Regierung schreibt anlasslose Massenüberwachung in neue Gesetze

Dossier

Zeig der Vorratsdatenspeicherung die Rote KarteTrotz unzähliger Gerichtsurteile hält die Bundesregierung an der rechtswidrigen Vorratsdatenspeicherung fest. Das umstrittene Instrument findet sich auch in der geplanten Novelle des Telekommunikationsgesetzes wieder. Dies könnte zu Problemen mit der EU-Kommission führen. (…) Im Referentenentwurf der anstehenden Novelle des Telekommunikationsgesetzes externer Link (TKG) finden sich einschlägige Passagen aus dem bisher geltenden Gesetz externer Link wieder. Die Bestimmungen wurden zuletzt vom Bundesverwaltungsgericht ausgesetzt externer Link. Derzeit prüft der Europäische Gerichtshof erneut, ob eine verdachtsunabhängige Überwachung rechtens ist. Dessen ungeachtet hat die Bundesregierung die rechtlich fragwürdigen Regeln übernommen. Demnach sollen Telefonie-Anbieter unter anderem alle Rufnummern samt der Uhrzeit des jeweiligen Telefonats oder einer SMS-Nachricht speichern, und zwar für zehn Wochen. Selbiges gilt für IP-Adressen, über die Internetverbindungen abgewickelt werden. Standortdaten sollen vier Wochen lang vorgehalten werden…“ Artikel von Tomas Rudl vom 25.06.2020 bei Netzpolitik externer Link und dazu:

  • Vorratsdatenspeicherung noch keine „Leiche im Keller“: Koalitionsdrama geht trotz Quick-Freeze-Einigung weiter, Faeser drängt noch auf Ausnahme zur Strafverfolgung New
    • Einigung zu Quick Freeze: Vorratsdatenspeicherung ist jetzt „Leiche im Keller“
      „… Gestern sah es noch ganz anders aus, zumindest für die sozialdemokratische Innenministerin Nancy Faeser: Mit deutlichen Worten forderte sie bei der Präsentation der Polizeilichen Kriminalstatistik wieder einmal die Vorratsdatenspeicherung. Nur einen Tag später scheint diese Form der anlasslosen Überwachung jedoch vorerst vom Tisch. Das Kabinett hat sich auf das alternative Quick-Freeze-Verfahren geeinigt – offenbar an der Innenministerin vorbei. Über die Einigung hatte zuerst LTO berichtet. Ausgangspunkt der künftigen Regelung soll der Referentenentwurf von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) von Oktober 2022 sein, den wir im Volltext veröffentlicht haben. Ganz soll die Vorratsdatenspeicherung dem Vernehmen nach allerdings nicht verschwinden: Wie mehrere Quellen aus der Ampel gegenüber netzpolitik.org bestätigen, sollen die bislang im Telekommunikationsgesetz (TKG) verankerten Regeln weiterhin bestehen, aber wie bisher ausgesetzt bleiben. (…) Quick Freeze gilt als die grundrechtsschonendere Alternative zur Vorratsdatenspeicherung von IP-Adressen und anderen Daten wie Standortinformationen. Während bei der Vorratsdatenspeicherung ohne einen Anlass und verdachtsunabhängig solche Daten für einen bestimmten Zeitraum gespeichert werden, beginnt die Speicherung (das Einfrieren) bei Quick-Freeze üblicherweise erst nach einem Verdacht und nach einem richterlichen Beschluss. Gesichert werden die bei den Providern verfügbaren Daten, die sie beispielsweise für Verrechnungszwecke kurzfristig aufheben oder die nach der Anordnung anfallen. Die Maßnahme muss sich laut dem bisherigen Gesetzentwurf nicht gegen eine Person richten, sondern kann auch einen Ort betreffen. Bei den einzufrierenden Daten handelt es sich um Informationen wie IP-Adressen, Standortdaten und Metadaten zu Kommunikationsverbindungen, also etwa wer zu welchem Zeitpunkt mit wem telefoniert hat und wo die Person dabei war. Quick Freeze gilt zwar als grundrechtsschonender als die VDS, bietet aber auch Schlupflöcher für umfangreiche Überwachungen. Denn eine Überwachungsmaßnahme kann sich sehr spezifisch gegen einen Anschluss richten, könnte aber auch ganze Stadtgebiete oder Orte betreffen. Die Bundesrechtsanwaltskammer hatte damals zudem kritisiert, dass bei Quick Freeze Mandatskontakte in die Hände der Strafverfolger gelangen könnten. Im Gesetzentwurf des Justizministeriums aus dem Jahr 2022 war bei Quick Freeze eine doppelte Sicherung nötig: Sowohl das Einfrieren der Daten wie auch das spätere „Auftauen“ sollten jeweils eine eigene Erlaubnis von Richter:innen benötigen, den sogenannten Richtervorbehalt. Wie der aktuelle Entwurf das regeln wird, ist noch nicht bekannt, dem Vernehmen nach soll er sich jedoch am Referentenentwurf orientieren. Aus Koalitionskreisen verlautete, dass ein konkreter Entwurf „zeitnah ins Kabinett“ kommen solle. Danach steht die Behandlung im Bundestag an. Beitrag von Tomas Rudl und Markus Reuter vom 10. April 2024 bei Netzpolitik.org externer Link, siehe aber:
    • Vorratsdatenspeicherung: Koalitionsdrama geht trotz Quick-Freeze-Einigung weiter
      Prinzipiell hat sich die Bundesregierung darauf verständigt, TK-Daten nur anlassbezogen einzufrieren. Doch Innenministerin Faeser drängt noch auf eine Ausnahme.
      Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will trotz der zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) ausgehandelten Einigung auf einen Quick-Freeze-Ansatz zum Einfrieren von Verbindungs- und Standortdaten zur Strafverfolgung im Verdachtsfall nicht kleinbeigeben. Sie fordert weiter, zumindest IP-Adressen auf Vorrat zu speichern. Das sei eine notwendige Voraussetzung dafür, dass dieses neue, prinzipiell sinnvolle Verfahren „überhaupt funktionieren kann und überhaupt Daten vorhanden sind“, erklärte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums (BMI) am Mittwoch. Nur so könnten Ermittlungen dazu führen, „dass die Täter identifiziert werden“. Anders mache Quick Freeze gar keinen Sinn: „Wo nichts ist, kann man nichts einfrieren.“ Faeser übernimmt damit die Kritik etwa des rechtspolitischen Sprechers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Günter Krings. (…) Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) monierte ebenfalls, dass die neue, von ganz oben in der Regierungszentrale abgesegnete Übereinkunft nicht ausreichend sei.
      Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, kündigte gemeinsam mit anderen führenden Sozialdemokraten an, dass die Absprache der Bundesregierung im parlamentarischen Verfahren noch überarbeitet werde. (…) Der EU-Abgeordnete Patrick Breyer (Piratenpartei), der seit Langem gegen die Vorratsdatenspeicherung kämpft, wertete die Koalitionsentscheidung als „Erfolg für die Bürgerrechtsbewegung, die seit Jahrzehnten auf der Straße und vor Gericht gegen die Idee einer flächendeckenden Totalerfassung unserer Kontakte, Bewegungen und Internetverbindungen“ vorgehe. In Buschmanns Entwurf fehle aber die Vorgabe, „dass die betroffenen Personen und Anschlüsse in der Freeze-Anordnung genau bezeichnet werden müssen“. So könnten Staatsanwälte und Amtsgerichte trotzdem „flächendeckend die Kommunikationsdaten sämtlicher Bürger auf Vorrat speichern lassen“…“ Artikel von Stefan Krempl vom 11.04.2024 in heise news externer Link
  • We fight for your digital rights!: „Wenn sie das durchkriegen, ist der Damm gebrochen.“
    „Es ist ein Kampf, der schon mehr als ein Jahrzehnt andauert. Constanze Kurz war von Anfang an dabei. (…) Angefangen hat alles lange vor meiner Zeit bei netzpolitik.org. Ich arbeitete noch an der Uni und mir wurde ein zentimeterdicker Umschlag überreicht, darin Dokumente verbunden mit der Frage, ob ich mich beim Bundesverfassungsgericht sachverständig äußern würde. Es war der Fragenkatalog zur Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung, also zur Massenüberwachung von Telekommunikationsdaten. (…) In der Zeit vor der Bundestagswahl 2009 wurde das Thema zum Politikum, stärker als zuvor. An den Protesten der Freiheit-statt-Angst-Demos beteiligten sich damals auch die politischen Parteien – außer die CDU. Das Beschwerdeverfahren gegen die Vorratsdatenspeicherung war die zahlenmäßig größte Verfassungsbeschwerde, die die Bundesrepublik je gesehen hatte. Es brachte sehr viel Aufmerksamkeit für die Umsetzung der Idee, die gesamte Bevölkerung in ihrem Kommunikationsverhalten zu erfassen. Das erschien vielen damals unglaublich monströs. Das ist heute vielleicht nicht mehr unbedingt so, man ist diese Forderung mittlerweile gewöhnt. Aber damals dachten viele: Wenn sie das durchkriegen, dann können sie auch andere anlasslose große Datensammlungen durchsetzen. Das ist ein Dammbruch. Und die Tatsache, dass Speicher billiger werden und dass die Software, mit der man solche Daten analysiert, einfacher verfügbar und auch mächtiger in ihren Funktionen wird, war damals schon absehbar. Wenn man sich heute durchliest, was zum Beispiel in der damaligen Stellungnahme steht, aber auch in anderen, die Sachverständige dort abgegeben haben, dann sieht man, dass technische Entwicklungen, die sich danach gezeigt haben, schon prognostiziert wurden. (…) Wir werden ganz sicher nicht aufhören, weiter über technisierte Massenüberwachung zu berichten. Wir sind da Überzeugungstäter. Wir haben über die Jahre fast eintausend Artikel allein zur Vorratsdatenspeicherung angesammelt. Das ist natürlich auch ein Zeichen, wie wichtig wir das Thema immer wieder nehmen. Und wir haben eine Expertise angehäuft, die man anderswo nicht hat. Damit ist nicht nur die Technik an sich gemeint, sondern zum Beispiel auch politische Abläufe und Absprachen, juristische Feinheiten, die mit der Technik zusammenhängen, oft auch die politische Gemengelage – und was etwa argumentativer Bullshit ist, der trotzdem immer wiederholt wird. Ich würde mir wünschen, dass Menschen gegen Massenüberwachung wieder auf die Straße gehen. Aber die Situation in Deutschland kommt derzeit solchen Protesten nicht entgegen: Die Leute haben einfach andere Probleme, die finanzielle Situation und natürlich auch der Krieg in der Ukraine. Ich kann verstehen, dass für viele Menschen Überwachung aktuell nicht das drängendste Problem ist. Doch die Freiheit von Überwachung, insbesondere von dauerhafter anlassloser Massenüberwachung, bleibt letztlich die Voraussetzung für politische Veränderung: Eine überwachte Gesellschaft kann sich nur schwer ändern, sie erstarrt.“ Der Beitrag vom 4. Dezember 2022 bei Netzpolitik.org externer Link basiert auf einem Gespräch, das Stefanie Talaska mit Constanze Kurz geführt und aufbereitet hat
  • Digitalcourage sieht Quick Freeze als Chance, rechtsstaatliche Alternative zur anlasslosen Vorratsdatenspeicherung 
    „… Der Bielefelder Verein #Digitalcourage begrüßt den Vorschlag des Bundesjustizministers zu einem Quick Freeze Verfahren. Damit wird die Möglichkeit geschaffen, die jahrzehntelange Debatte zur Vorratsdatenspeicherung zu beerdigen und Strafverfolgungsbehörden endlich ein rechtsstaatkonformes Instrument an die Hand zu geben. Digitalcourage sieht dabei noch Nachbesserungsbedarf, lobt aber, dass damit endlich die Chance für einen ernsthaften Dialog geschaffen wird. Digitalcourage zeigt sich besorgt über die uneinsichtige Position der Bundesinnenministerin »Nancy« Faeser und fordert, dass sie die überholte Idee Vorratsdatenspeicherung endlich aufgibt. Als Quick Freeze (»Schockfrosten«) beziehungsweise umgehende Sicherung wird in der Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung ein Verfahren bezeichnet, mit dem Telekommunikations Verkehrsdaten für Zwecke der Strafverfolgung vorübergehend gesichert werden können (Anlassdatenspeicherung). (…)Jetzt kommt es darauf an, dass Innenministerin Faeser ihre radikale Position – die rückwärtsgewandte Forderung nach einer #IP #Vorratsdatenspeicherung – aufgibt. »Diejenigen die bockig immer noch eine Vorratsdatenspeicherung von IP Adressen fordern – und damit eine anlasslose Massenüberwachung – verhindern mit ihren Maximalforderungen eine konstruktive Lösung aus ideologischen Gründen«, sagt Julia Witte von Digitalcourage. (…) Eine vorläufige Analyse von Digitalcourage zeigt aber auch, dass das Gesetz noch Nachbesserungsbedarf hat. Dazu gehört, dass es Schutzmaßnahmen braucht, um einem Missbrauch der Instrumente und einer Ausweitung vorzubeugen. Das Gesetz muss explizit festschreiben, dass keine neue Speicherpflicht für Internetserviceprovider entsteht: Provider dürfen nicht durch eine Quick Freeze Anordnung dazu verpflichtet werden, Daten zu speichern, die sie sonst im laufenden Betrieb gar nicht erheben. Digitalcourage sieht auch Risiken darin, den Verzicht auf eine Mindestspeicherfrist nur in der Begründung des Gesetzes zu erwähnen, statt das im Gesetz zu verankern. Das lädt zu einer späteren Einführung einer grundsätzlichen Mindestspeicherfrist für Provider ein. Eine vorgeschriebene Mindestspeicherfrist muss aber ausgeschlossen werden, um Akzeptanz für das Quick Freeze Verfahrung sicherzustellen. Digitalcourage wird die Verhandlungen zum Gesetzesentwurf begleiten, damit sich in den Details kein fauler Kompromiss versteckt…“ Pressemitteilung vom 26. Oktober 2022 bei Digitalcourage externer Link
  • Vorratsdatenspeicherung nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs: Schluss mit der Anmaßung! 
    Wer heute noch die Vorratsdatenspeicherung fordert, verhöhnt Betroffene von digitaler Gewalt. Unsere Autorin berät Frauen, die u.a. von Cyberstalking betroffen sind und ist langsam richtig sauer.
    Seit nunmehr 15 Jahren versuchen verschiedene Regierungen, eine Maßnahme einzuführen, die immer wieder scheitert, weil sie unsere Grundrechte verletzt. Das kostet nicht nur jede Menge Steuergeld, Diskussionszeit und lenkt von sinnvollen Maßnahmen zur Strafverfolgung ab, sondern führt dazu, dass das Problem ungelöst bleibt. Ob die Vorratsdatenspeicherung bei digitaler Gewalt überhaupt helfen würde, ist umstritten. Sie diente ja von Anfang an nur als Feigenblatt für eine Regierung, die sich bei der Gestaltung der Digitalisierung einen schlanken Fuß macht. Die Betroffenen von digitaler Gewalt sind den Regierenden, die seit 15 Jahren nichts Konstruktives zur Ermittlung bei digitalen Delikten zu Stande bringen, offensichtlich herzlich egal. Nur als billiges emotionalisierendes Argument dürfen sie herhalten.
