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Gegen Amazons Spionage-Regiment: Gewerkschaften in Spanien, Großbritannien und Frankreich – und in Winsen – mobilisieren zum Widerstand

Dossier

UK: GMB-Union petition calling for a parliamentary investigation into AmazonDas Anheuern der berüchtigten Pinkerton-Bande durch Amazon, das auch in Spanien zur weiteren Verschärfung des Überwachungsregimes im Unternehmen geführt hat, hat nun auch den gewerkschaftlichen Widerstand weiter mobilisiert. In dem Beitrag „New Report Points to Amazon’s Snooping of Spanish Strikers“ am 01. Dezember 2020 bei UNI Global Union externer Link weist die Internationale Föderation darauf hin, dass dieser Schritt eben keineswegs eine Besonderheit darstelle, sondern Bestandteil des Überwachungssystems des Unternehmens sei, das immer mehr ausgebaut werde. Es handele sich um den „Import“ aggressiver antigewerkschaftlicher Vorgehensweisen in die EU durch Amazon – ein doppelbödiges Argument angesichts der alltäglichen Praktiken zahlloser europäischer Unternehmen (worüber mit einem Appell an das europäische „Sozialmodell“ kollektiver Verhandlungen hinweg gegangen wird) – aber insofern zutreffend, als Amazon diese Art diktatorischer Praktiken in den USA seit langem anwendet… Siehe dazu Beiträge über gewerkschaftliche Aktionen gegen Amazons Überwachungsregiment sowie unsere umfangreiche Hintergründe:

  • Exzessive Überwachung in den Logistikzentren: 32 Millionen Euro Strafe gegen Amazon in Frankreich New
    Amazon überwacht die Arbeit der Angestellten in den Logistikzentren teils sekundengenau. Das hält Frankreichs Datenschutzaufsicht CNIL für illegal.
     Wegen eines zu weitgehenden Systems zur Überwachung der Angestellten hat die französische Datenschutzaufsicht CNIL 32 Millionen Euro Strafe gegen Amazon verhängt. Das teilte die Commission Nationale de l’Informatique et des Libertés jetzt mit und erklärte, dass es illegal gewesen sei, ein System aufzubauen, dass die Angestellten mit solch einer Präzision überwacht. Dabei bezieht sich die Behörde vor allem auf die Scanner, mit denen die Angestellten Details zu Bestellungen einlesen. Die geben demnach eine Warnung aus, wenn zu schnell gescannt und wenn zu viele Unterbrechungen oder eine zu lange Pause ermittelt wird. Für diese Überwachung gebe es kein legitimes Interesse. Insgesamt hat die CNIL mehrere Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung der EU festgestellt. Bei den Scannern geht es um drei Indikatoren. Einer signalisiert demnach einen Fehler, wenn damit in zu schneller Folge (das heißt, weniger als 1,25 Sekunden Abstand) gescannt wird, ein weiterer, wenn das Gerät zehn Minuten oder mehr nicht benutzt wird. Der dritte weise auf Unterbrechungen zwischen einer und zehn Minuten Länge hin. Insgesamt könnten Angestellte damit übermäßig überwacht werden, obwohl der Konzern zahlreiche andere Indikatoren habe, um Qualität und Sicherheit der Arbeit in den Lagern zu überprüfen
    …“ Beitrag von Martin Holland vom 24.01.2024 in Heise news externer Link („Exzessive Überwachung der Angestellten: 32 Millionen Euro Strafe gegen Amazon“)

  • Arbeitsüberwachung in Amazons Logistikzentrum in Winsen: Niedersachsens Landesdatenschutzbeauftragte legt Berufung ein
