Im Kalten sitzen gelassen. Kritik an Plänen der Regierung zu Heizkostenzuschuss

Kampagne der Linkspartei: »Das muss drin sein.«: Sanktionsfreie Mindestsicherung statt Hartz IV!„Die Bundesregierung will noch in diesem Monat einen Heizkostenzuschuss auf den Weg bringen. Dieser soll Haushalte mit niedrigen Einkommen angesichts der explodierenden Energiepreise entlasten. Für Sozialverbände und Verbraucherschützer greift der einmalige Zuschuss zu kurz [mit 135 Euro für eine Einzelperson]. Der Paritätische Wohlfahrtsverband erklärte vergangene Woche, dass der Heizkostenzuschuss nicht allen Bedürftigen zugute kommt. Denn wer Leistungen der Grundsicherung beziehe, habe keinen Anspruch auf Wohngeld und falle einmal mehr durchs Raster. Der Referent für Arbeitslosen- und Sozialrecht Harald Thomé erklärte dagegen in seinem Newsletter vom Sonntag, dass bei Beziehern von Leistungen zur Grundsicherung die Heizkosten »im Regelfall in tatsächlicher Höhe übernommen werden« müssten…“ Artikel von Bernd Müller in der jungen Welt vom 18. Januar 2022 externer Link und weiter hieraus sowie dazu:

  • Nachzahlungen aus Betriebs- und Heizkostenabrechnungen: Auch Nicht-Leistungsbeziehende können Ansprüche geltend machen New
    „… Gerade zum Jahreswechsel trudeln häufig die Betriebs- und Heizkostenabrechnungen von Vermieter*innen und Energieversorgern ein. Nicht selten mit horrenden Nachforderungen. Menschen mit niedrigen Einkommen, wie Auszubildende, Rentner*innen, Geringverdienende oder Arbeitslose trifft eine solche Forderung besonders hart. Was viele nicht wissen: Sie können, auch wenn Sie sonst keine Sozialleistungen beziehen, einen Leistungsanspruch beim örtlichen Jobcenter bzw. Sozialamt geltend machen und so einen Zuschuss für die Nachzahlung erhalten. Dieser Anspruch kann auch trotz Wohngeld- und Kinderzuschlagsbezug geltend gemacht werden. Wichtig ist dabei rechtzeitig den Antrag zu stellen! Spätestens im Monat, in dem die Zahlung fällig ist, muss der Antrag bei Jobcenter oder Sozialamt gestellt werden. „Betriebskostenabrechnungen kommen häufig im Dezember bei den Mieterinnen und Mietern an und Nachzahlungen sind dann in der Regel im nächsten Monat, also im Januar, fällig. Anträge müssen dann spätestens bis zum 31. Januar gestellt werden,“ erklärt Harald Thomé vom Erwerbslosenverein Tacheles e.V., „Viele Menschen mit niedrigem Einkommen, versäumen es leider aus Unkenntnis ihre Ansprüche geltend zu machen. Hier wäre es eigentlich Aufgabe der Sozialleistungsträger, die Bürgerinnen und Bürger zu informieren.“…“ Tacheles Pressemitteilung und Info vom 23. Januar 2024 externer Link

