Amazon: 14. Transnationales ArbeiterInnentreffen am 25. bis 27. März 2022 in Bad Hersfeld

Amazon Workers InternationalSeit 2015 treffen sich Amazon-Arbeiterinnen und -Arbeiter aus verschiedenen Ländern und Kontinenten, Deutschland, Polen, Frankreich, Spanien, der Slowakei, Italien und den USA so oft wie möglich. Diese selbstorganisierten Treffen der Basis-Teams ermöglichen den Austausch von Informationen und die Arbeit an gemeinsamen Themen wie Managementpraktiken, Arbeitsbedingungen, physische Risiken, Gesundheitsschutz etc. In der Nähe von Lyon (Frankreich) wurde ein Arbeiter wegen seiner Nähe zur Gewerkschaft SUD entlassen, und in Bessemer (USA) versucht der Konzern nach wie vor, die gewerkschaftliche Präsenz zu blockieren. In Europa herrscht wieder Krieg, und der Militärschlag Russlands gegen die Ukraine wirft auch ein Schlaglicht auf die Bedingungen der ukrainischen Arbeiter, die für Amazon arbeiten, vor allem in den Lagerhäusern in Polen und als LKW-Fahrer in Zulieferbetrieben. Mehrere der in Amazon-Lagern tätigen Gewerkschaften sind Mitglieder des Internationalen Gewerkschaftsnetzwerks für Solidarität und Kampf (dem auch LabourNet Germany angehört) und nehmen an den Treffen teil, siehe dort die Einladung auf Englisch und Französisch externer Link und nun Berichte:

  • Das Treffen von Amazon Workers International in Bad Hersfeld: Internationale Basisvernetzung entlang der Wertschöpfungskette New
    Vom 25. bis 27.März 2022 fand in Bad Hersfeld das Halbjahrestreffen der Amazon Workers International (AWI) statt, einem Netzwerk von Amazon-Beschäftigten und Unterstützer:innen vor allem aus Europa. Diesmal kamen Menschen aus Polen, Deutschland, Frankreich und Italien sowie – per Liveschaltung – den USA zusammen. Sie tauschten sich über Arbeitsbedingungen an den verschiedenen Positionen im Amazon-Netzwerk aus, diskutierten Union Busting bei Amazon, die Folgen des Angriffskriegs auf die Ukraine für die Arbeitenden und die neuesten Entwicklungen gewerkschaftlicher Organisierung in den USA. Das Treffen fand vor der erfolgreichen Gewerkschaftswahl in New York statt. (…) Das Treffen in Bad Hersfeld war ein wichtiger Schritt in der Konsolidierung unserer Bewegung, die sich aufgrund der Pandemie nicht mehr in Präsenz treffen konnte. Wir müssen aber weiter über die gesamte Lieferkette bei Amazon hinweg wachsen, um die Lage der Arbeiter:innen langfristig zu verbessern!Bericht vom Streiksolibündnis Leipzig in der SoZ 5/2022 externer Link
  • Vernetzung über die Grenzen: „Same struggle, same Fight, Amazon Workers Unite!“
    Der Kampf seiner Arbeiter gegen Amazon scheint ein Kampf David gegen Goliath. Der Multisparten-Konzern ist weltweit tätig und dies auf die immer gleiche Weise im Umgang mit den Arbeitern. Umso wichtiger ist, neben der Organisierung vor Ort, die weltweite Vernetzung der Arbeiter bei Amazon. Dies geschieht nun schon seit 2015 unter den Namen Amazon Workers International. Damals fuhren polnische Arbeiter zum ältesten Amazon-Standort in Deutschland nach Bad Hersfeld und trafen sich mit dortigen Kollegen.
    Nun war es am letzten März-Wochenende wieder soweit und Amazonarbeiter trafen sich in Bad Hersfeld. Diesmal kamen sie aus Polen (Poznan), Frankreich (Senlis (bei Paris), Orleans, Lyon, Annecy) und Deutschland (Leipzig, Rheinberg, Koblenz, Dortmund, Brieselang, Achim, Hoppegarten, Alexa Data Service Berlin und Bad Hersfeld).
    Los ging es mit einer Flyer-Verteilaktion am Freitag Nachmittag vor dem Warenlager FRA3 [in Bad Hersfeld].