    „Im Februar hat das Verwaltungsgericht Hannover zugunsten Amazons entschieden, dass die Datenerfassung zulässig ist. Die Datenschutzbehörde geht nun allerdings gegen das Urteil vor. Gegenstand der Klage waren Überwachungsmaßnahmen Amazons gegenüber den Mitarbeiter:innen im Logistikzentrum Winsen. Amazon wendet ein System an, bei dem die verschiedenen Arbeitsschritte der Mitarbeiter:innen permanent überwacht werden, sodass Vorgesetzte ständig einsehen können, wie viele Pakete abgefertigt werden. (…) Das Verwaltungsgericht Hannover war der Auffassung, dass die Interessen Amazons überwiegen. Es sei zwar richtig, dass ein Überwachungsdruck entstehe, allerdings sei so auch ein objektives Feedback möglich. Die Landesdatenschutzbeauftragte möchte das Urteil allerdings nicht auf sich sitzen lassen und legt Berufung ein, wie das Hamburger Abendblatt berichtete externer Link. Über die Berufung wird dann das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg entscheiden. Gegen welche Punkte im Urteil genau vorgegangen werden soll, ist noch nicht bekannt. Auf Nachfrage des Hamburger Abendblattes berichtete die Landesdatenschutzbehörde, dass die Berufungsbegründung gerade erstellt wird. In einer Pressemitteilung der Landesdatenschutzbeauftragten hieß es im Februar, dass sie der Ansicht sei, dass das Persönlichkeitsrecht überwiege und der dadurch entstehende Leistungsdruck höher zu werten sei als die wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens…“ Beitrag von Hanna Hillnhütter vom 08. Mai 2023 im Amazon-Watchblog externer Link („Der Rechtsstreit wegen der Mitarbeiterüberwachung in Amazons Logistikzentrum geht in die nächste Runde“)
  • Verwaltungsgericht Hannover: Amazon gewinnt gegen Datenschutzbehörde und darf in Winsen überwachen – Amazons Interessen hätten Vorrang vor Anpassungsdruck 
    • Das Urteil des Verwaltungsgericht Hannover zum Beschäftigtendatenschutz ist „ein Freibrief für anlasslose Totalüberwachung am Arbeitsplatz…“
      Es gibt jetzt den Volltext des Verwaltungsgerichts Hannover bezüglich Amazon-Logistikzentrum Winsen (…)…ein Freibrief für anlasslose Totalüberwachung am Arbeitsplatz und Druck durch permanente Leistungsbewertung. Ein Dammbruch, wenns dabei bleibt. Thread: (…) Laut Gericht ist die permanente Verarbeitung von Leistungsdaten nicht nur zur Logistiksteuerung zulässig, sondern auch für die Aussonderung der „unproduktivsten“ 5% für „Entwicklungsfeedback“ alle 2 Wochen, und gar für die Kündigung befristeter Verträge und andere Entscheidungen. (…) Ich forsche seit Jahren zu digitaler Kontrolle von Beschäftigten und hab mich u.a. mit Amazon-Verteilzentren beschäftigt, in denen jeder Arbeitschritt via Handscanner gesteuert und überwacht wird (…) Ich hab jetzt 2h mit der Entscheidung verbracht. Bin kein Jurist, aber einiges darin kommt mir schon sehr seltsam vor. Das beginnt damit, dass überall das euphemistische Wording von Amazon übernommen wird, zB 94x „Feedback“. „Disziplinierungsmaßnahme“ würde sich anders lesen. Im Kern geht es bei der Entscheidung um folgende Abwägung:
      – wirtschaftliche Interessen von Amazon
      – Eingriff in die Rechte der Beschäftigten durch übermäßige Leistungskontrolle
      Das Gericht hat entschieden, dass erstere weit überwiegen und letztere vernachlässigbar sind. Kann die permanente Drohung der Aussonderung/Zurechtweisung oder gar Kündigung von befristet Beschäftigten bei einer zu niedrigen Stückrate pro Stunde zu einem permanenten Anpassungs- und Leistungsdruck führen? Das Gericht sagt: Nein, solange offene Stellen am Arbeitsmarkt
      Heisst das, es gibt keinerlei Grenzen für auch noch so extreme und hochfrequente Leistungskontrolle, solange die Situation am Arbeitsmarkt (für die Beschäftigten) theoretisch gut ist? Kann wohl nicht sein. Und das Gericht sagt, der Eingriff in die Rechte könne wohl nicht so dramatisch sein, weil das mit der Leistungsbewertung sei eben so, vor allem in der Logistikbranche, aber auch anderswo. (…)
