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Breiter Widerstand gegen die Abschaffung des Abtreibungsrechts in immer mehr US-Staaten

Dossier

Abtreibung ist Gesundheitsvorsorge - breiter Widerstand gegen die drohende Abschaffung des US-Abtreibungsrechts… Die zugängliche und erschwingliche Gesundheitsversorgung ist in unserem Land bereits eingeschränkt, und der Verlust des Zugangs zur lebenswichtigen reproduktiven Gesundheitsversorgung wird nur noch mehr Menschen und Gemeinschaften in Gefahr bringen. Diese Verbote treffen marginalisierte Bevölkerungsgruppen am härtesten, und die Gesundheitsbehörden müssen jetzt eingreifen und Maßnahmen ergreifen, um den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen und allgemeiner reproduktiver Gesundheit zu schützen und zu erweitern. (…) Innerhalb weniger Wochen könnten rechtsgerichtete Richter am Obersten Gerichtshof Roe v. Wade aushöhlen oder aufheben. Deshalb ist es wichtig, dass Präsident Biden und das Gesundheitsministerium Maßnahmen ergreifen, um sich auf das Schlimmste vorzubereiten und den Zugang zu sicheren Abtreibungen für alle zu schützen…“ Aus der größten aktuellen Petition „Abortion Is Health Care“ externer Link in den USA – siehe dazu:

  • Der rechte Masterplan vom „Comstock Act“ und eine Verhandlung in Idaho, ob Schwangere in Notaufnahmen verbluten müssen New

    • Wenn Ärzte Angst haben, Leben zu retten. Eine Verhandlung, ob Schwangere in Notaufnahmen verbluten müssen – oder eine Abtreibung erhalten dürfen
      Sechs schwangere Frauen mussten bereits per Helikopter in Nachbarstaaten geflogen werden, um dort die lebensrettende Gesundheitsversorgung in Form einer Abtreibung zu erhalten, seitdem Idahos drakonisches Abtreibungsverbot nach dem Supreme Court Urteil im Fall Dobbs im Sommer 2022 in Kraft getreten war. 
      Idahos Verbot ist so strikt, dass nur eine unmittelbare Bedrohung des Lebens der Schwangeren – nicht aber ihrer Gesundheit – eine lebensrettende Abtreibung erlaubt. Das bedeutet: Die schwangere Person kann Gefahr laufen, beispielsweise ihre reproduktiven Organe zu verlieren, schlimmste Schmerzen zu erleiden, sich dauerhafte körperliche Schäden oder Behinderungen zuziehen – ohne, dass ihr die lebensrettende Gesundheitsversorgung in Form einer Abtreibung gewährt werden darf, bis ihr Tod buchstäblich unmittelbar bevorsteht. In Idaho droht medizinischem Personal (auch in Notaufnahmen), das eine Abtreibung vornimmt, um die Gesundheit – nicht das Leben – der Mutter zu schützen, strafrechtliche Verfolgung, sie riskieren eine Gefängnisstrafe von bis zu fünf Jahren und den Entzug ihrer Zulassung.
      Gesetz im Widerspruch zu Bundesrecht
      Dieses Gesetz in Idaho steht im direkten Widerspruch zu geltendem Bundesrecht: Denn der Emergency Medical Treatment and Labor Act (EMTALA) von 1986 regelt medizinische Notfallversorgung in Krankenhäusern. Er sieht vor, dass Patienten in Notaufnahmen „stabilisierende Maßnahmen” erhalten müssen – kurz, dass sie die angemessene Behandlung erhalten müssen, die sie vor (weiteren) körperlichen Schäden bewahrt. Diese “stablisierenden Maßnahmen” können manchmal eine Abtreibung sein, kurz: Das Idaho-Gesetz kriminalisiert das, was das Bundesgesetz vorschreibt. In einem solchen Fall gilt im US-Recht die “Supremacy”-Klausel – oder, anders formuliert: Wenn Bundesrecht und das Recht eines einzelnen Bundesstaats im Widerspruch stehen, gilt Bundesrecht – deswegen hatte ein Bezirksgericht in Idaho, nachdem die Biden-Regierung geklagt hatte, geurteilt, dass das Abtreibungsverbot des Bundesstaates – anders als Idahos Staatsanwalt behauptet – nicht EMTALA, also das Bundesgesetz übertrumpft. Im Januar hatte der SCOTUS in Washington diese Entscheidung in seinem Shadow Docket – einer Art “Express”-Variante der Rechtsprechung, eigentlich vorgesehen für Notfälle, in denen die Zeit drängt – pausiert, ohne eine Begründung zu geben, und somit dem Verbot gestattet, voll in Kraft zu treten.
      Lebensgefahr für Frauen vorgeschrieben
      Noch einmal, weil es wichtig ist zur Differenzierung: Im Fall Idaho v. United States geht es nicht um reguläre Abtreibungen, sondern spezifisch um die Regelung von Abtreibung im Bereich der Notfallmedizin, um eine Frau zu stabilisieren, und sie vor massiven Gesundheitsschäden zu bewahren. (…) Seit der Shadow-Docket Entscheidung des SCOTUS im Januar musste allein dieses Krankenhaus sechs Frauen ausfliegen lassen, damit sie die notwendige medizinische Versorgung erhalten konnten, die ihnen der Bundesstaat Idaho versagt. Ein drastischer Anstieg allein zum letzten Jahr: Bevor Idahos Abtreibungsverbot voll in Kraft trat, musste das Krankenhaus nur eine Frau mit Schwangerschaftskomplikationen ausfliegen. Das Krankenhaus warnt auch vor Folgen für die medizinische Versorgung im Bundesstaat, weil medizinisches Personal abwandert – aus Angst vor strafrechtlicher Verfolgung (…) Gestern begann die Verhandlung im eigentlichen Prozess vor dem Supreme Court in Washington, wer wollte, konnte das Audio im Livestream mithören. Oft geben mündliche Verhandlungen zumindest einen Eindruck davon, wo einzelne Richter*innen momentan stehen – Samuel Alito, einer der reaktionärsten der radikalen rechtsreaktionären Mehrheit, ließ durchblicken, dass er offen sei für den Versuch, Föten zu Rechtspersonen zu erklären. Es war eine Veranstaltung, die einen als Zuhörenden teils sprachlos zurückließ – diskutierte hier wirklich gerade der Oberste Gerichtshof der USA darüber, wie viel Organschädigung genug ist, damit medizinisches Personal in Idaho – und dementsprechend in sechs anderen Staaten mit ähnlich drakonischen Abtreibungsverboten –  der Patientin durch eine rettende Abtreibung helfen darf?…“ Artikel von Annika Brockschmidt vom 25.4.2024 in volksverpetzer.de externer Link mit vielen Verlinkungen. Siehe auch:
    • Comstock Act: Das vergessene Gesetz, das Abtreibung in den ganzen USA verbieten könnte
      Das vergessene Gesetz, das Abtreibung landesweit verbieten könnte – ohne, dass Republikaner ein neues Abtreibungsverbot verabschieden müssten: der Comstock Act. Donald Trumps Standpunkt in Sachen Abtreibung hat in den letzten Wochen in deutschen Medien zahlreiche bestenfalls missverständliche, schlimmstenfalls offen irreführende Berichterstattung generiert. So schrieb die FAZ beispielsweise gegen eine Entscheidung des Arizona SCOTUS, ein 160-Jahre altes Abtreibungsverbot gelten zu lassen, wirke “plötzlich sogar Trump gemäßigt”. Und sicher – Trump hatte, wie einige Republikaner, die den öffentlichen Backlash gegen das Urteil registriert hatten, mit Blick auf die Wahl im November sanfte Kritik an der Gerichtsentscheidung geübt.
      Trump vollführte keinen Richtungswechsel
      Dabei wurde jedoch übersehen, dass Trump nach wie vor damit prahlt, dass “sein” SCOTUS das Grundsatzurteil Roe v. Wade 2022 gekippt hat – und damit die Entscheidung des Arizona SCOTUS (die völlig absehbar war) überhaupt erst möglich gemacht hat. (…)
      Trump muss sich außerdem überhaupt nicht für ein landesweites Abtreibungsverbot aussprechen – denn die US-amerikanische Rechte hat längst einen Plan, wie sie ein solches durchsetzen kann, ohne, dass dafür ein neues Gesetz verabschiedet werden muss. Trumps Verbündete planen, eine Gruppe weitgehend vergessener, noch geltender Gesetze nach mehr als fünfzig Jahren wieder anzuwenden – bekannt als sogenannter “Comstock Act”.
      Der Masterplan vom „Comstock Act“
      Der Comstock Act von 1873 ist eine Ansammlung von Gesetzen, die die Verbreitung von „obszönen, unzüchtigen oder lasziven Materialien“ auf dem Postweg verbietet. Darunter fielen sowohl Texte als auch Verhütungsmittel oder Informationen über Verhütung sowie Pornographie und Utensilien, die für Abtreibungen benötigt wurden. Anthony Comstock war ein religiöser Fanatiker, der sich damit brüstete, Abtreibungsgegner in den Selbstmord und Feministinnen ins Gefängnis zu stecken. (…)
      Die Forced Birth Bewegung, die sich so gerne Pro Life nennt, hat jetzt vor, den Comstock Act wieder anzuwenden. Nicht “nur” auf Medikamente, z.B. auf Pillen, mit denen man zu Hause selbst eine Abtreibung durchführen kann – eine Idee, der zumindest zwei Richter des SCOTUS, Clarence Thomas und Samuel Alito, bei einer jüngsten Anhörung, positiv gegenüber zu stehen schienen. Sondern im Bezug auf alles, was bei einer Abtreibung gebraucht wird. Auch medizinisches Gerät. Denn in wörtlicher Auslegung lässt sich Comstock auf alles beziehen, was mit der Post irgendwie geliefert wird und in der Interpretation des Gerichts als “obszön” oder “anstößig” gilt – irgendetwas, das im entferntesten Sinne mit Sex zu tun haben könnte
      …“ Artikel von Annika Brockschmidt vom 28.4.2024 in volksverpetzer.de externer Link mit umfangreicher Darstellung der Perspektiven
  • Oberster Gerichtshof von Arizona entscheidet, dass ein fast vollständiges Abtreibungsverbot aus dem Jahr 1864 durchsetzbar ist
    „Das Urteil ist für 14 Tage ausgesetzt, und die Wähler werden wahrscheinlich im Herbst die Möglichkeit haben, über eine Abstimmung über die Verankerung von Abtreibungsrechten in der Verfassung des Bundesstaates zu entscheiden.
    Der Oberste Gerichtshof von Arizona entschied am Dienstag, dass ein 160 Jahre altes, fast vollständiges Abtreibungsverbot, das in diesem Bundesstaat immer noch gilt, durchsetzbar ist. Diese bahnbrechende Entscheidung reiht den Bundesstaat in die wachsende Zahl von Orten ein, in denen Abtreibungsbehandlungen effektiv verboten sind. Das Urteil lässt ein Gesetz aus dem Jahr 1864 in Arizona bestehen, das Abtreibung zu einem Verbrechen macht, das mit zwei bis fünf Jahren Gefängnis für jeden bestraft wird, der eine Abtreibung durchführt oder einer Frau dabei hilft, eine zu bekommen. Das Gesetz – das 1901 und erneut 1913 kodifiziert wurde – enthält eine Ausnahme, um das Leben der Frau zu retten. Dieses Gesetz aus der Zeit des Bürgerkriegs – das ein halbes Jahrhundert vor der Erlangung der Eigenstaatlichkeit Arizonas erlassen wurde – wurde nie aufgehoben, und ein Berufungsgericht entschied letztes Jahr, dass es in Kraft bleiben kann, solange es mit einem Gesetz aus dem Jahr 2022 „harmonisiert“ wird, was in Arizona zu erheblicher Verwirrung darüber führt, wann genau eine Abtreibung während einer Schwangerschaft verboten ist…“engl. Artikel von Adam Edelman und Alex Tabet vom 9.4.2024 in NBC News externer Link (maschinenübersetzt)
  • Oberster Gerichtshof von Florida lässt Sechs-Wochen-Abtreibungsverbot zu, aber auch Referendum im November – gute Aussichten für US-weites Urteil zu Abtreibungspille
    • Der Oberste Gerichtshof Floridas hat entschieden, dass die Verfassung des Bundesstaates die Abtreibungsrechte nicht schützt
      Der konservative Oberste Gerichtshof Floridas entschied am Montag, dass die Verfassung des Bundesstaates die Abtreibungsrechte nicht schützt, so dass eines der strengsten und weitreichendsten Abtreibungsverbote des Landes am 1. Mai in Kraft treten kann. In einer separaten Entscheidung entschied der Oberste Gerichtshof jedoch auch, dass ein Änderungsantrag zur Verankerung von Abtreibungsrechten in der Verfassung des Bundesstaates im November zur Abstimmung gestellt werden kann, wodurch das Verbot innerhalb weniger Monate aufgehoben werden könnte.
