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Bolsonaro gegen Lula: Angst vor politischen Morden bestimmt Vorwahlzeit in Brasilien

Dossier

Brasilianischer Gewerkschaftsbund CUT: Jair Messias Bolsonaro als neuer Präsident BrasiliensNachdem vergangene Woche das Mitglied der Arbeiterpartei (PT), Marcelo Arruda erschossen worden ist, steigt in der Bevölkerung die Angst vor weiteren politischen Morden. Unterdessen bereitet sich die Bundespolizei auf einen Anstieg der Gewalt während des Wahlkampfes vor. Mit insgesamt 300 Personenschützer:innen und gepanzerten Fahrzeugen will die Bundesbehörde die Sicherheit der Präsidentschaftskandidaten in der Vorwahlzeit und während der Wahlen am 2. Oktober sicherstellen. (…) Auch PT-Kandidat Luis Inácio Lula da Silva wurde von den Polizeibehörden aufgefordert, sein begleitendes Sicherheitsteam von 27 auf 50 Leute zu erhöhen. Dies geschah, nachdem vergangene Woche eines seiner Parteimitglieder auf einer privaten Geburtstagsfeier von einem Bolsonaro-Anhänger erschossen wurde (amerika21 berichtete externer Link). (…) In aktuellen Umfragen liegt Lula weit vor seinem Gegenkandidaten Bolsonaro...“ Artikel von Anne Hellmund vom 17.07.2022 in amerika21 externer Link und mehr zur Wahl:

  • Lula gewinnt Präsidentschaftswahlen in Brasilien mit knappem Vorsprung: Rückkehr zum „normalen Kapitalismus“ oder anhaltender Aufstand der Rechten? New
    „… Für die Perspektive der dritten Lula-Präsidentschaft gibt es zwei zentrale Fragen: Wird es einen anhaltenden Aufstand der Rechten gegen die Regierung Lula geben, und wie groß wird der Spielraum für progressive Politik angesichts einer konservativen Zusammensetzung von Parlament und Senat sein? (…) Die Linke ist besorgt, dass solche militanten Bewegungen von rechts weiterhin Druck auf die Regierung Lula ausüben werden. Ob solche Bewegungen jedoch fortbestehen können, hängt stark davon ab, ob die extreme Rechte in der Lage sein wird, authentische Führer zu halten. Bolsonaro selbst scheint mehr daran interessiert zu sein, nicht ins Gefängnis zu kommen (…) Eine größere Herausforderung für Lula wird die Opposition im Kongress und im Senat sein: Die Interessen der Agrarindustrie und der evangelikalen Kirchen sowie die organisierten Interessen des Kapitals im Allgemeinen könnten Gesetzesinitiativen blockieren, die der Masse der Bevölkerung zugute kommen. (…) Eine weitere große Herausforderung wird das Arbeitsrecht sein: Die Reform der Regierung Temer im Jahr 2017 führte zu massiven Lohnkürzungen und einem Anstieg der informellen Beschäftigung. Lula versprach ein neues Arbeitsgesetzbuch…“ Aus dem Artikel von Jörg Nowak vom 3.11.2022  – wir danken!

  • Brasilien: Rechtsextremer Präsident Bolsonaro wurde nicht wiedergewählt – aber es ist kein Zeichen für einen antikapitalistischen oder feministischen Fortschritt! 
    In Brasilien wurde der rechtsextreme Präsident Bolsonaro nicht wiedergewählt. Die vier Jahre seiner Amtszeit waren von einer Verschärfung der klassenbezogenen, rassistischen, sexistischen und homophoben Gewalt geprägt. Unsere Gewerkschaftsgenossinnen und -genossen haben einen schwierigen und unerbittlichen Kampf geführt, wie die Genossinnen und Genossen der CSP Conlutas während der internationalen Solidaritätstour, die wir als Internationales Gewerkschaftsnetzwerk der Solidarität und Kämpfe in Europa mit einem ihrer Vertreter organisiert hatten, unmittelbar nach der Wahl Ende 2018 bekannt gaben. Das Schweigen Bolsonaros seit der Bekanntgabe der Ergebnisse und die von einigen Truckern organisierten Blockaden zeigen auch, dass die reaktionärsten Kräfte das Wahlergebnis nicht akzeptieren, das zwar knapp, aber unbestreitbar ist.