      Das Gericht fügt hinzu, die Amazon-Beschäftigten hätten aber leider sowieso ihre Grundrechte verwirkt, weil sie diese Rechte TRADITIONELL in „industriell bzw. gewerblich geprägten Arbeitsbereichen“ sowieso weniger hätten als etwa in „akademischen“ Berufen. (…) Das Gericht nimmt die Tatsache, dass den Amazon-Beschäftigten diese Art der lückenlosen Leistungsüberwachung bekannt sei, immer wieder als Beleg dafür, dass kein großer Eingriff in ihre Rechte erfolge. Dabei erzeugt doch gerade das Wissen darum den Anpassungs- und Leistungsdruck. (…)
      Dazu argumentiert das Gericht mehrmals, die Beschäftigten hätten doch ein „Eigeninteresse“ an der Erhöhung ihrer Arbeitsleistung durch permanente Überwachung, die Gespräche mit Vorgesetzten wegen mangelnder Leistung und andere bedrohliche Folgen haben kann („Feedbackschleifen“)…“ sehr umfangreicher Thread von Wolfie Christl vom 30. März 2023 externer Link

      • VG Hannover, Urteil vom 09.02.2023 – 10 A 6199/20 bei openJur externer Link
    • Nach Amazon-Urteil: „Dringender Handlungsbedarf“ beim Beschäftigtendatenschutz 
      „… Niedersachsens Datenschutzbeauftragte Barbara Thiel sieht nach einer juristischen Niederlage vor dem Verwaltungsgericht Hannover im Kampf gegen Amazons Leistungsüberwachung den Bundesgesetzgeber am Zug. „Die Grenzen einer Datenverarbeitung von Beschäftigten müssen gesetzlich klar festgelegt werden“, verlangte sie am Freitag. Beim Absichern der Privatsphäre von Mitarbeitern bestehe „dringender Handlungsbedarf“. Dies sähen die Richter genauso. Die niedersächsische Aufsichtsinstanz hatte es Amazon untersagt, in seinem Logistikzentrum in Winsen (Luhe) bei Hamburg mit Handscannern ununterbrochen sowie jeweils aktuell und minutengenau Qualitäts- und Quantitätsleistungsdaten der Angestellten zu erheben und zu analysieren. Das Gericht hob die Verfügung am Donnerstag auf. Es erkannte den Überwachungsdruck zwar an, konnte dem ständigen Scannen und den damit verknüpften Feedbackmöglichkeiten für die Mitarbeiter aber auch Positives abgewinnen. (…) Thiel zeigte sich nach der Entscheidung weiterhin überzeugt, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Angestellten überwiege: „Der durch die minutengenaue Leistungsdatenerhebung sowie deren weitere Verarbeitung entstehende Anpassungs- und Leistungsdruck ist aus meiner Sicht höher zu gewichten als das wirtschaftliche Interesse des Unternehmens.“ Der Fall zeige, wie berechtigt der nachdrückliche Appell der Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK) aus dem Frühjahr sei, endlich auf Bundesebene ein Beschäftigtendatenschutzgesetz zu verankern. Die DSK weist in ihrer einschlägigen Entschließung darauf hin, dass die sich dynamisch entwickelnde Digitalisierung zu „tiefgreifenden Veränderungen der Arbeitswelt“ führe. Diese ermöglichten etwa erweiterte neue Formen der Verhaltens- und Leistungskontrolle, mit denen Beschäftigte oft in einer rechtlichen Grauzone ausspioniert werden. Deshalb seien weitergehende gesetzliche Vorgaben „notwendig und überfällig“…“ Beitrag von Stefan Krempl vom 11. Februar 2023 bei heise online externer Link, siehe auch den DGB:

      • Wir brauchen ein Beschäftigtendatenschutzgesetz: Jetzt! Der Gesetzgeber ist dringend gefordert