    Nur wenige Stunden nachdem der Europäische Gerichtshof zum wiederholten Male die Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig erklärt hat, sagte Nancy Faeser, man brauche die Vorratsdatenspeicherung, um misshandelten Kindern zu helfen externer Link. Die Union fordert erneut ein Gesetz, das vor keinem Gericht Bestand hätte externer Link und offenbart damit ebenso, dass es ihr nicht darum geht, den Betroffenen wirklich zu helfen.
    Denn es gäbe jede Menge zu tun, um Betroffene von digitaler Gewalt zu unterstützen, und um Ermittlungen bei digitalen Delikten zu erleichtern. Auffallend ist, dass Forderungslisten von Betroffenenvertretungen wie der Frauenhauskoordinierung oder dem Anti-Stalking-Projekt keine Vorratsdatenspeicherung enthalten, sondern jede Menge anderer Maßnahmen, auch im analogen Bereich. Wir haben (nicht nur daraus) eine ganze Sammlung zusammengestellt. Nicht jede dieser Ideen ist optimal, doch sie alle könnten verfassungskonform umgesetzt werden und damit sofort wirksam sein. Sie alle sind es wert, zumindest diskutiert zu werden…“ Beitrag von Leena Simon vom 6.10.2022 bei Digitalcourage externer Link
  • EuGH-Urteil zur Vorratsdatenspeicherung ist ein Sieg für die Zivilgesellschaft: Digitalcourage fordert Bundesregierung jetzt auf: Finger weg von anlassloser Speicherung 
    „Der europäische Gerichtshof hat heute ein historisches Urteil verkündet: Die aktuell in Deutschland geltende Vorratsdatenspeicherung widerspricht den Grundrechten der EU und das entsprechende deutsche Gesetz ist damit null und nichtig. „Seit zwanzig Jahren beharrte die Politik auf der grundrechtsproblematischen Vorratsdatenspeicherung und lenkte von den echten Problemen ab. So verhinderte die Politik die Einführung notwendiger grundrechtskonformer Maßnahmen“, sagt padeluun, Mitgründer und Vorstand von Digitalcourage. Eine Vorratsdatenspeicherung lässt weitreichende Rückschlüsse auf das Privatleben aller Bürgerinnen und Bürger zu. Denn auch ganz ohne Kenntnis der Gesprächsinhalte können die Verbindungsdaten Rückschlüsse auf die Lebenssituation von Menschen erlauben, Informant.innen der Presse gefährden oder vertrauliche Beziehungen zu Ärztinnen, Beratungsstellen oder Anwälten offenlegen. Eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung erzeugt ein Gefühl des dauernden Überwacht-Werdens. Das darf es in einer Demokratie nicht geben. Der EuGH stellt in seinem Urteil klar: Eine Speicherung von Verbindungsdaten ist immer ein schwerer Eingriff in die Grundrechte der betroffenen Menschen – auch wenn nur für einen kurzen Zeitraum gespeichert wird. (…) Justizminister Marco Buschmann sagte in seiner heutigen Pressekonferenz zum EuGH-Urteil: „Ein guter Tag für die Bürgerrechte“ und würdigte ausdrücklich das Engagement der Zivilgesellschaft. Amtskollegin Innenministerin Nancy Faeser dagegen brachte erneut eine anlasslose Speicherung sämtlicher IP-Adressen ins Spiel. Marco Buschmann erwartet den neuen Gesetzentwurf innerhalb der nächsten zwei Wochen. Da werden die beiden Ministerien einiges zu diskutieren haben. Digitalcourage fordert von der Bundesregierung, nicht wieder den Geist eines EuGH-Urteils ins Gegenteil zu verkehren. „Hallo Ampel: Im Koalitionsvertrag habt ihr geschrieben, dass es keine anlasslose Speicherung geben wird. Das heißt jetzt: Finger weg von einer anlasslosen Speicherung von IP-Verbindungsdaten!”, sagt Digitalcourage-Gründungsvorstand Rena Tangens…“ Pressemitteilung von Digitalcourage vom 20.09.2022 (per e-mail), siehe auch:

    • Vorratsdatenspeicherung: Nein zum milliardenfachen Datenhorten – Der Justizminister muss Wort halten
      „Die Verbindungs- und Standortdaten der Kommunikation dürfen nicht anlasslos weggespeichert werden – ein Sieg für die Grundrechte. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Vorratsdatenspeicherung sollte aber auch Anlass sein, über die inhärenten Gefahren von massenhaften Datenhalden nachzudenken. Die Idee war von jeher monströs: das Kommunikationsverhalten der gesamten Bevölkerung wegzuspeichern, um in Kriminalfällen mit diesen Daten ermitteln zu können. Das höchste Gericht Europas hat die Rechtswidrigkeit der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung nun erneut festgestellt. Das Urteil ist ein klarer Sieg für die Grundrechte. Aber dass es so viele Jahre, mehrere höchstrichterliche Urteile, massive Proteste und einen wirklich langen juristischen Atem gebraucht hat, um die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland vorerst zu begraben, ist fatal. Denn es ist ein Zeichen dafür, dass ein Teil der politischen Parteien den Kompass in Fragen massenhafter Überwachung verloren hat. Es sind die drei ehemaligen Volksparteien CDU, CSU und SPD, die über Jahre hinweg die anlasslose Vorratsdatenspeicherung protegiert haben. (…) Doch das Urteil sollte Anlass sein, auch andernorts das milliardenfache Horten von Daten zu hinterfragen. Denn dass sich aus Vorratsdaten aussagekräftige Profile errechnen lassen, ist unumstritten. Das ist aber längst nicht auf Telekommunikationsdaten beschränkt: Detaillierte Bewegungs- oder Sozialprofile lassen sich aus anderen massenhaften Informationshäppchen gewinnen. Beispiele dafür liegen auf der Hand: etwa die kürzlich als rechtswidrig gebrandmarkte Vorratsdatenspeicherung der Passagierdaten oder die zwangsweisen massenhaften Biometrie-Sammlungen. Auch aus ihnen und weiteren Datensammlungen können aussagekräftige Profile und Zusatzinformationen über Personen hervorgehen. Und nicht zuletzt muss erneut darauf hingewiesen werden: Abgespeicherte Massendaten sind immer auch ein inhärentes Sicherheitsproblem. Denn wir leben nicht nur in einer Zeit, in der einigen Politikern offenbar der Sinn dafür fehlt, dass wegen der allseitigen Digitalisierung die anfallenden Daten nicht etwa zu ihrer freien Verfügung stehen, sondern auch in einer Zeit einer strukturellen IT-Sicherheitskrise. Jeden einzelnen Tag können wir nachlesen, wo wieder diese und jene Sicherheitslücken entdeckt wurden oder wo massenhaft Daten abflossen. Es ist so häufig geworden, dass selbst bei Millionen Betroffenen kaum mehr ein Hahn danach kräht. So sind solche Datenhalden wie bei der Vorratsdatenspeicherung eben auch ein Sicherheitsrisiko. Schon deswegen sollte man sich von der Idee des massenhaften Wegspeichern ohne Anlass tunlichst verabschieden. Kommentar von Constanze Kurz vom 20. September 2022 bei Netzpolitik.org externer Link
    • Siehe zum aktuellen Hintergrund und Anlaß: Urteil des EuGH (Große Kammer) vom 20. September 2022: Aktuell in Deutschland geltende Vorratsdatenspeicherung widerspricht den Grundrechten der EU
  • Offener NGO-Brief an Ampel: Keine anlasslose Vorratsdatenspeicherung von IP-Adressen!