      Beide Urteile zusammen werden dafür sorgen, dass die Abtreibung während der Präsidentschaftswahlen in Florida ein wichtiges Thema sein wird – die Floridianer werden sechs Monate lang die Realität eines sechswöchigen Abtreibungsverbots erleben, bevor sie die Möglichkeit haben, über dieses Thema abzustimmen. (…) Das Sechs-Wochen-Verbot in Florida – das Ausnahmen für Vergewaltigung, Inzest, tödliche fötale Anomalien und medizinische Notfälle vorsieht – wird den Zugang zur Abtreibung im Süden nahezu unmöglich machen und gleichzeitig die Abtreibungskliniken in anderen Teilen Amerikas weiter belasten…“ engl. Artikel von Caroline Kitchener, Lori Rozsa und Beth Reinhard vom 1.4.2024 in der Washington Post online externer Link (maschinenübersetzt)
    • Florida-Wähler entscheiden über den Schutz von Abtreibungsrechten
      Der Oberste Gerichtshof von Florida hat ein Referendum zum Thema Abtreibung auf den Stimmzettel für den November gesetzt, was den Sunshine State zu einem…
      Der Oberste Gerichtshof von Florida hat ein Referendum über die Abtreibung auf den Stimmzettel für November gesetzt, was den Sonnenscheinstaat zu einem vielbeachteten politischen Schlachtfeld für die reproduktive Freiheit macht und den Demokraten bei den US-Wahlen Auftrieb geben könnte. Die Entscheidung des höchsten Gerichts Floridas vom Montag bedeutet, dass die Wähler gefragt werden, ob sie das Recht auf Abtreibung bis zur Lebensfähigkeit in der Verfassung des Staates verankert haben wollen. Wenn die Maßnahme angenommen wird, würde sie das staatliche Verbot der Abtreibung in der 15. Schwangerschaftswoche und ein noch strengeres Verbot der Abtreibung in der sechsten Schwangerschaftswoche, das am 1. Mai in Kraft treten soll, außer Kraft setzen – was das Gericht am Montag in einer separaten Entscheidung zuließ…“ engl. Artikel von James Politi vom 2.4.2024 in Financial Times online externer Link (maschinenübersetzt)
    • Der Oberste Gerichtshof scheint den Zugang zu Abtreibungspille Mifepriston zu bewahren – eine wahrscheinliche Niederlage für Abtreibungsgegner
      Der Oberste Gerichtshof hörte am Dienstag mündliche Argumente zur Abtreibungspille Mifepriston, die per Post erhältlich ist und zu Hause eingenommen werden kann, selbst in Staaten, die Abtreibungen stark eingeschränkt oder verboten haben. Der Fall wurde von einer Gruppe medizinischer Verbände angestrengt, die sich gegen die Maßnahmen der Food and Drug Administration (FDA) zur Verbesserung des Zugangs zu dem Medikament wenden, das bei etwa zwei Dritteln aller Abtreibungen in den USA eingesetzt wird. Dies war die erste Anhörung vor dem Obersten Gerichtshof zum Thema Abtreibung, seit das Gericht im Jahr 2022 das Urteil Roe v. Wade aufgehoben hat. Eine Entscheidung wird bis Juli erwartet. „Insgesamt haben die Richter gezeigt, dass sie den Behauptungen der Kläger in diesem Fall skeptisch gegenüberstehen“, sagt Michele Goodwin, Rechtsprofessorin an der Georgetown University und Gründungsdirektorin des Zentrums für Biotechnologie und globale Gesundheitspolitik. Goodwin fasst die von beiden Seiten vorgebrachten Argumente, die Antworten der Richter und die rechtlichen Auswirkungen des bevorstehenden Urteils zusammen…“ engl. umfangreicher Transcript und Video des Interviews von Amy Goodman vom 27.3.2024 in Democracy Now! externer Link , siehe auch:
    • Treffen Sie Eva Burch, Senatorin des Bundesstaates Arizona, die gegen Abtreibungsverbote kämpft, indem sie ihren Plan, eine Abtreibung vorzunehmen, mitteilt
      Die demokratische Senatorin des Bundesstaates Arizona, Eva Burch, machte letzte Woche Schlagzeilen, als sie im Senat des Bundesstaates über ihre Pläne für eine Abtreibung sprach, nachdem sie erfahren hatte, dass ihre Schwangerschaft nicht lebensfähig war. In Arizona sind Abtreibungen nach der 15. Schwangerschaftswoche verboten. „Ich hatte das Gefühl, dass es für mich sehr wichtig war, die Menschen mitzunehmen, damit sie wirklich sehen können, wie es aussieht“, sagt Burch, die als ehemalige Krankenschwester in einer Frauenklinik gearbeitet hat, bevor sie für das Amt kandidierte, über ihre Entscheidung, ihre Geschichte öffentlich zu erzählen. „Ich wollte die Menschen in das Gespräch mit einbeziehen, damit wir ehrlicher darüber sprechen können, wie Abtreibungsbehandlungen aussehen“ und „hoffentlich die Nadel in die richtige Richtung bewegen“, fügt sie hinzu…“ engl. Transcript und Video des Interviews von Amy Goodman vom 27.3.2024 in Democracy Now! externer Link mit Juan González
  • Oberstes Gericht von Alabama schreibt Embryonen Persönlichkeitsrechte zu – der Kampf für das Recht auf Abtreibung geht in den USA (dennoch) weiter
    • Alabama: Theokratisches Gedankengut im Gewand des Gesetzes
      „Der Alabama Supreme Court hat geurteilt, dass Embryonen (befruchtete Eizellen) den rechtlichen Status von Kindern haben – dass sie als “extrauterine Kinder” gelten, also als Kinder außerhalb des Uterus. Und die Folgen dieses Urteils treten, ähnlich wie nach dem Dobbs-Urteil aus dem Sommer 2022, das das Ende des Grundsatzurteils im Fall Roe bedeutete, sofort ein: Die University of Alabama, sowie zwei weitere Behandlungscenter haben deswegen die IVF-Behandlung/künstliche Befruchtung pausiert – aus Angst vor strafrechtlichen Konsequenzen. Das Ganze fußt auf einem Glaubenssatz der Religiösen Rechten, dass menschliches Leben von dem Moment der Befruchtung an besteht. (…) In dem vorliegenden Fall ging es um drei Paare, die geklagt hatten, weil jemand im Krankenhaus ihre Embryos versehentlich fallen ließ und damit zerstört hatte. Das Gericht begründete sein Urteil mit einem Gesetz von 1872 zur “widerrechtlichen Tötung Minderjähriger” – und behauptete, dass die Embryos als Kinder gelten würden. In der Vorinstanz war die Klage gescheitert, weil die Richter den Embryos nicht den Status von “Personen” und Kindern” zubilligten. Der Oberste Gerichtshof von Alabama tat in seinem drakonischen Urteil jetzt genau das – und läutete damit eine dunkle Zeit für die Menschen im Bundesstaat ein. (…) Die potentiellen Folgen des Urteils des Alabama Supreme Courts sind beängstigend. Denn, wie Collura sagt – was folgt daraus, wenn eine Gruppe Zellen rechtlich als Mensch gelten? Was passiert, wenn ein Embryo eingepflanzt wird, die Person nicht schwanger wird? Und was hat das für rechtliche Folgen? Was bedeutet das für Frauen, die ihre Eizellen haben einfrieren lassen? Können Frauen gezwungen werden, existierende Embryos einpflanzen lassen zu müssen? Das sind alles Fragen, die durch das Urteil des Alabama Supreme Courts jetzt gestellt werden müssen – und man muss befürchten, dass die Antworten nicht positiv ausfallen werden für die Schwangeren und Frauen, um deren Körper es geht. (…) Eine Einschätzung (…) der Jurist Elie Mystal, der für “The Nation” vor allem über den SCOTUS berichtet, teilt – und warnt, dass die angekündigten Versuche einiger Abgeordnete im Landesparlament von Alabama, künstliche Befruchtung durch Gesetzgebung zu schützen, zum Scheitern verurteilt seien: “ (…) Es wäre völlig angemessen, sich ausschließlich auf das unsinnige juristische Argument des Obersten Gerichtshofs von Alabama zu konzentrieren, aber es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass dieses Argument eigentlich kein juristisches ist. Es ist ein religiöses Argument: Das Gericht behauptet, das Gesetz könne nicht anders ausgelegt werden, als es die Richter als Gottes Willen auslegen.” (…) Es geht nicht um den Schutz von “Leben” – sondern um die Kontrolle der Körper von Frauen, von schwangeren Personen – und um nichts anderes…“ Analyse von Annika Brockschmidt vom 24. Februar 2024 beim Volksverpetzer externer Link, siehe dazu:

    • Petition: Kämpfen und siegen Sie weiter für das Recht auf Abtreibung!
      Vor einundfünfzig Jahren, am 22. Januar 1973, fällte der Oberste Gerichtshof seine bahnbrechende Entscheidung in der Rechtssache Roe v. Wade, die das verfassungsmäßige Recht auf reproduktive Gesundheit schützt. Fast 50 Jahre lang hatten die Amerikaner das verfassungsmäßige Recht auf Abtreibung. Dann, vor fast zwei Jahren, hob ein ganz anderer Oberster Gerichtshof Roe auf. Heute ist die Abtreibung in 14 Staaten fast vollständig verboten, und 7 weitere Staaten haben strenge Beschränkungen erlassen.
      Die gute Nachricht ist: Wir können uns wehren und gewinnen – das haben wir im ganzen Land erlebt, seit das Gericht unser verfassungsmäßiges Recht gekippt hat.
      Im Jahr 2022 haben die Wähler in Kansas, Kentucky und Montana alle Anti-Abtreibungsverbote in ihren Staatsverfassungen abgelehnt. In Kalifornien, Vermont und Michigan haben die Wähler das Recht auf Abtreibung in ihren Verfassungen verankert und diese Freiheit für immer vor Politikern geschützt.
      Im Jahr 2023 stimmten die Wähler in Ohio für eine Verfassungsänderung zum Schutz der Abtreibung. Der demokratische Gouverneur von Kentucky behielt seinen Sitz in dem tiefroten Bundesstaat nach einer Wahl, die häufig von seiner Unterstützung für Abtreibungsrechte geprägt war. Und Glenn Youngkin aus Virginia gelang es nicht, die Kontrolle über die staatliche Legislative zu erlangen, mit der er sein 15-Wochen-Abtreibungsverbot durchsetzen wollte.
      Die Abtreibungsrechte und unsere reproduktiven Freiheiten sind unangefochten! In diesem Jahr, einem Wahljahr, könnte die Abtreibung in mindestens 11 weiteren Staaten auf dem Stimmzettel stehen. Und warum? Weil die Abtreibung ein Gewinnerthema ist und die große Mehrheit des Landes für die Abtreibung als verfassungsmäßiges Recht und als Menschenrecht stimmt.
      Die Zeichen stehen auf Sturm: Die Kandidaten der Demokraten müssen den Zugang zur Abtreibung ausweiten, sich für Plattformen einsetzen, die die körperliche Autonomie unterstützen, und sich energisch für Abtreibungsrechte einsetzen! Und in jedem Staat, in dem es möglich ist, unsere Rechte weiter zu verankern, müssen wir aktiv werden, um dies zu ermöglichen. Die Menschen sind auf unserer Seite, und es ist an der Zeit, dass wir es schaffen
      .“ engl. Petition externer Link mehrerer Menschenrechtsorganisationen – imme rnoch gültig (maschinenübersetzt)
  • Mehr als ein Jahr, nachdem Mississippi sie zur Geburt gezwungen hat, hat es immer noch keine zusätzliche Hilfe angeboten
    engl. Reportage von Bryce Covert vom 21.12.2023 bei In These Times externer Link
  • Oberste Gerichtshöfe von Arizona und New Mexico verhandeln diese Woche über wichtige Abtreibungsfälle
    Der Oberste Gerichtshof von Arizona hörte am Dienstag Argumente zu der Frage, ob ein aus der Zeit des Bürgerkriegs stammendes, fast vollständiges Abtreibungsverbot wieder in Kraft gesetzt werden sollte, das das derzeitige Verbot der 15-wöchigen Abtreibung außer Kraft setzt. Dies ist der demokratische Generalstaatsanwalt Kris Mayes. Generalstaatsanwalt Kris Mayes: „In diesem speziellen Fall geht es um die Notwendigkeit, die Gesetze von Arizona zu harmonisieren, um sicherzustellen, dass Frauen nicht mit einem Gesetz aus dem Jahr 1864 belastet werden, das verabschiedet wurde, bevor Arizona ein Bundesstaat war, bevor Frauen das Wahlrecht hatten und als der Bürgerkrieg noch tobte.“
    Nach der Aufhebung des Urteils Roe v. Wade im vergangenen Jahr kehrten einige Bezirke in Arizona zu dem Gesetz von 1864 zurück, das zwar in Kraft blieb, aber seit der Verabschiedung von Roe im Jahr 1973 nicht mehr angewandt wurde. Das so genannte Zombie-Verbot sieht keine Ausnahmen bei Vergewaltigung oder Inzest vor und verbietet es auch, einer schwangeren Frau bei der Abtreibung zu helfen. Unterdessen verhandelt der Oberste Gerichtshof von New Mexico heute über die Frage, ob lokale Regierungen eigene Abtreibungsverbote erlassen können, auch wenn der Eingriff in diesem Bundesstaat legal bleibt
    .“ engl. Meldung vom 13.12.2023 bei Democracy Now! externer Link (maschinenübersetzt)
  • [Texas] Zum ersten Mal seit 50 Jahren hat ein Richter darüber entschieden, ob eine Frau eine Abtreibung vornehmen lassen kann – trotz drohender Gefahr verboten
    • Texas: Verbot von Schwangerschaftsabbruch trotz drohender Gefahr für die Schwangere
      „… Am vergangenen Freitag setzte der Oberste Gerichtshof des US-amerikanischen Bundesstaates Texas eine Entscheidung aus erster Instanz aus, die der 31-jährigen Kate Cox einen Notfall-Schwangerschaftsabbruch erlaubt hätte. Bei Cox’ Fötus wurde eine schwere Chromosomenstörung nachgewiesen, Trisomie 18. Die Überlebenschancen des Kindes sind sehr niedrig, die Schwangerschaft ist mit erheblichen gesundheitlichen Risiken für die Mutter verbunden. Deswegen wollte Cox,  die in der 20. Woche schwanger und bereits zweifache Mutter ist, einen Notfall-Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen. Cox ist damit die erste Person, die einen Notfall-Schwangerschaftsabbruch vor Gericht beantragt hat, nachdem das Recht auf Abtreibung in den USA letztes Jahr auf Bundesebene abgeschafft wurde. Seit das bundesweite Recht auf Schwangerschaftsabbrüche mit der Revidierung des Urteils „Roe vs. Wade“ gekippt wurde, können die einzelnen Bundesstaaten über den Umgang mit Schwangerschaftsabbrüchen entscheiden. Dies führt zu sehr ungleichen und teilweise sehr reaktionären Gesetzen. So erlauben einzelne Staaten Schwangerschaftsabbrüche nicht einmal bei Vergewaltigung oder Inzest, sondern nur bei der Gefährdung von Gesundheit und Leben der Gebärenden. Ein grausamer Angriff, der viele Personen dazu drängen wird, illegalisierte und damit unsichere Schwangerschaftsabbrüche durchführen zu lassen. Denn staatliche Verbote verhindern Schwangerschaftsabbrüche nicht, sie machen sie nur noch viel mehr zu einer Klassenfrage. Denn wer genug Geld hat, kann in ein anderes Land reisen, wo Schwangerschaftsabbrüche legal und damit auch sicher sind. Wer zu arm ist, muss auf möglicherweise illegalisierte Abbrüche zurückgreifen, die oftmals unsicherer und gefährlicher für die schwangere Person sind. Das unerwartete Ende von „Roe vs. Wade“ im vergangenen Jahr ist ein weiterer Beweis dafür, dass Reformen, so gut sie auch sein können, nicht in Stein gemeißelt sind. Im kapitalistischen System können sie jederzeit zurückgenommen werden. Dagegen braucht es Druck auf der Straße und das Aufgreifen von feministischen Anliegen in politisierten Streiks. So wie sich die Arbeiter:innen der größten Gewerkschaft in den USA gerade vorbildlich gegen den Genozid in Gaza positionieren und einen Waffenstillstand fordern, braucht es auch Streiks, die für kostenlose, für alle zugängliche und legale Schwangerschaftsabbrüche, gut finanzierte Geburtshilfe und Orte für Schwangerschaftsabbrüche, sowie umfassende Aufklärung über Verhütung und kostenlosen Zugang zu Verhütungsmitteln kämpfen.“ Beitrag von Lea Lotter vom 9. Dezember 2023 bei ‚Klasse gegen Klasse‘ externer Link
    • Abtreibung: Aus gutem Grund ein Grundrecht
      Ein Gericht in Texas verbietet es einer 31-Jährigen vorerst, einen nicht lebensfähigen Fötus abzutreiben: Das wahre Gesicht eines »Kompromisses«…“ Kommentar von Julian Hitschler vom 10.12.2023 in ND online externer Link und zuvor:
    • [Texas] Zum ersten Mal seit 50 Jahren hat ein Richter darüber entschieden, ob eine Frau eine Abtreibung vornehmen lassen kann
      Kate Cox, deren Fötus tödlich erkrankt ist und ihr Leben bedroht, musste einen texanischen Richter bitten, ihr den Abbruch ihrer Schwangerschaft zu erlauben. Der Richter stimmte zu. Am Donnerstagmorgen ereignete sich in einem texanischen Gerichtsgebäude etwas, was in Amerika seit der Entscheidung in der Rechtssache Roe v. Wade im Jahr 1973 nicht mehr vorgekommen sein dürfte: Ein Richter entschied darüber, ob eine hochschwangere Frau eine Notabtreibung vornehmen lassen darf oder nicht.