        Wie dringend ein eigenständiges Beschäftigtendatenschutzgesetz ist, zeigt ein am 9. Februar 2023 ergangenes Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover. Es vertrat in dem noch nicht rechtskräftigen Urteil die Auffassung, dass ständige Mitarbeiterkontrolle bei Amazon Logistik in Winsen/Luhe nicht zu beanstanden sei. Denn die Datenverarbeitung geschehe, um logistische Abläufe steuern zu können, es würden dabei keine persönlichen Eigenschaften der Beschäftigten überwacht. (…) Gleichwohl sagte die niedersächsische Landesdatenschutzbeauftragte externer Link nach der Urteilsverkündung: „Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter überwiegt. … Der durch die minutengenaue Leistungsdatenerhebung sowie deren weitere Verarbeitung entstehende Anpassungs- und Leistungsdruck ist aus meiner Sicht höher zu gewichten als das wirtschaftliche Interesse des Unternehmens.“ So kann es sein, dass die Datenschützerin in die Berufung geht. Das Gericht dagegen sieht rechtspolitischen Handlungsbedarf; so sagte die Vorsitzende Richterin externer Link: „Wir hätten uns gewünscht, dass der Gesetzgeber tätig geworden wäre oder noch wird.“ (…) So ist nun allerhöchste Zeit für ein Beschäftigtendatenschutzgesetz. Und das ist nicht nur Meinung des DGB, sondern auch Fazit einer Expertendiskussion externer Link Bundestagsabgeordneten, die der DGB Ende Januar 2023 veranstaltete – und nun auch des Gerichts, das aufgrund fehlender Bestimmungen zu seinem Urteil kam, bei dem der Beschäftigtendatenschutz unterlag.“ DGB-Meldung vom 14.02.2023 externer Link
    • Leistungsüberwachung: Amazon gewinnt vor Gericht gegen Datenschutzbehörde
      Amazon darf mit Handscannern permanent die Arbeitsgeschwindigkeit seiner Mitarbeiter überwachen. Das hat am Donnerstag ein Verwaltungsgericht entschieden. Amazon darf in seinem Logistikzentrum in Winsen (Luhe) bei Hamburg weiterhin und unverändert die Arbeitsgeschwindigkeit der Mitarbeiter mithilfe von Handscannern überwachen. Das entschied das Verwaltungsgericht Hannover am Donnerstag (Az. 10 A 6199/20) nach einem bemerkenswerten Verhandlungstag: Das Verfahren fand vor Ort bei Amazon in Winsen statt, wobei die Richterinnen und Richter sich auch von Amazon durch das Logistikzentrum führen ließen. Mit seinem Urteil erklärt das Gericht eine Verfügung der niedersächsischen Datenschutzbehörde für rechtswidrig. Die Behörde hatte externer Link Amazon die „ununterbrochene jeweils aktuelle und minutengenaue Erhebung und Verwendung bestimmter Beschäftigtendaten“ untersagt. Dagegen wehrte Amazon sich mit der Klage vor dem Verwaltungsgericht, sodass die Verfügung nicht rechtskräftig wurde.
      Amazons Interessen haben Vorrang
      Die entscheidende Frage des Tages war die der Verhältnismäßigkeit: Was wiegt schwerer – das Interesse Amazons, die Abläufe im Logistikzentrum zu optimieren und die Leistung der Mitarbeiter zu überwachen oder der Schutz der Menschen vor der Erfassung jedweden Arbeitsschritts? Die Abwägung sei „sehr schwierig“ gewesen, erklärte die Vorsitzende der Kammer: „Wir haben keine Zweifel, dass es einen Anpassungs- und Überwachungsdruck gibt.“ Dies gelte besonders für die befristet Beschäftigten. Doch die Interessen Amazons seien gewichtiger. Zur Begründung führte das Gericht unter anderem an, dass die Überwachung auch positiv auf die Mitarbeiter wirke, da sie objektives Feedback ermögliche. Sie reduziere zudem Stress, da Mitarbeiter „gemäß ihres Könnens“ eingesetzt werden könnten. „Das führt zu gleichmäßigerer Lastenverteilung und geringerer Frustration“ (…) Aus Sicht der Richter ist die Verfügung der Datenschutzbehörde noch aus einem weiteren Grund rechtswidrig: Sie sei gar nicht geeignet, die Rechte der Mitarbeiter zu schützen. Da die Behörde bloß „ununterbrochene“ Datenerfassung untersagt habe, könne Amazon den Prozess für eine Minute oder Sekunde unterbrechen und sogleich fortsetzen, womit den Mitarbeitern aber nicht geholfen wäre.