    • Zu weiteren Details für (aufstockende) Sozialleistungen siehe die von Tacheles und dem Paritätischen betriebene Seite www.energie-hilfe.org externer Link, die neben detaillierten Infos für Betroffene und Berater*innen auch Musteranträge enthält
  • Frieren oder Schulden: Heizkostenzuschuss eher symbolisch – Der einmalige Heizkostenzuschuss der Bundesregierung entlastet arme Haushalte kaum
    „… Die Bundesregierung hatte kürzlich einen einmaligen Heizkostenzuschuss auf den Weg gebracht, um die Kostenexplosion halbwegs abzufedern. Doch der reiche nicht aus, monieren die Verbände. Eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) stützt diese Haltung. Die Ökonomen verglichen dabei die ärmsten zehn Prozent der Haushalte mit denen, die über ein mittleres Einkommen verfügen. Die Ersten mussten 2015 etwa sechs Prozent des verfügbaren Einkommens fürs Heizen aufwenden – die anderen dagegen nur knapp drei Prozent. Inzwischen stiegen die Preise für Erdgas, Heizöl, Sprit und Strom aber deutlich an. Die ärmsten Haushalte müssen nun, so schätzt das DIW, etwa 14 Prozent ihres Einkommens für die Heizkosten aufwenden. Auch die Haushalte mit mittlerem Einkommen müssen jetzt mehr dafür ausgeben; bei ihnen steigt die Belastung aber nur auf etwa sechs Prozent des Haushaltseinkommens. Diese Durchschnittswerte geben allerdings nur ein ungenaues Bild wieder. Deshalb differenziert das DIW noch einmal nach dem Sanierungsstand der Gebäude. Ungedämmte Häuser verursachen in der Regel höhere Heizkosten. Gepaart mit den gestiegenen Energiepreisen entsteht noch einmal eine zusätzliche Belastung. Die durchschnittlichen Kosten könnten dann auf bis zu 203 Euro im Monat steigen, von zuletzt 119 Euro im Monat. (…) Die Crux an der Sache: Zwar sind nach einer Sanierung geringere Heizkosten zu erwarten; aber die Kosten für die Sanierung können auf die Miete aufgeschlagen werden. Immerhin bis zu acht Prozent der Sanierungskosten. Ob für Mieter, insbesondere für die einkommensschwachen Haushalte, dabei eine Ersparnis herauskommt, ist dabei fraglich. Brenzliger wird es durch die Klimaschutzpläne der Bundesregierung. (…) Einkommensschwache Personen und Familien können sich dann die Wohnungen wohl nicht mehr leisten. Insofern muss die Bundesregierung nach weiteren Möglichkeiten suchen, diesen Menschen in Zukunft das Wohnen in warmen Zimmern zu ermöglichen.“ Beitrag von Bernd Müller vom 16. Februar 2022 bei Telepolis externer Link
  • Heizkostenzuschuss beschlossen – Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Thema
    Haushalte mit niedrigem Einkommen sollen einmalig 135 bis 175 Euro bekommen. Wem wird das helfen? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
    Die Bundesregierung hat Pläne für einen einmaligen Heizkostenzuschuss für über 2,1 Millionen Bedürftige auf den Weg gebracht. Das Kabinett verabschiedete dazu am Mittwoch eine sogenannte Formulierungshilfe, mit der die Fraktionen der Ampel-Koalition nun ein Gesetz im Bundestag einbringen sollen. Bauministerin Klara Geywitz (SPD) sagte in Berlin, ab Juni komme der Zuschuss. Als nächster Schritt solle dann der CO2-Preis zwischen Mietern und Vermietern aufgeteilt werden. „Das machen wir bis zum 1. Juni.“
    Mit der einmaligen Finanzspritze sollen die explodierten Preise für Heizöl und Gas etwas abgefedert werden – denn vielen Verbraucher*innen droht im Sommer eine saftige Nachzahlung.
    Unterstützung soll es für Wohngeldbezieher, für Studierende mit Bafög, Bezieher*innen von Aufstiegs-Bafög und Berufsausbildungsbeihilfe geben. Wohngeldbezieher*innen, die alleine leben, bekommen 135 Euro, Zwei-Personen-Haushalte 175 Euro. Für jeden weiteren Mitbewohner sind noch einmal 35 Euro vorgesehen. Studierende, Auszubildende und andere Berechtigte erhalten pauschal 115 Euro.
    Laut Bauministerium profitieren von dem Zuschuss voraussichtlich 1,6 Millionen Menschen in 710 000 Haushalten mit Wohngeld, außerdem 370.000 Studierende, rund 50.000 Bezieher*innen von Aufstiegs-Bafög und rund 65.000 Bürger*innen, die Berufsausbildungsbeihilfe oder Ausbildungsgeld bekommen. Die Hilfe kostet den Bund fast 190 Millionen Euro. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Thema…“ Beitrag vom 2.2.2022 in der taz online externer Link
  • Zudem im Artikel von Bernd Müller in der jungen Welt vom 18. Januar 2022 externer Link: „… Die Prognose von Verivox geht bei Gas von einem Anstieg von durchschnittlich 54 Prozent aus. Haushalte, die noch mit Öl heizen, müssen demnach etwa 99 Prozent mehr ausgeben. Das Portal Check 24 geht von 71,2 Prozent Preiserhöhungen aus, die gut 3,6 Millionen Haushalte treffen. Für einen Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden bedeute das »zusätzliche Kosten von durchschnittlich 1.078 Euro pro Jahr«. Für arme Haushalte bedeutet ein solcher Anstieg, öfter im Kalten sitzen oder an anderer Stelle sparen zu müssen. Doch letzteres dürfte kaum möglich sein, denn auch Strom- und Lebenshaltungskosten ziehen deutlich an. Check 24 hatte zum Beispiel kürzlich von monatlichen Stromkosten in Höhe von 50 Euro berichtet, die damit 30 Prozent über dem Satz liegen, der von der Grundsicherung abgedeckt ist. Thomé verwies in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, das dem Gesetzgeber für solche Fälle eine kurzfristige Anpassung der Grundsicherung vorgeschrieben habe. (…) Nach Auffassung von Thomé könnte die Bundesregierung diesem Auftrag gerecht werden, wenn sie zeitnah einen Sofortzuschlag von 100 Euro im Monat gewährt. (…) Nach Plänen von Bauministerin Klara Geywitz (SPD) sollen Wohngeldempfänger, die allein leben, einen einmaligen Heizkostenzuschuss von 135 Euro bekommen. Für Zweipersonenhaushalte soll er 175 Euro betragen, und für jede weitere Person im Haushalt sollen weitere 35 Euro hinzukommen.“

Siehe auchim LabourNet Germany:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=197047
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