      Kate Cox, eine 31-jährige Mutter von zwei Kindern aus Dallas, hatte beim Bezirksgericht von Travis County beantragt, einen tödlich erkrankten Fötus abtreiben zu dürfen, von dem ihr die Ärzte gesagt hatten, er bedrohe ihr Leben und ihre mögliche Fähigkeit, in Zukunft Kinder zu bekommen. Maya Guerra Gamble, Richterin am Bezirksgericht von Travis County, entschied nach einer knapp einstündigen Verhandlung von der Richterbank aus und gewährte Cox eine einstweilige Verfügung, die einen Schwangerschaftsabbruch erlaubt und ihren Arzt vor zivil- und strafrechtlicher Verfolgung schützt. „Der Gedanke, dass Frau Cox so verzweifelt ein Elternteil sein möchte und dieses Gesetz ihr diese Möglichkeit nehmen könnte, ist schockierend und wäre ein echter Justizirrtum“, sagte Gamble.
      Das historische Plädoyer ist bezeichnend für die schlimmen – und schmerzhaft verzweifelten – Umstände, mit denen schwangere Patientinnen, die unter drakonischen Abtreibungsgesetzen leben, nach dem Urteil von Roe konfrontiert sind. Das ist Texas und Amerika im Jahr 2023
      …“ engl. Artikel von Mary Tuma vom 8. Dezember 2023 in The Nation online externer Link (maschinenübersetzt)
  • Abstimmung zu Verfassungsänderungen: Erfolg für Befürworter des Rechts auf Abtreibung in Ohio 
    Um zu verhindern, dass der Bundesstaat das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche in der Verfassung verankert, wollten Republikaner in Ohio Verfassungsänderungen erschweren. Eine Mehrheit der Bürger hat nun gegen den Vorschlag gestimmt. (…) Die Abstimmung ist von besonderer Bedeutung, weil die Menschen in Ohio im November darüber abstimmen werden, ob das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch in der Verfassung verankert werden soll. Hätten sich die Republikaner bei der aktuellen Wahl mit ihrem Vorhaben durchgesetzt, wäre eine solche Verfassungsänderung viel schwieriger. (…) Seit der Entscheidung des Supreme Court haben etliche Bundesstaaten das Recht auf Abtreibung in ihrer Verfassung verankert. Allerdings kamen für diese Verfassungsänderungen in den Abstimmungen der jeweiligen Bundesstaaten meist keine Mehrheiten von mehr als 60 Prozent zustande. Kritiker werfen den Republikanern vor, deshalb darauf gesetzt zu haben, Verfassungsänderungen zu erschweren. Ohio hatte nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs ein Verbot von Abtreibungen nach der sechsten Schwangerschaftswoche verabschiedet. 58 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner Ohios sind allerdings zwei im Juni und Juli veröffentlichten Umfragen zufolge dafür, das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche in der Verfassung des Bundesstaats zu verankern…“ Meldung vom 09.08.2023 in tagesschau.de externer Link und es wird noch besser:

    • Bundesstaat Ohio verankert Zugang zu Abtreibungen in der Verfassung
      Im US-Bundesstaat Ohio haben sich Abtreibungsbefürworter in einem Referendum durchgesetzt. Eine Mehrheit sprach sich dafür aus, den legalen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen durch einen Verfassungszusatz sicherzustellen. Das von einem republikanischen Gouverneur geführte Ohio ist der siebte US-Bundesstaat, in dem sich die Wählerinnen und Wähler für eine solche Regelung ausgesprochen haben…“ Meldung vom 9.11.2023 im Deutschlandfunk externer Link
  • Fratzebuch arbeitet mit der US-Polizei zusammen, um Abtreibungen zu kriminalisieren
    In Nebraska muss eine 19jährige nach einer Abtreibung ins Gefängnis, weil Facebook ihre privaten Nachrichten an ihre Mutter, in denen der Schwangerschaftsabbruch besprochen wurde, der Polizei übergeben hat…“ Thread von Wurzelmann vom 21.7. externer Link – der Artikel darüber in der NYT externer Link ist kostenpflichtig
  • Ein Jahr seit der Abschaffung des Rechts auf Abtreibung in den USA: Nur noch in Illinois oder Virginia können betroffene Frauen Hilfe finden… 
    Am 24. Juni 2023 jährt sich zum ersten Mal das Urteil des Obersten Gerichtshofs der USA, mit dem das Recht auf Schwangerschaftsabbruch abgeschafft wurde, nachdem es 50 Jahre lang – seit dem Ausgang des Verfahrens Roe v. Wade – Verfassungsrang hatte. (…) Das Urteil hatte schon im ersten Jahr verheerende Auswirkungen auf die Gesundheit und den Lebensstandard von Millionen Frauen und ihren Familien, insbesondere für diejenigen aus der Arbeiterklasse und aus armen Verhältnissen. Ein Viertel aller Frauen im gebärfähigen Alter in den USA leben heute in Bundesstaaten, in denen Schwangerschaftsabbrüche ganz verboten oder nur in den ersten sechs Wochen erlaubt sind.
    Mindestens 25 Staaten haben Schwangerschaftsabbrüche so gut wie verboten oder mit restriktiven Auflagen versehen. Im Mittleren Westen und im Süden, also in den ärmeren US-Bundesstaaten, sind Abbrüche praktisch unmöglich geworden. Lediglich in Illinois oder Virginia können betroffene Frauen Hilfe finden. Die obere Mittelschicht, d. h. die Basis der Demokratischen Partei, kann sich solche Reisen leisten. Den meisten Frauen aus der Arbeiterklasse sind sie aus Kosten- und Zeitgründen nicht möglich. Dutzende von Kliniken haben geschlossen, und die Wartezeiten haben sich von einem oder zwei Tagen auf drei Wochen verlängert, was die Gesundheit und das Leben der Patientinnen gefährdet. Zahlreiche Studien zeigen, dass Frauen, die eine Schwangerschaft abbrechen möchten und abgewiesen werden, langfristige wirtschaftliche, soziale und psychologische Schäden erleiden. Weitere Faktoren kommen verschlimmernd hinzu: Streichungen bei der öffentlichen Krankenversicherung Medicaid und bei Lebensmittelmarken, die bevorstehende Wiederaufnahme der Rückzahlung von Studienkrediten im Rahmen der Schuldenobergrenze, die Präsidenten Biden mit den Republikanern vereinbart hat, sowie die Aufhebung des Corona-Notstands. (…) Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs war unrechtmäßig und illegal. Das Urteil war das Ergebnis einer von faschistischen Milliardären unterstützten Verschwörung, die darauf abzielt, die Gerichte mit rechtsextremen Fanatikern und Ideologen zu besetzen. Diese Kräfte operieren über Gruppen wie die „Federalist Society“ und über die großen Medienkonzerne. Die Mehrheit der Richter wurde von Präsidenten ernannt, die bei den Wahlen keine Mehrheit in der Bevölkerung erhalten hatten. Der antidemokratische Charakter des Gerichts und des politischen Systems insgesamt wird durch die Tatsache unterstrichen, dass die Unterstützung der Bevölkerung für das Recht auf Abtreibung, die zum Zeitpunkt des skandalösen Urteils bei weit über 60 Prozent lag, seither auf Rekordniveau angestiegen ist. Dies findet jedoch keinen Ausdruck in der Politik der Regierung…“ Beitrag von Barry Grey vom 26. Juni 2023 bei wsws externer Link („Ein Jahr seit der Abschaffung des Rechts auf Abtreibung durch den Obersten Gerichtshof der USA“)
  • Frauen verklagen Texas wegen unklarer Regelung zu Schwangerschaftskomplikationen – Texanisches Gericht plant zudem US-weites Verbot für Abtreibungspillen
    • „Krank und verdreht“: Frauen verklagen Texas wegen erschütternder medizinischer Episoden, die durch Abtreibungsverbote verursacht wurden
      „… Zurawski ist eine von fünf texanischen Frauen, die als Klägerinnen in einer Klage auftreten, die das Center for Reproductive Rights diese Woche gegen den Bundesstaat eingereicht hat. In der Klage wird argumentiert, dass die verschiedenen Abtreibungsverbote des Bundesstaates, die nur vage Ausnahmen für medizinische Notfälle vorsehen und bei Verstößen sowohl zivil- als auch strafrechtliche Belangung nach sich ziehen, Verwirrung gestiftet und Angst unter den Ärzten geschürt haben, wodurch das Leben von Schwangeren in Gefahr ist. „Das Gesetz zwingt Ärzte dazu, die sehr reale Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung gegen die Gesundheit und das Wohlbefinden ihrer Patientinnen abzuwägen“, sagte Nancy Northup, Geschäftsführerin des Center for Reproductive Rights, auf der Pressekonferenz am Dienstagnachmittag. Die Klage zielt darauf ab, die „unnötigen Schmerzen, Leiden, Verletzungen und lebensbedrohlichen Komplikationen, die durch das texanische Abtreibungsverbot verursacht werden“, zu stoppen. In der Klage wird ein Bezirksrichter aufgefordert, den Geltungsbereich der Ausnahmeregelung für medizinische Notfälle zu klären und zu bestätigen, dass Ärztinnen und Ärzte Abtreibungen vornehmen dürfen, wenn ein Notfall eintritt. Es ist die erste Klage dieser Art, so Northup, „in der einzelne Frauen einen Staat für den Schaden verklagt haben, den sie erlitten haben, weil die Abtreibungsbehandlung nach der Aufhebung von Roe kriminalisiert wurde“. Zurawskis Arzt sagte, ihre Schwangerschaft könne erst abgebrochen werden, wenn keine Herztätigkeit des Fötus mehr vorhanden sei oder sich ihr Gesundheitszustand so weit verschlechtert habe, dass die Ethikkommission des Krankenhauses eine Abtreibung genehmigen würde. „Ich kann das Trauma und die Verzweiflung, die mit dem Warten auf den Verlust des eigenen Lebens, des Lebens des Kindes oder von beidem einhergehen, nicht angemessen in Worte fassen“, sagte sie. „Tagelang war ich in dieser bizarren und vermeidbaren Hölle gefangen.“ Zurawski erkrankte an einer lebensbedrohlichen Sepsis; erst dann stimmte das Krankenhaus zu, dass sie krank genug war, um nach texanischem Recht einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu lassen. „Was ich brauchte, war ein normales medizinisches Verfahren“, sagte sie. „Eine Abtreibung hätte den unnötigen Schaden und das Leiden, das ich ertragen musste, verhindert. (…)
      Als der Oberste Gerichtshof der USA im Juni letzten Jahres sein Urteil in der Rechtssache Dobbs gegen Jackson Women’s Health Organization verkündete, das Roe v. Wade aufhob und ein halbes Jahrhundert verfassungsrechtlichen Schutz für Abtreibungen beseitigte, hatten texanische Politiker bereits zwei Abtreibungsverbote kodifiziert. In der Legislaturperiode 2021 verabschiedeten die Gesetzgeber Senate Bill 8, ein sechswöchiges Verbot, das die verfassungsmäßige Kontrolle umgeht, indem es die Durchsetzung an Bürgerwehren auslagert, die befugt sind, zivilrechtliche Klagen gegen Gesundheitsdienstleister oder andere Personen zu erheben, von denen sie glauben, dass sie einer Patientin geholfen haben, die unter Verstoß gegen das Gesetz abtreiben will. Außerdem verabschiedete der Gesetzgeber ein sogenanntes „Trigger Ban“, ein vollständiges Abtreibungsverbot, das im August 2022, kurz nach dem Ende von Roe, in Kraft trat. (…) Und das ist ein ernstes Problem angesichts der extremen Strafen für Verstöße gegen das texanische Abtreibungsverbot. Ärzten, die gegen das Abzugsgesetz verstoßen, drohen zum Beispiel der Entzug ihrer Zulassung, eine Zivilstrafe von mindestens 100.000 US-Dollar pro Verstoß und bei einer strafrechtlichen Verfolgung bis zu 99 Jahre Gefängnis. (…) Drei weitere Klägerinnen, die an der Klage des Zentrums beteiligt sind, waren am Dienstag ebenfalls auf dem Gelände des Capitols. Wie Zurawski erzählten sie von gewollten Schwangerschaften, die in einem Alptraum endeten, als sie versuchten, in Texas Zugang zur notwendigen Abtreibungsversorgung zu bekommen. (…) Ein Reporter fragte auf der Pressekonferenz, wie sich die Frauen jetzt fühlten, nachdem sie diesen Fall gemeinsam eingereicht hatten, nachdem sie eine so isolierende Tortur durchgemacht hatten. Um es klar zu sagen, sagte Zurawski, dass keine der Frauen dort sein wollte: „Wir sind alle unfreiwillige Mitglieder des schrecklichsten Clubs der Welt geworden“. Und sie waren nur ein kleiner Teil von „unzähligen anderen“ in Texas und den ganzen USA, die ein ähnliches Trauma erlebt haben. „Zusammen zu sein ist stark, aber es ist auch traumatisch zu wissen, dass es so viele Menschen gibt, die das durchmachen müssen“, sagte sie. „Und ich glaube, deshalb sind wir alle hier.”