      Arbeitsgeschwindigkeit omnipräsent
      Zur „Beweisaufnahme“ befragte das Gericht auch eine ehemalige sowie den aktuellen Betriebsratsvorsitzenden. Dabei kam unter anderem zur Sprache, dass Amazon die per Handscanner erfassten Daten zur Arbeitsgeschwindigkeit nicht nur für Personalentscheidungen und spontane „Feedbackgespräche“ verwendet, sondern die Mitarbeiter an bestimmten Stationen ihren aktuellen Geschwindigkeitswert auch ständig angezeigt bekommen. (…) „Die Urteilsbegründung konnte uns nicht vollständig überzeugen, da seitens des Gerichts der Überwachungsdruck anerkannt wurde, aber die Interessen Amazons als höherwertig eingestuft worden sind“, erklärte ein Sprecher der Datenschutzbehörde. Die Tatsache, dass das Gericht eine Berufung zugelassen hat, sei ein Hinweis darauf, dass auch eine andere Sichtweise nicht als abwegig angesehen werde. Ob die Behörde in Berufung gehe, sei noch offen…“ Artikel von Christian Wölbert vom 09.02.2023 in heise news externer Link, siehe auch
    • Amazon darf Beschäftigte dauerüberwachen: Leistungsdaten als Beifang
      Das Verwaltungsgericht hat Amazon erlaubt, die Arbeit der Beschäftigten im Lager in Winsen ununterbrochen zu erfassen – trotz Datenschutzbedenken…“ Artikel von Gernot Knödler vom 9.2.2023 in der taz online externer Link
  • Logistikzentrum Winsen: Amazon-Mitarbeiterin spricht von „Arbeitsklima der Angst“ – Prozessbeginn am 9. Februar vor dem Verwaltungsgericht Hannover 
    Druck, Überwachung und Versuche zur Einschüchterung? Blick ins Amazon-Logistikzentrum in Winsen zeigt Probleme auf. (…) Eine großangelegte Recherche von Correctiv.Lokal externer Link in Kooperation mit mehreren Regionalmedien legt nahe, dass das Unternehmen für seinen Erfolg auch auf ein System setzt, das von Ausbeutung insbesondere bei der Auslieferung und schlechten Arbeitsbedingungen in den Werken geprägt ist. (…)  Wie eine Kooperation zwischen dem Recherchenetzwerk Correctiv.Lokal und dem Abendblatt zeigt, sehen sich auch Beschäftigte im großen Logistikzentrum Winsen externer Link psychischem Druck und permanenter Kontrolle ausgesetzt. Missstände, die neben anderen Punkten seit Jahren von der Gewerkschaft Verdi angeprangert und durch Recherchen diverser Medien untermauert werden. (…) „Arbeitsklima der Angst und des Misstrauens“ in Winsen? Während sich eine anonym befragte Winsener Logistik-Mitarbeiterin „wie in einem Gefängnis fühlt“ und ein „Arbeitsklima der Angst und des Misstrauens“ kritisiert, stört einen sonst zufriedenen Angestellten insbesondere die „permanente Überwachung“. Gemeint ist die individuelle Paketrate jedes Mitarbeiters, die Vorgesetzte ständig einsehen können. Eine Praxis, deren Rechtmäßigkeit voraussichtlich ab dem 9. Februar vor dem Verwaltungsgericht Hannover verhandelt wird. Denn die zugrundeliegende „ununterbrochene Erhebung und Verwendung von Beschäftigtendaten“ hatte Niedersachsens Landesdatenschutzbeauftragte 2020 untersagt. Amazon hat Widerspruch gegen die Entscheidung eingelegt und verweist auf ein branchenübliches Warenwirtschaftssystem. „Unserer Einschätzung nach entspricht das bestehende System dem deutschen Recht und den EU-Vorschriften“, heißt es. (…) Die Schilderungen über Druck und Kontrolle gegenüber dem Abendblatt decken sich allerdings unter anderem mit den Eindrücken einer verdeckten Panorama-Reportage (NDR) im Winsener Werk externer Link aus dem Jahr 2017. Besonders gegenüber Beschäftigten mit befristeten Verträgen werde dieser Druck ausgeübt, berichten die Beschäftigten heute. Nur mit guten Zahlen würden Anschlussverträge winken. Auf diesen Vorwurf reagierte Amazon auf Abendblatt-Nachfrage nicht. Nach Unternehmensangaben haben mehr als dreiviertel aller Beschäftigten einen unbefristeten Vertrag. Verdi gibt zwei Drittel an – also jeder dritte Beschäftigte in Befristung. Besonders diese Arbeiter mit befristeten Verträgen schleppten sich auch krank zur Arbeit, erzählen die befragten Mitarbeiter…“ Artikel von Sven Husung vom 1.02.2023 im Hamburger Abendblatt online externer Link („Amazon: Mitarbeiterin spricht von „Arbeitsklima der Angst““) – der im Übrigen nach einem Besuch „lockerer Umgangston“ bescheinigt…

  • „CCOO inicia acciones legales contra Amazon por espiar a sindicalistas durante una huelga“ von Oriol Solé Altimira am 01. Dezember 2020 bei El Diario externer Link berichtet von der Initiative des Gewerkschaftsbundes CCOO gegen die Ausspionierung von Streikenden in Barcelona juristisch vorzugehen. In Barcelona hatten die Pinkertons die örtliche Agentur Castor & Polux unter Vertrag genommen, aus deren Interna hervor ging, dass bei ihnen arbeitende Expolizisten die Streikenden überwachten und dies in Zusammenarbeit mit der katalanischen Polizei taten.
