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Die Toten von Guyaquil: Die Verantwortung liegt bei Ecuadors Regierung. Deren größte Ausgaben im Gesundheitsbereich 2019 waren Abfindungen für entlassenes Personal…

Corona in Ecuador und Unterstützung sozialer AktivistInnen „… Die Regierung Ecuadors informierte am 12. April 2020 darüber, dass es gelungen sei, die sterblichen Überreste von mindestens 700 Menschen abzuholen, die in den vergangenen Wochen in ihren Häusern in Guayaquil gestorben wären. Guayaquil ist das Epizentrum des Coronavirus in Ecuador. Die Krankenhaus- und Bestattungssysteme der Stadt waren durch die Pandemie vollkommen überfordert. „Die Anzahl derer, die wir mit einer Spezialeinheit aus den Wohnungen holen konnten, übersteigt 700 Verstorbene“, sagte Jorge Wated, der einer neuen Einheit von Polizist*innen und Mitgliedern des Militärs vorsteht, die von der Regierung angesichts des Chaos geschaffen wurde, welches in Guayaquil wegen Covid-19 ausgebrochen war und die Überführung der Leichen erschwert hatte. Wated vermied es, die genaue Ursache zu benennen, aufgrund derer die Menschen während des durch die Pandemie bedingten Gesundheitsnotstandes zu Tode gekommen waren. Seit am 29. Februar 2020 der erste Fall von Coronavirus bestätigt wurde, hat es in Ecuador bis zum 12. April 7.500 Fälle gegeben – 333 davon mit tödlichem Ausgang. Insgesamt 72 Prozent der Infizierten leben in der Küstenprovinz Guaya. In der Provinzhauptstadt Guayaquil gibt es laut Angaben der Nationalregierung circa 4.000 Krankheitsfälle. Die Polizei- und Militäreinheit begann drei Wochen zuvor, Leichen in ihren Häusern zu bergen, nachdem das „Bestattungssystem“ des Hafens von Guayaquil versagt hatte. So kam es inmitten der täglich 15 Stunden dauernden Ausgangssperre im Land zu Verzögerungen in der Gerichtsmedizin und bei den Bestattungsunternehmen. Angesichts der Situation verbreiteten die Bürger Guayaquils über die sozialen Netzwerke Videos von in den Straßen liegenden Körpern und Hilferufe von denen, die ihre Angehörigen beerdigen wollten...“ – aus dem Beitrag „700 Leichen aus ihren Häusern in Guayaquil geborgen“ am 19. April 2020 beim NPLA externer Link (deutsche Übersetzung eines Berichts aus La Jornada). Zur Entwicklung der Situation in Ecuador drei weitere aktuelle Beiträge sowie zwei Berichte über Widerstandsaktionen und ein (kurzer, aber sehr eindeutiger) Beitrag über die Gesundheitspolitik der Regierung Ecuadors:

„Corona-Pandemie: Ecuador meldet über 1.900 Todesfälle in Guayaquil“ von Lara Röscheisen am 18. April 2020 bei amerika21.de externer Link zur bisherigen Gesamtbilanz: „… In Ecuador ist die Metropole Guayaquil zum Brennpunkt des Coronavirus geworden. Die Hafenstadt leidet wie keine andere Stadt in Lateinamerika unter den Folgen der Pandemie. Über 1.900 Tote wurden dort innerhalb von zwei Wochen von einer Sondereinheit der Regierung registriert. Die Zahlen entsprechen der Entnahme von Leichen in Krankenhäusern und Heimen sowie der Ausstellung von Sterbeurkunden. Krankenhäuser und Friedhöfe sind bereits überfüllt, obwohl das Schlimmste mutmaßlich noch bevorsteht. „Es gibt keinen Platz für die Lebenden oder für die Toten“, sagt Guayaquils Bürgermeisterin Cynthia Viteri. Laut Viteri fallen 71 Prozent der bestätigten Covid-19-Fälle auf Guayaquil. Die Behörden rechnen in den kommenden Wochen in der Provinz Guayas, deren Hauptstadt Guayaquil ist, mit bis zu 3.500 Toten. Wegen fehlender Tests ist eine genaue Erfassung der mit dem Virus infizierten oder verstorbenen Personen im Land jedoch nicht möglich…“

