Rasche Nothilfen auch für Solo-Selbstständige erforderlich

Dossier

Coronavirus, die Hetze und der Ausnahmezustand: China im ShitstormViele Selbstständige ohne Beschäftigte geraten durch die Absage noch nicht vertraglich vereinbarter Veranstaltungen wegen der Schutzmaßnahmen vor dem Coronavirus in eine existenzbedrohende wirtschaftliche Situation. Zahlreiche Betroffene sehen sich unmittelbar von Insolvenz bedroht. (…) Deswegen fordert ver.di, diesen Ein-Personen-Unternehmen für die individuell unverschuldeten Notlagen – vergleichbar den durch das Kurzarbeitergeld gestützten Wirtschaftsunternehmen – Liquiditätshilfen zur Verfügung zu stellen. (…) Konkrete Vorschläge hat ver.di zu Unterstützungskrediten etwa durch erleichterte Mikrokreditvergabe erarbeitet. Eine vorübergehende unbürokratische Absenkung der Sozialversicherungsbeiträge würde die Selbstständigen bei den Fixkosten ebenso entlasten wie die für den Staat kostenneutrale Maßnahme der Senkung oder auch des Verzichts auf die für Selbstständige üblichen Einkommenssteuer-Vorauszahlungen…“ ver.di-Pressemeldung vom 13. März 2020 beim FB 8 externer Link, siehe eine Petition und weitere Infos zu Soforthilfen etc.:

  • Zurückfordern statt Fördern. Soloselbständige: Ein für das Land NRW brisantes Urteil hat weitreichende Folgen: müssen die Corona-Soforthilfen nicht zurückzahlen New
    „Jene Bescheide, mit denen das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium gezahlte Corona-Soforthilfen für Soloselbständige und Kleinunternehmen zurückgefordert hat, sind rechtswidrig. Das entschied das Verwaltungsgericht Düsseldorf Mitte August in einem wegweisenden Musterverfahren zugunsten dreier Kläger*innen. Prozessiert hatten der Inhaber eines Schnellrestaurants, die Betreiberin eines Kosmetikstudios sowie ein Steuerberater, der seine Einkünfte überwiegend mit der Aus- und Fortbildung von Berufskolleg*innen erwirtschaftet. Tausende weiterer Verfahren auch bei anderen regionalen Gerichten stehen noch aus, sie könnten mit einem ähnlichem Ergebnis enden. Das »größte Hilfsprogramm in der Geschichte des Landes«, wie es die Pressestelle des zuständigen Ministeriums nannte, ist damit endgültig zur Farce geworden. Insgesamt sollten 430 000 Kleinstbetriebe von den Maßnahmen profitieren, die einen finanziellen Gesamtumfang von 4,5 Milliarden Euro betrugen. Die Zahl klingt hoch, ist aber in der Rückschau schlicht falsch und erzeugt ein schiefes Bild. Denn die meisten Antragstellenden müssen mindestens 7000 der zugesagten 9000 Euro zurückzahlen. Magere 2000 Euro durften jene, die ihren Antrag früh genug gestellt hatten, zur Kompensation der durch die Corona-Maßnahmen verursachten Einkommensverluste nutzen. Den Musiker*innen, Messebauer*innen oder kleinen Lichttechnikfirmen, die der besonders hart getroffenen »Veranstaltungswirtschaft« zuarbeiten, half das nur wenig: Zum Teil waren sie über Monate hinweg mit einem Totalausfall ihrer gewohnten Einkünfte konfrontiert. (…) Wegen der Fixierung der Politik auf feste Beschäftigungsformen fehlen bis heute grundlegende Konzepte zur Unterstützung von Kleinstfirmen. Man könnte zum Beispiel eine spezielle Arbeitslosenversicherung für Selbständige entwickeln oder die Idee der Künstlersozialkasse (KSK) auf weitere Berufe übertragen. Die KSK ermöglicht Kunst- und Medienschaffenden den Zugang zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung bei günstigen Tarifen. Von einer Ausweitung profitieren würden freiberuflich Tätige etwa in der Kultur-, Bildungs- und Veranstaltungsbranche. Ein anderer Vorschlag: Der Staat könnte die Sozialbeiträge prekärer Selbständiger zeitweise ganz übernehmen. Für Kurzarbeitende, deren großzügige Unterstützung etwa der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil ständig betonte, war das während der Pandemie selbstverständlich. Angestellte wurden relativ gut versorgt, Selbständige dagegen getäuscht oder mit Trostpflastern abgespeist. Die daraus entstandenen Interessenkonflikte müssen jetzt die Justizbehörden klären. Die Revision der Düsseldorfer Urteile in der nächsthöheren Instanz, beim Oberverwaltungsgericht Münster, wurde ausdrücklich zugelassen.“ Artikel von Thomas Gesterkamp vom 24. September 2022 in neues Deutschland online externer Link
  • Rückzahlung der Corona-Hilfen wird zur Existenzgefährdung für Kulturschaffende – ver.di fordert kulante Regelungen, Stundungen und Ratenzahlungen 
    Die uneinheitliche Vorgehensweise bei den Corona-Hilfen für Kulturschaffende droht zur Existenzgefährdung für tausende Selbständige der Branche zu werden. „Viele bekommen jetzt mitten in der Krise Rückzahlungsaufforderungen, obwohl sie noch gar kein Geld dafür verdienen konnten“, kritisiert Christoph Schmitz, ver.di-Bundesvorstandsmitglied für Kultur und Medien. Zudem hätten etliche aufgrund der unterschiedlichen Bedingungen in den Ländern geglaubt, Hilfe zum Lebensunterhalt und nicht nur zur Begleichung von Fixkosten beantragt zu haben. „Für manche in Politik und Verwaltungen scheint nicht klar zu sein, dass Lebenshaltungskosten zu den notwendigen Betriebsmitteln der selbständigen Kulturschaffenden gehören“, sagte Schmitz. Der Gewerkschafter appellierte an die Länder, die Existenz der Betroffenen möglichst durch bundesweit geltende, kulante Regelungen zu sichern: „Leider konnten sich die Länder nicht auf den einheitlichen Verzicht eines Teils der Unterstützung einigen. Jetzt brauchen die Kulturschaffenden zumindest eine Stundung bis nach der Pandemie sowie die Möglichkeit der Rückzahlung in individuell angemessenen Raten.“ Die ver.di-Beauftragte für Kunst und Kultur, Anja Bossen, sprach von einer „brenzligen Situation“, weil bei vielen selbstständigen Kulturschaffenden alle Rücklagen aufgebraucht seien…“ ver.di-Pressemitteilung vom 04.02.2022 externer Link
  • Corona-Soforthilfen: Böses Erwachen für kleine Selbstständige / Rückzahlung der Corona-Soforthilfe: Fordern statt Fördern
    • Corona-Soforthilfen: Böses Erwachen für kleine Selbstständige
      Die Bundesländer fordern zunehmend die Corona-Soforthilfen zurück. Für viele Selbständige wird das nicht nur teuer, in vielen Fällen drohen auch Strafanzeigen, nicht immer gerechtfertigt (…) Dass die Selbstständigen die Corona-Soforthilfen nun zum Teil zurückzahlen müssen, kratzt nach Ansicht von Markus Jerger auch an der Glaubwürdigkeit der neuen Bundesregierung. „Ich erinnere zugleich daran, dass der jetzige Kanzler als Finanzminister bei der Vorstellung der Hilfen noch versichert hatte, es müsse nichts zurückgezahlt werden“, sagte er. Doch es bleibt nicht dabei, die Gelder wieder dem Staat zurückzahlen zu müssen: Wer die Soforthilfe angeblich zu Unrecht bekommen hat, dem droht mitunter ein Strafverfahren. Nach Angaben des Verbandes der Gründer und Selbstständigen (VGSD) liefen Anfang Dezember mehr als 25.000 Ermittlungen gegen Selbständige wegen des Vorwurfs des Subventionsbetruges. Häufig seien die Vorwürfe jedoch nicht nachvollziehbar, hieß es in einer Erklärung des Verbandes. Doch man ginge davon aus, dass die Zahl der Verfahren weiter ansteigen werde, denn viele Bundesländer hätten „gerade mit der Abrechnung der Soforthilfe begonnen und könnten in der Folge weitere Ermittlungen in die Wege leiten“…“ Artikel von Bernd Müller vom 29. Dezember 2021 in Telepolis externer Link
    • Rückzahlung der Corona-Soforthilfe: Fordern statt Fördern
      Nicht nur festangestellten Arbeitnehmern, auch Soloselbstständigen wolle man in der Pandemie großzügig helfen, versprachen Bund und Länder. Doch jetzt verlangen die Behörden die Corona-Soforthilfe zurück – mit verheerenden sozialen Folgen. In Nordrhein-Westfalen schlägt in diesem Herbst die Stunde der Wahrheit. Bis zum 31. Oktober müssen rund 400.000 Empfänger der „NRW-Soforthilfe” penibel belegen, ob ihre „Fixkosten” während des ersten Lockdowns die Umsätze überschritten haben. Falls sich nach Prüfung der ausschließlich digital möglichen Abrechnung ergibt, dass die freiberuflich Tätigen keinen „Liquiditätsengpass“ nachweisen können, erhalten sie einen Zahlungsbescheid: Sie werden aufgefordert, die in 2020 gewährten Hilfsgelder spätestens im kommenden Jahr zurück zu erstatten. (…) „Die Bedingungen waren unklar und unpräzise, sie wurden uminterpretiert“, kritisiert Christoph Schmitz vom ver.di-Bundesvorstand. Viele Rückforderungen hält er deshalb für „fragwürdig“. Die Dienstleistungsgewerkschaft unterhält ein eigenes Service-Referat für freiberuflich Tätige, in Newslettern wird kompetent und umfangreich über die Coronahilfen informiert. „Es rächt sich, dass in der Vergangenheit versäumt wurde, sozialstaatliche Regeln zu etablieren, die die Lebens- und Erwerbslagen der Soloselbständigen berücksichtigen“, heißt es auf der Webseite. Referatsleiterin Veronika Mirschel verweist auf den jedem Mitglied zustehendem Rechtsschutz. Allerdings könne man erst nach Erhalt eines Rückzahlungsbescheids gegen diesen juristisch vorgehen. Mittlerweile haben erste Betroffene mit Unterstützung von Gewerkschaftsanwälten Klage eingereicht. Verweisen wird darin zum Beispiel auf Erläuterungen, die später von der Webseite des NRW-Ministeriums gelöscht wurden. Danach diene die Soforthilfe auch dazu, „das eigene Gehalt und damit den Lebensunterhalt zu finanzieren“. Die Coronaprogramme sind ein föderaler Flickenteppich aus Bundesmitteln und Regionalprogrammen. In der Krise wurde drastisch klar: Von den Bedingungen, unter denen die einst massiv beworbenen „Ich-AGs“ ihre Existenz bestreiten, haben die gut abgesicherten Beamtinnen und Beamten in den zuständigen Verwaltungen meist keine Ahnung…“ Beitrag vom 27. Dezember 2021 beim Gewerkschaftsforum externer Link (Letzteres klingt etwas spalterisch, ist aber leider wahr…)
  • Gib wieder her. Angeblich Subventionsbetrug: Staat fordert Überbrückungshilfen von Selbständigen und kleinen Unternehmen zurück 
    „… Viele hatten den Antrag in dem Glauben gestellt, das Geld behalten zu dürfen – sie täuschten sich, wie sie jetzt feststellen müssen. Im November 2021 flatterte den Betroffenen Post der landeseigenen »L-Bank« in den Briefkasten. Sie wurden aufgefordert, ihre Einnahmen für die Zeit von April bis Juni 2020 anzugeben. Im Ergebnis müssen viele die Hilfsgelder wieder zurückzahlen.
    Und es bleibt nicht bei der Rückzahlung: Wer die Soforthilfe nämlich zu Unrecht bekommen hat, muss ein Strafverfahren befürchten. Nach Angaben des Verbandes der Gründer und Selbständigen (VGSD) laufen derzeit mehr als 25.000 Ermittlungen gegen Selbständige wegen des Vorwurfs des Subventionsbetruges. Häufig seien die Vorwürfe nicht nachvollziehbar, heißt es in einer Erklärung des Verbandes. Dennoch gehe man davon aus, dass die Zahl der Verfahren weiter ansteigen werde – viele Bundesländer hätten »gerade mit der Abrechnung der Soforthilfe begonnen und könnten in der Folge weitere Ermittlungen in die Wege leiten«. Der VGSD verweist auf ein neues Urteil aus Nordrhein-Westfalen, das den Betroffenen Hoffnung machen könnte; endgültig ist es allerdings noch nicht: Das Landgericht Wuppertal entschied zwar in der zweiten Instanz zugunsten der Angeklagten, doch die Staatsanwaltschaft hat Revision gegen das Urteil eingelegt. (…) In der ersten Instanz folgte das Amtsgericht Solingen nach einer halbstündigen Verhandlung den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft. Die Angeklagte wurde verurteilt und sollte die 9.000 Euro Soforthilfe zurückzahlen. Außerdem wurde eine Geldstrafe von 10.800 Euro verhängt. Der Staatsanwaltschaft war das Strafmaß offenbar nicht hoch genug – sie hatte die Höchststrafe von 200 Tagessätzen à 100 Euro oder fünf Jahre Gefängnis gefordert und ging in Berufung. Das Landgericht Wuppertal sprach die Angeklagte dann frei. Gegen dieses Urteil geht die Staatsanwaltschaft nun vor. Wie der Kosmetikerin könnte es vielen Selbständigen gehen. Wie die »Tagesschau« berichtete, befürchten auch reihenweise Friseure das Aus durch Rückzahlung der Soforthilfen.“ Artikel von Bernd Müller in der jungen Welt vom 15.12.2021 externer Link
  • Bedingungen für Überbrückungshilfe IV stehen – Corona-Wirtschaftshilfen werden bis Ende März 2022 verlängert
    Bundesfinanz- und Bundeswirtschaftsministerium haben sich – in Umsetzung des MPK Beschlusses vom 18. November 2021 und im Lichte des heutigen MPK-Beschlusses – auf die Bedingungen für die bis Ende März 2022 verlängerten Corona- Wirtschaftshilfen geeinigt. Damit erhalten Unternehmen Sicherheit und Unterstützung, wenn sie weiterhin unter coronabedingten Einschränkungen leiden. Aktuell gilt bis 31.12.2021 die Überbrückungshilfe III Plus und für Selbständige die Neustarthilfe Plus. In beiden Programmen können aktuell Anträge gestellt werden und in beiden Programmen erfolgen Auszahlungen.
    Die bisherige Überbrückungshilfe III Plus wird nun im Wesentlichen als Überbrückungshilfe IV bis Ende März 2022 fortgeführt. Unternehmen erhalten über die Überbrückungshilfe IV weiterhin die Erstattung von Fixkosten. Zusätzlich zur Fixkostenerstattung erhalten Unternehmen im Rahmen der Überbrückungshilfe IV, die im Rahmen der Corona-Pandemie besonders schwer und von Schließungen betroffen sind, einen zusätzlichen Eigenkapitalzuschuss. Auch dieses Instrument gab es bereits in der Überbrückungshilfe III und der Überbrückungshilfe III Plus und es wird jetzt in der Überbrückungshilfe IV angepasst und verbessert. Dadurch erhalten insbesondere Unternehmen, die von der Absage von Advents- und Weihnachtsmärkten betroffen sind – etwa Schausteller, Marktleute und private Veranstalter – eine erweiterte Förderung.
