Migrationspakt und GEAS: Neuer Anlauf in der EU-Flüchtlingspolitik (???)

Dossier

Petition von Pro Asyl: 5 nach 12 für die Menschen­rechte! Nein zu einem Europa der Haft- und Flüchtlingslager!„… Die EU hadert und ringt spätestens seit der Flüchtlingskrise von 2015 mit ihren Regeln für Asyl und Migration. (…) Inzwischen hat sich die Diskussion verlagert. Wichtige Akteure wie Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) richten ihr Augenmerk stärker auf die EU-Außengrenzen. Die Idee: Die Menschen werden schon dort einem Asylverfahren beziehungsweise einer sogenannten Vorprüfung unterzogen, die Anträge würden in beschleunigter Weise bearbeitet. Abgelehnte Bewerber würden direkt abgeschoben. Mit Blick auf die Aufnahme der übrigen Menschen, also der Schutzberechtigten, sind zudem schon lang Alternativen im Gespräch, etwa dass aufnahmeunwillige Staaten wie Ungarn Geld bezahlen. Entwicklungsländer wiederum könnten auf EU-Zahlungen hoffen, damit sie ihre Bürger schneller wieder zurücknehmen und deren Perspektiven verbessern…“ Beitrag von Phillipp Saure vom 19. Juni 2020 im Migazin externer Link, siehe dazu nachfolgend:

  • EU-Parlament billigt GEAS allen Protesten zum Trotz: „Migrationspakt könnte nicht weiter von Solidarität entfernt sein“ (EGB) New
    • EU-Parlament billigt Asylreform: Grünes Licht für Auf­fang­lager an EU-Außen­g­renzen
      Jahrzehntelang wurde über schärfere Regeln im europäischen Asylrecht gestritten. Nun hat das EU-Parlament den Plänen zur GEAS-Reform zugestimmt. Bundesinnenministerin Faeser ist erleichtert, andere sehen eine „dystopische Zukunft“. (…) Geplant ist insbesondere ein deutlich härterer Umgang mit Menschen aus Ländern, die als relativ sicher gelten. Bis zur Entscheidung über den Asylantrag sollen die Menschen bis zu zwölf Wochen unter haftähnlichen Bedingungen in Auffanglagern untergebracht werden können. Menschen, die aus einem Land mit einer Anerkennungsquote von unter 20 Prozent kommen, sowie solche, die als Gefahr für die öffentliche Sicherheit gelten, müssen künftig verpflichtend in ein solches Grenzverfahren. Ankommende Menschen können dem Vorhaben nach mit Fingerabdrücken und Fotos registriert werden, auch um zu überprüfen, ob sie eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit sind. (…) Die Reform muss noch von den EU-Staaten bestätigt werden. Das ist normalerweise eine Formalität. Viele Abgeordnete waren unzufrieden mit dem im Dezember ausgehandelten Kompromiss. Daher war bis zum Schluss offen, ob das Plenum zustimmen wird. Eine Gruppe von Aktivistinnen und Aktivisten störte die Abstimmung am Mittwochnachmittag vorübergehend. Sie riefen von der Besuchertribüne aus: „Dieser Pakt tötet – stimmt dagegen!“ Erhört wurden sie nicht.“ Beitrag vom 10.04.2024 in LTO externer Link, siehe auch:
    • Migration pact couldn’t be further from solidarity / Migrationspakt könnte nicht weiter von Solidarität entfernt sein
      Als Reaktion auf die Abstimmung über den Migrations- und Asylpakt sagte der EGB-Bundessekretär Giulio Romani: „Die Leute, die behaupten, dass dieser Pakt ‚die Solidarität erhöhen‘ wird, wissen nicht, was das Wort bedeutet. „Er wird dazu führen, dass noch mehr Menschen, die vor Kriegen, extremer Armut und zunehmend auch vor Klimakatastrophen fliehen, wie Gefangene behandelt werden. „Und es wird unweigerlich zu einer Zunahme von Verstößen gegen die Grundrechte, illegalen Rückschiebungen und Rückführungen in unsichere Länder führen. „Dies wird den arbeitenden Menschen nicht helfen. Vielmehr wird noch mehr Geld für den Aufbau der Festung Europa verschwendet, und das zu einer Zeit, in der die EU die Sozial- und Klimaausgaben durch die Austerität 2.0 kürzen will. „Die Regularisierung von Migranten würde mehr als jede andere Maßnahme den arbeitenden Menschen helfen, sowohl den Migranten als auch den Einheimischen, indem sie die Arbeitgeber daran hindert, Migranten ohne Papiere auszubeuten, um die Löhne zu unterbieten.“ engl. EGB-Mitteilung vom 10.04.2024 externer Link (maschinenübersetzt)
    • Abstimmung im EU-Parlament zu GEAS: Ein historischer Tiefpunkt für den Flüchtlingsschutz in Europa
      Pro Asyl-Pressemitteilung vom 10.04.2024 externer Link
    • Soeben hat die Friedensnobelpreisträgerin #EU beschlossen, die Menschenrechte für Fliehende weiter einzuschränken. Zu massenhaftem Sterben in Mittelmeer und Atlantik, zu Pushbacks und schmutzigen Deals mit Diktatoren, kommen Inhaftierungslager für schutzsuchende Menschen. #GEASPost von MISSION LIFELINE INTERNATIONAL e.V. vom 10.4.2024 externer Link auf bsky – einer von vielen treffenden Kommentaren
  • Abbau der Menschenrechte geht in die nächste Runde: Breites Bündnis mobilisiert zu Protesten (nicht nur) nach Brüssel am 10. April zur finalen GEAS-Abstimmung
    „Anlässlich der finalen Abstimmung zur sogenannte Reform des Gemeinsamen europäischen Asylsystems (kurz GEAS) im Europaparlament am 10. April, ruft die Seebrücke von 15 – 18 Uhr zu einer Kundgebung auf dem Place du Luxembourg in Brüssel auf. Organisiert wird der Protest vor dem europäischen Parlament von einem breiten Bündnis aus über 30 Menschenrechtsorganisationen und anderen zivilgesellschaftlichen Akteur*innen aus ganz Europa. Johannes Rückerl von der Seebrücke dazu: „Die europäischen Staaten haben sich bereits im Dezember entschieden, die menschenrechtsbasierte europäische Asylpolitik endgültig zu begraben. Der Aufschrei aus der Zivilgesellschaft und die massiven Warnungen von Menschenrechtsorganisationen, Flüchtlingsräten und Sozialverbänden, wurden dabei gänzlich ignoriert. Trotz aller Verzweiflung dürfen wir auch diese abschließende Entscheidung am 10. April nicht unwidersprochen hinnehmen. Wir bringen unsere Wut über diesen Tiefpunkt für Europa lautstark in Brüssel auf die Straße.“ Das europäische Parlament hat sich im Dezember, nach jahrelangen Verhandlungen, in allen wesentlichen Punkten bei den Trilogverhandlungen auf die Forderungen der Mitgliedsstaaten eingelassen. „Die katastrophalen Ausnahmezustände an den Außengrenzen dauern seit Jahrzehnten an und sind schon längst Dauerzustand geworden. Das Gesetzespaket institutionalisiert die brutalsten und repressivsten Praktiken an den EU-Außengrenzen – wir stellen uns gegen diese staatliche Gewalt. Wir stellen uns dagegen, dass Europa die Haftlager für schutzsuchende Menschen und die Toten im Mittelmeer also ganz offiziell zu seiner Identität macht!“ kritisiert Maria Sonnek von der Seebrücke. Der Rat der EU und das Europaparlament werden die Einigung am 10. April formal abschließen. Die neuen Regelungen sollen dann 2026 in Kraft treten…“ Pressemitteilung der Seebrücke vom 4. April 2024 externer Link – siehe auch die dezentralen Aktionen bei Seebrücke externer Link
  • Zahl der Abschiebungen aus der EU in 2023 um 15 Prozent gestiegen – auch dank „besserer Zusammenarbeit unter den Mitgliedstaaten“
    EU-Staaten haben im vergangenen Jahr deutlich mehr Menschen abgeschoben. Auch in Deutschland verzeichnen Bundesländer einen starken Anstieg. Derweil gibt es Forderungen nach noch mehr Rückführungen: Österreich will nach Syrien und Afghanistan abschieben.
    Die EU-Staaten haben 2023 deutlich mehr Menschen in ihre Heimatländer abgeschoben als im Jahr zuvor. Die Zahl der Abschiebungen habe sich laut Angaben der EU-Innenkommissarin Ylva Johansson um 15 Prozent erhöht. Laut EU-Statistikamt wurden im Jahr 2022 rund 96.800 Menschen in ein Land außerhalb der EU zurückgeführt. Grundsätzlich zeichne sich bei den Rückführungen eine bessere Zusammenarbeit unter den Mitgliedstaaten ab, erklärte Johansson. So würden die Staaten ihre Abschiebeentscheidungen häufiger in das sogenannte Schengen Informationssystem eintragen. Das System soll ermöglichen, dass Abschiebung in allen Mitgliedsstaaten durchgesetzt werden können. (…)
    Ungeachtet der gestiegenen Abschiebezahlen ebben Forderungen nach noch mehr Abschiebungen in Deutschland und Europa nicht ab. Zuletzt forderte Österreichs Innenminister Gerhard Karner Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan. „Wir haben derzeit überhaupt keine Möglichkeiten, in diese Länder abzuschieben, weil es dem EU-Recht widerspricht, und ich glaube, dass es notwendig und richtig ist, darüber zu reden, wie wir das mittelfristig wieder tun können“, sagte Karner vor einem Treffen der EU-Innenminister in Brüssel
    …“ Meldung vom 12.03.2024 im Migazin externer Link („Zahl der Abschiebungen aus der EU um 15 Prozent gestiegen“)
  • Ruanda-Modell statt Asylkompromiss: Wie Europas Konservative die Migrationspolitik verschärfen wollen
    „… Europas Konservative wollen die Asylpolitik der EU deutlich verschärfen. Die europäische Parteienfamilie EVP hat in Bukarest eine umfassende Neuausrichtung der Asyl- und Migrationspolitik in ihrem Wahlprogramm beschlossen. (…) In dem einstimmig verabschiedeten Programm fordert die EVP, der auch CDU und CSU angehören, einen „grundlegenden Wandel im europäischen Asylrecht“. Sie will das umstrittene Ruanda-Modell durchsetzen. „Wir werden Abkommen mit Drittstaaten abschließen, um sicherzustellen, dass Asylsuchenden auf zivilisierte und sichere Weise Schutz gewährt wird“, heißt es in dem Programm. Schon die CDU hatte sich dafür im Entwurf ihres eigenen Grundsatzprogramms ausgesprochen. Wer sich in der EU um Asyl bewirbt, könne in ein sicheres Drittland gebracht werden und dort das Asylverfahren durchlaufen. Im positiven Fall gewährt dieser Drittstaat dann Asyl. (…) Was die größte Fraktion im Europäischen Parlament hier fordert, entspricht exakt dem Ruanda-Modell der britischen Regierung. Diese will Geflüchtete unabhängig von ihrer Herkunft in das ostafrikanische Land abschieben, damit sie dort Asyl erhalten. Das oberste Gericht in Großbritannien hatte das als unzulässig kritisiert. (…) Die Forderung der EVP stellt eine Abkehr vom Asylkompromiss dar, auf den sich Parlament und Mitgliedstaaten im Dezember nach jahrelangen Debatten geeinigt hatten. Das Ruanda-Modell fand keine Zustimmung unter den EU-Staaten. Mehrere Länder, darunter Deutschland und Frankreich, haben rechtliche Bedenken. (…)„Die moderate Maske der konservativen Parteienfamilie bröckelt immer stärker“, sagt SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Sie sieht in dem Vorstoß der EVP einen „offensichtlichen Anbiederungsversuch an rechts außen“ und kritisiert, die EVP setze den endlich gefundenen Kompromiss wieder aufs Spiel. „Der Vorschlag ist die Grundsteinlegung für ein Bündnis mit den ultrakonservativen und rechtsextremen Kräften Europas.“ Heftige Kritik äußert auch Martin Schirdewan, Chef der Linksfraktion im EU-Parlament. „Die EVP reißt die Brandmauer gegen rechts ein und sucht dort nach neuen Partnern“, sagt er dem RND. EVP-Chef Manfred Weber flirte seit Monaten mit der Postfaschistin Meloni. „Nun macht die EVP auch programmatisch ein Angebot, das Meloni und ihre EKR kaum ablehnen können.“…“ Artikel von Sven Christian Schulz vom 9. März 2024 beim RND externer Link – zeigt recht anschaulich, wie die rassistische Politik wächst und es deshalb nicht reicht, sich nur gegen die AfD zu positionieren.

  • Gemeinsames europäisches Asylsystem: Licht ins Wirrwarr der Paragrafen 
    Die EU-Institutionen haben sich nach jahrelangem Ringen auf eine Reform ihres Asylsystems geeinigt. Das Paket ist umfassend und unübersichtlich
    Nach Jahren der Verhandlungen steht die Geas-Reform jetzt kurz vor der Verabschiedung. Viele Details der Reform sind noch unklar. In den Medien kursieren verschiedene Zahlen und teils widersprüchliche Aussagen über den Inhalt des Pakets. Die definitiven und konkreten Gesetzestexte existieren nämlich noch nicht. (…) Fünf Verordnungen sind Teil des Pakets (…). Sie alle regeln unterschiedliche Aspekte des Geas. Bei allen geht es um eine Intensivierung der Repression gegen Flüchtende an den Aussengrenzen der EU. Immer steht dabei der Umgang mit der «irregulären Migration» im Vordergrund – obwohl das Grenzregime der EU eine «reguläre» Fluchtmigration längst kaum mehr zulässt. Kernelement der gesamten Reform sind die sogenannten Grenzverfahren, also Asylverfahren, die möglichst schnell und effizient direkt an den Aussengrenzen erfolgen sollen, ohne Rechtsvertretung und unter haftähnlichen Bedingungen. Dass die Grenzverfahren in erster Linie dazu da sind, möglichst schnell möglichst viele Leute abweisen zu können, bestreiten auch ihre Befürworter:innen nicht. Ein Kriterienkatalog in der Verfahrensverordnung regelt, wer ein Grenzverfahren durchlaufen muss. Die Idee solcher Verfahren ist nicht neu. Das sagt auch der Sozialwissenschaftler und Migrationsforscher Simon Noori; heute ist er politischer Sekretär von Solidarité sans frontières. «Es handelt sich um eine Generalisierung des Hotspotansatzes auf den griechischen Inseln», sagt Noori. Die Europäische Kommission erklärte 2015 fünf griechische Inseln zu Hotspots. (…) «Die Erfahrung mit den Hotspotzentren zeigt, dass sich ein solches System kaum lange aufrechterhalten lässt», sagt Bernd Kasparek. Der Kulturanthropologe forscht seit Jahren zum europäischen Migrations- und Grenzregime, derzeit an der Humboldt-Universität zu Berlin. «Bald waren die Inseln überfüllt, die kurzen Verfahrensfristen konnten nie eingehalten werden», so Kasparek. «Und die griechische Regierung kehrte langsam zur Praxis zurück, stillschweigend Flüchtende von Inseln aufs Festland weiterziehen zu lassen.» Er bezeichnet die Vorstellung, überall an den EU-Aussengrenzen Grenzverfahren durchführen zu können, als «völlig realitätsfremd». (…) Das Grenzverfahren, wie es auf dem Papier konzipiert wurde, wird also wenig mit der Realität an der Grenze zu tun haben. Trotzdem wird die Infrastruktur dafür gebaut werden. «Es wird ein riesiger Gefängniskorridor rund um die EU entstehen», sagt Cornelia Ernst. Sie ist EU-Parlamentarierin für die Linkspartei und migrationspolitische Sprecherin ihrer Fraktion, der Europäischen Linken. «Wir werden da Kinder haben, die in Gefängnissen rumturnen», so Ernst. (…) Derzeit sind Grenzstaaten für die Bearbeitung fast aller Asylgesuche zuständig. Das werden sie gemäss Geas-Reform auch weiterhin sein. (…) Wieso haben diese Staaten trotzdem zugestimmt? Entscheidend dürften zwei Faktoren gewesen sein. Erstens die generelle Verschärfung des Asylrechts, unter anderem mit der Implementierung der Grenzverfahren. «Das war das Geschenk, das man den Grenzstaaten gemacht hat», sagt Cornelia Ernst. «Man will ihnen ja jetzt in vielen Fällen erlauben, gar keine richtigen Asylverfahren mehr durchzuführen.» Zweitens wird viel Geld fliessen: Die Managementverordnung sieht mehr Zahlungen zuhanden der Grenzstaaten vor, die wiederum in die Befestigung der Grenzen fliessen werden. Die Festung EU ist längst zum kleinsten gemeinsamen Nenner ihrer Staaten geworden; im Stacheldraht kulminieren ihre «westlichen Werte». Ein dritter wichtiger Aspekt sei die Krisenverordnung (…), sagt Migrationsforscher Kasparek. «Diese wurde auf Druck der Grenzstaaten eingeführt.» Insbesondere für die Klausel der «Instrumentalisierung» hätten sich diese Staaten starkgemacht. «Ich kann mir gut vorstellen, dass sich manche Staaten, etwa Italien und Griechenland, immer wieder auf einen solchen Ausnahmezustand berufen werden», so Kasparek. Das würde bedeuten, dass die Grenzen immer wieder ganz dichtgemacht und praktisch alle Ankommenden ein Grenzverfahren durchlaufen werden – ohne im juristischen Sinn überhaupt EU-Boden betreten zu haben. Wobei auch hier gilt: Es handelt sich nur bedingt um eine neue Praxis, sondern eher um eine Legalisierung der bestehenden. (…)Die Reform des Gemeinsamen europäischen Asylsystems ist also die konsequente Weiterführung der bestehenden EU-Grenzpolitik. Trotzdem sind die Verschärfungen historisch. Insbesondere weil die EU viele der Praktiken, die an den Grenzen bislang nicht rechtmässig waren, aber geduldet wurden, jetzt mit dem ganzen Gewicht ihrer Institutionen anerkennt und stärkt. Die konkrete Ausgestaltung vieler Details mag noch unklar sein. Zweifellos aber ist die Reform des Geas ein Bekenntnis. Und es ist ein grosser Sieg der Rechten, unter deren Druck die europäische Sozialdemokratie einknickte…“ Bewertung von Lukas Tobler in der WOZ vom 1. Februar 2024 externer Link mit Details in Kurztexten zu den 5 geplanten Verordnungen
  • Festungskapitalismus: Die Guten nach Europa, die Schlechten ins Abschiebelager. Europa ist keine Festung, sie schottet sich nicht nur einfach ab – es ist schlimmer
    „… Die Festungsmetapher scheint oberflächlich betrachtet zutreffend. Ihre Implikationen erscheinen passgenau. Moniert wird, dass Europa sich gegenüber dem Leid der restlichen Welt abschotte, um sich selbst ein Leben in weitgehender Freiheit zu ermöglichen. Überdies suggeriert die Festungsmetapher, Geflüchtete würden als Invasor:innen behandelt. Auch einer solchen Einschätzung kann man sich in Anbetracht der Praxis von Frontex und ähnlichen „Sicherheitsagenturen“ wohl kaum verwehren. Darüber hinaus schwingt stets der reaktionäre, mediävale Charakter des Unterfangens mit. Die Message lautet: „Europas Grenzpolitik ist im Mittelalter stecken geblieben. Sie ist gemessen an modernen Politikmaßstäben inadäquat.“ Insofern wirkt die Metapher stimmig. Geflüchteten wird der Zugang nach Europa unter beeindruckender Abwehrarchitektur verunmöglicht. Die Machtasymmetrie zwischen den Festungsherren, und wenigen Festungsdamen auf der einen Seite und den „Verdammten dieser Erde“ auf der anderen Seite ist frappierend. Erstere sorgen durch quasi unbezwingbare Hürden dafür, dass zweitere in ihrer überragenden Mehrheit außen vor bleiben, oder gleich im Burggraben des Mittelmeers das Ende ihrer beschwerlichen Reise vorfinden. Was ist jetzt also das Problem mit der Metapher? Es mag paradox klingen, doch sie ist in vielerlei Hinsicht noch eine Verharmlosung europäischer Grenzregimepolitik. (…) Zum einen sind die mittelalterlichen Assoziationen untauglich, wenn es um eine hochgerüstete, immens militarisierte Abwehr von Geflüchteten geht. (…) Die Steuerungsmacht und Bereitschaft, sich den zum Problem erklärten Menschen bereits vor den europäischen Grenzen mit aller Härte und Technik entgegenzutreten, verrät Möglichkeiten und Ambitionen, welche einem alten Burgherren im kühnsten Traum nicht hätten einfallen können. Der imperialistische Anspruch, die Welt nach Gusto für die eigenen Zwecke benutzbar zu machen, paart sich mit der Notwendigkeit, die Abschottung resolut und möglichst früh zu bewerkstelligen. Es lässt sich festhalten: Das europäische Grenzregime in all seiner militarisierten und hoch-technologisierten Blüte ist weit mehr und vielschichtiger als eine profane Festung. Ein weiterer Punkt ist zentral. Europa schottet sich nicht einfach ab. In Zeiten des Fachkräftemangels sind zumindest die Regierenden des Kapitalismus liberaler Spielart überzeugt von der Notwendigkeit „qualifizierter Einwanderung“. Treffender lässt sich das Grenzregime als ausdifferenziertes Selektions- und Hierarchisierungsmodell charakterisieren. Menschen werden anhand ihrer Verwertbarkeit für Kapital und Staat, abgeblockt, zugelassen oder teils extra angeworben. Der demografische Wandel Deutschlands befeuert einen neuen Nationalismus, der nicht nur auf Abschottung, sondern auf eine Sortierung von Menschen nach dem alt-bekannten Aschenputtel-Prinzip zum Ziel hat: die Guten nach Europa, die Schlechten ins Abschiebelager. (…) Menschen werden anhand ihrer Verwertbarkeit für Kapital und Staat, abgeblockt, zugelassen oder teils extra angeworben. (…) Dabei greift es zu kurz, Europa schlicht Abschottung vorzuwerfen. Viel eher sind die politischen Bemühungen zur Neustrukturierung des heimischen Erwerbsmarkts mit ausländischen Fachkräften als imperialistisches Projekt in der globalen Staatenkonkurrenz aufzufassen. Sie sind an und für sich eine gewaltträchtige Angelegenheit voller Machtambitionen. (…) Europa organisiert ein weitaus komplexeres und imperialistisch-anspruchsvolleres Projekt mit seiner Grenzpolitik, als nur Menschen den Zugang zu verwehren. Mit rudimentärer Pfeil und Bogen Ausrüstung hat das Repressionsarsenal der „Grenzschutzbehörden“ eben nichts gemein.“ Kritische Bemerkungen zur Festungsmetapher im Grenz- und Migrationsregime von Joshua Graf im MiGAZIN am 7. Januar 2024 externer Link
  • Die Fatale GEAS-Einigung, ein Paket der Gewalt & Kontrolle: Ein bitterer Tag für die Menschenrechte, ein Erfolg für die politische Rechte
    • Das Ende des Schutzes. Zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS).
      „Today is truly a historic day“, es sei ein wahrhaft historischer Tag, sagte die Präsidentin des Europäischen Parlaments, Roberta Metsola, zur Eröffnung der Pressekonferenz nach dem Abschluss der Trilog-Verhandlungen am Morgen des 20. Dezember 2023. (…) Der Rat hatte sich in nahezu allen Fragen durchgesetzt, das Parlament konnte – trotz der Länge der Verhandlungen – nur minimale Verbesserungen durchsetzen. (…) Ein einschneidender Punkt der GEAS-Reform wird, wie schon lange diskutiert, die Einführung der Grenzverfahren sein. Diese sind verpflichtend durchzuführen. Zu diesem Zweck sollen grenznahe Einrichtungen aufgebaut werden, in denen gleichzeitig bis zu 30.000 Menschen festgehalten werden können. In den nächsten Jahren soll ihre Kapazität auf 120.000 Personen anwachsen. Von den Grenzverfahren werden vor allem Personen betroffen sein, deren Nationalität eine Gesamtanerkennungsquote von unter 20 Prozent in der EU hat. Hier handelt es sich um einen entlarvenden Logikfehler. (…) Es zeigt aber vor allem, wie weit sich die Logik des GEAS von der der Genfer Flüchtlingskonvention entfernt hat. Es geht nicht mehr um den Schutz des Individuums vor Verfolgung, sondern um eine bloße Verwaltung von Massenflucht, in der die Person nur noch statistisches Element einer unerwünschten Bevölkerung ist. (…) Auch in einem zweiten wichtigen Punkt konnte sich das Parlament nicht durchsetzen. (…) In Zukunft soll innerhalb von sieben Tagen entschieden werden, ob die Person direkt zurückgeschoben, ins Grenzverfahren oder ins reguläre Asylverfahren überstellt wird. Das Screening findet unter der Fiktion der Nicht-Einreise statt. Trotz de facto Anwesenheit auf dem Territorium wird de jure davon ausgegangen, dass eine Einreise noch nicht stattgefunden hat. Personen im Screening können sich daher auf noch weniger Verfahrensgarantien verlassen. (…) Teil der Reform ist aber auch eine Krisenverordnung, die in Fällen von „Krise“ (massenhafte Ankunft), „Force Majeure“ (höhere Gewalt) und „Instrumentalisierung“ (Unterstützung von Fluchtmigration durch Staaten oder „hostile non-state actors“ auf Grund eines politischen Kalküls) eine weitere Absenkung der Standards erlaubt. Damit ist einer Aushebelung der ohnehin schon niedrigen Verfahrensgarantien für Schutzsuchende Tür und Tor geöffnet. Zwar muss ein solcher Fall vom Rat beschlossen werden (das Parlament ist hier außen vor). Angesichts der politischen Stimmung im Rat ist jedoch davon auszugehen, dass solche Beschlüsse regelmäßig ergehen werden, sobald Mitgliedstaaten diese beantragen. (…) Mit der unter hohem Druck zu Stande gekommenen Einigung auf die Reform des GEAS haben die EU, ihre Mitgliedstaaten, aber auch die im Parlament vertretenen Parteien eine überaus gefährliche Wette auf die Zukunft geschlossen. Sie hoffen, dass die schiere Gewalt der Grenze die Ankunft von Schutzsuchenden in Europa verhindern kann. Sie sind bereit, einen horrenden menschlichen Preis dafür zu bezahlen, genauer: von Schutzsuchenden und den Schwächsten bezahlen zu lassen. Doch was passiert, wenn sich die Maßnahmen als unwirksam herausstellen oder ihre Konsequenzen – die Vervielfachung des Leidens an den Außengrenzen – demonstrieren, in welchem Maße die EU bereit ist, ihre eigenen Werte zu verraten? Dann wird erst recht die Stunde des Autoritarismus, des Rassismus und des Faschismus im Gewand der neuen rechten Bewegungen in Europa schlagen. Dann werden Demokratie und Rechtsstaat in Europa erst recht auf dem Spiel stehen. (…) Der Streit um die Migration ist in Wahrheit ein Kampf um die Zukunft der Demokratie.“ Analyse von Bernd Kasparek vom 21. Dezember 2023 bei medico online externer Link
    • Fatale GEAS-Einigung: Rechtsruck in Europa manifestiert sich im Abbau der Menschenrechte beim Flüchtlingsschutz!
      PRO ASYL ist entsetzt über die politische Einigung zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Wie soeben verkündet wurde, sind die sogenannten politischen Triloge zwischen Mitgliedstaaten und Europaparlament abgeschlossen und die Reform steht kurz vor der Finalisierung. Im Frühjahr müssen die Ko-Gesetzgeber – der Rat der EU und das Europaparlament – die politische Einigung noch formal beschließen.
      „Dieser von den europäischen Gesetzgebern beschlossene Abbau von Menschenrechten im Flüchtlingsschutz versperrt für viele den Zugang zu Schutz und errichtet ein System der Haftlager für Menschen, die fliehen und nichts verbrochen haben – selbst für Kinder und ihre Familien. Durch die Ausweitung des Konzepts der „sicheren Drittstaaten“ befürchten wir neue menschenrechtswidrige Deals mit autokratischen Regierungen, durch die EU-Länder sich vom Flüchtlingsschutz freikaufen wollen“, kritisiert Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL. Aus den Fehlern der Vergangenheit sowie der Gegenwart – wie dem Elendslager Moria, den illegalen und brutalen Pushbacks und der fehlenden Solidarität unter den Mitgliedstaaten – wurde offensichtlich nichts gelernt. Stattdessen wird die neue europäische Asylgesetzgebung diese Missstände weiter verschärfen, so die Analyse von PRO ASYL…“ Pressemitteilung vom 20.12.2023 externer Link samt Schnellanalyse zu den aktuell uns bekannten Ergebnissen des Trilogs, die Verordnungen treten voraussichtlich 24 Monate nach den formalen Beschlüssen im Frühjahr 2024 in Kraft (also ab 2026), siehe auch:
    • Neuer EU Migrationspakt beendet das individuelle Recht auf Asyl in der EU und wird noch mehr Tote auf See verursachen
      Das Ergebnis der Trilog Verhandlungen über den neuen EU-Migrationspakt stellt einen Wendepunkt dar: Es ist eine der eklatantesten Missachtungen der Menschenrechte und des Leids an den europäischen Grenzen. Mit der Einigung über das Gemeinsame Euro- päische Asylsystem (GEAS) hat die EU beschlossen, einen Status quo in Gesetze zu gießen und zu zementieren, in dem Gewalt, Vernachlässigung, Folter und das Sterben- lassen von Menschen alltägliche Praxis sind. Die letzten Jahre haben eine Vielzahl grau- samer Praktiken gegenüber Menschen gezeigt, die in Europa ankommen: Sie werden in Lager wie Moria gepfercht, Kinder werden von ihren Eltern getrennt, Boote werden daran gehindert in der Ägäis sicher Land zu erreichen, Menschen werden an der kroatischen Grenze bewusstlos geschlagen oder an der polnischen Grenze erfrieren gelassen. Mit dem jetzt erzielten Abkommen wird all dies fortgeführt und sogar in Recht gegossen. Wir sind schockiert darüber, wie die auf See verlorenen Leben zur Rechtfertigung dieser gewaltvollen Politik benutzt werden…“ Stellungnahme vom 20. Dezember 2023 bei Compass Collective externer Link mit vielen weiteren unterzeichnenden Organisationen, u.a.: Iuventa, Maldusa, MARE*GO, Mediterranea, MISSION LIFELINE, Sea-Eye e.V., Sea-Watch e.V., Seebrücke und SOS Humanity e.V.
    • Ein bitterer Tag für die Menschenrechte, ein Erfolg für die politische Rechte: Die Reform des GEAS, und damit ein Gesetzespaket voller Entrechtung und Gewalt ist durch, das Unrecht hat sich durchgesetzt! Was bleibt zu sagen: Liebe Leute, wir müssen laut bleiben und lauter werden!Kommentar von RAV am 20.12. auf bsky externer Link, dem wir uns anschließen, ebenso Grundrechtekomitee externer Link: „Schockierende News. Mithilfe der Bundesregierung hat die EU eben die #GEAS Asylreform beschlossen, ein Paket der #Gewalt & Kontrolle. Es wird zu noch unendlich viel mehr Leid durch Illegalisierung kommen. Es ist an uns allen, diejenigen zu unterstützen, die #Solidarität brauchen.“
    • Wir erinnern an: Systemisch verantwortungslos: Europas Flüchtlingspolitik
      Artikel von Maximilian Pichl in den Blätern vom September 2023 externer Link
  • GEAS-Trilog geht weiter: Die EU will nun auch Minderjährige ab sechs Jahren künftig in geschlossenen Lagern an den EU-Außengrenzen festhalten
    • EU-Asylsystem GEAS: Sechsjährige ins Lager
      In Brüssel läuft die letzte Verhandlungsrunde zur Reform des EU-Asylrechts. Der Rat will, dass auch Kinder für Schnellverfahren interniert werden.
      Die EU will auch Minderjährige ab sechs Jahren künftig in geschlossenen Lagern an den EU-Außengrenzen festhalten. Bisher war ein Mindestalter von 12 Jahren im Gespräch. Die spanische Ratspräsidentschaft senkte die vorgeschlagene Altersgrenze unmittelbar vor Beginn der am Donnerstag begonnenen Verhandlungsrunde zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Parlament, Rat und Kommission beraten dabei über die letzten von insgesamt zehn Einzelnormen. Sie werden weitgehende Einschränkungen der Rechte von Flüchtlingen und Mi­gran­t:in­nen in der EU bringen. Auf dem Tisch liegt unter anderem ein Konzept zu Schnellverfahren an den Grenzen – aber auf EU-Territorium – während denen die Ankommenen als nicht eingereist gelten. (…) Faeser will zustimmen
      „Ein Skandal“, kritisierte Meike Riebau von der Hilfsorganisation Save the Children Deutschland. Dass nun auch Sechsjährige in die Lager kommen sollen, sei „Ergebnis einer Reihe von überstürzten Absprachen in letzter Minute“, sagte Michele LeVoy, die Direktorin der Europäischen Plattform für Menschen ohne Papiere (PICUM). „Dies ist ein Tiefschlag für die international anerkannten Kinderrechte, die vorschreiben, dass kein Kind in Einwanderungshaft genommen werden darf.“ Länder auf der ganzen Welt haben sich verpflichtet, auf die Beendigung der Inhaftierung von Kindern im Transit hinzuarbeiten, so Le Voy. „Das kann nicht die Art und Weise sein, wie Europa regiert wird.“
      Am Dienstag hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärt, Deutschland werde dem GEAS-Gesetzestext auch zustimmen, wenn die Ausnahme für Minderjährige nicht durchsetzbar sein sollte. Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 18. Dezember angesetzt
      …“ Artikel von Christian Jakob vom 9.12.2023 in der taz online externer Link
    • Heiße Phase der GEAS-Verhandlungen: Jetzt noch protestieren!
      Die Verhandlungen um die europäische Asylrechtsreform sind in der entscheidenden Phase, die spanische Ratspräsidentschaft will noch in diesem Jahr eine politische Einigung erzielen. In den Verhandlungen geht es um den Kern des Flüchtlingsschutzes in Europa – doch die Mitgliedstaaten könnten sich mit besonders schlimmen Vorschlägen durchsetzen…“ Pro Asyl-Meldung vom 08.12.2023 externer Link zum GEAS-Stand und Fahrplan
  • Flüchtlingsschutz verteidigen! PRO ASYL appelliert an das Europaparlament, bei der Asylrechtsreform nicht einzuknicken
    Heute, am 7. Dezember, treffen sich Vertreter*innen der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments und der Kommission zu einem sogenannten Jumbo-Trilog, um massivste Verschärfungen im europäischen Asylsystem zu verhandeln. Die spanische Ratspräsidentschaft will noch in diesem Jahr eine politische Einigung erzielen. Die Mitgliedstaaten hatten im Juni und Oktober 2023 – auch mit Stimme der Bundesregierung – eine Verhandlungsposition beschlossen, die eine weitgehende Entkernung des Flüchtlingsschutzes in der EU vorsehen. Das Parlament stellte dem bisher eine Verhandlungsposition entgegen, in denen zentrale Grund- und Menschenrechten noch geachtet werden. „Wir sind höchst alarmiert, dass die gefährliche europäische Asylrechtsreform unter Hochdruck noch dieses Jahr politisch beschlossen werden soll. Das Europaparlament darf nicht einknicken und muss die Menschenrechte in den Verhandlungen konsequent verteidigen“, fordert Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL. „Wenn sich die Mitgliedstaaten mit ihren Vorschlägen durchsetzen, bleibt vom Flüchtlingsschutz in Europa kaum noch was übrig – stattdessen werden Schutzsuchende in Grenzverfahren unter Haftbedingungen festgesetzt und in tatsächlich unsichere Drittstaaten abgeschoben“, befürchtet Judith…“ Pressemitteilung vom 07.12.2023 externer Link mit Informationen zu den aktuell umstrittensten Punkten
  • STOP GEAS: Bundesweiter Aktionstag am 26. November mit zentraler Demo in Berlin 
    Anfang Dezember soll im EU-Parlament über eine Verschärfung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) entschieden werden. Gegen die GEAS-Verschärfungen hat sich die STOP GEAS Kampagne gegründet, welche von einem breiten Bündnis aus unterschiedlichen Akeuter*innen getragen wird. Auch die Seebrücke beteiligt sich aktiv an der Kampagne. Am 26. November wird es einen erneuten bundesweiten Aktionstag mit zentraler Demo in Berlin geben: STOP GEAS – Asyl ist Menschenrecht!  Gemeinsam auf die Straße gegen die Abschaffung des Asylrechts in Europa am 26.11. in Berlin…“ Siehe Aufruf und Infos auf der Aktionsseite externer Link – Die Stop-GEAS Kampagne wird von einem zivilgesellschaftlichen Zusammenschluss aus verschiedenen Organisationen bundesweit organisiert, die sich für eine solidarische Migrationspolitik engagieren.
  • Aktionswochenende 6.-8.10.: Nein zur Krisenverordnung, Stoppt Geas! 
    Die Europäische Union und die Bundesregierung wollen das Recht auf Asyl faktisch abschaffen. Mit der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) sollen Schutzsuchende zukünftig daran gehindert werden, in der EU einen Asylantrag zu stellen. Eine individualrechtliche Prüfung wird unterbunden und Abschiebungen in Lager an EU-Außengrenzen und in Drittländer werden erleichtert. Faktisch bedeutet das: Die Genfer Flüchtlingskonvention wird „ausgehebelt“ und Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und Armut fliehen haben, kaum noch eine Chance auf ein menschenwürdiges Leben. Wir fordern: Jeder Mensch muss das Recht auf einen individuellen Asylantrag und ein Leben in Sicherheit haben! Am Wochenende des 6.-8. Oktober 2023 wird es bundesweit Aktionen und Proteste gegen diese rechtswidrigen und menschenverachtenden Pläne der Ampel-Regierung und der Europäischen Union geben. Schließt euch an und lasst uns den Mächtigen zeigen, dass sie die Rechnung nicht ohne uns machen können. STOP GEAS – Für ein Europa, das Brücken baut!Aufruf und Infos bei Seebrücke externer Link, siehe zum Hintergrund:

    • Unter dem Stichwort GEAS-Reform wird aktuell ein Paket von Gesetzesvorschlägen diskutiert, bei dessen Umsetzung weitreichende Verschärfungen im sogenannten Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS) drohen. Zuletzt wurde im Rat der EU die “Krisenverordnung” diskutiert. #StopGeasTweet von Seebrücke vom 5.10.2023 externer Link zu:
    • EU-Asylrecht: Die Ausnahme wird zur Regel
      „… Vieles von dem, was in den vergangenen Jahren als Verschärfung des Asylrechts vorgedacht wurde, greift so tief in die Grundrechte ein, dass es zunächst nur als Ausnahme daherkam. (…) Aber das reicht vielen nicht mehr. Der Druck in der derzeit wieder aufgeheizten Migrationsfrage ist groß. Und so geht es nun weiter: Die Krisen-Verordnung, auf die sich der EU-Rat am Mittwoch einigte, ist dazu da, die Ausnahmen auszuweiten. Und von Beginn an stand die Befürchtung im Raum, dass diese Ausweitung so weit geht, dass am Ende alles zur Regel wird: Knast, Schnellverfahren, abgesenkte Aufnahmestandards. Auch wenn die Ampel es anders darstellt: Die Möglichkeiten, einen „Krisenfall“ auszurufen und so die durch die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ohnehin geplanten Einschränkungen der Flüchtlingsrechte weiter zu verschärfen, sind weit gefasst. Das bloße Ankommen der Unerwünschten wird so schon bald oft als „Krise“ gelten, der mit den Mitteln des Notstands begegnet werden darf. Das „normale“ Recht für Schutzsuchende, ohnehin erodiert, wird, umgekehrt, nur noch in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen. (…) Die Verhandlungen von Rat, Parlament und Kommission werden beginnen, und Deutschland zieht mit.“ Kommentar von Christian Jakob vom 4. Oktober 2023 in der taz online externer Link – richtig beobachtet, wenn auch deutlich zu entgegenkommend bewertet…
    • Siehe auch bei Correctiv: Thema des Tages: Streit um Asyl-Einigung – wer blickt noch durch? externer Link
  • Aufruf von 270 Wissenschaftler*innen (kann unterstützt werden!): Für einen Menschenrechtspakt in der Flüchtlingspolitik 
    „… Als Wissenschaftler*innen aus dem Asylrecht und der Fluchtforschung, die seit Jahren die Flüchtlingspolitik untersuchen und kommentieren, sehen wir die jüngsten politischen Debatten und Forderungen mit großer Sorge. Die Debatte über Flucht und Asyl wird weitestgehend faktenfrei geführt. Dadurch werden Ängste geschürt und gesellschaftliche Probleme Schutzsuchenden angelastet. Zudem werden kurzerhand rechtsstaatliche und menschenrechtliche Minimalstandards für populistische Überschriften geopfert. Wir wenden uns daher mit entschiedenem Nachdruck gegen den Versuch, im Schnellverfahren und in einem »Deutschlandpakt« die Entrechtung von Menschen auf der Flucht weiter voranzutreiben. Stattdessen bedarf es eines bundesdeutschen Menschenrechtspakts in der Flüchtlingspolitik. Ein solcher Menschenrechtspakt ermöglicht es, jenseits populistischer Parolen eine menschenrechtskonforme Ausrichtung in den Mittelpunkt zu stellen. Dies wäre keinesfalls neu, sondern würde auf dem bestehenden rechtlichen und politischen Rahmen beruhen. (…) Die Einhaltung völker- und menschenrechtlicher Normen, zu der sich Deutschland vertraglich und im Rahmen der EU verpflichtet hat, ist für einen Rechtsstaat unverzichtbar. Auch auf europäischer Ebene darf die Bundesregierung daher eine Abschottungspolitik mit tödlichen Grenzen nicht unterstützen. Stattdessen muss sich die deutsche Politik für ein Ende der menschenrechtswidrigen Pushbacks, der Kriminalisierung von Geflüchteten und ihren Unterstützer*innen sowie für rechtsstaatliche Asylverfahren einsetzen. Die Lage in den Herkunfts- und Transitstaaten zu verbessern, ist natürlich relevant, aber Deutschland darf sich nicht aus der Verantwortung ziehen und muss die reale aktuelle Menschenrechtslage berücksichtigen. Gerade die Bundesrepublik Deutschland hat eine historische Verantwortung für das Flüchtlings- und Asylrecht. Im Zweiten Weltkrieg hat die nationalsozialistische Gewalt zur Verfolgung, Vertreibung und Ermordung von Millionen von Menschen geführt. Versuche, in der internationalen Staatengemeinschaft eine Einigung zur Aufnahme von jüdischen und anderen Flüchtlingen zu erzielen, scheiterten; im Angesichts des Todes standen daher viele vor verschlossenen Türen. Unter dem Eindruck dieser Gräueltaten und dieser Schutzverweigerung hat die Staatengemeinschaft nach 1945 verbindliche Flüchtlings- und Menschenrechtsabkommen geschaffen. Sie gelten als historische Meilensteine. Auch die Bundesrepublik Deutschland hat die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und alle Menschenrechtsabkommen ratifiziert und sich somit zur Einhaltung der darin verbrieften Rechte verpflichtet. Wie bedeutsam die Einhaltung dieser Rechte sind, belegen nicht zuletzt die Erfahrungen der 1990er Jahre. Durch den sogenannten »Asylkompromiss« von 1992 wurden weitreichende asylrechtliche Einschränkungen eingeführt. Sie wirkten gemeinsam mit der medialen Berichterstattung als Brandbeschleuniger für flüchtlingsfeindliche und rassistische Gewalt. Dies muss heute Warnung für die gefährlichen Folgen populistischer und restriktiver Politiken sein und nicht Vorbild für die Flüchtlingspolitik. Die rasche Aufnahme ukrainischer Kriegsflüchtlinge war und bleibt richtig und wichtig. Sie darf nun aber nicht gegen ebenso schutzbedürftige andere Geflüchtete ausgespielt werden. Die Menschenrechte müssen der Maßstab der bundesdeutschen Politik sein. Dies gilt es, in einem neuen Menschenrechtspakt für die Flüchtlingspolitik zu bekräftigen und zu konkretisieren.“ Aufruf von 270 Wissenschaftler*innen beim Verfassungsblog am 30. September 2023 externer Link – initiiert von Maximilian Pichl, Ulrike Krause und Nora Markard

  • „Krisenverordnung“: Abkehr der Bundesregierung vom Koalitionsvertrag und Menschenrechten reicht der italienischen Faschistin Meloni immer noch nicht
    • PRO ASYL zur Krisenverordnung: Abkehr der Bundesregierung vom Koalitionsvertrag und Menschenrechten
      Beim Treffen der EU-Innenminister*innen im Rat der EU am 28. September 2023 wurde die lange umstrittene Krisenverordnung trotz massiven zivilgesellschaftlichen Protests zwischen den Mitgliedstaaten vereinbart. In Zeiten von Krise, „höherer Gewalt“ oder „Instrumentalisierung“ sollen Ausnahmeregeln gelten, die das Recht auf Asyl weitgehend aushebeln. Auch die Bundesregierung stimmt den Verschärfungen der GEAS-Reform zu und verabschiedet sich damit vollständig vom Koalitionsvertrag im Bereich der EU-Flüchtlingspolitik – hierfür kann sie noch nicht einmal einen Verhandlungserfolg in Brüssel vorweisen.  „Die Zustimmung der Bundesregierung zur Krisenverordnung ist ein dramatisches Signal, dass Menschenrechte keine Rolle mehr spielen. Während die Ampel-Regierung sich im Koalitionsvertrag noch vorgenommen hatte, rechtswidrige Pushbacks und das Leid an den Außengrenzen zu beenden, stimmt sie nun einer Verordnung zu, die genau dies massiv verschärfen würde. Damit knickt sie auch vor den rechten Hardlinern in der EU ein, die erneut erfolgreich ihre Agenda durchgesetzt haben. Das macht uns weniger als ein Jahr vor der Europawahl wirklich Angst“, kommentiert Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL. Die Bundesregierung und die EU dürfen sich nicht weiter von rechten Kräften treiben lassen, die fluchtpolitische Themen für ihre (Wahlkampf-)Zwecke instrumentalisieren. Wer Forderungen von Rechtspopulist*innen übernimmt, trägt zur gesellschaftlichen Normalisierung rechter und rechtsextremer Positionen bei. Hierzu gehört insbesondere die Infragestellung grundlegender Menschenrechte wie dem Recht auf Asyl. (…)
      Das sieht die Krisenverordnung konkret vor
      Im Falle einer (drohenden) „Krise“ sowie bei einer behaupteten „Instrumentalisierung“ durch staatliche oder nichtstaatliche Akteur*innen können Asylregistrierungen drei bzw. vier Wochen ausgesetzt werden. In Verbindung mit den bereits im Schengener Grenzkodex im Rat geeinten Verschärfungen im Fall einer „Instrumentalisierung“ (Schließung von Grenzübergängen und verstärkter Grenzüberwachung zur Verhinderung von „illegalen Einreisen“) ist dies ein Rezept für massive Pushbacks. Eine neue Verschärfung ist bei der Definition einer Instrumentalisierung wohl auch zuletzt reingekommen: Wenn humanitäre Aktionen wie Seenotrettungsmaßnahmen nicht nach „europäischen Standards“ verlaufen, können auch sie als solche Instrumentalisierung eingestuft werden, womit die ganzen Einschränkungen für die geretteten Schutzsuchenden auch anwendbar wären. Dies könnte zukünftig von rechten Regierungen wie in Italien gezielt genutzt werden. Wer es trotz Grenzgewalt und Pushbacks überhaupt schafft während einer solchen „Krise“ oder „Instrumentalisierung“, einen Asylantrag zu stellen, wird anschließend an den Grenzen inhaftiert. Im Falle einer Krise kann dies alle Schutzsuchenden aus Herkunftsstaaten mit einer Schutzquote von bis zu 75 Prozent treffen, im Falle einer „Instrumentalisierung“ ausnahmslos alle asylsuchenden Kinder, Frauen und Männer. Insgesamt könnten schutzsuchende Menschen auf diese Weise bis zu zehn Monate an den Außengrenzen inhaftiert werden. Eine Änderung in letzter Minute in den Vorschlägen ist, dass nun nicht mehr abgesenkte Unterbringungsstandards in dieser Zeit gelten sollen. Allerdings hat die Erfahrung der letzten Jahre gezeigt, dass bei monatelanger Haft oder Unterbringung an den Außengrenzen regelmäßig gegen solche Standards verstoßen wird und die EU nichts dagegen unternimmt…“ Pressemitteilung vom 28.09.2023 externer Link

  • Parlament blockiert die Krisen-Verordnung des EU-Asylpakets – Von der Leyen plant (dennoch) weitere Abkommen zur Flüchtlingsabwehr
    • Parlament blockiert EU-Asylpaket. Die geplante EU-Krisen-Verordnung ist nach gescheiterten Verhandlungen vorerst vom Tisch
      Mit einer Krisen-Verordnung externer Link wollte die EU-Kommission weitere Garantien des Asylrechts schleifen. Unter bestimmten Voraussetzungen hätten Regierungen wie Italien oder Griechenland etwa die Dauer von sogenannten Grenzverfahren für Geflüchtete auf 20 Wochen verlängern können. Auf die Einführung dieser umstrittenen Asylverfahren in geschlossenen Lagern an den Außengrenzen hatten sich die EU-Innenminister Anfang Juni geeinigt. Wer aus Sicht der Behörden von vornherein keine Chance auf Asyl hat, soll demnach umgehend abgeschoben werden. Diese Asylverfahrensverordnung liegt nun beim Parlament und soll noch vor der Europawahl im Juni beschlossen werden. Die Krisen-Verordnung ist aber am Mittwoch im Rat gescheitert. Dort stand der finale Entwurf bei den Chefverhandlern aller EU-Länder auf der Tagesordnung. In diesem Ausschuss der Ständigen Vertreter war der Entwurf der Kommission von Anfang an umstritten. Am Dienstag hat die spanische Ratspräsidentschaft deshalb ein zweites Mal Änderungen vorgeschlagen – abermals erfolglos.
      Die Ablehnung der Krisen-Verordnung erfolgte aus unterschiedlichen Gründen. Polen, Ungarn, Tschechien und der Slowakei geht das geplante Gesetz nicht weit genug. Außerdem sperren sich diese sogenannten Visegrád-Staaten gegen eine verpflichtende Umverteilung Schutzsuchender, nachdem etwa der Rat an den Außengrenzen einen »Massenzustrom« von Migranten festgestellt hat. Diese verpflichtende »Relocation« soll sogar rückwirkend für Geflüchtete gelten können, die bis zu sechs Monaten vor Feststellung eines »Massenzustroms« eingereist waren.
      Die Kommission war den als Hardlinern bekannten vier Regierungen jedoch entgegengekommen. Schon der erste Entwurf der Krisen-Verordnung sah neben »Umsiedlungszusagen« auch »Verantwortungsausgleiche« vor. EU-Staaten könnten demnach etwa die libysche oder tunesische Küstenwache finanziell unterstützen, anstatt Geflüchtete für Asylverfahren zu übernehmen. Deutschland enthielt sich am Mittwoch zu dem jüngsten Entwurf, unter anderem weil auch Minderjährige ins verlängerte Grenzverfahren gezwungen würden. Die Bundesregierung wollte auch nicht, dass die Krisen-Verordnung bei einer »Instrumentalisierung« von Migranten gilt. Gemeint sind Situationen wie an der Außengrenze zur Türkei oder Belarus. Die dortigen Regierungen hatten ab 2020 Asylsuchenden die Weiterreise in die EU erleichtert und sie zum massenhaften Grenzübertritt ermutigt. Auch in der Fassung der Krisen-Verordnung vom Dienstag findet sich nach Informationen des »nd« der Passus, wonach eine solche Situation entstehen kann, wenn ein Drittland »die irreguläre Migration in die Union anstiftet, […] fördert oder erleichtert oder sogar erzwingt«. Explizit genannt werden »nichtstaatliche Akteure«, die einen Mitgliedstaat »destabilisieren« könnten. Einzelne EU-Staaten hätten diese Regelung auch gegen unliebsame Seenotrettungsorganisationen anwenden können. (…)
      Die Krisen-Verordnung ist einer von neun neuen Gesetzestexten externer Link, die als Teil einer großen »Reform« das EU-Asylsystem verschärfen sollen. Die am Mittwoch erfolgte Ablehnung im Rat könnte sich nun auf das Gesamtpaket auswirken. Denn das EU-Parlament will sich nur mit einzelnen Gesetzen des Gesamtpakets befassen, nachdem der Rat zu allen neun Einzelteilen seine Position formuliert hat. Die Abgeordneten haben deshalb bereits die Verhandlungen für eine neue Screening-Verordnung externer Link ausgesetzt. Schutzsuchende könnten dem Entwurf zufolge bis zu 15 Tage an den Außengrenzen festgehalten werden, damit ihre Identität festgestellt werden kann. Dabei würden sie als »noch nicht eingereist« deklariert. Das Parlament blockiert derzeit auch die geplante Eurodac-Verordnung externer Link . In der gleichnamigen Datenbank werden Fingerabdrücke und Gesichtsbilder von Asylsuchenden gespeichert. Dem Neuentwurf zufolge sollen sogar Kinder ab sechs Jahren ihre biometrischen Daten abgeben müssen.
      Größeres Ungemach droht jedoch mit der ebenfalls anvisierten Änderung des Schengener Grenzkodexes externer Link . Auch dieser Neuentwurf ist Teil der Asyl-Gesamtreform. Im Falle eines »Massenzustroms« von Schutzsuchenden könnte die EU demnach Übergänge an den Außengrenzen schließen und damit etwa an den Landesgrenzen zu Belarus oder der Türkei die Einreise komplett verhindern. Dies wäre ein absolutes Novum in der Geschichte der Union…“ Artikel von Matthias Monroy vom 27.07.2023 in ND online externer Link
    • Von der Leyen plant weitere Abkommen zur Flüchtlingsabwehr
      „… EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) will weitere Abkommen mit Partnerländern zur Steuerung der Zuwanderung unterzeichnen. Dabei müsse man „enger mit den Herkunftsländern und den Transitländern zusammenarbeiten“, betonte sie am Dienstag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in Bayreuth. Welche Länder ebenfalls für vergleichbare Abkommen infrage kommen könnten, sagte von der Leyen aber nicht. (…) Nach der Unterzeichnung eines Abkommens mit Tunesien Mitte Juli zeigte sich von der Leyen optimistisch, dass der neue europäische Asyl- und Migrationspakt noch in der laufenden Legislaturperiode verabschiedet werden könne. Auch Söder bezeichnete das Abkommen als beispielgebend und wertete es als richtigen Schritt, die Zuwanderungszahlen in Europa dauerhaft zu reduzieren. Die EU-Kommission will ihre Zusammenarbeit mit Tunesien in der Migrationspolitik ausbauen, damit weniger Schleuserboote von dem nordafrikanischen Land nach Italien kommen. Das Land soll Menschen daran hindern, sich auf den Weg nach Europa zu machen. Im Gegenzug sollen Finanzhilfen in Höhe von bis zu 900 Millionen Euro für das wirtschaftlich schwer angeschlagene Land in Nordafrika fließen. Tunesien stand zuletzt in der Kritik wegen massiven Menschenrechtsverletzungen.“ Meldung vom 26. Juli 2023 von und bei MiGAZIN externer Link
  • Von Tunesien bis Italien und zurück: Eine neue Achse gegen unerwünschte Migrationsbewegungen?
    Mare Nostrum nannten die Repräsentanten des Römischen Reichs im Altertum einmal das Mittelmeer, und Benito Mussolini reaktivierte das geopolitische Konzept 1939 im faschistischen Italien. Eine, die sich lange Jahre hindurch bewusst ideologisch in die Nachfolge Mussolinis stellte, wie sie 1992 selbst erklärt hatte, rückt nun erneut das Mittelmeerbecken – kürzlich erweitert bis zum Arabisch-Persischen Golf – in den Mittelpunkt strategischer Aktivitäten. Das Gewässer als „unser Meer“ zu reklamieren, kann Italiens amtierende rechtsextreme doch EU-kompatible bzw. „postneofaschistische“ Ministerpräsidentin Giorgia Meloni von der Partei Fratelli d’Italia sich nicht erlauben. Und Italien verfügt auch nicht über dieselben Machtmittel wie damals, als es Libyen kolonisierte. Dennoch konnten die Regierenden in Italien am vorigen Sonntag, den 23. Juli 23 Rom kurzzeitig als „Hauptstadt Afrikas und des Mittelmeers“ bezeichnen, als Staats- und Regierungschefs aus einem Dutzend – oft autokratisch regierten – Ländern sowie Minister aus mehreren weiteren Staaten in der angeblich Ewigen Stadt zusammentrafen…“ Artikel von Bernard Schmid vom 27.7.2023 – wir danken!
  • Frauenrechtsorganisationen warnen vor den Konsequenzen der EU-Asylreform 
    „Die Reformpläne zum europäischen Asylsystem (GEAS) bedrohen die Menschenrechte von ohnehin vulnerablen Personengruppen wie Frauen, Kinder, Menschen mit Behinderungen, LGBTQIA*-Personen und Gewaltopfer auf der Flucht. Ein NGO-Bündnis warnt nun vor dem völkerrechtlichen Bruch mit der Istanbul-Konvention gegen Gewalt an Frauen. Spätestens seit dem 1. Juni 2023 hat sich die Europäische Union durch ihren Beitritt zur Istanbul-Konvention gesetzlich verpflichtet, Frauen und Mädchen umfassend vor Gewalt zu schützen. Dies soll ausdrücklich alle Frauen und Mädchen in der EU einbeziehen – auch asylsuchende Personen oder Menschen ohne festen Aufenthaltstitel. Die Reformpläne zum europäischen Asylsystem aber bewirken das Gegenteil. Daher warnt nun das Bündnis Istanbul-Konvention, bestehend aus über 20 Frauen- und Menschenrechtsorganisationen, in einem Statement vor den fatalen Folgen der Reformvorhaben für vulnerable Personen und fordert die politisch Verantwortlichen auf, sich an ihre menschen- und völkerrechtlichen Verpflichtungen zu halten. Frauen und Mädchen auf der Flucht haben ein Recht auf Gewaltschutz! (…) [Aus dem Statement im Wortlaut:] Geflüchtete Menschen, für die ein »Grenzverfahren« vorgesehen ist, sollen an der EU-Außengrenze künftig wochenlang unter haftähnlichen Bedingungen festgehalten werden: in geschlossenen Lagern, mit eingeschränkten Rechtsschutzmöglichkeiten und absehbar fehlendem Zugang zu Beratung oder adäquater medizinischer oder psychologischer Unterstützung. Diese Grenzverfahren sollen für Geflüchtete aus Ländern mit einer Anerkennungsquote von unter 20 % verpflichtend sein, sie sind aber auch für viele andere Gruppen möglich. Schon jetzt zeigt die Praxis, dass die Bedürfnisse etwa von Frauen oder Müttern mit Babys in den Lagern an den EU-Außengrenzen dramatisch missachtet werden. Lager sind keine menschenwürdigen Aufenthaltsorte. Sie sind insbesondere für geflüchtete Frauen, Mütter mit Kindern, queere Menschen, behinderte Menschen und Menschen, die Mehrfachdiskriminierung erfahren müssen, unzumutbar und sind darüber hinaus Orte, an denen sie nicht sicher sind und sie häufig (erneut) Gewalt erleben. Das Konzept der Sicheren Drittstaaten wird die Chancen ankommender Geflüchteter auf Schutz und Sicherheit in Europa dramatisch verschlechtern. Denn es eröffnet den EU-Staaten die Möglichkeit, geflüchtete Menschen unabhängig von ihrem Schutzbedarf abzulehnen, weil diese angeblich in einem außereuropäischen Drittstaat hätten Schutz finden können. Ein Asylantrag wird als »unzulässig« eingestuft und – soweit möglich – eine Abschiebung eingeleitet, ohne dass die Betroffenen ihre Fluchtgründe hätten vortragen können. Das Bündnis Istanbul-Konvention fordert, diese Form der Zusammenarbeit mit nicht-demokratischen und nicht gendersensiblen sogenannten »Sicheren Drittstaaten« einzustellen…“ Pressemitteilung vom 24. Juli 2023 von und bei Pro Asyl externer Link
  • Unterschriftensammlung an die EU der Europäischen Bürgerinititative „Stop Border Violence!“: Stoppt die Gewalt an den Grenzen!
    „… Es ist an der Zeit, all diejenigen in einer gemeinsamen politischen Aktion zu vereinen, die die Verletzung von Grundrechten, Folter und Missbrauch von wehrlosen Menschen entschieden ablehnen, deren einzige Vergehen die Suche nach einem würdigen Leben und Hoffnung für die Zukunft weit weg von ihren Herkunftsländern sind. Wir fordern von der Europäischen Union in erster Linie: konkrete Maßnahmen zur Sicherstellung der vollständigen Einhaltung von Artikel 4 der EU-Grundrechtecharta, der die Verpflichtung vorschreibt, Folter, unmenschliche und erniedrigende Behandlung gegen ALLE Personen durch ihre Mitglieder nicht nur zu unterdrücken, sondern auch zu verhindern. Wir fordern den Schutz von Migrantinnen und Migranten oder Asylsuchenden…“ Aus dem Manifest zur Unterschriftensammlung externer Link
  • Festung Europa: Ein Brief aus der Hölle. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen umreißt ihre Maßnahmen zur Grenzüberwachung in Nordafrika
    „Seit dem 1. Dezember 2019 ist die ehemalige deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen Präsidentin der Europäischen Kommission. Sie ist auch für den Umbau des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) verantwortlich – und damit für Gesetzesvorschläge, in denen Fluchtbewegungen, wenn sie von benachbarten Drittstaaten begünstigt werden, als »Angriff auf die EU als Ganzes« bezeichnet werden. In einem Brief an die 27 EU-Staaten hat von der Leyen vor zwei Wochen ihren harten Kurs in der Migrationspolitik umrissen und Maßnahmen angekündigt, die bis dahin nur in Ansätzen durchgesickert waren. Das Schreiben hat die britische Bürgerrechtsorganisation Statewatch online gestellt externer Link . Im Mittelpunkt steht die weitere Sicherung der Außengrenzen. Die ohnehin mit einem Jahresbudget von einer Viertelmilliarde Euro ausgestattete Grenzagentur Frontex soll demnach 200 Millionen Euro zusätzlich erhalten. EU-Staaten an den Außengrenzen dürfen sich über 140 Millionen Euro für neue »elektronische Überwachungssysteme« freuen, eine Ausschreibung ist bereits auf dem Weg. Weitere 56 Millionen Euro erhalten Bulgarien und Rumänien – die immer noch keine Schengen-Vollmitglieder sind – für die Sicherung ihrer Grenzen zu Serbien bzw. der Türkei. (…) Allein in diesem Jahr hat die EU außerdem die Rückführung von über 400 Geflüchteten nach Subsahara-Afrika finanziert. Auch die libysche Küstenwache wird weiter unterstützt, damit sie Geflüchtete auf dem Weg nach Europa abfängt, zurückholt und in Lagern unterbringt. Unter dem Vorwand der »Seenotrettung« hat die Kommission bereits über 50 Millionen für Ausrüstung und Ausbildung der libyschen Behörden ausgegeben. Allein in diesem Jahr sollen auf diese Weise 7562 Personen auf Hoher See aufgegriffen worden sein. Im Juni wurden zwei weitere Schiffe an die Küstenwache ausgeliefert. (…) Libyen, Ägypten und Tunesien gehören zu den Staaten der »Europäischen Nachbarschaft«, die über ein gleichlautendes Finanzprogramm weitere Zuwendungen erhalten. Die Kommission will die EU-Migrationsabwehr aber auch auf Westafrika ausweiten. Im Zuge dieser »Vorverlagerung« der EU-Außengrenzen will auch Frontex erstmals eigene Grenzbeamte in Länder wie Mauretanien und Senegal entsenden, die Kommission verhandelt hierzu entsprechende Statusabkommen…“ Artikel von Matthias Monroy vom 9. Juli 2023 in Neues Deutschland online externer Link
  • Appell von 55 Organisationen an die Bundesregierung: „Nein zur Instrumentalisierungsverordnung durch die Hintertür!“ 
    Gerade erst haben die EU-Innenminister*innen sich auf verschärfte Grenzverfahren (unter Anwendung einer „Fiktion der Nicht-Einreise“, die absehbar zu Haft oder haftähnlicher Unterbringung führen wird), auf eine Ausweitung des Konzepts der „sicheren Drittstaaten“ sowie auf einen unzuverlässigen Solidaritätsmechanismus und die weitgehende Beibehaltung des Dublin-Systems geeinigt. Doch der Tiefpunkt ist noch nicht erreicht: Es wird mit Hochdruck an einer weiteren massiven Verschärfung gearbeitet. Die schwedische EU-Präsidentschaft hatte noch auf den letzten Metern ihrer Präsidentschaft die „Verordnung für Ausnahmen im Falle von Krisen, Instrumentalisierung und höherer Gewalt“ externer Link (Stand 23. Juni 2023) auf den Weg gebracht, nun macht die spanische Präsidentschaft mit den Vorschlägen weiter. Es sollen unter anderem die Verzögerung von Registrierungen, die Verlängerung von Grenzverfahren – dann für so gut wie alle Gruppen von Geflüchteten – sowie massive Absenkungen bei den Unterbringungs- und Aufnahmestandards möglich werden.
    Der Verordnungsentwurf wird aktuell zwischen den EU-Staaten verhandelt. Die von der Bundesregierung für die GEAS-Reform gewünschten Ausnahmen vom Grenzverfahren für Kinder oder andere vulnerable Personen wären dem Verordnungsentwurf nach vom Tisch. Auch droht eine Legitimierung der Menschenrechtsverletzungen an den Außengrenzen. (…) Angesichts der nun beginnenden Verhandlungen im Rat über die Krisen-Verordnung, in die die Vorschläge im Falle der „Instrumentalisierung“ eingefügt wurden, fordern wir erneut mit Nachdruck: Die Bundesregierung muss bei ihrem „Nein“ zur Instrumentalisierungsverordnung bleiben und darf einer Einführung der Krisen- Verordnung nicht zustimmen. (…)
    Der Entwurf der Verordnung für den Fall von Krise, Instrumentalisierung und höherer Gewalt sieht vor, europäische Vorschriften für Asylverfahren sowie für die Unterbringung und Versorgung von Schutzsuchenden weit unter jedes erträgliche Minimum abzusenken. Im Falle einer Instrumentalisierung würde eine Regelung im Schengener Grenzkodex durch die Schließung von Grenzübergängen es fliehenden Menschen nahezu unmöglich machen, an den Außengrenzen einen Asylantrag zu stellen. Statt schutzsuchende Menschen zu schützen, erhöht besonders das Konzept der Instrumentalisierung sogar noch die Gefahr, dass diese illegal – und oft mit Gewalt – zurückgeschoben werden. Wenn es doch jemand schafft, einen Asylantrag zu stellen, erlaubt es die Verordnung, diese Person bis zu fünf Monate zu inhaftieren. Dies betrifft auch Traumatisierte, Menschen mit Behinderung, Familien und allein fliehende Kinder. An den Grenzen werden die Bedingungen, wie auf den griechischen Inseln und anderswo häufig genug gesehen, absehbar menschenunwürdig sein. Notwendige unabhängige rechtliche Beratung oder medizinische und psychologische Unterstützung werden kaum möglich sein…“ „Nein zur „Instrumentalisierung“ durch die Hintertür.“ Appell an die Bundesregierung zu ihrer Position zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems am 05. Juli 2023 beim Grundrechtekomitee externer Link
  • Deutsche Zustimmung zum #GEAS: Die EU rettet sich auf Kosten der Menschenrechte – die Proteste gehen weiter 
    • Resolutionen zu GEAS: Gegen die Zerstörung des Rechts und den grenzenlosen Ausverkauf der Menschenrechte von Schutzsuchenden – das Problem heißt Rassismus
      • Resolution des RAV-Kongresses: Gegen die Zerstörung des Rechts und den grenzenlosen Ausverkauf der Menschenrechte von Schutzsuchenden
        Gegen die Zerstörung des Rechts und den grenzenlosen Ausverkauf der Menschenrechte von Schutzsuchenden
        Für das Recht, Rechte zu haben
        Für das Recht auf ein individuelles und effektives Verfahren – Zugang zum Recht – für alle
        Am 8. Juni 2023 haben die Innenminister*innen der EU einen Frontalangriff auf den Rechtsstaat beschlossen. Die Inhaftierung von Schutzsuchenden, die Rechtlosstellung durch die Fiktion der Nicht-Einreise, die Hinnahme von massenhaften refugees in orbit und Abschiebungen in vermeintlich sichere Drittstaaten werden als alleinige Antwort auf Verfolgung und Flucht, auf Kriege und Krisen der Gegenwart formuliert. Statt individuelle und effektive Asylverfahren zu stärken, werden Vereinbarungen mit autokratischen und rassistischen Regimen wie der Türkei und Tunesien vorangetrieben. Die Bundesregierung versucht, die Reform durch unwahre Behauptungen zu beschönigen, und bezeichnet sie als „Verschlechterung für wenige“ und „Verbesserung für viele.“ Tatsächlich können alle Schutzsuchenden durch die Anwendung des Drittstaatenkonzepts in das Grenzverfahren einbezogen werden – auch die vor den Taliban flüchtende afghanische Familie; auch eine Jina Amini, wenn sie vor ihrer Ermordung hätte flüchten können. Tatsächlich können alle Schutzsuchenden einschließlich Kinder inhaftiert werden. Allen Schutzsuchenden droht ein Schnellverfahren, in dem keine individuelle Prüfung stattfindet und effektiver Rechtsschutz nicht besteht. Pushbacks, Haft und Verfahrensunrecht prägen bereits jetzt die Behandlung von Schutzsuchenden an den europäischen Außengrenzen. Anstatt diese Verbrechen zu bekämpfen, werden sie nun unter Mitwirkung der deutschen Bundesregierung legalisiert…“ Resolution des RAV-Kongresses vom 17.6.2023 externer Link
      • Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein zum Internationalen Tag des Flüchtlings am 20. Juni: Das Problem heißt Rassismus
        Dem Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein ist der Internationale Flüchtlingstag einmal mehr ein Tag der Trauer: Knapp 85 Jahre nachdem die Völkergemeinschaft im französischen Evián im Juli 1938 bei einer Flüchtlingskonferenz kollektiv ihre Nichtbereitschaft zur Aufnahme von in NS-Deutschland und im besetzten Österreich verfolgten Jüdinnen und Juden zelebrierte, wiederholt sich Geschichte nun unter umgekehrten Vorzeichen. Mit ihrer Zustimmung zur Reform eines „Gemeinsamen Europäischen Asylsystems“ (GEAS) am 8. Juni in Luxemburg hat die Bundesregierung sich offenbar von der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Genfer Flüchtlingskonvention als richtungsweisenden Maßstab für die eigene Flüchtlingspolitik verabschiedet…“ Presseerklärung vom 20.06.2023 externer Link
    • Protestaktion am 20.06.2023 in Berlin anlässlich des Weltflüchtlingstags und des deutschen Gedenktags für die Opfer von Flucht und Vertreibung: Nein zu GEAS! Nein zum Begräbnis des Rechts auf Asyl! 
      Wir, ein zivilgesellschaftliches Bündnis aus regionalen und nationalen NGOs, rufen auf zum gemeinsamen Protestzug am 20.06.2023 um 5 vor 12 vor dem Bundesministerium des Inneren in Berlin zum Bundestag unter dem Motto: Werdet nicht zu Totengräber:innen! Die Aktion findet statt im Rahmen zahlreicher Proteste und Appelle an die deutsche Bundesregierung und die Regierungen der anderen EU- Staaten sowie das EU Parlament, sich noch gegen die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems zu stellen. (…) Nein zu GEAS! Nein zum Begräbnis des Rechts auf Asyl! Kein Asylkompromiss 2.0! Kein Mensch ist illegal!…“ Aufruf bei BLEIBERECHT FÜR ALLE – statt Chancenfalle! externer Link von Adopt a Revolution, BIPoC Ukraine & friends in germany, Flüchtlingsrat Berlin, Initiative „Abschiebezentrum BER verhindern”, Kampagne BLEIBERECHT FÜR ALLE – statt Chancenfalle!, LeaveNoOneBehind, Noborder Assembly, O-Platz lebt, PRO ASYL, Sea-Eye Lokalgruppe Berlin, Wir packen’s an (P.S. Wir wollen zusammen ein starkes Bild zeigen: Bitte kommt in schwarzer (oder dunkler) Kleidung und diesmal ohne Schilder, Banner oder Fahnen). Siehe auch:

      • Weltflüchtlingstag am 20. Juni 2023: Internationaler dezentraler Aktionstag: Ein Ende dem Krieg gegen Migrant*innen!
        Am 20. Juni – dem Weltflüchtlingstag – ruft Abolish Frontex zu einem internationalen dezentralen Aktionstag für alle antirassistischen und No-Border-Kollektive auf, für alle Gruppen, die für die Rechte und die Würde von Menschen auf der Flucht kämpfen, für alle antifaschistischen Aktionsgruppen, für alle Verbände und NGOs, die sich für Bewegungsfreiheit einsetzen, für alle Einzelpersonen und Gruppen, die der festen Überzeugung sind, dass die Festung Europa fallen muss. Der ABOLISH FRONTEX AKTIONSTAG ist ein Tag, um für internationale Solidarität einzutreten und unsere Stimmen gegen die Verharmlosung fremdenfeindlicher Äußerungen und die Zunahme des strukturellen Rassismus zu erheben…“ Mehrsprachiger Aufruf bei Abolish Frontex externer Link auch in unserem Dossier: #AbolishFrontex: Internationale Bewegung zur Abschaffung der EU-Grenzpolizei Frontex
      • Siehe weitere Proteste gegen GEAS bei der Seebrücke externer Link
    • #GEAS: Es ist 5 nach 12 für die Menschenrechte! Petition ans EU-Parlament und bundesweite Proteste

      • [Petition ans EU-Parlament] Es ist 5 nach 12 für die Menschenrechte! Nein zu einem Europa der Haftlager für Flüchtlinge!
        Schon 2021 haben wir diesen Appell gestartet, nachdem die EU-Kommission Vorschläge zur Entrechtung von Flüchtlingen vorgestellt hat. Denn die Europäische Union gründet auf Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechten. Geflüchtete brauchen Schutz und Zugang zum Recht auf Asyl. Stattdessen werden sie schon jetzt mit brutaler Gewalt von Europa ferngehalten oder sitzen verzweifelt in Elendslagern fest. Am 8. Juni 2023 haben nun die Innenminister*innen der Mitgliedsstaaten im EU-Rat Beschlüsse zu einer Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) gefasst, die Grenzverfahren unter Haftbedingungen und Abschiebungen in Drittstaaten vorsehen. Nur das EU-Parlament kann das Vorhaben jetzt noch stoppen. Wir appellieren an Sie als Abgeordnete des Europäischen Parlaments: Treten Sie den GEAS-Plänen entgegen! Machen Sie nicht mit, wenn Menschenrechte in Europa gebrochen werden. Es ist bereits 5 nach 12. Handeln Sie jetzt!Petition von Pro Asyl externer Link
      • Asylverfahren zweiter Klasse mit EU-Deal
        Nach den beschlossenen Asylrechtsverschärfungen der EU-Innenminister schlägt der Europäische Flüchtlingsrat Alarm: Mehr Menschen werden in Haftzentren landen. Der Deal motiviere Länder zu mehr Pushbacks und biete kaum Anreize für Schutz der Menschen…“ Beitrag von Niklas Hlawitschka am 11.06.2023 im Migazin externer Link
      • Gestern hat der EU-Rat den Weg für das neue Gemeinsame Europäische Asylsystem geebnet, was als Frontalangriff auf das Recht auf Asyl zusammengefasst werden kann. Ein Fortschritt bei der Legalisierung von Massenhaft und Abschiebung und der Unmöglichkeit, Zugang zu fairen Asylverfahren zu erhalten. Ihr Ziel ist es, vor den nächsten Wahlen im April 2024 eine Einigung zu erzielen. Unser Ziel ist es, es zu stoppen. Personen, die aus Ländern ankommen, die als „sicher“ gelten und deren EU-weite Anerkennungsquote unter 20 % liegt, würden nach dem Grenzübertritt in kontrollierten Aufnahmezentren festgehalten. In der Haft würden sie normalerweise innerhalb von 12 Wochen untersucht, um festzustellen, ob der Antragsteller eine Chance auf Asyl hat, was es sehr schwierig macht, angemessene rechtliche Unterstützung und eine echte Beurteilung des Einzelfalls zu erhalten. Wenn ihnen das Asyl verweigert wird, würden sie sofort zurückgeschickt, was ein erhöhtes Risiko der Zurückweisung und anderer Rechtsverletzungen mit sich bringt. Menschen können auch in Länder abgeschoben werden, in denen sie sich noch nie aufgehalten haben und auch während ihr Asylantrag noch anhängig ist. Tatsächlich wird es zu einer Masseninhaftierung schutzbedürftiger Kinder, Familien und Einzelpersonen an den EU-Außengrenzen kommen, mit einem erhöhten Risiko von Rechtsverletzungen und mangelnden Schutzmaßnahmen…“ engl. Thread von iuventa-crew vom 9. Juni 2023 externer Link
      • Menschenrechtsverletzungen, Gewalt, Entrechtung, Inhaftierung, tausende Tote an den Grenzen: „Das tut dann natürlich ein bisschen weh.“ Gegen ihr #GEAS – Für Menschenrechte. @NancyFaeser  #FaeserTweet von Sea-Watch vom 9. Juni 2023 externer Link mit unbedingt sehenswertem Video
      • „#LeaveNoOneBehind
        Die Bundesregierung hat den schlimmsten Asylrechtsverschärfungen jemals zugestimmt – jetzt rechtfertigt sie ihre Zustimmung mit einer Reihe von Falschinformationen. Hier ein Faktencheck
        …“ Thread von #LeaveNoOneBehind vom 10.6. externer Link
      • Siehe für Proteste:Wir rufen dazu auf, gegen das rassistische Abschottungsprojekt der EU&für ein solidarisches Europa zu kämpfen! Donnerstag war ein niederschmetternder Tag für die Menschenrechte, jetzt brauchen wir Widerstand. Es gilt, die Festung Europa Stein für Stein zum Einsturz bringen. #GEAS…“ Thread von Seebrücke vom 10.6. externer Link und „Protest gegen die #GEAS-Reform geht weiter!...“ Thread von Seebrücke vom 12. Juni 2023 externer Link mit neuen bundesweiten Terminen
    • Einigung von EU-Staaten: Asylverfahren sollen massiv verschärft werden („Faeser lässt sich Laune nicht verderben“)
      Die EU-Staaten arbeiten seit den Fluchtbewegungen in den Jahren 2015 und 2016 an weitreichenden Verschärfungen des EU-Asylsystems. Nach viel Streit gibt es nun eine Einigung. Die Bundesregierung musste in einem für sie wichtigen Punkt einlenken. Migrationsexperte warnt vor den Folgen der Verschärfungen. Die Asylverfahren in der EU sollen deutlich verschärft werden. Bei einem Innenministertreffen in Luxemburg stimmte am Donnerstag eine ausreichend große Mehrheit an Mitgliedstaaten für umfassende Verschärfungen, wie der schwedische Ratsvorsitz am Donnerstagabend nach stundenlangen schwierigen Verhandlungen mitteilte. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte: „Es waren keine leichten Entscheidungen, für alle die hier am Tisch stehen, aber es waren historische.“
      Vorgesehen in den nun vereinbarten Reformplänen ist insbesondere ein deutlich härterer Umgang mit Geflüchteten ohne Bleibeperspektive. So sollen ankommende Menschen aus als sicher geltenden Ländern künftig nach dem Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen. Dort würde dann im Normalfall innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden, ob der Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, soll er umgehend zurückgeschickt werden. (…) Bundesinnenministerin Faeser sagte nach der Entscheidung allerdings, dass sich die Bundesregierung gemeinsam mit Portugal, Irland und Luxemburg weiter für Ausnahmen einsetzen wird. Denkbar ist auch, dass das EU-Parlament noch Änderungen durchsetzt. Es hat bei der Reform ein Mitspracherecht und wird in den kommenden Monaten mit Vertretern der EU-Staaten über das Projekt verhandeln. (…)
      Nicht unterstützt wurde die Reform bei dem Treffen von den Ländern Polen, Ungarn, Malta, der Slowakei und Bulgarien. Tschechien machte nach der Einigung deutlich, dass es sich nicht an dem Solidaritätsmechanismus beteiligen will. Polen und Ungarn hatten sich bereits in der Vergangenheit ähnlich geäußert. Faeser ließ sich davon allerdings am Abend nicht die Laune verderben. „Ich finde, das lässt sich wirklich sehr gut sehen“, sagte sie kurz nachdem es im Sitzungssaal Applaus zur erfolgreichen Abstimmung gegeben hatte. Jetzt müsse man an der Umsetzung und den konkreten Ausgestaltungen arbeiten. (…)
      Migrationsexperte Bernd Kasparek sieht das anders. Er hatte im Vorfeld des Gipfels vor den Auswirkungen an den EU-Außengrenzen gewarnt. „Es geht hier nicht darum, zehn oder zwanzig Prozent der Ankommenden festzuhalten. Es geht darum, die überwiegende Mehrheit in Grenzverfahren zu überführen“, sagte der Co-Leiter der Netzwerk-Abteilung des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) dem „Evangelischen Pressedienst“. „Viele Menschen werden keine Möglichkeit mehr haben, einen Asylantrag zu stellen.“ (…) „Wir werden schlimmere Bilder als in Moria sehen.““ Meldung vom 08.06.2023 im Migazin externer Link (moderat formuliert)
    • PRO ASYL: Bundesregierung redet schön, sie stimmt dem Ausverkauf der Menschenrechte in Europa zu.
      Mit Zustimmung von Nancy Faeser und Befürwortung durch die grüne Außenministerin Baerbock und den liberalen Justizminister Buschmann haben die Innenminister*innen der EU einen Frontalangriff auf den Rechtsstaat und das Flüchtlingsrecht gestartet.  PRO ASYL wirft insbesondere Faeser und Baerbock vor, das menschenrechtliche Desaster schön zu reden. Es ist eine Fehlinformation, dass Geflüchtete aus Afghanistan und Syrien nicht in das Grenzverfahren kommen. Auch für diese Gruppen wird absehbar zum Beispiel in Griechenland in den verpflichtenden Grenzverfahren unter haftähnlichen Bedingungen zuerst die Zulässigkeit eines Asylantrages geprüft. Die massiv verwässerten Kriterien für angeblich sichere Drittstaaten öffnen Tür und Tor, um sich der Schutzsuchenden auf scheinlegale Weise zu entledigen. Selbst Familien mit Kindern werden künftig an Europas Grenzen in Haftlagern hinter Stacheldraht landen – nicht einmal diese oft beschworene rote Linie hielt die Bundesregierung Medienberichten zufolge ein. (…) Die Originaltexte inklusive der Annexe, die gestern beim Rat für Inneres der EU beschlossen wurden, sind immer noch nicht veröffentlicht. PRO ASYL fordert die sofortige Veröffentlichung. PRO ASYL befürchtet, dass letzte menschenrechtliche Bedenken der Bundesregierung fallen gelassen wurden und Faeser und Baerbock, wissentlich oder unwissentlich, bar jeder Grundlage die Realität schön färben. Die von Faeser aufgestellte Behauptung, dass syrische und afghanische Flüchtlinge nicht in das Grenzverfahren kommen, ist sachlich falsch…“ Pressemitteilung vom 09.06.2023 externer Link
    • Es ist absurd, aber es scheint als wäre ein zentraler Punkt für die deutsche Zustimmung zum #GEAS ein Missverständnis: Nancy Faeser geht davon aus und behauptet, dass Menschen aus Syrien und Afghanistan nicht in Grenzverfahren kommen. Das ist aber völlig falsch. Ein Thread:…“ Thread von Erik Marquardt vom 9. Juni 2023 externer Link
    • Die Bundesregierung und ihr Umgang mit Verfolgten. Kommentar von Lifeline-Mitbregründer Axel Steier zum Umgang der Bundesregierung mit Verfolgten.
      Das Regierungshandeln, das in Asylfragen regressiv ist, setzt sich aktuell gegen die Teile der Zivilgesellschaft durch, die sich täglich für die Rechte von Geflüchteten einsetzen. Die Auswirkungen auf die Betroffenen dieser Politik ist unvorstellbar grausam. Unzählige Organisationen rufen zwar lautstark auf, menschenrechtliche Standards auszubauen oder wenigstens die existierenden einzuhalten, stoßen jedoch auf taube Ohren von Entscheidungsträger:innen, die vorgeben, zuzuhören und Verständnis zu haben, während in der Realität bereits das Gegenteil angestrebt wird…“ Kommentar von Axel Steier  vom 08. Juni 2023 bei Mission Lifeline externer Link
    • Siehe für Proteste z.B.:
  • [Rat für Migration] Besser keine Reform als diese: Warum die Bundesregierung die GEAS-Reform stoppen sollte
    „… Aus migrationswissenschaftlicher und -rechtlicher Sicht legt der Rat für Migration es der Bundesregierung mit besonderem Nachdruck nahe, gegen die aktuell diskutierten Vorschläge zu stimmen. Und dies aus folgenden Gründen: 1) Die Vorschläge der Kommission sind nicht geeignet, um die Krise der Migrationspolitik in Europa zu beenden. Vielmehr befeuern die neuen Vorschläge die Forderungen rechtspopulistischer und rechtsextremer Parteien und Regierungen nach einer faktischen Abschaffung des Flüchtlingsschutz nur weiter. Diese bilden den tatsächlichen Kern der gegenwärtigen migrationspolitischen Krise und der langanhaltenden Blockade im europäischen Asylsystem. 2) Forschungen zu den schon in Pilotprojekten umgesetzten Maßnahmen des Reformpakets zeigen deutlich: Weder können diese menschenrechtskonform umgesetzt werden, noch sind sie geeignet, um die berechtigten Forderungen der EU-Mitgliedstaaten an den Grenzen der EU nach einer tatsächlichen europäischen Solidarität zu erfüllen. Vielmehr ist zu erwarten, dass Anreize für Staaten an den Außengrenzen geschaffen werden, um noch stärker illegale Zurückweisungen (Pushbacks) vorzunehmen und Schutzsuchende einer massenhaften und lang andauernden Inhaftierung an Europas Grenzen auszusetzen. 3) Die Vorschläge setzen nichts weniger als die Zukunft der europäischen Einheit aufs Spiel. Offensichtlich ist eine gemeinsame und nachhaltige Migrationspolitik für Europa eine drängendere Frage denn je. Eine solche zu entwerfen und voranzutreiben sollte Ziel dieser Bundesregierung sein. So hatten es SPD, FDP und Grüne auch in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. Eine Politik, die jedoch nur darauf abzielt, die sogenannte Sekundärmigration auf Kosten der grenznahen Mitgliedstaaten zu unterbinden, setzt Fliehkräfte frei, die den Schengenraum als Raum der Reisefreiheit gefährden und damit auch eine zentrale Errungenschaft des europäischen Projekts bedrohen. Die Bundesregierung hat schon aufgrund der deutschen Vergangenheit eine besondere Verantwortung für den Flüchtlingsschutz. Ohne eine Zustimmung Deutschlands dürfte die Reform im Rat keine Mehrheit finden. Aus Sicht der Migrationsforscher:innen im Rat für Migration gibt es keine Alternative dazu, die Reform scheitern zu lassen: die Vorschläge der Kommission sind nicht im Sinne des Flüchtlingsschutzes und der europäischen Solidarität reformierbar. (…) Ein Ende der Diskussion um unausgegorene Reformvorschläge würde vielmehr die Chance eröffnen, dass vorliegende rechtskonforme Vorschläge Gehör finden könnten: Das Europäische Parlament bemüht sich schon seit Jahren, die Härten der Vorschläge des Reformpakets abzumildern und dennoch ein funktionierendes, solidarisches Asylsystem im Sinne der Schutzsuchenden zu entwickeln. Es fordert immer wieder umfassende Evaluationen und Machbarkeitsstudien. Diese Vorgehensweise eröffnet die Möglichkeit einer faktenbasierten und menschenrechtskonformen Asylpolitik, die gleichzeitig einen solidarischen Ausgleich innerhalb der Europäischen Union sucht. Wäre es daher nicht an der Zeit, dem Europäischen Parlament, der demokratischsten Institution der Europäischen Union, die Herausforderung einer würdigen und nachhaltigen Migrationspolitik für den Kontinent zu übergeben und darauf zu vertrauen, dass es vollbringen kann, woran zahlreiche Kommissionen und Ratstreffen gescheitert sind? Es wäre ein mächtiges Zeichen gegen die jahrzehntelangen Mobilisierungen des Rechtspopulismus gegen Europa und gegen die Migration.“ Stellungnahme des Rat für Migration e.V. vom 7. Juni 2023 externer Link
  • [#StopGEAS] Vor EU-Innenministertreffen am 8. Juni: Scharfe Kritik an EU-Asylplänen (auch der UNO) sowie Proteste vor dem Bundestag und in vielen Städten
    • #StopGEAS am 8. Juni: Aktionen in Kiel, Berlin, Freiburg, Frankfurt & Hamburg… Siehe Demotermine im Tweet von RHEINMETALL ENTWAFFNEN externer Link
    • Unter #crossbordersnotlines sind bundesweit Kundgebungen zu finden, so u.a. am 07. Juni um 10 Uhr vor dem Bundestag, Platz der Republik / Paul-Löbe-Allee
    • Frisch geleaked, das sind die Verordnungsentwürfe über die abgestimmt werden soll. Neu ist, dass Zahlen bekannt werden: 30.000 de facto Haftplätze für #Grenzverfahren müssten in der #EU vorgehalten werden, bis zu 120.000 schutzsuchende Menschen im Jahr! Außerdem: es gibt weiterhin keine wie von @ABaerbock oder @lisapaus geforderte Ausnahme von #Kindern von #Grenzverfahren. Das wording hat sich sogar im Vergleich zu Vorfassungen verschärft und #Haft von Kindern klar in Kauf genommen. Die #Bundesregierung darf dem nicht zustimmen!Thread von Wiebke Judith vom 7.6.23 externer Link zum engl. Leak bei statewatch.org externer Link
    • PRO ASYL warnt vor faulem Kompromiss beim europäischen Asylrecht
      Am Donnerstag, 8. Juni 2023, treffen sich die EU-Innenminister*innen in Brüssel, um über massive Einschnitte beim europäischen Flüchtlingsrecht zu diskutieren. Weder steht eine Entlastung der Außengrenzstaaten über einen wirksamen Solidaritätsmechanismus zur Debatte, bei dem sich alle Mitgliedstaaten an einer Aufnahme von Geflüchteten beteiligen würden, noch scheint es menschenrechtliche rote Linien der Bundesregierung bei den Verhandlungen zu gebenPressemitteilung vom 06.06.2023 externer Link, siehe auch:

      • Laut bisher bekannter Plänen der EU-Innenminister*innen sind auch geflüchtete Kinder & Jugendliche von Inhaftierung o. haftähnlicher Unterbringung an den EU-Außengrenzen betroffen. Wir fordern: Keine Entrechtung geflüchteter Kinder in der EU #KeinVerratAnKinderrechten…“ Thread von PRO ASYL vom 6. Juni 2023 externer Link
    • EU: Geplante Asylreform wird Menschenrechte von Schutzsuchenden verletzen
      „Amnesty International fordert die Bundesregierung auf, beim Treffen der europäischen Innenminister*innen am 8. Juni keine Kompromisse auf Kosten des Flüchtlingsschutzes zu schließen und gegen die geplante Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) zu stimmen. Die geplante Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) verstößt nach der Ansicht von Amnesty International gegen menschenrechtliche Grundsätze und wird zu völkerrechtswidrigen Abschiebungen führen. Julia Duchrow, stellvertretende Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, sagt: „Sollte die Bundesregierung am Donnerstag den aktuellen Änderungsvorschlägen zum europäischen Asylsystem zustimmen, wäre das ein menschenrechtlicher Tabubruch, der die Allgemeingültigkeit von Menschenrechten und rechtsstaatliche Grundsätze infrage stellt. Im Koalitionsvertrag hat sich die Bundesregierung das Ziel gesetzt, das Leid an den EU-Außengrenzen zu beenden und bessere Standards in Asylverfahren zu etablieren. Das Gegenteil ist nun der Fall: Die Bundesregierung scheint bereit zu sein, einer vollständigen Aushöhlung des europäischen Flüchtlingsrechts zuzustimmen.“ Die vorgeschlagenen verpflichtenden Asylverfahren für Schutzsuchende an den EU-Außengrenzen hätten massive menschenrechtliche Konsequenzen: Geflüchtete – darunter Kinder – dürften bis zu drei Monaten der Freiheit beraubt werden. Schutzsuchende würden weder angemessene Asylberatung noch rechtlichen Beistand erhalten. Fälle von menschenrechtswidrigen Pushbacks würden weiter zunehmen. (…) Duchrow sagt: „Besondere Sorge bereitet uns die deutsche Verhandlungsposition hinsichtlich der ’sicheren Drittstaaten‘. Unterstützt die Ampel-Koalition den Vorschlag, die Anforderungen an diese Staaten zu senken, bricht sie ihr Versprechen, jedes Asylgesuch inhaltlich zu prüfen. Asylanträge könnten so pauschal als unzulässig abgelehnt werden und die Gefahr völkerrechtswidriger Kettenabschiebungen in Herkunftsländer wie Syrien oder Afghanistan wäre deutlich erhöht. Die Bundesregierung sollte sich an den sogenannten Asylkompromiss von 1993 erinnern: Menschenfeindliche Rhetorik bekämpft man nicht, in dem man klein beigibt und einer menschenfeindlichen Asylpolitik den Weg bereitet. Amnesty International erwartet von der Bundesregierung, dass sie bei dem EU-Ratstreffen gegen die Änderungsvorschläge zum Asylsystem stimmt und sich damit für eine menschenrechtsbasierte Asylpolitik stark macht.“…“ Pressemitteilung vom 6. Juni 2023 von Amnesty International externer Link
    • Vor Innenministertreffen: Hochrangige UNO-Kritik an EU-Asylplänen
      Wenige Tage vor einem EU-Innenministertreffen, bei dem die Regeln für Asylsuchende grundlegend geändert werden sollen, warnt UNO-Menschenrechtskommissar Volker Türk: Asylverfahren wie geplant in Drittstaaten zu verlagern sei nicht mit den Menschenrechten vereinbar, so der Österreicher. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) wies die Kritik zurück. (…) Mit diesem Kurswechsel soll auch eine Einigung im jahrelangen Streit über eine verpflichtende Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU erreicht werden. Mehrere Staaten, allen voran Ungarn, weigern sich ganz oder großteils, Flüchtlinge aufzunehmen. Sie sollen sich allerdings auch unter der neuen Regelung quasi „freikaufen“ können. Pro Flüchtling, der laut Quote nicht übernommen wird, müsste ein Land laut polnischen Angaben 22.000 Euro zahlen. Selbst wenn all das beschlossen wird, fehlt weiterhin ein laut Fachleuten zentraler Baustein, nämlich eine klar geregelte Zuwanderungsregelung. Diese soll es ermöglichen, dem sich verschärfenden Arbeitskräftemangel zu begegnen und die derzeitige Vermengung von Migration und Flucht zu beenden. Letzteres untergräbt zunehmend die Akzeptanz des Menschenrechts auf Asyl, das als Folge der großen Fluchtbewegungen aus Europa während des Zweiten Weltkriegs und danach geschaffen wurde. Der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte, der diese Woche in Wien ist, wünscht sich in Bezug auf die Migrationspolitik in Europa, „eine vernunftbegabte und faktenbezogene Diskussion zu haben und auch eine, die auf dem Menschenrechtswerk und Flüchtlingsregelungen beruht und sich nicht davon entfernt“. Türk warnt zudem vor Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan, wie sie zuletzt Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) gefordert hat…“ Beitrag vom 5.6.2023 bei ORF.at externer Link
  • Offener Brief an die Bundesregierung und Aktion ASYLRECHT RETTEN!: Schreib Deinen Abgeordneten, hinterfrage populistische Behauptungen, Verhindere Asylrechtsverschärfungen
    • Offener Brief an die Bundesregierung
      „… Sie haben sich im Koalitionsvertrag einen Aufbruch in der Migrationspolitik vorgenommen. Das war gut und richtig, denn viel zu lange wurde der Eindruck erweckt, dass Migration das Problem und Abschottung die Lösung sei. Daher sind wir sehr besorgt über Ihre am 28. April 2023 öffentlich gewordene Position zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Statt die versprochenen Verbesserungen voranzutreiben, wollen Sie nun den massivsten EU-Asylrechtsverschärfungen jemals zustimmen. Statt pragmatisch und unbeirrt an wirksamen Lösungen festzuhalten, droht der migrationspolitische Aufbruch in einer populistischen Debatte zu ersticken. Wir wenden uns daher an Sie, um Sie zu einer Änderung Ihrer Position aufzufordern…“ Offener Brief vom 03.06.2023 externer Link von über 100 Prominenten bei Civilfleet-Support e.V.
    • ASYLRECHT RETTEN! Schreib deinen Abgeordneten, hinterfrage populistische Behauptungen, Verhindere Asylrechtsverschärfungen
      „… Mach’ mit und lege mit uns gemeinsam die Fakten auf den Tisch. Schreibe eine Mail an deine Abgeordneten und stelle ihnen 13 von uns vorbereitete Fragen, um populistische Vorschläge zu entlarven. Gemeinsam verlangen wir Antworten…“ Aktionsseite von Civilfleet-Support e.V. externer Link
    • Jetzt Mail senden! Wir wollen ein anderes Europa!
      „… Dagegen müssen wir protestieren – und die Zeit drängt, denn schon am 8. Juni wollen die Innenminister*innen im EU-Rat darüber entscheiden! Bitte setzt euch also JETZT mit uns für die Rechte von Geflüchteten ein und schickt über unser Tool E-Mails an die Parteivorstände von SPD, Grünen und FDP. Hier findet ihr den Text der Mails, die ihr mit einem Klick im Formular absendet…“ Aktion von Pro Asyl externer Link
  • NRW-weite Kundgebung & Demo am 3. Juni 2023 in Köln: Hände weg vom Asylrecht: Keine Kompromisse mit der Festung Europa!  Am 08. Juni wollen die EU-Innenminister*innen über eine weitreichende Reform des Europäischen Asylsystems abstimmen. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) soll weitreichende Verschärfungen umfassen – und die brutale Abschottungspolitik der Festung Europa noch weiter vorantreiben. Alle Schutzsuchenden sollen bereits an den EU-Außengrenzen festgehalten und dort Asylanträge stellen müssen – unter haftähnlichen Bedingungen und ohne Zugang zu und rechtlicher Beratung. Der „Erdogan-Deal“ von 2016 zwischen der EU und der Türkei steht für das Konzept Pate. Das berüchtigte Lager Moria auf der griechischen Insel Lesbos und die anderen griechischen Hotspots dienen als Vorbilder, ihre Unmenschlichkeit sollen in der gesamten EU Normalität werden. (…) So versuchen die Regierungen auch den rechtlichen Weg zum Asyl zu sperren. Sie rüsten sich für die Migrationsbewegung, die im Rahmen des Klimakrise erwartet werden, anstatt den Kapitalismus in Frage zu stellen. Die forcierte Aufrüstung und Abschottung an den Außengrenzen stehen im Trend der rechtspopulistischen Entwicklungen in Europa. Trotz klarer Verstöße gegen Genfer Flüchtlingskonvention, Menschenrechte und gegenteiliger Absichtsbekundungen im Koalitionsvertrag „das Leid an den Außengrenzen beenden“ zu wollen, unterstützt die Ampelregierung die Pläne zur Asylrechtsabschaffung in der EU. Am 03. Juni gehen wir wütend auf die Straße in Solidarität mit allen Schutzsuchenden, gegen die Festung Europa, für Reise- & Niederlassungsfreiheit und Selbstbestimmung, immer Antifaschistisch.“ Aufruf auf der Aktionsseite keinekompromisse externer Link zur NRW-weiten Demonstration, Köln, 03.06.2023, 14 Uhr, Rudolfplatz, siehe #KeineKompromisse und aktuelle Meldungen auf Twitter von Mr. Pinguin externer Link und zum Hintergrund:
    • FAQ zur geplanten Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) bei Pro Asyl externer Link
    • Prioritätenpapier zu wesentlichen offenen Punkten der GEAS-Reform bei FragDenStaat externer Link
  • [26.05.2023: 30 Jahre Asylrechtsverschärfung und Demo in Berlin] »Keine Abschaffung des Rechts auf Asyl! Kein Asylkompromiss 2.0!« 
    „… am 26.05.2023 feiert Deutschland ein trauriges Jubiläum – 30 Jahre Asylrechtsverschärfung. Die aktuelle Bundesregierung ist nun kurz davor, diesem massiven Einschnitt in das deutsche Asylsystem und die Grundrechte fliehender Menschen nochmals eine Verschärfung hinzuzufügen, was wir und ein breites Bündnis weiterer zivilgesellschaftlicher Organisationen nicht hinnehmen wollen und rufen am 26.5.2023 17:30 zur Demonstration auf. Unter dem Motto »Keine Abschaffung des Rechts auf Asyl! Kein Asylkompromiss 2.0!« rufen wir alle auf, sich uns anzuschließen, um die deutsche Bundesregierung zu einem Veto gegen die EU Asylverfahrens- und die Asylmanagementverordnung aufzufordern. Unrecht darf nicht in scheinbares Recht gegossen werden! Die Demonstration wird am 26.05.2023 um 17.30 Uhr vor der Parteizentrale der SPD in Berlin starten und zieht mit einem Zwischenstopp an der Vertretung der Europäischen Kommission am Pariser Platz vorbei bis zur Bundesgeschäftsstelle der Grünen in Berlin. (…) Es ist jetzt an der Zeit, auf die Straße zu gehen gegen die weiteren Bemühungen zur kompletten Abschottung der EU – Staaten, gegen das Sterben-lassen an den EU-Außengrenzen, gegen Pushbacks und Asylverfahren an der EU – Außengrenzen!…“ Aufruf bei Pro Asyl externer Link, siehe auch:

    • [Vor der Demo am 26.05.2023] Offener Brief von Rechtsanwält*innen und Jurist*innen: Das Recht auf Schutz darf nicht abgeschafft werden. Dem rechten Diskurs mit einer Politik der Menschenrechte entgegentreten 
      „Wir stehen in diesen Tagen vor den massivsten Verschärfungen des Flüchtlingsrechts seit Jahrzehnten. Es erfolgt ein Paradigmenwechsel. Die Bundesregierung will das Asylverfahren demontieren und zu einem Schnellverfahren an den Außengrenzen machen.  Mit der Fiktion der Nicht-Einreise wird ein Zustand der Rechtslosigkeit statuiert. Dies wird mit der Einrichtung von Internierungslagern einhergehen. Flankierend dazu sollen auf nationaler Ebene Ausreisezentren geschaffen, Abschiebehaft ausgeweitet, die Liste sicherer Herkunftsstaaten verlängert und die Möglichkeiten des polizeilichen Zutritts zu Unterkünften zur Durchführung von Abschiebungen ausgebaut werden.
      Die Bundesregierung hatte in ihrem Koalitionsvertrag in der Migrationspolitik einen „Paradigmenwechsel“ – in entgegengesetzter Richtung – angekündigt, „um Geflüchtete zu schützen“, und verabredet, sich für „bessere Standards für Schutzsuchende in den Asylverfahren“ auf europäischer Ebene einzusetzen.
      Nun betreibt sie eine Politik der Abschottung, in der die Menschen und ihre Rechte keinen Platz in den veröffentlichten Beschlüssen und Statements haben. Die von der Bundesregierung forcierten Änderungen auf nationaler und europäischer Ebene sind nicht nur eine der weiteren x-beliebigen Verschärfungen des Asylrechts – sie stellen das Recht von Geflüchteten, sie stellen den Rechtsstaat als solchen in Frage.
      Diese Politik wird keiner Kommune helfen, die Wohnraum und Infrastruktur benötigt. Diese Politik wird keiner und keinem der vielen Haupt- und Ehrenamtlichen vor Ort helfen, die sich derzeit vor Ort mit aller Kraft einsetzen, um Geflüchtete aus der Ukraine oder Afghanistan beim Ankommen zu unterstützen. Diese Politik wird die Entrechtung und das Leid an den europäischen Außengrenzen eskalieren…“ Offener Brief am 25.05.2023 bei RAV externer Link mit dem Aufruf: Lasst uns auf die Straße gehen, gegen die Abschaffung des Asylrechts – morgen, Freitag, 26.05. ab 17.30 Uhr ab Willy-Brandt-Platz in Berlin!
    • Siehe auch: „30 Jahre Asylbewerberleistungsgesetz: 200 Organisationen fordern seine Abschaffung“ im Dossier: Erhöhung der Asylbewerberleistungen: Die Regierung steht in der Pflicht [denkste!]
    • Und zum Hintergrund unser Dossier: Ein fauler Kompromiss. Am 26. Mai 1993 beschloss der Bundestag die Abschaffung des Grundrechts auf Asyl
  • International Centre for Migration Policy Development (ICMPD) Die Migrations-Manager: Wie eine kaum bekannte Organisation fernab von öffentlicher Kontrolle Europas Migrationspolitik mitgestaltet.
    „„Making Migration Better“ – das verspricht das International Centre for Migration Policy Development, kurz ICMPD, seinen Mitgliedern. ICMPD berät Staaten im Hintergrund, schafft internationale Vernetzungen und wird auch selbst in Grenzregionen der EU aktiv. ICMPD ist eine Organisation, die nur wenige kennen, die aber zugleich ein wichtiger Player der EU-Migrationspolitik geworden ist. Gemeinsam mit einem Team aus internationalen Journalist:innen haben wir recherchiert, was genau ICMPD macht. Wir haben zahlreiche Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz gestellt, hunderte Dokumente erhalten und diese ausgewertet. Wir konnten aber auch interne Dokumente des ICMPD einsehen, von denen wir einzelne nach eingehender Prüfung und sorgfältiger Abwägung ebenfalls veröffentlichen. Unsere Ergebnisse haben wir vorab mit dem ZDF Magazin Royale und der österreichischen Tageszeitung DerStandard geteilt und gemeinsam Beiträge koordiniert. Unsere Recherchen führen an die EU-Außengrenzen im Westbalkan und nach Nordafrika, es geht um Trainingslager, Schnellboot-Training und „Leichen-Management“ und eine Rolle bei all dem spielen nicht nur Ministerien und Regierungen, sondern auch die deutsche Bundespolizei, ein ehemaliger österreichischer Vizekanzler und der mittlerweile international gesuchte Wirtschaftskriminelle Jan Marsalek. Unsere Recherchen zeigen: – Als Internationale Organisation unterliegt ICMPD kaum Transparenzpflichten. So kann ICMPD einen Raum schaffen, in dem Mitgliedstaaten wie Deutschland abseits der Öffentlichkeit die Migrationspolitik besprechen können. – ICMPD beeinflusst direkt und indirekt die europäische Migrationspolitik. Asylrechtsverschärfungen, die von Politiker:innen öffentlich vorgeschlagen werden, wurden teils vorher in informellen Treffen ausgearbeitet oder in Dokumenten von ICMPD skizziert. – ICMPD unterstützt direkt und indirekt die Küstenwachen in Libyen, Marokko und Tunesien – Behörden, denen massive Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden. Damit hilft ICMPD dabei, die EU-Außengrenze nach Nordafrika zu verschieben. Derzeit diskutiert die EU im Rahmen der Asylsystem-Reform auch Grenzverfahren an den EU-Außengrenzen. – ICMPD entwickelte Ideen für ein dubioses Asyl-Projekt in Deutschland mit. Involviert war dabei auch der mittlerweile untergetauchte Wirtschaftskriminelle Jan Marsalek…“ Beitrag von Vera Deleja-Hotko mit Mitarbeit Nidzara Ahmetašević, Zach Campbell und Lorenzo D’Agostino bei FragDenStaat am 19. Mai 2023 externer Link

    • Dazu sehenswert das ZDF Magazin Royal vom 19. Mai 2023 externer Link , Länge 31 Minuten, in der ZDF-Mediathek bis zum 18. Mai 2024, angekündigt mit der Bemerkung: „Das „Internationale Zentrum für Migrationspolitikentwicklung“ – kurz das ICMPD. Diese internationale Organisation hat sich ein Motto auf die Fahne geschrieben: Gute Ausländer rein, schlechte Ausländer Zaun! (…) Dabei arbeiten sie mit Überwachung, massiven Eingriffen in die Privatsphäre und sorgen auch dafür, dass Geflüchtete es erst gar nicht an die europäische Grenze schaffen.“
  • Appell von über 50 Organisationen an die Bundesregierung: Keine Kompromisse auf Kosten des Flüchtlingsschutzes bei der europäischen Asylrechtsreform! 
    „Als Teil eines Bündnisses von mehr als 50 Organisationen fordert PRO ASYL die Bundesregierung zur Abkehr von ihren Plänen zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems auf. Mit Blick auf das Treffen der EU-Innenminister*innen am 8. Juni 2023 appelliert das Bündnis an Innenministerin Nancy Faeser (SPD), ihrer humanitären Verantwortung gerecht zu werden und ihren eigenen Koalitionsvertrag ernst zu nehmen. Es darf keine Kompromisse auf Kosten des Flüchtlingsschutzes geben. Am 8. und 9. Juni 2023 treffen sich die EU-Innenminister*innen im Rat der Europäischen Union (EU), um sich politisch auf Regelungen zu einigen, die schwerwiegende Folgen haben würden: Unter anderem wird diskutiert, verpflichtende Grenzverfahren einzuführen, das Konzept der „sicheren Drittstaaten“ auszuweiten und am Dublin-System festzuhalten. Die unterzeichnenden Organisationen sind enttäuscht von der kürzlich bekannt gewordenen Position der Bundesregierung zu diesen Vorhaben und halten in einem gemeinsamen Statement fest: „Anstatt sich dem Trend der Entwertung europäischer Grund- und Menschenrechte und der Erosion rechtsstaatlicher Grundsätze entschieden entgegenzustellen, signalisiert die Regierung mit ihrer Position die Bereitschaft, diesen Weg, um jeden Preis mitzugehen. Damit gerät sie in eklatanten Widerspruch zu zentralen Versprechen des Koalitionsvertrags.“ „Unter Druck von rechtspopulistischen Regierungen von Rom bis Budapest wird in Europa gerade an einer weitgehenden Abschaffung des Flüchtlingsschutzes gearbeitet. Daran darf sich die Bundesregierung nicht beteiligen! Es geht um mehr als das Asylrecht, es geht um die Grundlagen der Europäischen Union. Der Zugang zum Recht auf Asyl, das Recht auf ein faires, rechtstaatliches Verfahren, die Überprüfung behördlichen Handelns durch Gerichte und vor allem der Schutz der Würde der Schutzsuchenden ist keine politische Verhandlungsmasse, um faule Kompromisse zu erzielen “, so Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL. (…) Bezüglich der Reformvorschläge der Europäischen Kommission aus dem Herbst 2020 war sich die Bundesregierung zu entscheidenden Punkten wie den Grenzverfahren, der Anwendung von „sicheren Drittstaaten“ und den künftigen Zuständigkeitsregeln lange uneins. Seit dem 26. April 2023 gibt es ein Prioritätenpapier der Bundesregierung, laut dem auch verpflichtende Grenzverfahren in Kauf genommen werden sollen. Bis zum nächsten Ratstreffen der EU-Innenminister*innen am 8. Juni 2023 müssen sich die Mitgliedstaaten auf Verhandlungspositionen einigen, um den Reformprozess bis zur Europawahl im Frühjahr 2024 abschließen zu können.“ Gemeinsame Pressemitteilung vom 17. Mai 2023 bei Pro Asyl externer Link
  • Haftlager an den Außengrenzen und Abschiebungen in Drittstaaten: Ist das die Zukunft? 
    „Haftlager an den Außengrenzen, neue »sichere Drittstaaten«, Schnellverfahren ohne Prüfung der Fluchtgründe: Die europäischen Abschottungspläne rücken immer näher. Schon am 8. Juni wollen die EU-Innenminister*innen darüber entscheiden. Bei der Ministerpräsidentenkonferenz wurde Zustimmung hierfür signalisiert – ein Bruch des Koalitionsvertrags!
    »Wir wollen die illegalen Zurückweisungen und das Leid an den Außengrenzen beenden. […] Der Asylantrag von Menschen, die in der EU ankommen oder bereits hier sind, muss inhaltlich geprüft werden«, haben SPD, Grüne und FDP sich Ende 2021 in ihren Koalitionsvertrag geschrieben. Anderthalb Jahre später scheint von dieser Position nichts mehr übrig zu sein. (…)
    Klar ist: Werden diese Pläne umgesetzt, ist das der Versuch, den Weg zum Asyl nun auch rechtlich zu versperren. Das ist ein großer Erfolg für alle rechtspopulistischen, nationalistischen und postfaschistischen Regierungen in der EU, die für ein Europa der Gewalt und der Rechtlosigkeit stehen. Dies ist ein eklatanter Widerspruch zu den menschenrechtlichen Positionen, mit denen die Ampel-Regierung angetreten ist.
    PRO ASYL versucht, das Schlimmste zu verhindern – und braucht dazu Unterstützung. Mit der Aktion »Wenn Menschenrechte verschwinden: Wir wollen ein anderes Europa!« externer Link sollen Tausende Briefe an die Parteivorstände von SPD, Grüne und FDP geschickt werden.“ Umfangreiche Meldung vom 12.05.2023 bei Pro Asyl externer Link

  • Flüchtlingsgipfel: Was das EU-Migrationspaket bewirken könnte. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur EU-Rolle bei der Verteilung von Schutzbedürftigen 
    „… Innerhalb Deutschlands richtet sich die Aufnahmequote für ein Bundesland nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel. Auf europäischer Ebene fehlt ein solches Instrument. Um den Umgang mit Flucht und Migration auf EU-Ebene einheitlich zu lösen, soll bis zum nächsten Jahr eine Einigung über das sogenannte Gemeinsame Europäische Asylsystem erzielt werden. Geplant sind eine stärkere Grenzsicherung, eine zuverlässigere Registrierung und eine gerechtere Verteilung der Schutzsuchenden. Insbesondere für Letzteres wirbt Deutschland, das im vergangenen Jahr EU-weit die meisten Asylanträge verzeichnete. (…) 2022 hat die EU-Asylagentur knapp eine Million Asylanträge dokumentiert. Das ist eine Steigerung von 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und der höchste Stand seit 2016. Ukrainische Geflüchtete wurden dabei nicht mitgezählt. Deutschland verzeichnete 218.000 Erstanträge und damit einen Zuwachs von 47 Prozent gegenüber 2021. Hauptherkunftsländer waren Syrien und Afghanistan. Hinzu kamen mehr als eine Million Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine nach Deutschland flohen. Insgesamt kamen damit 2022 mehr Schutzsuchende nach Deutschland als im Krisenjahr 2015. (…) Die Screening-Verordnung soll dafür sorgen, dass die Registrierung direkt in Zentren an der Außengrenze erfolgt. Das soll die sogenannte Sekundärmigration verhindern. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) setzt sich außerdem dafür ein, dass dort auch Asylverfahren stattfinden. Kritiker sagen, das belaste die Mittelmeerstaaten weiter und führe zu Massenlagern. (…) Die Verteilung von Schutzsuchenden innerhalb der EU ist auf der einen Seite das Herzstück des Gesetzespakets, das die EU-Kommission bereits 2020 vorgeschlagen hat. Auf der anderen Seite ist genau hier noch nicht abzusehen, worauf sich die EU-Staaten werden einigen können. Absehbar ist, dass es keine Mehrheit für verbindliche Quoten geben wird. Im Raum steht ein Solidaritätsmechanismus.“ Beitrag von Marlene Brey vom 8. Mai 2023 im MiGAZIN externer Link, siehe dazu:

    • Der Krieg Europas gegen Flüchtlinge
      Sind Deutschland und EU an der Belastungsgrenze? Nein, Frontstaaten und Schutzsuchende sind es. Was auf dem Flüchtlingsgipfel wieder nicht verhandelt wird.
      Die Europäische Union führt Krieg gegen Flüchtlinge. Nicht erst seit heute. Sondern schon lange. Begonnen hat er spätestens mit den militärischen Tragödien auf dem Balkan in den 1990er-Jahren. (…) Mit den diversen Abwehr- und Abschottungsmaßnahmen hat sich der reichste Kontinent der Welt mit einer halben Milliarde Menschen bis heute relativ erfolgreich, mit ein paar Krisen im Abschottungssystem wie 2015/2016, von einem Großteil der Schutzsuchenden südlich des Mittelmeers isolieren können. (…) Dabei sollte doch zumindest das Verursacherprinzip greifen. So sind die Anti-Terror-Kämpfe der USA und seiner europäischen Verbündeten im Nahen und Mittleren Osten, der Syrienkrieg und die, auch militärische, Stützung von Diktatoren oder autoritären Regimen durch den Westen verantwortlich für viele Fluchtursachen – siehe die deutschen Waffenlieferungen an die Golfstaaten-Kriegs-Allianz im Jemen. Die Verwüstungen produzierten Flüchtlingskrise über Flüchtlingskrise, während die Mauern Europas immer höher wuchsen. Auch reale Mauern wurden errichtet, noch bevor Donald Trump ans Werk ging – und dafür vom liberalen Europa mit Schimpf und Schande bedacht wurde. (…) Es wird an der Grenze misshandelt, getötet und gegen das Flüchtlingsrecht ins Kriegsgebiet zurückgeschoben. Wen juckt das schon in der EU, wer berichtet darüber? Das Resultat: systematischer Menschenrechtsbruch. Heute werden Flüchtende in Konzentrationslager in Griechenland von der EU festgehalten, trotz heftiger Einsprüche von Menschenrechtsorganisationen. Viele ertrinken im Mittelmeer, Boote werden illegal auf hoher See abgedrängt. (…) All das könnte abgemildert oder gestoppt werden, wie Experten und NGOs nicht müde werden zu betonen: Fähren für Flüchtlinge, faire und klar geregelte Kooperation und Verteilung je nach Kapazitäten über Grenzen hinweg, Abbau der Abschottungsmaßnahmen, keine schmutzigen Deals mit Autokraten, Internationalisierung der Asylverwaltung und der Versorgung der Schutzsuchenden. Vor allem sollten die Fluchtursachen bekämpft werden. Lippenbekenntnisse dazu gibt es von den Regierungschefs genug, aber keine Taten. Doch was ist mit der Belastungsgrenze? Gibt es nicht Grenzen der Barmherzigkeit? Die Wahrheit ist: Natürlich könnten wir weit mehr tun, wir verfügen über enorme Möglichkeiten und Ressourcen. Es ist eine Frage des politischen Willens, wie Proasyl richtig feststellt. (…) Sicherlich, es treten Probleme auf, die Unterbringung von Flüchtlingen muss gestemmt werden, auch, weil jetzt viele Ukrainer:innen versorgt werden müssen. Aber die Probleme sind hausgemacht und künstlich. Es liegt daran, dass die Mittel für die Kommunen künstlich verknappt wurden und weiter werden. Das muss sich schnellstens ändern. Im Windschatten der politisch gewollten Verknappungspolitik nun wie zuvor Debatten über Grenzsicherung, verschärfte Abschottung, weitere Aushöhlung des Flüchtlingsschutzes (Asylverfahren an die Außengrenze verlegen) und Begrenzungen beim Zuzug anzufachen, ist nicht nur heuchlerisch und löst keines der Probleme, sondern befördert ausschließlich Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Abwehr in der Bevölkerung. Wollen wir denn wirklich erneut die „Wir“-gegen-„Die“-Rhetorik ankurbeln, wie bei der letzten „Flüchtlingskrise“? Damals wurde mit Bedrohungsszenarien gegen „Menschenfluten“ und Überlastung die am Boden liegende AfD in alle Landtage und den Bundestag gespült. (…) Wenn sich EU und entscheidende Teile der politischen Klasse, einschließlich der Meinungsmacher:innen, gegen das Recht auf Schutzsuche von nicht gewollten Fliehenden – also exklusive der politisch wertvollen Ukrainer:innen – positionieren, damit Stimmung machen und punkten wollen, warum steigt die EU dann nicht einfach ganz aus der Flüchtlingskonvention aus? Warum wird das nicht gefordert? So haben eine Reihe von Staaten wie Indien die UN-Konvention nicht unterzeichnet, die Türkei im Prinzip auch nicht. Warum tut sich die EU dieses ganze Abschottungsgehampel seit Jahrzehnten an, für das im Übrigen viel Geld und viele Ressourcen sinnlos verschleudert werden? Die schmutzige Wahrheit hinter dem humanitären und liberalen Selbstverständnis der europäischen und deutschen Eliten, die ihr Bekenntnis zu Menschen- und Flüchtlingsrechte wie eine rote Krawatte vor sich hertragen, ist, dass sie nicht humanitär, sondern strategisch-nationalegoistisch denken und handeln…“ Beitrag von David Goeßmann vom 10. Mai 2023 in Telepolis externer Link
    • Die EU will das Asylrecht einschränken – und die Ampel unterstützt sie dabei
      Mehr Lager an den Außengrenzen, mehr Abschiebungen, mehr Abschreckung: Was CSU-Hardliner Horst Seehofer nicht geschafft hat, könnte jetzt mit Hilfe der Ampel Realität werden. (…) Seit mehr als dreißig Jahren ist die europäische Asyl- und Migrationspolitik vom Prinzip der Externalisierung geprägt: Die EU-Mitgliedstaaten erkennen das Grundrecht auf Asyl zwar formal an, aber verfolgen in der Praxis eine Strategie, bei der der Grenzschutz und die Flüchtlingsaufnahme an Drittstaaten ausgelagert wird. So sollen möglichst wenige Asylsuchende in die EU gelangen. Manche Regierungen, wie die völkische Fidesz in Ungarn, wollen Fluchtmigration unter allen Umständen verhindern. Die in der Praxis unkontrollierbare Grenzagentur Frontex erstellt seit Mitte der 2000er Jahre Risikoanalysen, unterstützt die EU-Mitgliedstaaten bei Abkommen mit Drittstaaten, führt Operationen an den Grenzen durch, organisiert Abschiebungen und ist in rechtswidrige Pushbacks verwickelt. Daneben haben einzelne EU-Mitgliedstaaten immer wieder versucht, bilaterale Abkommen mit Drittstaaten zu verhandeln. Ein Beispiel dafür war der sogenannte Freundschaftsvertrag zwischen Italien und Libyen, der 2008 von Silvio Berlusconi und Muammar al-Gaddafi abgeschlossen wurde. Derartige Migrationsabkommen, die mit gravierenden Verletzungen der Europäischen Menschenrechtskonvention einhergingen, haben in der Praxis nie funktioniert und waren nicht von langer Dauer. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Erstens verhandeln die EU-Staaten in der Regel mit autoritären, politisch instabilen Regimen. Infolge des sogenannten Arabischen Frühlings brachen etwa genau die Regierungen zusammen, mit denen Europa in Sachen Grenzschutz Abkommen vereinbart hatte. Die Torwächter der EU standen zeitweilig nicht mehr bereit, um Schutzsuchende an der Flucht nach Europa zu hindern. Die Migrationsabkommen verursachen zudem mittelbar neue Fluchtgründe. In West- und Zentralafrika führen afrikanische Staaten etwa im Gegenzug für finanzielle Zuwendungen Europas harsche Migrationskontrollen durch. Dies beschränkt beispielsweise die Freizügigkeit in der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) und verschärft ökonomische Notlagen. Und indem ein Autokrat wie Recep Tayyip Erdoğan durch den EU-Türkei-Deal Druckmittel gegen die EU in der Hand hat, fällt die Kritik der europäischen Staaten am autoritären Umbau in der Türkei, an der Unterdrückung der Opposition sowie dem militärischen Vorgehen gegen die Kurdinnen und Kurden vergleichsweise harmlos aus. (…) Aktuell ist in der Presse immer wieder von »Asylverfahren an der Grenze« zu lesen. Diese Formulierung legt nahe, dass bei diesen Grenzverfahren Fluchtgründe evaluiert werden würden – das ist jedoch nicht der Fall. Ob jemand vor dem Islamischen Staat oder den Taliban geflohen ist, interessiert die Grenzbeamtinnen und -beamte erst einmal überhaupt nicht. (…)Im Ergebnis wird diese Reform darauf hinauslaufen, dass viele Geflüchtete in Europa nie ein richtiges Asylverfahren durchlaufen werden, um ihre Fluchtgründe darzulegen. Damit unterlaufen derartige Grenzverfahren nicht nur das Recht auf Asyl nach Artikel 18 der EU-Grundrechtecharta, sondern stellen grundsätzlich die Rechtsstaatlichkeit der EU zur Disposition…“ Artikel von Maximilian Pichl vom 09. Mai 2023 in Jacobin.de externer Link
    • Siehe zum aktuellen Hintergrund auch:
  • Wenn Menschenrechte verschwinden: Wir wollen ein anderes Europa! Ampel-Koalition darf EU-Grenzverfahren unter haftähnlichen Bedingungen nicht zustimmen! 
    „PRO ASYL fordert die Parteivorstände der Ampelkoalition auf, für die Ziele im Koalitionsvertrag einzustehen und sich gegen die Zustimmung zu EU-Grenzverfahren auszusprechen. Es drohen De-facto-Haftlager und die Aushebelung des Flüchtlings- und Menschenrechtsschutzes an den EU-Grenzen. Das dürfen SPD, Grüne und FDP nicht zulassen. PRO ASYL ruft alle, die für Menschenrechte und Flüchtlingsschutz in Europa eintreten, dazu auf, an die Parteivorstände von SPD, Grünen und FDP zu schreiben mit der dringenden Bitte, für die Einhaltung der flüchtlingspolitischen Verabredungen im Koalitionsvertrag einzustehen. (…) Die Umsetzung der Pläne der EU-Kommission – Grenzverfahren, De-facto-Haftlager und die Aushebelung des Flüchtlingsschutzes an den EU-Grenzen – wären ein „großer Erfolg für alle rechtspopulistischen, nationalistischen und postfaschistischen Regierungen in der EU, die für ein Europa der Gewalt und der Rechtlosigkeit stehen. Eine fürchterliche Niederlage nicht nur für asylsuchende Menschen und ihr Recht auf Schutz vor Krieg, Folter oder Verfolgung, sondern für uns alle, die wir ein anderes Europa wollen: Ein Europa der Menschenrechte, der Freiheit und der Demokratie“, heißt es in dem Brief weiter. Schutzsuchende, die die EU-Außengrenze erreichen, müssen nicht nur befürchten, Opfer von gewaltsamen und illegalen Zurückweisungen zu werden. Künftig droht ihnen dort auch die sofortige Inhaftierung. Was in der bundesdeutschen Debatte als „Asylverfahren an den Außengrenzen“ bezeichnet wird, hat nichts mit einer fairen, rechtsstaatlichen Asylprüfung zu tun. (…) Die Zustimmung zu Grenzverfahren ist zugleich auch der Startschuss zu weiteren Schritten, die den Flüchtlingsschutz aushöhlen: Die aktuellen Entwürfe aus dem Rat sehen eine massive Ausweitung des Konzepts von sogenannten sicheren Drittstaaten vor, in die schutzsuchende Menschen ohne jede individuelle Prüfung direkt von der Grenze aus abgeschoben würden. Dabei soll es keine Rolle mehr spielen, ob die schutzsuchende Person in diesem „sicheren Drittstaat“ eine realistische Chance auf menschenwürdigen Schutz hat. Sie muss diesen vermeintlich sicheren Staat nicht einmal betreten haben, um dorthin abgeschoben werden zu können. Nötig wäre nur eine minimale Versorgung dort, die nach einer entsprechenden Abmachung zwischen EU und Drittstaat einfach als gegeben angenommen wird…“ Pressemitteilung vom 6. Mai 2023 von Pro Asyl externer Link zur Protestaktion von PRO ASYL mit der Möglichkeit die Aktion zu unterstützen:

