Neue Unübersichtlichkeit – mit zunehmend aggressivem Drall nach Rechts

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 18.1.2020 – wir danken!

Fangen wir einfach bei der Aggressivität gegen Frauen an:

Frauen bleiben im Netz weiter ungeschützt, kritisiert der Deutsche Juristinnenbund am Gesetzentwurf „Zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität“ (https://www.sueddeutsche.de/politik/netzdg-frauen-hatespeech-1.4757998 externer Link)

… und in Österreich tobt die Rechte gegen eine neue Justizministerin, eine erste Ministerin mit Migrationshintergrund. (https://www.sueddeutsche.de/politik/alma-zadic-oesterreich-hass-rechte-1.4756042 externer Link) Sie wird jetzt zum Ziel einer Hasskampagne von Österreichs Rechten und Rassisten. Angetrieben wurde das von der FPÖ und den Identitären, die sich über eine Muslima als Ministerin – mit jedoch hervorragenden Qualifikationen – gewaltig erregen. (https://www.sueddeutsche.de/politik/alma-zadic-oesterreich-hass-rechte-1.4756042 externer Link)

Helft Assange! Ohne die Zivilcourage der Whistleblower, die Missstände aufdecken, kann eine Gesellschaft nicht leben!

Zu verteidigen ist jetzt Julian Assange, erklärt Heribert Prantl, der Gründer von Wikileaks, einer Plattform für die Veröffentlichung heikler Informationen. Wie gesagt er ist kein Dreyfus, er ist nicht sonderlich sympathisch, er ist ein Egomane, ein Narziss. (https://www.sueddeutsche.de/politik/prantl-kolumne-assange-wikileaks-whistleblower-1.4760676 externer Link)

Aber er ist ein Aufdeckungsbesessener, der geheime Papiere von hohem allgemeinen Interesse publiziert hat. Und es gibt auch Gutes über ihn zu sagen: Er sei ein Mann, der eine Transparenzbewegung im digitalen Zeitalter ausgelöst hat, noch bevor die etablierte Presse gelernt hatte, mit Massen von Enthüllungsmaterial um zu gehen, auch wenn er nicht so gut dasteht wie Edward Snowden, der die NSA-Affäre aufgedeckt hat und vor der US-Verfolgung ins Exil nach Moskau fliehen musste. (Vgl. die Seite 3 unten f. bei (https://www.labournet.de/?p=160958)

Dennoch stellt Heribert Prantl klar, ist Julian Assange ein armes Schwein. Und er ist ein Märtyrer. Zwar sind Märtyrer in ihrer Besessenheit, nicht unbedingt sympathische Menschen. Aber die Grund- und Menschenrechte gelten auch und erst recht für sie. Deshalb muss der schwerkranke Assange jetzt aus der Haft entlassen werden. Der Einsatz der EU, die den Whistleblower-Schutz stärkt, ist ein Prüfstein für die EU. (https://www.sueddeutsche.de/politik/prantl-kolumne-assange-wikileaks-whistleblower-1.4760676?reduced=true externer Link)

Da nicht nur die Gewaltdrohungen sondern auch die Gewalt selbst gegen Politiker zugenommen hat, taucht die Frage nach deren Bewaffnung auf.

(https://www.sueddeutsche.de/politik/bedrohte-politiker-kein-waffenrecht-1.4756036 externer Link) Es muss jedoch dabei bleiben, dass nur die Polizei für die Sicherheit der Politiker verantwortlich bleibt – zur Sicherung der Rechststaatlichkeit. (https://www.sueddeutsche.de/politik/bedrohte-politiker-kein-waffenrecht-1.4756036 externer Link)

Dieser Staat muss es als seine wertvollste Aufgabe ansehen, die demokratische Rechtsstaatlichkeit vor rechten Angriffen zu schützen! Die neue Unübersichtlichkeit bei schwindenden Mehrheiten

– Das Beispiel Thüringen auf „unbeschrittenen Pfaden“ –

Während in Potsdam und Dresden inzwischen Kenis-Koalitionen auf den Weg gebracht wurden, stehen in Erfurt (Thüringen) bei der CDU die Zeichen auf Distanz zur Linken. (https://www.sueddeutsche.de/politik/thueringen-unbeschrittene-pfade-1.4756028 externer Link)

Zwar hat die bisherige Koalition, die jetzt ohne Mehrheit blieb, zwischen der Linken, der SPD und den Grünen geräuscharm einen „Zukunftsvertrag“ über die Bühne gebracht. Und jetzt hat Thüringens Ex-Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) eine „Projektregierung“ ins Spiel gebracht – und damit auch die CDU.

