Newsletter am Montag, 09. Januar 2017

Kurzer Überblick über die heutigen LabourNet Germany News:

Hier im (kostenlosen, aber spendenfähigen: IBAN DE 76430609674033739600) Newsletter die wichtigsten der veröffentlichten Beiträge auf unserer Homepage

1. Internationales » Mexiko » Kampf gegen Privatisierung

„Natürlich sind am Protest gegen die Benzinpreiserhöhung alle sozialen Klassen der mexikanischen Gesellschaft beteiligt“

Das ist einer der Kernsätze aus einem kurzen Telefoninterview mit Horacio Cartes Pena, einem langjährigen Aktivisten der Elektrikergewerkschaft SME, über die massiven Proteste gegen die zu Jahresbeginn in Mexiko stattgefundene Erhöhung des Benzinpreises. Während die Regierung versucht, einerseits zu beschwichtigen (der Präsident unterstrich im Fernsehen, er fühle mit den Menschen Mexikos, aber leider…) und andererseits einmal mehr die schießwütige Polizei aufmarschieren lässt, was erneut zu Todesopfern geführt hat, wird nicht nur die Empörung der Menschen immer größer, sondern auch die Bewegung: An diesem Samstag kam es erstmals zu Demonstrationen, Kundgebungen und Blockaden in 17 Bundesstaaten Mexikos, mit massiver Beteiligung. Die Gegenpropaganda setzt auf zwei Bausteine: Die Zusammenhänge dieser Erhöhung mit der Privatisierungspolitik zum Unthema zu machen und dafür die „Plünderungen“ in den Mittelpunkt zu stellen. Das Telefoninterview „Die Plünderer sitzen im Regierungspalast“ von Helmut Weiss mit Horacio Cartes Pena ist vom 08. Januar 2017 und darin sind auch Paralellen und Unterschiede zum Kampf gegen die Privatisierung des Erziehungswesens ein Thema

2. Internationales » Sri Lanka

Nach dem Streik der Hafenarbeiter nun auch die AnwohnerInnen im Protest gegen das „chinesische“ Hafenprojekt der Regierung Sri Lankas – die erneut mit Polizeigewalt antwortet

Der Streik der Hafenarbeiter gegen die Privatisierung des Hafens von Hambantota war von der Kriegsmarine Sri Lankas niedergeschlagen worden – die Besetzung des Frachters einer japanischen Großreederei war als ein Akt der Piraterie denunziert worden und so der Vorwand für das militärische Eingreifen gegen die eigene Bevölkerung geschaffen. Am vergangenen Wochenende sollte nun eine Projekteinweihung stattfinden – inklusive Rede des Präsidenten zu den Segnungen der Übernahme von 80% der Aktien der Hafengesellschaft durch ein chinesisches Unternehmen – die aber von erneuten Protesten gekennzeichnet war. Am Tag der eigentlichen Eröffnung demonstrierte die Hafenarbeitergewerkschaft, am Folgetag – die Eröffnung war wegen der Demonstration auf Samstag verschoben worden – demonstrierten Anwohnerinnen und Anwohner, die im Zuge der Hafenerweiterung vertrieben werden sollen, gegen das Projekt, unter anderem unter Beteiligung buddhistischer Mönche. Die Regierung Sri Lankas reagierte wie immer, wenn die Bevölkerung protestiert – sofern diese nicht Unternehmer sind – und sandte erneut Knüppelgarden los, den Protest zu unterdrücken. Siehe dazu drei aktuelle Beiträge

3. Internationales » Kenia » Arbeitskämpfe

Die Vollversammlungen der kenianischen Ärztegewerkschaft lehnen das Angebot der Regierung ab – weil es zwar Gehaltserhöhungen vorsehe, aber keine Verbesserung des Gesundheitswesens

Donnerstag und Freitag, bis zum 6. Januar 2017 also, fanden in zahlreichen Städten Kenias Vollversammlungen der Ärztegewerkschaft statt, um über das Angebot der Regierungsdelegation zu beraten, das während eines Treffens der Gewerkschaftsspitze mit dem Präsidenten Kenias unterbreitet worden war. Und während alle Medienberichte davon ausgingen, dass die Ärzte das Angebot annehmen würden (weil es zwar nicht die Forderungen, mit denen der Streik begonnen worden war erfüllte, aber eine deutliche Gehaltserhöhung versprach und eindeutig besser war, als alles, was zuvor angeboten worden war, so dass viele damit rechneten, es würde unter der Beurteilung „guter Kompromiss“ angenommen werden), lehnten alle Versammlungen dieses Angebot mehrheitlich ab. Und zwar eben gerade nicht, weil das Angebot der Gehaltserhöhung nicht ausreichte, sondern stets mit der Begründung, dass die zweite der zentralen Forderungen, nämlich eine bessere Ausstattung des Gesundheitswesens generell, nicht erfüllt sei, sogar gar kein wirkliches Angebot dazu gemacht wurde. Und während es immer noch an zahlreichen Orten den Streik der Krankenschwestern gibt und, wie berichtet, die Pharmazeuten über einen Streikbeginn diskutieren, hat nun auch das Universitätspersonal einen Streikbeschluss gefasst. Siehe dazu drei aktuelle Beiträge

