Was heißt eigentlich »sicheres Herkunftsland«?

ai: Algerien, Marokko und Tunesien sind keine "sicheren" HerkunftsstaatenDie Debatte um »sichere Herkunftsländer« ist in aller Munde – und allzu oft wird der Begriff falsch verwendet. Grund genug, kurz zu erklären, worum es dabei eigentlich geht, und mit ein paar Irrtümern aufzuräumen. (…) Dass ein Staat als »sicheres Herkunftsland« definiert wird, hat momentan leider nicht immer etwas mit der tatsächlichen politischen Realität in diesen Staaten zu tun. Vielmehr wird die Regelung aktuell in erster Linie dazu genutzt, Flüchtlingszahlen aus gewissen Ländern zu begrenzen. Mit einer solchen Einstufung soll deutlich gemacht werden, dass die Menschen hier keine Chance auf Asyl haben, um Fluchtbewegungen zu verringern. Dazu wird pauschal behauptet, in diesen Staaten gäbe es keine politische Verfolgung, die Schutzsuchende als Asylgrund geltend machen könnten…“ Hintergrund vom 09.03.2017 von und bei Pro Asyl externer Link und mehr dazu:

  • Umgehung des Bundesrat: Regierung will sichere Herkunftsländer per Verordnung New
    Abgelehnte Asylbewerber aus Staaten, die als sicher gelten, können schneller abgeschoben werden. Die Koalition will sogenannte „sichere Herkunftsstaaten“ künftig per Verordnung einstufen – und so den Bundesrat umgehen. Linke kritisiert: Union öffnet damit politischer Willkür Tür und Tor.
    Die Bundesregierung bereitet einen Gesetzentwurf vor, der die Einstufung von Staaten als sogenannte sichere Herkunftsländer vereinfachen soll. Wie der „Tagesspiegel“ berichtet, wird eine Verabschiedung im Kabinett an diesem Mittwoch angestrebt. Konkret geht es darum, dass die Regierung Herkunftsländer von Asylbewerbern künftig per Rechtsverordnung entsprechend einstufen können soll und damit ohne Zustimmung des Bundesrats. Gilt ein Land als sicher im Sinne des Gesetzes, dann bedeutet dies, dass dort die politischen Verhältnisse vermuten lassen, dass es dort keine politische Verfolgung oder unmenschliche Behandlung oder Bestrafung gibt. Asylanträge von Menschen, aus diesen vermeintlich „sicheren“ Herkunftsstaaten lehnt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in der Regel als offensichtlich unbegründet ab. Dies schließt die Anerkennung eines Schutzstatus im Einzelfall aber nicht aus. Abgelehnte Antragsteller können jedoch leichter und schneller abgeschoben werden. (…)
    Als sichere Herkunftsländer gelten in Deutschland aktuell neben den Mitgliedstaaten der Europäischen Union Albanien, Bosnien-Herzegowina, Ghana, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro, Senegal, Serbien, Georgien und Moldau. Die Einstufung soll die sogenannte „irreguläre“ Migration aus diesen Staaten verringern.“ Meldung vom 03.06.2025 im Migazin externer Link
  • Rechtslage sichere Herkunftsstaaten: Wer entscheidet, was sicher ist 
    „Die Definition als sicherer Herkunftsstaat soll Behörden und Gerichte entlasten. Doch die gesetzlichen Hürden, die Liste um die Maghreb-Staaten oder Georgien zu ergänzen, sind hoch. Das Grundgesetz gibt es vor: Nach Artikel 16a Absatz 3 kann der Gesetzgeber bestimmte Länder zu sicheren Herkunftsstaaten erklären. Möglich ist das aber nur, wenn es als sicher gilt, dass in diesem Land keine politische Verfolgung und auch keine unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. (…) Um das zu bewerten, muss man sich in dem betreffenden Staat drei Dinge ansehen: Die Rechtslage, die Rechtsanwendung und die allgemeinen politischen Verhältnisse. Wenn es in einzelnen Landesteilen politische Verfolgung gibt oder zum Beispiel einzelne Bevölkerungsgruppen unmenschlich behandelt oder bestraft (zum Beispiel gefoltert) oder politisch verfolgt werden, darf das Land nicht zum sicheren Herkunftsstaat erklärt werden. Ist das aber nicht der Fall, kann der Bundestag ein entsprechendes Gesetz beschließen. Der Bundesrat muss diesem zustimmen, damit es in Kraft tritt…“ Beitrag von Kolja Schwartz aus der ARD-Rechtsredaktion vom 18. Juli 2018 in tagesschau.de externer Link

Zur willkürlichen Anwendung siehe z.B. unser Dossier: [Maghreb-Staaten] Folterstaaten sind keine sicheren Herkunftsstaaten

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=228397
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