    Ebenfalls fortgeführt wird die bewährte Neustarthilfe für Soloselbständige…“ Gemeinsame Pressemitteilung vom 02.12.2021 des Wirtschafts- und Finanzministeriums externer Link
  • ver.di: Sicherheit für Solo-Selbständige 
    Solo-Selbstständige sind schlechter sozial abgesichert als abhängig Beschäftigte. Dies zeigte sich in der Corona-Krise. Die gesundheitspolitischen Eindämmungsmaßnahmen zwangen viele Selbstständige ihr Angebot einzuschränken. Besonders stark betroffen waren etwa Erziehung und Bildung, Kultur, körpernahe und andere Dienstleistungen. In diesen Wirtschaftszweigen arbeiten viele selbstständige Frauen. Im Juli 2021 gaben 44 Prozent der Solo-Selbstständigen an, durch die Corona-Pandemie Einkommenseinbußen erlitten zu haben. Bei den Frauen waren es 49 Prozent, bei den Männern 40 Prozent. Abhängig Beschäftigte waren weniger betroffen, hier mussten 21 Prozent Einkommensverluste hinnehmen…“ Wirtschaftspolitik aktuell 19 / 2021 von und bei ver.di externer Link
  • Solo-Selbständige: Neustarthilfe Plus 4. Quartal beantragen 
    Die „Neustarthilfe Plus“ ist verlängert worden bis zum 31.12.2021. Anträge können ab sofort gestellt werden externer Link. Bis zum 31. Oktober können auch noch Anträge für das 3 Quartal gestellt werden. Siehe auch:

  • Selbstständige: Gut ein Drittel hat in der Corona-Krise Einkommen verloren – Pandemie legt Lücken beim Sozialschutz offen 
    Die Corona-Pandemie ist angesichts von Kurzarbeit und Jobverlusten auch finanziell eine schwierige Zeit für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Noch schlimmer hat es zum Teil die Selbstständigen erwischt, wie eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung zeigt. Mehr als ein Drittel von ihnen hat im Verlauf der Krise Einkommen eingebüßt. Der Anteil der Selbstständigen, die sich Sorgen um ihre Beschäftigung und wirtschaftliche Existenz machen, liegt um rund 50 Prozent höher als unter abhängig Beschäftigten, ergibt die Untersuchung der WSI-Forschenden PD Dr. Karin Schulze Buschoff und Dr. Helge Emmler. Insbesondere Solo-Selbstständige, die ohnehin oft unter prekären Bedingungen arbeiten, habe die Krise schwer belastet. „Die Erfahrung mit der Pandemie verdeutlicht, dass der Mangel an sozialer Absicherung für Selbstständige eine schwerwiegende und folgenreiche Lücke in den Sozialversicherungssystemen darstellt“, heißt es in der Studie. Um diese Lücke zu schließen, sollten Selbstständige möglichst umfassend in die obligatorischen staatlichen Versicherungssysteme einbezogen werden. (…) Ein Drittel hat den zeitlichen Umfang der Selbstständigkeit in der Corona-Krise reduziert. Verantwortlich dafür machen über 40 Prozent der Betroffenen „betriebliche Gründe“, also zum Beispiel Auftragseinbrüche oder Lieferengpässe. Zwei Drittel derjenigen, die ihre selbstständige Tätigkeit zurückgefahren haben, führen gesetzliche Vorgaben aufgrund der Corona-Pandemie an. Das heißt: Mehr als jeder fünfte Selbstständige musste wegen Corona-bedingter Einschränkungen seine Tätigkeit reduzieren. Demgegenüber blieb bei 55 Prozent der zeitliche Umfang ihrer Tätigkeit unverändert, 13 Prozent berichten von mehr Arbeit. (…) Dass sich die Corona-Krise negativ auf das Einkommen ausgewirkt hat, bejahen 21 Prozent der abhängig Beschäftigten und 37 Prozent der Selbstständigen. Unter den Solo-Selbstständigen sind es sogar 44 Prozent. Auf eigene Ersparnisse zurückgreifen mussten 41 Prozent von ihnen, im Vergleich zu 22 Prozent der abhängig Beschäftigten. Während sich an der Einkommensverteilung bei den Arbeitnehmern wenig verändert hat, ist bei den Selbstständigen eine klare Verschiebung nach unten festzustellen: Der Anteil derjenigen mit weniger als 1500 Euro netto im Monat hat sich verdoppelt. Am stärksten betroffen sind hier solo-selbstständige Frauen, von denen aktuell 33 Prozent weniger als 1500 Euro verdienen. Von den solo-selbstständigen Männern fallen 18 Prozent in diese Kategorie. (…) Die Ergebnisse zeigten, dass die Corona-Krise die sozialen Nöte vieler Solo-Selbstständiger weiter verschärft hat, stellen Schulze Buschoff und Emmler fest. Um diese Nöte zu lindern, plädieren sie dafür, eine „sozialversicherungsrechtliche Gleichbehandlung von Selbstständigen und abhängig Beschäftigten“ anzustreben. Konkret sei eine allgemeine Altersvorsorgepflicht dringend nötig, und zwar in der gesetzlichen Rentenversicherung. Der fehlende Arbeitgeberanteil bei Selbstständigen lasse sich zum Teil durch Zuschüsse aus Steuermitteln kompensieren. Bei der Krankenversicherung brauche es Beiträge, die sich am realen Einkommen orientieren. Im Hinblick auf die Arbeitslosenversicherung wäre nicht nur eine weitere Öffnung für Selbstständige wünschenswert, sondern eine Versicherungspflicht, um eine „negative Risikoselektion zulasten der Versicherungsgemeinschaft“ zu verhindern. Auch Tarifverträge für Solo-Selbstständige halten die WSI-Forscher für sinnvoll…“ HBS-Meldung vom 21.09.2021 externer Link zur Studie von Karin Schulze Buschoff und Helge Emmler externer Link : Selbstständige in der Corona-Krise al WSI Policy Brief Nr. 60, September 2021
  • Verlierer der Pandemie: Selbstständige in Existenznot
    Viele der rund 3,5 Millionen Soloselbstständigen und Kleinstunternehmen hat die Coronakrise an den Rand ihrer Existenz gebracht. Die von der Bundesregierung angekündigte schnelle und unbürokratische Soforthilfe entpuppte sich als untauglich, da sie nicht für die Lebenshaltungskosten gedacht war. So mussten Tausende Betroffene etwa Grundsicherung anmelden oder auf ihre Altersvorsorge zurückgreifen. „frontal“ über Selbstständige und Branchen, die sich von der Politik im Stich gelassen fühlen.“ Manuskript externer Link und Video externer Link des Beitrags von Martina Morawietz und Sue Odenthal in frontal vom 17. August 2021
  • Anträge auf Grundsicherung versechsfacht: Die Zahl der Selbstständigen, die Leistungen aus der staatlichen Grundsicherung beziehen, ist in der Corona-Pandemie auf 134.000 gestiegen
    „… Die Zahl der Selbstständigen, die für ihren Lebensunterhalt finanzielle Unterstützung aus der staatlichen Grundsicherung beziehen, hat sich nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) im Verlauf der Corona-Pandemie versechsfacht. „Wir sehen einen deutlichen Corona-Effekt zwischen April 2020 und Juli 2021“, sagte BA-Chef Detlef Scheele den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Demnach meldeten etwa 134.000 Selbstständige in dieser Zeit Bedarf auf Grundsicherung an. „Üblicherweise wären es in diesem Zeitraum etwa 22.000 gewesen», so Scheele. Dies entspricht in etwa einer Versechsfachung und ist ein Corona-bedingter Anstieg um 112.000 Fälle. (…) Bei den abhängig Beschäftigten sind Scheeles Angaben zufolge 328.000 neu in die Grundsicherung gekommen. „Diese Zahl liegt in normalen Zeiten bei 190.000“, sagte der BA-Chef. „Der Corona-Effekt zeigt sich hier deutlich.“ Aufs Ganze gerechnet seien dies aber keine allzu hohen Werte. Abhängig Beschäftigte, die ergänzendes Hartz IV beantragen, sind laut BA unter anderem Menschen, deren Kurzarbeitergeld sehr niedrig ausfällt, oder sogenannte Aufstocker, die einen geringen Lohn beziehen und daher auf zusätzliche finanzielle Unterstützung angewiesen sind.“ Meldung vom 15. August 2021 bei tagesschau.de externer Link
  • Hilfen für Selbstständige: Bejubelter Rohrkrepierer 
    Kleinunternehmern und Selbstständigen werde schnell und unbürokratisch geholfen, verkündete die Bundesregierung. Doch ein Teil der Coronahilfen wurde nie ausgezahlt, jetzt fordern die Behörden sogar Geld zurück
    Eine »Bazooka« versprach Finanzminister Olaf Scholz (SPD) martialisch zu Beginn der Pandemie. Kein Betrieb müsse in Insolvenz gehen, assistierte CDU-Kabinettskollege Peter Altmaier. Bei der Rettung von Großunternehmen funktionierten die Abwehrwaffen, um im Militärjargon zu bleiben: Die Lufthansa erhielt 5,8 Milliarden, der Reisekonzern TUI 1,2 Milliarden Euro. Daimler-Benz schüttete mitten in der Krise 1,4 Milliarden Euro Dividende an Aktionäre aus, gleichzeitig sparte der Autobauer 700 Millionen durch Kurzarbeitergeld. Im Vergleich dazu sind die Hilfen für Freiberufler ein Rohrkrepierer – und »unbürokratisch« bearbeitet werden sie schon gar nicht. Ende Juni 2021 wandte sich zum Beispiel das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium an die Betroffenen. Der Zeitpunkt war günstig, die Inzidenz auf einem Tiefpunkt angelangt. Die Empfängerinnen und Empfänger der »NRW-Soforthilfe«, allein im bevölkerungsreichsten Bundesland 430 000 Kleinstbetriebe mit maximal fünf Beschäftigten, wurden aufgefordert, bis Oktober ihren »tatsächlichen Liquiditätsengpass zu ermitteln«. Hinter der bürokratischen Formulierung verbirgt sich ein sozialer Sprengsatz: Weil sie kaum »Fixkosten« haben, muss ein großer Teil der Betroffenen die im letzten Jahr erhaltenen 9000 Euro zurückzahlen – trotz gesunkener oder fehlender Einnahmen. Nur wer schon vor April 2020 einen Antrag gestellt hatte, darf 2000 Euro für den Lebensunterhalt verwenden. Ein schwacher Trost nach eineinhalb Jahren Pandemie mit faktischem Berufsverbot für Musikerinnen oder lesende Autoren. Vollmundige Ankündigungen aus der Politik begleiteten das Auf und Ab von Lockdowns und Lockerungen. Doch nur ein gutes Drittel der im laufenden Bundeshaushalt eingeplanten Überbrückungs- und Neustarthilfen ist angekommen. (…) Kein Wunder, dass der Mut zur »Ich-AG« rapide schwindet. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung warnt in einer aktuellen Studie, die Pandemiebekämpfung zwinge immer mehr Selbstständige zur Aufgabe. Ein Viertel der freiberuflich Tätigen sei bereits ausgestiegen, 11 Prozent suchten eine feste Stelle, 15 Prozent seien »inaktiv«, darunter vor allem Frauen. Mindestens 130 000 Betroffene haben sich bei den Jobcentern gemeldet, beziehen also jetzt »Hartz IV«. Die Kreditauskunft Schufa teilt mit, dass 70 Prozent der Selbstständigen wegen der Coronamaßnahmen Einkommensverluste erlitten haben, im Durchschnitt aller Erwerbspersonen sind es 38 Prozent. (…) Die angeblich großzügige Unterstützung von Kleinstbetrieben entpuppt sich als Subvention ganz anderer Art. Vorrangige Nutznießer sind Immobilienfirmen und Versicherungskonzerne, denen die teuren Mietobjekte gehören. Deren Profite wurden dauerhaft gesichert, die Selbstständigen mit gebrochenen Versprechen im Regen stehen gelassen. Der Vertrauensverlust in die Politik ist enorm.“ Artkel von Thomas Gesterkamp vom 30.07.2021 im ND online externer Link
  • ver.di fordert direkte Hilfen für Kreativschaffende 
    „Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) begrüßt die Einrichtung eines Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen, kritisiert dabei jedoch, dass Kulturschaffenden erneut nicht direkt geholfen wird. „Es ist erfreulich und dringend notwendig, dass die besonders hart und lange getroffene Kulturbranche jetzt noch einmal Hilfen für Veranstaltungen bekommt. Leider werden die Künstler*innen und die zahlreichen anderen Kreativschaffenden auf und hinter den Bühnen wieder nur in der Begründung der Maßnahmen genannt. Es fehlt etwa eine Koppelung der Gelder an gute Arbeitsbedingungen und faire Bezahlung. Auch die besonders betroffene Gruppe der soloselbstständigen Kulturschaffenden wird nicht gezielt adressiert“, kritisiert die ver.di-Beauftragte für Kunst und Kultur, Anja Bossen. „Wir fordern seit Beginn der Pandemie unbürokratische Hilfen für Solo-Selbstständige und für Künstler*innen. Auch wenn es großartig ist, dass so viel Geld für die Branchen zu Verfügung gestellt wird – bei den einzelnen Erwerbstätigen kommt viel zu wenig davon an. Durch die Pandemie sind die strukturellen Probleme in der Honorierung der Kulturschaffenden in diesem Land deutlich zu Tage getreten. Ein ‚Weiter so‘ in den kulturpolitischen Fördermaßnahmen reicht nicht. Die Bindung der Gelder des Sonderfonds an faire Arbeits- und Vergütungsbedingungen für selbstständige und nicht-selbstständige Kreative wäre ein erstes Signal, dass die Prekarisierung von Kulturschaffenden nicht einfach weiterhin akzeptiert wird“, so Anja Bossen weiter…“ ver.di-Pressemitteilung vom 27. Mai 2021 externer Link
  • Prekäre Kulturmacher: Linke-Antrag auf »fiktiven Unternehmerlohn« für Soloselbständige und Freischaffende scheitert im Bundestag 
    „Wir kennen die Hinweisschilder im Stadtbild: »Geschlossen!« Oder: »Abgesagt!« Auftrittsorte sind verrammelt, Veranstaltungen wurden verschoben. Zahlreiche Soloselbständige und freischaffende Künstler sind existentiell bedroht, bisweilen desillusioniert und ökonomisch ruiniert. Die Kulturlandschaft liegt seit rund 14 Monaten brach, weitgehend zumindest. Um die Folgen von Einnahmeeinbußen zu begrenzen, fordern Kulturpolitiker einen »fiktiven Unternehmerlohn« für die betroffene Klientel – etwa die kulturpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Die Linke, Simone Barrientos. »Nach wie vor fallen viele Soloselbständige aus der Kultur-, Veranstaltungs- und Medienbranche durch das Raster von Hilfsprogrammen und werden auf den sogenannten erleichterten Zugang in die Grundsicherungssysteme verwiesen«, heißt es in dem Linke-Antrag von Barrientos, der am Mittwoch im Bundestag zur Abstimmung stand. Die Linksfraktion fordert als Bundeshilfe eine monatliche Pauschale mittels eines fiktiven Unternehmerlohns in Höhe von 1.200 Euro – mindestens und rückwirkend ab März 2020. Erfahrungsgemäß werden Oppositionsanträge seitens der Koalitionsmehrheit abgelehnt. Auch in diesem Fall. Nur die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen stimmte zu, die der FDP enthielt sich, die »schwarz-roten« Koalitionäre votierten dagegen, erfuhr jW unmittelbar nach der Abstimmung aus dem Büro der Linke-Politikerin. Barrientos am Mittwoch gegenüber dieser Zeitung: »Während der Lufthansa, ohne zu zögern, neun Milliarden Euro gezahlt wurden, gilt bei Kulturmacherinnen und Kulturmachern das Prinzip Misstrauen«, ärgert sie sich. (…) Fest steht hingegen, dass ohne konkrete Unterstützung eines fiktiven Unternehmerlohns viele Soloselbständige und Freischaffende »in Zukunft keine Kultur mehr machen können«, mahnt Barrientos.“ Artikel von Oliver Rast in der jungen Welt vom 20. Mai 2021 externer Link
  • Wegen Corona-Pandemie: Künstler verlieren Krankenversicherung – Kulturrat fordert Lösung vom Bund 
    Der Kulturrat warnt: Viele Künstlerinnen und Künstler verlieren wegen der Corona-Pandemie ihre Krankenversicherung in der Künstlersozialkasse. Der Bund müsse deshalb „eine schnelle und praktikable Lösung“ finden. Wegen der Corona-Pandemie verlieren nach Angaben des Deutschen Kulturrates viele Künstlerinnen und Künstler ihre Krankenversicherung in der Künstlersozialkasse (KSK). Weil Auftritte, Veranstaltungen, Lesungen, Ausstellungen und künstlerische Lehre bereits seit einem Jahr nicht möglich seien, hätten viele eine andere selbstständige Tätigkeit aufnehmen müssen, um über die Runden zu kommen, teilte der Kulturrat mit. Dadurch trete temporär die eigentliche künstlerische oder publizistische Tätigkeit in den Hintergrund, was zum Verlust der Kranken- und Pflegeversicherung durch die Künstlersozialkasse führe. Der Kulturrat fordert Bundesarbeits- und Bundesgesundheitsministerium auf, für die Corona-Zeit befristet eine schnelle und praktikable Lösung zur Bestandsgarantie für KSK-Versicherte zu finden. Kein gesellschaftlicher Bereich in Deutschland sei länger vom Lockdown betroffen als der Kulturbereich, sagte Geschäftsführer Olaf Zimmermann. Viele Künstlerinnen und Künstler würden aber nicht aufgeben, sondern ihr ökonomisches Schicksal selbst in die Hand nehmen und nicht auf öffentliche Unterstützung warten…“ Meldung vom 12.04.2021 bei tagesschau.de externer Link – siehe dazu weiter unten: Probleme mit der Künstlersozialkasse: Wenn der Staat dich in der Krise nicht mehr als Kulturschaffende akzeptiert
  • Seit Dienstag können Soloselbstständige ohne nennenswerte Fixkosten ihre „Neustarthilfe“ beantragen [für die Auszahlung keine Gewähr] 
    „… Der einmalige Zuschuss in Höhe von maximal 7500 Euro soll Betroffenen mit massiven Umsatzeinbrüchen im ersten Halbjahr 2021 helfen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen. Das neue Hilfsprogramm ist ein Sonderaspekt der Überbrückungshilfe III. Mit der Neustarthilfe will das Bundeswirtschaftsministerium nach eigenen Angaben Soloselbstständige unterstützen, „deren wirtschaftliche Tätigkeit im Förderzeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2021 Corona-bedingt eingeschränkt ist“. Der Zuschuss kann für diesen Zeitraum einmalig beantragt werden, sofern die Betroffenen keine Fixkosten im Rahmen der Überbrückungshilfe geltend gemacht haben. Ob schon außerordentliche November- oder Dezemberhilfen beantragt wurden, ist indes kein Ausschlusskriterium für die Neustarthilfe. Auch wird der neue Zuschuss aufgrund seiner Zweckbindung nicht auf Leistungen der Grundsicherung angerechnet oder bei der Bestimmung des Kinderzuschlags berücksichtigt. Selbstständige müssen nicht nachweisen, wofür genau sie die Neustarthilfe verwenden – Vorgaben gibt es nicht. Die Neustarthilfe wird als Vorschuss ausgezahlt, auch wenn die konkreten Umsatzeinbußen bei der Antragstellung noch nicht feststehen. Als Berechnungsgrundlage wird ein sechsmonatiger Referenzumsatz aus dem durchschnittlichen Monatsumsatz im Jahr 2019 errechnet und anschließend halbiert. Das heißt, in der Regel beträgt die Neustarthilfe 25 Prozent des Jahresumsatzes 2019 – maximal jedoch 7500 Euro…“ Überblick „Was Sie zur „Neustarthilfe“ für Soloselbstständige wissen müssen“ vom 16. 02. 2021 bei RP online externer Link, siehe auch:

    • Neustarthilfe
      Mit der Neustarthilfe werden Soloselbständige unterstützt, deren wirtschaftliche Tätigkeit im Förderzeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2021 Corona-bedingt eingeschränkt ist. Sie ergänzt die bestehenden Sicherungssysteme, wie z.B. die Grundsicherung. Die Neustarthilfe wird nicht auf die Leistungen der Grundsicherung angerechnet…“ Infos auf der Sonderseite des BMWI externer Link
    • und eine FAQ vom BMWi und BMF externer Link
    • Und wir erinnern an die Corona – FAQ für Solo-Selbstständige externer Link bei ver.di Selbstständige
  • [Petition] Widerspruch gegen die Rückzahlungsforderung der Corona-Soforthilfe
    Es ist unfassbar, aber leider wahr, was sich hinter den Kulissen für Betroffene nach dem Erhalt der medial heroisch lobgepriesenen Corona-Soforthilfeleistung abspielt. Von einer nicht rückzahlungsfälligen, unkomplizierten und unbürokratischen Hilfestellung war die Rede. Diese entpuppt sich nun jenseits der öffentlichen Wahrnehmung als eine Farce und große Täuschung, ja: geradzu als Konkurs-Falle für die Betroffenen. Inzwischen wurde die sogenannte Rückzahlungsprüfung eingeleitet, die derart absurd konstruiert ist und jedwede betriebliche Realität missachtet, dass wohl die meisten Betroffenen nach einem inzwischen monatelangen Spießrutenlauf aufgefordert sind, die gesamte Leistung oder einen Großteil davon zurückzuzahlen, und das, obwohl sie seitdem – bedingt durch die zwangsverordneten erheblichen Restriktionen unter massiven existentiellen Einschränkungen leiden, enorme betriebswirtschaftliche Verluste hinnehmen mussten und nach wie vor müssen, die selbst durch die ausgezahlte Soforthilfe nicht ansatzweise kompensiert werden konnten. Aber selbst für die anteilige Kompensation der Kosten wird diese Soforthilfe nun nicht gewährt. Ich fordere die Bundesregierung und die Landes(bezirks)regierungen bzw. zuständigen Minister hiermit auf, die Rückzahlungsprüfung einzustellen und den Betrieben die zugesagte Unterstützung in der ursprünglich kommunizierten Form zu gewähren…“ Campact-Petition externer Link von Mike Bachmann an Bundesminister für Wirtschaft und Energie Peter Altmaier, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Bundeskanzlerin Angela Merkel
  • Die Situation freischaffender Schauspieler*innen in der pandemischen Krise – ein Brief an Monika Grütters von Julischka Eichel