    Die Bilanz der drei Amtszeiten der Arbeiterpartei (zweimal Lula und dann Rousseff) war für den Erfolg Bolsonaros im Jahr 2018 nicht unwichtig. Für diesen Wahlkampf wählte Lula als Vizepräsidenten Geraldo Alckmin, einen Vertreter der brasilianischen Rechten: als Gouverneur des Bundesstaates Sao Paulo schlug er die Demonstrationen von 2013/2014 mit aller Härte nieder, kämpfte gegen den großen U-Bahn-Streik und erklärte, dass er den Amazonas zu einer Großbaustelle machen wolle. Lula selbst hat ständig „die Märkte“ beschwichtigt, wiederholt, dass er gegen Abtreibung sei („wie alle meine Frauen“, hielt er es für sinnvoll, dies zu präzisieren), und beschuldigte die Ukraine, für den im vergangenen Februar begonnenen Krieg ebenso verantwortlich zu sein wie Russland.
    Die Wahl von Lula ermöglicht die Niederlage von Bolsonaro, und das ist nicht zu vernachlässigen. Aber es ist kein Zeichen für einen antikapitalistischen oder feministischen Fortschritt! Auf internationaler Ebene geht er nicht auf die Bedürfnisse und Forderungen des ukrainischen Volkswiderstands ein und wird daher nicht dazu beitragen, die russischen Truppen aus der Ukraine abzuziehen und den Krieg zu beenden. Außerdem bleibt die Mehrheit des Parlaments rechts und rechtsextrem.
    Es sind die sozialen Kämpfe und die internationale Solidarität der Arbeitnehmer, die den notwendigen Bruch herbeiführen können. Das Internationale Gewerkschaftsnetzwerk für Solidarität und Kämpfe wird weiterhin die gewerkschaftlichen Kräfte unterstützen, die diese politischen Veränderungen in Verbindung mit sozialen, feministischen, ökologischen, schwarzen Rechte-, LGBTQI-, indigenen Völkern usw. Bewegungen aufbauen.“ Maschinenübersetzung der (engl.) Erklärung vom 31.10.2022 des alternativen gewerkschaftlichen Netzwerk für Solidarität und Kampf externer Link (dem auch LabourNet Germany angehört) („Far-right President Bolsonaro was not re-elected“), dort auch in weiteren Sprachen, siehe auch einige Wahlsplitter:

    • Brasilien: Glückwünsche aus aller Welt für Lula, Bolsonaro bricht sein Schweigen. Bolsonaro-Anhänger:innen blockieren Straßen und unterstellen „Wahlbetrug“. Präsidialminister kündigt ordnungsgemäße Regierungsübergabe an
      „… Die Nationale Föderation der Arbeiter in Transport und Logistik (Confederação Nacional dos Trabalhadores em Transporte e Logística) hat die Proteste als „antidemokratisch“ kritisiert. „Wir müssen respektieren, was die Bevölkerung an den Urnen entschieden hat; den Sieg von Luís Inácio Lula da Silva“.
      Derweil erhält der Gewinner der Wahl, Lula da Silva, Glückwünsche aus zahlreichen Ländern. Politiker:innen und Staatsoberhäupter unter anderem aus China, Angola, Japan, Australien, Frankreich, Spanien, Russland, der Ukraine und vielen Ländern Lateinamerikas wie Venezuela, Mexiko, Kuba, Bolivien, Nicaragua, Panama, Honduras, Ecuador, Chile, Peru und der Dominikanischen Republik gratulierten Lula zum Wahlsieg und äußerten den Wunsch nach einer freundschaftlichen und guten Zusammenarbeit…“ Artikel von Anne Hellmund vom 02.11.2022 in amerika21 externer Link
    • 43 Stunden nach seiner Wahlniederlage hat sich Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro gerade zum ersten Mal öffentlich geäußert. Die Rede dauerte stolze zwei Minuten – und könnte ein Situation noch weiter aufheizen. Ein Thread
      Bolsonaro verurteilte in keiner Weise die rechten Straßenblockaden, die derzeit im ganzen Land stattfinden. Im Gegenteil: Er sagte, „die populären Bewegungen“ seien Folge von „Wut und einem Gefühl von Ungerechtigkeit über den Wahlprozess“.
      Er nannte die Proteste „friedlich“, sagte aber seine Anhänger*innen sollten keine „Methoden der Linken“ anwenden, „die immer der Bevölkerung schaden.“
      Die Rechte sei auferstanden in Brasilien, ihre starke Präsenz im Kongress zeige die „Stärke ihrer Werte“. Dies seien: Gott, Vaterland, Familie und Freiheit.
      Die Rechte sei für die „Ordnung und Fortschritt“. Obwohl sie „das System“ gegen sich hatten, habe das Land die Pandemie und die Konsequenzen eines Krieges überstanden.
