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Tomatenanbau in Spanien: Ausbeutung im Gemüsegarten Europas

Video: Das Gütesiegel„Trotz Lieferkettengesetz: In deutschen Supermärkten landen nach rbb-Recherchen weiterhin spanische Bio-Tomaten, die von Migranten unter menschenunwürdigen Bedingungen produziert werden. Aus der Ferne schaut Said (Name geändert) auf das riesige Treibhaus, in dem er bis vor kurzen Tomaten geerntet hat. 40 Stunden in der Woche, zum gesetzlichen Mindestlohn von 7,67 Euro pro Stunde, so steht es jedenfalls in seinem Arbeitsvertrag. Doch die Realität ist eine andere: „Wir arbeiten mehr. Bis zu 70 Stunden pro Woche. Bezahlt werden aber nur 40, von Montag bis Freitag. Samstage und Sonntage und Überstunden werden nicht abgerechnet“, sagt Said. Der Stundenlohn sinkt so auf knapp vier Euro. Doch als Said auf eine faire Bezahlung pocht, habe ihn der Chef sofort entlassen…“ Reportage von Adrian Bartocha und Jan Wiese vom 23. Februar 2023 bei tagesschau.de externer Link – siehe mehr daraus und Hintergründe:

  • Weiter aus der Reportage von Adrian Bartocha und Jan Wiese vom 23. Februar 2023 bei tagesschau.de externer Link: „… Nicht das einzige Problem beim Gemüseproduzenten Bio Cemosa, für den Said gearbeitet hat. Er habe auch erlebt, wie Pflanzenschutzmittel ohne jede Schutzkleidung ausgebracht wurden. Danach hätten sich die Arbeiter nicht einmal waschen können, denn es gebe keine Waschräume oder Toiletten. Bio Cemosa steht am Anfang einer Lieferkette, die in den Filialen von Rewe, Lidl und Edeka in Deutschland endet. (…) Deutschland ist mit 30 Prozent aller Exporte das Hauptabnehmerland der Region: Tomaten im Wert von etwa knapp 200 Millionen Euro gehen jährlich in deutsche Supermärkte. Doch von diesem Geld kommt offenbar sehr wenig bei den Zehntausenden meist nordafrikanischen Erntehelfern an. José García Cuevas von der Regional-Gewerkschaft SOC-SAT kümmert sich um viele von ihnen. Die Unterschlagung von Lohn sei allgegenwärtig, sagt er, genauso wie das Missachten des Gesundheitsschutzes. „Darüber hinaus gibt es ein System der Angst“, sagt der Gewerkschafter. „Systematisch schüchtern Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer ein. Jeder, der seine Rechte einfordert, wird sofort entlassen.“ Dieses System funktioniere desto besser, je rechtloser die Arbeiter sind. Arbeitsinspektoren der Regionalregierung entdeckten 2022 bei jeder dritten Kontrolle Erntehelfer, die ohne Vertrag arbeiteten. (…) Lohnausbeutung, Missachtung von Arbeitsschutz, massive Umweltverschmutzungen: Gesprächsanfragen zu den Zuständen bei ihren Tomatenlieferanten lehnen Rewe, Edeka und Lidl ab. Sie antworten schriftlich: Solche „Zustände sind nicht bekannt“, heißt es von Edeka. Lidl und Rewe verweisen auf „regelmäßige, unabhängige Kontrollen vor Ort“, durchgeführt nach der „für die Landwirtschaft geeigneten Zertifizierung GlobalGAP“. Eine solche Zertifizierung bescheinige den Supermarktketten die Einhaltung von „Umwelt und Sozialstandards“ bei ihren Gemüseproduzenten.  „Das ist eine Antwort, die mit den Lieferkettengesetz so nicht mehr gegeben werden kann“, urteilt Miriam Saage-Maaß, Chefjuristin bei der Menschenrechtsorganisation ECCHR. Denn die Zustände in Almería verstoßen ihrer Ansicht nach gegen das seit Januar gültige neue Lieferkettengesetz. Das soll sicherstellen, dass die Zulieferer der großen deutschen Unternehmen Menschenrechte und Umweltstandards einhalten. Außerdem sind die Unternehmen verpflichtet, eigenen Risikoanalysen durchzuführen. „Und da einfach nur zu sagen, ‚ich habe hier ein Zertifikat, und das genügt‘ – das kann nicht die Antwort sein“, sagt Saage-Maaß im Interview mit rbb24 Recherche. (…) Dabei hätten die Supermarktketten laut Oxfam-Mitarbeiter Vogel einen sehr leichten Hebel, um die Bedingungen bei ihren Tomatenproduzenten in Almería zu verbessern: „Die Supermärkte müssen höhere Preise bezahlen für die Produkte, die sie einkaufen. Und sie müssen auch nachverfolgen, dass dieses Geld tatsächlich vor Ort ankommt, also dass es in höhere Löhne und bessere Standards investiert wird.“ Said und Youssef und den Tausenden Erntehelfern in Almería würde das sicher helfen. Die spanischen Firmen haben auf Anfragen des rbb nicht geantwortet.“

Siehe zum Thema im LabourNet:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=209252
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