Aber die CDU pocht weiter auf dem Kooperationsverbot – mit der Linken. – Das ist nicht mutig, aber nachvollziehbar. Nun wird also in Thüringen eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung diskutiert, die sich dann – je nach Bedarf – bei der CDU und FDP die Mehrheiten sucht. Dafür gibt es einen Namen „Thüringer Modell“.

Es könnte sein, dass in Zeiten, wo man sich ohnehin besser auf Inhalte konzentriert statt auf Ausschluss-Rituale diese unbeschrittenen Pfade, die spannende Aussichten versprechen. (https://www.sueddeutsche.de/politik/thueringen-unbeschrittene-pfade-1.4756028 externer Link)

Und wenn die Politik immer „hilfloser“ wird, dann nimmt die Bedeutungder Hilfe des Einzelnen zu.

Und so ehrt die Stadt München Stadt München den Maler Michael Buschheuer für seinen von ihm gegründeten Verein Sea Eye, durch den Tausende Flüchtlinge vor dem Ertrinken im Mittelmeer bewahrt wurden, mit dem Georg-Elser-Preis (https://www.sueddeutsche.de/bayern/muenchen-georg-elser-preis-2020-1.4758465?reduced=true externer Link).

Gegen eine von Politik von staatlich und gesellschaftlich verordneter Unwilligkeit und Gleichgültigkeit ist es Michael Buschheuer mit Sea-Ey gelungen, eine Wirklichkeit zu schaffen, in welcher der Mensch dem Menschen ein Helfer ist.“ (Begründung für die Auszeichnung mit diesem Georg-Elser-Preis) (https://www.br.de/nachrichten/bayern/sea-eye-gruender-buschheuer-erhaelt-den-elser-preis,RniWM4N externer Link)

Paul Mason findet, es ist Zeit für eine emotionale Positionierung zum Brexit

(https://www.ipg-journal.de/rubriken/europaeische-integration/artikel/raus-aus-europa-4000/ externer Link) Die Brexit-Krise wird Ende 2020 ihrem Höhepunkt zutreiben: Wenn auch seit 1973, dem Beitritt Großbritannienens zur Europäischen Union nie eine ernsthafte „große Strategie“ für Europa entwickelt wurde, wiegt jetzt beim Gefühl des Verlustes nicht der Binnenmarkt oder die Freizügigkeit am schwerwiegendsten, sondern die Möglichkeit eines koordinierten Vorgehens beim Klimawandel. (https://www.ipg-journal.de/rubriken/europaeische-integration/artikel/raus-aus-europa-4000/ externer Link)

Fatale Folgen wird es für England haben, wenn die Lektion des Brexit jetzt darin besteht, uns von der transnationalen Kultur Europa abzukoppeln.

Katalonien-Krise: Einhegen nicht ausgrenzen.

Auch in der Katalonien-Krise mit seinen separatistischen Tendenzen stehen jetzt die Prinzipien der Europäischen Demokratie und des europäischen Rechts auf dem Spiel. (https://www.sueddeutsche.de/politik/katalonien-krise-einhegen-nicht-ausgrenzen-1.4760664 externer Link)

Die spanischen Richter haben sich bei ihren Urteilen über das Ergebnis einer demokratischen Wahl und auch über den Urteilsspruch des Europäischen Gerichtshofes hinweg gesetzt. Unter den Europa-Parlamentariern gibt es vernünftigerweise keine nennenswerte Unterstützung für den katalanischen Separatismus, der nicht einmal eine Mehrheit in seiner Heimatregion hinter sich hat…

Die Einhegung der Katalanen im Europa-Parlament würde auch Rückenwind für die aktuelle spanische Regierung mit dem sozialistischen Premier Pedro Sanches in Madrid bedeuten, der auf einen Dialog-Kurs mit den Katalanen setzt… Es bleibt dabei die Katalonien-Krise kann nicht durch drakonische Urteile, sondern nur durch einen politischen Kompromiss, der den katalanischen Separatisten ein Rückzug in Ehren erlaubt, gelöst werden. (https://www.sueddeutsche.de/politik/katalonien-krise-einhegen-nicht-ausgrenzen-1.4760664 externer Link)

Dazukommt noch die Frage, inwieweit Europa (EU) überhaupt noch die Rechtsstaatlichkeit vor Willkür schützen kann? – Zweifel bezüglich Polen sind dabei angebracht –

Die Nachwirkungen des „realsozialistischen Einheitsstaats-Denkens“ verhindern die alteuropäischen Grundsätze der Gewaltenteilung anzuerkennen.