    “Sehr geehrte Frau Monika Grütters, sehr geehrte Damen und Herren, mein Name ist Julischka Eichel. Ich bin freischaffende Schauspielerin. (…) Als freischaffende Schauspielerin schreibt man keine Rechnungen, denn jedesmal, wenn ich arbeite, ob für Film, Hörfunk, oder Theater, bin ich angestellt mit allem, was dazu gehört. Das ist oft gut, weil man dann angemeldet ist und versichert und man in die Arbeitslosenkasse einzahlt. Allerdings schreibt man eben auch keine Rechnungen und kommt so nicht in die Künstlersozialkasse, die einzige Versicherung, die ungefähr weiß, wie unsere Arbeitsbedingungen und Arbeitsumstände aussehen. Das zieht Ärger mit dem Arbeitsamt nach sich, das nicht mit der Rentenkasse zusammenarbeitet. Zum Beispiel kennt das Arbeitsamt oft die Vorgaben der Rentenkasse nicht und will mich dann fürs Arbeitslosengeld sperren oder nachzahlen lassen mit der Behauptung, ich würde den Bedingungen der Arbeitsagentur nicht entsprechen. Ich muss ständig erklären, dass ich, obwohl ich vom Theater oft durchversichert werde, was ja eine Vorgabe der Rentenversicherung ist, nur an den Tagen Geld bekomme, an denen ich tatsächlich arbeite, und ansonsten aber dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehe und also den Bedingungen der Agentur für Arbeit entspreche. (…) Wir sind nirgendwo einzuordnen. Wir sind freischaffend, aber nicht selbständig, weil wir nach sehr alten Definitionen weisungsgebunden sind und keine Rechnungen schreiben dürfen. Man nennt unsere Art von Beschäftigung UNSTÄNDIGE BESCHÄFTIGUNG und sie ist niemals eine NEBENBESCHÄFTIGUNG. Sie haben das alles bestimmt oft gehört, und ich habe es so oft erklärt und bin nun verzweifelt. Die Novemberhilfen, die Dezemberhilfen, die Ersthilfen, die Neustarthilfen, alle gehen an uns vorbei, weil wir nicht selbständig im klassischen Sinne sind, weil wir keine oder wenige Einnahmen an selbständiger Arbeit haben (eben weil wir keine Rechnungen schreiben). Die Steuerberater (ich fragte drei) sagten mir: „keine Chance“. Der Rechtsanwalt des Bffs sagte: „Keine Chance …da wurde (noch) nichts verbessert…“ (…) Ich kenne so viele, die niemals ohne triftigen Grund Hilfe vom Staat annehmen würden oder angenommen haben. Wir zahlen ein überall dort, wo man als arbeitender Mensch zu zahlen hat. Wir arbeiten viel, wenn wir dürfen, weil es uns und das alles was angeht, weil es uns Spass macht, wir es gerne tun und wir was zu sagen haben. Das ist mein Erfahrungswert. Ständig bin ich konfrontiert mit Klischees, Unterstellungen und komplettem Unwissen über unseren Arbeitsalltag. (…) Und während ich das an Sie schreibe, erreichen mich zwei Schreiben, das eine von der Investitionsbank Berlin und das andere von der Agentur für Arbeit. Beide wollen Beweise meiner Lage und fordern eine Rückzahlung. Beide zu Unrecht, aber eine Forderung bekommt gesetzlich Recht, weil ich nicht selbständig bin. Es muss anders werden. Ich grüße Sie herzlichst Julischka Eichel“ Brief von Julischka Eichel vom 18.01.2021 bei nachtkritik.de externer Link
  • Probleme mit der Künstlersozialkasse: Wenn der Staat dich in der Krise nicht mehr als Kulturschaffende akzeptiert
    “… Als im September die verschobenen Termine ihrer Lesereise erneut abgesagt wurden, realisierte Hauser, dass ihr Erspartes aufgebraucht war. Schließlich hatte sie im Jahr der Pandemie mit künstlerischen Tätigkeiten und Soforthilfe lediglich 1000 Euro im Monat verdient – so lässt sich ein Berliner Leben nicht bestreiten. Schon gar nicht als zweifache Mutter, alleinwohnend, bei 800 Euro Miete. Früher unterrichtete sie Selbstverteidigung für Kinder, diesmal entschied sie sich, stundenweise Deutsch als Fremdsprache zu unterrichten. Nicht viel, bloß um 600 Euro im Monat dazuzuverdienen. Doch das war der Künstlersozialkasse zu viel. Für freischaffende Kreative mit mageren Einkünften ist die Künstlersozialkasse (KSK) unentbehrlich. Sie ist es, die den knapp 200 000 freien Künstlern und Publizistinnen in Deutschland eine Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung ermöglicht. Wie Angestellte zahlen die Versicherten nur 50 Prozent der Beiträge. Die andere Hälfte tragen der Bund und die Unternehmen, die von der kreativen Arbeit profitieren. Gegen Ende des Jahres kontaktierte Hauser die Künstlersozialkasse und bat um eine Anpassung ihrer Versicherungsbeiträge. Mit diesem Ansinnen war sie nicht allein. Nach Zahlen der KSK, die dem Tagesspiegel vorliegen, machten seit dem 12. März 2020 mehr als 65 000 Versicherte von der Möglichkeit der Einkommensanpassung Gebrauch, da ihre finanziellen Einbußen zu groß waren. In diesem Zuge gab die Autorin pflichtbewusst ihre neuen Nebenverdienste an. Kurz vor Weihnachten erreichte sie ein Antwortschreiben: Franziska Hauser sei nun „versicherungsfrei“. Lediglich die Rentenversicherung könne bei der KSK weiterhin erfolgen. Die Begründung: „Sie üben eine nichtkünstlerische Tätigkeit mehr als geringfügig aus.“ Hatte Hauser zuletzt 230 Euro im Monat an die KSK überwiesen, sollte sie nun einen Betrag von 160 Euro an die Rentenversicherung entrichten und zusätzlich gut 220 Euro Krankenversicherung an eine Kasse ihrer Wahl. Das war die versprochene staatliche Unterstützung für notleidende Kreative externer Link ? Im Gegenteil, sagt Hauser, so werde Eigeninitiative bestraft. Auf ihre telefonische Nachfrage, ob die KSK nun die Pandemie nutzen würde, alle Künstlerinnen und Künstler rauszuwerfen, antwortete eine Sachbearbeiterin am Telefon: „Die sind doch ohnehin alle beim Jobcenter. Da sollten Sie auch hingehen.“ Oder eben den Beruf wechseln. In ihrer Verzweiflung flehte Hauser in den Hörer: „Ich bin Schriftstellerin und keine Lehrerin.“ Es nütze nichts. Zudem müsse sie sich auf Nachforderungen durch die Künstlersozialkasse gefasst machen. Der erste Tag des Jahres war der erste Tag, an dem der Staat Franziska Hauser nicht mehr als Künstlerin anerkannte. Auf Nachfrage bestätigte nun die Künstlersozialkasse, dass Versicherte auch in der Krise nicht mehr als 450 Euro pro Monat aus nichtkünstlerischer Tätigkeit dazuverdienen dürfen, wenn sie weiterhin krankenversichert sein wollen. Auch in schwierigen Zeiten sei man dazu verpflichtet, die Bestimmungen gesetzeskonform umzusetzen. Es sei allerdings eine unzutreffende Darstellung, dass reihenweise Versicherungsverhältnisse auf Grund der aktuellen Verschlechterung der Einkommenssituation von Kunstschaffenden einseitig beendet würden. Erzwungenen Tätigkeitsunterbrechungen würden nicht als Tätigkeitsaufgabe betrachtet…“ Artikel von Hannes Soltau vom 16.01.2021 im Tagesspiegel online externer Link, siehe dazu:

    • Ab in die Insolvenz: Viele Künstler sind in der Pandemie arbeitslos – und bekommen Probleme mit der Künstlersozialkasse
      “»Künstler sind ja eher so Außerirdische«, schrieb die Schriftstellerin Franziska Hauser unlängst auf Facebook. Und diese Außerirdischen würden nicht ins System passen, »deshalb brauchen sie eine eigene Krankenkasse, weil es ja sonst gar keine Künstler geben könnte. Jedenfalls keine, die krank werden oder alt. Denn das System mag keine Selbstständigen und erst recht keine, die Kinder kriegen. Es mag eigentlich nur angestellte Väter und zu Hause bleibende Mütter.« Doch von vorn: Die Künstlersozialkasse, kurz: KSK, ist in der Bundesrepublik Deutschland zuständig für die Versicherungsveranlagung und die Beitragserhebung der Künstlersozialversicherung. Seit dem 1. Januar 1983 bezieht die KSK selbstständige Künstler und Publizisten (m/w/d) nach deren Antrag und anschließender Prüfung in die gesetzliche Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung mit ein. In einem funktionierenden Sozialstaat sollte die KSK dafür sorgen, dass Kunstschaffende einen ähnlichen Schutz in der gesetzlichen Sozialversicherung genießen wie Festangestellte, wobei die Künstlersozialkasse selbst kein Leistungsträger ist, sondern die Beitragsabführung für ihre fast 200 000 Mitglieder organisiert. Musiker und Bühnenbildnerinnen, Schauspieler und Schriftstellerinnen haben also normale »Gesundheitskarten« (AOK, Barmer Ersatzkasse, …) wie andere Versicherte auch. Es sei denn, sie sind von heute auf morgen keine Künstler, wie Franziska Hauser. (…) Auf ihre Frage hin, ob die KSK jetzt die Gelegenheit nutzen würde, alle Künstler rauszuschmeißen, weil die gerade nicht mehr arbeiten dürfen, habe die Bearbeiterin am Telefon gesagt: Die seien doch alle beim Jobcenter. Eben dorthin sollte auch Franziska Hauser gehen. Außerdem werde man demnächst eine Rückzahlung von ihr einfordern. Fest steht: Die Künstlersozialkasse weiß ihre Forderungen durchzusetzen. Fast 3000 Künstler und Publizisten mussten, erzwungen durch die KSK-Regularien, im vergangenen Jahr ohne Krankenversicherung auskommen. Bei 10 000 Betroffenen der Kultur- und Medienbranche wurden bis zum 30. November durch die Künstlersozialkasse Vollstreckungsverfahren wegen rückständiger Beiträge ausgelöst, so die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Simone Barrientos (Linkspartei), die sich nach den aktuellen Lebensumständen von in der KSK-Versicherten erkundigte…“ Artikel von Karsten Krampitz vom 14.01.2021 in Neues Deutschland online externer Link
  • Bundesregierung änderte heimlich Bedingungen für Corona-Hilfen
    „… An großen Worten hatten Peter Altmaier (CDU) und Olaf Scholz (SPD) nicht gespart. Kein Unternehmer werde in der Krise allein gelassen, hieß es immer wieder, als im Laufe des Krisenjahres ein Hilfsinstrument nach dem anderen präsentiert wurde. Die „Bazooka“ aus Finanzmitteln wurde zum Synonym der großzügigen Krisenhilfe; der Bundeswirtschaftsminister und der Bundesfinanzminister gefielen sich in der Rolle der souveränen Krisenmanager. Doch die Zweifel, ob die Bundesregierung ihre Versprechen einhalten kann, werden immer größer. Wie das „Handelsblatt“ zuerst berichtete wurden mehrmals klammheimlich die Bedingung zur Auszahlung der Überbrückungshilfe II geändert – zum Nachteil vieler Unternehmen. Der Grund ist das EU-Beilhilferecht, das die Minister bei ihren Ankündigungen wohl nicht ausreichend mitgedacht hatten. Zwar einigte sich der Bund Ende November mit Brüssel. Doch es wurden Änderungen nötig. Seit Anfang Dezember steht nun unter Punkt 4.16 im Kleingedruckten, die Überbrückungshilfe sei ein „Beitrag zu den ungedeckten Fixkosten eines Unternehmens“. Ein Unternehmen braucht also ungedeckte Fixkosten, muss also einen Verlust gemacht haben, um die Überbrückungshilfe zu erhalten. Altmaier und Scholz hatten stets den Eindruck erweckt, als sei nur der gesunkene Umsatz die Bemessungsgröße für die Erstattung – nicht dass der Staat nur im Falle von Verlusten einspringt. (…) Nach einem Proteststurm teilte das Wirtschaftsministerium immerhin dazu mit, alte Anträge müssten nicht neu eingereicht werden. Bei Anträgen, die vor dem 5. Dezember 2020 gestellt wurden, seien die genauen beihilferechtlichen Vorgaben der Fixkostenhilfe noch nicht bekannt gewesen, heißt es im Kriterienkatalog. Dennoch könnten sich die Änderungen für viele Betroffene als teuer erweisen: „Wird im Nachhinein bekannt, dass die entsprechenden beihilferechtlichen Bedingungen nicht erfüllt waren, erfolgt eine Korrektur im Rahmen der Schlussabrechnung“, heißt es zu den Änderungen. Es könnten also Rückzahlungen in Millionenhöhe fällig werden. (…) Doch nicht nur die Zugangsbedingungen, auch die Höhe der Hilfszahlungen könnte sich nach Angaben von Steuerberatern im Nachhinein für viele Unternehmen noch ändern. Nach den neuen Regeln können bei den Überbrückungshilfen für kleine Unternehmen nur noch 90 Prozent der ungedeckten Fixkosten gefördert werden, wie das „Handelsblatt“ schreibt. Zuvor habe es lediglich eine Grenze von 70 Prozent für mittlere Unternehmen gegeben. (…) Zudem kritisieren Verbände, die Beantragung sei viel zu kompliziert. „Bei unseren Betrieben kommen die Hilfen schlicht nicht an. Die Beantragung ist viel zu bürokratisch“, sagte der Präsident des deutschen Handwerks, Hans Peter Wollseifer, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom Dienstag. Die Zahlen untermauern das: Von den veranschlagten 15 Milliarden Euro sind aktuell erst 1,2 Milliarden Euro ausgezahlt worden.“ Beitrag von Thorsten Mumme vom 13. Januar 2021 beim Tagesspiegel online externer Link
  • Coronavirus-Pandemie: Zahl der Selbständigen in Hartz IV drastisch gestiegen
    „Die Politik hat in der Corona-Krise Milliardensummen locker gemacht, um Angestellten in Kurzarbeit zu helfen oder Firmen, die derzeit nicht öffnen dürfen. Klein- und Solo-Selbständige wie Musiker, Schauspieler oder Betreiber kleiner Geschäfte beklagten bereits im ersten Lockdown, dass die Politik sie vergessen habe. Nun zeigen Statistiken der Arbeitsagentur, wie schwer sie die Krise getroffen hat. (…) Nach Recherchen von MDR AKTUELL haben von April bis Dezember mehr als 12.000 Selbständige aus Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt Grundsicherung beantragt. Das sind fast acht Mal so viele wie im Vorjahreszeitraum. Alexander Kritikos vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung überrascht der enorme Anstieg nicht: „Die Erwerbsform der Solo-Selbständigkeit ist doch letztlich die Erwerbsform, die durch diese Pandemie, durch diese Krise infolge der Pandemie am stärksten betroffen ist.“ (…) Der Staat habe bei seinen Corona-Hilfen zu wenig an die Solo-Selbständigen gedacht, sagt Kritikos. An Musiker, Schauspieler oder kleine Ladenbesitzer. Da sie kaum Betriebsausgaben hätten, kämen die meisten Hilfsprogramme für sie nicht infrage. Es blieben ihnen der Rückgriff aufs Ersparte, Hilfe von Freunden oder eben die Grundsicherung. Kritikos findet das problematisch: „Für viele ist der Einkommenseinbruch erzwungen durch die staatliche Regulierung. Und dann ist der Staat, wenn er mit seinen Regulierungen veranlasst, dass man seinen Erwerb nicht nachkommen kann, letztlich verpflichtet, diesen Umsatzausfall zumindest zum Teil zu kompensieren. Das tut man in Deutschland eben nicht. Im Unterschied zu anderen Ländern. Ich nenne hier besonders gern das englische Modell.“ In England, sagt Kritikos, orientierten sich die Hilfen generell am ausgefallenen Umsatz. Das habe er sich auch für Deutschland gewünscht. Mit einer unkomplizierten Auszahlung direkt durch die Finanzämter. (…) Immerhin: Die Bundesregierung hat nachgebessert. Ein Programm mit dem Namen „Neustarthilfe für Soloselbstständige“ soll nun ausdrücklich Solo-Selbständigen helfen. Sie können bis zu 5.000 Euro erhalten – je nachdem, wie hoch ihre Ausfälle vergangenes Jahr waren. Andreas Lutz vom Verband der Gründer und Selbständigen findet das aber zu wenig: „Also da kommen dann zwischen 300 und 700 Euro pro Monat an für Leute, die eben seit zehn Monaten von ihren Ersparnissen leben, weil sie keine Hilfe bekommen. Das ist einfach kein Zustand, also hier hat die Politik wirklich versagt. Das muss dringend korrigiert werden. Deswegen sollte man diese Neustarthilfe verdoppeln.“ Auch Wirtschaftsforscher Kritikos nennt die Neustarthilfe einen Tropfen auf den heißen Stein…“ Beitrag von Ralf Geißler vom 13. Januar 2021 bei MDR Aktuell externer Link
  • Corona-Hilfen: Betroffene klagen über leere Versprechen 
    Großzügige Unterstützung haben Bund und Länder im Lockdown zugesagt. Doch das Geld fließt kaum. Die hohen Hürden in der Praxis schocken selbst Steuerberater. (…) Wer nachweisen kann, dass er durch die Krise erhebliche Umsatzausfälle erlitten hat, soll für die Monate September bis Dezember 2020 einen bedeutenden Teil seiner Fixkosten aus staatlichen Mitteln ersetzt bekommen – so hieß es zumindest. Bis Anfang Dezember. Dann hat das Bundesfinanzministerium offenbar recht kurzfristig die Förderbedingungen geändert – und wohl vergessen, alle, die mit der Bearbeitung der komplexen Förderanträge ohnehin schon vollkommen ausgelastet sind, zu informieren. Das sind zuallererst die Steuerberater, die alle Anträge bearbeiten müssen und so mit in die Haftung für die Richtigkeit der Angaben genommen werden. Sebastian Hoinle aus Wemding etwa. Er hat am 18. Dezember über einen Berufsverband erstmals von der Änderung erfahren, die den Hotelier Schön nun so wütend macht – und die dazu führen könnte, dass viele Betriebe aus der Förderung fallen oder sofern sie schon Gelder erhalten haben, diese womöglich wieder zurückzahlen müssen. Es ist ein Satz in den Förderbedingungen, der den Sprengstoff enthält: „Zu beachten sind darüber hinaus die beihilferechtlichen Voraussetzungen der ,Bundesregelung Fixkostenhilfe 2020‘.“ Er könnte, wie es Hoinle ausdrückt, zu einer „Deckelung über die Hintertür“ führen. Wer für das Überbrückungsgeld II antragsberechtigt war, musste bislang für die Fördermonate September bis Dezember 2020 nachweisen, dass er mindestens 30 Prozent weniger Umsatz gemacht hat als im Vorjahreszeitraum. Danach sollte es gestaffelte Zuschüsse zur Deckung der dennoch anfallenden Fixkosten geben, der Miete etwa oder für Zinszahlungen. Dank der „Bundesregelung Fixkostenhilfe 2020“ werden jetzt nur anteilsmäßig Fixkosten für jene Monate erstattet, in denen dem Betrieb ein Verlust entstanden ist. Schuld daran ist das europäische Beihilferecht, das zu großzügige staatliche Unterstützung für Privatunternehmen verbietet. Darum spricht das Ministerium auch von „ungedeckten Fixkosten“. Doch klar ist deswegen nichts. (…) Selbst der Steuerberater klagt über die komplizierten Vorschriften: „Von dem Versprechen der Politik, schnell und unbürokratisch Hilfe zu leisten, merken wir leider nichts. Wenn man sich unseren Aufwand ansieht, ist das Gegenteil der Fall.“ Seidel befürchtet deutlich mehr Insolvenzen: „Gerade im Handel wird es sehr große Probleme geben, weil viele vor dem geplanten Weihnachtsgeschäft Ware geordert haben, die sie nicht mehr verkaufen konnten. Ihnen helfen die Überbrückungshilfen nicht, weil es sich dabei nicht um Fixkosten handelt.“ Die Änderungen bei den Überbrückungshilfen seien für die Betroffenen fatal, sagt auch der Vizepräsident des Bundesverbands der Steuerberater, Valentin Schmid. „Die betroffenen Unternehmen reagieren mit Enttäuschung und Frustration“, berichtet er. „Wir erwarten eine erhebliche Zahl von Unternehmenszusammenbrüchen, die tendenziell zu steigen droht, wenn nun nachträgliche Einschränkungen vorgenommen werden.“…“ Artikel von Michael Pohl und Matthias Zimmermann vom 12.1.2021 in der Augsburger Allgemeinen online externer Link
  • Coronahilfen für Selbständige: Statt Geld kommt eine Anzeige 
    „Zahlreiche Selbstständige erhalten Vorladungen der Polizei. Der Vorwurf: Subventionsbetrug. Verband spricht von mindestens 8.200 Fällen. Für Gerd „Geraldino“ Grashaußer war es ein doppelter Schlag. Der Musiker aus Nürnberg musste wegen des zweiten Lockdowns erneut Auftritte absagen, mit denen er zumindest kleine Gagen erwirtschaftet hätte. Ende Oktober flatterte dann eine Vorladung ins Haus: Grashaußer, der seit Monaten von der Grundsicherung lebt, wurde versuchter Subventionsbetrug vorgeworfen. Wie es dazu kam? Grashaußer beantragte im März recht schnell die Soforthilfe für Selbstständige aus Mitteln des Bundes und des Landes. Diese Gelder durfte er jedoch nicht für private Lebenshaltungskosten, sondern nur für betriebliche Zahlungsverpflichtungen verwenden. Diese „Betriebskosten“-Konstruktion sorgte von Anfang an für Proteste aus Kunst und Kultur. Im Mai besserte die Bayrische Staatsregierung nach und beschloss die Künstlerhilfe: Soloselbstständige wie Grashaußer können nun bis zu 1.000 Euro pro Monat beantragen und von diesem Überbrückungsgehalt auch ihren Lebensunterhalt finanzieren. Die Künstlerhilfe gilt aber nicht für alle. Menschen wie Grashaußer, die bereits über 3.000 Euro Soforthilfe bekommen hatten, waren ausgenommen. Was dem Musiker jedoch nicht klar war. Grashaußer füllte also im Juni den Antrag auf Künstlerhilfe aus. In das Feld „Soforthilfe“ schrieb er eine 0, schließlich hatte er die gesamte Summe bereits im Mai ausgegeben. Der Freistaat lehnte seinen Antrag ab. Grashaußer beantragte Grundsicherung, um Miete und Essen zu bezahlen. Seinen Versuch, die Künstlerhilfe zu beantragen, wertete der Freistaat als versuchten Subventionsbetrug. (…) Der Fall von Gerd Grashaußer ist kein Einzelfall. Seit Oktober sammelt der Verband der Gründer und Selbstständigen (VGSD) solche Fälle. Bis Mitte Oktober hat der Zoll nach Recherchen des VGSD von den Banken insgesamt 8.200 Verdachtsmeldungen im Zusammenhang mit den Coronasoforthilfen erhalten. (…) In anderen Fällen werden Selbstständige in Bayern wegen Subventionsbetrugs angezeigt, weil sie zu Unrecht oder zu viel Coronahilfe erhalten hätten. Über 100 Millionen Euro wurden bereits freiwillig zurückgezahlt. Wie genau die ausgezahlten Hilfen jetzt verrechnet werden sollen, was „zu viel“ überhaupt bedeutet, scheint aber noch gar nicht klar zu sein. Das bayrische Wirtschaftsministerium schreibt auf seiner Homepage: „Zur Berechnung der Überkompensation führt der Bund aktuell Gespräche mit den Ländern. Die Einzelheiten hierzu werden nach Abschluss der Gespräche publiziert.“ Das heißt: Bevor klar ist, wie das Geld abgerechnet wird, erhalten die Betroffenen schon Anzeigen…“ Artikel von Andreas Thamm vom 6. Dezember 2020 in der taz online externer Link