      Bolsonaro sagte, dass er sich immer an die Verfassung gehalten habe. Es sei eine Ehre der Präsident von Millionen Brasilianern zu sein, die „die ökonomische Freiheit, die religiöse Freiheit, die Meinungsfreiheit, die Ehrlichkeit & die Farben gelb und grün der Fahne“ verteidigen.
      Interessant was ist, was Bolsonaro nicht sagte: Weder gestand er seine Niederlage ein, noch erkannte er die Wahlergebnisse an. Auch gratulierte er Lula nicht zum Wahlsieg.
      Es war eine Rede für seine radikalisierte Wählerbasis. Man muss sich darauf einstellen, dass die Proteste weitergehen – und sogar noch wachsen könnten. Es werden heiße Tage in Brasilien.
      Was noch erwähnt werden sollte: Nach der Rede ließ Bolsonaro seinen Innenminister ein Statement vorlesen, dass die Amtsübergabe vorbereitet werde.
      Ich denke, dass sich Bolsonaro mit der Rede alle Optionen offen hält: Auf der einen Seite hat er seinen Anhänger*innen nicht vor den Kopf gestoßen, sie sogar bestätigt. Auf der anderen Seite hat er seine Verfassungstreue betont und so eine allzu scharfe Gegenreaktion abgewendet. Die vermeintliche Verfassungstreue kann aber viel bedeuten. Auch die Bolsonaristen, mit denen ich heute Morgen gesprochen haben, glauben mit ihren Aktionen die Verfassung zu schützen.
      Der Oberste Gerichthof tweetet, dass die Regierung mit ihrer Ankündigung, die Amtsübergabe einleiten zu wollen, die Wahlergebnisse anerkannt hat…“Thread von Niklas Franzen vom 1.11.22 externer Link
    • Da die Polizei in vielen Städten tatenlos zuschaut, will die linke Wohnungslosenbewegung MTST die Straßenblockaden von Bolsonaro-Anhänger*innen räumen.“ Tweet von Niklas Franzen vom 1.11.22 externer Link
    • [Rede von Lula da Silva] „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit in unserem Land“
      Rede des gewählten brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva. Fokus auf wirtschaftlichen Wiederaufbau. Und eine indirekte Ansage an die Industriestaaten…“ Rede von Luiz Inácio Lula da Silva am 31. Oktober 2022 in dt. Übersetzung in Telepolis externer Link
    • Lula vs. Bolsonaro: Warum die Wahl in Brasilien ein globales Ereignis ist
      Noam Chomsky und Vijay Prashad sagen, dass die anstehende Wahl in Brasilien eine Schicksalswahl ist. Es geht nicht nur um einen neuen Sozialvertrag in Brasilien. Warum auch die Weltordnung bei Lula vs. Bolsonaro auf dem Spiel steht. (…) Das Interview mit den politischen Analysten und Brasilien-Kennern Noam Chomsky und Vijay Prashad wird von Amy Goodman und Juan González geführt. Telepolis veröffentlicht es in Kooperation mit US-Programm Democracy Now externer Link …“ Dt. Übersetzung am 10. Oktober 2022 in Telepolis externer Link
  • Knapper Sieg für Lula da Silva in Brasilien – trotz massiver Behinderungen auf dem Weg zu den Wahllokalen 
    Wahl mit Rekordergebnissen. Bislang unklar ist, wie sich Bolsonaro verhalten wird. Linke gewinnt bei Gouverneurswahlen im Nordosten, verliert jedoch im Bundesstaat São Paulo
    Luiz Inácio Lula da Silva (77) hat die Stichwahl in Brasilien mit 50,90 Prozent für sich entschieden. Mit 1,8 Prozent Vorsprung auf den unterlegenen Jair Bolsonaro (67) mit 49,10 Prozent ist es der knappste Sieg aller Wahlen seit Ende der Militärdiktatur 1988. Laut Wahlbehörde liegt die Differenz bei 2.139.645 Stimmen. (…) Trotz der geringen Prozente holte Lula mit 60,3 Millionen Stimmen in absoluten Zahlen ein Rekordergebnis und brach seinen eigenen Rekord aus dem Jahr 2006, als er mit 58,3 Millionen Stimmen zum zweiten Mal zum Präsident gewählt wurde. Auch der amtierende Bolsonaro erhöhte die Zahl seiner Wähler:innen auf 58,2 Millionen. Die politische Spaltung im Land scheint sich verfestigt zu haben und stellt den Neugewählten vor große Herausforderungen. (…) befürchten Beobachter:innen, dass militante Anhänger:innen nun versuchen könnten, das