      Artikel von Jordan Smith vom 8. März 2023 im The Intercept externer Link („“Sick and Twisted”: Women Sue Texas Over Harrowing Medical Episodes Caused by Abortion Bans”)
    • Texanischer Richter und Jünger von Trump will Mifepriston in der gesamten USA verbieten
      „Am 1. März äußerte sich das Weiße Haus besorgt darüber, dass ein texanischer Richter ein ‚verheerendes‘ landesweites Verbot eines Medikaments verhängen könnte, das für mehr als die Hälfte der Abtreibungen in den USA verwendet wird. Mifepriston, auch bekannt als RU-486, ist ein Bestandteil eines Zwei-Präparate-Systems, das für medizinische Abtreibungen verwendet wird. Es ist in den Vereinigten Staaten seit mehr als 20 Jahren auf dem Markt. In einer Klage, die im November bei einem vom ehemaligen republikanischen Präsidenten Donald Trump ernannten Richter in Texas eingereicht wurde, behauptet ein Bündnis von Abtreibungsgegnern, dass die US Food and Drug Administration (FDA) das ‚gefährliche‘ Medikament niemals hätte zulassen dürfen. Die Anwälte der Alliance Defending Freedom, einer christlichen juristischen Interessenvertretung, forderten den Richter auf, eine sofortige Verfügung zu erlassen, um Mifepriston von der Liste der von der FDA zugelassenen Medikamente zu streichen. Die FDA forderte den Richter auf, den Antrag abzulehnen. Der US-Bezirksrichter Matthew Kacsmaryk hatte den Parteien der Bundesklage eine Frist bis zum 24. Februar gesetzt, um Schriftsätze einzureichen, so dass seine Entscheidung nun jederzeit fallen könnte. (…)
      Etwa 15 US-Bundesstaaten haben Abtreibungsbeschränkungen eingeführt, seit der Oberste Gerichtshof das verfassungsmäßige Recht auf Abtreibung gekippt hat. Dazu gehört auch das Verbot des Verkaufs von Abtreibungspillen. Menschen, die in diesen Staaten leben, können die Pille jedoch weiterhin in den Nachbarstaaten kaufen. Für viele ist das eine einfachere Option als eine chirurgische Abtreibung…“ Artikel von Maryam Jameela vom 2. März 2023 in The Canary externer Link („Vital abortion pill could be banned across the US”)
  • „Hintertüren“: Apotheken dürfen Abtreibungsmedikamente in Hälfte der US Bundesstaaten verkaufen / Oberstes Gericht South Carolina bestätigt, Abtreibungsverbot sei verfassungswidrig
    • „Die Food and Drug Administration (FDA) hat am Dienstag eine Regelung verabschiedet, die es qualifizierten Apotheken erlaubt, Patienten:innen Abtreibungsmedikamente anzubieten. Die Regelung ermöglicht es, dass solche Medikamente auf Rezept in Apotheken im ganzen Land erhältlich sind, auch in großen Handelsketten und bei Versandhändlern. In etwa der Hälfte der Staaten, in denen Abtreibungsmedikamente verboten oder eingeschränkt sind, wird die neue FDA-Regelung wahrscheinlich nicht umgesetzt werden können. Die Regeländerung wurde teilweise im letzten Jahr eingeleitet, als die Biden-Regierung ankündigte, dass sie die Anforderung, Abtreibungspillen persönlich abzuholen – in den meisten Fällen entweder in einer Klinik oder bei einem Arzt – nicht durchsetzen würde. Mit der Änderung am Dienstag [3. Januar 2023] wird diese Anordnung formell aktualisiert, indem die Kennzeichnung von Abtreibungsmedikamenten wie Mifepriston geändert wird, so dass Apotheken das Medikament nach einem Zertifizierungsverfahren ausgeben dürfen. Vor der Änderung am Dienstag und vor der Anordnung von Präsident Joe Biden hatte die FDA die Abgabe – und in einigen Fällen auch die Verabreichung – von Abtreibungsmedikamenten nur in Spezialpraxen und Kliniken erlaubt. (…) In mehreren Bundesstaaten gibt es immer noch Beschränkungen, die die Abgabe von Abtreibungsmedikamenten in Apotheken trotz des neuen FDA-Standards verbieten können. Achtzehn Staaten verlangen beispielsweise die Anwesenheit eines Arztes bei der Verabreichung von Abtreibungsmedikamenten, während 29 Staaten die Verabreichung durch Ärzte vorschreiben, so das Guttmacher Institute.“ Artikel von Chris Walker vom 4. Januar 2023 in Truthout externer Link („FDA Rules That Retail Pharmacies Can Offer Abortion Medication“)
    • Oberstes Gericht in South Carolina: Abtreibungsverbot ist unangemessener Eingriff in die Privatsphäre
      „Der Oberste Gerichtshof von South Carolina hat am Donnerstag [5. Januar 2023] ein Verbot der Abtreibung nach Feststellung der Herztätigkeit – in der Regel um die sechste Woche – für ungültig erklärt. Die Entscheidung kommt fast zwei Jahre, nachdem der republikanische Gouverneur Henry McMaster die Maßnahme in Kraft gesetzt hatte. Das Verbot, das Ausnahmen für Schwangerschaften vorsah, die durch Vergewaltigung oder Inzest verursacht wurden, oder für Schwangerschaften, die das Leben der Patientin gefährdeten, zog fast sofort Klagen nach sich. Seitdem haben sich die Anfechtungen ihren Weg durch Staats- und Bundesgerichte gebahnt. „Der Staat hat zweifellos die Befugnis, das Recht auf Privatsphäre einzuschränken, das Frauen vor staatlicher Einmischung in ihre Entscheidung schützt, aber jede derartige Einschränkung muss vernünftig und sinnvoll sein, denn die auferlegten Fristen müssen einer Frau ausreichend Zeit geben, um festzustellen, dass sie schwanger ist, und um angemessene Schritte zum Abbruch der Schwangerschaft zu unternehmen. Sechs Wochen sind ganz einfach keine vernünftige Zeitspanne für diese beiden Dinge, und deshalb verstößt das Gesetz gegen das in unserer Verfassung verankerte Verbot eines unangemessenen Eingriffs in die Privatsphäre“, schrieb Richterin Kaye Hearn in der Mehrheitsmeinung. Derzeit sind in South Carolina die meisten Abtreibungen nach 20 Wochen verboten. Unterschiedliche Anordnungen haben den Befürwortern und Gegnern des Gesetzes sowohl Anlass zur Freude als auch zur Bestürzung gegeben. Diejenigen, die in diesem Bundesstaat eine Abtreibung vornehmen lassen wollen, haben erlebt, wie sich das legale Zeitfenster auf die frühere Grenze von 20 Wochen ausgeweitet hat, bevor es zu den letzten Einschränkungen und wieder zurückging.
      Bundesgerichte hatten das Gesetz zuvor ausgesetzt. Aber die Aufhebung des Urteils Roe v. Wade durch den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten ermöglichte es, die Beschränkungen aufrechtzuerhalten – aber nur für kurze Zeit. Der Oberste Gerichtshof des Bundesstaates blockierte das Gesetz im vergangenen August vorübergehend, da die Richter eine neue Herausforderung in Betracht zogen. Die folgenschwere Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in der Rechtssache Dobbs gegen Jackson Women’s Health Organization löste eine Flut von Aktivitäten auf staatlicher Ebene aus. Die von den Republikanern dominierten Bundesstaaten führten neue Beschränkungen ein, während die Befürworter der Abtreibungsrechte nach zusätzlichen Schutzmaßnahmen suchten. Da der bundesstaatliche Abtreibungsschutz weggefallen ist, hat Planned Parenthood South Atlantic im Juli unter Berufung auf das in der Verfassung von South Carolina verankerte Recht auf Privatsphäre geklagt. In der Zwischenzeit wurden in anderen Bundesstaaten die Beschränkungen mit dem Argument der Religionsfreiheit angefochten. (…) In South Carolina haben die Vertreter:innen der Legislative des Staates argumentiert, dass das Recht auf Privatsphäre eng ausgelegt werden sollte. Während der mündlichen Verhandlung im vergangenen Oktober argumentierten sie, dass der historische Kontext darauf hindeutet, dass der Gesetzgeber das Recht gegen Durchsuchungen und Beschlagnahmungen schützen wollte, als er es 1971 ratifizierte. Die Anwälte von Planned Parenthood, die die Herausforderer vertreten, sagten, das Recht auf Privatsphäre umfasse auch die Abtreibung. Sie argumentierten, dass frühere Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs das Recht auf körperliche Autonomie bereits erweitert haben. Die begrenzte Entscheidung der Richter ließ die Tür für zukünftige Änderungen offen…“ Meldung von CBS News vom 5. Januar 2023 externer Link („South Carolina abortion ban violates state’s constitution, state Supreme Court rules“)
  • [US-Midterm-Wahlen 2022] In fünf Bundesstaaten wurde das Abtreibungsrecht an der Wahlurne verteidigt – Thema genauso wichtig wie Inflation
    „Kentucky, Michigan, North Carolina, Vermont und Montana, republikanische Staaten, demokratische Staaten, in allen haben die Wählerinnen und Wähler beschlossen, das Recht auf Abtreibung zu schützen. Im Juni, wenige Stunden nachdem die Richter des Obersten Gerichtshofs die Aufhebung des Urteils Roe v. Wade beschlossen und damit den Weg für ein Abtreibungsverbot in vielen US-Bundesstaaten freigemacht hatten, beklagte Präsident Joe Biden einen Rückschlag von 150 Jahren und sagte: „In diesem Herbst wird über Roe abgestimmt“. Zusätzlich zu den US-Kongresswahlen, bei denen viele demokratische Kandidatinnen und Kandidaten das Thema während des Wahlkampfs vorantrieben, gab es bei den Zwischenwahlen am Dienstag in fünf Bundesstaaten Volksabstimmungen über das Recht auf Abtreibung – in allen hatten die Wählerinnen und Wähler die Wahl, dieses Recht zu bestätigen oder zu stärken. Bei den ersten allgemeinen Wahlen seit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs wurde in Kentucky, Michigan, North Carolina, Vermont und Montana direkt über die Abtreibung abgestimmt. Die größte Überraschung, so die Washington Post, kam aus Kentucky, einem mehrheitlich republikanischen Bundesstaat, wo die Wählerinnen und Wähler einen (von den örtlichen Republikanern unterstützten) Änderungsantrag für ein totales Abtreibungsverbot abgelehnt haben. Dies könnte der erste Schritt zur Wiederherstellung des Zugangs zu Abtreibungen in einem der Bundesstaaten mit den restriktivsten Gesetzen des Landes gewesen sein. Im ebenfalls eindeutig republikanischen Montana wurde vorgeschlagen, Gesundheitsdienstleister strafrechtlich zu bestrafen, wenn sie sich nicht nach Kräften bemühen, das Leben eines Babys zu retten, das „während eines Abtreibungsversuchs“ oder nach der Geburt geboren wurde (auch wenn keine Überlebenschance besteht); in der Praxis, so die Abtreibungsrechtler:innen, wäre die Folge ein totales Verbot. (…) Michigan war einer der Staaten, in denen das Thema im Wahlkampf am meisten im Mittelpunkt stand. Gouverneurin Gretchen Whitmer, die sich um ihre Wiederwahl bemühte, machte die Verteidigung der Abtreibungsrechte zu einem ihrer wichtigsten Vorschläge. Whitmer wurde wiedergewählt und eine Mehrheit der Wählerinnen und Wähler stimmte einem Vorschlag zur Änderung der Staatsverfassung zu, der das „individuelle Recht auf reproduktive Freiheit, einschließlich des Rechts, alle Entscheidungen über eine Schwangerschaft zu treffen und durchzuführen“, festschreibt.
    In Vermont ist das Ziel des Vorschlags, über den abgestimmt wurde, dasselbe: Mit der angenommenen Änderung heißt es künftig in der Verfassung, dass „das individuelle Recht einer Person auf reproduktive Autonomie von zentraler Bedeutung für Freiheit und Würde ist“ und „nicht verweigert oder verletzt werden darf, es sei denn, dies ist durch ein zwingendes staatliches Interesse gerechtfertigt“. In Kalifornien schützt die Verfassung nun das individuelle Recht auf reproduktive Freiheit „in ihren intimsten Entscheidungen“, was das Recht auf Abtreibung und Zugang zu Verhütungsmitteln einschließt. Viele fragten sich während des Wahlkampfs, ob die demokratischen Kandidatinnen und Kandidaten, die auf Abtreibungsrechte pochten, die wahren Sorgen der Wählerinnen und Wähler ignorierten, nämlich den Zustand der Wirtschaft. Laut Exit Polls ist die Abtreibung für einen großen Teil der US-Wähler:innen ein wichtiges Thema: Laut der Umfrage von Edison Research sind sechs von zehn Wählenden mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs „unzufrieden oder verärgert“, während drei von zehn Wählern die Abtreibung als ihr Hauptanliegen bei ihrer Wahlentscheidung angeben – genau so viele Wähler antworten auf die gleiche Frage mit „Inflation“.“
    span. Artikel von Sofia Lorena vom 9. November 2022 im Público Online externer Link („Direito ao aborto nos EUA reforçado nas urnas: “O aborto transcende linhas partidárias”)
  • Der weibliche Körper als Staatseigentum: Der Kreuzzug des Supreme Court gegen das Recht auf Abtreibung