  • ver.di fordert Novemberhilfen für selbständige Kulturschaffende / Corona-FAQ für Solo-Selbstständige von ver.di aktualisiert / [extra 3-Video] Corona-Hilfen: Kompliziert und langwierig 
    • ver.di fordert: Novemberhilfen der Bundesregierung müssen bei selbständigen Kulturschaffenden als direkt Betroffenen ankommen
      “Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) fordert, dass die sogenannten Novemberhilfen auch tatsächlich bei betroffenen Künstlern und Künstlerinnen ankommen. „Die Novemberhilfen sind ein großartiger Schritt in die richtige Richtung. Doch ich sehe mit Sorge, dass sie in ihrer jetzigen Form an der Arbeitsrealität selbstständiger Kulturschaffender vorbei zielen“, sagte die ehrenamtliche Beauftragte für Kunst und Kultur von ver.di, Anja Bossen. „Es muss jetzt endlich sichergestellt werden, dass die finanzielle Unterstützung tatsächlich bei den einzelnen Künstlerinnen und Künstlern sowie Kulturschaffenden ankommt.“ Mit den Novemberhilfen hat sich die Bundesregierung entschlossen, selbstständige Unternehmerinnen und Unternehmer zu unterstützen, die durch die temporären Schließungen im Rahmen der Bekämpfung der Corona-Pandemie Umsatzausfälle haben. Explizit soll der finanzielle Zuschuss nun auch für die Lebenshaltungskosten der Selbständigen genutzt werden können. Im Moment ist noch strittig, wer als direkt oder indirekt betroffen von den Schließungen im November gilt: Kulturschaffende sind zumeist Auftragnehmerinnen oder Auftragnehmer der Einrichtungen, die auf Anordnung schließen mussten. “Von den angeordneten Schließungen der Veranstaltungsorte sind soloselbstständige Künstlerinnen und Künstler wirtschaftlich direkt erfasst, da ihre berufliche Tätigkeit de facto zum Erliegen kommt. Wenn ein Ziel der Novemberhilfen ist, die bestehende existenzielle Bedrohung der Erwerbstätigen in Kunst und Kultur abzuwenden, dann muss die direkte Betroffenheit klargestellt werden“, so Bossen. Wenn Kulturschaffende als indirekt Betroffene eingestuft würden, könnten sie nur Unterstützung erhalten, wenn sie regelmäßig 80 Prozent ihres Umsatzes mit von der Schließung direkt betroffenen Unternehmen wie Theatern, Opern und Konzerthäusern gemacht haben. Dies würde aus zwei Gründen dazu führen, dass die Novemberhilfen an vielen selbstständigen Künstlerinnen und Künstlern vorbeigehen: Zunächst stehen Kulturschaffende häufig auf mehreren Standbeinen, nicht alle davon sind von den Schließungen betroffen. Einige unterrichten nebenbei, andere sind etwa für Theater und Film tätig, wieder andere arbeiten auch in kulturfremden Branchen. Doch selbst wenn Künstlerinnen und Künstler auch im November noch über gewisse Einnahmen aus anderen Tätigkeiten verfügen, sind die Umsatzeinbrüche für sie bedrohlich. Darüber hinaus sind die Umsatzeinbrüche der Kulturschaffenden nicht allein den Schließungsanordnungen zuzuordnen. Auch die Beschlüsse und Appelle, Kontakte so weit wie möglich einzuschränken, lassen Aufträge und Arbeitsmöglichkeiten für Kulturschaffende, etwa im Bereich privater Veranstaltungen, wegbrechen.“ ver.di-Pressemitteilung vom 19.11.2020 externer Link, siehe ebd.: Novemberhilfen zielen an Arbeitsrealität von Künstler*innen vorbei externer Link
    • Corona-FAQ für Solo-Selbstständige von ver.di aktualisiert
      Am 13.11.20 wurde per Pressemitteilung externer Link aus Finanz- und Wirtschaftsministerium angekündigt, wie die Unterstützung ab Dezember aussehen soll. Genauer: Ab Januar 2021 – der Einführung der Überbrückungshilfe 3 mit Rückwirkung auf den Dezember, was die sogenannte „Neustarthilfe“ betrifft. Deklariert ist diese Hilfe, die speziell Solo-Selbstständige adressiert als „einmalige Betriebskostenpauschale“. – Ein detailliertes Programm oder gar ein Antrag existieren noch nicht, allerdings beschreibt die Pressemitteilung bereits ein paar (Berechnungs-)Details. Die bekannten Grundzüge führen wir hier auf – und haben auf dieser Grundlage auch einen Excel-Rechner zur Neustarthilfe externer Link erstellt. Mit dem lässt sich schnell checken, ob und welche Hilfe erwartbar ist. Einzugeben sind der Jahresumsatz 2019 und der erwartete Umsatz ab Dezember bis Juni 2021. Anschließend kannst du selbst beurteilen, ob stimmt, was Finanzminister Scholz am 13.11. in der Tagesschau verkündete: „Es ist wichtig, dass wir hier eine großzügige Lösung wählen.“ Die Neustarthilfe im Überblick…“ Corona-FAQ des ver.di-Referats Selbstständige mit dem Stand vom: 18.11.2020 externer Link – die FAQ wird laufend aktualisiert
    • [Video] Corona-Hilfen: Kompliziert und langwierig
      Aktuell gibt es 10 Milliarden Euro für die vom Lockdown betroffenen Unternehmen, sogenannte Novemberhilfen. Die aber nicht im November kommen. Allenfalls als Abschlagszahlung.“ Video des Beitrags in der Sendung extra 3 am 18.11.2020 externer Link (4 Min) beim NDR
  • Corona: Diese Hilfen gibt es für Unternehmen
    In der Corona-Krise geht es darum, Unternehmen und damit Arbeitsplätze zu sichern. Der Bund und die Länder haben dazu verschiedene Hilfsmaßnahmen aufgelegt wir haben eine Übersicht zusammengestellt. Die Aufstellung gibt einen Überblick über die neu beschlossenen Hilfsprogramme des Bundes und der einzelnen Länder.“ Übersicht vom 19.11.2020 beim DGB externer Link
  • Coronahilfe der Bundesregierung: Zuschüsschen für Selbstständige
    Mit der „Neustarthilfe“ will der Bund Soloselbstständigen zum ersten Mal seit Beginn der Coronakrise helfen. Betroffene sagen, das reicht nicht. Die Bundesregierung hat die Soloselbständigen entdeckt externer Link: Mit einer neuen Wirtschaftshilfe will sie ihnen ab Dezember einen Teil ihrer Einnahmeverluste erstatten. Die sogenannte Neustarthilfe externer Link, die Wirtschafts- und Finanzministerium am Freitag vorgestellt hatten, wäre für viele der Betroffenen die erste staatliche Finanzspritze seit dem Ausbruch der Coronapandemie. Bei denen, die davon profitieren sollen, kommt trotzdem keine Begeisterung auf. Der Zuschuss sei eher ein „presse- und öffentlichkeitswirksames Manöver als eine echte Hilfe“, sagt Jana Riediger von der Initiative Kulturschaffender in Deutschland, einem Bündnis, das Künstler*innen während der ersten Coronawelle im April gegründet haben. Viele Künstler*innen müssten hohe Beitrage zu Krankenversicherung und Altersvorsorge zahlen, würden bei der Grundsicherung durchs Raster fallen und hätten „nach fast neun Monaten ohne nennenswerte Hilfen und Einkommen zusätzliche Schulden gemacht“. Die jetzt angekündigte Hilfe sei daher zu niedrig. Der neue Zuschuss richtet sich an Selbständige ohne Angestellte, die von den bisherigen Bundeshilfen kaum profitieren. Wer im Vergleich zu 2019 erheblich weniger einnimmt, soll von Dezember bis Juni 25 Prozent seines früheren Umsatzes erstattet bekommen – gedeckelt bei 714 Euro pro Monat. Der Unterschied zu den bisherigen Überbrückungshilfen: Sie dürfen für Lebensmittel, Wohnungsmiete und andere Lebenshaltungskosten ausgegeben werden, statt nur Betriebskosten zu decken externer Link, die bei vielen Soloselbständigen gar nicht anfallen. Ähnlich ist es zwar schon bei den Novemberhilfen geregelt, die Umsatzeinbrüche in diesem Monat auffangen sollen. Wie der Name schon sagt, gibt es diesen Zuschuss aber nur bis Ende November. Anspruch darauf haben auch nur Branchen, die mehr oder weniger direkt von den zu Monatsbeginn verschärften Coronabeschränkungen betroffen sind. Für indirekt Betroffene gibt es vom Bund bisher höchstens eine Form der Unterstützung: Sie können Grundsicherung beantragen, also Hartz IV externer Link in Höhe von 432 Euro zuzüglich Wohnkosten. Immerhin: Wegen Corona gibt es das Geld derzeit zu erleichterten Bedingungen. Und die am Freitag vorgestellten neuen Zuschüsse, die insgesamt 14 Milliarden Euro kosten sollen, werden ab Dezember zusätzlich zur Grundsicherung gezahlt, nicht stattdessen…“  Artikel von Tobias Schulze vom 15.11.2020 in der taz online externer Link. Siehe dazu:

  • Lehre aus der Coronakrise: Auch Selbstständige brauchen Kurzarbeit 
    „Der erneute Shutdown trifft viele Selbstständige hart und macht deutlich: Auch sie benötigen eine Absicherung gegen Arbeitslosigkeit und Umsatzausfälle – speziell auf sie zugeschnitten. So könnte sie aussehen.(…) Gerade eine Absicherung für vorübergehende Arbeitsausfälle – also ein Kurzarbeitergeld für Selbstständige – ist nicht trivial. So geht es darum, wie hoch ein Einkommensausfall ist und wodurch er verursacht wird. Insbesondere muss darauf geachtet werden, dass Lohnersatzleistungen nicht routinemäßig schon dann fließen, wenn es zu normalen Schwankungen der Auftragssituation kommt. Folglich sind einige Bedingungen notwendig: So sollte ein bestimmter Mindesteinkommensrückgang unter den aktuellen Standard nachgewiesen werden. Es müsste ein klarer Grund für den Einkommensrückgang angegeben werden, der unfreiwillig und tatsächlich unvermeidlich war. Leistungen würden dann nachgelagert ausgezahlt. Abschließend könnte nochmals geprüft werden, dass die Zahlungen legitim waren. Es müssten realistische Perspektiven aufgezeigt werden, die Aktivität nach einem vorübergehenden Ausfall wiederaufzunehmen. Während es in der Natur der Kurzarbeit liegt, dass man für die Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehen muss, könnte bei länger andauerndem Arbeitsausfall aber eine Verfügbarkeit für Weiterbildung und andere arbeitsmarktpolitische Maßnahmen verlangt werden. Wie üblich wäre die Kurzarbeit zeitlich zu begrenzen. Unter dem Strich wäre also Kurzarbeit für Selbstständige bei außergewöhnlichen Ereignissen möglich – mit klar definierten Bedingungen, die transparent ausgestaltet werden sollten. Kurzarbeitergeld ist dabei eine Leistung der Arbeitslosenversicherung. Das bedeutet: Selbstständige wären in die Arbeitslosenversicherung einzubeziehen. Zur Finanzierung sollten sie einen Beitrag zahlen, der sich am laufenden Einkommen orientiert. Anders als bei eilig geschnürten Notpaketen gäbe es künftig also von vornherein verlässliche Bedingungen – sowohl bei den Leistungen als auch bei der Finanzierung. (…)Die Absicherung gegen Arbeitslosigkeit hat einen hohen persönlichen und gesellschaftlichen Wert, unabhängig davon, ob jemand einen Arbeitsvertrag unterschrieben hat. Die Regeln einer Versicherung für Selbstständige sollten denen für Beschäftigte so ähnlich wie möglich sein, aber auch so spezifisch wie nötig ausgestaltet werden. Dies würde verlässliche Bedingungen schaffen, um in die nächste Krise nicht genauso hineinzulaufen wie in die aktuelle.“ Vorschlag der Arbeitsmarktforscher Paul Schoukens und Enzo Weber vom 9. November 2020 beim Spiegel online externer Link – siehe auch unser Dossier: Wenn Arbeitgeber nach mehr Staat rufen: Mit Kurzarbeit wertvolle Arbeitskräfte in viralen Zeiten hamstern und die Unternehmen auch bei den Sozialbeiträgen entlasten?
  • Hartz IV in Coronazeiten: In anderer Verpackung
    Hartz IV wird derzeit als „Bürgerrecht“ für Corona-Geschädigte politisch beworben. Das ändert wenig an den Bedingungen. Man fühlt sich fürsorglich behandelt, fast wie eine privat versicherte Patientin beim Arzt. Hubertus Heil selbst spricht in einem Video des Arbeitsministeriums zu den Ratsuchenden. Heil beantwortet Ihre Fragen! Er klingt wirklich nett. „Der Zugang zur Grundsicherung wurde erleichtert und entbürokratisiert“, sagt der Arbeitsminister, „lassen Sie sich helfen. Sie haben das soziale Bürgerrecht auf Grundsicherung.“ Online könne man den Antrag stellen. Bei der Arbeitsagentur lässt sich ein „vereinfachter Antrag“ auf Grundsicherung herunterladen. „Im Zweifelsfall nutzen sie die Möglichkeit, das Jobcenter anzurufen“, sagt Heil. Für Hartz-IV-EmpfängerInnen, die auf der Suche nach Jobcenter-Kontakt am Telefon entweder in endlosen Warteschleifen oder bei gefühllosen Callcenter-MitarbeiterInnen landeten, klingt das wie Musik – etwas süßlich und etwas fremd. Die „Grundsicherung für Arbeitssuchende“, im Volksmund Hartz IV genannt, wird derzeit als Rettungsanker für Coronageschädigte politisch beworben, als sei es ein staatliches Grundeinkommen, das in Anspruch zu nehmen sich man doch bitte nicht schämen solle. Die Aufforderung richtet sich insbesondere an Soloselbstständige und Freiberufler, die durch die Coronabeschränkungen in Not geraten sind und bei denen weder die Überbrückungshilfe II noch die neuen Novemberhilfen greifen. Einiges wurde dabei erleichtert: Wer im Zeitraum bis zum März 2021 einen Antrag auf Hartz-IV-Leistungen stellt, dem oder der werden vom Jobcenter für ein halbes Jahr die Wohnkosten erstattet, egal wie hoch. Alleinstehende dürfen bis zu 60.000 Euro an Vermögen besitzen. Wer selbstständig und nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ist, darf für jedes Jahr an Selbstständigkeit nochmal 8.000 Euro Vermögensfreibetrag draufschlagen. Selbstständige Versicherte über die KSK (Künstlersozialkasse) haben diesen Freibetrag übrigens nicht, weil sie ja in die Rentenkasse einzahlen. Der werbende Sound für neue Antragssteller hat einen politischen Grund: Berufsverbände fordern einen staatlichen „Unternehmerlohn“ für Selbstständige, etwa für Berater, Seminardozenten, ReiseleiterInnen, die wegen der Coronabeschränkungen quasi nicht arbeiten dürfen oder Aufträge einbüßen und daher kaum oder keine Einnahmen haben. Sozialpolitiker, auch aus der SPD, wollen aber kein „doppeltes System“ neben Hartz IV, sondern verweisen daher lieber auf die erleichterte Grundsicherung…“ Artikel von Barbara Dribbusch vom 10.11.2020 in der taz online externer Link
  • Heil ruft Selbstständige auf, in Corona-Krise Hartz IV in Anspruch zu nehmen – vereinfachter Zugang zur Grundsicherung gilt aber nur für wenige
    • Heil ruft Selbstständige auf, in Corona-Krise Hartz IV in Anspruch zu nehmen
      Der vereinfachte Zugang zu Hartz IV wird bis Ende März verlängert – das hat der Bundestag jetzt beschlossen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ruft Selbstständige auf, wenn erforderlich, auch Grundsicherung in Anspruch zu nehmen. Zudem soll die Beratung von Selbständigen, die in Not geraten sind, verbessert werden. (…) Heil sagte, von dieser Regelung könnten viele profitieren, etwa Beschäftigte in Kurzarbeit oder hilfebedürftige Selbstständige. „Wirklich niemand sollte sich scheuen, die staatlichen Hilfen auch in Anspruch zu nehmen, wenn sie gebraucht werden“, sagte er. (…) Danach ist die Vermögensprüfung für sechs Monate ab Bewilligung grundsätzlich ausgesetzt. Zudem werden die Wohn- und Heizkosten werden voll anerkannt…“ Artikel von Tobias Peter vom 06.11.2020 bei RND externer Link, siehe auch:
    • Mit Heil zu Hartz: Arbeitsminister wirbt mit vereinfachtem Zugang zur Grundsicherung. Das gilt aber nur für wenige
      „… Das sogenannte vereinfachte Antragsverfahren gilt nur für Menschen, die ab März dieses Jahres einen Neuantrag stellen mussten und glaubhaft begründen können, dass ihre Mittellosigkeit durch die Pandemiemaßnahmen bedingt ist. Das bestätigte auch BA-Sprecher Christian Ludwig auf jW-Nachfrage am Freitag. Geprüft werden müssten die Verhältnisse trotzdem, weil »lediglich erhebliches Vermögen zählt«. Gemeint sind Rücklagen von mehr als 60.000 Euro oder besonders wertvolles Hab und Gut. »Eigentlich geht es hier nur um einen Erstantrag, der ein paar Seiten kürzer ist als normal«, sagte die frühere Jobcentermitarbeiterin und Hartz-IV-Kritikerin Inge Hannemann im jW-Gespräch am Freitag. Das restliche Verfahren unterscheide sich nicht vom normalen Vorgehen. »Die Jobcenter müssen ja trotzdem zum Beispiel das Vermögen prüfen, weil es eben doch Grenzen gibt«, sagte sie. Dass dies ausgesetzt sei, stimme schlicht nicht. Auch habe sie die Erfahrung gemacht, dass Betroffene bei Folgeanträgen genauso behandelt würden, wie Menschen, die seit längerem Hartz IV beziehen müssen. Da flattere dann plötzlich eine Aufforderung ins Haus, die Mietkosten zu senken, andernfalls würden sie in einigen Monaten nicht mehr übernommen. Auch jW sind solche Fälle bekannt. Damit gelten ein verkürzter Antrag, Kulanz beim Vermögen und eine befristete Übernahme zu teurer Wohnkosten nur für wenige. »Man hat so jetzt auch noch innerhalb der Hartz-IV-Betroffenen eine Zweiklassengesellschaft etabliert«, rügte Hannemann und fügte an: Es sei »unlauter«, dies als Krisenintervention für alle Hartz-IV-Beziehenden darzustellen. Wie es wirklich läuft, zeigt etwa ein Blick in die aktuellste BA-Statistik für Wohnkosten. Danach übernahmen Jobcenter im Pandemiemonat Juni insgesamt 43,3 Millionen Euro an Mietkosten ihrer Klienten nicht. Hunderttausende Leistungsberechtigte mussten zwei- oder gar dreistellige Summen aus ihren Regelsätzen berappen.“ Artikel von Susan Bonath in der jungen Welt vom 07.11.2020 externer Link
  • Neue Corona-Hilfe für Selbständige /  [ver.di] Corona-FAQ für Solo-Selbstständige
    • Neue Corona-Hilfe für Selbständige
      Es wird neue Corona-Hilfe für Selbständige geben, Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten können eine einmalige Kostenpauschale in Höhe von bis zu 75 Prozent ihres Umsatzes von November 2019 erhalten. Die Höhe errechnet sich aus dem durchschnittlichen wöchentlichen Umsatz des Vorjahresmonats, gezahlt wird sie für jede angeordnete Lockdown-Woche. [Details beim Bundesfinanzministerium externer Link] Bezugspunkt ist also der durchschnittliche wöchentliche Umsatz im November 2019. Der Erstattungsbetrag beträgt 75 Prozent des entsprechenden Umsatzes. Soloselbständige haben ein Wahlrecht: sie können als Bezugsrahmen für den Umsatz auch den durchschnittlichen Vorjahresumsatz 2019 zugrunde legen. Grundlage ist dann der Steuerbescheid. [Details beim Bundesfinanzministerium externer Link] Die zusätzlichen Maßnahmen treten am 2. November deutschlandweit in Kraft. Die Maßnahmen werden bis Ende November befristet.“ (Quelle: Thomé Newsletter 39/2020 vom 02.11.2020 externer Link)
    • [ver.di] Corona-FAQ für Solo-Selbstständige
      Bei den meisten Fragen, die uns derzeit gestellt werden, wird klar: Es hapert an konkreten Hilfen für Solo-Selbstständige, wenn Aufträge abrupt wegbrechen. – Da wurde in der Vergangenheit schlicht versäumt, rechtliche und sozialstaatliche Regeln zu etablieren, die auch die konkreten Lebens- und Erwerbslagen der Solo-Selbstständigen berücksichtigen. Diese FAQ erläutern, welche Hilfen beschlossen und geplant sind, welche aktuellen rechtlichen Bedingungen gelten und was auf dieser Grundlage konkret getan werden kann. Da blitzen auch viele Themen auf, an denen wir seit Jahren arbeiten und die wir gemeinsam weiter diskutieren müssen…“ FAQ beim ver.di-Referat Selbstständige externer Link
  • Lockdown-Bonus gefordert: Heil will leichteren Hartz-IV-Bezug bis Ende 2021 verlängern
    Die Beantragung von Hartz IV ist bis Ende des Jahres vereinfacht. Arbeitsminister Heil findet aber: „Wir wollen diese Menschen nicht ab 1. Januar behelligen“. (…) Der Minister erklärte, die Maßnahme richte sich besonders an viele Selbstständige, denen in der Pandemie der Verdienst komplett weggebrochen sei, sowie an Arbeitnehmer, die schon vor der Pandemie nicht gut verdient hätten und jetzt durch Kurzarbeit starke Einkommensausfälle hätten und ergänzende Grundsicherung brauchten. „Wir wollen diese Menschen nicht ab 1. Januar mit einer Vermögensprüfung behelligen oder mit der Frage, ob ihr Wohnraum womöglich zu groß ist.“…“ dpa-Meldung vom 30.10.2020 bei der FAZ online externer Link – so „leicht“ ist das bekanntlich nicht mit Hartz IV – was ist aus dem „Unternehmerlohn“ geworden?