    • Wenn Menschenrechte verschwinden: Wir wollen ein anderes Europa!
      „Ein Horrorszenario droht – und das mit Unterstützung der Bundesregierung: Flüchtlinge erreichen einen Staat an der EU-Außengrenze. Sie bitten um Asyl. Sofort werden sie inhaftiert. Alles, was sie ab diesem Moment von Europa noch zu sehen bekommen, sind Mauern, Stacheldraht und Sicherheitspersonal. Das soll jetzt Realität in der EU werden. Denn die Ampel-Koalition hat ihre im Koalitionsvertrag verankerte Position geändert: Innenministerin Nancy Faeser will den geplanten Grenzverfahren nun doch zustimmen. Was in der Debatte als »Asylverfahren an den Außengrenzen« bezeichnet wird, hat mit einem fairen, rechtsstaatlichen Vorgang nichts zu tun. Geflüchtete erwartet vielmehr ein Schnellverfahren, an dessen Ende für viele die direkte Abschiebung in einen sogenannten »sicheren Drittstaat« steht, weil ihr Asylantrag als »unzulässig« abgelehnt wird. Ohne inhaltliche Prüfung der Fluchtgründe. Dagegen müssen wir protestieren – und die Zeit drängt, denn schon am 8. Juni wollen die Innenminister*innen im EU-Rat darüber entscheiden! Bitte setzt euch also JETZT mit uns für die Rechte von Geflüchteten ein und schickt über unser Tool E-Mails an die Parteivorstände von SPD, Grünen und FDP. Hier findet ihr den Text der Mails, die ihr mit einem Klick im Formular absendet…“ Aufruf von Pro Asyl vom 6. Mai 2023 externer Link zum Mitzeichnen, siehe auch:
    • Durchbruch bei der Asylreform: Europa macht dicht
      Die EU-Asylreform rückt in greifbare Nähe. Was menschenrechtlich nicht passt, wird passend gemacht. Welche Änderungen kommen und warum das erst der Anfang einer völligen Entrechtung sein dürfte…“ Artikel von Özge İnan vom 05.05.2023 im Freitag online externer Link
    • Seehofer zu EU-Asylreform: »Wer nicht mitmacht, dem müssen halt die Mittel gekürzt werden«
      Lob für Nancy Faeser: Die SPD-Innenministerin macht sich für Asylverfahren an den EU-Außengrenzen stark, CSU-Vorgänger Horst Seehofer wünscht »eine glückliche Hand«. Er selbst war mit ähnlichen Plänen einst gescheitert…“ Meldung vom 05.05.2023 im Spiegel online externer Link
    • Siehe dazu auch im Dossier: “Menschenfeindlicher Unsinn”: Seehofer will „Erstprüfung“ von Asylanträgen an EU-Außengrenzen den Beitrag: [Erneuter Anlauf zur Aushebelung des Flüchtlingsschutzes] Faeser kündigt deutsche Initiative für Asylverfahren an EU-Außengrenzen an
  • Alarmierende Reformvorhaben zum europäischen Asylsystem: Menschenrechte geraten unter die Räder 
    „Schläge, gewaltvolle Pushbacks, Verweigerung der Annahme von Asylanträgen – seit Jahren sind Flüchtlinge an den EU-Außengrenzen immer mehr Grausamkeiten ausgesetzt. Und es soll noch schlimmer werden, auch mit mehr »sicheren Drittstaaten«. (…) So gehört zur derzeit diskutierten Reform des europäischen Asylsystems eine neue Asylverfahrensverordnung mit verpflichtenden Grenzverfahren, während denen die Asylsuchenden als »nicht-eingereist« gelten. Das würde bedeuten, dass die Schutzsuchenden kein EU-Land betreten dürfen, sondern an den Außengrenzen festgehalten werden, solange ihre Asylanträge geprüft würden – weitgehend isoliert, abgeschnitten von Hilfe und Beratung und absehbar unter haftähnlichen Bedingungen. (…) Hinzu kommen die Pläne der EU-Kommission für die Ausweitung des Konzept der sogenannten sicheren Drittstaaten: Ziel der Prüfung im Asylverfahren könnte primär die Frage werden, ob nicht ein außereuropäischer Drittstaat für die Schutzsuchenden »sicher« sei, so dass sofort dahin abgeschoben werden kann, ohne den Asylantrag überhaupt zu prüfen. Die Anforderungen daran, was als »sicher« gilt, sollen laut aktuellen Plänen im Rat der EU massiv gesenkt werden. Schutzsuchende sollen demnach sogar in Länder abgeschoben werden können, in denen sie noch nie waren oder in denen sie keinen Zugang zum Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention haben. (…) All das geht in die völlig falsche Richtung und bedeutet einen systematischen Rückzug aus dem Flüchtlingsschutz bis hin zu seinem Ende. Dabei müsste eigentlich das Ziel einer Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems sein, für Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Menschenwürde und der Menschenrechten von Schutzsuchenden zu sorgen – sowohl an den Außengrenzen als auch in den Mitgliedstaaten. Hierfür würde es ausreichen, das bereits geltende Recht zu achten und dessen Überwachung unter anderem durch Vertragsverletzungsverfahren zu gewährleisten. PRO ASYL kämpft seit vielen Jahren mit Projektpartnern in verschiedenen Mitgliedstaaten für die Einhaltung von EU-Recht und Menschenrechten. Doch die aktuell diskutierten Vorschläge der Kommission zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) von 2016 und 2020 (dem New Pact on Migration and Asylum) würden aus Sicht von PRO ASYL den Zugang zu Asyl in Europa gefährden und die Situation von schutzsuchenden Menschen weiter verschlechtern. Gemeinsam mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen hat PRO ASYL dies mehrfach kritisiert und andere Vorschläge präsentiert…“ Statement von Pro Asyl vom 27. März 2023 externer Link
  • EU-Gipfel: Neue Mauern gegen Geflüchtete. EU-Staaten wollen die Einreise weiter erschweren – und noch mehr abschieben 
    Mehr Grenzschutz, schnellere Abschiebungen: Die EU will ihre Grenzen dichter machen und kommt diesem Ziel nach dem jüngsten Gipfel ein Stückchen näher. »Wir werden handeln, um unsere Außengrenzen zu stärken und irreguläre Migration zu verhindern«, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen noch während der Sondertagung der Staats- und Regierungschefs am Freitag in Brüssel. In der Nacht hatte man sich auf eine gemeinsame Erklärung verständigt. Darin wird gefordert, »unverzüglich umfangreiche EU-Mittel zu mobilisieren«, um die Länder bei der Stärkung ihrer »Grenzschutzkapazitäten und -infrastruktur« zu unterstützen. Zwar wird der Bau von Grenzzäunen nicht explizit erwähnt, jedoch ist allen Beteiligten klar, was mit »Infrastruktur« gemeint ist: Mauern zur Abwehr von Geflüchteten. Derzeit kommen wieder Hunderttausende aus den Krisenregionen dieser Welt: Syrien, Afghanistan und Afrika. Allein 2022 wurden in der EU rund 924 000 neue Asylanträge gestellt. Damit hat sich die Zahl der Migranten im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Hinzu kamen etwa vier Millionen Menschen aus der Ukraine, die laut EU-Beschluss keine Asylanträge stellen müssen. Konservative sprechen bereits von einer »Migrationskrise«. Österreichs Kanzler Karl Nehammer gilt als treibende Kraft und hatte den Sondergipfel in Brüssel quasi eingefordert. Im Vorfeld des Treffens drohte er mit einer Blockade der Abschlusserklärung, sollte diese keine konkreten Maßnahmen enthalten. Nehammer ist nicht allein: Zusammen mit sieben EU-Regierungschefs, etwa aus Griechenland und Dänemark, hatte der Konservative einen Brief verfasst, in dem die Staaten mehr EU-Gelder fordern für den Grenzschutz und auf schnellere Abschiebungen sowie neue Rückführungsabkommen mit Drittstaaten drängen. Und so findet sich in der Abschlusserklärung auch die Forderung, »die effektive Rückkehr« der Geflüchteten in ihre Herkunftsländer zu gewährleisten. Denn viele Staaten weigern sich, ihre in die EU geflüchteten Bürger zurückzunehmen. Durch den Einsatz »aller einschlägigen Strategien, Instrumente und Werkzeuge der EU« sollen diese Länder gefügig gemacht werden. Etwa durch »restriktive Visamaßnahmen gegenüber Drittländern, die bei der Rückkehr nicht kooperieren«…“ Artikel von Fabian Lambeck vom 10.02.2023 im ND online externer Link, siehe auch:

    • EU-Migrationsgipfel: Ein Gipfel der Heuchler und der Heuchelei 
      „„Seid umschlungen Millionen, diesen Kuss der ganzen Welt“. Darauf spielt die Hymne der EU an, die ihre Menschheitsverbrüderung mit Mauern, Zäunen, Grenzsicherung durchsetzt. (…) Im Rahmen ihres Gipfeltreffens in Brüssel, nach Gruppenfoto und Treffen mit Ukraine-Präsident Selenskij, haben sich die 27 Regierungschefs der EU auch mit dem Thema Migration befasst. Früher hiess der Tagesordnungspunkt Gemeinsame Asylpolitik und war den ständig steigenden Flüchtlingszahlen gewidmet. Nun heisst er Migrationspolitik, womit zum Ausdruck gebracht wird, dass es sich bei den Flüchtenden nicht um Menschen in einer Notlage handelt, sondern um Auswanderer, die ihr Glück in einem anderen Land suchen. Auch wird ihre Situation unter dem Titel illegale Einreise zum Thema, womit die Politik deutlich macht, dass sie es bei den Flüchtlingen eigentlich mit Straftätern zu tun hat. (…) Mit ihrer Kennzeichnung des Personenkreises mal als Flüchtlinge, mal als Migranten oder Grenzverletzer geben die Regierungschefs zu erkennen, dass sie definieren, wann ein Handeln im Lichte der Humanität zu deuten und wann ein grenzpolizeilicher Blick auf lauter Vergehen angebracht ist. Sie legen eben fest, wie die Werte zu verstehen und in Anschlag zu bringen sind, auf die sie sich in ihrer Wertegemeinschaft (woraus die EU ja bestehen soll) berufen. Deshalb ist auch die Sicherung der Aussengrenzen der EU nicht als ein Akt der Asyl-Verweigerung zu sehen, sondern als Kundgabe, wie das Asylrecht immer schon zu begreifen war – nämlich als Mittel der Aussenpolitik der betreffenden Länder. So sind ukrainische Flüchtlinge willkommen und ein Ausweis europäischer Humanität, weil sie der lebende Beweis für die unmenschliche Politik Russlands sind. Also werden sie rasch und unbürokratisch aufgenommen und entsprechend umsorgt. Ausgedient haben dagegen Asylbewerber aus Afghanistan. Schliesslich hat die Nato beschlossen, dass dieses erfolgreich zerstörte Land – in dem u.a. die Bundeswehr 20 Jahre lang wütete – sich selbst überlassen werden kann, denn die Taliban werden wohl alle Hände voll zu tun haben, ihre Macht zu sichern und ihr Volk irgendwie über die Runden zu bringen. Ausgedient haben zum Beispiel auch die Jesiden, die vor einiger Zeit noch das menschliche Beweismaterial gegen den Islamischen Staat und Syriens Präsident Assad waren. („Immer weniger jesidische Flüchtlinge aus dem Irak werden in Deutschland anerkannt. Dabei hat der Bundestag gerade erst gefordert, den Überlebenden des Völkermordes hier Schutz zu gewähren.“ sueddeutsche.de, 3.2.23) Menschen aus den Kriegsgebieten Syrien, Libanon, Irak sind nicht mehr von Interesse und es gilt deren Fluchtwege zu stoppen. Menschlichkeit im Sinne wertorientierter Aussenpolitik hat eben so ihre Konjunkturen… Sicherung der Aussengrenzen der EU – So heisst jetzt das vorrangige Thema europäischer Migrationspolitik. „Es geht vor allem um eine stärkere Sicherung der Aussengrenze und mehr Abschiebungen. Deutschland unterstützt die Pläne für mehr Grenzschutz.“ Es ist also nichts anderes geplant als die Umzäunung der EU mit möglichst hohen Stacheldrahtzäunen inklusive Überwachungskameras und Alarmanlagen. Erinnerungen an eine „unmenschliche“ Grenze, die einst zwei deutsche Staaten voneinander trennte, dürfen da natürlich nicht aufkommen. Hier und jetzt regiert ja die Humanität! (…) Die Sachlage ist also eindeutig: Scholz verwies nach dem Gipfel zwar darauf, dass das Wort „Zäune“ im Beschluss nicht vorkomme, sagte aber gleichzeitig, es gehe schon darum, „dass an einigen Grenzen Sicherungsmassnahmen ergriffen werden“. (…) Die Beschlüsse sind „ein Dokument der Härte und Herzlosigkeit“. Mehr Mitmenschlichkeit dagegen einzuklagen, bleibt aber solange ein Akt der Hilflosigkeit, wie kein Einspruch gegen diese brutalen Benutzungsverhältnisse erfolgt – gegen Verhältnisse, die nicht nur im globalen Süden, sondern auch in den Metropolen die Existenz von Millionen Menschen immer prekärer werden lassen…“ Beitrag von Suitbert Cechura vom 21. Februar 2023 beim untergrundblättle externer Link
    • EU will Außengrenzen stärker sichern und mehr abschieben
      Die EU-Staats- und -Regierungschefs haben sich auf Vorhaben in der Migrations- und Asylpolitik geeinigt. Es geht vor allem um eine stärkere Sicherung der Außengrenze und mehr Abschiebungen. Deutschland unterstützt die Pläne für mehr Grenzschutz – und erntet heftige Kritik…“ Beitrag vom 12.02.2023 im Migazin externer Link
    • EU-Migrationsgipfel: Pro Asyl befürchtet „Demontage des europäischen Asylrechts“
      Karl Kopp, Leiter der Europaabteilung von Pro Asyl, kritisiert die EU-Migrationspolitik. Nach der Einigung über die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge gehe es darum, die anderen Kriegs- und Krisengeflüchteten nicht abzuhängen.“ Audio des Interviews von Maria Grunwald vom 09. Februar 2023 beim Deutschlandfunk externer Link Audio Datei
  • EU-Kommission präsentiert Vier-Punkte-Plan für mehr Abschiebungen 
    EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hat einen Vier-Punkte-Plan gegen „irreguläre Migration“ vorgelegt. Ziel: weniger Einreisen, mehr Grenzschutz und Abschiebungen. Sie mahnt mehr Solidarität innerhalb der EU und mehr Partnerschaften mit Drittstaaten. (…) Die Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei könne unter anderem mit Drohnen und erhöhter Präsenz der Grenzschutzagentur Frontex besser unterstützt werden, führte von der Leyen aus. Mit Blick auf die Lage im Mittelmeer sagte sie, dort koste die irreguläre Migration allzu oft Menschenleben. „Wir müssen unsere Mitgliedsstaaten und unsere Partner in Nordafrika unterstützen, um ihre Such- und Rettungseinsätze zu koordinieren“, betonte von der Leyen. Außerdem solle der Kampf gegen Schleuser und Schlepper intensiviert werden. Auch müsse es der EU gelingen, die Zahl der Rückführungen zu erhöhen, nannte die Kommissionspräsidentin als zweiten Punkt. Jedes Jahr würden in der EU rund 300.000 Rückführungen beschlossen, aber nur 70.000 Menschen tatsächlich in ihre Herkunftsländer zurückgebracht. Die Entscheidung über eine Abschiebung müsse in allen Mitgliedsstaaten gültig sein. Werde ein Asylbewerber etwa in Italien abgelehnt, aber in Frankreich angetroffen, könne er künftig auch von dort aus direkt in sein Herkunftsland geschickt werden. Das mache das neue „Schengen Information System“ möglich, das im März in den Einsatz komme. Drittens müsse verhindert werden, dass sich Asylbewerber illegal zwischen den Mitgliedsstaaten bewegten. (…) Als vierten und letzten Punkt nannte von der Leyen, dass die EU Drittstaaten mehr bei der Bekämpfung von Migration einbeziehen müsse. Die EU solle Interessen der Partnerstaaten etwa bei Bildung und Wirtschaft unterstützen. Diese Kooperation solle gleichzeitig helfen, irreguläre Ausreisen zu reduzieren und die Zahl der Rückführung zu erhöhen. „Wir müssen eine faire Balance finden“, sagte von der Leyen. Dieser Vier-Punkte-Plan sei das, was die Kommission den Regierungen der Mitgliedsstaaten am 9. Februar präsentieren werde…“ Meldung vom 02.02.2023 beim Migazin externer Link
  • Frontex aufgerüstet, „Rückführungsoffensive“ gestartet: EU will Zahl von Abschiebungen erhöhen 
    Die Europäische Union (EU) will ein gemeinsames europäisches Rückführungssystem für sogenannte „illegale“ Migranten schaffen. Zu diesem Zweck hat die EU-Kommission am Dienstag in Brüssel ein Strategiepapier vorgestellt. „Bislang kommen wir mit den Rückführungen nicht gut voran“, sagte die EU-Rückführungskoordinatorin Mari Juritsch, die seit Mai 2022 im Amt ist. Die Zahl der Rückführungen habe sich während der Pandemie halbiert. Genaue Zahlen lägen jedoch nur den Mitgliedsstaaten vor. Um die Zahl der Rückführungen zu erhöhen, will die EU erreichen, dass die Mitgliedsstaaten koordiniert zusammenarbeiten. Dafür hat die Kommission innerhalb der Grenzschutzagentur Frontex eine eigene Abteilung geschaffen, die von Juritsch geleitet wird. (…) Das Strategiepapier enthält vier Vorschläge. Neben der verstärkten Kooperation, die den Ablauf beschleunigen soll, ist geplant, dass Migranten bei der Reintegration im Herkunftsland professionell unterstützt werden. Außerdem soll der gesamte Prozess digitalisiert werden. Das Papier soll am Donnerstag den EU-Innenministern bei ihrer informellen Tagung in Stockholm vorgelegt werden.“ Meldung vom 24.01.2023 im Migazin externer Link („Frontex aufgerüstet: EU will Zahl von Abschiebungen erhöhen“)
  • EU droht Entwicklungsländern: Keine Entwicklungshilfe bei Nichtrücknahme eigener Staatsbürger 
    „Die ärmsten Länder der Welt müssen ausreisepflichtige Staatsangehörige zurücknehmen, wenn sie weiterhin vom zollfreien Handel mit der Europäischen Union profitieren wollen. Darauf einigten sich die Botschafter der EU-Mitgliedstaaten am Dienstag in Brüssel. Es werde „eine neue Verbindung zwischen den Handelspräferenzen, die den begünstigten Ländern gewährt werden, und ihrer Zusammenarbeit im Bereich der Migration und der Rückübernahme eigener Staatsangehöriger, die sich illegal in der EU aufhalten, geben“, heißt es in einer Mitteilung der EU-Kommission vom Dienstag. Derzeit haben rund 60 Länder des Globalen Südens einen begünstigten Zugang zum Europäischen Binnenmarkt, ohne dass die Länder im Gegenzug ihre Märkte für europäische Produkte öffnen müssen. Das regelt seit 1971 das sogenannte Allgemeine Präferenzsystem (Generalised Scheme of Preferences, GSP). Die Kommission hat nun eine Reform des GSP vorgeschlagen, mit der sie den Marktzugang an migrationspolitische Ziele knüpft. (…) „Das entwicklungspolitisch wichtige Instrument des Allgemeinen Präferenzsystems darf nicht zum Spielball einer europäischen Migrationspolitik werden, die dem Primat möglichst rascher Rückführungen um jeden Preis folgt“, erklärte Andreas Grünewald, Referent für Migration für das Hilfswerk „Brot für die Welt“ gegenüber dem „Evangelischen Pressedienst“. Damit drohe die EU, Länder wie Mali oder Senegal zu destabilisieren. Deutschland hat sich laut einem Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums bei der Abstimmung enthalten. Das Gesetz muss noch mit dem Handelsausschuss des Europäischen Parlaments abgestimmt werden. Das Parlament lehnt es bisher strikt ab, den Zugang zum Europäischen Binnenmarkt an migrationspolitische Ziele zu knüpfen. Es ist aber unklar, ob es dem Druck von Kommission und Rat bei den anstehenden Verhandlungen standhalten wird.“ Meldung vom 21. Dezember 2022 im MiGAZIN externer Link

  • Erfolg: Instrumentalisierungsverordnung ist erst mal vom Tisch! Doch die Gefahr ist nicht gebannt… 
    Heute sollte in Brüssel über die Instrumentalisierungsverordnung und damit über eine Abkehr vom Flüchtlingsschutz an den EU-Außengrenzen abgestimmt werden. Auch durch Druck der Zivilgesellschaft wurde die Abstimmung verhindert. Doch die Gefahr ist nicht gebannt, denn Vorschläge wie der »New Pact« werden weiter diskutiert. (…) In letzter Minute kommt es nicht zur Abstimmung über die Instrumentalisierungsverordnung! Einige Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, hatten schon seit Monaten Bedenken angemeldet und äußerten diese wohl erneut bei einer vorbereitenden Sitzung am 7. Dezember. Gleichzeitig gibt es auch Mitgliedstaaten wie Polen, denen der Entwurf noch nicht weit genug zu gehen scheint. Es gibt also keine ausreichende Mehrheit für den Entwurf. Trotz dieser positiven Entwicklung ist aber der Flüchtlingsschutz in Europa weiterhin in Gefahr: Die Reformvorschläge zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem wie der »New Pact on Migration and Asylum« sind äußerst problematisch. Hierzu gehört zum Beispiel der Vorschlag für eine Asylverfahrensverordnung, die verpflichtende Grenzverfahren unter Haftbedingungen vorsieht…“ Meldung vom 08.12.2022 bei Pro Asyl externer Link
  • [Statement von 35 Organisationen] Nein zur Instrumentalisierungsverordnung! Das Recht an den EU-Außengrenzen einhalten, nicht verbiegen. 
    Seit Jahren verüben Mitgliedstaaten der Europäischen Union an den Außengrenzen der EU schwerwiegendste Menschenrechtsverletzungen. Statt frierenden Menschen in den Urwäldern zu Belarus medizinisch zu helfen und ihr Asylverfahren einzuleiten, prügeln polnische Grenzschützer sie über die Grenze zurück. Statt Menschen aus Seenot zu retten, drängt die griechische Küstenwache schutzsuchende Menschen auf der Ägäis Richtung Türkei.
    Das ist eine Krise der Menschlichkeit und eine Krise der Menschenrechte. Es ist auch eine Krise des europäischen Rechtsstaats. Ob es noch eine Chance geben wird, dass sich Europa auf grundlegende Werte wie Menschenwürde und Flüchtlingsschutz zurückbesinnt, entscheidet sich auch in den nächsten Tagen.
    Koalitionsvertrag umsetzen: „Das Leid an den Außengrenzen beenden“
    Die Bundesregierung hat es sich mit dem Koalitionsvertrag zum Ziel gemacht, „die illegalen Zurückweisungen und das Leid an den Außengrenzen [zu] beenden“. Wie ernst es die Koalitionäre ein Jahr nach dem Koalitionsvertrag mit diesem Versprechen meinen, wird sich nun zeigen. Denn in Brüssel steht am 8. Dezember die Entscheidung über einen Gesetzesvorschlag an, der diesem Ziel grundlegend zuwiderläuft. Der Vorschlag namens Instrumentalisierungsverordnung legitimiert Menschenrechtsverletzungen an den Außengrenzen und untergräbt fundamentale rechtsstaatliche Prinzipien in Europa. Die unterzeichnenden Organisationen fordern die Bundesregierung hiermit auf, am 8. Dezember klar und deutlich mit „‚Nein“ zu stimmen.
    Die Instrumentalisierungsverordnung sieht vor, europäische Vorschriften für Asylverfahren sowie für die Unterbringung und Versorgung von Schutzsuchenden weit unter jedes erträgliche Minimum abzusenken. Die Verordnung würde es durch die Schließung von Grenzübergängen für fliehende Menschen nahezu unmöglich machen, an den Außengrenzen einen Asylantrag zu stellen. Statt schutzsuchende Menschen zu schützen, erhöht die Verordnung sogar noch die Gefahr, illegal – und oft mit Gewalt – zurückgeschoben zu werden. Wenn es doch jemand schafft, einen Asylantrag zu stellen, erlaubt es die Verordnung, die Menschen bis zu fünf Monate zu inhaftieren. Dies betrifft auch Traumatisierte, Menschen mit Behinderung, Familien und allein fliehende Kinder. An den Grenzen werden die Bedingungen, wie auf den griechischen Inseln und anderswo häufig genug gesehen, absehbar menschenunwürdig sein. Notwendige unabhängige rechtliche Beratung oder medizinische und psychologische Unterstützung werden kaum möglich sein…“ Statement vom 6. Dezember 2022 bei medico externer Link
  • Noch mehr Abschottung in der EU. Die EU will das Asylrecht weiter aushöhlen. Noch könnte die Ampel dem etwas entgegensetzen 
    „… Wer wissen will, wie es um den europäischen Rechtsstaat steht, der muss dieser Tage nach Brüssel schauen. Abseits medialer Aufmerksamkeit und öffentlicher Empörung wird dort eine Verordnung verhandelt, die dem täglichen Unrecht an den EU-Außengrenzen den Anschein von Legitimität geben will. Instrumentalisierungsverordnung heißt die Vorschrift, über die sich die Mitgliedstaaten noch im Dezember einigen sollen. Von „Instrumentalisierung von Migration“ ist häufig die Rede, gar von „hybrider Kriegsführung“, seit Belarus 2021 durch Visaerleichterungen eine neue Fluchtroute aus Kriegs- und Krisenländern wie Syrien oder dem Irak nach Europa eröffnete. (…) Wer instrumentalisiert hier eigentlich wen? „Instrumentalisierung“ – schon der Begriff führt zu einer Enthumanisierung von Menschen, die fliehen müssen. Die Betroffenen sind nicht mehr in der Türkei verfolgte Kurd:innen oder Kriegsflüchtlinge aus Syrien, sondern geopolitische Objekte, auf die sicherheitspolitisch reagiert werden muss. So werden Maßnahmen salonfähig, bei denen Menschenrechte keine Rolle spielen. Die Kriegsrhetorik leistet Vorschub für eine Abwärtsspirale. In diesem Sinne sprach der spanische Ministerpräsident nach dem Gewaltexzess von Melilla am 24. Juni 2022, bei dem mindestens 23 Menschen auf der Flucht starben, von einem „Angriff auf die territoriale Integrität“ Spaniens und lobte die marokkanischen und spanischen Sicherheitskräfte für ihre effektive Arbeit. Die Maßnahmen, die durch die in Brüssel geplante Rechtsänderung ergriffen werden könnten, richten sich einzig und allein gegen Schutzsuchende – es sind ihre Rechte, die beschnitten werden. Es ist eine Abschottungsverordnung, die in Brüssel diskutiert wird. Indem „illegale Grenzübertritte“ verstärkt verhindert werden sollen und Grenzübergänge, an denen zumindest theoretisch Asylanträge gestellt werden könnten, geschlossen werden, wird es kaum noch eine Möglichkeit geben, Schutz zu beantragen – stattdessen fördern solche Vorgaben die aktuelle menschenrechtswidrige und gewalttätige Praxis der Pushbacks. Wer es doch schafft, nicht direkt und ohne Prüfung von Schutzgründen abgeschoben zu werden, der wird bis zu fünf Monate festgehalten – auch Kinder, chronisch Kranke oder schwer traumatisierte Menschen. Humanitäre Notlagen wie an der belarussischen Grenze oder auf den griechischen Inseln sind vorprogrammiert. Faire und rechtsstaatliche Asylverfahren sind unter solchen Bedingungen nicht möglich. Während schon jetzt fundamentale Menschenrechte an den EU-Grenzen keine Rolle mehr spielen, wird diese Verordnung die Abschottung rechtlich zementieren. Und dabei ist sie nur ein Teil eines Pakets von neuen Regelungen, die das europäische Asylsystem reformieren sollen. Stück für Stück wird am Abbau des Flüchtlingsschutzes gearbeitet – auch mit Beteiligung der Bundesregierung. Noch hat die Ampel-Regierung die Möglichkeit, dem Kahlschlag im europäischen Asylrecht etwas entgegen zu setzen. Im Koalitionsvertrag steht: „Wir wollen die illegalen Zurückweisungen und das Leid an den Außengrenzen beenden.“ Die Instrumentalisierungsverordnung ist das genaue Gegenteil.“ Gastbeitrag von Kerem Schamberger und Wiebke Judith (medico) vom 15. November 2022 in der Frankfurter Rundschau online externer Link
  • Appell an die Ampel-Regierung: Scheibchenweise Auflösung der EU als Raum des gemeinsamen Rechts stoppen 
    Im Dezember 2022 soll vom Europäischen Rat eine Verordnung „zur Bewältigung von Situationen der Instrumentalisierung im Bereich Migration und Asyl“ beschlossen werden. PRO ASYL warnt vor der Abschaffung des Rechts auf Asyl und der Auflösung der Europäischen Union als Rechtsgemeinschaft. Vor den entscheidenden Verhandlungsrunden auf EU-Ebene am 9. November richtet PRO ASYL einen eindringlichen Appell an die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien, sich eindeutig gegen die Auflösung der EU als Rechtsgemeinschaft zu stellen und die Instrumentalisierungsverordnung klipp und klar abzulehnen. PRO ASYL appelliert an Staatsministerin Reem Alabali-Radovan bei ihren Gesprächen am 8. November mit EU-Innenkommissarin Ylva Johansson und EU-Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas die Besorgnis zum Ausdruck zu bringen.
    Um was geht es? Im Dezember 2021 legte die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung externer Link vor, die den EU-Mitgliedstaaten in Situationen der »Instrumentalisierung von Migranten« ermöglicht, von ihren Verpflichtungen nach dem EU-Asylrecht abzuweichen und den Zugang zum Recht auf Asyl auszusetzen. Dieser soll noch im Dezember 2022 vom Europäischen Rat verabschiedet werden. Auslöser war die Initiative des belarussischen Diktators Lukaschenko, der ab der zweiten Jahreshälfte 2021 durch Visaerleichterungen eine neue Fluchtroute nach Europa ermöglichte. Das bewerteten verschiedenen EU-Politiker*innen als »hybriden Angriff « und »Destabilisierungsversuch« der EU. Die Folge der Verordnung wäre, dass schutzsuchenden Menschen der Zugang zum Asylrecht versperrt wird, wenn man Autokraten wie Erdogan oder Lukaschenko oder sogar nichtstaatlichen Akteuren vorwirft, Schutzsuchende zum Erreichen politischer Ziele zu instrumentalisieren…“ Pressemitteilung vom 7.11.2022 bei Pro Asyl externer Link
  • Pro-Asyl-Vorsitzender Lipsch: Neue Todesstreifen an EU-Außengrenzen. Andersbehandlung von Ukrainern „fadenscheinig bis offen rassistisch“ 
    „… Der Pro-Asyl-Vorsitzende Andreas Lipsch hat der EU vorgeworfen, mit ihrer Abschottungspolitik eine „humanitäre Katastrophe auf allen Ebenen“ zu verantworten. Mittlerweile gebe es „so etwas wie neue Todesstreifen“ entlang der Außengrenzen, sagte der Interkulturelle Beauftragte der hessen-nassauischen Landeskirche am Freitagabend in Mainz bei einer Veranstaltung zum 30-jährigen Bestehen der Ökumenischen Flüchtlingshilfe. Hoffnung mache die unbürokratische Aufnahme zahlloser Flüchtlinge aus der Ukraine, die zu einer Blaupause für eine grundsätzlich andere Flüchtlingspolitik werden könne. Bislang fehle den Verantwortlichen dazu jedoch der Mut, bedauerte der Pfarrer. Stattdessen gebe es an den EU-Grenzen immer mehr „dunkle Orte“, an denen der Tod von Flüchtlingen bewusst in Kauf genommen werde. Lipsch warf etwa Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) vor, dass sie mittlerweile eindeutig völkerrechtswidrige Einsätze befürworte, bei denen die libysche Küstenwache Flüchtlinge aus internationalen Gewässern in das nordafrikanische Bürgerkriegsland zurückbringe, wo ihnen Tod, Vergewaltigungen oder Versklavung drohten. (…) Bei der Aufnahme der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine rede aktuell hingegen niemand mehr von Staatsversagen wie 2015. „Eine andere Flüchtlingspolitik ist möglich, das haben die europäischen Regierungen uns eindrucksvoll vorgemacht“, sagte Lipsch. Alle Begründungen, warum Ukrainerinnen und Ukrainer anders behandelt werden als andere Flüchtlinge, seien „fadenscheinig bis offen rassistisch“…“ Meldung vom 02. Oktober 2022 von und bei MiGAZIN externer Link 