Land durch Gewaltakte zu destabilisieren, was Bolsonaro zum Anlass nehmen könnte, den Ausnahmezustand auszurufen und mit Hilfe des Militärs vorerst im Amt zu bleiben. Bereits im Wahlkampf war es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen, bei denen Sympathisant:innen Bolsonaros Schusswaffen einsetzten. „Es ist Zeit die Waffen niederzulegen. Waffen töten und wir haben das Leben gewählt“, erklärte Lula nach seinem Sieg in ihre Richtung. Auch der Wahlgang selbst lief nicht überall störungsfrei ab. Vielerorts behinderten Einheiten der Bundesstraßenpolizei (PRF), die der Regierung untersteht, die Menschen, zu den Wahllokalen zu gelangen. Insbesondere in Gegenden mit hoher Lula-Anhängerschaft führte die PRF lange Verkehrskontrollen und blockierte zeitweilig den Verkehr. Vor allem soll die Polizei so die Wahl mancher Indigener Gruppen verhindert haben, deren Stimmen fast ausschließlich an Lula gehen…“ Beitrag von Mario Schenk am 30.10.2022 in amerika21 externer Link, siehe auch:

    • die Berichterstattung von Niklas Franzen auf seinem Twitter-Account externer Link und kurz zuvor:
    • Präsidentschaft in Brasilien: Zwei Welten gehen wählen
      „Bolsonaro oder Lula? Rechtsextremer Waffennarr oder nostalgischer Ex-Gewerkschafter? Die Stichwahl zeigt: Brasilien steckt in der Sinnkrise…“ Artikel von Niklas Franzen vom 29.10.2022 in der taz online externer Link
    • Warum die ARD Bolsonaro rechtsextrem nennt
      Der brasilianische Präsident Bolsonaro wird oft als Rechtsaußen, Rechtspopulist oder ultra-rechts beschrieben. Warum hat sich die ARD entschieden, ihn sogar rechtsextrem zu nennen? Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro hat sich immer wieder mit radikalen Äußerungen zu Wort gemeldet – während seiner langjährigen Tätigkeit als Parlamentarier, im Präsidentschaftswahlkampf 2018 und auch als Staatsoberhaupt seit 2019. Dabei bedient er sich häufig einer rechtsextremen Rhetorik und offenbart ein rechtsextremes Weltbild, weswegen die ARD ihn als „rechtsextrem“ bezeichnet…“ Beitrag von Matthias Ebert und Anne Herrberg, ARD-Studio Südamerika, am 28.10.2022 in tagesschau.de externer Link
  • Präsidentenwahl in Brasilien: Setzt die deutsche Wirtschaft auf Bolsonaro? [Spolier: Ja] 
    „… Wenn Geschäftsführer Ali Jamil Jomaa durch seine Werkhalle läuft, hat er Sorgenfalten auf der Stirn. Vor ihm stehen mehr als 30 automatisierte Maschinen, die minütlich Aluminium-Kupplungsteile für die Automobilindustrie ausspucken. Jede dieser Maschinen kostet mehrere Hunderttausend Euro. Wenn Jomaa Ersatzteile dafür benötigt, wird es teuer. Denn diese müssen aus Deutschland geliefert werden, was in Brasilien mit hohen bürokratischen Hürden verbunden ist. „Neben den sehr hohen Importzöllen sind die Zölle für Ersatzteile nochmal deutlich höher. Dafür müssen wir in Brasilien manchmal bis zu 100 Prozent obendrauf zahlen“, erklärt Jomaa. Er ist Geschäftsführer des Automobilzulieferers Samot in São Paulo. (…) Die Zollnachteile verringern sich, sobald eine Firma in Brasilien selbst produziert – so wie Volkswagen. Die Wolfsburger bauen seit Jahrzehnten Autos und Lkw für den lokalen Markt. Nach Beginn der Wirtschaftskrise 2013 lief das Geschäft schlechter. Danach versetzte die Pandemie den aufkeimenden Hoffnungen einen Dämpfer. Nun dürften die VW-Manager auf einen nachhaltigen Wirtschaftsaufschwung ab 2023 setzen. Unternehmen wie Bayer dagegen machten auch während der Corona-Krise gute Geschäfte, weil das Geschäft mit genmanipuliertem Saatgut, Dünger und Pestiziden boomt. Auch weil Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro mehr als eintausend Pestizide neu zugelassen hat – einige davon sind in der EU verboten. Weder VW noch Bayer wollten sich zur wirtschaftlichen Lage gegenüber tagesschau.de äußern. (…) Unter Experten ist unumstritten, dass Bolsonaros wirtschaftsliberaler