    „1972 waren Abtreibungen in Minnesota illegal. Irgendwann in jenem Jahr – das genaue Datum ist in Vergessenheit geraten – fuhr ein 21jähriger Mann seine 16jährige Freundin zu einer Frauenklinik in Minneapolis. Er brachte sie dorthin, damit sie einen Schwangerschaftstest machen lassen konnte, und fuhr weg. Die Freundin war ich. Damals gab es keine Heimschwangerschaftstests. Die Feigheit meines damaligen Freundes nagt immer noch an mir, vor allem aber erinnere ich mich an meine Angst, Verwirrung und das unwürdige Geheimhalten meines möglichen Zustands. Meine Phantasie schweifte zu Abtreibungen in Hinterzimmern. Ich hatte die Ergebnisse einiger solcher illegalen Eingriffe auf körnigen Schwarzweißfotos gesehen – die Leichen junger Frauen, die auf schmuddeligen Sofas oder Metalltragen in ihrem Blut schwammen. (…) Ein Jahr nach meiner Schwangerschaftsangst wurde das Grundsatzurteil im Fall Roe versus Wade die bundesweite gesetzliche Grundlage für Abtreibungen und hatte dann beinahe fünfzig Jahre Bestand. Nun hat der Supreme Court, das Oberste Gericht der USA, das verfassungsmäßige Recht auf Abtreibung abgeschafft. Man muss jetzt wieder Angst haben. Und man muss jetzt auf diese Angst reagieren, indem man gegen die Entscheidung protestiert und radikale, antidemokratische Politiker abwählt. (…) Gesetzliche Einschränkungen der reproduktiven Selbstbestimmung waren und bleiben ein Markenzeichen autoritärer und faschistischer Regierungen. In Nazi‑Deutschland waren Abtreibungen für alle „arischen“ Frauen verboten. Sie hatten die Pflicht, sich für das Reich fortzupflanzen. Sondergerichte sowohl in Deutschland als auch in Vichy‑Frankreich durften die Todesstrafe für illegale Schwangerschaftsabbrüche verhängen. In Mussolinis Italien war schon die Bereitstellung von Informationen zur Empfängnisverhütung eine Straftat. Die ohnehin illegale Abtreibung in dem Land wurde unter noch schärfere Strafe gestellt. In Spanien erklärte Franco 1941 Abtreibung zum Verbrechen gegen den Staat. (…) Die Vereinigten Staaten sind jetzt einem extrem antidemokratischen Obersten Gerichtshof unterstellt. Das ist nicht neu. Einen Großteil seiner Geschichte war das Gericht eine Körperschaft, die das konstitutionelle „Wir, das Volk“ eng als „weiße Männer, die Eigentum besitzen“ definierte. Das war die ursprüngliche Anschauung der Gründerväter. Ihr „Wir“ schloss Frauen, Indigene, Schwarze, Asiaten, Katholiken oder Juden nicht ein. Wenn man so will, begannen die USA erst dann einer Demokratie zu ähneln, als die Afroamerikaner durch den Voting Rights Act von 1965 das Wahlrecht erhielten. Als der Gerichtshof ebendieses Gesetz 2013 aushöhlte, kehrte er die stetige Ausweitung unseres „Wir“ um. (…) Aggressive, theatralische Männlichkeit geht mit allen Rechtsaußenbewegungen einher, nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern an vielen Orten weltweit. Das Hirngespinst vom ungeborenen Menschen dient dazu, die fundamentale Abhängigkeit des Fötus vom Körper eines anderen Menschen zu verschleiern, eines Menschen, den die autoritäre Rechte aufgrund ihrer starren Genderkategorien als Frau betrachtet. Ihr zu erlauben, über das Schicksal der wachsenden Zellen in ihrem Innern zu entscheiden, heißt zuzugeben, dass sie, und allein sie diejenige ist, die die Zukunft der von ihrem Körper genährten Zellen kontrolliert, und dass die Entscheidung, sie zu nähren oder nicht, ihr zusteht. (…) [Richter Samuel Alito]: „Sollen wir etwa glauben, dass die Hunderten Abgeordneten, deren Stimmen für die Verabschiedung dieser Gesetze erforderlich waren, von Feindseligkeit gegen Katholiken und Frauen motiviert waren?“ Meine Antwort lautet: Ja – und auch von der Feindseligkeit gegen andere. Frauenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus und Xenophobie sind eine giftige Mischung. Der Oberste Gerichtshof hat uns in die brutale Ära der Gebärmuttergesetzgebung zurückversetzt, zu der angsterfüllten 16jährigen im Jahr 1972 und zu unzähligen anderen wie sie, deren reproduktive Körper Staatseigentum geworden sind.“ Kolumne von Siri Hustvedt in der Übersetzung von Uli Aumüller aus den Blättern 8/2022, S. 85-92 externer Link
  • [USA] Signal vor den Vorwahlen: Ein Bundesrichter hat das rigide Abtreibungsverbot im Staat Idaho gekippt. Es dürfte Auswirkungen auf die Stimmung vor den Herbstwahlen haben
    „Ein kleiner Sieg für die Pro-Choice-Bewegung in Idaho und ein wichtiges Symbol im Kampf um reproduktive Rechte für Frauen in den gesamten USA: Am Mittwoch hat ein Bundesrichter ein vollständiges Abtreibungsverbot im tief konservativen Staat Idaho gestoppt. Dieses hatte zwar die Möglichkeit einer Abtreibung im Falle einer Vergewaltigung und bei Lebensgefahr der Schwangeren vorgesehen. Medizinische Notfälle, also ein Risiko für deren Gesundheit etwa bei drohendem Organversagen, zählten hingegen nicht. Mit einer Strafe von bis zu fünf Jahren Gefängnis sollten behandelnde Ärzte und das Gesundheitspersonal belegt werden, wenn sie in einem solchen Fall eine Abtreibung vornähmen. Dies, so urteilte der vom damaligen Präsidenten Bill Clinton 1995 eingesetzte Richter B. Lynn Winmill nun, verstoße gegen das Bundesgesetz zur Notfallversorgung, das öffentlich finanzierten Krankenhäusern vorschreibt, Patient*innen eine „stabilisierende Behandlung“ zukommen zu lassen. Es ist ein Teilsieg der Biden-Regierung im Kampf für weibliche Selbstbestimmung, seitdem der Oberste Gerichtshof im Juni das Recht auf Abtreibung aus der Verfassung gekippt hat. Denn noch steht ein weiteres Urteil über eine Klage des Bundesjustizministeriums gegen Idaho aus. Gut möglich, dass das aktuelle Urteil noch gekippt wird. (…) Doch es ist ein Signal, das gut zwei Monate vor den wichtigen Zwischenwahlen auf diejenigen – auch konservativen – Wähler*innen im Land wirken dürfte, denen der rigide Antiabtreibungskurs der Republikaner zu weit geht. Ein weiteres wichtiges Zeichen hatten die Menschen im stockkonservativen Staat Kansas Anfang des Monats gesetzt, als sich in einem Referendum 59 Prozent der Wähler*innen für die Beibehaltung von reproduktiven Rechten ausgesprochen hatten. Das entspricht in etwa der landesweiten Stimmung: Rund 60 Prozent der US-Amerikaner*innen wollen Umfragen zufolge, dass Abtreibung grundsätzlich legal ist – mit welchen Ein­schränkungen auch immer. Zweifelhaft ist jedoch, ob Frauenrechte für die Mehrheit der Wähler*innen wahlentscheidend sind.“ Kommentar von Sunny Riedel vom 25. August 2022 in der taz online externer Link
  • Was können die Gewerkschaften jetzt tun, um Abtreibungsrechte zu verteidigen? 
    „… Viele Gewerkschaften gaben öffentliche Erklärungen ab, in denen sie die Entscheidung von Dobbs verurteilten. Einige gingen auf die Straße, um zu protestieren. Und wir können davon ausgehen, dass viele von ihnen in diesem Herbst verstärkt für die Demokraten stimmen werden. Was können die Gewerkschaften noch tun? Es gibt keinen klaren Weg, um auf nationaler Ebene den Zugang zu Abtreibung und reproduktiver Gesundheit zu erreichen. Es wird sicherlich ein langer Kampf sein, an dem viele Organisationen und Strategien beteiligt sind. Aber es gibt spezifische Maßnahmen, die die Gewerkschaftsbewegung ergreifen kann, die über die Wahlbeteiligung und die Teilnahme an Kundgebungen hinausgehen.
    Hier eine unmittelbare Maßnahme: Arbeitnehmer können verlangen, dass über Änderungen bei den Leistungen der Krankenversicherung verhandelt wird, wozu jetzt auch der Zugang zur Abtreibung gehören könnte. (…)
    Die Gewerkschaften können ihre Rechtsabteilungen einsetzen oder Anwälte beauftragen, um Mitglieder zu verteidigen, die verklagt oder strafrechtlich verfolgt werden, weil sie angeblich eine Abtreibung durchführen, vornehmen lassen oder dabei helfen. (…) Einige Gewerkschaftsverträge sehen Rechtsdienstleistungen zur Unterstützung von Mitgliedern bei Wohnungs-, Familien- und Zivilgerichten vor. Wenn ein Mitglied außerhalb seines Arbeitsplatzes beschuldigt wird, eine Abtreibung erwirkt oder Beihilfe dazu geleistet zu haben, könnte der Rechtsdienst für Mitglieder auch auf diesen Fall ausgedehnt werden. Und die Gewerkschaften sollten die Beschäftigten dabei unterstützen, sich den Gesetzen zu widersetzen. Der Zugang zum Schwangerschaftsabbruch wurde ursprünglich durch anhaltenden, öffentlichen zivilen Ungehorsam erreicht. (…)
    Das Risiko ist besonders groß für Beschäftigte im Gesundheitswesen. Während sie in den oben genannten Staaten nur privat verklagt werden können, können sie in anderen Staaten strafrechtlich verfolgt werden, wenn sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Wenn in diesen Staaten eine schwangere Person zur Behandlung in ein Krankenhaus kommt und die angemessene Behandlung darin besteht, die Schwangerschaft abzubrechen, ist dies nun eine Straftat, wenn die Herztätigkeit des Fötus noch vorhanden ist oder das Leben der Person nicht unmittelbar gefährdet ist. Mit diesem Dilemma wird das Gesundheitspersonal routinemäßig konfrontiert. (…)
    All diese Gesetze werden tiefgreifende Auswirkungen auf die Beschäftigten im Gesundheitswesen haben. Es ist kein Zufall, dass die Staaten mit solchen Gesetzen auch die Staaten mit dem geringsten gewerkschaftlichen Organisationsgrad sind – auch wenn es Ausnahmen gibt, wie das gewerkschaftlich geprägte Ohio, wo die Abtreibung nach sechs Wochen illegal ist, und Montana, wo die Gewerkschaften kaum vertreten sind, aber keine Abtreibungsbeschränkungen bestehen…“ und weitere Handlungshinweise im engl. Artikel von Sarah Hughes am 27.7.2022 in LaborNotes externer Link („What Can Unions Do Now to Defend Abortion Rights?“, maschinenübersetzt)
  • Deutliche Mehrheit in Kansas für Recht auf Schwangerschaftsabbruch
    Fast 60 Prozent der Wähler haben sich in einem Referendum für das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche ausgesprochen. In Florida klagen Geistliche gegen ein Verbot.
    Im US-Bundesstaat Kansas hat eine deutliche Mehrheit der Wählerinnen und Wähler bei einem Referendum gegen eine mögliche Verfassungsänderung gestimmt, die nach einem Vorschlag der Republikaner Grundlage für ein Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen werden sollte.Nach Auszählung von 95 Prozent der Stimmen führte das Lager der Ablehnenden mit 58,8 Prozent, berichtet die New York Times. Etwa 41 Prozent stimmten für die Verfassungsänderung. Mit dem Scheitern der Initiative können die Republikaner in der neuen Sitzungsperiode ab Januar 2023 das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche nicht weiter einschränken oder verbieten. Aktivisten und Aktivistinnen für das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche feierten den Ausgang des Referendums als deutliches Zeichen des Wählerwillens an die Politik. In dem konservativ regierten Bundesstaat hatten die Republikaner die Staatsverfassung ändern wollen, um ein weitgehendes Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen grundsätzlich zu ermöglichen. Ohne sie kann sich der Staat nicht weiteren konservativen Bundesstaaten anschließen, die das Recht darauf weitgehend eingeschränkt haben…“ Agenturmeldung vom 3. August 2022 in der Zeit online externer Link, siehe auch:

  • Nancy Fraser: «Wir haben den Begriff der Arbeit viel zu eng gefasst» Grosse Teile der antirassistischen oder feministischen Bewegungen können als Arbeitskämpfe verstanden werden 
    Im Interview von Raul Zelik in der WOZ vom 4. August 2022 externer Link erläutert Nancy Fraser ihre Sichtweise: „… Wichtige Teile der antiimperialistischen und antirassistischen, aber auch der feministischen Bewegungen können, so meine These, als Arbeitskämpfe verstanden werden. Sie haben nach dem Abtreibungsverbot in den USA gefragt. Hier geht es um den Eingriff in die reproduktiven und damit auch produktiven Fähigkeiten des Körpers. Auch #MeToo ist in vieler Hinsicht ein Arbeitskampf: Es geht um das Recht auf einen Arbeitsplatz, an dem Chefs ihre Macht nicht missbräuchlich einsetzen können. (…) Für mich ist es ein konzeptionelles und historisches Problem, dass wir den Begriff der Arbeit zu eng gefasst haben. Feministinnen haben gezeigt, dass Haus- und Sorgearbeit im Kapitalismus systematisch entwertet wird. Von Dubois, aber auch von aktuelleren Untersuchungen zu Gefängnisarbeit, Sweat Shops oder Migration können wir lernen, wie viel Arbeit ausserhalb regulärer Vertragsverhältnisse geleistet wird. Meine These ist deshalb: Wir müssen Arbeit und Arbeitskämpfe breiter definieren. Die Arbeiterklasse besteht nicht nur aus Menschen, die in einer Fabrik einen Lohn beziehen, sondern auch aus denjenigen, die für ihre Arbeit nicht entlohnt werden und deren Einkommen nicht zum Überleben reicht. Diese Menschen werden nicht auf reguläre Weise in der Lohnarbeit ausgebeutet, sondern enteignet. Das bedeutet: Die Arbeiterklasse ist viel weiblicher und hat eine viel dunklere Hautfarbe als gemeinhin angenommen. In den USA ist das heute gut sichtbar: Die wichtigsten Arbeitskämpfe werden von jungen Frauen of Color geführt – bei Starbucks, Amazon, in den Apple Stores (…) Wir brauchen keinen Hauptwiderspruch, der einige Anliegen anderen unterordnet, wie es in der Vergangenheit der Fall war. Aber ich denke, wir müssen uns dem Problem stellen, dass emanzipatorische Bewegungen heute stark fragmentiert sind. Der Begriff der Klasse scheint mir geeignet, Kräfte zu bündeln, wenn wir ihn offener und umfassender interpretieren als früher. Wie viel Feminismus, Antirassismus, Migration usw. ist als Klassenkampf im Sinne von Dubois denkbar? Mir schwebt ein Bündnis von Bewegungen vor, die autonom bleiben, aber sich als Kämpfe um die Arbeit verstehen. (…) Ich würde sagen, wir befinden uns in einem gramscianischen Interregnum: Das Alte kann nicht sterben, das Neue noch nicht geboren werden. Es wird eine harte und chaotische Zeit. Längerfristig gibt es vielleicht auch Grund für Optimismus. Die politischen Parteien werden die Krise in den USA nicht lösen, und die Leute werden das merken. Dann wird es mehr Offenheit für etwas Neues geben. Eine andere Möglichkeit haben wir nicht.“
  • Hunderte von KollegInnen bei Amazon fordern im offenen Brief die Geschäftstätigkeit in Staaten einzustellen, in denen Abtreibung illegal ist 
    Mitarbeiter von Amazon richten sich gegen das neue Abtreibungsgesetz in den USA. Ihre Forderungen sind teils heftig. Das Urteil des US Supreme Courts zur Abtreibung hat in den USA große Emotionen und Proteste hervorgerufen. Demnach können die einzelnen US-Bundesstaaten nun selbst Gesetze erlassen, die etwa eine Abtreibung verbieten würden. Mitarbeiter von Amazon protestieren dagegen und fordern in einem offenen Brief von der Unternehmensleitung Maßnahmen gegen diesen „Angriff auf die Freiheit“, wie die New York Post berichtet externer Link. Der Brief soll von hunderten von Mitarbeitern gezeichnet worden sein. So soll Amazon sich selbst gegen die Entscheidung stark machen, Proteste organisieren und unterstützen sowie für entsprechende Organisationen spenden. Andere geforderte Maßnahmen gehen noch deutlich weiter: Das Unternehmen soll Mitarbeitern, die wegen des Gesetzes umziehen würden, so weit es geht Fernarbeit ermöglichen. Auch soll Amazon Produkte, die Fakten zur Abtreibung falsch darstellen, vom Marktplatz entfernen und die finanzielle Förderung politischer Gruppen, die sich gegen die Abtreibung richten, einstellen. Der einschneidendste Punkt: Amazon soll den Betrieb in den US-Staaten stoppen, die entsprechende Gesetze gegen eine Abtreibung erlassen – das käme quasi einem Verlust des halben Geschäfts im Kernmarkt USA gleich. (…) Amazon hatte bereits angekündigt, Mitarbeiterinnen bei einer möglichen Abtreibung in einem anderen Bundesstaat zu helfen (siehe Infokasten). Auch andere Unternehmen wie Apple haben ähnliche Maßnahmen in petto. “ Beitrag von Markus Gärtner vom 29. Juni 2022 im Amazon-Watchblog externer Link („Abtreibungs-Urteil: Amazon-Mitarbeiter fordern Geschäftsstopp in US-Staaten“), siehe den offenen Brief als Grafik auf Twitter externer Link