4. Internationales » Brasilien » Lebensbedingungen

Das Massaker von Manaus – warum es ein Spiegelbild der brasilianischen Gesellschaft ist

Die Wahrscheinlichkeit, dass in vielen brasilianischen Wohnzimmern bei Fernsehbildern von dem Massaker in dem privat verwalteten Gefängnis der Amazonasmetropole Sätze fielen wie: „Genau das haben sie verdient“ oder Ähnliches, ist ausgesprochen groß. Und keineswegs nur in besonders gut ausgestatten Wohnzimmern, schließlich leiden in erster Linie Menschen in Slums oder armen Vierteln unter dem Krieg von Drogenbanden – unter sich, und mit der Militärpolizei. Und die Medienberichterstattung war, außer wie üblich blutrünstig (schließlich gibt es hier Fernsehkanäle, die nur über Kriminalität berichten) auch uniform: Ein Krieg der großen Kartelle, ein Angriff auf das wohl gegenwärtig mächtigste von ihnen, das erste Kommando der Hauptstadt (PCC). Das nur wenige Tage später – nach verbreiteter Androhung – den obligatorischen Gegenangriff organisierte. LabourNet Germany sprach mit Tarciso Soares und Maria Aparecida Souza von der Initiative „Meine Freiheit ist keine Ware“ im (fernen) Bundesstaat Minas Gerais über die Rolle der Kriminalität, der Medien und des Staates in einem Land, das zu denen gehört, die die größte Zahl von Gefangenen hat, und dabei den größten Prozentsatz von dunkelhäutigen Menschen, die wegen Bagatelldelikten monatelang – mindestens monatelang – im Gefängnis auf ihren Prozess warten müssen. Es ist einer der Gründe, warum sich diese sehr aktive und schnell anwachsende Initiative gegründet hat – und erst recht gegen die Privatisierung des Justizvollzugs. Das Telefoninterview „Manaus ist ein Spiegelbild Brasiliens“ mit Tarciso Soares und Maria Aparecida Souza von Helmut Weiss ist vom 07. Januar 2017

5. Internationales » Belgien » Arbeitsbedingungen

Servicekräfte: EU-Parlament beschäftigt Billiglöhner

„… Im Europaparlament gibt es nach Informationen des SPIEGEL Unmut über die Arbeitsbedingungen der dort beschäftigten Servicekräfte. Mitarbeiter im Catering, Kellner und Barkeeper in den Brüsseler Parlamentsrestaurants verdienen oft weniger als 800 Euro im Monat, sodass sie auf Lohnersatzleistungen aus der belgischen Arbeitslosenversicherung angewiesen sind. (…) Die 200 Catering-Mitarbeiter sind nicht beim EU-Parlament angestellt, sondern bei einem privaten Dienstleister. Die betroffenen Beschäftigten bekommen nur Lohn während der Brüsseler Sitzungswochen. Für den Rest der Zeit müssen sie sich arbeitslos melden und bekommen Unterstützung vom belgischen Staat. Das Dienstleistungsunternehmen betont, es halte sich an europäische Gesetze, wollte aber zu Details mit Verweis auf die „Vertraulichkeit der Vertragsabsprachen“ keine Stellung nehmen…“ Beitrag vom 7. Januar 2017 bei Spiegel online externer Link (aus dem Spiegel 2/2017)

6. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Groß- und Einzelhandel » Amazon