„Corona in Ecuador: Der Alptraum der Hafenstadt Guayaquil“ von Klaus Ehringfeld am 15. April 2020 in der FR online externer Link hebt zur konkreten Situation in Guyaquil noch hervor: „… Seit Wochen leben die Menschen in der 2,7-Millionen-Metropole in Angst angesichts der schnellen Ausbreitung des Coronavirus. Das Gesundheitsministerium gab am Montag 7529 positiv Getestete bekannt, mehr als 70 Prozent der Fälle entfallen auf die Provinz Guayas mit der Metropole Guayaquil. Von den 355 Todesopfern entfallen auf Guayaquil und Umgebung 172. In der Hafenstadt alleine gibt es fast so viele Covid-19-Opfer wie in Kolumbien und Chile zusammen (…) Besonders kritisch ist die Lage der Krankenhausmitarbeiter, Sie gehören zu rund 40 Prozent zu den Angesteckten. Auch deshalb weigern sich in Guayaquil Gerichtsmediziner, Ärzte und Bestatter, die Opfer abzuholen. Aus Angst, sich anzustecken. Hinzu kommt, dass nur 20 der 120 Bestattungsinstitute überhaupt arbeiten. So liegen Verstorbene tagelang in Häusern, egal, ob sie an Covid-19 oder an anderen Krankheiten verstarben. Eine Spezialeinheit aus Polizei, Militär und Feuerwehr habe in den vergangenen drei Wochen 771 Leichen aus den Häusern geholt, sagte Jorge Wated, Chef der Spezialeinheit. In einer Stadt, in der die Temperaturen selbst frisches Obst innerhalb eines Tages verderben lassen, wickeln Angehörige die Toten in ihrer Verzweiflung in eine Plane, streuen Kalk über die Leichen und legen sie auf den Straßen ab. Andere betten die Toten vorher in Särge. Inzwischen sind aber selbst Särge knapp, so werden Pappkartons genutzt. „Meinen Schwiegervater haben sie nach vier Tagen abgeholt“, erinnert sich Mauricio Morales. „Sie kamen mit einem Lkw, schmissen ihn zu Dutzenden anderen auf die Ladeklappe und verscharrten ihn in einem Armengrab.“ Experten kritisieren, dass die Regierung die Lage nicht von Anfang an ernst genommen hat. Sie habe zwar bei Einreisenden Fieber gemessen, aber diese dann nicht weiter verfolgt. Mitten in der Krise trat Gesundheitsministerin Catalina Andramuño zurück. Zudem sind in den vergangenen Jahren tiefe Einschnitte ins Gesundheitssystem vorgenommen worden. In Guayaquil reichen weder die Krankenhaus- noch die Laborkapazitäten aus…

„ECUADOR: COVID19-Tote, offizielle Zahlen vs. Realität“ am 17. April 2020 bei Dem Volke Dienen externer Link sieht noch ganz andere Verhältnisse: „… Nach Berichten der BBC und der peruanischen Tageszeitung „El Comercio“ sind in der   ecuadorianischen Provinz Guayas, mehr als 6.700 Menschen in nur 15 Tagen gestorben. Normalerweise sind es nur 1.000 Personen in dem gleichen Zeitraum. Dieser rasante Anstieg ist so alarmierend, dass er selbst von staatlicher Seite bestätigt wurde. Bisher gibt es in ganz Ecuador lediglich 6.855 registrierte COVID19-Fälle und 1.035 sind nach offiziellen Angaben bisher an dem Virus gestorben. Guayas ist die einwohnerreichste und  am stärksten vom Virus betroffene Region in Ecuador, mehr als 70% aller gemeldeten Fälle wurden dort registriert. Allerdings wird die Dunkelziffer bei weitem höher liegen, was allein schon die Masse an Todesfällen zeigt. Diese Differenz ist auch einfach zu erklären, es wird nicht getestet, oder die Menschen haben erst gar keinen Zugang zum Gesundheitssystem. Die tausende Toten finden sich nicht in der Bourgeoisie, es sind Arbeiter und Bauern. Durch die vielen infizierten wird die sowieso schon schlechte Versorgung von anderen Kranken noch schlechter, weshalb auch immer mehr Menschen an anderen heilbaren Krankheiten sterben...“

„«¡En Monte Sinaí no tenemos agua… somos 30.000 familias sin agua!»“ von Silvia Arana am 16. April 2020 bei Rebelion.org externer Link ist ein Interview mit der Stadtteil-Aktivistin Xiomara Jara aus dem „Berg Sinai“ Bezirk von Guyaquil. (Rebelion hat eine ganze Reihe von Beiträgen „Stimmen aus Guyaquil“ veröffentlicht, die ausgesprochen lesenswert sind – auf spanisch, versteht sich – weil sie wirklich die Ansichten und Erfahrungen zahlreicher sozialer AktivistInnen der Millionenstadt an die Öffentlichkeit bringen). Hier liegt der Schwerpunkt auf dem Kampf um die Infrastruktur von Monte Sinai – wo 30.000 Familien leben ohne eine öffentliche Wasserversorgung, was das berühmte „Hände waschen“ schon in Frage stellt. Die aktiven sozialen Gruppen des Stadtteils haben ihre Anstrengungen, diese Situation zu verändern, in den letzten Wochen noch einmal intensiviert.

„Protestas en varias fábricas del Ecuador por el despido masivo de trabajadores“ am 15. April 2020 im Twitter-Kanal der Rebel Workers externer Link ist ein kurzes Video über einen der verschiedenen Streiks (inklusive Polizeirepression), die in mehreren Gegenden Ecuadors gegen die willkürlichen Entlassungen stattfanden und offensichtlich weiterhin stattfinden, vor allem geht es dabei um soziale Absicherung.

„En 2019 la “inversión” en despidos del sector salud es más alta que la inversión en infraestructura, equipamiento y mantenimiento“ am 16. April 2020 externer Link bei der Unidad de Análisis y Estudios de Coyuntura (Facebook) zur Haushaltspolitik der Regierung Moreno im Gesundheitsbereich 2019: 36% weniger Ausgaben als 2018. Und davon mehr für die Abfindungen bei Entlassungen als für Infrastruktur, Ausrüstung und Wartung – zusammen…

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=170863
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