    Anschließend begann das Meeting mit der Vorstellung der Erstteilnehmer und ihrer Standorte. Am Samstag wurden dann die eigentlichen Themen vorgestellt und diskutiert. Dabei stand als erstes Union Busting auf der Tagesordnung. Dabei wurden drei aktuelle Fälle vorstellt.
    In Poznan wurde die Kollegin Magda, die die Aufgabe einer Sicherheitsbeauftragten hatte und daher vor Kündigung geschützt war trotzdem von Amazon gekündigt, weil sie ihre Aufgabe wahrgenommen hatte. [siehe im LabourNet]
    In Leipzig wurde der Kollege Michael mit einer fragwürdig berechneten Krankenquote und auch fragwürdigen BEM-Verfahren gekündigt.
    In Bad Hersfeld wurde der Kollege Anis, der Mitglied des BR ist und auch SBV, wegen antisemitischer Äußerung abgemahnt. Behauptet wurde dies von einer Managerin, der Kollege konnte fünf Zeugen anführen, die das Gegenteil aussagten.
    In allen Fällen laufen Gerichtsverfahren. Wo in Polen dies bis zu 7 Jahre dauern kann, haben die deutschen Kollegen schon erste Urteile, doch Amazon ignoriert diese. Im Anschluss wurde über Verfahren im Umgang mit Union Busting diskutiert. Dabei wurde auf jeden Fall deutlich, dass diese Fälle öffentlich gemacht werden müssen.
    Danach stand das Thema Digitalisierung an. Bei Amazon ist es normal, dass sämtliche Daten der Arbeiter erfasst werden und diese auch dazu genutzt werden um Druck auszuüben auf die Arbeiter. Gleichzeitig gibt es an vielen Standorten permanente Videoüberwachung. An wenigen Standorten in Deutschland konnte dies durch gewerkschaftlicher Aktivitäten und Einsatzes des Betriebsrates unterbunden werden. In Berlin hat sich die Gruppe „Amazon Workers against Surveillance“ gefunden, hauptsächlich von Alexa Data Services, und versuchen Amazon Arbeitern zu helfen diese permanente Überwachung zu unterbinden. Bei Alexa Data Services hatte der dortige Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung erstritten, die es dem Arbeitgeber verbietet die Arbeiter mit sogenannten „Feedback-Gesprächen“ unter Druck zu setzten.
    Als drittes Thema stand der Ukraine-Krieg und das Verhalten von Amazon auf der Tagesordnung. Dabei wurde zwar auf der einen Seite das humanitäre Verhalten von Amazon angesprochen (5 Mio. € Spende, Aufbau eines Verteillager für Hilfsgüter). Auf der anderen Seite werden Ukrainer in Polen zu äußerst schlechten Bedingungen angestellt. Sie werden nicht direkt bei Amazon angestellt, sondern bekommen sogenannte „Bürgerrechtsverträgen“ als „Partner“. Diskutiert wurde auch, in wie weit Amazon die ukrainischen Flüchtlinge im kommenden Weihnachtsgeschäft als billige Aushilfskräfte nutzten wird.
    Der Abschluss des Tages bildete ein Videocall mit einem amerikanischen Kollegen, der über die Aktivitäten im Mutterland von Amazon berichtete. Er erzählte von mehreren “Walk outs” bei Verteillagern. Organisiert wurden diese von “Amazons United”, die nicht als offizielle Gewerkschaft laufen und dies auch nicht anstreben. Die Beteiligung bei den Streiks lag bei 50-75% der Arbeiter.
    Dann berichtete noch ein polnischer LKW-Fahrer über die Aktivitäten von LKW-Fahrer, die für Amazon fahren (ohne angestellt zu sein bei Amazon). Sie finden bei vielen Standorten schlechte Bedingungen vor ohne sanitäre Möglichkeiten und ohne Rastmöglichkeiten. In Leipzig wurde eine Protestnote an die dortige Geschäftsleitung übergeben. [Siehe im LabourNet das Dossier: Ohne DHL, Hermes oder lästige Festangestellte: Amazon Flex startet]
    Am Sonntag wurde dann noch einige organisatorische Fragen geklärt. Des weiteren wurden Termine für Aktivitäten besprochen. Das nächste Treffen soll im September in Poznan stattfinden.