Streik in Leipzig: Amazon-Mitarbeiter protestieren gegen Samstagsarbeit

Mehrere hundert Mitarbeiter bei Amazon in Leipzig haben am Freitag und Samstag ihre Arbeit niedergelegt. Sie wollen damit auf die zunehmende Samstagsarbeit aufmerksam machen, erklärte der Verdi-Fachbereichsleiter für den Handel, Jörg Lauenroth-Mago. Amazon möchte die Arbeit an Samstagen weiter ausdehnen. Während am Freitag 400 Mitarbeiter streikten, legten 150 Mitarbeiter der Frühschicht am Samstagmorgen ihre Arbeit nieder. Der Streik wird noch bis zum Ende der Spätschicht um 23.30 Uhr andauern. (…) Der Gewerkschafter kündigte an, dass Verdi auch 2017 streiken werde, um der Forderung Nachdruck zu verleihen. Das Unternehmen hat die Gehälter in den vergangenen drei Jahren schrittweise erhöht, zuletzt im September 2016. Das rechtfertige laut Lauenroth-Mago aber nicht die Zunahme der Samstagsarbeit…“ MDR AKTUELL am 7.1.2017 externer Link

7. Branchen » Automobilindustrie » Daimler » Allg./International » Dossier: Anwesenheitsbonus oder “Daimler erweitert Gesundheitsvorsorge für Beschäftigte”

Leserbrief einer Hinterbliebenen zum Anwesenheitsbonus bei Daimler

Die Meinung einer Hinterbliebenen, mein 40-jähriger Bruder ist nach einem Herzinfarkt gestorben. Nach monatelanger Arbeitslosigkeit hat er bei Daimler-Chrysler im Anschluss an ein Praktikum einen befristeten Arbeitsvertrag bekommen. Er hat weder Nacht- noch Wechselschicht gescheut und trotz Grippe gearbeitet. Von der Angst nicht übernommen zu werden blieb auch er nicht verschont. Er hat miterlebt wie Kollegen nach Ablauf des Zeitarbeitsvertrages gehen mussten, nur weil sie sich krankschreiben ließen. Im Jahr 2000 wurde er unbefristet übernommen und plante mit seiner Freundin den Umzug in eine komfortablere Wohnung. Am 20.01.2002 ist der Traum geplatzt. Während eines Herzinfarktes ist er noch im Notarztwagen gestorben. Deswegen appelliere ich an alle Befristeten: Arbeitet gut, aber bleibt zu Hause wenn Ihr krank seid. Riskiert nicht eure Gesundheit, sonst müsst ihr das vielleicht mit dem Leben bezahlen. Verzichtet auf die Gesundheitsprämien. Dieser Leserbrief wurde im Jahr 2002 von Klartext-Betriebsräten veröffentlicht. Daimler und der Betriebsrat einigten sich auf einen Anwesenheitsbonus von maximal 200 Euro brutto pro Jahr. Derselbe Betriebsrat der sich damals geweigert hat den Bericht im SCHEIBENWISCHER zu drucken unterschreibt heute die 200 Euro Kopfgeldprämie.“ Leserbrief vom 7.1.2017 – wir danken und bitten um Beachtung!

Siehe die Hintergründe im Beitrag vom 21.12.2016

8. Politik » Gewerkschaften » Mitbestimmung – Erfolgs- und Exportschlager? » Betriebsrätewesen und BetrVG » Union Busting: Kapital contra Betriebsräte (?)» Schwarzer Freitag, der 13. Januar 2017 – Aktionstag gegen Furchtbare Juristen + Horror-Jobs

Freitag, der 13. Januar rückt näher und der Aktionsplan wird länger: Online-Petition + Protest-Email an DRV gestartet, Verleihung des Negativ-Preises „Blutiger Pfahl“ in Düsseldorf und Aktionen in vielen Städten

  • Die aktion./.arbeitsunrecht ruft auf, den größten privaten Reha-Anbieter, die Median-Kliniken GmbH ins Visier zu nehmen. Wir wollen sie angreifen, indem wir ihren Kostenträger, die Deutsche Rentenversicherung (DRV) mit den gruseligen Arbeitsverhältnissen bei Median konfrontieren.“ Dazu gibt es eine Online-Petition an die Rentenversicherung externer Link: Die DRV muss die Auftragsvergabe an Median überprüfen!
  • Ferner sind Aktionen gegen den Besitzer von Median, den Hedge Fonds Waterland, geplant: Vampir-Kundgebung vor der Waterland-Zentrale in Düsseldorf und Verleihung des Negativ-Preis DER BLUTIGE PFAHL an den Investment-Manager Carsten Rahlfs. (Mit Pfählen hat eins der transsylvanische Tyrann Vlad Dracul gemordet, durch Pfähle kann man Vampire besiegen.) Außerdem ist die Fertigmacher-Kanzlei Beiten Burkhardt im Fadenkreuz.
  • Folgende Aktionen sind derzeit angekündigt (weitere kommen dazu):
    • Düsseldorf: Blutsauger-Demo mit Verleihung des „Blutigen Pfahls“ an den Waterland Manager Carsten Rahlfs, inklusive anschließendem Besuch im Median „Gesundheitszentrum“
    • Frankfurt: Protest bei der Union Busting Kanzlei Beiten Burhardt, die die Beschäftigten bei Median drangsaliert
    • Hannover: Protest am ambulanten Gesundheitszentrum der Median-Kliniken GmbH
    • Bad Oeynhausen: Protest gegen Profitgier bei Median an der Park-Klinik
    • Bad Tölz: Protest an der Buchberg Klinik
    • Hamburg: Filmabend | Diskussion zur Behinderung gewerkschaftlicher Organisierung und praktischer Gegenwehr im MPZ
    • Berlin: Kundgebung vor den Median-Kliniken: Betriebsrätebekämpfung bei den Median-Kliniken stoppen! Freitag, 13.01.2017 ab 17.00 | Bismarckstraße 105 | U 2 Deutsche Oper | Berlin
      Siehe die laufend aktualisierte Übersicht externer Link der angekündigten Aktionen bei der Aktion Arbeitsunrecht