  • Größte US-Pflegegewerkschaft verurteilt Rollback bei Abtreibungsrecht – und Facebookkonzern Meta verbietet Kolleg:innen über RoeVWade zu diskutieren
    • Die Pflegegewerkschaft National Nurses United, die US-weit 175.000 Mitglieder zählt, schreibt in ihrer (engl.) Pressemitteilung zur Abschaffung von RoeVWade am 24. Juni 2022 externer Link: „Registrierte Krankenschwestern und -pfleger wissen, dass Abtreibung eine grundlegende Gesundheitsdienstleistung ist, und als Gewerkschaft von Gesundheitsdienstleistern, die sich für die besten Interessen unserer Patient:innen einsetzt, widersetzt sich National Nurses United allen Bestrebungen, die Kontrolle und Entscheidungen unserer Patient:innen über ihre eigene Gesundheitsversorgung und ihren eigenen Körper einzuschränken. Die Grundprinzipien einer ethischen medizinischen Versorgung schreiben vor, dass Patient:innen Autonomie, Selbstbestimmung und Würde über ihren Körper, ihr Leben und die medizinische Versorgung, die sie erhalten, genießen sollten. Die Ausnahmeregelung für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch, die nur Menschen mit Fortpflanzungsfähigkeit betrifft, ist nicht nur eine schlechte Gesundheitspolitik, sondern auch unmoralisch, diskriminierend, frauenfeindlich, gewalttätig, inakzeptabel und verstößt gegen die Pflegeethik, der wir Krankenschwestern und Krankenpfleger uns verpflichtet haben. Die heutige Aufhebung des Urteils Roe v. Wade aus dem Jahr 1973 durch den Obersten Gerichtshof in der Rechtssache Dobbs vs. Jackson Women’s Health Organization ist ein beschämender und gefährlicher Angriff auf Frauen, andere Menschen im gebärfähigen Alter und Familien in großem Ausmaß. Diese Entscheidung ist Teil einer koordinierten Anstrengung der Rechten, hart erkämpfte Menschen- und Bürgerrechte in den Vereinigten Staaten auszuhebeln und arbeitende Menschen zu kontrollieren, indem ihnen ihre Macht und körperliche Autonomie genommen wird. Diese Entscheidung richtet sich gegen die Überzeugungen und Werte der großen Mehrheit der Menschen in den Vereinigten Staaten und ist ein Angriff auf die Demokratie selbst (…) Diese Verweigerung der Gesundheitsversorgung wird vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen und Menschen, die bereits unter mangelnder und unzureichender Gesundheitsversorgung leiden, wie Schwarze, Latinx-Frauen und Migrantinnen, schaden und bestehende Ungleichheiten vertiefen. Wir glauben, dass die Aufhebung von Roe nur ein erster Schritt ist: Die Aufhebung eines fast ein halbes Jahrhundert alten Rechts auf Gesundheitsversorgung öffnet dem extremistischen Obersten Gerichtshof und der autoritären Rechten die Tür, um zahlreiche andere Freiheiten anzugreifen, die viele als selbstverständlich ansehen, wie das Recht auf Empfängnisverhütung, die Ehe zwischen Rassen und die Rechte von LGBTQ+. Diese Angriffe auf grundlegende Menschenrechte schaden allen arbeitenden Menschen. Als Gewerkschaft, die einen Berufsstand vertritt, in dem überwiegend Frauen tätig sind, und die sich unermüdlich für Geschlechter- und Gesundheitsfürsorgegerechtigkeit einsetzt, sind wir uns der Tatsache bewusst, dass reproduktive Rechte und Gerechtigkeit untrennbar mit unseren Karrieren und unserem Arbeitsleben verbunden sind. Gerechtigkeit in der reproduktiven Gesundheitsversorgung – die mit wirtschaftlicher, rassischer und geschlechtsspezifischer Gerechtigkeit verbunden ist – ist eine Priorität für Krankenpfleger:innen und muss eine Priorität für alle arbeitenden Menschen sein. Organisierte Angriffe auf Abtreibungsrechte, reproduktive Entscheidungsfindung, Zugang zur Gesundheitsversorgung und körperliche Autonomie sind Teil einer arbeitnehmerfeindlichen, antidemokratischen, sexistischen und rassistischen politischen Agenda. (…)
      Reproduktionsgerechtigkeit ist eine Voraussetzung für jede Demokratie, in der arbeitende Menschen wirklich ein Mitspracherecht am Arbeitsplatz und in den Gemeinden haben. Damit wir am Arbeitsplatz eine Stimme haben, für unsere Familien sorgen und uns politisch für uns selbst einsetzen können, müssen wir das Menschenrecht haben, unsere körperliche Autonomie zu bewahren – wir müssen in der Lage sein, Entscheidungen darüber zu treffen, wann und ob wir Kinder haben wollen.“
    • Facebookkonzern Meta verbietet Kolleg:innen über RoeVWade zu diskutieren
      „… Um ‚ein feindliches Arbeitsumfeld‘ zu vermeiden, untersagt der US-Konzern Meta seinen Angestellten, die am Freitag bekannt gewordene Supreme-Court-Entscheidung zu Abtreibungen in den USA im internen Firmen-Netz zu diskutieren. Würde Abtreibung ‚offen diskutiert‘, könnte dies Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufwühlen und agitieren. Der Konzern betreibt die bekannten Plattformen Facebook, Instagram und Messenger. Er vertritt schon seit früheren Diskussionsprozessen unter Angestellten, die für ihn negativ verliefen, eine verschärfte Kontrolle von Gesprächsinhalten. Zu dieser Entscheidung habe unter anderem der Fall des von der US-Polizei ermordeten George Floyd, aber auch die Fälle von Whistleblowern unter den Angestellten, wie etwa Frances Haugen, beigetragen, schreibt die New York Times. (…) Demnach habe das Unternehmen im Jahr 2020 interne Kommunikationsrichtlinien aktualisiert, um Unruhen und Streitigkeiten unter Beschäftigten einzudämmen. Letzteren wurde mitgeteilt, dass sie auf unternehmensweiten Kanälen wie etwa dem Message-Board ‚Workplace‘ keine politischen oder sozialen Themen mehr diskutieren dürften. Interne Diskussionen gelangten etwa nach dem Mord an George Floyd im Sommer 2020 zum Teil an die Öffentlichkeit und deckten die Unzufriedenheit von Angestellten mit der Haltung von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg zu umstrittenen Postings auf. Dieser verteidigte, einen als gewaltverherrlichend verstandenen Tweet vom damaligen US-Präsidenten Donald Trump auf den Plattformen stehenzulassen. (…) Die Abtreibungs-Diskussion habe Meta schon vor einigen Wochen auf die Liste derjenigen Themen gesetzt, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht mehr in großen Gruppen sichtbar diskutieren sollen. So habe ein Firmenmemo vom 12. Mai darauf aufmerksam gemacht, dass die vorher noch erlaubten offenen Diskussionen über Abtreibungen zu ‚erheblichen Störungen am Arbeitsplatz‘ geführt hätten. Deshalb habe sich das Unternehmen entschieden, eine offene Diskussion nicht mehr zuzulassen. Mitarbeitende, die mit dem Urteil des Obersten Gerichtshofs besonders zu kämpfen hätten, sollten etwa eher in Einzelgesprächen oder nur in kleinen Gruppen von ‚gleichgesinnten Kollegen‘ den Austausch suchen…“ Artikel von Kristina Beer, erschienen am 25. Juni 2022 auf heise news externer Link („Meta verbietet Angestellten Austausch über Abtreibungsrecht in den USA“)
    • Solidaritätsdemonstrationen finden weltweit statt, nur als Beispiel sei angeführt die kommende Demo in Zürich am 30. Juni, siehe Feministisches Streikkollektiv Zürich auf Twitter externer Link – siehe weitere unter #mybodymychoice
  • „Decision Day“: Nach der Abschaffung des Abtreibungsrechts (#RoeVWade) spontane Proteste in mehreren hundert Städten der USA
    USA: #RoeVWade - We Won't Go BackAm selben Tag als in Deutschland mit der Abschaffung des Paragraphen 219a endlich ein Schritt in Richtung mehr Selbstbestimmung der Frauen gegangen wurde, wird in den USA die Abschaffung des Abtreibungsrechts vollzogen  gesetzt. Allerdings begannen direkt am 24. Juni 2022 – also dem Tag X, erste landesweite Proteste für das Recht auf Abtreibung und körperliche Selbstbestimmung. Mit der konservativen und geschichtlich hergeleiteten Rechtauffassung ließe sich auch die Sklaverei, die Rassentrennung oder andere rechtlich bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts geltenden Regelungen in den USA wieder einführen…

    • Im Urteilsspruch vom 24. Juni 2022 externer Link (engl.) , der von den Richter:innen des obersten Gerichtshof der USA 5 zu 4 entschieden wurde, heißt es (engl.): „…Festgehalten: Die Verfassung gewährt kein Recht auf Abtreibung; Roe und Casey sind aufgehoben, und die Befugnis zur Regelung der Abtreibung wird an das Volk und seine gewählten Vertreter zurückgegeben. (…) Der Gerichtshof stellt fest, dass das Recht auf Abtreibung nicht tief in der Geschichte und Tradition der Nation verwurzelt ist. (…) Geleitet von der Geschichte und Tradition, die die wesentlichen Bestandteile des Konzepts der geordneten Freiheit der Nation darstellen, stellt das Gericht fest, dass der Vierzehnte Verfassungszusatz eindeutig nicht das Recht auf eine Abtreibung schützt. Bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es im amerikanischen Recht keine Unterstützung für ein verfassungsmäßiges Recht auf eine Abtreibung. Keine staatliche Verfassungsbestimmung hatte ein solches Recht anerkannt. Bis ein paar Jahre vor Roe hatte kein Bundes- oder Staatsgericht ein solches Recht anerkannt. In der Tat war Abtreibung seit langem in jedem einzelnen Staat ein Verbrechen. Nach dem Gewohnheitsrecht war die Abtreibung zumindest in einigen Phasen der Schwangerschaft strafbar und galt als rechtswidrig und konnte in allen Stadien sehr schwerwiegende Folgen haben. Das amerikanische Recht folgte dem Gewohnheitsrecht, bis eine Welle gesetzlicher Beschränkungen in den 1800er Jahren die die strafrechtliche Verantwortung für Abtreibungen ausweitete. Bis zur Verabschiedung des vierzehnten Verfassungszusatzes hatten drei Viertel der Bundesstaaten die Abtreibung in jedem Stadium der Schwangerschaft unter Strafe gestellt. Dieser Konsens hatte Bestand bis dem Tag, an dem Roe entschieden wurde…“
    • Auf Jacobin.de erschien am 24. Juni 2022 ein Interview mit Jenny Brown geführt von Alexander Brentler und Astrid Zimmermann externer Link („Es geht nicht nur um Abtreibung, es geht um unser gesamtes Leben“), darin heißt es: „… Der Supreme Court deklariert die 49 Jahre alte Entscheidung im Fall ‚Roe v. Wade‘ zum Fehlurteil und widerspricht damit der Auffassung, die Verfassung der USA garantiere ein Recht auf reproduktive Freiheit. Das Urteil stammt aus der Feder des Bundesrichters Samuel Alito, der seinerzeit von George W. Bush ernannt wurde. Die Entscheidung hat schon jetzt ein Legitimationsproblem. Denn sie spiegelt nicht die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung wieder, sondern lediglich die der konservativen Richterinnen und Richter am US-Verfassungsgericht. Die Regulierung von Abtreibungen wird jetzt wieder Sache der Bundesstaaten. In den meisten konservativ regierten Bundesstaaten haben die Parlamente bereits vorsorglich weitreichende Abtreibungsverbote beschlossen. Durch das heutige Urteil wird eine Mehrheit der US-Amerikanerinnen das Recht auf Schwangerschaftsabbruch sehr bald verlieren…“
    • Spontane Proteste rund um den Obstersten Gerichtshof in Washington D.C. und in mehreren hundert Städten
      „Nachdem der Oberste Gerichtshof der USA mit seiner rechten Mehrheit ein halbes Jahrhundert an reproduktiven Rechten außer Kraft gesetzt hat, indem er das bahnbrechende Urteil Roe v. Wade aufhob, haben Menschen und Interessengruppen im ganzen Land ihre Empörung zum Ausdruck gebracht und schnelle Demonstrationen organisiert. (…) Die Demonstrant:innen stürmten sofort den Obersten Gerichtshof in Washington, D.C. nach der Entscheidung Dobbs vs. Jackson Women’s Health Organization, einer 6-3 Entscheidung, die besagt, dass ‚die Verfassung kein Recht auf Abtreibung gewährt… und die Autorität, Abtreibung zu regulieren, dem Volk und seinen gewählten Vertreter:innen zurückgegeben werden muss.‘ Die Demonstrant:innen skandierten Slogans wie ‚We won’t go back!‘ und ‚My body, my choice!‘, als sie sich gegen die rechtsgerichtete Mehrheit des Gerichts erhoben. Ein Aktivist hielt ein Schild in die Höhe, auf dem stand: ‚Ich werde Abtreibung unterstützen‘, eine Anspielung auf Gesetze in Staaten wie Texas, die das medizinische Verfahren verbieten und Bürgerwehren ermächtigen, Kopfgelder auf Menschen zu kassieren, die eine Abtreibung wünschen, und auf diejenigen, die ihnen helfen. (…)
      Interessengruppen und Aktivist:innen im ganzen Land bereiteten sich darauf vor, diesen Kampf am Freitag mit lokalen Demonstrationen im ganzen Land zu beginnen. (…) Die Democratic Socialists of America, von denen viele Ortsgruppen für Freitag Kundgebungen angekündigt haben, twitterten: ‚Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs ist Klassenkampf – Zeit, auf die Straße zu gehen! Wir rufen DSA-Sektionen, -Mitglieder und -Wähler:innen auf, jetzt gegen diesen gewalttätigen Angriff auf Abtreibungsrechte zu mobilisieren. Freie Abtreibung auf Verlangen und ohne Entschuldigung!‘ (…) Die National Mobilization for Reproductive Justice (Nationale Mobilisierung für Reproduktionsgerechtigkeit), die ebenfalls um 17:00 Uhr in San Francisco am alten Bundesgebäude protestieren wird, twitterte in Erwartung des Urteils, dass ‚wir jetzt mehr denn je Solidarität brauchen, da der Oberste Gerichtshof mit jeder Entscheidung mehr Rechte aushöhlt‘. Student:innen für eine demokratische Gesellschaft organisierten in aller Eile Notfalldemonstrationen in Städten wie Denver, Tampa und Tallahassee. Indivisible kündigte an, dass sie gemeinsam mit der Rechtsberatungsgruppe People’s Parity Project, Stand Up America und Take Back the Court um 13:00 Uhr EST ein ‚Gespräch‘ über die nächsten Schritte veranstalten werden. (…) Andere wiesen darauf hin, dass die Gesetzgeber der Bundesstaaten nun an vorderster Front für die reproduktiven Rechte kämpfen. Es wird erwartet, dass mehr als die Hälfte aller US-Bundesstaaten auf das Urteil vom Freitag mit einem totalen Abtreibungsverbot reagieren werden, darunter 13 Staaten mit so genannten ‚trigger bans‘, die Abtreibung automatisch verbieten, wenn Roe gekippt wird…“
      Artikel von Brett Wilkins, erschienen am 24. Juni 2022 auf Common Dreams externer Link („’We Won’t Go Back!‘: Rapid-Response Protests Across US After Roe Reversal”).