Noch tobt ein Kampf um die Rechtsstaatlichkeit in Polen zwischen politischen Institutionen (Senat und Parlament), den die Regierungspartei PiS gegen den Rechtsstaat – und damit auch gegen Europa – führt. (https://www.sueddeutsche.de/politik/polen-von-schmiergeld-und-schmierkampagnen-1.4756107 externer Link)

Und die Europa-Abgeordnete der SPD, Katarina Barley, fordert deshalb jetzt, dass es auch finanzielle Folgen haben muss, wenn Polen sich weiter konsequentso rechtswidrig – mit einer Provokation, einem Affront – verhält. (https://www.sueddeutsche.de/politik/polen-justizreform-barley-europaparlament-1.4756109 externer Link)

Bisher hörte der neue Senatsmarschall Tomasz Grodzki – so nennt man in Polen den Vorsitzenden der dritten Parlamentskammer – polnische und ausländische Experten an und unterrrichtete in Brüssel dieEU-Kommission. Bisher beurteilten alle das Vorhaben der PiS-Regierung – volldem diktatorischen Einheits“-Staatsverständnis des „realenSozialismus“noch verhaftet und nicht den Grundsätzen einer europäischen Gewaltenteilung a la Montesquieu -als rechtswidrig. (https://www.sueddeutsche.de/politik/polen-von-schmiergeld-und-schmierkampagnen-1.4756107 externer Link)

Wird die Europäische Union diesen zerstörenden Kräften aus dem Osten standhalten können?

Nachdem bereits mehr als 100 unabhängige Gerichtspräsidenten kurzerhand abgesetzt worden waren, werden nun mehr als 40 Richter disziplinarisch verfolgt, die diese Demontage des Rechtstaats öffentlich kritisierten oder sich dabei auf EU-Recht – diesen Hort einer Rechtsstaatlichkeit! – beriefen. (https://www.sueddeutsche.de/politik/polen-affront-gegen-die-eu-1.4759077 externer Link)

Aber die EU steht nicht nur bei der Rechtsstaatlichkeitim Feuer:

Landwirtschaftspolitik der EU in einer Wachstumszwang-Sackgasse – jetzt musssie endlich neugedacht werden! Denn alle haben es satt!

Am Freitag gehen die frustrierte Bauern mit ihren Traktoren in die Städte – und am Samstaggehen umweltbesorgte Bürger auf die Straße, weil sie eine umweltfreundlichere Politik fordern – und im Zentrum steht die mit Riesensummen „erzwungene“ Ökonomie der Landwirtschaft. (https://www.sueddeutsche.de/politik/landwirtschaft-die-entfremdung-1.4757544 externer Link)

Der Preis dafür ist hoch! Und die Bundesregierung doktert allenfalls an Symtomen rum. Und letztlich machen die Konsumenten fleißig mit, indem sie gute Lebensmittel wollen – und für sie der Preis allein im Vordergrund steht.

So kapituliert der angeblich so mündige Bürger an der Kasse. Dabei muss der Kampf um eine bessere Landwirtschaft von allen gemeinsam erstritten werden. Das nötige Geld für einen Umbau der Landwirtschaft ist da. Mehr als 60 Milliarden Euro erhalten die deutschen Landwirte im Jahr an EU-Agrarsubventionen. Dieses Geld muss zukünftig die Leistungen entlohnen, die ein Landwirt für das Land, für die Umwelt und damit auch für die Gesellscht als Ganzes erbringt – und nicht mehr die auf schiere Größe „programmierte“ Fläche. Die Vergabe dieser Subventionen – nicht mehr flächenbezogen – muss jetzt in der EU dringend neu verhandeltwerden.

Wenn jetzt so viele – von allen Seiten – das satt haben, ist das vielleicht doch eine gute Voraussetzung, umjetzt diese verfahrene europäische Landwirtschaftspolitik – jenseits dem alten Zwang zur Größe – und immer größer – neu zu denken. (https://www.sueddeutsche.de/politik/landwirtschaft-die-entfremdung-1.4757544 externer Link)

Und bei aller Unvollkommenheit der türkis-grünen Regierung in Österreich dürfe man dennoch jetzt nicht resignieren, meint Robert Misik (https://taz.de/Tuerkis-gruene-Koalition-in-Oesterreich/!5654392/ externer Link) , denn das wäre jetzt doch wirklich realtionär!

Und der weltweite Wachstumszwang drückt alles weiter in die Klimakrise, aus der es dann anscheinend – bis zum Untergang – kein Entrinnen mehr gibt?