Siehe auch:

9. Politik » Gewerkschaften » Mitbestimmung – Erfolgs- und Exportschlager? » Betriebsrätewesen und BetrVG » Union Busting: Kapital contra Betriebsräte (?)

Kampf gegen Union Busting in Berlin

„… Heute geht es um das sogenannte UNION BUSTING & was dahinter steckt….. Wie die Gewerkschaften kaputtgemacht werden, als auch inwieweit dieses perfide ‚Spiel‘ in unserem Leben angekommen ist…“ Radiosendung mit Benedikt Hopmann, Ramazan von BAGA und Andreas vom Klassenkampfblock bei MEGAspree on Air vom 04.01.2017 externer Link Audio Datei

10. Politik » Gewerkschaften » Organisierung (linker GewerkschafterInnen)

Solidarität macht sich bezahlt

„… In jüngster Zeit haben mehrere WissenschaftlerInnen unabhängig voneinander nachgewiesen: Wenn viele ArbeitnehmerInnen eines Landes Mitglied der Gewerkschaft sind, ist die soziale Ungleichheit geringer. So haben die beiden ÖsterreicherInnen Susanne Pernicka und Franz Traxler von der Universität Wien für den Zeitraum von 1970 bis 1995 in 19 OECD-Ländern einen Zusammenhang zwischen dem Organisationsgrad der Gewerkschaften und der Lohnquote festgestellt: Je höher der Prozentsatz der Gewerkschaftsmitglieder unter allen ArbeitnehmerInnen ist, desto größer ist in der Regel auch der Anteil der Lohneinkommen am Volkseinkommen. (…) Steigt der gewerkschaftliche Organisationsgrad, werden die Einkommen gleicher verteilt. Und umgekehrt gilt auch: Je ungleicher die Einkommen verteilt sind, umso schwächer werden die Gewerkschaften. (…) Die Bilanz dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse: Eine Unternehmenspolitik, die einseitig nur den Kapitalinteressen dient und Arbeitnehmerbelange sowie gesellschaftliche Ziele des Wirtschaftens völlig außer Acht lässt, kann von starken Gewerkschaften ausgebremst werden. Der Kapitalismus wird zwar nicht überwunden, aber an die Kette gelegt. Deshalb muss für alle ArbeitnehmerInnen die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft so selbstverständlich sein wie das tägliche Zähneputzen…“ Beitrag von Hermann Adam vom 7. Januar 2017 beim OXI-Blog externer Link

11. Politik » Sozialpolitische Debatte » neue und alte Armut (trotz Arbeit) » Dossier: Der 5. Armuts- und Reichtumsbericht

a) Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung: Paritätischer Wohlfahrtsverband weist in aktueller Stellungnahme auf Mängel und Versäumnisse hin

