone und sonstige Datenträger und Unterlagen sichergestellt. Zudem wurden Menschen, die sich vor Ort solidarisch mit den Betroffenen zeigten, teilweise mit Platzverweisen belegt. Konkret wird den Antifaschist*innen Sachbeschädigung durch Graffitis vorgeworfen. Als Grundlage für die Razzien nutzte die Generalstaatsanwaltschaft erneut den Gesinnungs- und Strukturermittlungsparagraf § 129 StGB. Durch ihre Graffitis sollen sich die Antifaschist*innen einer „kriminellen Vereinigung“ angeschlossen haben. Für die Generalstaatsanwaltschaft genügte dafür der Bezug auf eine antifaschistische Haltung in Verbindung mit Solidaritätsbekundungen für u. a. Betroffene des Antifa-Ost-Verfahrens...“ Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. am 11.10.23 externer Link
  • Aufregung um Hausdurchsuchungen: „Soligruppe“ kritisiert Polizeiaktion in Nürnberg
    Artikel vom 12.10.2023 in den Nürnberger Nachrichten externer Link

Siehe auch unser Dossier: Skandalurteil in Nürnberg: 1,5 Jahre Haft für das Anschreien der Polizei

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=215543
nach oben