Der „Pakt von Thüringen“ ist kein Akt von Steigbügelhaltern, sondern der Formierung eines neuen Rechtsblocks. Und Magdeburg lag bisher auch nicht in Thüringen…

Bremen gegen Afd-Parteitag„… Seit Jahrzehnten arbeiten Rechtsintellektuelle an einer Verschiebung der Verhältnisse. Das passiert nicht nur auf ökonomischer oder tagespolitischer Ebene, sondern insbesondere in der Arena des öffentlichen Diskurses. In den vergangenen Jahren und spätestens seit 2015 geschieht diese Verschiebung schneller und schneller mit immer durchschlagenderen Erfolgen. Das Wichtige dabei ist, dass dahinter nicht ein paar rechtsextreme aus Russland finanzierte Blogs und ihre Internet-Trolle stehen. Die gibt es auch, aber ein großer Teil dieser Diskursverschiebung und letztlich Diskurszerstörung geht von etablierten und geachteten Akteur_innen der konservativen Eliten aus. Wo rechtsextreme Blogs und Trolle den Boden bereitet haben, bahnen sich Konservative neue Wege: Sie werden die neue politische Hauptstraße. Die neue Straße ist aber ein Produkt der alten Straße, die diese Abzweigungen erst zugelassen hat. Ich möchte die Metapher nicht überstrapazieren, aber es ist wichtig zu verstehen, dass diese aktuelle Phase, in der wir uns befinden, nicht bloß eine wirre Episode der Geschichte ist und wir irgendwann wieder zur alten Normalität zurückkehren. Die Nachkriegshegemonie mit ihren Großen Koalitionen, ihrer Sozialen Marktwirtschaft und ihren Sozialpartnerpartnerschaften ist Geschichte. Und es gibt kein Zurück in der Geschichte. Eine Rose mit anderem Namen. Konservative Parteien und Politiker_innen haben verstanden, dass diese alte Ordnung nicht zu retten ist, und versprechen dementsprechend allerorten etwas Neues. Es kommt nicht einmal darauf an, genau auszuformulieren, wie dieses „Neue“ sein soll, Hauptsache, es ist neu und damit besser…“ – aus dem Beitrag „Rechts, das neue Normal“ von Natascha Strobl in der Ausgabe 1/2020 der Anschläge externer Link über einen allmählich sehr deutlich werdenden Prozess. Zur Blockbildung nach „Thüringer Muster“ siehe zwei weitere aktuelle Beiträge – und den Hinweis auf unseren letzten Beitrag über diese Umgruppierung von langer Hand:

  • „Sachsen-Anhalt: CDU und AfD vor der Kooperation“ von Julis Jamal am 11. Februar 2020 in der Freiheitsliebe externer Link zu denselben Prozessen außerhalb Thüringens und sehr aktuell: „… Das erste Vorpreschen in der Frage einer Zusammenarbeit von CDU und AfD in Sachsen-Anhalt gab es schon nach den Landtagswahlen im Jahr 2016. Lauter wurden die Stimmen nach den vergangenen Europawahlen als die beiden stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU im Landtag, Ulrich Thomas und Lars-Jörn Zimmer, ein gemeinsames Papier verfassten, in dem unter anderem erklärt wird, dass die Anhänger von Union und AfD ähnliche Ziele hätten, was wohl mehr über die Anhänger der Union aussagt, als es den beiden lieb sein kann. Auch schreiben sie, Deutschland wähle „immer noch mehrheitlich“ konservativ. Viele hätten jedoch mit der CDU gebrochen, da diese sich nicht ausreichend „multikulturellen Strömungen linker Parteien und Gruppen“ entgegenstelle. Um stärker zu werden, müsse es „gelingen, das Soziale mit dem Nationalen zu versöhnen“.  Thomas erklärte gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung: „Wir sollten eine Koalition jedenfalls nicht ausschließen. Stand jetzt ist sie nicht möglich – wir wissen aber nicht, wie die Lage in zwei oder fünf Jahren ist“. Während die Bundespartei und auch die allermeisten Landespolitikerinnen und -politiker der CDU nach der Unterstützung von Kemmerich durch die Höcke-AfD eine klare Abgrenzung gefordert haben, wohl auch motiviert durch Umfrage aus Thüringen, nach denen die CDU 9 Prozentpunkte verliert, gibt es in Sachsen-Anhalt verschiedene Stimmen, die eine Zusammenarbeit forcieren. Man könne nicht 25 Prozent der Wählerinnen und Wähler vor den Kopf stoßen und Gespräche mit Vertretern der AfD ablehnen, erklärt Fraktionsvize Zimmer…“
  • „Eine schwarze Blaupause für Magdeburg“ von Hendrik Lasch am 10. Februar 2020 in neues deutschland online externer Link zu den Vorgängen in Sachsen Anhalt: „… In der CDU allerdings schwelt Unmut über diese Entscheidung. Er äußert sich in verdeckten Grätschen gegen die Koalition bei Abstimmungen etwa über Personen, in offenem Paktieren von Teilen der CDU mit der AfD bei Einsetzung einer »Enquetekommission Linksextremismus«. Und er wurde in programmatische Papiere gegossen wie die »Denkschrift«, die Lars-Jörn Zimmer und sein Kollege Ulrich Thomas nach der Europawahl 2019 vorlegten. Darin klagten sie, dass die CDU im Bündnis mit SPD und Grünen an Profil verliere, und forderten, das »Nationale mit dem Sozialen« zu versöhnen. Derlei geschichtsvergessene Thesen sind mitnichten Äußerungen von Hinterbänklern; Zimmer und Thomas sind die stellvertretenden Fraktionschefs. Wie viel Rückhalt sie in der 30-köpfigen Truppe haben, ist offen. Der Einfluss des rechten Lagers scheint aber so groß zu sein, dass es Landeschef Stahlknecht in seiner Funktion als Innenminister für geboten hielt, ihm mit einer Personalie entgegenzukommen: Der rechte Polizeigewerkschafter Rainer Wendt sollte Staatssekretär werden. Das Manöver brachte die Koalition fast zum Platzen, wurde abgeblasen – und ließ Stahlknecht, der als Spitzenkandidat der CDU für die Wahl 2021 gehandelt worden war, beschädigt zurück. Die schwierige Gemengelage lässt seit dem Eklat von Erfurt nun viele in Magdeburg Arges für 2021 fürchten…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=162792
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