„… Der Paritätische erneuert seine Forderung nach einer unabhängigen Armutsberichterstattung durch eine regierungsexterne Kommission. Der 655-seitige Berichtsentwurf enthalte zwar durchaus richtige wie alarmierende Fakten, etwa Daten zur wachsenden sozialen Spaltung der Gesellschaft und dem kontinuierlichen Anstieg der Armutsquote, bleibe jedoch eine ehrliche Bewertung und konkrete Handlungsvorschläge schuldig, so die Analyse des Paritätischen. (…) Der Paritätische kritisiert in seiner Stellungnahme unter anderem, dass der Bericht an keiner Stelle auf das Problem der „verdeckten Armut“ eingeht und die Perspektive von Armut betroffener Menschen nicht ausreichend berücksichtigt werde. Darüber hinaus werde insbesondere das aktuelle Ausmaß der Vermögensungleichheit in Deutschland nur völlig unzureichend abgebildet. Schließlich setze die Bundesregierung die schlechte Praxis der Vorgängerregierungen fort, wissenschaftliche Erkenntnisse aus dem Bericht zu tilgen, wenn sie politisch nicht opportun erscheinen, wie der Verband am Beispiel von Passagen zur politischen Repräsentation und Partizipation einkommensarmer Menschen dokumentiert, die aus früheren Berichtsentwürfen gestrichen wurden…“ Pressemitteilung des Paritätischen Gesamtverbandes vom 4. Januar 2017 externer Link und die ausführliche Stellungnahme des Paritätischen Gesamtverbandes vom 4. Januar 2017 externer Link pdf

b) DGB zum 5. Armuts- und Reichtumsbericht: Das können wir gegen Armut in Deutschland tun. Regierung muss endlich handeln

„Deutschland ist in den letzten Jahren noch reicher geworden. Trotzdem ist nach wie vor jeder Sechste von Armut betroffen oder bedroht, der soziale Aufstieg wird immer schwerer. Die Bundesregierung beschreibt die Probleme im aktuellen Armuts- und Reichtumsbericht durchaus treffend – doch sie liefert keine Lösungen. (…) Dabei gibt es nun wirklich genügend gute Ideen, was zu tun ist. Wer Armut bekämpfen will, der muss prekäre Arbeit wirksam eindämmen, Langzeiterwerbslosen eine echte Perspektive eröffnen sowie Alleinerziehende unterstützen. Der DGB hat konkrete Vorschläge dazu auf den Tisch gelegt, etwa wie Minijobs in reguläre Arbeit überführt werden können. Im Aktionsplan gegen Kinderarmut fordern wir zusätzliche Fördermaßnahmen und Qualifizierungsangebote für Eltern, die langzeiterwerbslos sind, und das sogar gemeinsam mit den Arbeitgebern.“ DGB-Mitteilung vom 5. Januar 2017 externer Link mit Download der ausführlichen DGB Stellungnahme vom 4. Januar 2017 mit Hintergründen und Handlungsempfehlungen

12. Politik » Sozialpolitische Debatte » neue und alte Armut (trotz Arbeit) » Tafeln und Vertafelung

Armut in NRW: Mitarbeiter der Tafeln sind am Rand der Erschöpfung

„Der Andrang bei den Tafeln wird größer. Auch Studenten und Geringverdiener sind zunehmend auf die günstigen Lebensmittel angewiesen. Vom Staat fühlen sich die Organisatoren im Stich gelassen. (…) „Der Bedarf ist unverändert hoch“, sagt auch Michaela Hofmann, Geschäftsführerin im Arbeitsausschuss Armut der Freien Wohlfahrtspflege. Dort beobachtet man das anwachsende und sich verdichtende Tafel-Netz allerdings auch mit Sorge – denn eigentlich müsste der Staat ein Existenzminimum der Menschen sichern, betont Hofmann. „Und das wird nicht erfüllt. Wenn dem so wäre, bräuchte man in der Form und Masse die Tafeln nicht.“…“ Beitrag von Stephan Müller vom 5. Januar 2017 bei der Welt online externer Link

  • Siehe dazu auch: Personal an der Grenze. Zu viel Andrang: Aufnahmestopp an Tafeln in NRW
    Immer mehr Menschen in NRW sind auf die Lebensmittelspenden der Tafeln angewiesen. Im vergangenen Jahr verzeichneten die Tafeln rund ein Drittel mehr Bedürftige – Menschen aus allen Bereichen. Alleinerziehende, Senioren, Aufstocker, Flüchtlinge. Vierlerorts gibt es einen Aufnahmestopp, in Lünen kam es deswegen jüngst zu Tumulten. Doch auch in anderen Orten stoßen die Ehrenamtlichen an ihre Grenzen…“ Ein Überblick vom 9.1.2017 externer Link von Wiebke Karla, Martina Niehaus, Stephan Teine, Fabian Paffendorf und Peter Bandermann bei den Ruhrnachrichten online

13. Politik » Lohnarbeit als Fetisch » Existenzgelddebatte – Bedingungsloses Grundeinkommen » Bedingungsloses Grundeinkommen international » Dossier: Finnland hat das europaweit erste Grundeinkommens-Experiment beschlossen