    • Übersicht von March for Science und we won’t go back über Proteste am Decision Day (Tag der Entscheidung)
      Im Twitter Post von March for Science vom 24. Juni 2022 externer Link (engl.) heißt es: „Lokale Aktionen, die die Abschaffung von Roe vs. Wade protestieren, finden heute Abend im ganzen Land statt. Hier ist ein Thread mit allen Ereignissen, die uns bekannt sind. Bitte teilt uns alle anderen mit, auf die ihr stoßt, damit wir sie dem Thread hinzufügen können! Verschafft euch Gehör!“ Darunter sind Sharepics von ca. 40 Orten in den USA aufgeführt, unter anderem finden Proteste in Austin, Atlanta, Pittsburgh, Oklahoma etc.
    • Außerdem befindet sich eine Karten-Übersicht der aktuellen Proteste auf der Website We won’t go back externer Link (engl.). Darauf sind bereits mehrere hundert Aktionen eingezeichnet.
    • Auf Better World Info externer Link (engl) findet ihr zahlreiche Links zu Organisationen, Protest-Veranstaltungen und Gerichtsentscheidungen zu Roe vs. Wade.
  • Roe v. Wade: Das Ende des Rechts auf Abtreibung in den USA
    Erwartbar und dennoch schockierend: Der Supreme Court der USA ist auf dem besten Weg, das in der Verfassung verankerte Recht auf Abtreibung aufzuheben. Die Religiöse Rechte macht damit ihren Einfluss auf die US-Justiz deutlich…“ Umfangreicher Artikel von Annika Brockschmidt am 02.06.2022 bei der DGB-Gegenblende externer Link zu den politischen Hintergründen (ihr aktuelles Buch „Amerikas Gotteskrieger. Wie die Religiöse Rechte die Demokratie gefährdet“ ist im Oktober 2021 bei Rowohlt erschienen)
  • Evangelikale und radikale Christen gemeinsam mit Republikanern im Krieg gegen Abtreibungsrecht und körperliche Selbstbestimmung 
    „… Die Gründung der organisierten christlichen Rechten in den USA, mit ihrem Lobbygruppen und Thinktanks, lässt sich auf die Sechziger und Siebziger Jahre zurückführen. Die religiöse Rechte behauptet, sie sei lange Zeit unpolitisch gewesen, aber erst das Urteil im Fall Roe vs. Wade hätte sie quasi gezwungen, sich politisch zu äußern. Das ist eine schicke Geschichte, hat aber nichts mit der historischen Realität zu tun. Äußerungen zu Abtreibungen kamen von der sich erst formierenden religiösen Rechtenerst Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger Jahre. Warum erst dann? Der eigentliche Grund der politischen Organisierung war die Aufhebung der Segregation an Schulen und die daraus folgende potenzielle Besteuerung von neu gegründeten, rein weißen, christlichen Privatschulen, sogenannten Segregation Academies, die es sogar heute noch gibt. Die Steuerbehörde und der oberste Gerichtshof wollten durchsetzen, dass diese rein weißen Privatschulen besteuert werden. Schulen sind als Non-Profit organisationen eigentlich steuerfrei. Das führte zu Empörung – weiße Evangelikale wollten quasi weiter rassistisch diskriminieren, aber dafür keine Geldzahlungen in Kauf nehmen müssen. Der Protest entwickelte das Framing: „Der Staat will in christliche Erziehung eingreifen und Kinder indoktrinieren“, was ja auch ein heute noch populäres Narrativ ist. Das war der eigentliche Organisationsgrund, nur kam das außerhalb der eigenen Blase nicht so gut an – deswegen wurde sich dann der Abtreibung als Kampffeld zugewandt. (…)
    ‚Roe‘ leitet, aufbauend auf dem Fall ‚Griswold v. Connecticut‘, aus dem 14. Zusatzartikel der Verfassung ein allgemeines Recht auf Privacy ab. Darunter fällt auch die Bestimmung über den eigenen Körper. Der Urteilsentwurf von Alito hebt nicht nur „Roe vs. Wade“, sondern auch den nachfolgenden Fall „Planned Parenthood vs. Casey” auf, der die Trimester-Regelung von „Roe“ ändert und Abtreibungen mit Einschränkungen an der Überlebensfähigkeit des Fötus außerhalb des Uterus festmacht, also bis etwa 24 Wochen theoretisch erlaubt.  Alitos Urteilsentwurf kippt jedoch die Urteile in beiden Fällen explizit. Alito sagt, dass Roe, als auch Casey falsch entschieden wurden – das bedeutet, es wird kein landesweit geschütztes Recht auf Abtreibung mehr geben. Die religiöse Rechte behauptet, dass sie das Recht nicht verbieten, sondern die Gesetzgebung an die Bundesstaaten zurückgeben würden. Das stimmt – aber konkret bedeutet das, dass Abtreibungen in 26 Staaten gar nicht mehr oder kaum möglich wird. 13 Staaten haben sogenannte ‚Trigger Laws‘, was das Verbot automatisch umsetzen wird, andere verfügen über bereits bestehende Abortion Bans. Es ist der Sieg eines jahrzehntelangen, politischen Projekts…“
    Aus dem Interview von Veronika Kracher am 9. Mai 2022 auf Belltower News externer Link (“ Die Republikaner im Krieg gegen körperliche Selbstbestimmung“) mit Annika Brockschmidt – Historikerin, die in ihrem 2021 publizierten Buch „Amerikas Gotteskrieger“ die Geschichte und Ideologie des christlichen Fundamentalismus in den USA analysiert.
  • Landesweiter Aktionstag am 14. Mai 2022: Tausende Teilnehmer:innen bei über 380 verschiedenen Aktionen
    „Tausende von Menschen nahmen am Samstag in den gesamten USA an Protesten teil, um die erwartete Aufhebung des bahnbrechenden Gesetzes von 1973, das die Abtreibung in Amerika legalisierte, durch den Obersten Gerichtshof zu verurteilen. Nach Angaben der Organisatoren gab es mehr als 380 Protestveranstaltungen in Städten wie Washington DC, New York City, Los Angeles und Chicago, um zu fordern, dass das Recht auf Abtreibung nicht vom Gericht, das von rechten Richtern dominiert wird, aufgehoben wird. Die Demonstranten versammelten sich in großen Gruppen, hielten Schilder mit Slogans wie ‚Reproduktive Gerechtigkeit für alle‘ und ‚Wir werden nicht zurückgehen‘ in die Höhe und skandierten ‚Mein Körper, meine Entscheidung‘. Aufgebracht wurden die Protestierenden durch die Veröffentlichung eines Entwurfs für ein Gutachten des Obersten Gerichtshofs am 2. Mai. Aus dem durchgesickerten Entwurf ging hervor, dass die fünf rechtsgerichteten Richter des neunköpfigen Gerichts dafür gestimmt hatten, Roe v. Wade zu kippen, den historischen Fall, der einen bundesstaatlichen Schutz für das Recht auf Abtreibung vorsah und sich als Leuchtturm in den internationalen Bemühungen um die Verbesserung der Rechte von Frauen erwies. In der US-Hauptstadt versammelten sich die Demonstrierende am Washington Monument, bevor sie zum Obersten Gerichtshof marschierten, der von einem Sicherheitszaun umgeben ist. Einige hielten Bilder von Kleiderbügeln in die Höhe, um die gefährlichen Maßnahmen zu symbolisieren, zu denen manche Menschen vor dem Urteil Roe v Wade für illegale Abtreibungen griffen. ‚Wenn sie einen Kampf wollen, dann werden sie ihn auch bekommen‘, sagte Rachel Carmona, Geschäftsführerin des Women’s March, einer der Gruppen, die zusammen mit Planned Parenthood, UltraViolet und MoveOn die Demonstrationen am Samstag unter dem Motto ‚Bans Off Our Bodies‘ organisiert haben…“ Artikel von Oliver Milman, Victoria Bekiempis, Dani Anguiano vom 14. Mai 2022 im Guardian externer Link („‘We will not go back’: thousands rally for abortion rights across the US”).
  • [US-Gewerkschaften] Abtreibungsrechte sind Arbeitnehmerrechte / Aktionswoche für das Recht auf Abtreibung, mit landesweiten Demonstrationen am 14. Mai 2022
    • Aktionswoche für das Recht auf Abtreibung, mit landesweiten Demonstrationen am 14. Mai 2022 geplant
      Das Bündnis Rise Up for Abortion Rights ruft zu einer landesweiten Aktionswoche zwischen dem 7. und dem 14. Mai 2022 auf externer Link (engl.): „Auf dem Campus, am Arbeitsplatz, in den sozialen Medien, in der Kunst und Wissenschaft, auf der Straße, überall… Erhebt eure Stimme und macht ihnen die Hölle heiß! Schweigen ist ein Zeichen der Zustimmung. Tragt und verbreitet das Grüne Bandana – das internationale Symbol für Abtreibungsrechte. Führt gewaltfreie kreative Aktionen durch. Höhepunkt sind die vereinten Massenproteste am Samstag, den 14. Mai [2022]“
      Des Weiteren wird auf der Webseite ein Fahrplan der Protestwoche abgebildet: Am 8. Mai fanden bereits Proteste vor Kirchen statt, am 9. Mai sollen Kreidebotschaften auf den Straßen in sämtlichen Städten gemalt werden, am 10. Mai werden Poster aufgestellt, am 11. Mai sollen sämtliche grüne Stofffetzen an öffentlichen Plätzen angebracht werden. Am 13. Mai 2022 ist ein Schulprotest für Abtreibungsrechte geplant, am Freitag, den 13 Mai sollen landesweit „Die-Ins“ abgehalten werden und am Samstag, den 14. Mai sind Proteste in bisher 29 Städten geplant, darunter Atlanta, Boston, Detroit, Oklahoma City, New York, San Francisco und Seattle.
    • Abtreibungsrechte sind Arbeitnehmerrechte
      Der Plan des Obersten Gerichtshofs, die reproduktive Freiheit zu Fall zu bringen, ist ein Angriff auf Arbeitnehmer überall. Die Gewerkschaftsbewegung sollte dies auch so sehen und dringend handeln.
      In diesem Moment versammeln sich Demonstranten in Städten im ganzen Land, um die sich abzeichnende Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu beklagen, Roe v. Wade zu kippen, den bahnbrechenden Fall von 1973, der das verfassungsmäßige Recht des Menschen auf Abtreibung festschrieb.
      Politiker, Bürgerrechtsorganisationen und Gruppen, die sich für reproduktive Rechte einsetzen, haben Erklärungen veröffentlicht, in denen sie sich gegen diese jüngste Einschränkung unserer Rechte aussprechen. Mehrere Gewerkschaften und Gewerkschaftsführer haben sich ebenfalls zu Wort gemeldet und leidenschaftlich auf die Entscheidung reagiert, darunter die Co-Präsidentin der National Nurses United, Jean Ross, die Präsidentin der Association of Flight Attendants-CWA (AFA), Sara Nelson, und die Präsidentin der AFL-CIO, Liz Shuler, die schrieb: „Jeder Mensch hat das Recht auf eine Gesundheitsversorgung ohne Angst und Einschüchterung. Wir müssen in der Lage sein, über unseren eigenen Körper zu bestimmen – was sich unmittelbar auf die wirtschaftliche Gerechtigkeit und die Fähigkeit der arbeitenden Menschen auswirkt, ein besseres Leben für sich und ihre Familien zu führen“. Dieser öffentliche Dissens ist zu begrüßen, aber die Gewerkschaftsbewegung muss mehr tun. Alles andere als eine uneingeschränkte Verteidigung der Rechte der Arbeitnehmer – einschließlich ihres Rechts, selbst über ihre Gesundheit, ihren Körper und ihr Sexualleben zu entscheiden – ist inakzeptabel.
      Es ist keine Zeit, ein Blatt vor den Mund zu nehmen: Abtreibungsrechte sind eine Frage der Arbeit, und dies ist ein Moment, in dem die Gewerkschaftsbewegung deutlich machen muss, dass körperliche Autonomie und reproduktive Freiheit Kernthemen sind, für deren Erhalt die Gewerkschaften mit allen Mitteln kämpfen werden. Das Recht, über unseren Körper zu bestimmen, ist ein wesentlicher Bestandteil unseres jahrhundertealten Kampfes um die Kontrolle über unsere Arbeit, und sie können nicht voneinander getrennt werden. Es ist von Bedeutung, dass so viele Arbeitnehmerinnen nicht nur selbst dem Risiko einer ungewollten Schwangerschaft ausgesetzt sind, sondern dass von ihnen auch erwartet wird, dass sie Reproduktionsarbeit leisten – die so genannte „Frauenarbeit“, die so oft unterbewertet und unterbezahlt (oder gänzlich unbezahlt) ist. Es ist wichtig, dass schwangere Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz diskriminiert werden und körperlichen und medizinischen Gefahren ausgesetzt sind, und dass viel zu viele von ihnen keinen Zugang zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung oder bezahltem Elternurlaub haben. Es ist von Bedeutung, dass Arbeitnehmerinnen, die kein Kind bekommen wollen oder dies nicht gefahrlos tun können, diese Wahlmöglichkeit genommen wird und dass die Zwangsgeburt die einzige Option ist, die das mächtigste Gericht des Landes anbietet (so unrechtmäßig dies auch ist und schon immer war).
      Für diejenigen, die es sich nicht leisten können, in andere Staaten oder nach Übersee zu reisen, um die benötigte Behandlung zu erhalten – die Armen und die Arbeiterklasse, also genau die Menschen, die zu befreien und zu erheben sich die Arbeiterbewegung verpflichtet hat – ist dieser Angriff auf die Abtreibungsrechte eine Katastrophe, die nur zu Verzweiflung und Tod führen kann. Viele haben es bereits erlebt, und jetzt, da das Netz erweitert wurde, werden Abtreibungen immer noch nicht aufhören – sie werden nur gefährlicher und weniger zugänglich, und mehr Leben werden dadurch zerstört. Arbeiterinnen mit niedrigem Einkommen und farbige Frauen werden am stärksten betroffen sein. Unsere farbigen Patientinnen sehen sich bereits mit großen systembedingten Hindernissen beim Zugang zur Gesundheitsversorgung konfrontiert und würden nun die schädlichsten Auswirkungen dieses Verbots tragen, einschließlich der potenziell tödlichen Folgen von Zwangsgeburten“, so Ross in ihrer Erklärung.