    Eine Woche nach dem Treffen wurde bekannt, dass sich Kollegen bei Amazon in Staten Island für eine Gewerkschaft im Betrieb entschieden haben, die erste in den USA. Dies zeigt, dass dieser Kampf gegen diesen Riesen kein aussichtsloser ist. Es bleibt bei dem Stichwort: „Same struggle, same Fight, Amazon Workers Unite!“Bericht von Andreas Gangl, Nachrücker im Betriebsrat in Bad Hersfeld, am ältesten Amazonstandort in Deutschland – wir danken!
  • Bericht vom transnational meeting of Amazon Workers International in Bad Hersfeld, Germany am 25.-27.3. 2022 
    Am vergangenen Wochenende gab es ein weiteres beeindruckendes transnationales Treffen von #Amazon Workers International in Bad Hersfeld, Deutschland. Beteiligt waren Beschäftigte, Vertrauensleute und Unterstützer aus 15 Betrieben in Polen, Frankreich, Italien und Deutschland. Wir möchten Ihnen einen kurzen Bericht geben.
    Das Hauptthema war #unionbusting @Amazon. Wir tauschten Erfahrungen mit Amazons Strategien gegen Gewerkschaften aus. Anis, Vertrauensmann von @_verdi in Bad Hersfeld, erzählte uns, wie ihm wegen angeblichen Antisemitismus gekündigt wurde. (https://osthessen-news.de/n11663063/arbeitsgericht-gibt-amazon-betriebsrat-recht-abmahnung-ist-hinfallig.html externer Link) Allerdings gewann er seinen Fall gegen Amazon. [Siehe auch im LabourNet]
    Amazonas-ArbeiterInnen gegen Krieg und Ausbeutung! Transparent vom Amazon Workers International Meeting am 25. bis 27. März 2022 in Bad HersfeldUnsere Kameradin Magda hat per Zoom an dem Treffen teilgenommen. Sie ist Shop Steward in Poznan @pracownicz. Sie berichtete von ihrer ungerechtfertigten Kündigung. https://de.labournet.tv/amazon-arbeiterin-poznan-entlassen externer Link (engl. UT, siehe auch im LabourNet) Magda, wir stehen dir in #solidarity bei – egal wie lange die Arbeitsgerichte dauern!
    Außerdem nahm ein Genosse von Amazonians United (@NYCAmazonians) an dem Treffen teil. Er erzählte uns von einer Streikserie im Nordosten der USA. Wir freuen uns, von der wunderbaren Welle der Kämpfe zu hören!
    Unsere Kameraden aus @organizeAWAS haben uns ihr neues Plakat präsentiert. Auch wenn ihr Taktikvorschlag eher auf Deutschland bezogen ist, zeigt er, dass Überwachung @Amazon ein internationales Thema ist. (https://twitter.com/organizeAWAS/status/1501211815396745220?s=20&t=AdrZ8PPNtel-JoHBIC8M_w externer Link) Bitte prüfen. [Siehe auch im LabourNet]
    Wir haben die Auswirkungen von #UkraineWar auf die Gewerkschaftsarbeit diskutiert. Amazon präsentiert sich als Helfer der ukrainischen Bevölkerung. Gleichzeitig beutet das Unternehmen ukrainische Arbeiter mit schlechten Verträgen aus, zB in Polen. Wir laden alle ukrainische Kollegen bei Amazon ein, sich mit uns zu organisieren!
    Unser nächstes Treffen findet vom 23. bis 25. September 2022 in Posen statt. Bist du interessiert? Jeder Amazon Worker ist herzlich willkommen. Wenn Sie mit uns in Kontakt treten möchten, schreiben Sie bitte an awi@riseup.net. Wir sehen uns hoffentlich dort!“ engl. Thread von Amazon Workers International vom 29.3.2022 externer Link, siehe auch:

  • Siehe zu Amazon Workers International die Homepage externer Link und diese auf Twitter externer Link
  • Siehe zuletzt [8.-10.10.21 transnational meeting in Leipzig] Acht Jahre Arbeitskampf bei Amazon – Erfahrungen und Perspektiven
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=199279
nach oben