(https://www.sueddeutsche.de/politik/erderwaermung-eine-welt-ein-klima-1.4756026 externer Link) Nur, hier stehen jetzt gerade die alten Industriestaaten in einer besonderen Verantwortung. Deshalb hat der Westen (auch bei Bolsonaro in Brasilien?(https://www.sueddeutsche.de/autoren/christoph-gurk-1.3799671 externer Link) kaum ein Recht, den Zeigefinger moralisch zu erheben. Denn die Art Wirtschaft zu betreiben (vgl. „Washington Consensus), entspricht doch weitgehend den Gewohnheiten, welch diese Industrieländer in alle Welt exportiert haben: https://www.sueddeutsche.de/politik/erderwaermung-eine-welt-ein-klima-1.4756026 externer Link)

Und in diesem Zusammemhang ist auch das CO2-Management von großer Bedeutung. (https://stephanschulmeister.wifo-pens.at/fileadmin/homepage_schulmeister/files/Klima_Preissignale_12_2019.pdf externer Link pdf)

Breiter hatten es doch schon die Memo-Leute vorgetragen (https://www.alternative-wirtschaftspolitik.de/de/article/10656311.die-energiewende-in-europa.html externer Link). Aber auch hier scheinen die zentralen politischen Institutionen in der Sache überfordert – siehe das sog. „Klimapäckchen“ der Bundesregierung – und in diese Handlungslücke müssen dann auch noch – ergänzend – die Kommunen springen – mit einer Ausrufung des Klimanotstandes auf der Gemeinde-Ebene (https://www.kontextwochenzeitung.de/politik/459/neun-monate-klima-notstand-6458.html externer Link)

Mit Blick auf das Weltwirtschaftsforum in Davos erklärt ATTAC deshalb auch: Stakeholder-Kapitalismus kann keine Antwort auf die Klimakrise finden (https://www.attac.de/presse/detailansicht/news/weltwirtschaftsforum-stakeholder-kapitalismus-keine-antwort-auf-klimakrise-1/ externer Link)

In diesem Zusammenhang kann auch – für ökonomisch Interessierte – die Frage interessant werden, inwieweit eine andere Zusammensetzung des Sachverständigenrates Wirtschaft, der die Bundesregierung berät, die ökonomische Diskussion auch in Deutschland, alternativ – z.B. durch ein Mehr an Frauen – beleben kann? (https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/wirtschaftsweisen-2020-frauen-1.4756629?reduced=true externer Link)

Mit dem Satz Hegels „Widerspruch ist das Erheben der Vernunft über die Beschränkung des Verstandes“ (Hegel) hatte ich bei einer früheren Besetzung dies schon etwas thematisiert. (https://www.labournet.de/?p=144586)

Ulrike Herrmann hatte dazu noch einmal die stupide ideologische Fixiertheit der deutschen Bundesregierung, nur keine Kredite aufzunehmen, aufgespießt (https://taz.de/Rekordueberschuss-im-Bundeshaushalt/!5654393/ externer Link). So macht dieses Sparen im Bundeshaushalt – mit der Folge der Niedrigzinsen  – doch nur alle zusammen arm. Während sich also der Staat hartnäckig weigert als Kreditnehmer aufzutreten, signalisieren die Finanzmärkte mit den schwindenden Zinsen doch die Hoffnung, dass der deutsche Staat endlich Kredite aufnimmt. (https://taz.de/Rekordueberschuss-im-Bundeshaushalt/!5654393/ externer Link)    

Und falls dich dann noch das rechte „Um-sich-schleudern“ von Begriffeninteressiert?

Das Unwort des Jahres wurde für 2019 die Klimahysterie

(https://www.zdf.de/kinder/logo/unwort-des-jahres-110.html externer Link) Die „Unworte“ entziehen sich einer sachlichen Debatte… (https://www.wn.de/Welt/Thema/4097524-Alljaehrliche-Aktion-Klimahysterie-ist-Unwort-des-Jahres-2019 externer Link) … und sind deshalb ein öffentlichkeitswirksamer Maßstab (https://www.hessenschau.de/kultur/klimahysterie-ist-unwort-des-jahres-2019,unwort-des-jahres-116.html externer Link) … aber das Wallstreet-Journal findet diese Unwort-Gewese einfach nur schrecklich (https://www.wallstreet-online.de/nachricht/12061919-klimahysterie-unwort-jahres-unwort-jahres-linker-unsinn/all externer Link)

Die FR hält mit Stephan Hebel dagegen, in Zeiten in den sich die Grenzen des Sagbaren immer mehr – durch den gewachsenen Einflussvon Rechtsextremen – auflösen, bekommt die Wahl eines Unwortes des Jahres zur allgemeinen Vergewisserung doch einen Sinn. (https://www.fr.de/kultur/gesellschaft/klimahysterie-unwort-jahres-2019-greta-thunberg-fridays-for-future-13439297.html externer Link)

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=161260
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