  • Altmaier will „Unternehmerlohn“ für Selbstständige: Die staatlichen Überbrückungshilfen kommen bei vielen Selbstständigen nicht an. Der Wirtschaftsminister will nachbessern 
    „Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat Freiberuflern und Selbstständigen im Zuge geplanter Nachbesserungen von Corona-Hilfen Hoffnung auf einen „Unternehmerlohn“ gemacht. Dazu müsse in der Koalition aber noch eine Einigung gefunden werden, sagte Altmaier am Donnerstag in Berlin nach einer Videokonferenz mit Wirtschaftsverbänden in Berlin. Altmaier sagte zu, staatliche Hilfen zu verbessern und zu erhöhen. Dabei gehe es auch darum, wie Solo-Selbständigen besser geholfen werden könne. (…) Wirtschaftsverbände kritisieren seit langem, die bisherigen Hilfen seien nicht passgenau. Andreas Lutz, Vorstandsvorsitzender des Verbands der Gründer und Selbstständigen Deutschland, sagte, viele Solo-Selbstständige arbeiteten von zuhause. Ihnen nütze die bisher in den Überbrückungshilfen vorgesehene Erstattung fixer Betriebskosten nicht viel. Die eigentlichen Kosten seien Lebenshaltungskosten oder die Miete der Wohnung, weil viele von zuhause aus arbeiteten. Die Grundsicherung sei keine Lösung. (…) Die Politik hatte bereits milliardenschwere Hilfsprogramme beschlossen, um Firmen und Jobs zu schützen. Überbrückungshilfen für besonders belastete Firmen wurden bis Jahresende verlängert, Bund und Länder planen eine weitere Verlängerung. Für die Überbrückungshilfen hatte der Bund 25 Milliarden Euro eingeplant. Davon sind nach aktuellem Stand laut Wirtschaftsministerium aber erst 1,2 Milliarden Euro bewilligt worden…“ Agentur-Meldung vom 23. Oktober 2020 bei ihre-vorsorge.de externer Link
  • Unternehmerlohn: Jetzt hoffen Deutschlands Selbstständige auf die Hartz-IV-Alternative / „Wer diese Regeln macht, hat keine Ahnung von Selbstständigkeit“ 
    • Unternehmerlohn: Jetzt hoffen Deutschlands Selbstständige auf die Hartz-IV-Alternative
      Bislang sollen Soloselbstständige, die ihren Lebensunterhalt wegen der Corona-Pandemie nicht mehr bestreiten können, Hartz IV beantragen. Peter Altmaiers Ministerium diskutiert nun eine alternative Leistung. In einem Bundesland ist sie bereits ein Erfolg. (…) Bislang müssen die Betroffenen Hartz IV beantragen, wenn sie ihren Lebensunterhalt aufgrund der Corona-Pandemie nicht mehr bestreiten können. Die bisherigen Hilfsprogramme für Soloselbstständige decken lediglich Kosten wie Mietzahlungen oder Ähnliches, nicht aber den Lebensunterhalt des Unternehmers ab. Das Bundesland Nordrhein-Westfalen hat zusätzlich zu den Hilfen des Bundes bereits einen solchen Unternehmerlohn eingeführt. In NRW wird bereits seit Juni allen Soloselbstständigen, Freiberuflern und Inhabern, die in ihren Unternehmen arbeiten, die die Voraussetzungen für Überbrückungshilfen des Bundes erfüllen, ein zusätzlicher Unternehmerlohn in Höhe von monatlich 1000 Euro ausgezahlt. Das ursprünglich auf drei Monate angelegte Programm mit dem Namen Überbrückungshilfe Plus wurde bereits bis zum Jahresende verlängert…“ Artikel von Philipp Vetter vom 14.10.2020 in der Welt online externer Link
    • Altmaier will Überbrückungshilfen für Unternehmen und Selbstständige ausweiten
      Der Bundesminister reagiert auf die verschärfte Lage und Kritik aus der Wirtschaft: Selbstständige könnten künftig einen Zuschuss zu den Lebenshaltungskosten bekommen. (…) Wie es in seinem Ministerium hieß, sollen die existierenden Überbrückungshilfen um ein halbes Jahr bis zum 30. Juni 2021 verlängert und zudem ausgeweitet werden. Die Förderung soll vor allem Betrieben aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe sowie der Veranstaltungsbranche und der Messebranche zugutekommen. Altmaier reagiert mit den geplanten Nachbesserungen auch auf anhaltende Kritik an den Hilfen für Unternehmen, Soloselbstständige und Freiberufler. Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften kritisieren, dass die Zugangshürden zu den Geldern zu hoch seien und die Erstattung der betrieblichen Fixkosten vielen nicht helfe. Um ihren Lebensunterhalt zu decken, würden viele Freiberufler und Soloselbstständige auf die staatliche Grundsicherung verwiesen, besser bekannt als Hartz IV. (…) Zudem könnten Elemente eines Unternehmerlohns miteinbezogen werden, hieß es in dem Ministerium. Bislang bezuschussen nur die Bundesländer Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Thüringen darüber die Lebenshaltungskosten von Soloselbstständigen. Verbände und Oppositionspolitiker begrüßten vor allem das Vorhaben, einen Unternehmerlohn auszuzahlen. (…) Jetzt komme es auf eine sinnvolle Ausgestaltung an. Lutz kritisiert etwa, dass die Antragstellung bisher über Steuerberater erfolgen müsse, was bürokratisch sei und viele Soloselbstständige ausschließe. „Die Hilfen sollten direkt beim Finanzamt, mindestens aber auch über Buchhalter beantragt werden können.“ Sie sollten zudem mindestens den Umfang wie in Baden-Württemberg von bis zu 1180 Euro haben und nicht vollständig auf die Grundsicherung angerechnet werden…“ Artikel von Till Hoppe und Frank Specht vom 14.10.2020 im Handelsblatt online externer Link
    • „Wer diese Regeln macht, hat keine Ahnung von Selbstständigkeit“
      Viele der knapp zwei Millionen Solo-Selbstständigen in Deutschland haben in den ersten Corona-Monaten ihre Arbeit verloren. Ob Physiotherapeutinnen, Opernsänger oder DJ: keine Kunden, keine Konzerte, keine Einnahmen. Die Bundesregierung versprach zu helfen. Erst mit der Soforthilfe im April und Mai, dann mit der Überbrückungshilfe von Juni bis August und mit der Überbrückungshilfe plus, die bis Ende des Jahres gilt. 24 Milliarden Euro waren von der Regierung für das letzte Hilfspaket eingeplant, nur knapp 250 Millionen Euro wurden bislang ausgezahlt. Woran liegt das? Hier erzählen drei Solo-Selbstständige von ihren Problemen mit den Behörden, von ausstehenden Zahlungen und ihrem Plan für die Zukunft…“ Protokoll von Samira El Hattab vom 14. Oktober 2020 in der Zeit online externer Link
    • Corona-Hilfen für Selbstständige: „Lieber wenig Geld, aber das dann zuverlässig und unbürokratisch“
      Viele Selbstständige könnten momentan nicht arbeiten und bräuchten daher Finanzhilfen, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, sagte Andreas Lutz, Sprecher des Verbandes der Gründer und Selbstständigen, im Dlf. Der Anspruch auf Grundsicherung helfe nicht, denn diese sei zu bürokratisch und zu unflexibel. (…) Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen haben ja vorgemacht, dass man das auch lösen kann, indem man im Rahmen der Überbrückungshilfe oder auch der Soforthilfe einen bestimmten Betrag festsetzt, den die Selbstständigen für die Lebenshaltungskosten, die Miete und so weiter nutzen können. Selbst wenn das deutlich weniger ist, als sie vielleicht an Grundsicherung bekommen könnten, ist das eine wichtige Hilfe, auch psychologisch, denn ihnen wird ja quasi die Berufstätigkeit verboten. Und dass sie dafür eine Entschädigung bekommen, das ist, glaube ich, sehr wichtig. Ich finde natürlich bedauerlich, dass das jetzt so lange gedauert hat, aber besser spät als nie. (…) Das Problem mit der Grundsicherung ist, das ist noch mal eine andere Behörde, die sich dann wiederum mit anderen abstimmt. Es sind unglaublich komplexe Anträge, nicht selten über 100 Seiten. Es ist ja nicht so, dass jetzt das jemand beantragt, der vielleicht einen 450-Euro-Job oder gar keine Einkünfte hat, sondern es handelt sich ja um Selbstständige, die bis März voll im Leben gestanden sind, jede Menge Kunden hatten, die jetzt plötzlich aufgrund dieser Veranstaltungsverbote zum Beispiel ohne Einnahmen dastehen. Denen ist oft besser geholfen mit einer pauschalen Zahlung, dass man anerkennt, sie können jetzt in dieser Tätigkeit nicht arbeiten. Dafür bekommen sie dann aber eine Hilfe, die sie auch frei verwenden können. (…) Unser Vorschlag seit März ist, dass die Finanzämter dafür zuständig sind, denn die Finanzämter wissen genau, wer auch schon in früheren Jahren selbstständig ist, wer Steuern bezahlt hat, und haben natürlich auch ein Interesse, diese Steuerzahler zu behalten. Sie sind ja quasi mit 50 Prozent am Gewinn beteiligt. Von daher glaube ich, dass da eine effektive Kontrolle gegeben ist, wenn die Finanzämter zuständig sind. Das Problem ist ja eher, dass in den vergangenen Monaten ein Flickenteppich an Zuständigkeiten geschaffen worden ist, wo dann so agiert worden ist: Der eine hat gesagt, wenn Du da was bekommst, kriegst Du es bei mir nicht, und umgekehrt, und am Ende ist oft gar nichts angekommen. (…) Das Kurzarbeitergeld bei Angestellten, was ja inzwischen nicht mehr beitragsfinanziert ist, weil das Geld der Beitragszahler ist quasi schon ausgegeben, das kommt jetzt auch aus dem Bundeshaushalt, und da wäre jetzt nicht verständlich, dass die Hilfe für die Selbstständigen dann plötzlich Ländersache ist und dass die, die in einem nicht so wohlhabenden Bundesland leben, dann keine Hilfe bekommen, vielleicht Pleite gehen, und anderen wird geholfen. Hier sehe ich unbedingt den Bund in der Pflicht, auch weil es viel unbürokratischer ist...“ Andreas Lutz im Gespräch mit Silvia Engels am 14.10.2020 beim Deutschlandfunk externer Link
  • AlarmstufeRot – Kunst ist systemrelevant: Deutschlands sechstgrößter Wirtschaftszweig steht vor dem Kollaps 
    “Die aktuelle Situation bedroht die Veranstaltungswirtschaft. Clubs sterben aus, KünstlerInnen, VeranstaltungstechnikerInnen und VeranstalterInnen sind arbeitslos oder stehen vor der Insolvenz. Dagegen hat sich das Bündnis AlarmstufeRot externer Link gebildet, ein Zusammenschluss der einflussreichsten Initiativen und Verbände der deutschen Veranstaltungswirtschaft, hinter dem rund 10000 Unternehmen mit 250000 Beschäftigten stehen. An dessen erster bundesweiter Protestaktion, der «Night of Light 2020», haben sich über 40000 Mitwirkende aus mehr als 8000 Unternehmen beteiligt. (…) Ravi T. Kühnel sprach mit Daniel Schulz über die Situation der Veranstaltungswirtschaft. [Wie ist aktuell die Situation in der Veranstaltungsbranche?] Katastrophal. Unsere Branche war als erstes vom Shutdown betroffen und wir werden am längsten und h   ärtesten unter den Auswirkungen der Corona-Krise leiden. Gleichzeitig greifen die Finanzhilfen in vielen Bereichen der Veranstaltungsbranche nicht. Zum Beispiel fallen die Hunderttausende von Soloselbständigen durchs Raster, sie haben meist keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, weil sich nur die wenigstens eine Arbeitslosenversicherung leisten können.Darauf wird seit März in zahlreichen Petitionen und Gesprächen mit der Politik hingewiesen, aber es interessiert offensichtlich nicht, obwohl die Veranstaltungsbranche die sechstgrößte Branche des Landes ist und auch das sechsthöchste Steueraufkommen beiträgt. Aber wir haben halt keine Lobby. Mag wohl auch daran liegen, dass wir keine Aufsichtsratsposten an Politiker zu vergeben haben. (…) [Was sind konkrete Forderungen der Bewegung?] Es geht um eine wirksame Finanzhilfe für die Clubs, Technikfirmen, Veranstalter und vor allem für die vielen Soloselbständigen, von denen viele seit März ohne jegliches Einkommen dastehen und entgegen den anfangs vollmundigen Versprechungen der Politik, unbürokratisch zu helfen, nun oftmals nicht mal Hartz IV gewährt bekommen. So gehen momentan reihenweise Existenzen den Bach runter, obwohl Deutschland das Land mit den am besten qualifizierten Veranstaltungstechnikern weltweit ist. Die müssen jetzt teilweise bei der Kartoffelernte helfen, weil sie sonst kein Geld verdienen können. Um die Corona-Schutzmaßnahmen wie Abstand, Hygiene und Masken, geht es dagegen überhaupt nicht. Die werden nicht in Frage gestellt, weil jeder, der mit Veranstaltungen zu tun hat begreift, dass sie nötig sind, um so schnell wie möglich durch die Krise zu kommen. Über die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen und Lockerungen in den einzelnen Branchen muss allerdings dringend geredet werden. Während z.B. Millionen von Hobby-Fußballern inzwischen wieder im Spielbetrieb sind (ich bin einer davon), kann es nicht sein, dass unser Bereich, an dem Existenzen hängen, geopfert wird, weil hier so wenig Menschen zu Konzerten zugelassen sind, dass diese nicht rentabel durchzuführen sind. Wenn nun in der ersten und zweiten Fußballbundesliga für 20 Prozent der Stadionkapazitäten wieder Zuschauer zugelassen werden, muss das gleiche analog auch für die Musikbranche gelten. Alles andere wäre nicht zu rechtfertigen. [Warum denkst du, ist es wichtig die Bewegung zu unterstützen?] Stellt euch einfach mal die Zeit des Lockdowns, der hier ja sogar noch gemäßigt war im Gegensatz zu den meisten anderen betroffenen Ländern, ohne Musik, ohne Filme, Dokus usw. vor. Musik ist systemrelevant! Ohne sie wären die Menschen in dieser Situation durchgedreht. Wenn man also nicht will, dass die kulturelle Vielfalt im Land der Dichter und Denker den Bach runter geht, dann sollte man sich solidarisch zeigen und mit uns auf die Straße gehen bzw. Petitionen unterschreiben, entsprechende Posts weiterteilen usw., denn das Club- und Firmensterben ist längst im Gang. Und ohne Clubs gibt es keine lebendige Subkultur, aus der ja nun mal alles entsteht. (…) [Wieviel Raum gibt die aktuelle Situation KünstlerInnen um sich zu entfalten?] Man kann sich kreativ entfalten wie eh und je, was ich auch mache, man hat ohne Konzerte nur kaum eine Möglichkeit, damit momentan seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Und Streaming-Konzerte oder die Konzerte unter aktuellen Bedingungen sind nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Während des Sommers betrug die Auslastung der Branche gerade mal 10–20 Prozent, und mit Beginn der Indoor-Saison bricht das auch wieder weg…“ Interview von Ravi T. Kühnel mit Daniel Schulz bei SoZ vom Oktober 2020 externer Link
  • Vereinfachter Zugang zur Grundsicherung wird bis 31.12.2020 verlängert 
    Ich habe dies zwar schon im letzten Newsletter erwähnt, aber es bestand eine unterschiedliche Informationslage dazu, ob die gesamten Regelungen der §§ 67 SGB II / § 141 SGB XII verlängert werden oder nur Teile. Nach Durchsicht des nun veröffentlichten Entwurfs der VO, sind natürlich alle Teile verlängert. Das bedeutet, dass ab Veröffentlichung im Gesetzesblatt wieder die Weiterbewilligungsfiktion von Anträgen gilt (diese war zum 31. Aug. ausgelaufen). Die anderen Regelungen gelten noch bis 30. Sept., d.h., bei diesen gilt dann eine nahtlose Weiterwirkung. Die neue Regelung gilt ab Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt. Hier nun der Link zum Referentenentwurf der VO: https://t1p.de/hch1 externer Link “ Aus dem Thomé Newsletter 32/2020 vom 13.09.2020 externer Link
  • Coronakrise macht Veranstaltungsbranche zu schaffen. Mehrere tausend Menschen folgen Aufruf von Aktionsbündnis / Soloselbständige und Corona: Sehnsüchtig kreativ 
    • Rote Welle in Berlin: Coronakrise macht Veranstaltungsbranche zu schaffen. Mehrere tausend Menschen folgen Aufruf von Aktionsbündnis
      “Der Initiator der Demonstration, Dirk Wöhler, Präsident des Berufsverbands Discjockey e. V., hatte es im Vorfeld oft wiederholt: »Es wird ein Protest sein, bei dem die Maskenpflicht, die Abstandsregeln sowie alle anderen Hygienevorschriften unbedingt eingehalten werden.« Die Veranstaltung richte sich nicht gegen die Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung der Pandemie, sondern werbe für Gespräche und finanzielle Hilfen, um die Veranstaltungsbranche zu retten. Nur wenige Tage nach dem Aufmarsch der Coronaleugner in Berlin schien es dem Veranstalter wichtig, sich von »Reichsbürgern« und Co. zu distanzieren. (…) Nach fast sechs Monaten ohne Geschäftstätigkeit und Umsatzeinbrüchen von 80 bis 100 Prozent hatte das Bündnis »Alarmstufe Rot« zu einer Großdemonstration am Mittwoch in Berlin aufgerufen. In den letzten Wochen hatten sich die einflussreichsten Initiativen, Verbände und Vereine der Branche deutschlandweit zusammengeschlossen, um das Bündnis auf die Beine zu stellen. Dies geschah, nachdem die Politik die Branche dazu aufgefordert hatte, einen zentralen Gesprächspartner zu stellen. (…) Doch so fröhlich, wie es aussieht, ist es nicht. Die »vergessene Branche«, wie sie sich selbst nennt, steht kurz vor dem Aus. Faktisch ist den Unternehmen der Veranstaltungswirtschaft mit dem Verbot der allermeisten Veranstaltungen die Arbeitsgrundlage entzogen. Rund eine Million direkt Beschäftigte sind betroffen, der sechstgrößte Wirtschaftszweig der BRD mit früher 130 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr steht still. Kein anderer Wirtschaftszweig leidet so sehr an den Folgen der Pandemie. Nun ist also die Politik gefordert. Auf einer Pressekonferenz im Vorfeld der Demonstration präsentierte das Bündnis seine sechs Forderungen an die Regierung, um die Veranstaltungswirtschaft zu retten. Entscheidend ist dabei, dass auf einen Dialog auf Augenhöhe gesetzt wird. Hierfür fordert das Bündnis, dass ein Bundesbeauftragter für das Problem eingesetzt wird. Nur so könne ernsthaft über den Erhalt von Millionen von Arbeitsplätzen sowie von Tausenden Ausbildungsverhältnissen diskutiert werden…“ Artikel von Raphaël Schmeller in der jungen Welt vom 10.09.2020 externer Link, siehe auch die Homepage vom Bündnis »Alarmstufe Rot« externer Link
    • Soloselbständige und Corona: Sehnsüchtig kreativ
      “… Zunächst bis Ende Oktober gilt in Baden-Württemberg weiterhin das Verbot von Veranstaltungen vor über 500 Personen. Weniger geht – aber nur, wenn genügend Raum da ist, um die strikten Abstandsregeln einzuhalten. Da endet die Kapazität oft schon bei 50 Leuten. Für die VeranstalterInnen ein Minusgeschäft. Unsicherheit herrscht, Angst vor dem Winter, wenn Open-Air-Veranstaltungen nicht mehr möglich sein werden. Was passiert nach dem 31. Oktober? Wer jetzt nicht an einer der staatlich subventionierten Kulturinstitutionen festangestellt ist, muss sich warm anziehen. (…) Als der Lockdown in der Luft lag, hat Joe Bauer sofort reagiert, sich mit Peter Jakobeit und dessen KultIG-Verein (Kulturimpuls Grundeinkommen e.V.) zusammengetan und zur Spendenaktion „Künstlersoforthilfe Stuttgart“ aufgerufen. Solidarität zeigen! Als politischer Mensch ist es Joe Bauer wichtig, Zeichen zu setzen. Das tat er gleich am Wochenende des 14./15. März. Er wusste: „Auch ohne Corona arbeiten viele KünstlerInnen ja schon im prekären Bereich, leben von gerade mal 1.200 Euro im Monat. Da sind keine Reserven. Da muss man helfen.“ Schnell habe man für 50 Euro ein Telefon gekauft, einen E-Mail-Account eingerichtet und eine kleine Website. Ihr Anliegen habe sich schnell herumgesprochen über die sozialen Medien. Sofort kamen die ersten Spenden, die ersten Anträge. „Das Ding wurde dann aber viel größer, als zunächst gedacht“, sagt Joe Bauer stolz. In der Tat: Satte 325.000 Euro wurden bisher gesammelt, 1.200 Privatleute und Institutionen haben gespendet und etwa 1.000 Menschen wurde geholfen, bisher etwa 280.000 Euro ausgegeben. Jeweils 300 Euro werden ausbezahlt, mehrere Anträge sind möglich. Bauer: „Klar, wir sind uns bewusst, dass das nur ein Tropfen im Ozean ist. Aber es ging uns um eine Art Kühlschrankfüller, um schnelle Auszahlung und Hilfe.“ (…) Die Landeshilfe hat Schäfer nicht in Anspruch genommen, weil er Angst hatte, sie irgendwann zurückzahlen zu müssen. Seine Rücklagen waren knapp, er kam gerade so durch. Von seinen PrivatschülerInnen sind in der Corona-Zeit ein paar abgesprungen. Außer zwei Open-Air-Gigs im Rahmen des „Kultur Sommer 2020“ vor 200 oder 250 Leuten stand nichts auf seiner Agenda. Einnahmen bleiben weiterhin aus. Schäfer hat jetzt Hartz IV beantragt. „Das Geld ist die eine Sache“, sagt er. „Schlimm ist für uns aber vor allem, nicht mehr vor Publikum zu spielen. Das fehlt uns sehr.“ (…) Joe Bauer geht es um die gesamte freie Veranstaltungsbranche. Jeder kann die Überbrückungshilfe seiner Initiative per E-Mail beantragen – auch TechnikerInnen, Studierende, BeleuchterInnen, OrganisatorInnen, Leute, die in der antirassistischen Bewegung aktiv sind. Ebenso Beschäftigte der noch immer geschlossenen Clubs, denn: „Wenn in einem Club nachts 15 verschiedene Nationen tanzen, hat das auch eine Bedeutung.“ MusikerInnen seien freilich in der Mehrzahl. Natürlich sei es Aufgabe des Staates, die Kultur zu unterstützen. „Wir machen hier nicht die Benefizonkels“, sagt er. „Wir versuchen, die Krise zu nutzen, um auf die gesellschaftspolitische Bedeutung der Kultur hinzuweisen. Kultur ist wichtig für die Kritikfähigkeit und für den Antirassismus, für ein liberales, demokratisches Zusammenleben. Kultur ist in der Regel international. Sie steht für eine Lebensart. Die Kultur wird ja nicht umsonst angegriffen von den Rechten.“ (…) Große Hoffnung setzt van Straelen jetzt auf das neue Förderprogramm „Kunst trotz Abstand“. Interessant an der Förderung sei für sie der Aspekt, dass sich MusikerInnen mit anderen zusammentun müssen, um ihre Projekte zu beantragen. Das könnte Vernetzungen schaffen, die auch in der Zukunft vielleicht Dinge ermöglichten, die vor Corona undenkbar gewesen wären.“ Beitrag von Verena Großkreutz vom 09.092020 bei Kontext: Wochenzeitung externer Link