Grundeinkommen: Finnlands Experiment mit Erwerbslosen und eine intelligentere Alternative

Im Gegensatz zu früheren Berichterstattungen wird derzeit in den Medien sehr detailliert über das „Grundeinkommens“projekt in Finnland berichtet. (…) Es soll die sogenannte Arbeitslosigkeitsfalle bzw. Armutsfalle umgangen werden. Die wissenschaftlich umstrittene These von der „Arbeitslosigkeitsfalle“ behauptet ein im Verhalten der Erwerbslosen bzw. durch sozialpolitische Fehlanreize begründetes Verbleiben in der Erwerbslosigkeit und Armut (vgl. Hans-Böckler-Stiftung 2011). Durch die Nichtanrechnung der Erwerbseinkommen auf die neue Transferleistung würden Erwerbslose motiviert („angereizt“), auch gering bezahlte Erwerbsarbeit oder wenigstens einen Teilzeitjob anzunehmen. Das ist die arbeitsmarktpolitische Aktivierungsidee, die hinter dem Projekt in Finnland steckt. (…) Ein alternatives, auch arbeitsmarkpolitisch begründbares Projekt bestünde darin, Vollzeiterwerbstätigen im Falle einer Verkürzung von Erwerbsarbeitszeit einen bedingungslos gezahlten, existenz- und teilhabesichernden Geldtransfer als (teilweisen) Ersatz für das ausgefallene Erwerbseinkommen zu gewähren – also bei frei gewählter Teilzeitarbeit bzw. einer verkürzten Jahres- oder Monatsarbeitszeit. Diese „Abreizfunktion“ (ebenfalls ausgedrückt im Jargon der herrschenden marktreduktionistischen Ökonomie) eines bedingungslosen Transfers auf der Seite der Erwerbstätigen könnte verbunden werden mit der „Anreizfunktion“ auf der Seite der Erwerbslosen, die dann neben genanntem Transfer ebenfalls das Erwerbseinkommen für die freiwillig übernommene freigewordene Erwerbsarbeitszeit erhalten. Dies scheinbar nur arbeitsmarktpolitisch intendierte Projekt würde aber a) Erkenntnisse liefern und b) Verbesserungen für eine große Personengruppe erreichen, die weit über den arbeitsmarktpolitischen Aspekt hinausgehen und für die Einführung eines Grundeinkommens wichtig sind…“ Artikel von Ronald Blaschke vom 5. Januar 2017 beim Netzwerk Grundeinkommen externer Link – Alternativen sind wichtig, denn es ist mehrfach darauf hingewiesen worden, daß wir unter einem emanzipatorischen BGE etwas ganz anderes verstehen…

14. Interventionen » Asyl, Arbeitsmigration und Antirassismus » Asylrecht und Flüchtlingspolitik » Aufenthalt und Ausweisung » Dossier: Der Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh

a) Nach der »Feuershow«: Hunderte fordern Aufklärung des Todes von Oury Jalloh, kritisieren Staatsanwaltschaft. AfD-Landeschef provoziert Demonstranten

Thomas Ndindha von der Initiative »In Gedenken an Oury Jalloh« sprach von einer der größten und kraftvollsten antirassistischen Demonstration in Dessau. Es sei nicht akzeptabel, dass hundertfache Polizeigewalt gegen Unterprivilegierte vom Staat gedeckt werde. Im Fall Jalloh sei es nötig und möglich, die Todesumstände aufzuklären. »Man müsste endlich intensiv nach Tätern suchen«, forderte er. Schließlich sei längst bekannt, »dass das präsentierte Feuerzeug manipuliert und nie in der Todeszelle war«. Dass dies die Staatsanwaltschaft weiterhin ignoriert, habe sie mit ihrem medienwirksam vorgeführten Brandversuch im August erneut bewiesen. Vor drei Monaten sollten Ergebnisse hierfür veröffentlicht werden. Bis heute ist nichts passiert. Gegenüber jW mauert die Staatsanwaltschaft. Am 6. Januar beklagte auch die Freie Presse das amtliche Schweigen…Beitrag von Susan Bonath in der jungen Welt vom 9. Januar 2017 externer Link

b) Mehr als 1100 Menschen erinnern an Tod von Oury Jalloh

Mehr als 1100 Menschen haben am Samstag in Dessau-Roßlau an den Tod des Afrikaners Oury Jalloh vor zwölf Jahren in einer Polizeizelle erinnert. Eine Demonstration der Initiative in Gedenken an Jalloh führte am Nachmittag durch die Innenstadt. Ziel war die Polizeistation, wo der Asylbewerber 2005 bei einem Brand ums Leben gekommen war. Gegenüber den Vorjahren stieg die Zahl der Teilnehmer an den regelmäßigen Protesten am Todestag des Afrikaners stark an, erläuterte Polizeisprecher Ralf Moritz…Meldung vom 8. Januar 2017 beim ND online externer Link

15. Interventionen » Antifaschismus und die neuen alten Rechten » antifaschistische Initiativen » Nazifrei – Dresden stellt sich quer! » Antifaschist Tim H. wird erneut vor Gericht gezerrt

Dresden: Freispruch für Antifaschist Tim H.