    „Über 20 zivilgesellschaftliche Organisationen wie Datenschutz- und Berufsverbände warnen heute in einem Brief an die Ampel-Koalition, die von Bundesinnenministerin Faeser (SPD) geforderte Vorratsspeicherung von Internetadressen (IP-Adressen) wäre zum Schutz von Kindern ungeeignet und ein schwerer Eingriff in Grundrechte, weil IP-Adressen zur umfassenden Nachverfolgung der von einem Internetnutzer besuchten Internetseiten und infolgedessen seiner Online-Aktivität genutzt werden können. Es drohten das Ende der Anonymität im Internet und unzumutbare Folgen etwa für Opfer von Gewalt- oder Sexualdelikten sowie Presseinformanten. Morgen wird der EU-Gerichtshof mit einem Grundsatzurteil entscheiden inwieweit das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung mit EU-Recht vereinbar ist. Eine generelle IP-Vorratsdatenspeicherung ist europarechtlich nicht verboten, wird jedoch vom Koalitionsvertrag abgelehnt. (…) Die unterzeichnenden Organisationen und Personen dieses Briefs lehnen die anlasslose Vorratsdatenspeicherung der IP-Adressen aller Bürger:innen ab und fordern Sie auf, den Koalitionsvertrag umzusetzen, die Freiheitsrechte der Bevölkerung zu schützen und langfristig den Weg einer massenüberwachungsfreien Politik einzuschlagen.Stoppen Sie die Vorratsdatenspeicherung, schützen Sie Telefon- und auch Internetnutzer:innen! …“ Pressemitteilung vom 19. September 2022 beim Bündnis Stppt die Vorratsdatenspeicherung! externer Link

  • Ampel streitet über Massenspeicherung: Auch Faeser will Vorratsdaten 
    „… Der Gegenwind kam prompt. Kaum hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ihren Aufschlag zur Vorratsdatenspeicherung gemacht, gaben die Koalitionspartner von Grünen und FDP Kontra. Man habe im Koalitionsvertrag vereinbart, die anlasslose Vorratsdatenspeicherung „endgültig abzuschaffen“, stellte Justizminister Marco Buschmann (FDP) klar. „Das gilt.“ Und auch Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz betonte gegenüber der taz: „Die Vorratsdatenspeicherung ist rechtsstaatlich tot, und das seit langer Zeit.“ Faeser hatte am Donnerstag in der Zeit eine rasche Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung gefordert. Die Speicherung von Daten sei „unbedingt erforderlich“, um etwa Täter in schweren Fällen von Missbrauch identifizieren zu können. Gerade in diesem Feld brauche es „maximalen Ermittlungsdruck“, die Vorratsdatenspeicherung sei hier unverzichtbar. Viele Täter gingen den Ermittlern „durch die Lappen“, weil die Vorratsdatenspeicherung aktuell weitgehend außer Kraft gesetzt sei. Die anlasslose Vorratsdatenspeicherung, mit der Provider Telefon- und Internetverbindungsdaten festhalten sollen, wurde 2015 wieder eingeführt, liegt aber bereits seit 2017 auf Eis – auch weil ein Rechtsstreit vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) andauert. Er will nun am 20. September seine Entscheidung verkünden. (…) Im Koalitionsvertrag einigte sich die Ampel auf keine definitive Absage an die Vorratsdatenspeicherung, vereinbarte aber, diese nur „rechtssicher anlassbezogen und durch richterlichen Beschluss“ anzuwenden – ein Massenspeichern ist damit de facto ausgeschlossen…“ Artikel von Konrad Litschko und Tanja Tricarico vom 8. September 2022 in der taz online externer Link, siehe auch:

    • Faesers verwirrender Vorstoß
      Nancy Faeser hat mit Äußerungen zur Vorratsdatenspeicherung für Aufregung gesorgt. Es ist nicht das erste Mal, dass die Innenministerin ihre Koalitionspartner vor den Kopf stößt…“ Beitrag von Anna Biselli vom 08.09.2022 bei Netzpolitik externer Link
  • TKG-Novelle: Seehofer will Personalausweis-Pflicht für E-Mail und Messenger einführen 
    „Das Bundesinnenministerium fordert eine anlasslose Personen-Vorratsdatenspeicherung mit verifizierten Daten aller Bürger:innen, die im Internet über Messenger oder E-Mail kommunizieren. (…) Im BMI-Papier externer Link, welches der E-Mail-Anbieter Posteo am Dienstagabend veröffentlicht hat und das wir hier im Volltext publizieren, heißt es: „TK-Dienste sollen verpflichtet werden, Identifizierungsmerkmale zu erheben, zu verifizieren und im Einzelfall den Sicherheitsbehörden zur Verfügung zu stellen.“ Die Daten der Bürger:innen sollen zum Zweck einer möglichen künftigen Strafverfolgung flächendeckend gespeichert werden. Zusätzlich zur Vorratsdatenspeicherung der IP-Adressen, sollen nun also bei dieser Personen-Vorratsdatenspeicherung auch die Namen und Adressen aller Bürger:innen anlasslos festgehalten werden. (…) Linus Neumann, Sprecher des Chaos Computer Clubs, kritisiert gegenüber netzpolitik.org einen massiven Eingriff in die Grundrechte und einen maßlosen Ausbau der Überwachung aller Bürger:innen: „Das wäre ein beispielloser Angriff auf europäische Werte und das freie Internet. Dinge, mit denen wir uns sonst so gerne von China abgrenzen. Dieser Angriff auf die Kommunikationsfreiheit aller und die Meinungsfreiheit von Minderheiten sucht seinesgleichen und wäre ein maßloser Versuch, Grundrechte einzuschränken. Eine anlasslose Speicherung von Personendaten unbescholtener Bürger:innen auf Vorrat ist außerdem unverhältnismäßig und von einem autoritären Denken durchzogen, welches dem Grundgesetz widerspricht.“ Es gibt noch weitere Gefahren, die mit dem Vorschlag einhergehen: Nutzer:innen müssten werbegetriebenen Datenkonzernen wie Google oder Facebook ihre wahre Identität samt Alter offenlegen. Die Verteilung von verifizierten Personendaten an Internetunternehmen in der ganzen Welt erhöht nicht nur die Attraktivität von Hacker-Angriffen, sondern führt bei Datenverlusten dazu, dass verifizierte Personendaten in Umlauf gelangen und beispielsweise für Identitätsdiebstahl genutzt werden können. Was vom BMI als Gewinn für die Sicherheit verkauft wird, würde für die Internetnutzer:innen zu mehr Unsicherheit führen. (…) Posteo weist in seinem Blogbeitrag allerdings darauf hin, dass die Forderung nach Identifizierung aller Nutzer:innen nur ein Ablenkungsmanöver sein könnte, um von den 14 anderen Punkten des Papiers abzulenken. Es könnte dem Koalitionspartner SPD ermöglichen, das Schlimmste herauszuverhandeln und den anderen Punkten stillschweigend zuzustimmen. Denn diese weiteren Punkte haben es in sich. So will das BMI auch Internetcafes, Krankenhäuser oder Hotels verpflichten, Daten für Auskunftsersuchen der Sicherheitsbehörden zu erheben und zu speichern. Der Kreis derer, die Daten für eine spätere mögliche Auskunft an den Staat speichern müssen, würde im großen Stil ausgebaut…“ Beitrag von Markus Reuter vom 3. März 2021 bei Netzpolitik.org mit Volltext des Forderungskataloges zur TKG-Novelle externer Link, siehe auch:

    • Telekommunikationsgesetz: Welche neuen Überwachungsvorhaben Seehofers „Wunschliste des Grauens“ überdeckt 