  • Soforthilfe-Chaos: Die Zerreißprobe. Bei Soforthilfen für Selbständige in der Corona-Krise herrscht zunehmend Chaos, politische Versprechen werden nicht eingelöst. Es droht eine Insolvenzwelle 
    Beeindruckende Milliardenpakete haben Bund und Länder geschnürt, um die Wirtschaft in der Corona-Krise zu unterstützen. Große Konzerne erhalten Kredite, das Kurzarbeitergeld für Arbeitnehmer wird verlängert und aufgestockt, Selbständige erhalten Soforthilfen, und auch die besonders in Mitleidenschaft gezogene Kulturbranche soll unterstützt werden. So gut das in der Theorie alles klingt – in der Praxis hakt und hängt es. Hilfen kommen oft nicht dort an, wo sie gebraucht werden, sich ständig ändernde Regeln und Bedingungen verunsichern jene, die eigentlich Anspruch auf Unterstützung hätten, und nun hat NRW auch noch den Rückzahlungsprozess der Unternehmer-Soforthilfen gestoppt, weil sich deren Modalitäten mit den ursprünglichen Antragsvoraussetzungen widersprechen. Aus dem von Wirtschaftsminister Peter Altmaier vor Monaten abgegebenen Versprechen, niemanden hängen zu lassen, ist längst ein undurchschaubares Chaos von Zuständigkeiten und einer mehr als holprigen Umsetzung geworden. (…) Dieses Chaos sowie weitere sich andauernd ändernde und widersprechende Regeln – auch zu der Frage, welche Hilfsmittel kombiniert werden dürfen und welche nicht – haben dafür gesorgt, dass eine Vielzahl anspruchsberechtigter Selbständiger erst gar keinen Antrag gestellt hat. Und das setzt sich fort. (…) Selbst mit den Soforthilfen sind viele in Schieflage geraten. Eine Insolvenzwelle gegen Jahresende wäre aber eine gesamtgesellschaftliche ebenso wie eine ökonomische Katastrophe, hängen doch an jedem kleinen Betrieb und auch an jedem Soloselbständigen weitere Unternehmen und damit Arbeitsplätze dran, die mit in die Tiefe gerissen werden. Unterm Strich ist es eine simple Rechnung: Was ist teurer? Die Betroffenen jetzt so unkompliziert wie einst versprochen mit Geld zu versorgen und ihnen damit durch die Krise zu helfen – oder sie in die Pleite schlittern zu lassen, was nicht nur die Wirtschaftsleistung Deutschlands immens beeinträchtigen, sondern auch die Sozialkassen durch explodierende Ausgaben bei sinkenden Einnahmen auf Jahre hinweg einer Zerreißprobe aussetzen würde?Artikel von Gerrit Wustmann vom 01. August 2020 in telepolis externer Link
  • „Todesstoß für viele Unternehmer“: Bittere Corona-Abrechnung: Friseurin soll Soforthilfe zurückzahlen – und nicht nur sie 
    Mit Milliarden-Soforthilfen wollte der Staat den wirtschaftlichen Absturz von Kleinbetrieben und Selbstständigen in der Corona-Krise verhindern. Jetzt fordern die Länder viele Empfänger zur Rückzahlung auf, weil sie angeblich die Bedingungen nicht erfüllten. Die Geschäftsleute fühlen sich von der Politik getäuscht. Die Wut wächst. (…) Die vollmundigen Erklärungen zum Sinn der Soforthilfen klingen den Betroffenen noch heute in den Ohren. So verkündete Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) am 23. März 2020: „Wir geben einen Zuschuss, es geht nicht um einen Kredit. Es muss also nichts zurückgezahlt werden.“ Auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sprach von „direkten Zuschüssen, die nicht zurückgezahlt werden müssen.“ (…) Immer mehr Soforthilfe-Empfänger erhalten eine Aufforderung, rückwirkend ihren tatsächlichen Bedarf an finanzieller Hilfe darzulegen. Sollten die Verluste geringer sein als die erhaltenen Mittel, müssen sie die Soforthilfe anteilig oder sogar vollständig zurückzahlen. Allein in Nordrhein-Westfalen wurden bislang etwa 100.000 der insgesamt 426.000 Hilfeempfänger aufgefordert, ihre finanziellen Schäden genau darzulegen. (…) Die Vorstellung, in Zeiten von eingebrochenen Umsätzen und einer drohenden zweiten Infektions-Welle Tausende Euro Corona-Hilfe zurückzahlen zu müssen, treibt viele von ihnen zur Verzweiflung. Die Enttäuschung ist groß, der Unmut wächst. (…) Die massiven Proteste scheinen bei der Landesregierung Wirkung gezeigt zu haben: Vor wenigen Tagen stoppte sie die Abrechnungs-Praxis. Einige der Vorgaben hätten sich „als problematisch erwiesen“, erklärte das NRW-Wirtschaftsministerium. Minister Andreas Pinkwart (FDP) betonte: „Wir nehmen die an uns herangetragenen Sorgen der Unternehmerinnen und Unternehmer sehr ernst und sind in Gesprächen mit dem Bund, um Verbesserungen zu erreichen.“…“ Artikel von Göran Schattauer vom 17.07.2020 im Focus online externer Link
  • Night of Light: Hilferuf der Veranstaltungsbranche
    Geschlossene Clubs, leere Hallen und keine Buchungen: Die Veranstaltungsbranche leidet massiv unter den Corona-Einschränkungen. Denn trotz der Lockerungen gelten Großveranstaltungen noch immer als Risiko. Unternehmen aus der Veranstaltungsbranche und Locations für Events haben deshalb in der Nacht von Montag auf Dienstag (23.06.2020) auf ihre schwierige Situation aufmerksam gemacht. In zahlreichen Städten wurden in einer „Night of Light“ Spielstätten, Veranstaltungszentren und andere Bauwerke mit rotem Licht angestrahlt und so „Alarmstufe Rot“ symbolisiert. Bundesweit wurden so über 8.000 Gebäude beleuchtet. „Die nächsten 100 Tage übersteht die Veranstaltungswirtschaft nicht!“ warnte Tom Koperek, Initiator der Aktion. Die aktuellen Auflagen und Restriktionen würden die wirtschaftliche Durchführung von Veranstaltungen quasi unmöglich machen. Damit stehe die gesamte Veranstaltungsbranche auf der „Roten Liste der aussterbenden Branchen“. Durch die Aktion wollten die Beteiligten auch darauf aufmerksam machen, dass aus ihrer Sicht finanzielle Hilfen statt Kreditprogramme benötigt werden. Sie forderten außerdem einen Dialog mit der Politik, um einen Weg aus der Krise zu finden…“ Beitrag vom 23.06.2020 beim WDR externer Link, siehe auch:

    • Aktion #WirFuerEuch externer Link eine Kooperation der ISDV und der Initiative für die Veranstaltungswirtschaft / #wirgemeinsamjetzt
  • (Corona-)Krise der Selbstständigen /  [ver.di-Broschüre] Grundsicherung für Selbstständige 
    • (Corona-)Krise der Selbstständigen
      „Die Corona-Krise ist vor allem eine Krise der Selbstständigen. (…) Rund ein Viertel (24,5 Prozent) aller Selbstständigen ist von der Corona-Krise sehr stark betroffen, etwas mehr als ein Drittel (37,3 Prozent) stark, ein Drittel (32,8 Prozent) verzeichnet einen Auftragsrückgang zwischen 50 und 100 Prozent, mehr als ein Viertel (27,9 Prozent) immerhin noch einen Rückgang zwischen 25 und 50 Prozent. Dies sind unter anderem die Ergebnisse einer Schnellumfrage im Mai zu den Folgen der Corona-Pandemie des Bundesverbands der Freien Berufe. Gegenüber dem Handelsblatt sagte BFB-Präsident Wolfgang Ewer zudem, dass unter allen Selbstständigen die freien Kulturberufe am schlimmsten betroffen seien. Hier litten demnach drei von vier Berufstätigen stark oder sehr stark unter der Krise. Zu einem ähnlichen Schluss kommt eine aktuelle Untersuchung des DIW Berlin, die auf den Daten der Langzeitbefragung Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) beruht, für die jährlich 30.000 Menschen befragt werden. (…) Wie ver.di fordern deshalb sowohl BFB als auch das DIW Berlin, vor allem der Situation der Solo-Selbstständigen stärker Rechnung zu tragen und bei der Gewährung von Soforthilfen nicht nur die Betriebskosten, sondern auch einen fiktiven Unternehmer*innen-Lohn zur Deckung der Lebenshaltungskosten mit einzuberechnen. Das DIW Berlin verweist zudem auf Alternativmodelle in europäischen Nachbarländern. So könnten Selbstständige Unterstützung für die Deckung der Lebenshaltungskosten erhalten, die von den Finanzämtern gewährt wird: „Den Betroffenen würde jeden Monat der über 50 Prozent hinausgehende Umsatzverlust zu 80 Prozent ersetzt.“ Damit könnten nach Ansicht der Autoren zudem Mitnahme- und Betrugsfälle ebenso wie die Überzahlung von Soforthilfen ausgeschlossen werden, da die Finanzämter über Informationen zu den Umsätzen der Antragsteller*innen aus den vorangegangenen Jahren verfügten.“ Beitrag von MH vom 16. Juni 2020 bei ver.di ‚Mensch machen Medien‘ externer Link
    • [ver.di-Broschüre] Grundsicherung für Selbstständige
      Besser wäre es, wenn es weder Corona noch Hartz IV gäbe – aber mit beidem müssen Solo-Selbstständige jetzt umgehen lernen: Die konkrete Ausgestaltung einer Grundsicherung ist heute zwar suboptimal (nicht nur für Solo-Selbstständige und nicht nur in Corona-Zeiten), aber diese Möglichkeit, ökonomische Krisen zu bewältigen existiert und ist unmittelbar zugänglich, wenn das Einkommen ausfällt. Wir wollen mit dieser Broschüre nicht den Skandal rechtfertigen, dass sich die Politik weigert, in der Corona-Krise jenen Solo-Selbstständigen, deren Einkommen weggebrochen ist, genauso wie allen anderen Unternehmen wirtschaftliche Hilfe zukommen zu lassen – ohne eine persönliche Bedürftigkeit oder gar die einer „Bedarfsgemeinschaft“ darlegen zu müssen. Unsere Informationen sollen also keinen Biss in den sauren Apfel schmackhaft machen, sondern (solange es nicht gelungen ist, angemessene Hilfsinstrumente durchzusetzen) das aktuelle Grundsicherungssystem mit Informationen und Hilfestellungen soweit „unterfüttern“, dass sich daran wenigstens niemand die Zähne ausbeißen muss. Diese Broschüre hilft, den Dschungel des aktuellen Systems zu durchdringen. Klar bleibt die Herausforderung: Die mit der Agenda 2010 etablierte Misstrauens- und Kontrollkultur muss überwunden werden. Die sozialstaatliche Errungenschaft der gesellschaftlichen Grundsicherung muss und kann von der Armenfürsorge zu einer allgemeinen solidarischen Sicherung umgebaut werden…“ Info im Corona Infotool externer Link von ver.di Selbständige zur Broschüre externer Link
  • [Petition] Solo-Selbständige, Freiberufler*innen und Künstler*innen fordern Nachbesserung im Soforthilfeprogramm „Neustart Kultur“! 
    „… Unter den KünstlerInnen und Akteuren der Kulturbranche herrscht große Verunsicherung. Sie unterliegen einem Arbeitsverbot, unverschuldet und zum Schutz der Gesamtbevölkerung, solange öffentliche Veranstaltungen nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich sind. Diese Einnahmeausfälle müssen ausgeglichen werden. Unter geltenden Hygienevorschriften ist wirtschaftliches Arbeiten nicht möglich und die Probleme der Branche werden noch lange anhalten. Sie werfen bereits bis weit ins Jahr 2021 ihre Schatten voraus. Es reicht nicht, weiterhin für die Lebenshaltungskosten auf den vereinfachten Zugang zur Grundsicherung (ALG II) hinzuweisen, deren Vereinfachung nicht ausreicht oder durch die Jobcenter nur eingeschränkt umgesetzt wird. (…) Wir schließen uns der Forderung des Bundesrates an: „(…) für eine Lösung, die für den begrenzten Zeitraum der Pandemie die Möglichkeit eines pauschalen monatlichen Zuschusses zur Abfederung von Einnahmeverlusten“ (…), so wie es im Beschluss vom 05.06.2020 zur „Sicherung von Selbstständigen und Freiberuflern – Hilfen für die Kultur- und Kreativwirtschaft nachhaltig gestalten“ festgehalten wurde. Diese Entschließung ist ein deutliches Signal der Länder an die Bundesregierung, bei der Ausgestaltung des geplanten Konjunkturpakets angemessen auf die Arbeits- und Lebensrealität der Solo-Selbständigen, Freischaffenden, Künstler*innen und Kunstschaffenden in Deutschland einzugehen. Wir verstehen darunter 1.180,00 € pro Monat als Lebenshaltungskosten für den Zeitraum der Pandemie und ihrer Folgen. Die Betriebsausgaben beim Soforthilfeprogramm des Bundes bereiten vielen Antragsteller*innen Kopfzerbrechen. Wir fordern eine bundesweit klare Regelung, welche Betriebsausgaben von der Soforthilfe abgerechnet werden dürfen. Auch eine Verlängerung der Soforthilfe ist notwendig…“ Aufruf und offener Brief vom Juni 2020 initiiert von Rainer Bode, Matthias Hornschuh, Ina Stock, Gerrit Wustmann und Noam Zur externer Link mit der Bitte um Unterstützung durch Mitunterzeichnung
  • Corona-Pandemie wird zur Krise für Selbständige / Koalition der Freien Szene: Im Stich gelassen – Das Corona-Konjukturprogramm der Bundesregierung 
    • Corona-Pandemie wird zur Krise für Selbständige
      Durch den Nachfrageausfall in Folge der Corona-Krise haben viele Selbständige ihre Einkommensgrundlage – zumindest vorübergehend – teilweise oder sogar vollständig verloren. Rund 60 Prozent unter ihnen beklagen Einkommensverluste, während es bei den abhängig Beschäftigten etwa 15 Prozent sind. Rund die Hälfte der von der Krise negativ betroffenen Selbständigen verfügt nur für maximal drei Monate über Liquiditätsreserven. Gleichzeitig erhalten Selbständige relativ wenig direkte staatliche Unterstützung, um ihre Einkommensausfälle auszugleichen. Entsprechend besorgt sind viele von ihnen um ihre eigene wirtschaftliche Situation. Der Vergleich mit den abhängig Beschäftigten veranschaulicht, dass die Corona-Krise auch eine Krise für die Selbständigen ist. Die politischen Entscheidungsträger sollten auch im Interesse des Wirtschaftsstandorts Deutschland die Selbständigen in ihren wirtschafts- sowie sozialpolitischen Erwägungen stärker berücksichtigen.“ Studie von Alexander S. Kritikos, Daniel Graeber und Johannes Seebauer vom 12. Juni 2020 beim DIW Berlin externer Link
    • Koalition der Freien Szene: Im Stich gelassen – Das Corona-Konjukturprogramm der Bundesregierung
      Die Koalition der Freien Szene begrüßt, dass der Bund der Kultur im Konjunkturprogramm ein eigenes Kapitel widmet externer Link und seinen Worten nun endlich Taten folgen lässt. Doch leider hat das „Konjunkturpaket“ einen gravierenden Mangel: Es lässt die freiberuflichen Kulturschaffenden – und alle anderen von der Corona-Krise betroffenen Solo-Selbständigen – schlicht im Stich. Sie werden an keiner Stelle erwähnt und erhalten nach wie vor keine Zuschüsse. Das Soforthilfeprogramm, das ihnen dienen sollte, konnten sie nicht nutzen, weil damit keine Lebenshaltungskosten, Privatmiete, Krankenversicherung usw. bezahlt werden dürfen. Kein Wunder also, dass es nicht ausgeschöpft wurde. Das verbleibende Geld wird nun in Überbrückungshilfen für private Unternehmen aus der Kreativwirtschaft umgewandelt. Für alle Solo-Selbstständigen – die Künstler*innen in Musik, Tanz, Literatur, darstellenden und bildenden Künsten sowie die Veranstaltungstechniker*innen, Masken- und Bühnenbildner*innen, Projektraumbetreiber*innen, Literaturübersetzer*innen, Publizist*innen und viele mehr – für sie alle bleibt nur: Hartz IV. Anerkennung und Wertschätzung sehen anders aus. Denn von symbolischer Anerkennung und Applaus allein kann eben niemand sein Brot kaufen…“ Pressemitteilung vom 5.6.2020 externer Link
  • „Musiker sollen ihre Instrumente verkaufen“. Die Kulturszene ist in der Coronakrise in Bedrängnis. Es ist keine Lösung in Sicht 
    „… Besonders betroffen ist die Kulturszene. Ob Musiker, Schriftsteller, Schauspieler, Bildende Künstler – sie alle leben ganz maßgeblich von den Honoraren für öffentliche Auftritte. Aber Konzerte, Lesungen, Theateraufführungen, Dreharbeiten und Ausstellungen sind auf absehbare Zeit nicht durchführbar. Und es ist offen, wann sich daran etwas ändern wird. Eine Rückkehr zur Normalität noch in diesem Jahr ist zumindest unwahrscheinlich. Und auch die aktuellen Lockerungen dürften keinen nennenswerten Effekt haben. „Bildenden Künstlern fehlen die Verkaufsmöglichkeiten, am gravierendsten ist es aber bei den darstellenden Künsten, und ich gehe davon aus, dass sich das nicht so schnell ändern wird. In vielen Theatern, bei Festivals und Kultureinrichtungen ist es kaum möglich, die Abstandsregeln einzuhalten. Viele Akteure stehen unter Schock, und bis jetzt ist keine Lösung in Sicht“, sagt Corina Gertz, Sprecherin des Rates der Künste aus Düsseldorf externer Link. Betroffen sind nicht nur Künstlerinnen und Künstler. Sondern auch deutschlandweit Hunderttausende Menschen, die hinter den Bühnen arbeiten: Bühnenbauer, Beleuchter, Kostümschneider, Tontechniker und viele mehr arbeiten ebenfalls oft selbständig. Momentan haben viele von ihnen nichts zu tun. Und mit den Akteuren ist die gesamte Branche bedroht. Die Literaturverlage und mit ihnen der Buchhandel leiden unter drastischen Umsatzeinbrüchen durch die wochenlangen Geschäftsschließungen. Kleine Theater und andere Kulturinstitutionen, die im Gegensatz zu den großen, prestigeträchtigen Häusern oft keine oder nur geringe Förderungen erhalten, stehen vor dem Nichts. (…) Kunst und Kultur sind nicht kommerziell, funktionieren nicht nach den Regeln des Marktes. Da war schon immer so. Die Kleinen sind das Fundament der Kulturlandschaft. Wie viele von ihnen die Krise überleben werden steht in den Sternen. Aber es ist keineswegs das Virus, das ihnen am meisten zu schaffen macht. Sondern die mangelnde politische Unterstützung. Während den großen Playern der Wirtschaft, die nicht selten einen direkten Draht in die Landtage haben, geholfen wird, werden diejenigen, die keine schlagkräftige Lobby haben, mit warmen Worten hingehalten. Schon mehrfach hat Kulturstaatsministerin Monika Grütters betont, wie wichtig und demokratierelevant die Kultur sei. Aber wenn es um konkrete Hilfen geht, windet sich die Politikerin. (…) Auf Grütters‘ Betreiben sollte der Zugang zum ALG II für Selbständige während der Coronakrise erleichtert werden. So soll beispielsweise die Miete in voller Höhe übernommen und auf eine Vermögensprüfung verzichtet werden, damit Betroffene unkompliziert Hilfe erhalten und nicht erst ihre Rücklagen oder privaten Rentenrückstellungen auflösen müssen. Doch das scheint bislang nicht zu funktionieren. (…) Baum drängt auf Reformen und verweist darauf, dass auch die Lockerungen kaum Abhilfe bringen werden. Denn Kulturstätten lassen sich nicht wirtschaftlich betreiben, wenn man nur einen Bruchteil des Publikums reinlassen darf, damit die Abstände gewahrt werden können…“ Artikel von Gerrit Wustmann vom 04. Juni 2020 bei telepolis externer Link
  • Jeder vierte Solo-Selbstständige rechnet mit dem Aus / [Petition für „Soforthilfe Plus“] Verlängerung und rechtssichere Ausgestaltung von Soforthilfen für Selbstständige 
    • [Petition für „Soforthilfe Plus“] Verlängerung und rechtssichere Ausgestaltung von Soforthilfen für Selbstständige
      Trotz guter Absichten kommen die Corona-Hilfen bei den Selbstständigen nicht an. Es braucht einen Neustart: Die Soforthilfen müssen verlängert, rechtssicher ausgestaltet und neben laufenden Betriebskosten auch die Lebenshaltung, Miete und Krankenversicherung als notwendige Ausgaben anerkannt werden. Nebenberufler darf man nicht ausschließen. Zudem müssen Selbstständige beim Wiederaufbau ihrer Unternehmen und ggf. ihrer Altersvorsorge durch bürokratie- und belastungsarme Jahre unterstützt werden. (…) Die Bedingungen der aktuellen „Soforthilfen“ unterscheiden sich je nach Bundesland und Zeitpunkt der Antragstellung erheblich. Die Rechtsunsicherheit ist so groß, dass viele Selbstständige bis heute keinen Antrag gestellt haben. Bei vielen wirken sich die Folgen der Corona-Krise zeitversetzt aus, aufgrund der zu kurzen Antragsfrist drohen sie leer auszugehen. Zudem deckt die Soforthilfe nur die bei Solo-Selbstständigen typischerweise niedrigen laufenden Betriebskosten ab. Für ihre eigentlichen „Kosten“, nämlich für Lebenshaltung, Miete und Krankenversicherung, werden sie auf die Grundsicherung („Hartz IV“) verwiesen. Die Zusage, hier auf eine Vermögensprüfung zu verzichten, wurde nicht eingehalten. Von den Selbstständigen, deren Einkommen zurzeit nicht ausreicht, um ihren Lebensunterhalt zu decken, hat deshalb nur jeder sechste Grundsicherung beantragt oder plant dies. Vor diesem Hintergrund fordern wir einen Neustart in Form einer „Soforthilfe Plus“. Die Hilfen müssen verlängert werden und neben den Betriebskosten rückwirkend auch einen Unternehmerlohn berücksichtigen, der Lebenshaltung, Miete und Krankenversicherung mit abdeckt. Die Antragsbedingungen müssen eine Gleichbehandlung unabhängig von Bundesland und Antragszeitpunkt sicherstellen, es darf keinen Flickenteppich an branchenspezifischen Fördermaßnahmen geben. Die tatsächlichen betriebswirtschaftlichen Auswirkungen des Lockdowns müssen Höhe und Dauer der Hilfen bestimmen. Die Auszahlung sollte einheitlich durch die Finanzämter erfolgen. Sie sind am besten in der Lage, Überzahlungen zu erkennen, zurückzufordern sowie Betrug zu verhindern…“ Petition an dt. Bundestag vom 13.05.2020 externer Link (noch bis zum 25.06.2020)
    • Jeder vierte Solo-Selbstständige rechnet mit dem Aus