Endlos-Prozess gegen Aktivisten in Sachsen nach sechs Jahren beendet / Landfriedensbruch konnte nicht nachgewiesen werden: Fast sechs Jahre nach seiner Teilnahme an Antinaziprotesten in Dresden ist der Berliner Antifaschist Tim H. am Landgericht Dresden vom Vorwurf des Landfriedensbruchs freigesprochen worden. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der heute 40-jährige Familienvater bei gewalttätigen Angriffen auf eine Polizeisperre am 19. Februar 2011 aufwiegelnd auf die Menge eingewirkt habe, sagte der Vorsitzende Richter Martin Schulze-Griebler am Freitag zur Urteilsbegründung: »Es konnte ihm nicht einmal nachgewiesen werden, dass er überhaupt Ansagen mit seinem Megafon gemacht hat.« (…) Nach dem erneuten Prozessauftakt im Dezember war es zu Angriffen gegen die Privatwohnung des Aktivisten gekommen. Mutmaßliche Neonazis hatten am Vorweihnachtsabend mehrere Fenster der Familienwohnung eingeschmissen und zwei Räume verwüstet. Zum Zeitpunkt des Angriffs hielten sich zwei Erwachsene und zwei kleine Kinder in der Wohnung auf. Nur durch großes Glück, berichten die Betroffenen, wurde niemand verletzt. »Wir gehen davon aus, dass der Angriff eigentlich Tim galt und die Nazis versucht haben, sich bei der Gerichtsverhandlung am Mittwoch seine Adresse zu beschaffen«, hieß es in einer Pressemitteilung der Gruppe »Wir sind alle Dresden-Nazifrei« …Meldung vom 06.01.2017 beim ND online externer Link

16. Interventionen » Antifaschismus und die neuen alten Rechten » alte und neue Nazis sowie Alltagsrassismus » Vom Rechtsextremismus zum Rechtsterrorismus – die NSU-„Affäre“ » Das unwahrscheinliche Ende des NSU

Operation Konfetti – der 11. Tatort im NSU-VS-Komplex

… Heute geht es um den 11. Tatort: Bundesamt für Verfassungsschutz/Köln. 1998 tauchten Mitglieder der neonazistischen Kameradschaft „Thüringer Heimatschutz“ (THS) ab. Das wusste der Inlandsgeheimdienst (Verfassungsschutz) noch. Dann will er dreizehn Jahre lang nichts mehr gewusst haben – auch nicht, dass sie später als NSU insgesamt zehn Menschen ermordet haben (sollen). Die einen sagen achselzuckend, dass so etwas passieren kann und verweisen darauf, dass man das Gegenteil nicht beweisen könne. In diesem Beitrag geht es darum, das Gegenteil zu beweisen: Dem Inlandsgeheimdienst fehlte es weder an Wissen über, noch an Zugängen zu den abgetauchten Neonazis. Sie machten schwere Straftaten möglich, anstatt sie zu verhindern…Teil 3 der Zusammenfassung von Wolf Wetzel vom 5. Januar 2017 bei den NachDenkSeiten externer Link

17. Interventionen » Kampf um Grundrechte » allgemeine Grundrechte » Verfassungsschutz und Geheimdienste

Der Verfassungsschutz versagt und lenkt ab

Innenminister de Maizière legt neue Leitlinien vor, um Sicherheitsbehörden zu stärken. Braucht es das? Es ist scheinbar absurd: Nach zahlreichen Pannen, Gesetzesübertretungen und mannigfachen Forderungen nach mehr Kompetenzen sind die Geheimdienste im Bewusstsein vieler Bürger etwas, das gleich nach Pest und Cholera rangiert. Doch trotz abermaligem Versagen bei der Abwehr des Terroranschlags auf den Berliner Weihnachtsmarkt werden sie weiter als unerlässliches Element der wehrhaften Demokratie dargestellt…Beitrag von René Heilig vom 08.01.2017 beim ND online externer Link