      „Zuletzt sorgte die Forderung des Bundesinnenministeriums für Aufregung, in Zukunft für Nutzer:innen von Messengern eine Ausweispflicht einzuführen. Dabei ist das, was in der TKG-Novelle jetzt schon drin steht, gefährlich genug. (…) Folgende Punkte drohen nun auf den letzten Metern der Debatte um die Gesetzesnovelle wegen Seehofers „Wunschliste des Grauens“ unterzugehen. (…) Eine der gravierendsten Änderungen des Gesetzes ist die Quasi-Gleichstellung von E-Mail- und Messenger-Diensten mit herkömmlichen Telekommunikationsdiensten wie beispielsweise Mobilfunkanschlüssen. Zwar sieht die Novelle keine Erhebungspflicht vor, etwa von Namen und Adresse, wie es sich Seehofer gewünscht hatte. Erhebt und speichert allerdings ein solcher Anbieter Bestandsdaten wie eine Nutzer:innenkennung, was bei vielen Diensten der Fall sein dürfte, dann müssen sie diese Daten auf Verlangen herausgeben. Zudem führt die Novelle das sogenannte Marktortprinzip für Messenger ein. Dieses Prinzip sieht vor, dass für einen Dienst die Regeln des Marktes gelten, in dem dieser genutzt wird, und nicht der Unternehmenssitz eines Dienstes maßgeblich ist. Das würde bedeuten, dass sich auch Messenger wie Signal (USA), Telegram (Dubai) oder Threema (Schweiz) an deutsches Recht halten und beispielsweise Bestandsdaten schon bei Ordnungswidrigkeiten an Sicherheitsbehörden und Geheimdienste herausgeben müssten. Eine solche Regelung könnte bei einer Weigerung der Messenger zur Mitarbeit zu Maßnahmen gegen diese führen. Denkbar sind etwa ein Ausschluss aus dem deutschen App-Store oder gar Websperren. (…) Ändern soll sich die Schwelle, ab der bestimmte Auflagen gelten. Während früher ein Geschäftskunde mit hunderten Nutzer:innen als ein einzelner „Teilnehmer“ galt, soll in Zukunft jede:r Nutzer:in mitgezählt werden. (…) Die neuen Begriffsdefinitionen und Bestimmungen der Novelle reichen freilich weit über das TKG hinaus. So kritisierte etwa der Branchenverband eco in seiner Stellungnahme zur Novelle des Verfassungsschutzrechts, dass dadurch „die Anzahl der grundsätzlich zur Auskunft verpflichteten Unternehmen immens steigt“. (…) Und dann ist da noch der Bundesrat, der dem Gesetz ebenfalls zustimmen muss. Dessen Empfehlungen von Anfang des Jahres haben es in sich: Wie das BMI wünscht sich die Länderkammer eine Ausweispflicht für Messengerdienste. Dies wäre aber bloß die halbe Miete, denn auf verschlüsselte Inhalte ließe sich trotz Staatstrojaner nur bedingt zugreifen. Das Instrument würde „neben strengen rechtlichen Voraussetzungen einen hohen technischen Aufwand, eine lange Vorlaufzeit und auch eine tatsächliche Gelegenheit zum Aufspielen entsprechender Software auf dem Zielgerät“ erfordern, wäre also zu kompliziert. Deshalb sollten Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste verpflichtet werden, fordert der Bundesrat, den Zugriff auf verschlüsselte Inhalte „durch deutsche Sicherheitsbehörden im Einzelfall zu ermöglichen (sogenannte ‚Front-Door‘)“…“ Beitrag von Markus Reuter und Tomas Rudl vom 29. März 2021 bei Netzpolitik.org externer Link
    • [TKG-Novelle] Kontrolliertes Internet wie in China: Mailen und chatten nur noch mit Personalausweis
      „Ohne die „Legitimität“ eines elektronisch lesbaren Personalausweises mit einem biometrischen Foto und ab 1. August auch von 2 Fingerabdrücken, soll künftig niemand mehr eine Mail verschicken oder über Messenger mit seinen Freunden chatten dürfen. Es sollen mindestens Name, Anschrift und Geburtsdatum beim Provider registriert werden. Kein Aprilscherz! Nein, das möchte das Bundesinnenministerium (BMI) noch kurzfristig in die Novellierung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) hereinverhandeln. So sieht es ein Papier vor, das von netzpoltik.org kürzlich veröffentlicht wurde. Danach wird von Nutzern von WhatsApp, Zoom, Skype, Signal, Threema, Telegram, iMessage, Facebook-Messenger, E-Mail und allen anderen „nummernunabhängigen interpersonellen TK-Diensten“ gefordert, dass sie ihre Personalien bei den jeweiligen Anbietern verifiziert hinterlegen müssen. Warum nur „nummernunabhängige TK-Dienste“? Die anderen sind schon erfasst, denn für alle Telefondienste müssen beim Kauf der SIM-Karte bereits der Ausweis vorgelegt und registriert werden (SIM Karten ab 1. Juli 2017 nur noch mit Personalausweis ). (…) Jede/r ist verdächtig irgendwann gegen Gesetze zu verstoßen. Deshalb ist der Zweck der Speicherung eine mögliche künftige Strafverfolgung. Unschuldsvermutung – war einmal: Zusätzlich zur „normalen“ Vorratsdatenspeicherung der IP-Adressen (wer, wann mit wem?), sollen nun also bei dieser Personen-Vorratsdatenspeicherung auch die Namen und Adressen aller BürgerInnen anlasslos gespeichert werden. Linus Neumann, Sprecher des Chaos Computer Clubs, nennt dieses Vorhaben gegenüber netzpolitik.org einen massiven Eingriff in die Grundrechte und einen maßlosen Ausbau der Überwachung: Das wäre ein beispielloser Angriff auf europäische Werte und das freie Internet. Dinge, mit denen wir uns sonst so gerne von China abgrenzen. (…) Neben dem Überwachungswahn des Staates sehen wir noch eine weitere Gefahr, die nicht kleiner ist: Die Internetgiganten Facebook, Google, Amazon, … bekommen unsere Daten in exakter Form, um damit ihre Datensammelei zu perfektionieren…“ Beitrag der Aktion ‚Freiheit statt Angst‘ vom 13. März 2021 externer Link
    • Widerstand gegen Ausweispflicht für E-Mail-Konten und Messenger
      Das Bundesinnenministerium will Kunden von E-Mail-Anbietern und Messengerdiensten zwingen, ihren Personalausweis vorzulegen. Der Bundesdatenschutzbeauftragte lehnt das ebenso ab wie die SPD-Bundestagsfraktion. Das Ministerium verweist auf die Notwendigkeit der Kriminalitätsbekämpfung. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Ulrich Kelber, lehnt den Plan des Bundesinnenministeriums ab, wonach sich Nutzer von E-Mail-Konten oder Messengerdiensten künftig mit ihren Personalausweisen bei den Anbietern identifizieren müssen. „Der Bundesdatenschutzbeauftragte steht der Forderung zur ‚Erhebung von Identifizierungsmerkmalen’ von Dienstleistern, die beispielsweise Mailkonten oder Messengerdienste anbieten, kritisch gegenüber”, sagte ein Sprecher Kelbers dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Dies wäre ein weiterer, wesentlicher Eingriff in Freiheitsrechte.” Er fügte hinzu: „Es sollte daher die jetzige Regelung im Gesetzentwurf beibehalten werden, die zwar eine Speicherpflicht für erhobene Daten, aber keine zusätzliche Erhebungspflicht vorsieht.” Der SPD-Bundestagsabgeordnete und Innenexperte Sebastian Hartmann sagt ebenfalls Nein zu dem Vorhaben…“ Artikel von Markus Decker vom 05.03.2021 bei RND externer Link
    • Regierung fordert Nutzerverifizierung bei Messengern
      Ebenfalls auf der Wunschliste des Innenministeriums: Provider sollen für Staatstrojaner Datenströme umleiten und Ermittlern Zugang zu Servern erlauben. Das Bundesinnenministerium will bei der Reform des Telekommunikationsgesetzes (TKG) offenbar noch weitreichende sicherheitspolitische Maßnahmen durchsetzen. Das geht aus einem Forderungskatalog hervor externer Link , den der E-Mail-Provider Posteo am Dienstag veröffentlichte. Demnach sollen Betreiber sogenannter nummernunabhängiger Telekommunikationsdienste wie Messengern oder E-Mail dazu verpflichtet werden, „Identifizierungsmerkmale zu erheben, zu verifizieren und im Einzelfall den Sicherheitsbehörden zur Verfügung stellen“. Das Ministerium übernimmt damit eine Forderung der Innenministerkonferenz, die von den Ländern Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern vorgebracht wurde. Die beiden Länder hatten vor gut einem Jahr zudem im Bundesrat eine Identifizierungspflicht von Nutzern sozialer Netzwerke gefordert externer Link. Zur Begründung der Forderung heißt es nun: „Somit kann zur Aufklärung von Straftaten im Einzelfall die Anonymität aufgehoben werden.“ Erhoben werden sollen Namen, Anschrift und Geburtsdatum der Nutzer. „In erster Linie zielt diese Regelung auf Messengerdienste ab, die primär durch ausländische Anbieter wie bspw. WhatsApp oder Facebook angeboten werden“, schreibt das Ministerium. Es sei davon auszugehen, dass sich der Aufwand für die Anbieter zumindest teilweise in Grenzen halte, „da bereits Identifizierungsmerkmale zum Teil schon jetzt erhoben werden, um diese als geldwerten Vorteil zu nutzen“…“ Bericht von Friedhelm Greis vom 3. März 2021 bei golem externer Link
  • Überwachung im Eiltempo: Ein Sicherheitsgesetz nach dem Anderen … und fast niemand protestiert. 