      Die Corona-Krise trifft Soloselbstständige einer Studie zufolge besonders hart. Jeder vierte Selbstständige ohne Mitarbeiter hält es für sehr wahrscheinlich, in den nächsten zwölf Monaten aufgeben zu müssen, wie aus der Analyse hervorgeht externer Link, die das ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung am Freitag veröffentlichte. Bei knapp 60 Prozent der gut 16.000 Befragten ist der monatliche Umsatz um mehr als 75 Prozent eingebrochen. Jeder Zweite konnte seine Tätigkeit zum Zeitpunkt der Umfrage nicht mehr ausüben. Mehr als die Hälfte der Selbstständigen, die ohne sozialversicherungspflichtig oder geringfügig Beschäftigte arbeiten, hat der Umfrage zufolge Soforthilfe von Bund oder Land beantragt, die auf drei Monate angelegt ist. Allerdings erwarten 35 Prozent, dass die Phase der deutlich niedrigeren Umsätze länger als sechs Monate anhalten wird. „Am härtesten von der Krise getroffen sind konsumnahe Branchen wie Gastronomie und Beherbergung, Events und Veranstaltungen, Touristik und Sport sowie Wellness, Friseure und Kosmetik“, erläuterte ZEW-Expertin Irene Bertschek. „Etwa neun von zehn Soloselbstständigen müssen hier Umsatzeinbußen verkraften, die über 75 Prozent liegen.“ Sie beurteilen ihre Zukunftsaussichten besonders düster. Zwischen 32 Prozent und 49 Prozent der Befragten in diesen Branchen befürchten, ihre Selbstständigkeit in naher Zukunft einstellen zu müssen…“ Artikel vom 29.05.2020 in der FAZ online externer Link
  • ver.di fordert neues Hilfspaket für Solo-Selbstständige / Corona-Soforthilfe: Der Staat als Wohltäter
    • ver.di fordert neues Hilfspaket für Solo-Selbstständige
      Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) fordert ein neues Hilfspaket für Solo-Selbstständige. „Jetzt wird es Zeit, Pläne vorzulegen, wie die Corona-bedingten Einkommensverluste von Solo-Selbstständigen in Zukunft kompensiert werden sollen“, mahnt ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christoph Schmitz. „Eine Einkommenshilfe für Solo-Selbstständige muss sich zukünftig viel passgenauer an ihrer Lebens- und Arbeitsrealität ausrichten“, fordert Schmitz von den zuständigen Wirtschafts- und Finanzministerien von Bund und Ländern. Die bisherige Corona-Soforthilfe läuft Ende Mai aus. Insbesondere das Bundesprogramm sei am Bedarf der meisten Solo-Selbstständigen vorbeigegangen, da mit ihm nur laufende Betriebsausgaben gedeckt werden dürfen. Typischerweise sei bei Solo-Selbstständigen aber Privates und Berufliches wirtschaftlich untrennbar miteinander verquickt und das eigene Einkommen eine laufende betriebliche Ausgabe. Daher sei ein passgenaues Hilfsprogramm für Solo-Selbstständige aufzusetzen, „das genau diese Besonderheit berücksichtigt und bei dem die Hilfen unbürokratisch, bedarfsgerecht und schnell fließen“, so Schmitz.“ Pressemitteilung vom 22.05.2020 externer Link, siehe auch die aktualisierte FAQ von ver.di für Solo-Selbständige externer Link
    • [Corona-Soforthilfe: Der Staat als Wohltäter] Der Preis der Billigkeit
      Corona-Soforthilfe: Der Staat als Wohltäter erkaufte die nötige Disziplin der Bevölkerung für den Lockdown: „Bleibt zu Hause! Wir zahlen euren Schaden!“ Die Bewilligungsbescheide sprechen eine andere Sprache (…) Welcher Soloselbständige weiß denn, welche rechtlichen Konsequenzen mit der „Gewährung einer Billigkeitsleistung“ verbunden sind? Hat er nicht schon genug damit zu schaffen, dass er in seiner Existenz bedroht ist und deswegen in „Liquiditätsengpässen“ steckt, „die durch die Covid-19-Pandemie im Frühjahr 2020 entstanden“ sind? (…) Der mit einer Billigkeitsleistung Bedachte erfährt viel über seine eigene Bedeutungsverschlechterung, sprich: Rolle in der Reihe der systemrelevanten oder eben verzichtbaren Akteure unserer Kultur. In Corona-Hilfe-Zeiten soll der geplagte Soloselbständige die aus Billigkeit gewährte Leistung also auf Aspekte einer „Überkompensation“ hin prüfen. Was ist das für eine Situation, in der der Staat seine Hilfe angeboten hat? Die Einnahmen bleiben aus wegen der Lockdown-Verordnung. Der Soloselbständige, beispielsweise im Kultur- oder Veranstaltungsbetrieb hat keine Wahl. Er darf nicht weiter arbeiten. Sich widersetzen ist bußgeldrelevant. Der Kontostand geht unter null. Wie weiter? Der Staat schlägt vor: schnell und unbürokratisch Soforthilfe annehmen. Eine Art Geldgeschenk? Kann es das geben? In Krisen von Weltmaßstab offenbar: ja! Auf den Krieg gegen das Virus folgt nun unmittelbar der Papierkrieg. (…) Für eine Bewertung des Risikos, die mit der Annahme des „Geschenks“ verbunden ist, muss er verstehen, wie die Bank, der Rechnungshof und diverse Ministerien den Fall beurteilen würden. Die Selbstüberprüfung ist keineswegs freiwillig. „Sie sind verpflichtet, uns unverzüglich über Änderungen, die diesen Antrag betreffen, zu informieren. Insbesondere ist über eine im Nachhinein entstandene Überkompensation (Sie haben mehr erhalten als Sie tatsächlich benötigen) zu informieren.“ Von Vertrauen jedenfalls keine Spur mehr. Immerhin ist das Wort „Überkompensation“ erläutert. Nicht erläutert hingegen ist das entscheidende Wort: „benötigen“. Wann ist der mutige Kleinstunternehmer nach Meinung der staatlich alimentierten Horden von Prüfern, die dem einzelnen, nicht umsonst als „solo“-selbständig Benannten nun bald gegenüberstehen werden, in Not? Wo beginnt Not? Bei Hunger? Der Wortlaut des Bescheides gemahnt an einen Wirtschaftsförderungsantrag. Einen Antrag auf Soforthilfe aber hätten die Millionen Soloselbständiger und Kleinstunternehmer nie gestellt, wären sie nicht durch die Maßnahmen der Bundesregierung rund um die Viruseindämmung in Schwierigkeiten geraten. (…) Nun, da sich die Soforthilfe als klassische Wirtschaftsförderung mit lediglich herabgesetztem Antragsaufwand entpuppt, droht den Bedrohten zusätzlich zum Existenzproblem der ganze Apparat, der ausschließlich auf Kontrolle gedrillt ist. Kontrolle mittels messerscharfer Wendungen, die nur ihren Autoren selbst in der vollen Tragweite bewusst sind. An diesem Punkt ist wenig geblieben vom Gehalt des Wortes „Hilfe“, das im Normalfall eine Form von Zusammenarbeit beschreibt, die dazu dient, einem Mangel abzuhelfen oder eine änderungswürdige Situation oder Notlage zu verbessern. Irritierend auch, dass der Staat sich selbst mit der Soforthilfe alimentiert. Es steht fest, dass man Teile der Billigkeitsleistung in Form von Steuern zurück zahlen muss. (…) Die Regierung setzt alles auf null, im Vertrauen darauf, wenn nicht in der Gewissheit darüber, dass Niemand die Berechtigung der Herrschenden anzweifelt und von daher auch die Bezüge der Regierenden und ihrer Administranten nicht betroffen sind vom Pech im Spiel. Ich bin daher versucht, in Analogie zu dem bekannten Wort des Finanzministers aus seiner Zeit als Bürgermeister des G20-geplagten Hamburg („Polizeigewalt hat es nicht gegeben“) zu sagen: „Corona-Soforthilfe? Hat es nicht gegeben.“ Über den Preis der Billigkeit müssen wir noch sprechen.“ Artikel von Olaf Arndt vom 23. Mai 2020 bei telepolis externer Link
  • [Mann, Sieber!] Erhaltet die Kultur / Bund und Länder streiten über die Rechnung für die Soforthilfen / [Sogar!] Pinkwart kritisiert Soforthilfe-Programm des Bundes 
    • [Mann, Sieber!] Erhaltet die Kultur
      Tobias Mann und Christoph Sieber entwerfen eine Welt ohne Kunst und Kultur und stellen fest: „Kultur ist zwar nicht alles, aber ohne Kultur ist alles nichts„“ Beitrag der Sendung am 12.05.2020 beim ZDF externer Link auch zum akzuellen Stand der „Soforthilfen“ (Video verfügbar bis 12.05.2021)
    • Bund und Länder streiten über die Rechnung für die Soforthilfen
      Zwischen Bund und Ländern ist ein Konflikt über die Hilfen für Selbstständige und Kleinunternehmer entbrannt. Vielen Empfängern droht ein böses Erwachen…“ Artikel von Jan Hildebrand und Martin Greive vom 11.05.2020 im Handelsblatt online externer Link (im Abo)
    • [Sogar!] Pinkwart kritisiert Soforthilfe-Programm des Bundes
      „NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart hat den Beschluss des Bundes kritisiert, dass Solo-Selbstständige die Corona-Soforthilfen auch weiterhin nicht für ihren Lebensunterhalt nutzen sollen. „Die Bundesländer haben sich beim Bund nachdrücklich dafür eingesetzt, dass die von der Krise hart getroffenen zwei Millionen Solo-Selbstständigen Teile der Soforthilfe auch zur Sicherung ihres Lebensunterhalts einsetzen können“, sagte Pinkwart am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Bei einer Konferenz der Wirtschaftsminister habe die Bundesregierung am Dienstag klargemacht, dieser Forderung nicht nachzukommen. Für den Lebensunterhalt solle im Bedarfsfall stattdessen Grundsicherung beantragt werden. Gemeinsam mit der Bremer Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt und anderen Amtskollegen hatte sich der FDP-Politiker zuvor für eine Öffnung der Soforthilfen stark gemacht. „Jetzt müssen die Länder nach Wegen suchen, damit den Solo-Selbstständigen, die im Vertrauen auf eine Lösung zur Deckung des Lebensunterhalts Soforthilfe beantragt und auf Grundsicherung verzichtet haben, daraus kein Nachteil entsteht“, so Pinkwart. Wie diese Lösung konkret aussehen soll, blieb zunächst offen.“ Meldung vom 6. Mai 2020 bei MV Online externer Link
  • Warten auf Corona-Soforthilfe: Hartz 4 ist für viele der letzte Ausweg 
    Viele Selbstständige und Kleinunternehmer bangen um ihre Existenz, weil sie noch immer keine Soforthilfe erhalten haben. (…) Während sich viele Kleinunternehmer schon kurz nach dem Start der „Soforthilfen“ von Bund und Ländern über Geldeingänge auf ihren Konten freuen konnten, mehren sich jetzt die Berichte all jener, die noch immer auf Geld warten und zunehmend um ihre Existenzgrundlage bangen. (…) Verzögerungen gibt es in so gut wie allen Bundesländern, aber besonders viele melden sich aus Nordrhein-Westfalen. Dort stoppte die Staatskanzlei kurz vor Ostern die Auszahlung der Hilfen komplett, nachdem entdeckt wurde, dass Betrüger mit Hilfe von Fake-Webseiten versucht hatten, sich Soforthilfen zu erschleichen. Dabei hatte NRW zu Beginn besonders viel Wert darauf gelegt, das Verfahren besonders schnell, rein digital und „so einfach, schlank und unbürokratisch wie möglich“ zu gestalten. So formulierte es der NRW-Finanzminister Andreas Pinkwart (FDP). (…) Erst ab dem 17.April werden die Hilfen wieder ausgezahlt, und und neue Anträge angenommen. In den vergangenen Tagen berichteten viele, die seit Ende März warteten, von Geldeingängen auf ihren Konten. Zahlreiche andere aber warten noch immer. Zumal danach mehrere weitere Bundesländer ebenfalls mit Betrugsversuchen zu kämpfen hatten. Doch nicht nur die Verzögerungen führen zu Ärger und Verunsicherung bei vielen, die jetzt um ihre berufliche Existenz bangen; Viele Prozedere und Regularien unterscheiden sich nicht nur von Bundesland zu Bundesland, sondern ändern sich selbst innerhalb eines Landes immer wieder. Ein Flickenteppich offenbart sich etwa bei der Frage, was von den Soforthilfen alles bezahlt werden darf. Der Hintergrund: Laut der Vorgaben des Bundes sollen die Hilfen nur für anfallende Betriebskosten genutzt werden – etwa Büromieten oder Personalkosten. Einkommensausfälle dagegen werden nicht kompensiert. Viele Ein-Personen-Betriebe fallen deswegen aus dem Corona-Hilfenetz heraus, weil sie kaum betriebliche Ausgaben haben. Sie finanzieren ihre Lebenshaltungskosten direkt aus ihren Einnahmen. (…) Hartz 4 ist derzeit für viele Solo-Selbstständige der letzte Ausweg. Zumindest in den meisten Bundesländern. Einige – wie etwa Baden-Württemberg, Hamburg und Thüringen – gehen über die Bundesregelung hinaus und gewähren Solo-Selbstständigen Zuschüsse für den Lebensunterhalt. NRW und Berlin handhabten es anfangs ähnlich, haben die Zuschüsse aber mittlerweile abgeschafft. In Bayern werden 1000 Euro pro Monat an freischaffende Künstler ausgeschüttet…“ Artikel von Alicia Lindhoff vom 28.04.20 in der Frankfurter Rundschau online externer Link
  • [Etwas mehr] Hilfen für Künstler und Kreative 
    Die Corona-Pandemie hat verheerende Folgen für die Kultur- und Kreativwirtschaft. Vor allem viele kleine Kultureinrichtungen stehen am finanziellen Abgrund. Für Künstlerinnen und Künstler geht es um die Existenz. Die Bundesregierung hilft mit Unterstützung in Milliardenhöhe und weiteren Förderleistungen…“ Die Maßnahmen im Überblick, aktualisiert am 22.4.2020 externer Link bei der Bundesregierung, Bewertung folgt
  • Deutscher Musikrat fordert Nachbesserung bei Corona-Hilfen für Musikerinnen
    “Am 27. März beschloss der Bundestag in Rekordzeit eine Soforthilfe für Solo-Selbstständige wie z.B. MusikerInnen. Der Deutsche Musikrat lobte diese Soforthilfe, fordert nun aber in einem offenen Brief an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier einige Nachbesserungen. Vor diesem Hintergrund haben wir mit Prof. Christian Höppner, dem Generalsekretär des Deutschen Musikrates, gesprochen.“ Interview mit Christian Höpper vom 22.04.2020 bei freie-radios.net externer Link Audio Datei
  • [Keine] Hilfe für die Kultur: Frust, Wut und Fassungslosigkeit 
    “… Wer als selbständiger Kulturschaffender den letzten Sondernewsletter #C3 des „Kompetenzzentrums Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes“ erhalten hat, konnte sich offen verhöhnt vorkommen. „Lebendige Verwaltung ist zu einem neuen Schlagwort geworden. Diese Tatsache hätten einige vor Corona vielleicht nicht für möglich gehalten.“ So beginnt eine Hymne des Eigenlobs auf die „unbürokratischen Lösungen“, die Bund und Länder für die rund 2,2 Millionen Soloselbständigen in „beeindruckendem“ Tempo auf den Weg gebracht hätten. Doch spricht man mit dieser Zielgruppe und ihren Interessenverbänden, dann schlägt einem eher Frust, Wut und Fassungslosigkeit entgegen. (…) Denn die Ankündigung der Bundespolitik von Ende März, für die „schnelle und unbürokratische Hilfe“ ein verschlanktes Verfahren ohne Vermögensprüfung bei der Grundsicherung beschlossen zu haben, entpuppt sich beim direkten Kontakt mit den Jobcentern als reine Mär. (…) Jedenfalls haben laut einer umfassenden Befragung des Verbandes der Gründer und Selbständigen (VGSD) zur aktuellen finanziellen Lage in der Cornona-Krise 90 Prozent der freien Kulturschaffenden Anspruch auf Grundsicherung. Aber nur 17 Prozent wollen es mit der „Schmach“ und der „Erniedrigung“ durch die Jobcenter vielleicht mal versuchen, so VGSD-Vorsitzender Andreas Lutz. Vor allem bemängelt diese selbständige Berufsgruppe, die zu 99 Prozent nie vorher Kontakt mit dem Sozialstaat hatte, zu Recht die krasse Ungleichbehandlung zur Kurzarbeit. Angestellte erhalten das Kurzarbeitergeld nämlich ganz selbstverständlich für ihre Lebenshaltungskosten. Soloselbständige aber, die nur ihren Einnahmeverlust geltend machen können, werden zur Verwandtschaft betteln geschickt, weil Lebenshaltungskosten angeblich nicht erstattungsfähig sind. Doch selbst dort, wo schnelle Hilfe versucht wurde, etwa in Berlin oder Nordrhein-Westfalen, stehen freie Kulturschaffende gerade vor der Insolvenz, weil nach dem ersten Andrang die Kassen leer sind und keine Anträge mehr angenommen werden. Es galt eben doch das Windhund-Prinzip. Wer zuerst kam, mahlte zuerst. Der Rest guckt in die Röhre. (…) Auf Initiative Bremens wurde am 8. April aus diesem Vorbild ein gemeinsamer Vorstoß der Wirtschaftsministerkonferenz der Länder formuliert. Einstimmig (mit großen Bedenken nur aus Bayern) wurde die Bundesregierung aufgefordert, den „mehr als anderthalb Millionen Soloselbständigen“, die durch den Lockdown „in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht sind“, endlich ebenfalls zu helfen. Und zwar „in jedem Fall ohne die Beantragung von Arbeitslosengeld II“, also jener „Grundsicherung“, die von Politikern nur deswegen als Lösung gepriesen werden kann, weil sie selbst noch nie persönlichen Kontakt mit ihrem Sozialstaat hatten. Der gemeinsame Vorschlag der Länder sieht nun vor, dass alle Berufe, die „ihre Dienstleistung außer Haus und beim Kunden erbringen“ und nicht angestellt sind, einen monatlichen Pauschalbetrag von 1000 Euro erhalten, wofür sie lediglich nachweisen müssen, dass sie „coronabedingt substantielle Umsatzeinbrüche“ von mindestens 50 Prozent haben. (…) Dabei böte dieser Verfahrensvorschlag die erste wirklich schnelle und unbürokratische Hilfe für selbständige Kulturschaffende in der Corona-Krise. Darüber hinaus aber formuliert dieses Konzept eines fairen Pauschalbetrags auch grundsätzliche Kritik am Sozialstaat, der in seiner bürokratischen Verkarstung seine Hilfsversprechen nicht einhalten kann und deswegen nach Ende der Krise grundsätzlich infrage gestellt werden muss. In diesem Licht scheint dieser Konferenzbeschluss der Wirtschaftsminister wie ein halber Schritt hin zu einem Systemwechsel, den man gerade überall in Europa unter dem Stichwort des „bedingungslosen Grundeinkommens“ diskutiert…“ Artikel von Till Briegleb vom 15.04.2020 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link – siehe hingegen:

    • Hilfen für Künstler und Kreative
      Die Corona-Pandemie hat verheerende Folgen für die Kultur- und Kreativwirtschaft. Vor allem viele kleine Kultureinrichtungen stehen am finanziellen Abgrund. Für Künstlerinnen und Künstler geht es um die Existenz. Die Bundesregierung hilft mit Unterstützung in Milliardenhöhe und weiteren Förderleistungen. Die Bundesregierung unternimmt in dieser Krise alles nur Mögliche, um Künstlerinnen und Künstler zu unterstützen und die Zukunft der Kultureinrichtungen zu sichern. Bereits beschlossene Hilfsgelder in Milliardenhöhe und weitere Fördermaßnahmen, an denen in den Ministerien unter Hochdruck gearbeitet wird, spannen ein Sicherheitsnetz. Es soll in dieser akuten Notlage diejenigen auffangen, denen infolge der Corona-Epidemie die Einnahmen wegbrechen. Kulturstaatsministerin Monika Grütters setzt sich intensiv dafür ein, Künstlerinnen und Künstler in der Krise zu helfen…“ Meldung vom 9.4.2020 bei der Bundesregierung externer Link, dort einzelne Maßnahmen
    • Siehe auch: Corona und Kultur: Der Mensch ist mehr als eine abwaschbare Oberfläche. In der Debatte über die Coronakrise spielen Musik, Theater oder bildende Kunst kaum eine Rolle. Das ist kurzsichtig. Kommentar von Sonja Zekri vom 17. April 2020 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link
    • Positionspapier der Initiative Kulturschaffender in Deutschland zum mitzeichnen
      „“Die freien Künstler*innen und Solo-Selbstständigen befinden sich aufgrund der aktuellen Geschehnisse der Corona-Pandemie in einer dramatischen und existenzbedrohenden Situation – von dauerhaften Einnahmeausfällen bis zum vollkommenen Einnahmeverlust. Die Bundes- und Landesregierungen reagierten mit Soforthilfemaßnahmen, deren Ziel es sein sollte, Solo-Selbstständige, Kleinunternehmer*innen und Angehörige der freien Berufe zu unterstützen – doch die Umsetzung geht sehr an der Realität der Betroffenen vorbei. Deshalb haben wir als freies Bündnis der Betroffenen ein Positionspapier erarbeitet, das die Umsetzung der Versprechen in kraftvolle Taten unterstützen soll. Zusammenfassend fordern wir dringende Verbesserungen an den aktuellen Hilfsprogrammen, verbunden mit klaren Rechtsverbindlichkeiten und einem bundeseinheitlichen Vorgehen der Politik um die die aktuellen Unsicherheiten zu bereinigen. Wir halten es für unabdingbar, dass Solo-Selbstständigen und freien Kulturschaffenden ein Programm zur Soforthilfe zum Ausgleich der existenzbedrohenden Einbußen zur Verfügung gestellt wird, das unabhängig von der Grundsicherung funktioniert. Wir sehen es als gerechtfertigt an, dass Solo-Selbstständige sich ebenfalls ihren „Geschäftsführerlohn“ als Betriebsausgabe über Soforthilfeprogramme finanzieren können. Wir fordern ein durch Landes- und Bundesmittel abgedecktes bundeseinheitliches Soforthilfeprogramm, in welches ein monatlicher Bedarf zur Lebenshaltung in Höhe von 1.180,00 Euro integrierbar ist.“ Offener Brief in verschiedenen Längen zum Mitzeichnen bei der Initiative Kulturschaffender in Deutschland externer Link
  • Stundung bei Krediten möglich: Tausende beantragen Zahlungsaufschub 
    Wer durch die Corona-Krise in finanzielle Not gerät, kann seit 1. April Zins und Tilgung seiner Kredite aussetzen lassen. Zigtausende in Deutschland nutzten diese Möglichkeit bereits in der ersten Woche. Tausende Verbraucher haben in der Corona-Krise den Aufschub von Zahlungen für Kredite beantragt. Allein die Sparkassen setzten bislang Zins- und Tilgungsleistungen von 80.000 Kreditnehmern aus, so der Sparkassen- und Giroverband. Seit 1. April müssen Banken Verbrauchern, die wegen der Krise in Not geraten sind, die Zahlung von Zins, Tilgung oder Rückzahlung von Konsumenten- und Immobilienkrediten für drei Monate stunden. Die Sparkassen hatten bereits einige Tage vorher eine Kulanzregelung eingeführt. Bei der Commerzbank wurden bis zum 6. April 1,5 Prozent des Gesamtbestandes der Verbraucherkredite gestundet. Das Institut genehmige alle Anträge auf Stundungen, wenn diese aufgrund der Corona-Krise gestellt würden. Insgesamt rechnet das Geldhaus mit 10 bis 20 Prozent an Anträgen bezogen auf den gesamten Bestand der Verbraucherkredite. (…) Nach Einschätzung von Verbraucherschützern wird eine Stundung allein indes nicht reichen. „Auch Verbraucher benötigen ein finanzielles Hilfspaket, welches die Verluste, die ihnen durch die Corona-Pandemie entstanden sind, tatsächlich ausgleicht“, fordert der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) in einer Stellungnahme. Andernfalls würden die finanziellen Probleme nach der Stundung wiederaufleben…“ Meldung vom 11. April 2020 bei n-tv externer Link
  • ver.di Hessen mit dringendem Appell an die Landesregierung: Notlage der Solo-Selbstständigen anerkennen und helfen!