  • Abweichung vom Asylrecht bei »Instrumentalisierung« von Asyl und Migration? Gesetzesvorstoß der EU sendet »verheerendes Signal in die Welt« 
    Derzeit wird in Brüssel über den Vorschlag für eine neue EU-Verordnung diskutiert, die das europäische Asylsystem grundlegend verändern würde. Josephine Liebl vom Europäischen Flüchtlingsrat ECRE erklärt die schwerwiegenden Folgen. Das Asylrecht als Ganzes steht zur Disposition, wenn EU-Länder nach Belieben Ausnahmeregelungen erlassen können.
    [Frage] Aktuell wird im Rat der EU über den Vorschlag der EU-Kommission für eine Verordnung externer Link diskutiert, die es den Mitgliedstaaten erlauben soll, im Falle einer »Instrumentalisierung« von Asyl und Migration von ihren Verpflichtungen nach dem Asylrecht abzuweichen. Was ist so gefährlich daran?
    Diese Verordnung würde es den Ländern ermöglichen, ganz offiziell vom geltenden EU-Recht abzuweichen, also Asylstandards nicht anzuwenden. Es klingt absurd, aber es handelt sich tatsächlich um einen Gesetzesvorschlag, der regulieren soll, wann das Recht ausgesetzt wird. Alle Versuche, die Mitgliedstaaten anzuhalten, das Asylrecht einzuhalten, werden durch diesen Gesetzesvorstoß torpediert. (…) Es soll zwar Regeln geben, unter welchen Umständen die Länder die geltenden Standards senken dürfen, aber diese Umstände sind so breit gefasst, dass Regierungen schon in alltäglichen Situationen – zum Beispiel, wenn Flüchtlinge versuchen, außerhalb der offiziellen Grenzübertritte ins Land zu gelangen – sagen könnten: »Wir werden instrumentalisiert und sind deshalb berechtigt, die Menschenrechte und das geltende EU-Recht auszusetzen.«  Wir von ECRE befürchten, dass Regierungen wie die polnische oder die griechische künftig permanent mit einer Ausnahmesituation argumentieren werden, um das Recht zu umgehen. (…) Die Mitgliedstaaten dürften zum Beispiel bis zu vier Wochen warten, bis sie Asylanträge registrieren. Wir wissen aus Erfahrung – etwa an der griechisch-türkischen Grenze – dass die Gefahr von illegalen Pushbacks steigt und weitere Menschenrechtsverletzungen auftreten, wenn die Menschen nicht registriert sind. Denn dann weiß offiziell niemand, dass sie existieren und um Schutz bitten – das öffnet dem Missbrauch und der Willkür Tür und Tor.
    [Was wird unter Instrumentalisierung überhaupt verstanden?]
    Was genau unter Instrumentalisierung zu verstehen ist, bleibt vage. Es geht weit hinaus über die Situation an der polnisch-belarussischen Grenze, man kann alles da reinlesen. Damit ein Mitgliedstaat verkünden kann, dass er instrumentalisiert wird, ist es nicht nötig, dass eine bestimmte Anzahl an Menschen ins Land kommt. Stattdessen kann einfach jeder Staat behaupten, ein anderes Land oder ein nicht-staatlicher Akteur motiviere Menschen dazu, an seine Grenzen zu kommen, um die EU zu destabilisieren. Das wäre ausreichend, damit ein Mitgliedstaat argumentieren kann, die Ausnahmeregelungen in Anspruch nehmen zu dürfen. (…)
    Nach dem Vorschlag der Kommission soll es so ablaufen, dass ein Mitgliedstaat, der sich instrumentalisiert fühlt, das äußert. Die Kommission schaut sich den konkreten Fall dann an und macht einen Vorschlag zum weiteren Vorgehen, über den die Nationalstaaten im Rat mit qualifizierter Mehrheit abstimmen. Somit hätte man durch die Kommission eine gewisse Kontrollinstanz. Momentan liegt der Vorschlag der Verordnung allerdings bei der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft. Und viele Mitgliedstaaten wünschen sich eine viel aktivere Rolle des Rates, also der Nationalstaaten. Das lesen wir als Versuch, die EU-Kommission zu schwächen. (…)
    Die Verordnung würde einem gemeinsamen europäischen Asylsystem den Todesstoß versetzen. Das bereits existierende Gefälle innerhalb der EU würde verstärkt: Binnenländer halten Standards ein, Länder mit Außengrenzen senken sie. (…) Leider haben wir von der Bundesregierung bisher nicht gehört, dass sie die geplante Absenkung von Asylstandards kategorisch ablehnt. Hier vermissen wir klare Worte und eine unmissverständliche Verurteilung des Kommissionsvorschlags…“  Interview von und bei Pro Asyl vom 20.09.2022 externer Link

    • siehe hier unten den Brandbrief externer Link von ECRE zu dem Gesetzesvorhaben, der von PRO ASYL und rund 70 NGOs aus ganz Europa unterzeichnet externer Link wurde
    • Am 21. September wird erneut die Asylarbeitsgruppe des Rates über den Vorschlag diskutieren. Im Anschluss wird die tschechische Ratspräsidentschaft wohl bilaterale Gespräche mit den anderen Mitgliedsländern führen. Im November tagt wieder die Asylarbeitsgruppe, und bis Ende des Jahres will die tschechische Ratspräsidentschaft das durchgeboxt haben.
  • Brandbrief gegen Frontalangriff auf das europäische Asylrecht: Eine Einigung über die Instrumentalisierungsverordnung wird der letzte Schlag gegen ein GEMEINSAMES Europäisches Asylsystem (GEAS) in Europa sein 
    PRO ASYL und rund 60 NGOs aus ganz Europa warnen in einem Brandbrief vom 8. September angesichts einer derzeit diskutierten EU-Verordnung vor einer weitreichenden Aushebelung des europäischen Asylrechts.
    In Brüssel und den europäischen Hauptstädten soll im Hauruck-Tempo eine EU-Verordnung durchgepeitscht werden, die das europäische Asylsystem weitgehend aushebelt. „Diese Verordnung darf nicht verabschiedet werden – sie ist ein Frontalangriff auf das europäische Asylsystem und die Rechtsstaatlichkeit in Europa. Die Bundesregierung darf ihr im Rat keinesfalls zustimmen“, fordert Karl Kopp, Leiter der Europa-Abteilung von PRO ASYL.
    Im Dezember 2021 legte die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung vor, die den EU-Mitgliedstaaten in Situationen der „Instrumentalisierung“ von Migration und Asyl ermöglicht, von ihren Verpflichtungen nach dem EU-Asylrecht abzuweichen. Auslöser war die Initiative des belarussischen Diktators Lukaschenko, der die Not von Schutzsuchenden schamlos ausnutzte und diese an die EU-Grenze brachte. Der Mechanismus, der nun diskutiert wird, soll den EU-Mitgliedstaaten dauerhaft zur Verfügung stehen und in verschiedenen Situationen in Anspruch genommen werden. Die Folge ist, dass die Nationalstaaten nach Belieben von ihren menschenrechtlichen Verpflichtungen abweichen können. „Wir beobachten seit Jahren eine Erosion des Asylrechts und der Rechtsstaatlichkeit an den europäischen Außengrenzen. Doch mit dieser Verordnung würden schäbige Praktiken von Rechtsbrüchen in Gesetzesform gegossen. Das bedeutet einen Freifahrtschein für repressive Regierungen in der EU, die die Rechte von Schutzsuchenden mit Füßen treten“, warnt Karl Kopp. (…)
    Die Stellungnahme externer Link wurde von knapp sechzig NGOs aus ganz Europa unterzeichnet, darunter der Europäische Flüchtlingsrat ECRE, Amnesty International, Caritas Europa und Human Rights Watch. Sie warnen: Eine Einigung über die sogenannte Instrumentalisierungsverordnung wird der letzte Schlag gegen ein gemeinsames europäisches Asylsystem in Europa sein. Die unterzeichnenden Nichtregierungsorganisationen lehnen die Einführung und Anwendung des Konzepts der Instrumentalisierung und seine Kodifizierung im EU-Recht entschieden ab. Wir lehnen ferner Reformen ab, die weitreichende Ausnahmen vom EU-Recht ermöglichen“, heißt es in dem am 8. September veröffentlichten Positionspapier (hier externer Link in deutscher Übersetzung).
    Die vorgeschlagenen Ausnahmeregelungen sind unverhältnismäßig, kontraproduktiv, unnötig, fehlgeleitet und ungerecht, wie in der Stellungnahme der NGOs weiter ausgeführt wird. „Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass diese Reformen die Achtung des EU-Rechts insgesamt untergraben. Die Einführung eines Modells, das (…) beliebige Ausnahmen zulässt, könnte einen Präzedenzfall schaffen, insbesondere da die Rechtsstaatlichkeit in ganz Europa in Frage gestellt wird.“ Soweit bekannt, gibt es unter den Mitgliedstaaten eine breite Unterstützung für die vorgeschlagene Verordnung. Die tschechische Ratspräsidentschaft strebt die Verabschiedung einer gemeinsamen Verhandlungsposition bis Dezember an. Die zuständige Asylarbeitsgruppe externer Link des Rates wird voraussichtlich am 21. September weiter über das Thema beraten.“ Pressemitteilung vom 09.09.2022 bei Pro Asyl externer Link
  • „Kuhhandel“: Warum der neue EU-Solidaritätsmechanismus ein fauler Deal ist 
    Immer mehr Geflüchtete kommen über die gefährliche Route im Mittelmeer und stranden in Italien. Das Land fordert Hilfe. Deutschland will im August 3.500 Menschen aufnehmen. Es ist der Start für den EU-Solidaritätsmechanismus. Doch was kann er leisten?
    Mehr und mehr Menschen versuchen, nach Europa zu kommen. Auf der zentralen Mittelmeerroute registrierte Frontex 44 Prozent mehr Grenzübertritte als in den ersten sieben Monaten des letzten Jahres. Besonders die Lage in Italien spitzt sich zu. Um fast 29 Prozent sind die Ankünfte hier gegenüber 2021 gestiegen, wie Zahlen des UNHCR zeigen. Lampedusa droht zu kollabieren: Im Juli befanden sich laut der Hilfsorganisation IRC 1.900 Menschen in einem Aufnahmezentrum auf der italienischen Insel, das für 350 Personen vorgesehen ist. Die Europäische Union (EU) streitet seit Jahren darüber, wie die Migration fairer auf die Mitgliedsstaaten verteilt werden kann. Nun kommt Bewegung in diesen Streit. Am 22. Juni haben sich 21 Staaten auf einen neuen EU-Solidaritätsmechanismus geeinigt. Deutschland plane, noch im August mit Umverteilungen aus Italien zu beginnen, sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums dem „Evangelischen Pressedienst“. „Die dazu erforderlichen Gespräche vor Ort laufen.“ Damit wird der Mechanismus zum ersten Mal angewendet. Was genau hat es damit auf sich und wie viel Solidarität schafft er wirklich?Im Zentrum des Streits über die Verteilung von Flüchtlingen steht das sogenannte Dublin-Verfahren. Demnach ist der Staat für einen Flüchtling und dessen Asylverfahren zuständig, in dem die Person angekommen ist. Gegner des Verfahrens sagen, das sei unsolidarisch und belaste besonders die Mittelmeerstaaten. Befürworter sagen, das Verfahren sorge dafür, dass die Länder dem Grenzschutz nachkommen…“ Artikel von Marlene Brey am 17.08.2022 im Migazin externer Link
  • EU-Flüchtlingsabwehr: Stacheldraht soll die Lösung sein 
    „… Anfang Juli auf der griechischen Insel Chios, nur wenige Kilometer vom türkischen Festland entfernt: Eine 24jährige Frau aus Somalia wird tot in Büschen gefunden, verhungert und verdurstet. Sie habe sich aus Angst, abgeschoben zu werden, in der Sommerhitze mehrere Tage vor der Polizei versteckt, teilten Verwandte der Verstorbenen Flüchtlingsorganisationen mit. Menschen auf der Flucht müssen in Griechenland nicht nur gegen internationales Recht verstoßende sogenannte Pushbacks fürchten, sondern sogar, von der griechischen Polizei gezwungen zu werden, bei dieser illegalen Praxis mitzuwirken. (…) Fast täglich kommen neue Schreckensmeldungen von den europäischen Außengrenzen hinzu, und je häufiger sie werden, desto schneller schwindet das öffentliche Interesse. (…) Auch die Grenzregion zwischen Polen und Belarus findet keine öffentliche Aufmerksamkeit mehr. (…) Mittlerweile gab die polnische Regierung die Fertigstellung seines 187 Kilometer langen und 5,5 Meter hohen, mit Stacheldraht versehenen Grenzwalls bekannt. (…) Anfang Juni trafen sich die Innenministerinnen der EU-Länder in Luxemburg, um über die gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik zu beraten. Bei dem Treffen ging es nicht um die Gewalt an den Grenzen, sondern um die Frage, wer für die zuständig ist, die es trotz allem lebend in die EU schaffen. (…) Ebenfalls in Luxemburg wurde eine Reform der Datenbank Eurodac beschlossen, um innerhalb der EU und den mit ihr assoziierten Ländern die Überwachungsmöglichkeiten für Asylantragssteller und deren internationale Koordination auszubauen. Dass es schon längst nicht mehr darum geht, Menschen auf der Flucht Schutz zu bieten, sondern die Grenzen vor diesen Menschen zu schützen, zeigte sich auch beim Nato-Gipfel Anfang Juli in Madrid, der nur wenige Tage nach der tödlichen Eskalation an der spanischen Südgrenze stattfand. (…) Im Strategiekonzept heißt es immerhin, dass die Nato »die Souveränität und territoriale Integrität aller Verbündeten bewahren« werde. »Eine groteske Konsequenz dieser Erweiterung«, schrieb der Sozialforscher Alexander Kern im Online-Magazin Geschichte der Gegenwart, »wäre das Auslösen des Nato-Bündnisfalls durch unbewaffnete Asylsuchende.« (…) Statt als humanitäres Problem wird die Flüchtlingsfrage als Bedrohung behandelt. Für den Budgetzeitraum von 2021 bis 2027 plant die EU-Kommission eine Erhöhung der Ausgaben für »Migrations- und Grenzmanagement« auf 34,9 Milliarden Euro, mehr als dreimal so viel wie im vorherigen Budgetzeitraum. Der Ausbau der Grenzschutzagentur Frontex soll trotz systematischer Menschenrechtsverletzungen, deren Vertuschung einer der Gründe für den Rücktritt des Frontex-Direktors Fabrice Leggeri im April war, ebenfalls vorangehen: Bis zum Jahr 2027 soll sie über eine ständige Reserve von 10 000 Beamten und Beamtinnen und im Zeitraum von 2021 bis 2027 über einen Gesamtetat von 5,6 Milliarden Euro verfügen. (…) Es gibt kaum ein Thema, bei dem sich trotz aller Differenzen alle EU-Mitgliedsstaaten gerade so einig sind wie bei der Flüchtlingsabwehr.“ Artikel von Thorsten Mense vom 21. Juli 2022 aus der Jungle World 2022/29 externer Link
  • „Solidaritätsmechanismus“: Systematische Haft an den Außengrenzen? Bundesregierung muss dies verhindern!  Die Innenminister*innen der EU haben sich zwar auf einen freiwilligen Solidaritätsmechanismus für aus Seenot gerettete Menschen geeinigt. Aber ihre grundsätzliche Position zu Identitätsklärungs- und Grenzverfahren können die Lage von Schutzsuchenden in Europa stark verschlechtern, bis hin zu systematischer Haft an den EU-Außengrenzen. Am 10. Juni 2022 wurden im Rat der Europäischen Union entscheidende Weichen für die künftige Europäische Flüchtlingspolitik gestellt. Zu begrüßen ist, dass sich die Staaten auf einen neuen Solidaritätsmechanismus zur Aufnahme von aus Seenot geretteten Menschen einigen konnte. Dieser positive Schritt wird aber von weiteren Verschärfungen für Schutzsuchende an den EU-Außengrenzen flankiert. PRO ASYL befürchtet, dass die neue Positionierung der EU-Innenminister*innen das Recht von Flüchtlingen, an Europas Grenzen Asyl zu suchen, weiter beschneiden wird – so etwa ihre Positionierung zur Screening- und Eurodac-Verordnung (der Datenbank zur Identifikation von Schutzsuchenden) und zum Schengener Grenzkodex (der den Personenverkehr zwischen den EU-Staaten regelt). Insbesondere die vorgesehenen Verschärfungen bei der Grenzsicherung im Falle von »Instrumentalisierung von Migranten«, wenn etwa ein Drittstaat Flüchtlingen den Weg an die EU-Außengrenze erleichtert und darin ein vermeintlicher Destablisierungsversuch für die EU gelesen wird, bieten eine Steilvorlage für Mitgliedstaaten, die ihre rechtswidrigen Pushbacks europäisch legitimieren wollen. (…) Eine solche Fiktion der Nicht-Einreise trifft auf erhebliche Bedenken. Insbesondere ist zu erwarten, dass sie letztlich nur durch freiheitsbeschränkende bzw. –entziehende Maßnahmen durchgesetzt werden kann. Dies könnte zu systematischer Haft an den Außengrenzen führen. In Griechenland lässt sich dieser Ansatz schon jetzt beobachten. Die Einführung einer verpflichtenden Fiktion der Nicht-Einreise während des Screening-Verfahrens könnte zudem Wegbereiter für eine verpflichtende Fiktion der Nicht-Einreise auch während der auf drei Monate ausgweiteten Asylgrenzverfahren sein. Faire Asylverfahren sind aber unter haftähnlichen Bedingungen an den Außengrenzen nicht möglich, da unter diesen Umständen insbesondere die notwendige unabhängige rechtliche Unterstützung nicht gewährleistet werden kann. Die Fiktion der Nicht-Einreise und die durch sie zu erwartende Konsequenz der Inhaftierung während Screening‑, Asylgrenz‑, und Abschiebungsgrenzverfahren für insgesamt rund sechs Monate hat PRO ASYL von Beginn an als eins der Kernprobleme des New Pact on Migration and Asylum kritisiert (siehe Stellungnahem zum Pakt externer Link ). Wie problematisch die Fiktion der Nicht-Einreise sich bereits im Rahmen des deutschen Flughafenverfahrens am Frankfurter Flughafen auswirkt, hat PRO ASYL mit einer Praxisstudie externer Link gezeigt…“ Pro-Asyl-Meldung vom 20.,6.2022 externer Link mit Details zum »New Pact on Migration and Asylum«
  • „Freiwilliger Solidaritätsmechanismus“: Welche Solidarität? Von einer Gleichbehandlung aller Schutzsuchenden ist die EU weit entfernt
    • Solidaritätsmechanismus – Welche Solidarität?
      Heute soll auf dem EU-Innenminister:innen-Treffen auf Vorschlag der französischen Ratspräsidentschaft ein sogenannter Freiwilliger Solidaritätsmechanismus verabschiedet werden. Dieser Mechanismus soll dazu dienen, vor allem aus Seenot gerettete Personen aus den EU-Außengrenzländern in andere europäische Mitgliedstaaten zu verteilen – ohne Mitsprache der betroffenen Personen und bei gleichbleibend intransparenten Kategorien, wie wir sie auch schon beim Malta-Mechanismus beobachten mussten. Mitgliedstaaten dürften auswählen, wer in ihr nationales Bild von Migration passt und welchen EU-Außenstaat sie unterstützen möchten. Dies wird zu nichts weiterem führen, als dass Personen nach Nationalitäten, wirtschaftlichen Verwertungslogiken und Abschiebepotenzial ausgewählt werden. Darüber hinaus haben Mitgliedstaaten die Möglichkeit, sich in “materieller Solidarität” in Form von Überwachungstechniken, Abschiebeknästen und der Finanzierung von Projekten in Drittstaaten zur Migrationsabwehr zu beteiligen. Was hier als solidarischer Mechanismus verkauft wird, bedeutet in Wirklichkeit weitere Externalisierung der EU-Außengrenzen, Fluchtverhinderung und Grenzausbau. Sollte das SPD geführte Innenministerium unter Nancy Faeser heute diesem Vorschlag zustimmen, bedeutet dies, dass die neue Bundesregierung den feindlichen Abschottungskurs der großen Koalition fortsetzt und nicht die schutzsuchenden Menschen und ihre Rechte im Blick hat, sondern abermals versucht Migrationsabwehr als Solidarität zu verkaufen.“ Stellungnahme von Sea Watch vom 10.6.2022 externer Link
    • PRO ASYL zur Einigung im Rat der Innenminister*innen
      Die EU-Innenminister*innen haben sich heute in Brüssel laut Medienberichten externer Link sowohl auf einen freiwilligen Solidaritätsmechanismus für aus Seenot gerettete Menschen, als auch auf grundlegende Positionen zur Screeningverordnung und der Eurodac-Verordnung, der Datenbank zur Identifikation von Schutzsuchenden, geeinigt. Beide Rechtsakte sind Teil des umstrittenen Migrations- und Asylpakets, den die Europäische Kommission im September 2020 vorgestellt hat. Wie der französische Innenminister Gérald Darmanin bei Twitter verkündet externer Link, wurde zudem eine Einigung über die Schengen-Reform gefunden. Diese sieht verschärfte Grenzmaßnahmen vor, wenn es zu einer „Instrumentalisierung“ von Migration kommt. PRO ASYL begrüßt zwar jeden Schritt, der es Schutzsuchenden ermöglicht, aus den schlechten Lebensbedingungen in Ersteinreiseländern wie Griechenland in andere Mitgliedstaaten zu kommen. Doch gleichzeitig macht dieser mühsam errungene Solidaritätsmechanismus, der auf freiwilliger Basis entweder Aufnahme oder finanzielle Unterstützung der Mitgliedstaaten vorsieht, die doppelten Standards bei der Aufnahme unterschiedlicher Schutzbedürftiger besonders deutlich. „Während die EU bei der Aufnahme ukrainischer Kriegsflüchtlinge gezeigt hat was möglich ist wenn der politische Wille da ist, macht die Einigung beim heutigen Rat der Innenminister*innen einmal mehr deutlich: von einer Gleichbehandlung aller Schutzsuchenden ist die EU weit entfernt. Anstatt allen die Möglichkeit einzuräumen, in dem Land ihrer Wahl Schutz zu suchen, muss für Geflüchtete, die nicht aus der Ukraine kommen, bereits eine mögliche Verteilung auf andere Mitgliedstaaten als die Ersteinreiseländer hart erkämpft werden. Eine Abschaffung des Dublin-Systems, um schutzsuchende Menschen zu ihren Communities reisen zu lassen und Mitgliedstaaten mit Außengrenzen zu entlasten? Fehlanzeige“, kommentiert Wiebke Judith, Leiterin des Teams Recht & Advocacy bei PRO ASYL. Dass sich die Innenminister*innen gleichzeitig auf eine grundlegende Position zur vorgeschlagenen Screening-Verordnung geeinigt haben, könnte die Situation von Schutzsuchenden an den Außengrenzen zukünftig weiter verschärfen. Denn über die im Vorschlag enthaltene Fiktion der Nicht-Einreise könnte Haft zur Standardmaßnahme für Schutzsuchenden werden…“ Pressemitteilung vom 10.06.2022 externer Link
  • Brüssel macht dicht. »Maßgeschneiderte operative Partnerschaften«: Aktionsplan der EU-Kommission will Fluchthelfer statt Fluchtursachen bekämpfen 
    „Die Lage an den EU-Außengrenzen offenbare Mängel, ohne deren umfassende Reform die Union »verletzlicher und weniger vorbereitet« bleibe, beklagt die EU-Kommission in einem am Mittwoch vorgelegten Aktionsplan gegen sogenannte irreguläre Migration. Die Zahl von Schutzsuchenden und Armutsmigranten, die ohne gültige Visa in die EU einreisen, ist nach den coronabedingten Reisebeschränkungen des Vorjahres im ersten Halbjahr 2021 wieder um fast 60 Prozent angestiegen. Richtig heißt es in dem EU-Papier, dass weiterhin eine hohe Zahl von Menschen infolge von Instabilität und Konflikten sowie des Mangels an Arbeit in ihren Herkunftsregionen, aber auch im Zusammenhang mit dem Klimawandel nach Europa fliehen würden. Doch anstatt die Fluchtursachen anzugehen – für die die EU-Staaten mit ihrer ebenso neoliberalen wie neokolonialen Politik in erheblichem Maße mitverantwortlich sind – liegt der Schwerpunkt des Aktionsplans auf der Bekämpfung sogenannter Schleuser. Acht Milliarden Euro will Brüssel dafür in den nächsten vier Jahren einsetzen. So sollen »maßgeschneiderte operative Partnerschaften« mit Ländern, die an den wichtigsten Transitrouten Richtung Europa liegen, geschlossen werden. Vorgeschlagen wird eine engere Kooperation der Polizeibehörden mit besonderem Augenmerk auf digitalen Hilfsmitteln, die dem Informationsaustausch oder Geldtransfers von Schleppern dienen. Die EU-Kommission möchte darauf hinwirken, dass die Länder das UN-Zusatzprotokoll gegen Schleusung von Menschen ratifizieren und sich damit zur strafrechtlichen Verfolgung von Schleuserei verpflichten. Kriminalisiert wird damit faktisch die Flucht selber, denn ohne sichere Fluchtrouten sind Schutzsuchende in der Regel auf die Dienste von Schleppern angewiesen. Der Aktionsplan thematisiert auch »staatlich geförderte Schleusung«. (…) Seit Wochen finden an der Grenze zu Belarus systematisch »Pushbacks«, also illegale Zurückweisungen, durch polnische Grenzbeamte statt. Inzwischen sind mindestens sechs Flüchtlinge an der Grenze gestorben. Doch weiterhin wird das militarisierte EU-Grenzregime erfolgreich überwunden. Montag nacht erreichte ein Fischkutter mit 686 Menschen aus Syrien, Bangladesch, Ägypten und Marokko, darunter zahlreichen Frauen und Kindern, die italienische Insel Lampedusa. Laut der Seenotrettungsorganisation Sea-Watch handelt es sich dabei um das größte Schiff in über zwei Jahren, das es eigenständig von Libyen aus nach Europa geschafft habe. Ohne individuelle Asylprüfung bezeichnete Vincent Cochetel vom Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) die Schutzsuchenden bereits wenige Stunden nach ihrer Ankunft pauschal als »überwiegend ökonomische Flüchtlinge«, die nicht aufenthaltsberechtigt seien.“ Artikel von Ulla Jelpke in der jungen Welt vom 30. September 2021 externer Link, siehe auch:

    • Fokus auf Schmuggler: Brüssel dringt auf Reform des EU-Asylsystems
      Er klang mal belustigt und mal beschwörend: EU-Vizekommissionschef Margaritis Schinas warb am Mittwoch dafür, dass EU-Staaten und Europaparlament eine Asylreform beschließen – damit die EU endlich besser gerüstet sei für Migranten und Flüchtlinge. (…) Angesprochen auf das Leid von im Grenzgebiet gestrandeten Menschen und sogar Toten, sagte Vizekommissionschef Margaritis Schinas am Mittwoch einerseits, Europa werde immer Zufluchtsort für Flüchtlinge bleiben. Auf der anderen Seite müsse man das Geschäftsmodell der Schmuggler brechen. (…) Menschenrechtler kritisieren Bezeichnungen wie „illegale Grenzübertritte“. Es sei dem Asyl immanent, dass eine Flucht immer auch einen Grenzübertritt mit sich bringe, um der Gefahr zu entkommen. Und das Asylrecht gewähre Menschen in Not genau dieses Recht. Insofern, so die Kritik, handele es sich nicht um illegale Grenzübertritte, sondern um solche, die vom Grundrecht auf Asyl ausdrücklich gedeckt sei. (…)Die Pläne werden von den EU-Regierungen und dem Europaparlament beraten. Der Bericht stellt fest, es habe „guten Fortschritt auf technischer Ebene gegeben, aber eine politische Einigung auf einige Schlüsselelemente ist noch weit“. Unterdessen legte die Kommission am Mittwoch auch neue Vorschläge vor, um irregulärer Migration entgegenzuwirken. In einem Aktionsplan gegen Menschenschmuggel regte sie unter anderem die Nutzung künstlicher Intelligenz und die Zusammenarbeit von Frontex mit dem Privatsektor an.“ Meldung vom 30. September 2021 beim MiGAZIN externer Link
  • Ein Jahr »New Pact«: EU setzt weiter auf Abschottung – Nein zu einem Europa der Haftlager für Flüchtlinge! 
    Vor einem Jahr präsentierte Kommissionspräsidentin von der Leyen den »New Pact on Migration and Asylum«. Das Gesetzespaket hat es in sich: Grenzverfahren unter Haftbedingungen, aber kaum Solidarität bei der Aufnahme von Schutzsuchenden. Noch ist eine Einigung nicht in Sicht, aber im Windschatten des Pakts wird weiter an der Abschottung gearbeitet…“ Bilanz vom 23.09.2021 von und bei Pro Asyl externer Link, die an die Unterschriftensammlung externer Link erinnert: Nein zu einem Europa der Haftlager für Flüchtlinge!
  • Asylrecht: Schnellverfahren auf Leben und Tod. EU-Kommission nimmt sich das deutsche Flughafenverfahren zum Vorbild 
    „Die EU-Kommission nimmt sich das deutsche Flughafenverfahren zum Vorbild für den Migrationspakt. (…) Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl befürchtet, dass geflüchtete Menschen an den europäischen Außengrenzen in einem Schnellverfahren abgewiesen werden könnten. Für viele gehe es um „eine Entscheidung über Leben und Tod“, stellt die rechtspolitische Referentin Wiebke Judith fest. Entsprechend entscheidend sei, dass das Verfahren eine hohe Qualität habe. (…) Die Expertin beobachtet, dass der unhaltbaren Situation in den Lagern auf den griechischen Inseln in der Diskussion das „vermeintliche Positivbeispiel“ des deutschen Flughafenverfahrens entgegengehalten werde. Dabei würden jedoch die Mängel des Flughafenverfahrens übersehen, hebt sie in einer Studie mit dem Titel „Abgelehnt im Niemandsland“ hervor. Sie wird in dieser Woche von Pro Asyl veröffentlicht und liegt der Frankfurter Rundschau vorab vor. „Besonders ungeeignet ist ein solches Schnellverfahren für traumatisierte Menschen, Minderjährige und ältere Menschen sowie andere vulnerable Schutzsuchende“, schreibt Judith. In ihrer Studie schildern die Verfahrensberaterin Roxana Kolb und die Rechtsanwältin Annabelle Voßberg, warum das 1993 eingeführte Sonderverfahren für Menschen, die an deutschen Flughäfen Asyl beantragen, den Ansprüchen nicht genügt. (…) So gebe es von den Behörden „keine systematischen Prüfmechanismen, die vulnerable Antragstellende zuverlässig identifizieren und die ihnen EU-rechtlich zustehenden Verfahrensgarantien gewährleisten“, stellt Kolb fest. (…) Die Bedenken richten sich gegen die Verfahren, die von der Europäischen Kommission mit dem „Neuen Migrations- und Asylpakt“ vorgeschlagen werden. (…) Zudem wolle die EU-Kommission die Anforderungen an einen „sicheren Drittstaat“ stark senken. Dann würden vermehrt Asylanträge in nicht-europäische Drittstaaten abgeschoben, ohne dass die Fluchtgründe inhaltlich geprüft worden seien.“ Artikel von Pitt von Bebenburg vom 21. Juni 2021 in der Frankfurter Rundschau online externer Link – siehe auch [Flughafenverfahren] Wie Europa geflüchtete Kinder einsperrt
  • Über 100 Menschen ertrunken! #Theyletthemdrown
    Über 100 Menschen sind im Mittelmeer ertrunken. Unsere Gedanken sind bei den Familien, Freund*innen und Angehörigen der Verstorbenen. Noch immer lässt Europa Menschen im Mittelmeer ertrinken. Das Rettungsschiff Ocean Viking wurde innerhalb von 48 Stunden über drei Seenotfälle durch Alarm Phone informiert. Ein Boot mit 42 Menschen an Bord wird immer noch vermisst. Die anderen beide Boote hatten jeweils mehr als 100 Menschen an Bord. Eines davon wurde von den kriminellen Milizen der sogenannten libyschen Küstenwache zurück nach Libyen verschleppt, eine Frau und ein Kind überlebten nicht. Die Ocean Viking suchte nach dem anderen Boot – an der Unglückstelle nordöstlich von Tripolis angekommen, fand sie nur noch Tote vor…“ Meldung vom 23. April 2021 bei der Seebrücke externer Link – siehe ebd. auch den Aktionsaufruf für den 24./25. April externer Link und den Bericht auf Twitter vom 25.4.21 externer Link: „Am Wochenende trugen hunderte Menschen in über 20 Städten ihre Trauer und Wut über die europäische Abschottungspolitik coronakonform auf die Straße. Auch in den Niederlanden fanden Aktionen statt…“
  • “Die EU sieht dem Sterben im Mittelmeer zu”
    Das Sterben im Mittelmeer geht weiter. Am Donnerstag sind rund 130 Flüchtlinge nach einem Schiffsunglück vor der libyschen Küste ertrunken. Die EU schaue einfach zu, kritisieren Helfer. Obwohl die Koordinaten des Bootes bekannt waren und ein Flugzeug der europäischen Grenzschutzagentur Frontex das Boot gesichtet habe, sei keine Rettung eingeleitet worden, beklagt die Hilfsorganisation Seebrücke in Osnabrück. Die EU-Behörden hätten stattdessen auf die libysche Küstenwache verwiesen. Diese habe sich jedoch geweigert, eine Rettungsaktion zu starten oder zu koordinieren. Später seien am Unglücksort nur noch mehrere tote Körper im Wasser gefunden worden. Kurz zuvor hatte der Bundestag die deutsche Beteiligung an der EU-Mission “Irini” im zentralen Mittelmeer für zwei weitere Jahre verlängert. Zentraler Bestandteil der Mission ist die Ausbildung und Finanzierung der libyschen Küstenwache. Die Rettung von Flüchtlingen gehört jedoch nicht mehr zu den Aufgaben von “Irini”. Damit auch ja niemand aufgegriffen wird, wurde eigens die Seeroute weit nach Norden verlegt…“ Beitrag vom 24. April 2021 bei LostinEU externer Link
  • Unwürdiger Umgang: Flüchtlingshelfer kritisieren EU-Umverteilung 
    „… Flüchtlingshilfsorganisationen haben einen unwürdigen Umgang mit aus Seenot Geretteten durch den EU-Umverteilungsmechanismus beklagt. Schutzsuchende, die in andere europäische Länder gebracht werden, müssten entwürdigende, intransparente und unmenschliche Verfahren durchlaufen, hieß es am Freitag auf einer unter anderem von der Organisation borderline-europe organisierten Online-Pressekonferenz. Dabei berichteten auch Betroffene von ihren Erfahrungen. Sara Bellezza von borderline-europe sagte, für den Report „EU ad hoc Relocation – A lottery from the sea to the hotspots and back to unsafety“ seien 45 Interviews mit Betroffenen geführt worden – persönlich oder telefonisch. Seit 2019 recherchiert borderline-europe demnach gemeinsam mit dem Flüchtlingsrat Berlin, Equal Rights Beyond Borders und Sea-Watch über den Ad-hoc-Umverteilungsmechanismus der EU. Musa Khalifa aus Nigeria, der von Italien nach Potsdam geschickt wurde, schilderte seinen Eindruck, nur nach Deutschland gebracht worden zu sein, um wieder an unsichere Orte abgeschoben zu werden. Er fühle sich hier festgesetzt und habe nicht nach Deutschland gewollt, sagte er. Zur Umverteilung selbst habe er keine Informationen erhalten. Laut borderline-europe haben Betroffene unter anderem ungerechtfertigte Inhaftierungen in maltesischen und italienischen Hotspots und lange Wartezeiten ohne Zugang zu Informationen und Rechtsbeistand zu erwarten. Vielen drohe etwa aus Deutschland die Abschiebung. Die Organisationen forderten volle Transparenz für die Betroffenen sowie internationalen Schutz. Außerdem wollen sie ein Ende von Inhaftierungen und sichere Fluchtwege für die Menschen. Die EU-Staaten haben im sogenannten Malta-Abkommen vereinbart, dass Umverteilungen nicht länger als vier Wochen dauern sollen. In der Praxis warten Asylbewerber jedoch bis zu anderthalb Jahre. In dieser Zeit harren sie in Aufnahmezentren, in denen es an Grundversorgung mangelt.“ Meldung vom 8. März 2021 von und bei MiGRATION externer Link
  • Heutiger Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt: PRO ASYL fordert Evakuierung und Aufnahme aus den Elendslagern vor und an der EU-Grenze 
    Anlässlich des heutigen Flüchtlingsgipfels mit Vertreter*innen der Zivilgesellschaft fordert PRO ASYL die Evakuierung und Aufnahme aus den Elendslagern vor und an den EU-Grenzen. »Deutschland muss in der EU wieder der Motor zur Verteidigung der Menschenrechte von Schutzsuchenden werden. Die systematischen Push-Backs an der EU-Grenze müssen gestoppt werden. Deutschland hat Platz, es gibt weder vor Europas Grenze in Bosnien noch auf den griechischen Inseln eine Perspektive auf Schutz und Asyl. Die Bundesregierung muss sich ihrer humanitären und menschenrechtlichen Verantwortung stellen. Wir fordern Initiativen zur sofortigen Beendigung der illegalen Push-Backs durch Kroatien und Griechenland an der EU- Außengrenze«, so Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL. Die Push-Backs geschehen mit Billigung und Unterstützung der EU und der Bundesregierung. Ungeachtet der gut dokumentierten, systematischen Menschenrechtsverletzungen wird Kroatien für den Grenzschutz allein seit Dezember 2018 mit über 18 Mio. Euro von der EU unterstützt. (…) Es ist deutlich, dass in Deutschland erhebliche Aufnahmekapazitäten frei sind. PRO ASYL fordert die Bundesregierung auf, angesichts steigender Flüchtlingszahlen auf mittlerweile über 80 Millionen Menschen weltweit, diese Kapazitäten auch zu nutzen. Die Zahl der grenzüberschreitenden Asylerstanträge lag im Jahr 2020 bei 76.061 und damit um 31,5 % niedriger als im Vorjahr (Quelle: BMI). Über 220 Kommunen und mehrere Bundesländer haben in den vergangenen Monaten die Aufnahme von Schutzsuchenden zugesagt – ohne dass entsprechende Handlungen auf Bundesebene folgten. Die geringen Zugangszahlen nach Deutschland sind eine Folge der rigorosen Grenzabriegelung Europas…“ Pressemitteilung vom 02.02.2021 externer Link
  • “Rückführungs-Patenschaften”: EU kreiert Unwort des Jahres 
    Es sollte der ganz große Wurf in der Flüchtlingspolitik werden, nun ist es der größte Flop: Die EU-Kommission hat mit ihrem umstrittenen Asylpakt das “Unwort des Jahres” kreiert. Wie stolz waren Kommissionschefin von der Leyen und Migrationskommissar Schinas, als sie im Herbst ihren “Asyl- und Migrationspakt” vorstellten! Mithilfe des deutschen EU-Vorsitzes – also vor allem Innenminister Seehofer – würde man nun endlich die Blockade in der Flüchtlingspolitik lösen, so hoffte man in Brüssel. Ein Kernelement waren die sog. “Rückführungs-Patenschaften”. Dabei sollten sich mehrere Länder zusammentun, um unerwünschte Migranten abzuschieben. In Wahrheit war dies die einzige “Innovation” in dem Entwurf, der altbekannte (und längst gescheiterte) Vorschläge zusammenfasste. Mit diesem Köder wollten von der Leyen und Schinas vor allem die Osteuropäer überzeugen, die bisher jede Reform verweigern. Doch die sperrten sich; selbst ein kurzfristig anberaumter Besuch in Brüssel brachte keinen Durchbruch. Auch der deutsche EU-Vorsitz kam nicht voran. Nun kommt die verdiente Quittung: Eine Jury in Darmstadt hat die “Rückführungs-Patenschaft” zum Unwort des Jahres erklärt, zusammen mit der “Corona-Diktatur”. Das Wort sei zynisch und beschönigend, hieß es zur Begründung. Mit “Rückführung”, so habe es in einer der Einsendungen an die Jury geheißen, werde suggeriert, “dass Abschieben eine gute menschliche Tat” sei…“ Beitrag vom 12. Januar 2021 von Erc Bonse auf seinem Blog externer Link
  • Von der Resterampe: Flüchtlinge im Elend
    Der deutsche EU-Vorsitz neigt sich dem Ende zu, am 31. Dezember ist Schluß. Da werden noch schnell ein paar unerledigte Dossiers die Resterampe runtergeschoben.Dazu gehört auch die Reform der Flüchtlingspolitik – wie eine heiße Kartoffel wird sie weitergereicht. Selten lebten so viele Flüchtlinge im Elend wie zur Jahreswende 2020/21, unter deutschem EU-Vorsitz. Selten haben sich die Leitartikler darüber so empört wie zu Weihnachten. (…) Und was sagt die Bundesregierung dazu, die in der EU das Sagen hat und die Zustände ändern könnte, wenn sie nur wollte? Wenig. Außenminister Maas schiebt die Schuld für das Versagen auf die “Blockade einzelner Länder”. Das Thema Migration bleibe “einer der großen Spaltpilze in der Europäischen Union.” (…) Doch statt bei der Aufarbeitung der Fehler mitzuhelfen und die offene Wunde der deutschen Europapolitik zu schließen, schob Merkel die heiße Kartoffel an ihren Innenminister Seehofer ab. Derweil kungelte sie erneut mit Orban und Erdogan – also jenen Politikern, die die EU in der Migrationspolitik seit Jahren vorführen. Ergebnis: Erdogan erhält noch mehr Geld von der EU, damit er den Türsteher spielen kann. Und Orban erhält einen Gummiparagraphen beim Rechtsstaat, der es ihm ermöglicht, seine Politik bis zur nächsten Wahl fortzuführen. Derweil vergrößert sich das Elend der Flüchtlinge vor den Toren EUropas zusehends…“ Beitrag vom 30. Dezember 2020 von Eric Bonse auf seinem Blog „Lost in EU“ externer Link
  • Vergessene Tote: Europas Flüchtlingspolitik
    Kaum jemand registriert sie noch: Mehr als 1200 Menschen sind bislang 2020 im Mittelmeer und im Atlantik ertrunken. Trotzdem werden weiterhin zahlreiche zivile Rettungsschiffe von europäischen Behörden festgesetzt. Auch vor den Kanaren sterben immer mehr Menschen bei dem Versuch, Europa zu erreichen. Und die Europäische Union? Die EU schaut dabei weitgehend zu. Bericht: Nikolaus Steiner, Lara Straatmann, Borhan Akid, Frank Konopatzki Das Video gibt den Recherchestand von Dezember 2020 wieder.“ Video des Beitrags im Monitor am 21.12.2020 bei youtube externer Link
  • Der ›Pakt für Migration und Asyl‹ der EU-Kommission: Rechtsschutz light gibt es nicht
    Am 23. September legte die Europäische Kommission ihren lang angekündigten Vorschlag zur Reform des ›Gemeinsamen Europäischen Asylsystem‹ vor. Sie päsentierte diesen stolz als etwas grundlegend Neues und den großen Wurf nach Jahren des Streits unter den Mitgliedstaaten. »Dublin is dead!« formulierte der Vizepräsident und Verantwortliche für den ›European Way of Life‹, Margaritis Schinas, im Januar 2020. Dabei richtete er den Fokus bereits einseitig auf die Außengrenze und feiert nunmehr den neuen »Migrationsmanagement«-Ansatz. Der neue Pakt beinhaltet u.a. eine neue Screening-Verordnung, eine Asylverfahrensverordnung, eine Asyl- und Migrationsmanagement-Verordnung sowie eine Krisenmechanismus-Verordnung.(3) Begleitet wird das Ganze von der Einführung eines Monotoring-Systems. Die Umsetzung der neuen Verfahren soll von der Grundrechteagentur, von Frontex und einer neuen EASO-Behörde, einer Europäischen Asylagentur, unterstützt werden. Während der Pressekonferenz am 23.09.2020 beschrieb Margaritis Schinas das ›Neue Migrations- und Asyl-Paket‹ (New Pact on Migration and Asylum) als ein dreistöckiges Haus: Der erste Stock stelle die externe Dimension dar, will sagen die Beziehungen zu Herkunfts- und Transitländern, der zweite Stock behandele das Management der Außengrenzen und der dritte stehe für faire interne Regeln und Solidarität. Zwei Begriffe durchziehen wie ein Leitmotiv die gesamte Agenda: ›Verantwortung‹ und ›Solidarität‹. Ersteres meint vor allem die Staaten an den Außengrenzen und ist eine Umschreibung für möglichst effektive Grenzsicherung mit welchen Mitteln auch immer. ›Solidarität‹ meint im Gegenzug, dass die Staaten im Zentrum Europas im Gegenzug sich nicht einer Verteilung versperren. Der vorliegende Text wird kurz auf einige ausgewählte Problemfelder des Pakts eingehen und Punkte einer diesbezüglich notwendigen Diskussion und gesellschaftlichen Gegenstrategie anreißen. Das umfangreiche Konvolut, welches die Kommission vorlegte, ist, soweit ersichtlich, noch an keiner Stelle umfassend analyisiert worden. Das Framing ist aber auch bei einem Querlesen eindeutig. Es oszilliert um die Punkte der nicht berechtigten Asylgesuche aus Ländern mit keiner oder nur geringer Anerkennungsquote (unter 25%), sprich: angeblich missbräuchliche Asylanträge, und dem Scheitern einer effektiven Abschiebepolitik…“ Beitrag von Berenice Böhlo im RAV-InfoBrief Nr 120, 2020 externer Link – Berenice Böhlo ist Rechtsanwältin in Berlin und Vorstandsmitglied des RAV
  • „New Pact“ – Nein zum Ausstieg aus dem Flüchtlingsschutz
    „Europa treibt mit dem neuen Gesetzespaket „New Pact on Migration and Asylum“ den Ausstieg aus dem Flüchtlingsschutz voran. Was illegal und menschenrechtswidrig ist, soll damit ein legales Mäntelchen bekommen. (…) Die EU arbeitet daran, die jetzt schon stattfindende Entrechtung Geflüchteter in Gesetze zu gießen. Am 23. September hat die Europäische Kommission den sogenannten „New Pact on Migration and Asylum“ vorgelegt – ein Gesetzespaket, das über die Frage entscheidet, ob und wie Geflüchtete künftig in Europa Schutz finden können. Am 14. Dezember tagt der Rat der Europäischen Union für Justiz und Inneres darüber. Mit dem Vorhaben kommt die Kommission all jenen Mitgliedstaaten weit entgegen, die am liebsten gar keine Flüchtlinge aufnehmen wollen. Aber eben auch jenen, für die Menschenrechte und der Flüchtlingsschutz nur noch ein Lippenbekenntnis sind und die längst die Abriegelung Europas mitvorantreiben. Das Vorgehen erinnert an die Jahre 1992 und 1993, als in Deutschland mit dem sogenannten Asylkompromiss die Axt an das Grundrecht auf Asyl gelegt wurde. Für Schutzsuchende wurde Art. 16 GG – politisch Verfolgte genießen Asyl – praktisch unerreichbar gemacht. Hunderttausende hatten damals gegen den schweren Eingriff in das Grundrecht protestiert. Die EU vollzieht die Entrechtung heute quasi durch die Hintertür, diese steckt in einem kaum durchschaubaren Paragraphendschungel aus Hunderten von Seiten und hinter schwer verständlichen Begriffen. Das Recht auf Asyl wird zwar nicht abgeschafft – aber mit einem Sperrgitter versehen, sodass niemand es mehr in Anspruch nehmen kann. Ein Beispiel: Geflüchtete, die Europa erreichen, werden künftig an der Grenze bis zu sechs Monate in Lagern festgehalten. Sie gelten in dieser Zeit nicht als eingereist. Fiktiv tut man so, als hätten sie nie europäischen Boden betreten, obwohl sie auf europäischem Boden in Lagern festsitzen. Das Wort heißt Nichteinreisefiktion – und ist rechtlich absolut fragwürdig. Wie viele Rechte wird Europa Schutzsuchenden künftig überhaupt noch gewähren, wenn sie nicht einmal als eingereist wahrgenommen werden? n den Insellagern soll es beschleunigte Grenzverfahren geben, in denen Geflüchtete jedoch nicht etwa nach ihren Fluchtgründen gefragt werden. Stattdessen soll festgestellt werden, ob sie womöglich durch einen Staat durchgereist sind, in den man sie zurückschicken kann. Die Kriterien für solche sogenannten „sicheren Drittstaaten“ will die Kommission senken. Bereits die Durchreise soll genügen, um dorthin abgeschoben zu werden. Die EU entledigt sich so der Verantwortung für den Flüchtlingsschutz. Die Menschen werden durchgereicht und immer näher an Kriegs- und Krisengebiete zurückgeschickt. Eine reelle Chance auf Schutz wird ihnen verwehrt. Die EU untergräbt damit einen der Pfeiler des Flüchtlingsschutzes, nämlich das Recht auf Schutz vor Zurückweisung, das im Artikel 33 der Genfer Flüchtlingskonvention verankert ist. An der Grenze muss Schutzsuchenden der Zugang zu diesem Recht zwingend offen gehalten werden. Wird der „New Pact“ Realität, wird fundamentales Flüchtlingsrecht schlichtweg umgangen. Auf dem Papier existiert es zwar noch, in der Realität wird es Schutzsuchenden nicht mehr von Nutzen sein.(…) Mit dem „New Pact“ wird Moria zum Programm. Doch die Entrechtung wird hinter Zäunen und Lagermauern für die europäische Öffentlichkeit diesmal kaum sichtbar sein, der Protest darüber soll verstummen. Diese Nicht-Sichtbarkeit macht es so schwierig, diesen teuflischen Pakt der Entrechtung anzuprangern.“ Beitrag von Günter Burkhardt vom 14. Dezember 2020 bei MiGAZIN externer Link, siehe auch Pro Asyl dazu:

    • PRO ASYL zum »New Pact on Migration and Asylum«: »Kein Regierungschef und keine Regierungschefin der EU verteidigt mit Nachdruck das Menschenrecht auf Asyl«
      Anlässlich der heute stattfindenden Tagung des Rates »Justiz und Inneres« externer Link der Europäischen Union warnt PRO ASYL nochmals vor einer Entrechtung von Schutzsuchenden an Europas Grenzen. Entscheidend wird die Vorfilteranlage – in Rechtsjargon Screening- und Grenzverfahren – sein. PRO ASYL befürchtet ein rigoroses Aussieben der Anträge von Schutzbedürftigen. Sie sollen postwendend von Europas Grenzen in Drittstaaten oder Herkunftsstaaten zurückgeschickt werden. Grenzverfahren unter Haftbedingungen an den Außengrenzen drohen, die Zukunft des Flüchtlingsschutzes in Europa zu werden. Durch die Prüfung der Zulässigkeit bezogen auf »sichere Drittstaaten« unter gleichzeitiger Herabsenkung der an »sichere Drittstaaten« anzulegenden Kriterien könnte der Zugang zu Asyl gänzlich ausgehebelt werden. Gegen diesen gravierenden Einschnitt in Rechtsstaat und Asylrecht formiert sich zusehends Widerstand. PRO ASYL hat einen Appell an das Europa-Parlament externer Link gestartet, den bis dato  mehr als 130 Organisationen unterschrieben haben, darunter Diakonie Deutschland, pax christi, terre des hommes, Neue Richtervereinigung und viele mehr.  Der Appell kann weiter von Organisationen mitgezeichnet werden, den aktuellen Stand (11.12.2020) finden Sie hier externer Link . PRO ASYL kritisiert die Beratungen zwischen den EU-Staaten auf das Schärfste. Die einen wollen überhaupt keine Flüchtlinge aufnehmen, die anderen sprechen zwar vom Flüchtlingsschutz, wollen aber mit Abriegelung und Gesetzesverschärfungen den Zugang zum Asyl noch weiter einschränken…“ Pressemitteilung vom 14.12.2020 externer Link
  • Die Coronakrise wurde von vielen Staaten genutzt, um das EU-Recht zu umgehen 
    „Besonders zahlreich waren Verstöße gegen die Freizügigkeit und das Asylrecht. Aber auch Demokratie und Rechtsstaat wurden geschwächt, heißt es in einer neuen Studie. Die Untersuchung wurde von den Grünen in Auftrag gegeben und von den Juristen Prof. Pierre Thielböger und Prof. Mark Dawson verfasst. Sie zeigt, dass Regierungen in zahlreichen EU-Mitgliedstaaten gegen europäisches und nationales Recht verstoßen und Grundrechte verletzt haben. (…) Die Autoren beklagen nicht nur die Einschränkung der Freizügigkeit durch unilaterale Grenzschließungen, sondern auch die Angriffe auf die Versammlungsfreiheit, wie sie auch deutsche Gerichte bemängelt haben. Zudem kritisieren sie die EU-Kommission, die nicht genug auf die Einhaltung des EU-Rechts gepocht und von ihren Kompetenzen – z.B. Vertragverletzungsverfahren gegen einzelne Mitgliedsstaaten – Gebrauch gemacht habe. Es waren nicht nur Ungarn und Polen, die Corona zum Vorwand genommen haben, die Grundfreiheiten auszuhöhlen. Auch Deutschland ist zu weit gegangen – und die deutsch geführte EU-Kommission hat ihren Job nicht gemacht. In der “ersten Welle” habe man dies noch hinnehmen können, kommentiert die grüne EU-Abgeordnete T. Reintke. Doch spätestens jetzt, in der zweiten Welle, müsse die EU die Konsequenzen ziehen und das Recht schützen. Bisher sieht es allerdings nicht danach aus. Die von-der-Leyen-Behörde setzt sich ja nicht einmal vernehmbar für den umkämpften neuen Rechtsstaats-Mechanismus ein…“ Meldung vom 8. Dezember 2020 von und bei Lost in Europe externer Link
  • Die Militarisierung des Mittelmeers: Deutschland rüstet die ägyptische Marine massiv auf. Deren Hauptrivale, die Türkei, operiert ebenfalls mit deutschen Kriegsschiffen 
    „Mit der Aufrüstung der Seestreitkräfte Ägyptens intensiviert die Bundesrepublik die Militarisierung des östlichen Mittelmeers. Parallel zur Übergabe eines vierten deutschen U-Boots an die ägyptische Marine wird kommendes Jahr die Werft Alexandria Shipyard eine erste deutsche MEKO-Fregatte von ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) montieren. Darüber hinaus erhält Kairo aus Deutschland insgesamt neun Patrouillenboote, die eigentlich an Saudi-Arabien verkauft werden sollten, wegen des Waffenembargos gegen das Land nun aber anderweitig zur Verfügung stehen. Ägypten weitet seine Marineaktivitäten massiv aus – und positioniert sich dabei vor allem gegen die Türkei, die ihrerseits über zahlreiche Kriegsschiffe aus deutscher Produktion verfügt. Dabei führt die ägyptische Marine inzwischen Kriegsübungen gemeinsam mit den Seestreitkräften Griechenlands, Zyperns und Frankreichs durch. (…) Die deutsche Beteiligung an der Aufrüstung Ägyptens ist ein – erneuter – Beleg dafür, dass die vorgebliche Sorge der Bundesregierung um Menschenrechte nicht an der Sache orientiert, sondern vor allem ein Instrument im Kampf gegen rivalisierende oder gegnerische Staaten ist. Ginge es Berlin tatsächlich um Menschenrechte, dann wäre eine Genehmigung von Rüstungslieferungen an Ägypten undenkbar. Die ägyptischen Behörden gehen mit brutaler Repression gegen jede Opposition vor. Menschenrechtsorganisationen schätzen die Anzahl der politischen Gefangenen in dem Land auf 60.000. Im September 2019 wurden nach Massenprotesten gegen Korruption mehr als 4.000 Demonstranten festgenommen; mindestens 3.715 von ihnen wurden nach Angaben von Amnesty International mit „Terrorismus“-Vorwürfen konfrontiert. Die Haftbedingungen gelten als katastrophal; Folter ist – nicht nur in Haft – verbreitet. Regierungsgegner kommen zuweilen zu Tode, da ihnen im Gefängnis angemessene medizinische Versorgung verweigert wird. Zuletzt sorgte für Schlagzeilen, dass drei Mitglieder der Egyptian Initiative for Personal Rights wegen ihres Kampfs für Menschenrechte inhaftiert wurden. Der Fall hat größere Aufmerksamkeit erlangt, weil die Organisation seit Jahren Kontakt zum Berliner Auswärtigen Amt unterhält. Entsprechend veröffentlichte das Ministerium unter seinem Chef Heiko Maas eine wortreiche Protestnote. Praktische Konsequenzen – etwa die sofortige Einstellung der deutschen Rüstungsexporte – zog die Bundesregierung dagegen selbstverständlich nicht.“ Bericht vom 25. November 2020 von und bei German-Foreign-Policy.com externer Link
  • Mittelmeerländer fordern mehr europäische Solidarität bei Migration –  Staaten kritisieren Vorschläge der EU-Kommission zur Reform der europäischen Asyl- und Migrationspolitik 
    „Madrid. Spanien, Italien, Griechenland und Malta haben mehr Solidarität anderer EU-Länder bei der Aufnahme und Verteilung von Migranten und Flüchtlingen gefordert. Sie reagierten damit auf die im September von der EU-Kommission vorgelegten Vorschläge für eine Reform der europäischen Asyl- und Migrationspolitik, berichtete spanische Medien am Mittwoch. Brüssel hatte mit den Vorschlägen erstmals darauf verzichtet, sich sträubende Länder wie Ungarn und Polen außer in großen Ausnahmesituationen zur Aufnahme von Migranten und Flüchtlingen zu verpflichten. In einem Schreiben an die EU und an Bundeskanzlerin Angela Merkel forderten die vier Mittelmeerländer nun erneut, es müsse einen europäischen Mechanismus für die dauerhafte Verteilung von Migranten auf alle Mitgliedsländer geben, wie der staatliche TV-Sender RTVE, die Nachrichtenagentur Europa Press und andere Medien in Spanien unter Berufung auf die Regierung berichteten. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Länder, wo die meisten Migranten zuerst europäischen Boden betreten würden, die gesamte Last zu tragen hätten. Das Thema Migration steht im Mittelpunkt des ersten spanisch-italienischen Gipfels seit 2014. Nach einem ersten Treffen mit seinem spanischen Amtskollegen Pedro Sánchez sagte der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte am Mittwoch vor Journalisten in Palma de Mallorca, man müsse unter anderem die europäischen Mechanismen für die Rückführung der Migranten »verbessern, und zwar sehr«. »Es gibt noch viel zu tun«, betonte Conte. Ungarn und Tschechien haben die Vorschläge der EU-Kommission trotz der Zugeständnisse bereits abgelehnt. Sie fordern, Migration müsse grundsätzlich gestoppt werden. Dazu brauche es »Hotspots« für Migranten außerhalb der EU…“ Meldung vom 26.11.2020 in neues Deutschland online externer Link
  • Migration: Schlagschatten der Coronakrise – Der neue Asyl- und Migrationspakt der EU setzt noch immer auf zwielichtige Zusammenarbeit 
    „Die Coronakrise steht derzeit im Zentrum der Aufmerksamkeit. Gleichzeitig bestehen andere Krisen jedoch fort und werden durch die Pandemie und die Maßnahmen zur ihrer Eindämmung teilweise noch verstärkt. Flüchtlinge und Migrantinnen und Migranten sind Zeugen und Gradmesser dieser Krisen. Ein paar Wochen lang richtete sich die mediale Aufmerksamkeit auf rund 12 000 von ihnen, die auf Lesbos im Elend lebten. Die Situation auf den griechischen Inseln ist nach wie vor desolat und darf nicht in Vergessenheit geraten, doch das gilt auch für andere Regionen, in denen Menschen auf der Suche nach Schutz und Teilhabe stranden. Immer häufiger ist ihre ausweglose Situation das Ergebnis von Vereinbarungen zwischen der Europäischen Union einerseits und den Herkunfts- oder Transitländern andererseits. Daran wird auch das neue von der EU-Kommission Ende September vorgestellte europäische Asyl- und Migrationspaket nichts ändern. Das EU-Türkei-Abkommen, das Zahlungen in Milliardenhöhe vorsieht, damit die Türkei Flüchtlinge von der Weiterreise nach Europa abhält, während gleichzeitig diejenigen auf den griechischen Inseln festgehalten werden, die trotzdem irregulär einreisen, ist nicht der erste Tauschhandel auf Kosten von Menschen auf der Flucht – und wird nicht der letzte sein. (…) Wenn Deutschland und die EU es ernst meinen mit der Minderung von Fluchtursachen, müssen sie die demokratischen Kräfte in Herkunftsländern wie Mali und Sudan unterstützen und nicht diejenigen, die sie unterdrücken. Und wenn Protestierenden nur noch der Weg ins Exil bleibt, dürfen die Grenzen nicht geschlossen sein. Sämtliche Deals, die darauf zielen, Flucht und Migration nach Europa um jeden Preis zu verhindern und Abschiebungen in Kriegs- und Krisenregionen zu erleichtern, sind menschenrechtlich nicht vertretbar.“ Beitrag von Ramona Lenz vom 2. November 2020 bei medico international externer Link
  • Deutschlands operative Mittelmeer-Initiative: Berlin verstärkt die Abschottung im Mittelmeer. In Tunesien treiben mangelnde wirtschaftliche Perspektiven und IWF-Diktate die Menschen nach Europa 
    „Deutschland nutzt seine EU-Ratspräsidentschaft zur weiteren Abriegelung des Mittelmeers gegen Flüchtlinge aus dem Maghreb, insbesondere aus Tunesien. Wie die Bundesregierung bestätigt, hat sie eine Konferenz der Innenminister von je fünf Staaten der EU und Nordafrikas am 13. Juli zum Anlass genommen, um eine „breit angelegte“ Kooperation zur Flüchtlingsabwehr anzuschieben. Konkret kündigt Berlin eine „operative Mittelmeer-Initiative“ an, in deren Rahmen neue „Maßnahmen im Bereich des Grenzmanagements“ gestartet werden sollen. Tunesien wird schon seit Jahren von der Bundesrepublik mit Gerät zur Grenzkontrolle ausgerüstet; tunesische Grenzer werden ebenfalls seit Jahren von der Bundespolizei trainiert. Dabei suchen in wachsendem Maß nicht nur Flüchtlinge aus Ländern südlich der Sahara, sondern auch Tunesier in die EU überzusetzen: Die Niedriglohnproduktion, für die Tunesien seit Jahrzehnten von Firmen aus Europa, auch aus Deutschland, genutzt wird, bietet dem Land keine Entwicklungschance; Diktate des IWF verschlimmern die Lage der Bevölkerung dramatisch. Für viele bleibt keine andere Perspektive als die Emigration. (…) Tunesien hat sich nach den Umbrüchen von 2011 ökonomisch nie wirklich erholt und war Ende 2016 gezwungen, eine Kreditvereinbarung mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zu schließen. Im Gegenzug hat der IWF, wie üblich, harte Kürzungen erzwungen, darunter das Einfrieren der Gehälter von Staatsangestellten, einen Einstellungsstopp im Staatsdienst und eine spürbare Reduzierung von Subventionen. Das hat vor allem die ohnehin benachteiligten Regionen im tunesischen Hinterland empfindlich getroffen und immer wieder zu heftigen Protesten geführt. Die Covid-19-Pandemie hat die Situation noch verschärft: Zum einen brach jetzt auch die einseitig vom Tourismus abhängige Wirtschaft in den Küstenregionen ein; zum anderen verloren neben Tunesiern auch Flüchtlinge aus Ländern südlich der Sahara ihren Job. Dies wiederum trieb die Zahl derjenigen in die Höhe, die sich per Boot auf den gefährlichen Weg nach Europa machten. So waren mehr als zwei Fünftel der knapp 23.500 Bootsflüchtlinge, die zwischen Januar und Ende September in Italien eintrafen, Bürger Tunesiens.[8] Rom hat auf einem Folgetreffen der Innenministerkonferenz vom 13. Juli massiv Druck auf Tunis ausgeübt und eine Verdoppelung der Abschiebungen dorthin durchgesetzt. Zudem intensivieren Tunesiens Behörden die Jagd auf ablegende Flüchtlingsboote. (…) Profitabel ist Tunesiens desolate Lage lediglich für Unternehmen aus der EU, insbesondere auch aus Deutschland, die in dem Land zu niedrigsten Löhnen vorwiegend für den europäischen Markt produzieren…“ Bericht vom 29. Oktober 2020 von und bei German-Foreign-Policy.com externer Link, siehe dazu:

    • Keine deutsche Migrationsabwehr in Tunesien!
      „Im Rahmen ihrer EU-Ratspräsidentschaft hat die Bundesregierung eine neue ‚operative Mittelmeer-Initiative‘ zur Verhinderung von Überfahrten über das Mittelmeer gestartet. Ich sehe die zusammen mit der EU-Kommission ausgebaute technische Aufrüstung der Migrationsabwehr in Nordafrika äußerst kritisch. Wie in Libyen versorgt die Europäische Union die tunesische Küstenwache mit einem Überwachungssystem für das zentrale Mittelmeer. Die maritimen Grenztruppen sind für die Verletzung von Menschenrechten berüchtigt“, kritisiert der der europapolitische Sprecher und Vizevorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Andrej Hunko. Die Bundesregierung hat der EU-Kommission eine Übersicht von bereits bestehenden Projekten zur Grenzüberwachung, -kontrolle und „Schleusungsbekämpfung“ in nordafrikanischen Ländern vorgelegt. Besonders weitgehend ist das Engagement in Tunesien, wo das Innenministerium, die Grenzpolizei, die Nationalgarde und ihre Küstenwache unterstützt werden. Deutschland ist zudem erst kürzlich dem Institut ICMPD beigetreten, das viele EU-Projekte in Tunesien koordiniert. (…) Eine Antwort der Kollegin Özlem Demirel im EU-Parlament hat diese Woche ergeben, dass die tunesische Küstenwache von einer Erneuerung seiner Überwachungssysteme in Höhe von 24,5 Mio. EUR begünstigt ist. Das Programm wird vom italienischen Innenministerium und dem ICMPD durchgeführt. Das Bundesinnenministerium hat tunesische Grenztruppen mit Unterkünften und Kontrollräumen ausgerüstet, es erfolgten Lieferungen von Flughafenscannern und Lesegeräten für Fingerabdrücke sowie weitere Unterstützung bei der Einführung biometrischer Ausweisdokumente. Der Antwort zufolge hat die Bundespolizei dieses Jahr weitere Vorhaben durchgeführt. Tunesien wird offenbar zum hauptsächlichen Adressaten der europäischen Migrationsabwehr. Ich halte dies für ein falsches Signal. Das Bundesinnenministerium sollte sich aus seinen umfangreichen Projekten in Nordafrika zurückziehen und sich stattdessen für eine Umsteuerung in der Migrationspolitik einsetzen. Die EU muss zu einer Nachbarschaftspolitik gegenüber den nordafrikanischen Staaten finden, die auf Solidarität und der Beseitigung von Ungleichheit basiert. Auch der nun diskutierte ‚Migrationspakt‘ weist deshalb in eine völlig falsche Richtung…“ Pressemitteilung von Andrej Hunko vom 28. Oktober 2020 externer Link
  • PRO ASYL: Pakt öffnet Tür und Tor für Zurückweisung an Europas Grenzen
    „Vor dem Ratstreffen der EU-Justiz- und Innenminister am 8. Oktober warnt PRO ASYL vor der faktischen Abschaffung des Zugangs zum Recht auf Asyl. (…) Am 23. September hat die EU-Kommission den New Pact on Asylum and Migration vorgestellt. Dieser Pakt öffnet Tür und Tor für einen kurzen Prozess an den EU-Außengrenzen unter Haftbedingungen für aus angeblich sicheren Drittstaaten einreisende Schutzsuchende. Der Vorschlag der Kommission verknüpft den Pakt mit Änderungsvorschlagen zur Asylverfahrensordnung aus dem Jahr 2016. Wann ein dritter Staat sicher im Sinne des Flüchtlingsrechts ist, ist bisher hoch umstritten, da die Standards, wann ein Staat als sicher betrachtet wird, hoch sind. Die Türkei erfüllt diese Bedingungen nicht. PRO ASYL befürchtet, dass Zurückschiebungen an den EU-Grenzen nun dadurch drastisch erleichtert werden sollen, weil die bisherigen verbindlichen Kriterien, wann ein dritter Staat sicher ist, nun drastisch gesenkt werden. Die Durchreise durch einen Staat wie die Türkei soll bereits genügen, sodass dieser Staat als sicher gilt, selbst wenn er die GFK nicht ratifiziert hat sondern nur den sogenannten »ausreichenden Schutz« bietet. (Art 45 Abs 3a, Asylverfahrensverordnungsentwurf aus 2016). Diese drastische Rechtsverschärfung geht einher mit einer bis zu 24-wöchigen de-facto-Inhaftierung an der EU-Grenze. Alle über einen angeblich sicheren Drittstaat Einreisenden können diesem Grenzverfahren unterliegen. Das Grenzverfahren läuft unter haftähnlichen Bedingungen ab. Während dieses Verfahrens gelten Betroffene als nicht eingereist. Hinzu kommt, dass es gegen ablehnende Entscheidungen nur eine Rechtsmittelinstanz gibt (Art 53 Abs 9 Entwurf der Asylverfahrensverordnung, Änderungsvorschlag der EU-Kommission vom 23. September 2020). Zudem haben Rechtsmittel im Grenzverfahren keine aufschiebende Wirkung (Art. 54 Absatz 3a). Diese wochenlange Festsetzung ist zudem unverhältnismäßig. In Deutschland gibt es zum Beispiel ein Flughafenverfahren als Grenzverfahren, welches nach § 18 a) Asylverfahrensgesetz maximal 19 Tage dauern darf. PRO ASYL befürchtet die Aushebelung des Rechts auf Asyl durch die Einführung einer Vorsortieranlage an der EU-Grenze. Dies ist ein fundamentaler Angriff auf das individuelle Recht auf Asyl. Als Menschenrechtstrophäe bleibt es erhalten, faktisch ist es für viele Schutzsuchende nicht mehr erreichbar. Es ist mehr als irritierend, dass dieser Vorstoß nicht von Hardlinern aus Mitgliedsstaaten kommt, sondern von der Europäischen Kommission, der Hüterin der Europäischen Verträge, die Rechtsstaat und die Einhaltung der Menschenrechte garantieren…“ PRO ASYL Pressemitteilung zum Treffen des Rats der EU-Justiz- und Innenminister am 8. Oktober 2020 externer Link
  • Ein Pakt der Entrechtung: Von der Leyens EU-Migrationspakt ahmt illegale ungarische Maßnahmen nach. Westliche Mächte schaffen bereits neue Fluchtursachen
    „Der neue EU-Migrationspakt von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen übernimmt rechtswidrige Elemente der berüchtigten ungarischen Flüchtlingsabwehr und wird von Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen scharf kritisiert. Dem Pakt zufolge sollen Flüchtlinge, die aus Staaten mit geringer Asylanerkennungsquote kommen, in Lagern interniert werden. Die Haftdauer kann sich offiziell auf ein halbes Jahr addieren. Lager dieser Art („Transitlager“) hatte zuvor Ungarn errichtet, im Frühjahr aber ankündigen müssen, sie umgehend zu schließen, nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) die ungarische Internierungspraxis für illegal erklärt hatte. Die EU hat mit dem Bau entsprechender Lager bereits begonnen; eines ist auf der griechischen Insel Samos in Arbeit, ein weiteres soll auf Lesbos entstehen. Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen üben scharfe Kritik; von einem „teuflischen Pakt der Entrechtung“ ist die Rede. (…) Solange das Verfahren noch andauert, gelten die Flüchtlinge als nicht eingereist; sie dürfen sich im Land nicht frei bewegen und werden in einer Transitzone bzw. einem Transitlager interniert. Laut den Plänen der EU-Kommission darf das Verfahren bis zu zwölf Wochen dauern; damit werden Asylsuchende dreimal so lange inhaftiert, wie es dem EuGH zufolge rechtlich zulässig wäre. Wird ihr Asylantrag abgelehnt, folgt ein Rückführungsgrenzverfahren von erneut bis zu zwölf Wochen Dauer. Wer aus einem sogenannten sicheren Drittstaat einreist – die Türkei gilt als ein solcher -, hat keine Chance auf Asyl in der EU. Die Parallelen zum ungarischen Modell liegen auf der Hand. Hinzu kommt, dass Flüchtlinge in den künftigen Transitlagern der EU kaum oder gar nicht Zugang zu juristischer Unterstützung haben; zudem ist, wie die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl festhält, „nur eine Instanz bei Klageverfahren in Grenzverfahren vorgesehen“, und die Klage gegen eine Ablehnung soll „keine automatische aufschiebende Wirkung haben“. Es fehle „jede Möglichkeit für geordnete, rechtsstaatliche Verfahren“, resümiert ein Mitarbeiter der Kindernothilfe. (…) Unterdessen schaffen die westlichen Mächte, deren Kriege einen Großteil der Flüchtlinge auf den griechischen Inseln aus ihren Herkunftsstaaten vertrieben haben (…), die nächste Fluchtursache – in Syrien. Das ohnehin kriegszerstörte Land wird zur Zeit nicht nur von der Covid-19-Pandemie hart getroffen; es ist zusätzlich neuen US-Sanktionen ausgesetzt, die, wie der Leiter von Caritas International, Oliver Müller, berichtet, zu einer weiteren Verknappung von Lebensmitteln führen. (…) Hält der Westen an der Sanktionspolitik fest, kann eine erneute Massenflucht aus Syrien nicht ausgeschlossen werden – aus blankem Hunger.“ Beitrag vom 25. September 2020 von und bei German-Foreign-Policy.com externer Link
  • EU Asylpakt: Seenotrettung ist wichtig? Überwachung und Auflagen sind wichtiger
    Die EU-Kommission hat als Teil ihres vorgeschlagenen Asyl- und Migrationspaktes eine Handlungsempfehlung für den weiteren Umgang mit ziviler Seenotrettung herausgegeben. Diese Empfehlung besteht bezogen auf die privaten Schiffe darin, dass: Die Mitgliedsstaaten die Schiffsverkehrssicherheit der NRO-Schiffe gewährleisten sollen; Die Flaggen- und Küstenanrainerstaaten „regelmäßig und zeitnah Informationen über die an bestimmten Rettungseinsätzen beteiligten Schiffe und über deren Eigentümer und Betreiber austauschen“; Die zuständigen Behörden „über alle Informationen verfügen, die sie für die Überwachung und Prüfung der Einhaltung der Sicherheitsnormen auf See sowie der einschlägigen Migrationsvorschriften benötigen“. Im Klartext: Die Größe von Abwassertanks oder eine Glühbirne am falschen Platz sind wichtiger als Menschen, die praktisch vor unser aller Augen ertrinken, und zwar jeden verdammten Tag. Die Antwort der EU auf noch immer hundertfaches Sterben im Mittelmeer ist eine grundsätzliche Misstrauenserklärung gegenüber den Akteuren, die seit Jahren die eigentlich der EU zufallende Aufgabe übernehmen – nämlich Leben zu retten. Überwachung, immer höhere Anforderungen und undurchsichtige Gesetzesinitiativen sollen verhindern, dass unsere Schiffe auslaufen. Wir arbeiten, um Menschen in Seenot die Sicherheit zu bieten, die die EU ihnen verwehrt.  Die Handlungsempfehlung der EU-Kommission ist ein weiterer Baustein an der Festung Europa. Wir versichern der Kommission, dass uns Mauern, Grenzen und Überwachung nicht davon abhalten werden, unsere Pflicht zu tun. Hier die Begründung der Kommission in Auszügen mit unseren Anmerkungen…“ Stellungnahme vom 24. September 2020 von und bei mission lifeline externer Link
  • Grenzverfahren unter Haftbedingungen – die Zukunft des Europäischen Asylsystems?
    Wenn es nach den Plänen der EU-Kommission geht, die sie im Rahmen des »New Pact on Migration and Asylum« am 23. September vorgestellt hat, dann ja. Die Vorschläge würden zu einem Zwei-Klassen-Asylsystem führen, wie die Schnellanalyse von PRO ASYL ergibt. (…) Das Jahr 2020 musste schon bis jetzt als einer der Tiefpunkte in der europäischen Geschichte bezüglich der Einhaltung von Menschenrechten und dem Schutz von Flüchtlingen gesehen werden: Schüsse an der griechisch-türkischen Grenze; die zeitweise Aussetzung des Asylrechts in Griechenland; gewalttätige Push-Backs auf der Balkanroute; Flüchtlingsboote, die von der griechischen Küstenwache zurück in türkische Gewässer gezerrt werden – und schließlich der Brand von Moria und der unwürdigen Weigerung der Aufnahme von 12.000 Menschen, die alles verloren haben, in einer Union mit einer Bevölkerungszahl von 446 Millionen Menschen. Der »New Pact« hätte eine notwendige Wende einläuten können, doch der Schutz von Menschen steht nicht im Mittelpunkt der Pläne der Kommission – wie bei einer ersten Analyse der Vorschläge deutlich wird. Die EU-Kommission darf als einziger Akteur in der EU neue Gesetze vorschlagen. Mit der Vorstellung des Paktes hat sie fünf neue Gesetzesinitiativen eingebracht und weitere angekündigt (zu den Vorschlägen im Original siehe hier externer Link). Die Vorschläge für neue Verordnungen, die mit dem »New Pact« gemeinsam vorgestellt wurde, werden aber ab jetzt zwischen der Kommission, dem Rat (Gremium der europäischen Regierungschefs/Regierungschefinnen) und dem europäischen Parlament verhandelt. Erste Einigungen sollen nach dem von der Kommission angestrebten Zeitplan bereits Ende des Jahres erzielt werden. (…) Dieses Moria 2.0 unter europäischer Flagge ist auch zentral für den »New Pact«. Denn dieser sieht weiterhin vor, dass die europäischen Außengrenzstaaten wie Griechenland für die Mehrheit der Asylverfahren von Asylsuchenden zuständig sind. Bei allen hier dargestellten Vorschlägen darf man  die Bilder von Moria nicht vergessen – denn die Betroffenen sollen weiter in solchen Lagern fest sitzen. Die EU-Kommission will mit ihren Plänen de facto ein Zwei-Klassen-Asylsystem einführen: Die einen bekommen ein Schnellverfahren an der Grenze, die anderen ein reguläres Asylverfahren…“ Schnellanalyse von PRO ASYL vom 23.09.2020 externer Link und dazu die Petition:

    • 5 nach 12 für die Menschenrechte! Nein zu einem Europa der Haft- und Flüchtlingslager!
      Unterlassene Seenotrettung, illegale Zurückweisungen, Waffengewalt an den EU-Außengrenzen und nun die verweigerte Aufnahme von Tausenden Schutzsuchenden aus dem niedergebrannten Moria – wie weit soll Europas Brutalität gegen Flüchtlinge noch gehen? Die traurige Antwort lautet: Noch weiter! Denn der »New Pact on Migration and Asylum« der EU-Kommission unter Ursula von der Leyen vom 23.09.2020 sieht vor, dass an den Außengrenzen neue Flüchtlingslager unter europäischer Flagge entstehen. (…) Die geplanten Lager werden Orte der Inhumanität, Gewalt und Rechtlosigkeit sein. Ein faires Asylverfahren kann dort nicht stattfinden. Moria 2.0 droht, dieses Mal an vielen Orten! Wir müssen das verhindern – und wenden uns deshalb an die Abgeordneten des Europäischen Parlaments. Dort kann das Vorhaben noch gestoppt werden. Bitte unterstützt den Appell, wir bringen die Unterschriften bis nach Brüssel!. (…) Jetzt Appell unterschreiben! Ich sage »Nein zu einem Europa der Haft- und Flüchtlingslager«!...“  Petition an die EU bei Pro Asyl externer Link
  • Die EU und die Koalition der Unwilligen
    Die EU-Kommission hat Pläne für eine Asyl-Reform vorgestellt. Viele haben die Hoffnung, dass es in Europa eine gemeinsame, menschenfreundliche Flüchtlingspolitik geben sollte. Pustekuchen.“ Video des Beitrags aus der Sendung extra 3 am 23.09.2020 beim NDR externer Link (7 Min)

    • LabourNet Germany twitterte externer Link bereits am 23.9. Mittags: „Jetzt schon ein neues Unwort zur #FestungEU: „Abschiebe-Patenschaften“
  • EU-Pläne für Asylreform: Schnellere Abschiebung, mehr Kooperation
    „Die EU-Kommission hat ihre Pläne für die Reform des europäischen Asylsystems vorgestellt. Diese sehen schnellere Asylverfahren, mehr Abschiebungen und in Notfällen einen Krisenmechanismus vor. (…) Zur Aufnahme von Migranten sollen Länder wie Ungarn und Polen demnach zwar nur in absoluten Ausnahmefällen verpflichtet werden. Zugleich fordert die EU-Kommission allerdings, dass alle EU-Staaten in Krisen ihren Beitrag zur gemeinsamen Migrationspolitik leisten. (…) Konkret sieht das Konzept der EU-Kommission, über das die EU-Staaten und das Europaparlament noch verhandeln müssen, ein dreistufiges Verfahren vor. In normalen Zeiten können die EU-Staaten einander zuerst freiwillig helfen. Gerät ein Land unter Druck, kann es jedoch einen sogenannten Mechanismus für verpflichtende Solidarität auslösen. Die Kommission würde dann prüfen, wie viele Menschen dem Land abgenommen werden müssen – jedes andere Land müsste helfen: Entweder nimmt es Migranten mit Aussicht auf einen Schutzstatus auf, oder aber es hilft anderweitig, etwa durch Abschiebungen. Spitzt sich die Situation weiter zu, und es tritt eine Krise wie 2015 ein, greift ein Krisenmechanismus. Dann wird die Auswahl der Hilfsmöglichkeiten geringer: Entweder werden Migranten – auch solche ohne Aussicht auf einen Schutzstatus – aufgenommen oder die Abschiebung einer bestimmten Anzahl abgelehnter Asylbewerber wird übernommen. Diese Abschiebung muss innerhalb von acht Monaten erfolgen. Gelingt das nicht, muss das Land sie selbst aufnehmen. (…) Auch an der Grenze sollen sich die Verfahren ändern. Bevor ein Migrant ins Land kommt, soll der betroffene Staat die Personen deutlich umfangreicher als bisher überprüfen. Der Migrant soll registriert und Fingerabdrücke genommen werden, zudem muss er sich Gesundheits- und Sicherheitschecks unterziehen. Kommt der Asylbewerber aus einem Land mit geringerer Anerkennungsrate – Tunesien oder Marokko etwa – soll innerhalb von zwölf Wochen ein solches Grenzverfahren durchgeführt werden. Dies soll sowohl Schmuggler als auch die Menschen selbst abschrecken, sich auf den Weg nach Europa zu machen. Gelingt das Verfahren nicht innerhalb von zwölf Wochen, müsste ein normales Asylverfahren durchgeführt werden. (…) Zudem hält die EU-Kommission an den derzeit gültigen Dublin-Regeln grundsätzlich fest, was eine Einigung zusätzlich erschweren dürfte. Die Dublin-Regeln sehen vor, dass meist jener EU-Staat für einen Asylantrag zuständig ist, auf dessen Boden der Schutzsuchende zuerst europäischen Boden betreten hat. Dieser Mechanismus belastet vor allem Länder an den südlichen EU-Außengrenzen wie Griechenland oder Italien. Sie fordern schon lange mehr Unterstützung und eine verpflichtende Verteilung der Migranten auf die anderen Länder. Auf der anderen Seite lehnen Staaten wie Österreich, Ungarn, Tschechien und Polen eine verpflichtende Aufnahme kategorisch ab.“ Beitrag vom 23. September 2020 bei tageschau.de externer Link
  • Flüchtlingspolitik: EU will Asyl-Schnellverfahren an den Außengrenzen
    „… Neue Verteilmechanismen, neue, schnellere Grenzverfahren und ein deutlich stärkerer Fokus auf das Ziel, Menschen ohne Bleibeperspektive schnell wieder abzuschieben: So lassen sich die Vorschläge zu einer Neuregelung der EU-Asylpolitik zusammenfassen, die die EU-Kommission an diesem Mittag in Brüssel präsentiert hat. (…) Besonders heikel ist bei solchen Grenzverfahren stets die Frage, ob die Ankommenden in dieser Phase in offenen oder in geschlossenen Unterkünften untergebracht werden. „Wir schlagen keinen Arrest vor“, sagt Kommissarin Johansson. Er sei aber auch nicht verboten, sondern in bestimmten Fällen denkbar, etwa bei Sicherheitsrisiken oder der Gefahr, dass sich die Migranten dem Verfahren entziehen könnten – was faktisch recht häufig der Fall sein dürfte, zumal dann, wenn die Menschen anderenfalls einer Abschiebung entgegensehen. (…) Den Plänen der EU-Kommission zufolge soll ausnahmslos jeder Mitgliedstaat verpflichtet sein, an diesem System mitzuwirken – allerdings nicht zwingend dadurch, dass er selbst einige der Menschen übernimmt, um Staaten wie Griechenland, Malta oder Italien so zu entlasten. In der Vergangenheit hatte gerade dieser Punkt stets für Streit gesorgt. Stattdessen können die Mitgliedstaaten sich beispielsweise auch dadurch solidarisch zeigen, dass sie dabei helfen, Abschiebungen zu organisieren, oder die Grenzstaaten auf andere Weise unterstützen. (…) Auch den umstrittenen „Pushbacks“ will die EU-Kommission einen Riegel vorschieben, bei denen Menschen illegal und oft mit Gewalt zurück über die EU-Außengrenze gedrängt werden, damit sie gar nicht erst einen Asylantrag stellen können. Gemeinsam mit der europäischen Grundrechteagentur will Kommissarin Johansson ein besseres System installieren, um solche Fälle zu überwachen. Bisher habe die EU-Kommission keine eigenen Möglichkeiten, solche Fälle zu überprüfen. Der neue Mechanismus solle der Behörde in dieser Frage „schärfere Waffen“ an die Hand geben, so Johansson…“ Beitrag von Karoline Meta Beisel vom 23. September 2020 bei der Süddeutschen Zeitung online externer Link

    • Anm.: Wesentlich ist das Zugeständnis an bestimmte EU-Mitglieder vom Art. 78 AEUV und Art. 18 GRCh abweichen zu dürfen, obwohl rechtlich eigentlich bindend. Beteiligung an Abschiebungen ist noch keine Beteiligung an den Verpflichtungen nach dem EU-Asylrecht. Es wäre ein erster Schritt punktuell das Asylrecht zu beseitigen und ein Entgegenkommen an rassistische Einstellungen.
  • Teuflischer Pakt der Entrechtung – PRO ASYL warnt vor dem von der EU-Kommission vorgestellten EU-Pakt und fordert das EU-Parlament auf, Rechtsstaat und Asylrecht zu verteidigen
    „»Dies ist ein teuflischer Pakt der Entrechtung. Von Rechtspopulisten getrieben verrät die EU-Kommission das Asylrecht und die Menschenrechte von Schutzsuchenden«, reagiert Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL. »Wir fordern das EU-Parlament auf, Rechtsstaat und Menschenrechte zu verteidigen und diesen Pakt abzulehnen. Die EU-Kommission ist dabei, die Grundlagen der Europäischen Union, die Menschenrechte, zu verraten. Eine Einigung der EU-Länder auf Kosten der Schutzsuchenden darf es nicht geben«. (…) Es sollen möglichst Viele von der Grenze aus sofort zurückgeschickt werden. Faire Asylverfahren wird es in Massenlagern an der Grenze aber nicht geben. Es findet keine umfassende, individuelle Prüfung der Fluchtgründe statt. »Entweder gibt es Hauruckverfahren im Eiltempo oder die Menschen sitzen lange in einem Zustand der Perspektivlosigkeit fest«, kritisiert Burkhardt. Der Pakt droht somit, den Rechtsstaat an den Außengrenzen abzuschaffen. In Lagern unter freiheitsbeschränkenden Lagerbedingungen – wie u.a. von der griechischen Regierung geplant – ist kein effektiver Rechtsschutz möglich, die gerechte Würdigung des Einzelfalls bleibt auf der Strecke. Die nun bekannt gewordenen »Abschiebepatenschaften« durch andere nichtaufnahmewillige EU-Staaten, sind für Schutzsuchende bedrohlich. Die neue europäische Solidarität heißt, sich darin einig zu sein, Menschen abzuschieben.“ Erste Reaktion von PRO ASYL zum New Pact on Migration and Asylum vom 23. September 2020 externer Link

  • “Dublin abschaffen” – aber wie? 
    Die EU-Kommission legt mit monatelanger Verspätung ihren Vorschlag zur Asylreform vor, Ratspräsident Michel sagt aus dubiosen Gründen den Türkei-Gipfel ab – und der deutsche EU-Vorsitz kriegt das Chaos bei den Reisewarnungen nicht in den Griff: Die Watchlist EUropa vom 23. September 2020. Moria brennt – die EU pennt? Diesen Vorwurf will Kommissionschefin von der Leyen nicht auf sich sitzen lassen. Sie hat die seit Monaten überfällige Reform des gemeinsamen Asylrechts zur Chefsache gemacht und angekündigt, die umstrittene Dublin-Verordnung zu streichen. Am Mittwoch soll der Vorschlag kommen. Wir werden die Dublin-Verordnung abschaffen”, kündigte von der Leyen vor einer Woche vor dem Europaparlament an. “Wir werden es durch ein neues europäisches System zur Migrationssteuerung ersetzen.” Dieses neue System werde “gemeinsame Strukturen zu Asyl und Rückführen” haben und “einen neuen starken Solidaritätsmechanismus” beinhalten. (…) Die Grundzüge hat Migrationskommissar Schinas aber bereits bei einem Besuch in Berlin ausgeplaudert. Demnach soll das neue System auf drei Säulen oder Etagen ruhen. Die Basis sollen Abkommen mit Drittstaaten wie der Türkei bilden. Die Herkunfts- und Transitländer sollen dafür sorgen, dass weniger Flüchtlinge in die EU kommen. Der umstrittene Türkei-Deal, den Kanzlerin Angela Merkel 2016 mit dem türkischen Präsidenten Recep Erdogan ausgearbeitet hatte, dient dabei offenbar als Vorbild. Er sieht vor, dass die Türkei gegen Milliardenhilfen die Grenzen zur EU abriegelt und Flüchtlinge zurücknimmt. Auf der zweiten Etage soll ein „robuster Außengrenzenschutz“ entstehen. Er wird die Festung Europa nochmals verstärken. Erst danach, auf der dritten und wohl letzten Ebene, soll ein System europäischer Solidarität entstehen. Es dürfte allerdings kaum über das Prinzip hinausgehen, dass alle EU-Staaten irgendwie helfen müssen…“ Beitrag von Eric Bonse auf LostInEU externer Link
  • Kritik an deutscher Linie für EU-Asylreform 
    Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Reformpläne der Bundesregierung, Asylverfahren in Zukunft an die EU-Außengrenzen zu verlegen. Menschenrechtskommissarin des Europarates wirft EU-Staaten vor, den Flüchtlingsschutz zu umgehen. Die Linie der Bundesregierung zur Reform der EU-Asylpolitik stößt auf Kritik aus der Zivilgesellschaft. Schutzsuchende schon vor der förmlichen Einreise an den EU-Grenzen einem Verfahren zu unterziehen bedeute „Haftlager“, sagte der Geschäftsführer von Pro Asyl, Günter Burkhardt, am Dienstag in Berlin. Schnelle Verfahren für Tausende von Menschen bedeuteten zugleich, dass die Frage der Sicherheit der Menschen in einem Drittland gar nicht mehr geprüft werde, warnte Burkhardt beim 20. Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz der Evangelischen Akademie zu Berlin…“ Meldung vom 24.06.2020 beim Migazin externer Link (im Abo)
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