      Die Vereinigten Staaten sind bereits ein brutaler Ort, um schwanger zu werden und ein gnadenloser Ort, um ein Kind aufzuziehen – ein noch schlimmerer Ort, um eine schwangere Arbeitnehmerin zu sein. Der Mindestlohn ist viel zu niedrig, die Mieten sind viel zu hoch, und die Reste eines sozialen Sicherheitsnetzes, die sich die arbeitenden Menschen in den letzten Jahrzehnten sichern konnten, sind inzwischen zerfleddert. Die Eltern- und Säuglingssterblichkeitsraten sind beklagenswert und besonders hoch bei schwarzen und indigenen leiblichen Eltern. Wir erleben eine Krise der öffentlichen Gesundheit, eine Wohnungskrise, eine Klimakrise, eine Krise der wirtschaftlichen Ungleichheit und eine politische Krise. Ein Kind auf die Welt zu bringen, sollte eine Entscheidung sein, kein Befehl. Arbeitnehmerinnen, die per Gerichtsbeschluss gezwungen werden, ihren Körper zur Verfügung zu stellen und ungewollte Babys zur Welt zu bringen, werden nicht geschützt oder respektiert, weder bei der Arbeit noch als Menschen. Sie sind nicht frei.
      Dies ist ein Moment, in dem die organisierte Arbeiterschaft aktiv werden muss – selbst angesichts konservativer Stimmen innerhalb der Bewegung, die den Fall von Roe vielleicht bejubeln. Erklärungen sind schön, aber wir brauchen Taten. Es gibt viele konservative Gewerkschaftsmitglieder und Gewerkschaftsführer, die bei den ihrer Meinung nach heiklen politischen Themen lieber nicht aufmucken wollen. Aber auch hier gilt: Abtreibung ist ein zentrales Thema der Arbeitnehmerrechte. Persönliche oder religiöse Einwände gegen ein sicheres, medizinisches Standardverfahren sollten nicht über die Bedingungen der Existenz eines anderen Menschen entscheiden dürfen. Schwangerschaftsabbrüche sollten auf Anfrage und ohne Entschuldigung möglich sein – alles andere ist arbeitnehmer- und lebensfeindlich.
      Die Gewerkschaften haben in diesem Land immer noch Macht, politisch und anderweitig, und jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, sie auszuüben. Dieser Angriff auf die reproduktive Freiheit ist Teil eines andauernden Klassenkampfes, und wir sind mehr als die Leute, die uns unsere Rechte wegnehmen wollen. Wir sind diejenigen, die dieses Land am Laufen halten. Unsere Arbeit schafft ihre Profite, und unsere Körper werden angegriffen. Es ist an der Zeit, sich zu wehren.“ Maschinenübersetzung des (engl.) Artikels von Kim Kelly am 4.5.2022 bei In These Times externer Link
  • Wenn die Demokraten nicht schnell handeln, wird in den USA das Abtreibungsrecht gekippt – auch die Gewerkschaft der Pflegekräfte stellt sich gegen „große Bedrohung für die Gesundheit und Sicherheit der Patientinnen“
    • Gewerkschaft der Pflegekräfte: Das wahrscheinliche Urteil des Obersten Gerichtshofs zu reproduktiven Rechten stellt eine große Bedrohung für die Gesundheit und Sicherheit der Patientinnen dar
      National Nurses United (NNU) bezeichnete heute den Entwurf der Mehrheitsmeinung des Obersten Gerichtshofs der USA zur Aufhebung des Urteils Roe v. Wade, der gestern Abend veröffentlicht wurde, als „unverantwortliche Bedrohung für die Gesundheit und Sicherheit von Frauen, insbesondere von Frauen mit niedrigem Einkommen und allen Menschen im gebärfähigen Alter, die weniger Möglichkeiten haben, ihre reproduktiven Rechte auszuüben“. „Krankenschwestern und -pfleger werden mit Frauen und Befürwortern der Geschlechtergerechtigkeit im ganzen Land zusammenstehen, um sich politischen, rechtlichen und arbeitgeberseitigen Einschränkungen der Gesundheitsdienste für Frauen zu widersetzen, einschließlich des Rechts auf reproduktive und andere Familienplanungsdienste“, sagte NNU-Präsidentin Jean Ross, RN. „Der durchgesickerte Entwurf einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Fall Dobbs gegen Jackson Women’s Health Organization, der ein halbes Jahrhundert bewährter Rechte rückgängig macht, würde vor allem einkommensschwache farbige Frauen diskriminieren“, so Ross weiter. „Unsere farbigen Patientinnen sehen sich bereits mit großen systemischen Barrieren beim Zugang zur Gesundheitsversorgung konfrontiert und würden nun die schädlichsten Auswirkungen dieses Verbots tragen, einschließlich der potenziell tödlichen Folgen einer Zwangsgeburt. (…) Darüber hinaus sollte die anstehende Entscheidung „als Teil des breiteren rechtsextremen Angriffs auf die geschlechtsspezifischen Gesundheitsrechte in diesem Land betrachtet werden, einschließlich der Gesetze, die sich gegen Trans-Jugendliche und ihre Familien richten, der Angriffe auf LBGTQ-Personen und des homophoben Verbots des Wortes ’schwul‘ in der Bildung“, so Ross. „In den kommenden Tagen müssen alle Befürworter geschlechtsspezifischer, rassistischer und sozialer Gerechtigkeit unsere politischen Führer und Arbeitgeber für diesen schändlichen Angriff auf unsere Grundrechte zur Rechenschaft ziehen, und die Krankenschwestern und Krankenpfleger werden an Ihrer Seite sein“, so Ross abschließend.“ Maschinenübersetzung der (engl.) Pressemitteilung vom 3.5.2022 von National Nurses United externer Link („Nurses: Likely Supreme Court ruling on reproductive rights poses major threat to patients’ health, security“) – National Nurses United ist die größte und am schnellsten wachsende Gewerkschaft von KrankenpflegerInnenn in den Vereinigten Staaten mit landesweit mehr als 175.000 Mitgliedern.
    • Wenn die Demokraten nicht schnell handeln, wird in den USA das Abtreibungsrecht gekippt
      Kürzlich wurde bekannt, dass der Supreme Court das Recht auf Abtreibung abschaffen könnte. Es sollte klar sein, was die Demokraten jetzt tun müssen: den Supreme Court umgehen und ein landesweit geltendes Recht auf Abtreibung fordern.
      Es sieht so aus, als könnten Abtreibungen in der Hälfte der Bundesstaaten der USA schon in wenigen Wochen illegal werden. Der Tageszeitung Politico wurde ein Entwurf der bevorstehenden Entscheidung externer Link des Obersten Gerichtshofs zugespielt. Darin argumentiert der Richter Samuel Alito, dass die Entscheidung »Roe v. Wade« externer Link aus dem Jahr 1973 ein Recht auf Abtreibung in der Verfassung verankert habe, das dort nie gestanden hätte. Die Entscheidung würde sowohl »Roe v. Wade« als auch den Fall »Planned Parenthood v. Casey« aus dem Jahr 1992, der das eingeführte Recht auf Abtreibung bestätigte, außer Kraft setzen. Im ganzen Land sind nun Demonstrationen zur Verteidigung des Abtreibungsrechts vor Bundesgerichten geplant. Die endgültige Entscheidung im Fall »Dobbs vs. Jackson Women’s Health Organization« wird nicht vor Juni erwartet, doch wenn der durchgesickerte Entwurf Bestand haben sollte, könnten einzelne Bundesstaaten Abtreibungen künftig verbieten – und mindestens die Hälfte wird das wahrscheinlich auch tun. In einem Dutzend Staaten gelten bereits sogenannte Auslösegesetze (»trigger laws«), die Abtreibungen automatisch verbieten, sobald der Oberste Gerichtshof ihnen das erlaubt. 58 Prozent der Frauen in den USA im gebärfähigen Alter leben in Bundesstaaten mit einer abtreibungsfeindlichen Gesetzgebung…“ Artikel von Jenny Brown in der Übersetzung von Ines Schwerdtner am 04.05.2022 im Jacobin.de externer Link mit der Anmerkung der Redaktion: „Ein geleakter Entwurf aus der Feder des von US-Präsidenten George W. Bush berufenen Bundesrichters Samuel Alito, der allem Anschein nach die Mehrheitsmeinung von fünf der sechs konservativen Richterinnen und Richter am Supreme Court widerspiegelt, deklariert die 49 Jahre alte Entscheidung im Fall »Roe v. Wade« zum Fehlurteil. Die Echtheit des Dokuments wurde inzwischen vom Gericht selbst bestätigt. Bei der Interpretation der äußerst vagen US-Verfassung ist der Supreme Court üblicherweise bemüht, den Anschein der Wahrung von Präzedenzfällen aufrechtzuerhalten. Eine Entscheidung, wie sie aus dem geleakten Entwurf hervorgeht, ist äußert selten. Die drei liberalen Richterinnen und Richter arbeiten offenbar an Minderheitenmeinungen, die Position des vorsitzenden Richters Roberts ist noch unklar.“
    • Auf die Straßen für Recht auf Abtreibung. In New York City und in vielen anderen Städten der USA machen Menschen Druck auf den Supreme Court
      Die wah­re Rechts­pfle­ge ist die stärks­te Säu­le einer guten Regie­rung, steht in gro­ßen Let­tern auf dem Gebäu­de des New Yor­ker Bezirks­ge­richts. Was wah­re Rechts­pfle­ge bedeu­tet und was eine gute Regie­rung, dar­über lässt sich die­ser Tage mehr strei­ten denn je, seit die Tages­zei­tung »Polí­ti­co« am Mon­tag­abend (Orts­zeit) ein inter­nes Doku­ment des Supre­me Court ver­öf­fent­lich­te. Laut die­sem soll das pas­sie­ren, wovor vie­le Femi­nis­tin­nen seit Mona­ten, gar Jah­ren war­nen: Das grund­sätz­li­che Recht auf Abtrei­bung, hier­zu­lan­de unter dem Gerichts­ur­teil Roe vs. Wade bekannt, soll nach 49 Jah­ren auf­ge­ho­ben wer­den. Eine Ent­schei­dung, mit der neun Bundesrichter*innen über das Schick­sal aller Men­schen mit Ute­rus in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten bestim­men würden. Die Mel­dung von »Polí­ti­co« schlug ein wie eine Bom­be. In den sozia­len Medi­en und von Cele­bri­tys wur­de die Nach­richt geteilt, kom­men­tiert und vie­ler­orts kri­ti­siert und ver­ur­teilt, und sofort orga­ni­sier­ten Akti­vis­tin­nen Pro­test­ak­tio­nen für den nächs­ten Tag im gan­zen Land. So auch in New York City am Foley Squa­re im Süden Man­hat­tans, den meh­re­re Gerichts­ge­bäu­de säu­men. Eini­ge Tau­send Men­schen fan­den sich am Diens­tag­nach­mit­tag dort ein, um gegen die dro­hen­de Ent­schei­dung des Supre­me Courts zu demonstrieren…“ Artikel von Isabella Caldart, New York City, am 05.05.2022 im ND online externer Link
  • Anfang der christlich-fundamentalistischen Agenda: Das Ende des US-Abtreibungsrechts ist nur der Anfang vom Ende 
    Warnungen davor, dass der Oberste Gerichtshof der USA in seiner aktuellen Zusammensetzung plant, das Recht auf Abtreibung zu beenden, wurden lange als hysterisch oder alarmistisch abgetan. Man hat juristischen Experten wie Andrew L. Seidel und Elie Mystal nicht ernst genommen, die seit Jahren davor warnen, dass das eines der erklärten Ziele des christlich-nationalistischen Projekts in den USA ist. Immer wieder wurde auf rote Linien verwiesen – ohne zu beachten, dass die amerikanische Rechte diese angeblichen roten Linien im Stechschritt überquert. “So weit werden sie schon nicht gehen”, war das Hauptargument, wenn Experten aus den Bereichen Jura und Geschichte vor dem drohenden Ende des Rechts auf Abtreibung auf nationaler Ebene gewarnt haben. Jetzt ist es geschehen. Ein Leak hat “Politico” einen Urteilsentwurf aus dem Februar beschert, in dem das wegweisende Urteil von 1973 im Fall Roe v. Wade, das Schwangerschaftsabbrüche innerhalb eines bestimmten Rahmens legalisierte, gekippt wird. (…) Nun werden bereits erste Medienstimmen laut, die beschwichtigen: Noch sei nichts entschieden, es handele sich erst um einen Entwurf. (…) Schauen wir uns an, wie die Abstimmung ausgefallen ist: Amy Coney Barrett, Brett Kavanaugh, Neil Gorsuch und Clarence Thomas unterschreiben Alitos Urteilsentwurf. Die ersten drei wurden von Donald Trump auf Empfehlung der erzkonservativen Federalist Society explizit an den Obersten Gerichtshof berufen, um das Recht auf Abtreibung abzuschaffen. Clarence Thomas verbreitet seit Jahren den Mythos, dass Abtreibung einen Genozid an Schwarzen Babys legalisiere. Alito zitiert diese Lüge in seinem Urteilsentwurf. Ein weiterer Hinweis, dass sich am Kern des Urteils nichts ändern wird: Die Mehrheit der Richter am Obersten Gerichtshof war einverstanden, dass Samuel Alito den Urteilstext für die Mehrheit verfasst. Das bedeutet, dass sie damit einverstanden sind, dass die Sprache extrem sein wird. Denn ein Urteil, das von Alito verfasst wird, so viel war von vorneherein klar, würde kein “Kompromiss” werden, der das Recht auf Abtreibung zwar massiv einschränkt oder effektiv beendet, aber noch versucht, den Anschein eines “unparteiischen” Gerichts zu wahren. Nein: Alito ist seit Jahrzehnten ein absoluter Hardliner. Ein Urteil, das von Alito geschrieben wird, muss eines sein, das Roe v. Wade kippt. (…) Der Jurist und SCOTUS-Experte Andrew L. Seidel fasst die Lage auf meine Nachfrage hin so zusammen: “Dieser umfassende Urteilsentwurf beinhaltet all das, was Alito schon seit Jahren unbedingt schreiben wollte.” (…) Seidel sieht Alitos Urteilsentwurf vor dem Hintergrund der langen Geschichte der Religiösen Rechten in den USA: “Die religiösen Extremisten, die den Kreuzzug gegen körperliche Autonomie orchestriert und geholfen haben, den Obersten Gerichtshof unter Trump zu besetzen, werden nicht zufrieden sein, bis Abtreibung und Verhütungsmittel in den ganzen Vereinigten Staaten verboten sind. Sie werden nicht zufrieden sein, bis sie ihre christliche Nation haben. Dieses Urteil, auch wenn es sich nur um einen Entwurf handelt, lässt ihre Strategie ganz deutlich erkennen. Leser sollten sich nicht auf Grund der begrenzten Sprache, die Alito verwendet, in Sicherheit wiegen, denn dieser Fall ist nicht das Ende. Ein Urteil wie dieses räumt lediglich das größte Hindernis auf dem Weg zu einer christlichen Nation aus dem Weg. Das Ende von Roe ist erst der Anfang.” (…) Gleichgeschlechtliche Ehe, die Kriminalisierung von Homosexualität und das Ende des Rechts auf Verhütungsmittel stehen als nächstes auf der christlich-nationalistischen Wunschliste.“ Gastbeitrag von Annika Brockschmidt vom 4. Mai 2022 beim Volksverpetzer externer Link

Grundinfos:

 

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=200566
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