    So etwas, wie im letzten Jahr hätten wir nie für möglich gehalten. Noch vor 2 Jahren gingen in Berlin und anderswo Zehntausende auf die Straße gegen die Upload-Filter-Artikel externer Link in der damaligen EU Verordnung – inzwischen werden diese Artikel in noch gesteigerter Form in deutsches Recht übertragen. Aber auch das ist nur eine Spitze des Eisbergs. Gesetzgebung in Corona-Zeiten? Ja, das wird fast so gemacht, wie die Corona Verordnungen externer Link – „Experten“ formulieren, ein exklusiver Kreis in MInisterrunde nickt ab und ein Rumpf-Parlament stimmt zu. Stefan Krempl schreibt in der letzten ct: „… vor Ende der Legislaturperiode peitscht die schwarz-rote Koalition kritische Sicherheitsgesetze im Eilverfahren durchs Parlament. Es drohen tiefe Einschnitte in Grundrechte. Die dazu dringend nötigen Debatten würgt die Regierung mit angeblichem Zeitmangel ab.“ Und das ist die Liste des Ungemachs, die auf uns zurollt: 6 netzpolitisch brisante Initiativen, wie die Reform der Befugnisse für den Bundesnachrichtendienst externer Link (BND), das IT-Sicherheitsgesetz 2.0 externer Link, die TKG-Novelle, die Novelle der Bestandsdatenauskunft externer Link, die Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG), die bereits angesprochene Urheberrechtsnovelle im Zusammenhang mit den Upload-Filtern. Alles das möchte die Bundesregierung vor den Wahlen durchgebracht haben – man weiß ja nicht, wer danach das Sagen hat … (…) Alle zivilgesellschaftlichen Gruppen, aber auch wissenschaftliche Experten bemängeln aufs Schärfste den künstlich aufgebauten Zeitdruck und die durch die Corona-Maßnahmen unmöglichen Verfahrensweisen, die eine kritische inhaltliche Begutachtung dieser Überwachungsgesetze nicht zulässt. Auch die parlamentarische Auseinandersetzung zu diesen Themen findet seit einem Jahr praktisch nicht mehr statt…“ Beitrag vom 28.02.2021 bei der Aktion Freiheit statt Angst externer Link
  • Bestandsdatenauskunft: Große Koalition boxt Gesetzentwurf gegen Expertenmeinungen durch 
    Die Große Koalition ignoriert verfassungsrechtliche Probleme beim Gesetz zur Bestandsdatenauskunft, stattdessen weitet sie die Befugnisse erneut aus. Das geht aus zwei heute beschlossenen Anträgen hervor, die wir veröffentlichen. Damit dürfte das Gesetz in Karlsruhe erneut scheitern – zum dritten Mal. Morgen beschließt der Bundestag externer Link das neue Gesetz zur Bestandsdatenauskunft externer Link. Es regelt, wie deutsche Behörden Kundendaten bei Anbietern von Telekommunikation und Telemedien abfragen dürfen, zum Beispiel wer hinter einer IP-Adresse steckt. Das ist bereits der dritte Anlauf, die Gesetze von 2005 externer Link und 2013 externer Link waren verfassungswidrig externer Link . Dieses Schicksal droht auch dem neuen Gesetz. Am Montag hat der Innenausschuss sechs Sachverständige angehört, die den Entwurf überwiegend kritisiert haben. Vor allem auf Vorrat gespeicherte IP-Adressen und Nutzungsdaten von Telemedien sind rechtlich heikel. Die Online-Dienste des Bundestages fassen zusammen: „Experten sehen Mängel in wesentlichen Details“ externer Link. Auch wir resümieren, dass der Bundestag das Gesetz ändern muss, sonst dürfte es das Bundesverfassungsgericht wieder als verfassungswidrig verwerfen. Doch die Große Koalition ignoriert den Rat der Experten, wie wie schon so oft. Das zeigen zwei Anträge, die die Regierungsfraktionen gestern im Innenausschuss eingebracht und heute beschlossen haben. Wir veröffentlichen sie an dieser Stelle…“ Beitrag von Andre Meister vom 27.01.2021 bei Netzpolitik externer Link
  • Gesetzentwurf: Große Koalition versucht, die Bestandsdatenauskunft in die Verfassung zu pressen
    „… Tag für Tag fragen über hundert staatliche Stellen Bestandsdaten bei Anbietern ab, um Nutzer:innen zu identifizieren. Polizei und Geheimdienste ermitteln Inhaber von Telefonnummern automatisiert über die Bundesnetzagentur, 16 Millionen Mal im Jahr. Bei IP-Adressen und „Telemedien“ fragen die Sicherheitsbehörden manuell die Anbieter von E-Mails, Messengern oder sozialen Medien. Das zugrundeliegende Gesetz von 2013 hat das Bundesverfassungsgericht im Mai als verfassungswidrig eingestuft. Daher haben Bundesregierung und Große Koalition ein neues Gesetz zur Bestandsdatenauskunft entworfen, das schon am Donnerstag beschlossen werden soll. Wenn das Gesetz nicht wieder in Karlsruhe scheitern soll, muss die Große Koalition den Entwurf noch ändern. (…) Nach dem neuesten Urteil des Europäischen Gerichtshofs können Anbieter zur Speicherung von IP-Adressen verpflichtet werden, aber diese Vorratsdaten dürfen nur zum „Schutz der nationalen Sicherheit, Bekämpfung schwerer Kriminalität und Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit“ abgefragt werden. Der Gesetzentwurf erlaubt die Datenübermittlung jedoch bei sämtlichen Straftaten statt nur schweren sowie „bei Rechtsgütern von hervorgehobenem Gewicht“ statt nur erheblichem oder gar überragendem Gewicht. (…) Ein grundlegendes Problem ist, dass der Gesetzentwurf die Daten von Telekommunikation und Telemedien gleich behandelt. Telekommunikation ist beispielsweise klassische Telefonie oder ein Internet-Anschluss, dafür gibt es das Telekommunikationsgesetz. Telemedien sind Internet-Dienste wie E-Mail, Messenger und soziale Medien, die regelt das Telemediengesetz. Laut Bäcker sind Telemediendaten sensibler als Telekommunikationsdaten, deshalb brauchen sie auch einen höheren Schutz. Darüber hinaus müssen auch innerhalb von Telemedien Nutzungsdaten oder sogar Inhaltsdaten weit besser geschützt werden als Bestandsdaten. Bäcker: „In diesem Punkt ist der Gesetzentwurf evident unzureichend.“ (…) Die Überwachung von E-Mails und Messengern ist derzeit illegal, „das geht eigentlich nicht mehr“. Damit das nicht so bleibt, wird das Telekommunikationsgesetz geändert, das solche Dienste wieder als „Telekommunikation“ definiert. (…) Deutsche Behörden haben 2019 an manchen Tagen über 100.000 Abfragen gestellt. Für die manuelle Bestandsdatenauskunft gibt es keinerlei Zahlen, auch „der Bundesregierung liegen keine statistischen Daten vor“. Seit Jahren fordern wir diese Zahlen, erfolglos. Das aktuelle Gesetz könnte eine Chance sein, endlich Statistiken zur manuellen Bestandsdatenauskunft zu bekommen. (…) Nach Informationen von netzpolitk.org sprechen sich auch Verantwortliche in Ministerien und Bundestag für Statistiken aus. Der Datenschützer und Rechtsanwalt Jonas Breyer, der das Urteil vor dem Bundesverfassungsgericht erstritten hat, liefert in seiner Stellungnahme gleich einen Formulierungsvorschlag. Jetzt muss die Große Koalition den Gesetzentwurf überarbeiten. Viel Zeit bleibt nicht, wenn er am Donnerstag beschlossen werden soll.“ Beitrag von Andre Meister vom 25. Januar 2021 bei Netzpolitik externer Link

    • Der Nationale Normenkontrollrat hat den Gesetzentwurf geprüft. Die Stellungnahme externer Link ist eine einzige Ohrfeige für die Bundesregierung.