  • In the UK? Sign the GMB_Union petition calling for a parliamentary investigation into Amazonam 30. November 2020 im Twitter-Kanal von IndustriAll externer Link ruft dazu auf, die Petitions-Kampagne der britischen Gewerkschaft GMB zu unterstützen, die die Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses in Großbritannien fordert, der Amazons Praktiken in Hinblick auf ihre gesetzliche Zulässigkeit im Land überprüfen soll. Siehe die Petitionskampagne bei GMB externer Link
  • „Verfahren gegen Amazon“ am 01. Dezember 2020 bei tagesschau.de externer Link berichtet aus Niedersachsen: „… Amazon zählt damit nicht nur zu den großen Gewinnern der Corona-Pandemie, sondern auch zu den wertvollsten Unternehmen der Welt. Doch der Online-Gigant steht seit Jahren für den Umgang mit seinen Angestellten in der Kritik, insbesondere hinsichtlich ihrer Überwachung. Nach Berichterstattung des ARD-Magazins Panorama im Oktober über eine hierfür eingesetzte Software beanstandet nun die niedersächsische Landesbeauftragte für Datenschutz einige Funktionen dieser Software. In Panorama hatten Beschäftigte darüber geklagt, dass im Arbeitsalltag selbst menschliche Grundbedürfnisse kaum erfüllt werden könnten. Im Zentrum des Vorwurfs steht dabei ein Computerprogramm, mit dem die Leistung der Mitarbeiter offenbar permanent kontrolliert werden kann. Der Amazon-Arbeiter scannt jedes Teil, das er einlagert, heraussucht oder in ein Paket packt. Dieser Scan-Vorgang wird sekundengenau aufgezeichnet und einem Vorarbeiter angezeigt. So kann er jeden Arbeitsschritt der Beschäftigten überwachen und sehen, ob ein bestimmter Arbeiter auch genügend Pakete packt. Ein Vorarbeiter schilderte in Panorama, wie er auf seinem Display sieht, wenn ein Mitarbeiter mal für wenige Minuten nicht arbeitet. Die niedersächsische Landesbeauftragte für den Datenschutz bestätigte nun Panorama, man habe dem Amazon-Standort im niedersächsischen Winsen untersagt, „ununterbrochen jeweils aktuelle und minutengenaue Quantitäts- und Qualitätsleistungsdaten ihrer Beschäftigten zu erheben und diese zu nutzen“. In Winsen steht eines der modernsten Amazon-Zentren in Europa. Diese Entscheidung könnte Signalwirkung für ganz Deutschland haben, denn Amazon nutzt die Software bundesweit. Auf NDR-Anfrage teilt ein Amazon-Sprecher mit, dass man den Bescheid nicht akzeptiere. „Anders als die Behörde sind wir der Meinung, dass auch die Art und Weise der Datenerhebung rechtmäßig ist. Deshalb werden wir die Entscheidung der Behörde gerichtlich überprüfen lassen.“ Der Bescheid ist noch nicht rechtskräftig. Bis zum 3. Dezember kann Amazon dagegen Klage einreichen. „Die Totalüberwachung durch Amazon ist das genaue Gegenteil von guter und sicherer Arbeit“, so André Scheer von der Gewerkschaft ver.di…“

Siehe umfangreiche Hintergründe im LabourNet Germany (nur die neuesten):

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=182545
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