Flüchtlinge einstellen! Ist profitträchtig…

Dossier

Tradition: "Ausländer" auf dem deutschen ArbeitsmarktFlüchtlinge verdienen im Durchschnitt deutlich weniger als der Großteil der Arbeitnehmer. Menschen aus den acht wichtigsten Asylherkunftsländern, die Vollzeit arbeiteten, hatten im Jahr 2016 ein mittleres Monatseinkommen von 1916 Euro brutto. Das geht aus Daten der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg hervor. Insgesamt verdienten Vollzeitbeschäftigte in Deutschland im Jahr 2016 im Durchschnitt 3133 Euro brutto pro Monat. Das mit Abstand höchste Einkommen unter den Flüchtlingen hatten den Daten zufolge Beschäftigte aus Iran (2541 Euro), das geringste jene aus Eritrea (1704 Euro). Die Schwelle zum Niedriglohnbereich lag im Jahr 2016 bei 2088 Euro. Fast 60 Prozent der vollzeitbeschäftigten Flüchtlinge aus den acht wichtigsten Asylherkunftsländern (58,9 Prozent) arbeiteten unter diesem Niedriglohn. Unter allen Vollzeitbeschäftigten beträgt der Anteil rund 20 Prozent. Mehr als ein Viertel der Beschäftigten aus jener Ländergruppe waren nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit Minijobber“ – aus dem Beitrag „Flüchtlinge meist Geringverdiener“ am 20. März 2018 in neues Deutschland online externer Link, worin auch noch die Assimilierungsbeauftragte der Bundesregierung mit ihrer genialen Erkenntnis zitiert wird, Flüchtlinge seien ja keine Fachkräfte… Siehe dazu auch:

  • Arbeitskräfte willkommen. Neue Migration zwischen Grenzregime und Erwerbsarbeit New
    „Arbeitskräfte willkommen – das war vielleicht die wichtigste, auf jeden Fall aber die lauteste Parole, mit der das bürgerliche Deutschland 2015 auf den „Sommer der Migration“ reagierte. Als etwa Daimler-Chef Zetsche seinen Traum verkündete, dass Einwanderung ein neues Wirtschaftswunder auslösen könnte, wurde dies auch in der linksliberalen  Öffentlichkeit nicht als Gegensatz zu humanistischen Vorstellungen wahrgenommen. Heute, fast vier Jahre später, wird der Gegensatz zwi- schen einem Regime, das auf die Ausbeutung migrantischer Arbeitskraft abzielt, und einer an sozialen und anderen Menschenrechten orientier- ten Flüchtlingspolitik immer deutlicher. Bereits das „Integrationsgesetz“ von 2016 erleichterte einerseits den Zugang zu Erwerbsarbeit für viele Geflüchtete, formulierte aber andererseits eine Verknüpfung zwischen Aufenthaltsrechten und dem  Zwang zur Erwerbsarbeit. In der Folge stieg die Zahl und der Anteil von Migrant_innen aus Drittstaaten, die formal erwerbstätig sind – dies aber fast ausschließlich in Sektoren und Beschäftigungsverhältnissen, die für die Ausbeutung billiger Arbeitskraft notorisch bekannt sind. Keineswegs also funktioniert das Wechselspiel zwischen Zuwanderung und Arbeitsmarkt automatisch im Sinne des Erlangens individuell größerer Rechte und Handlungsspielräume von Migrant_innen. (…) Der durch Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik wie durch aufenthaltsrechtliche Bestimmungen vermittelte Zwang zur Arbeit betrifft alle Migrant_innen unterschiedlich – aber er betrifft alle. Welfare-to-work trägt in der Konsequenz faktisch dazu bei, dass die große Mehrzahl der neu Ankommenden in Bereichen landet, in denen Niedriglöhne und prekarisierte Arbeitsverhältnisse dominant sind: Daten der Bundesagentur für Arbeit zeigen, dass weit über 90 Prozent der Asylbewerber_in- nen, wenn sie denn bereits in Erwerbsarbeit gelangt sind, in Sektoren wie der Ernährungswirtschaft, der Gastronomie, dem Reinigungsgewerbe oder der Logistikwirtschaft beschäftigt sind, häufig in Leiharbeit und anderen prekären Beschäftigungsverhältnissen. Ähnliches gilt für Migrant_innen mit EU-Staatsbürgerschaft…“ Beitrag von Peter Birke und Felix Bluhm aus Sozial.Geschichte Online 25 (2019), S. 11–44 externer Link
  • [Video] „Der Staat schafft ein Prekaritätsproblem“. Restriktive Asylpolitik erschwert die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten 
    Sprachliche Schwierigkeiten, fehlende Qualifikationsnachweise und eine restriktive staatliche Politik erschweren die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten. Geflüchtete sind in der Folge besonders gefährdet, im Rahmen der Arbeit ausgebeutet zu werden (z.B. da Löhne einbehalten, Urlaubsansprüche nicht abgegolten oder Überstunden nicht bezahlt werden). Beratungsstellen, ehrenamtlich Engagierte und solidarische Netzwerke unter Geflüchteten ermöglichen es dennoch, dass der Prozess der Arbeitsmarktintegration in vielen Fällen relativ reibungslos abläuft. In ihrem Dokumentarfilm spricht Anne Frisius mit Geflüchteten, Ehrenamtlichen und Beratern in Stuttgart und Tübingen über ihre Erfahrungen.“ Ein Dokumentarfilm von Anne Frisius vom 4.09.2019 externer Link im Rahmen des durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Verbundprojekts Willkommenskultur und Demokratie in Deutschland. Flüchtlingspolitische Initiativen als Orte aktiver Bürgerschaft, kollektiver Konfliktaushandlung und demokratischen Lernens externer Link
  • [DGB] Geflüchtete: Gut qualifiziert, schlecht bezahlt. Potenzial besser nutzen [Letzteres zu wessen Gunsten?] 
    „Warum arbeitet jemand, der hoch qualifiziert und gut ausgebildet ist, in einem Helfer-Job? Eine mögliche Antwort: Weil er oder sie aus einem Asylherkunftsland stammt. (…) Die mittleren Bruttomonatsverdienste von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus Asylherkunftsländern sind um ca. 43 Prozent niedriger als die aller abhängig Beschäftigten in Vollzeit. Sie betragen ca. 1.900 Euro brutto im Monat. Das bedeutet: Bei einer 40-Woche liegt das Einkommen im Schnitt nur knapp über dem Mindestlohnniveau. Bei 67 Prozent dieser Beschäftigten liegen die Löhne sogar unter der Niedriglohnschwelle. (…) Der geringe Verdienst ergibt sich unter anderem aus dem niedrigen Anforderungsniveau der ausgeübten Tätigkeiten. 47 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus Asylherkunftsländer arbeitet Helfer-Bereich; in der Gesamtbevölkerung sind es nur 15 Prozent. Ein Großteil ist außerdem in Branchen mit geringer Tarifbindung und generell niedrigen Löhnen im Einsatz: in der Leiharbeit, im Gastgewerbe, im Handel bzw. der Reparatur und Instandhaltung von KfZ sowie in sonstigen Dienstleistungsberufen. (…) Doch warum ist das so? An fehlender formaler Qualifikation liegt es nur bedingt: Eine repräsentative IAB-BAMF-SOEP Befragung hat ergeben, dass 81 Prozent derer, die eine Spezialisten- oder Expertenqualifikation haben, und 45 Prozent derer, die eine Fachqualifikation haben, nach eigener Einschätzung eine Beschäftigung unter Qualifikation ausführen…“ DGB-Meldung vom 2. August 2019 externer Link
  • [Arbeitsmarktselektion] Neue Billiglöhner. Immer mehr Geflüchtete haben einen Job. Meistens schlecht bezahlt 
    „Das deutsche Kapital im Exportrausch freut sich über billige Arbeitskräfte. Setzt die Politik Geflüchtete, deren Rechte sie in den letzten 25 Jahren bereits drastisch eingedampft hat, nur ordentlich unter Druck, sind sie offenbar viel eher bereit, jeden noch so miesen Job anzunehmen. Das lässt sich einer neuen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und einer Analyse des Internetportals »O-Ton Arbeitsmarkt« entnehmen. Das IAB, Denkfabrik der Bundesagentur für Arbeit (BA), teilte am Dienstag seine Ergebnisse mit. Danach nehmen Flüchtlinge umso schneller eine Arbeit an und belegen Sprachkurse, je rascher ihr Asylverfahren vonstatten gehe. Selbst wenn ihr Antrag abgelehnt werde und sie lediglich eine befristete Duldung erhielten, sei dies so, erklärte das IAB. Dahinter steckt wohl vor allem die Angst vor Abschiebung. Gerade Betroffene mit geringer Bleibeperspektive hätten schneller einen Job, stellten die Autoren Hanna Brenzel und Yuliya Kosyakova fest und vermuteten: »Eventuell drängen sie schneller auf den Arbeitsmarkt, um ihre Bleibechancen zu verbessern oder aber ihre verbleibende Zeit zu nutzen, Geld zu verdienen«. Beim Geldverdienen stehen Geflüchtete jedoch ganz unten in der Hierarchie, wie die Autoren von »O-Ton Arbeitsmarkt« herausfanden. Sie hatten Daten der BA ausgewertet. Danach waren Ende 2017 drei Viertel aller beschäftigten Asylsuchenden in Leiharbeit oder Helferjobs angestellt. Von den einheimischen Erwerbstätigen habe dies hingegen etwa jeden sechsten betroffen. Zwei Drittel der Geflüchteten und ein Fünftel der aus Deutschland Stammenden bezögen einen Bruttolohn von unter 2.192 Euro…“ Beitrag von Susan Bonath bei der jungen Welt vom 14. März 2019 externer Link
  • „Employ Refugees – Kontorverse Kampagne“ von Radio Z am 20. März 2018 beim freie-radios.net externer Link ist ein Beitrag über eine höchst umstrittene entsprechende Kampagne, in dessen Einleitung es unter anderem heißt: „Wie ermöglicht man Geflüchteten einen Einstieg in den Arbeitsmarkt? Es sind wohl noch etwa 500.000 die gerne arbeiten würden und das bei immer wieder kolportiertem Arbeitskräftemangel. Woran scheitert die Zusammenkunft von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt bei Geflüchteten?  Die Kampagne „Employ Refugees“ scheint einen Faktor ausgemacht zu haben. Wenn man der Plakat- und Onlinekampagne glauben darf, trauen die Arbeitgebenden den Geflüchteten nicht zu, über die die nötigen Skillsets zu verfügen. In der von der Agentur Jung von Matt entworfenen Kampagne werden bewusst provozierend sogenannte Softskills mit Fluchterfahrungen kombiniert. Das hat verschiedene Reaktionen hervorgerufen. Unterschiedliche Kritik von links und rechts, eher positives Feedback aus den bürgerlichen Medien.  Philipp Abel hat sich die Kampagne genauer angesehen und mit verschiedenen Personen gesprochen, über den Hintergrund, wie die Kampagne eingeschätzt wird und was es mit der Nützlichkeitsdebatte auf sich hat“.

Siehe im LabourNet auch:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=129603
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