  • Telekommunikationsgesetz: Wie die Bundesregierung Telegram, Signal & Co regulieren will 
    „Die Bundesregierung will auch Messenger aus Nicht-EU-Ländern mit dem Telekommunikationsgesetz regulieren. Das geht aus der TKG-Novelle hervor, die letzte Woche vom Kabinett beschlossen wurde. (…) Egal, ob es um die Verhinderung von Hassrede geht oder das Mitlesen von strafrechtlich relevanten Nachrichten: Die Regulierung von Messengern ist äußerst komplex. Die meisten Dienste verwenden eine schwer zu knackende Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, Zugriff auf die Daten bekommen staatliche Stellen deshalb nur über eine Quellen-TKÜ, die einer richterlichen Anordnung bedarf. Oder aber, sie bringen Messengerdienstbetreiber dazu, mit staatlichen Stellen zu kooperieren – so wie es gerade die Innenminister der europäischen Staaten beim Zugriff auf Messengernachrichten anstreben. Eine besondere Herausforderung stellen dabei jene Messenger dar, die ihren Sitz außerhalb der europäischen Union haben und sich bewusst staatlichen Zugriffen entziehen wollen. Das prominenteste Beispiel dafür ist Telegram mit Sitz in Dubai. Einerseits ist der Dienst bei all jenen beliebt, die sich tatsächlich stattfindender staatlicher Unterdrückung entziehen müssen – beispielsweise bei der Oppositionsbewegung in Belarus. Telegram-Gründer Pawel Durow veröffentlichte im August sogar ein Anti-Zensur-Tool, mit dem mögliche Sperrungen von Telegram seitens der belarusischen Regierung umgangen werden können. (…) Entscheidend für die neue Rechtslage ist das so genannte Marktortprinzip, das Dienstanbieter zur Einhaltung der Rechtsstandards im Zielland der angebotenen Dienstleistung verpflichtet. Im Zusammenhang mit Messengern gibt es in der TKG-Novelle dazu zwei wichtige Änderungen. Einerseits wird in Paragraph 1, Absatz 2, erstmals ein Anwendungsbereich definiert, nämlich Telekommunikationsanlagen, Telekommunikationsnetze und Telekommunikationsdienste, die „im Geltungsbereich dieses Gesetzes“ erbracht werden. Damit wird das Marktortprinzip explizit im Gesetz verankert. Dass es auch für Messenger gilt, geht aus den Änderungen der in Paragraph 3 festgehaltenen Begriffsdefinitionen hervor. In Ziffer 61 wird festgelegt, dass sich das Gesetz auch auf „interpersonelle Kommunikationsdienste“ bezieht. Insgesamt sind Messenger vor allem von den Regelungen in den Teilbereichen Kundenschutz und Sicherheit betroffen. Im Bereich Sicherheit würden für Messenger mit Sitz im nicht-europäischen Ausland künftig auch Regelungen wie die zur Bestandsdatenauskunft (Paragraph 171) und zur Verkehrsdatenspeicherung (Paragraph 172) gelten. (…) Der Referentenentwurf unternehme den erkennbaren Versuch, Messengerdienste zukünftig in den Anwendungsbereich des Telekommunikationsgesetzes zu bekommen, sagt Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag. Dies sei bislang nicht der Fall gewesen. (…) Grundsätzlich finde er es richtig, dass auch diese Messenger durch die TKG-Novelle reguliert werden, sagt von Notz. Bezüglich der konkreten Umsetzung und Praktikabilität der Vorschläge in der Novelle bestünden jedoch viele Fragen. „Dies gilt beispielsweise für die Verpflichtung der Anbieter, Bestandsdaten der Nutzerinnen und Nutzer und entsprechende Kennungen auf Anfrage an die Sicherheitsbehörden herauszugeben. Unter anderem erscheinen die Fristen für die Speicherung extrem lang.“ Auch die Weitergabe dieser Daten an Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst oder das Zollkriminalamt werfe grundlegende Fragen auf – „zumal diese Verpflichtung selbst im Falle von Ordnungswidrigkeiten gelten soll“, so von Notz…“ Gastbeitrag von Sebastian Christ vom 21. Dezember 2020 bei Netzpolitik.org externer Link
  • Vorratsdatenspeicherung: Kritik an der Innenministerkonferenz 
    „Die Innenministerkonferenz muss endlich lernen, dass anlasslose Vorratsdatenspeicherung keine Lösung ist, sondern ein Problem. Vom 9. bis 11. Dezember tagt die 213. Innenministerkonferenz in Weimar (…). Wir gehen davon aus, dass auch diesmal Überwachungsgesetze und speziell die Vorratsdatenspeicherung Themen sein werden. (…) Bereits im Juni 2020 unternahm die Innenministerkonferenz einen erfolglosen Versuch, die illegale Vorratsdatenspeicherung wieder auferstehen zu lassen. Wir fordern: Das aktuelle deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung muss aufgehoben werden. Die Urteile des EU-Gerichtshofs aus Oktober 2020 haben erneut klar gemacht, dass anlasslose Massenüberwachung illegal ist. (…) Erst im November hatten Minister.innen aus NRW, Hessen und Niedersachsen die Wiederbelebung der illegalen anlasslosen Vorratsdatenspeicherung gefordert. Dabei machte ein Bericht zum Thema Kinderschutz aus dem Innenministerium NRW bereits vor Monaten deutlich: Vorratsdatenspeicherung hilft nicht weiter – aber es gibt viele konkrete Maßnahmen, die helfen würden. Kurz nach dem Vorstoß aus den drei Ländern wurde ein Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages öffentlich, dass genau wie wir und viele andere Verbände und Grundrechtsorganisationen, zu der Einschätzung kommt, dass anlasslose Massenüberwachung, wie sie derzeit das deutsche Gesetz vorsieht, illegal ist. (…) Leider ist es keine Seltenheit, dass Regierungen versuchen Gerichtsurteile, Gutachten, Studien, Stellungnahmen und Alternativen zu ignorieren. Es ist sogar Routine. Darum ist es wichtig, genau dieses Ignorieren immer wieder offen zu legen und aufzuzeigen, dass eine andere Politik möglich ist…“ Beitrag von digitalcourage vom 9. Dezember 2020, verfasst von Friedemann Ebelt externer Link
  • Vorratsdatenspeicherung: Kritik an Forderungen aus NRW, Hessen und Niedersachsen