    Nachdem sich die wirtschaftliche und finanzielle Lage der Solo-selbstständigen im Haupterwerb täglich zuspitzt haben die beiden Kunstfachgruppen Theater/Bühnen und Musik, der Landesfachbereich Bildung und Wissenschaft, sowie der „Arbeitskreis Volkshochschulen“ in ver.di Hessen einen dringenden Appell an die beiden Staatsminister*innen Dorn und Al-Wazir gerichtet. In dem Schreiben fordern sie, Soforthilfen für Soloselbständige zur Sicherung des eigenen Lebensunterhalts (Unternehmerlohns) bereit zu stellen. Es handelt sich um Kleinstunternehmen wie freiberufliche Künstler*innen, Journalist*innen und solche Freiberufler*innen, die z.B. an Musikschulen auf Honorarbasis Musikunterricht oder Seminare an Volkshochschulen geben. Den Appell unterstützen viele Verbände und Organisationen aus dem Film-, Kunst-, Journalismus- und Musikbereich…“ Meldung vom 9. April 2020 vom ver.di Landesbezirk Hessen externer Link und ebd. der Appell externer Link
  • Soloselbständige in der Krise: »Unendlich viele Formulare müssen ausgefüllt werden« / Oben gewinnt die Politik an Profil, während unten die Existenznot bleibt 
    • Soloselbständige in der Krise: »Unendlich viele Formulare müssen ausgefüllt werden«
      Freie und selbständig Arbeitende haben trotz zugesagter Hilfen große Probleme in der Coronakrise. (…) [Sowohl der Bund als auch die einzelnen Länder haben Hilfen für diese Berufsgruppen bereitgestellt. Kommen die aus Ihrer Sicht bei den Betroffenen an?] Jein. In einigen Bundesländern – etwa Berlin oder NRW – läuft es offenbar ziemlich rund. In anderen wie etwa Bayern stellte sich bei dem scheinbar unkomplizierten Antrag das Ganze als relativ unklare Regelung heraus. Viele Kolleginnen und Kollegen waren unsicher, ob das Angebot für sie zutrifft – zumal sie unter Androhung strafrechtlicher Konsequenzen versichern mussten, dass alle Angaben korrekt sind. Seit Anfang dieser Woche ist die Verwirrung noch größer: Seitdem gibt es die Soforthilfen des Bundes, und in einigen Ländern werden die Programme neu gestrickt sowie Landes- mit Bundesmitteln verbunden. Ein Grundproblem für unsere Kolleginnen und Kollegen ist, dass die meisten Soforthilfepakete für die Weiterzahlung betrieblicher Kosten wie Miete, Leasingraten etc. vorgesehen sind. Nun sind aber viele unserer Mitglieder, etwa Dozierende, in Bereichen tätig, in denen solche Kosten meist nicht anfallen. Für die geht es ums nackte Überleben, weil Aufträge weggebrochen sind. Dass Alleinunternehmerinnen und -unternehmer »nur« ihr eigenes Gehalt erwirtschaften, wird über die meisten Soforthilfen nicht abgedeckt. Ihnen bleibt dann der Antrag auf »Hartz IV«. Auch hier hat die Politik gehandelt und einen zeitlich befristeten erleichterten Zugang ohne intensive Vermögensprüfung, mit Übernahme der realen Miet- und Heizkosten geregelt. Dass trotzdem unendlich viele Formulare ausgefüllt werden müssen, konterkariert aber die Formulierung vom »erleichterten Zugang«. (…) Die Regelungen müssen klar und eindeutig beschrieben werden. Zudem braucht es stärkeren politischen Druck auf gesellschaftliche Akteure wie die privatwirtschaftlichen Banken, die seinerzeit mit Steuergeldern gerettet wurden und die jetzt Selbständigen die Kredite verweigern, obwohl der Staat zu 90 Prozent dafür bürgt. Und generell wird sich die Politik Gedanken machen müssen, wer in dieser Gesellschaft an den immensen Kosten der Krise beteiligt werden soll. Das Thema Umverteilen ist ja nicht neu, nun aber drängender geworden…“ Interview von Gudrun Giese in der jungen Welt vom 03.04.2020 externer Link mit Veronika Mirschel, sie leitet bei Verdi das Referat Selbständige
    • Corona-Soforthilfen: Oben gewinnt die Politik an Profil, während unten die Existenznot bleibt
      „Für Soloselbstständige, Freiberufler und Kleinstunternehmen sind die „unbürokratischen“ Coronahilfen nach Lage der Dinge eher eine Enttäuschung. (…) Länder wie Bayern und Niedersachsen sind mit viel Tamtam vorgeprescht. Sie haben Soforthilfen für Selbstständige speziell zugeschnitten und auf den Weg gebracht, diese aber auch mit kaum erfüllbaren Bedingungen im Kleingedruckten versehen. So sind Zuschüsse beispielsweise an noch vorhandene liquide Mittel geknüpft worden, kurz Rücklagen. Diese hätten zuerst aufgebraucht werden müssen. Das ist merkwürdig, da solche Rücklagen in der Regel für Krankheit, Urlaubszeiten, weitere Vorsorge und für künftige Betriebsanschaffungen gebildet werden. (…) Wer es seit letzter Woche geschafft hat, einen Antrag trotz überlasteter Serverkapazitäten bei kleinen Förderbanken wie der NBank in Niedersachsen zu stellen, darf sich jetzt noch einmal mit dem Thema beschäftigen. Denn ein Hilfsprogramm des Bundes ersetzt seit dem 1. April die Länderinitiative, die mit vergleichsweise hohen Hürden und zu geringen Leistungen eher nachteilig für Soloselbstständige, Freiberufler und Kleinstunternehmen konstruiert worden war. (…) Betroffene, die schon Landesmittel beantragt haben, können sich also noch einmal um Bundesmittel bemühen. Beides wird dann miteinander verrechnet. Ein Rückgriff auf vorhandene Liquidität wird nun nicht mehr explizit verlangt. Allerdings zielt auch das Bundesprogramm nur darauf ab, die laufenden Betriebsausgaben zu ersetzen, die nicht mehr aus den Einnahmen finanziert werden können. Wer also aus geschrumpften Einnahmen, selbst wenn diese 50 oder mehr Prozent betragen, seine Betriebsausgaben noch decken kann, geht wohl leer aus. (…) Als Betriebskosten, die durch die Hilfsprogramme aufgefangen werden sollen, zählen aber genau Mieten und Pachten sowie Kredite für Betriebsräume oder Leasingraten. Lebenshaltungskosten zählen explizit nicht zu den Betriebskosten, wie die Förderbedingungen betonen. Heißt: Betroffene müssen sich zusätzlich an die Arbeitsagentur wenden, sofern sie freiwillig in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben und Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben oder direkt ans Jobcenter, um einen Antrag auf Grundsicherung (Arbeitslosengeld II) zu stellen. (…) Soloselbstständige werden mit dem Verweis auf die Grundsicherung also nicht vor Existenznot bewahrt, sondern in genau diese hineingetrieben. (…) Um das Antragswirrwarr komplett zu machen, hat die Bundesregierung auch noch den Notfall-Kinderzuschlag für Eltern mit Verdienstausfällen aufgelegt, der aber nur dann bewilligt wird, wenn bestimmte Mindesteinkommensgrenzen erreicht werden…“ Beitrag von André Tautenhahn vom 2. April 2020 bei den NachDenkSeiten externer Link
    • Coronakrise: Hilfen vom Staat für Selbstständige
      Rasche staatliche Hilfen wie Kredite, Steuerstundung und Zuschüsse sind im Moment für alle Selbstständige wie Freiberufler, Solo-Selbstständige, Freelancer, Gewerbebetriebe überlebenswichtig! Mit unserem E-Book »Coronakrise: Hilfen vom Staat für Selbstständige« unterstützen wir Sie in dieser Ausnahmesituation. Wir wollen Ihnen einen schnellen Überblick über die staatlichen Hilfen für von der Coronakrise betroffene Selbstständige geben. Sie finden hier alle Informationen gebündelt und können sich somit leichter orientieren, welche Hilfen Sie beanspruchen können. Das E-Book wird von uns kontinuierliche aktualisiert und erweitert und ist selbstverständlich kostenlos…“ Umfassende Zusammenstellung bei steuertipps.de externer Link
  • Folgen des Coronavirus: Viele stehen nun am Abgrund – die Situation könnte für sie gefährlicher werden als in der Finanzkrise 
    „… Das Virus trifft nicht nur jene hart, deren Immunsystem zu schwach ist, ihm zu trotzen. Auch aus sozialer Sicht gibt es große Risikogruppen. Besonders bedroht sind Menschen wie Sabine Dundas – Menschen, die schon vorher eher am Rand des Arbeitsmarktes zu verorten waren: Minijobber, Multijobber, Leiharbeiter, Menschen, die in Teilzeit arbeiten, weil sie Kinder oder Pflegebedürftige versorgen, Alleinerziehende. Christoph Butterwegge, bis vor wenigen Jahren Professor an der Universität Köln, befasst sich seit Jahren damit, wie es armen Menschen hierzulande geht. Dabei gelte eine Regel, sagt er: „Eine Krise trifft diejenigen am stärksten, die am schwächsten sind.“ Seine Beobachtung derzeit: „Es wird zwar Rücksicht auf die Immunschwachen genommen, aber zu wenig auf die Einkommensschwachen geschaut.“ Dabei drohen für sie Gefahren gleich in mehreren Bereichen. Schon die Wahrscheinlichkeit, sich anzustecken, ist höher. Oft haben sie Jobs, in denen sie täglich sehr vielen Menschen begegnen. Das fängt bei der viel besungenen Kassiererin an, geht über Putzfrauen und Pflegekräfte bis zu Erzieherinnen – alles Jobs, in denen freiwillige Quarantäne undenkbar ist. „Je höher die berufliche Position einer Person beziehungsweise deren sozialer Status, umso leichter fällt es ihr, von zu Hause aus zu arbeiten“, sagt Butterwegge. Zugleich fehlen diesen Menschen viele Mittel, die andere nutzen können, um Menschenkontakt zu vermeiden: Wer wenig Geld hat, ist häufiger auf den Nahverkehr angewiesen und kann nicht mal eben das Abendessen beim Lieferdienst bestellen, statt im Supermarkt einzukaufen und selbst zu kochen. Möglichst selten in die Läden zu gehen, ist oft auch keine Option. „Auch auf Vorrat zu kaufen, muss man sich erst mal leisten können“, sagt Wolfgang Stadler, Vorsitzender des Bundesverbandes der Arbeiterwohlfahrt. (…) Doch selbst jene, die in einem Anstellungsverhältnis arbeiten, haben es schwer. Leiharbeiter können beispielsweise recht kurzfristig, teils in der nächsten Woche, entlassen werden. Und auch viele der rund 7,5 Millionen Menschen, die Mini- und Midijobs haben, bangen derzeit um ihre Einkommen: In vielen Verträgen steht keine Arbeitszeitregelung. Die Beschäftigten werden zum Teil nicht entlassen, sondern einfach nicht mehr für Arbeit eingeteilt – und verdienen dementsprechend nichts mehr. „Befristet Beschäftigte trifft es in jeder Krise hart“, sagt Alexander Herzog-Stein, Arbeitsmarktexperte beim Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung. „Ihre bald auslaufenden Verträge nicht zu verlängern, gehört dann meist zu den klassischen Vorstandsbeschlüssen oder Managemententscheidungen…“ Beitrag Artikel von Lea Hampel und Felicitas Wilke vom 29. März 2020 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link
  • 15.000 Euro Zuschuss und KfW-Kredite: So müssen Selbstständige jetzt vorgehen, um an die Fördergelder zu kommen
    Überblick von Thorsten Mumme vom 24.03.2020 beim Tagesspiegel online externer Link, siehe dazu:

  • Milliardenhilfen für prekäre Freiberufler: Berichte über Pläne der Bundesregierung im Umfang von mehr als 40 Milliarden Euro 
    Neben satten Subventionen für Großkonzerne plant die Bundesregierung offenbar auch, Milliardensummen zur Unterstützung für Soloselbständige und Kleinstunternehmen bereitzustellen. Aus Regierungskreisen will die Deutsche Presseagentur einem Bericht vom Donnerstag zufolge erfahren haben, dass Hilfen in Höhe von mehr als 40 Milliarden Euro geplant sind. Zuvor sei die Rede von einem Volumen von bis zu 50 Milliarden Euro gewesen. Aufgrund der drastischen ökonomischen Auswirkungen der Coronaviruspandemie und der gegen sie ergriffenen staatlichen Maßnahmen fürchten viele Soloselbständige um ihre Existenz. (…)Am Donnerstag vormittag tagte der sogenannte Corona-Ausschuss des Bundeskabinetts. Die Hilfszahlungen für Kleinselbständige sollen zügig auf den Weg gebracht werden. Geplant sind direkte Zuschüssen und Darlehen. Wie der Spiegel am Donnerstag online berichtete, sollen von dem Hilfspaket zehn Milliarden Euro als direkte Zuschüsse an notleidende Ein-Personen-Betriebe und Kleinstunternehmen vergeben werden, die übrigen 30 Milliarden Euro als Darlehen. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) wolle den sogenannten Solidaritätsfonds in Form eines Sondervermögens des Bundes organisieren, über das selbständig Kredite aufgenommen werden dürften. Weil das Sondervermögen über die Bonität des Bundes verfüge, könne es sich die Mittel billig leihen und entsprechend günstig an Betroffene weitergeben…“ Agenturmeldung in der jungen Welt vom 20.03.2020 externer Link

    • Bundesregierung plant ein Hilfspaket von insgesamt mehr als 40 Milliarden Euro für Solo-Selbstständige und Kleinstfirmen 
      „… Die Bundesregierung plant ein Hilfspaket von insgesamt mehr als 40 Milliarden Euro für Solo-Selbstständige und Kleinstfirmen. Das erfuhr der Deutschlandfunk aus Regierungskreisen. Das Hilfspaket soll zügig auf den Weg gebracht werden…“ Aus dem DLF-Newsblog vom 19. März 2020 externer Link
  • ver.di Selbständigen Infos: Corona – FAQ für Solo-Selbstständige
    ver.di hat dankenswerterweise sein Mitgliederinfoportal zu Corona – FAQ für Solo-Selbstständige externer Link freigeschaltet. Diese FAQ erläutern, welche Hilfen beschlossen und geplant sind, welche aktuellen rechtlichen Bedingungen gelten und was auf dieser Grundlage konkret getan werden kann. Da blitzen auch viele Themen auf, an denen wir seit Jahren arbeiten und die wir gemeinsam weiter diskutieren müssen.
  • Corona Infopool. Aktuelle Informationen zum Umgang mit dem Virus und Euren Geschäften bei ver.di Selbstständige externer Link
  • Solidarität in Zeiten von COVID-19
    Handreichung für die Unterstützung selbständiger und freier Kulturschaffender von VS externer Link – Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller
  • die Petition Hilfen für Freiberufler und Künstler während des „#Corona-Shutdowns“ externer Link
  • Corona-Krise: Hilfestellung für Künstler und Selbständige aus der Kultur- und Kreativwirtschaft
    Künstler, Unternehmen und Selbständige aus der Kultur- und Kreativwirtschaft trifft die Corona-Krise bis ins Mark. Wir geben euch an dieser Stelle einen redaktionellen Überblick über etwaige Soforthilfen. Für Kultur- und Kreativwirtschaffende kommen momentan folgende Maßnahmen infrage…“ Überblick vom 13. März 2020 bei creative-city-berlin.de externer Link, darunter Aussetzung von Steuerzahlungen, Soforthilfen – es sollen Maßnahmen der Künstlersozialkasse im Gespräch sein…
  • [Petition] Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen durch die Coronakrise

Eine ungesichtete Link-Sammlung: Links für Freiberufler/Selbständige

Siehe auch unser Dossier: [Mindestens:] Bevorratungszuschuss zum Hartz IV als Soforthilfe!

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=164397
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