  • Aus dem Text: „… Aus dem – gelinde gesagt – Totalversagen bei der Abwehr des NSU hat das Parlament diverse Handlungsvorschläge erarbeitet. Eine konsequente Erkenntnisübermittlung an Strafverfolgungsbehörden, mehr Informationsaustausch, Transparenz statt althergebrachte Schlapphutkultur, mehr Kontrolle durch Parlamente gehörten dazu. Es gab neue Richtlinien der Zusammenarbeit zwischen Bundes- und Landesämtern, mehr Arbeitsteilung und Schwerpunktsetzung wurden angeregt. Die V-Mann-Arbeit sollte grundlegend überdacht werden. Es ist nicht erkennbar, dass die vielfache öffentliche Untersuchung des »NSU-Versagens« zu einem Umdenken, geschweige zu einer grundlegenden Verbesserung der Verfassungsschutzarbeit beigetragen hätte. Das Einzige, was nach der mehrfachen Skandalisierung »rum kam«, waren erweiterte gesetzliche Möglichkeiten der Dienste, Personalaufwuchs und erweiterte Budgets. (…) Es ist erstaunlich, wie wenig über die Qualität der Verfassungsschutzämter und damit über fachliche Fähigkeiten der Mitarbeiter und Chefs geredet wird. Ehrlichkeit auf diesem Gebiet würde einiges erklären. Personalauswahl, Personalführung, Personalbindung genießen offenbar einen geringen Stellenwert. Es gibt offenkundig eine große Anzahl völlig ungeeigneter aber beamteter Geheimdienstmitarbeiter. Mit Dienst nach Vorschrift schleppen sie sich bis zur Pension. Zudem gibt es offenkundig innerhalb des Geheimdienstes zahlreiche Klüngel und Seilschaften…

18. Interventionen » Solidarität gefragt » Free Mumia Abu-Jamal!

Mumia Abu-Jamal erreicht bahnbrechendes Urteil zur Hepatitis-C-Behandlung im Knast

Endlich – am Nachmittag des 3. Januar – fiel die Entscheidung: der Bundesrichter Mariani ordnet die beantragte einstweilige Verfügung an, die mit Mumia Abu-Jamal 7.000 Mitgefangenen des Staates Pennsylvania Hoffnung gibt. Sie alle haben Hepatitis C und brauchen daher ein neuartiges, wenn auch teures Präparat, das in den USA als DDA bekannt ist. Hiermit besteht eine 95 %ige Chance auf Heilung… Dies ist der vorläufige Höhepunkt eines weit über 1 ½-jährigen Tauziehens seitens der Anwälte Robert Boyle und Bret Grote unterstützt von Tausenden auf der ganzen Welt. (…) Die Solibewegung hatte im Zuge der Kampagne um Gesundheitsversorgung mehr als 130.000 US-Dollar für medizinische Hilfe und anwaltliche Vertretung gesammelt und tausende Eingaben an die Verantwortlichen gemacht…Beitrag vom Bundesweiten Free-Mumia-Netzwerk vom 05.01.2017 bei Indymedia linksunten externer Link

Lieber Gruss, die LabourNet-Redaktion

 


AKTUELL BEI LABOURNET.TV


Repression gegen streikende Textilarbeiter_innen in Bangladesh

In Ashulia, einem Zentrum der Textilindutrie naha Dhaka sind Ende Dezember 2016 1.500 Arbeiter_innen entlassen worden, weil sie gestreikt haben. Auf einen Streik am 12. Dezember, der sich in den folgenden Tagen auf 25 Fabriken ausweitete, reagierten die Arbeitgeber, indem sie am 21. Dezember alle Textilfabriken in der Industriezone vorübergehend schlossen und so 200.000 Arbeiter_innen aussperrten. Daraufhin wurden Polizei und paramilitärische Grenzschutz-Einheiten in die Region gebracht, um die Streiks zu beenden und Aktivist_innen und Streikende einzuschüchtern und zu verhaften. Am 27. Dezember wurden die Fabriken wieder geöffnet. Die Streikenden hatten die Wiedereinstellung von entlassenen Kolleg_innen und die Erhöhung des Mindestlohnes von umgerechnet 63 auf 180 Euro im Monat gefordert. In den Fabriken wird u.a für #Gap #Zara und #HM produziert.“ Video bei labournet.tv externer Link (englisch mit dt. UT |2 min |2017)


LabourNet Germany: https://www.labournet.de/ –  Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged Le point de rencontre de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils aient ou non un emploi
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