    Nach einem sogenannten Praktikertreffen der Länder Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen zur Vorratsdatenspeicherung haben die teilnehmenden Minister in einem Appell die Wiedereinsetzung der ausgesetzten Vorratsdatenspeicherung in Deutschland gefordert. Das dafür verwendete Wort „Verkehrsdatenspeicherung“ soll offenbar verschleiern, dass es gegen die Vorratsdatenspeicherung bereits mehrere nationale und EU-weite Gerichtsurteile gibt und, dass Verfassungsbeschwerden u.a. von Digitalcourage gegen das aktuelle deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung eingereicht wurden. Argumentiert wurde – wie so oft – mit dem Schutz von Kindern vor Gewaltkriminalität und deren Online-Vermarktung. (…) „Der Normalfall in Demokratien und Rechtsstaaten muss lauten: keine Überwachung von Kommunikation. Ausnahmen müssen konkret begründet, gezielt und verhältnismäßig sein“, sagt Friedemann Ebelt von Digitalcourage. „Der Fokus sollte auf Maßnahmen gerichtet werden, die Kinder konkret und gezielt vor Missbrauch schützen – nicht auf die Frage, wie Massenüberwachung begründet werden kann.““ Pressemitteilung vom 19.11.2020 bei Digitalcourage externer Link mit umfangreicher Kritik, siehe auch:
  • „Praktiker“ hätten gern unsere Daten: Vorstoß für neue VDS zurückweisen
    Gestern fand in Wiesbaden ein „Praktikertreffen der Länder Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen zur Verkehrsdatenspeicherung“ statt. Auf Einladung der drei Justizminister/innen Eva Kühne-Hörmann (Hessen), Barbara Havliza (Niedersachsen) und Peter Biesenbach (Nordrhein-Westfalen) waren gestern „Praktiker“ von Staatsanwaltschaften der drei Länder zusammengekommen, um in einem Symposium über die Notwendigkeit der Wiedereinsetzung der Verkehrsdatenspeicherung zu diskutieren. Jetzt reiben wir uns erst einmal die Augen – haben wir uns verlesen oder geht um das ebenfalls illegale anlasslose Fotografieren und Speichern von Kfz-Kennzeichen? Nein, die anlasslose Speicherung der Kfz-Kennzeichen wurde bereits in vielen Bundesländern von Gerichten verboten – aber die Vorratsdatenspeicherung (VDS) – nun neuerdings Verkehrsdatenspeicherung genannt, wurde sogar von höchsten Gerichten, vom BVerfG und vom EuGH, verworfen. (…) Nach den erschreckenden Vorfällen von Bergisch-Gladbach, Münster und Lüdge war so ein Vorstoß zu erwarten. Leider können wir die Beteuerungen, wie im letzten Absatz nicht glauben. Jedes Überwachungsgesetz wurde bisher in üblicher Salamitaktik so ausgeweitet, dass es schließlich selbst für Ordnundgswidrigkeiten anwendbar wurde. Diese umfassende Überwachung wird auch am vorletzten Argument deutlich: Ja, IP-Adressen sind wie Fingerabdrücke und wir möchten nicht, dass diese von uns allen bei jeder Kommunikation gespeichert werden – genauso wenig wie wir nicht möchten, dass sie in unserem Personalausweis gespeichert werden!…“ Beitrag vom 20.11.2020 bei der Aktion Freiheit statt Angst externer Link
  • Seehofer für längere Vorratsdatenspeicherung
    „Innenminister Seehofer will laut einem Medienbericht eine sechsmonatige Vorratsdatenspeicherung einführen. In einem Brief an Justizministerin Lambrecht fordert er eine schnelle Gesetzesänderung – noch vor dem Urteil des EuGH. (…) Der CSU-Politiker wolle dadurch den Kampf gegen Kindesmissbrauch verstärken und setze dafür auf eine längere Speicherung von Computer-IP-Adressen. Der Minister wolle die Speicherfrist von zehn Wochen auf mindestens sechs Monate verlängern. (…) Seit Jahren wird über das Thema vor allem mit Blick auf den Datenschutz gestritten. Der Europäische Gerichtshof hatte 2016 entschieden, dass eine allgemeine und unterschiedslose Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten mit EU-Recht nicht vereinbar ist. Derzeit steht ein erneutes Urteil des EuGH aus. Trotzdem drängt Seehofer in seinem Schreiben vom 14. Juli den Angaben zufolge darauf, „dringend erforderliche Anpassungen im Gesetz bereits jetzt vorzunehmen“. Dann könnten diese nach einem möglichen positiven Urteil des EuGH sofort angewendet werden. Dagegen sagte ein Sprecher des Bundesjustizministeriums: „Ein gesetzlicher Anpassungsbedarf kann sinnvoll erst geprüft werden, wenn die Gerichte entschieden haben.“ Meldung vom 26. Juli 2020 bei tagesschau.de externer Link – und wieder einmal zeigt uns Herr Seehofer, wie weit er mit beiden Beinen außerhalb des Rechtsstaats des Grundgesetzes steht. Statt wegen seiner Verantwortung für das Versagen bei der strafrechtlichen Verfolgung von Kindesmissbrauch zurückzutreten, macht er 80 Millionen Menschen zu potenziellen Straftätern – außer sich selbst natürlich. Siehe dazu:
  • Kinderschutz: Vorratsdatenspeicherung hilft nicht weiter
    Auf der 212. Konferenz der Landesinnenminister wurde unter anderem die „Bekämpfung von Kindesmissbrauch / Kinderpornografie“ diskutiert, siehe innenministerkonferenz.de. Dort legte das Innenministerium NRW einen 33 Seiten langen Bericht der Stabsstelle „Revision der kriminalpolizeilichen Bearbeitung von sexuellem Missbrauch an Kindern und Kinderpornografie“ vom 21. April 2020 vor. In diesem Zusammenhang wird immer wieder die Vorratsdatenspeicherung gefordert. Gegen diese Form der anlasslosen Massenüberwachung kämpfen wir seit vielen Jahren. Gleichzeitig wollen wir natürlich nicht Ermittlungen im Wege stehen, wenn Grausamkeiten gegen Kinder verhindert werden können. Deshalb haben wir den Bericht für euch gelesen und stellen fest: Die darin genannten plausiblen und wirksamen Maßnahmen kommen ohne Massenüberwachung aus, die in Rechtsstaaten und Demokratien ohnehin nichts zu suchen hat. (…) Unser Fazit: Der Bericht liefert genug Ansätze, wie die Polizei dabei unterstützt werden kann, Kinder zu schützen und Verbrechen gegen Kinder aufzuklären. Vorratsdatenspeicherung gehört nicht dazu. Die Union und alle anderen, die anlasslose Vorratsdatenspeicherung fordern, sollten umdenken und sich mit diesem Erfahrungsbericht der Ermittler.innen in NRW auseinandersetzen. Die ewige Wiederholung der Forderung nach Vorratsdatenspeicherung lenkt ab davon, wirklich wirksame Maßnahmen in Angriff zu nehmen…“ Beitrag vom 15. Juli 2020 von und bei digitalcourage externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=174541
nach oben