Kurs bei den Unternehmen im Land gut ankommt. Unter dem liberalen Superminister Paulo Guedes wurden Flughäfen und Staatsbetriebe privatisiert, außerdem eine Rentenreform verabschiedet. Zudem wurden zumindest einige Bereiche der Wirtschaft entbürokratisiert. Daher hält der Unternehmensberater Philipp Klose-Morero bei der Stichwahl um das Präsidentenamt Bolsonaro für den bevorzugten Kandidaten der Unternehmerschaft in Brasilien. (…) Bolsonaros Herausforderer, Ex-Präsident Lula da Silva, dagegen gilt als weniger marktliberal und will die Privatisierung der Staatsbetriebe stoppen. Außerdem hat Lula angekündigt, die Flexibilisierung des Arbeitsrechts von 2017 rückgängig zu machen. Anders als Bolsonaro setzt Lula beim Amazonas auf mehr Umweltschutz und weniger Abholzung. (…) Industrievertreter Ali Jamil Jomaa in São Paulo hofft auf neue Handelsverträge zwischen der EU und Brasilien – egal, wer das Land ab kommendem Jahr regieren wird…“ Beitrag von Matthias Ebert vom 26. Oktober 2022 bei tagesschau.de externer Link, siehe auch:

  • Gewerkschaft in Brasilien: Unternehmer nötigen Arbeiter, Bolsonaro zu wählen 
    Der brasilianische Gewerkschaftsdachverband Central Unitaria de Trabajadores (CUT) prangert an, dass Arbeitgeber Druck ausüben, um die Beschäftigten zu zwingen, im zweiten Wahlgang am 30. Oktober für den amtierenden Präsidenten Jair Bolsonaro zu stimmen. Auf ihrer offiziellen Website warnt die CUT, dass seit der Festlegung der Stichwahl zwischen den beiden Kandidaten „in den sozialen Netzwerken vermehrt Berichte über Arbeitgeber auftauchen, die versuchen, die Arbeiter zu zwingen, für Bolsonaro zu stimmen“, und dabei mit Entlassung drohen. Die Gewerkschaft habe deshalb im Rahmen ihrer grundlegenden Aufgabe, die Arbeiter zu unterstützen, auf ihrer Website einen Bereich eingerichtet externer Link, der sich mit diesen Anliegen befasst. Arbeiter, die Angst vor Repressalien haben, können eine anonyme Beschwerde einreichen. Diese Möglichkeit, sich selbst zu schützen, führe auch dazu, „dass mehr Fälle ans Licht kommen und die Behörden dann rechtliche Schritte einleiten können“, so die CUT. Die CUT und die anderen Gewerkschaftsverbände werden diese Beschwerden an das Arbeitsministerium und an die Internationale Arbeitsorganisation weiterleiten, um auf die gewerkschaftsfeindlichen Praktiken der Unternehmen hinzuweisen, die diese Schikanen im Zusammenhang der Wahl darstellen…“ Übersetzung von Vilma Guzmán des Beitrags aus Prensa Latina am 10.10.2022 in amerika21 externer Link
  • Erste Runde der Wahlen in Brasilien 2022: Lula 48 %, Bolsonaro 43 % 
    „… Es war bereits bekannt, dass die nächste Lula-Regierung, sollte sie gewählt werden, aufgrund der gesellschaftlichen und politischen Kräfteverhältnisse keinen großen Handlungsspielraum haben würde. Dies hat sich mit den Ergebnissen der ersten Wahlrunde in etwas radikalerer Form bestätigt. Ein Kommentator sagte: „Lula ist eine Insel in einem Meer der extremen Rechten“. Nach vier Jahren Bolsonaro hat der Faschismus in der brasilianischen Bevölkerung Fuß gefasst, allerdings in geografisch ungleicher Weise. Lula gewann in den meisten Staaten des Nordens und in allen Staaten des Nordostens, oft mit großem Vorsprung. (…) Das Gesamtpanorama dieser ersten Runde zeigt die Hartnäckigkeit der extremen Rechten, die es geschafft hat, sich in der brasilianischen Bevölkerung zu verwurzeln, trotz der verschiedenen Misserfolge der Regierung Bolsonaro, sowohl in der Wirtschaftspolitik als auch im Umgang mit der Pandemie. Die ideologischen Verschiebungen scheinen eine Eigendynamik zu entwickeln, und es wird an einer neuen Regierung Lula liegen, eine Gegenbewegung zu schaffen. (…) Wie der brasilianische Pädagoge Paulo Freire sagte: „In einer Gesellschaft wie der brasilianischen ist das Aufrechterhalten der Hoffnung bereits ein politischer Erfolg.“Artikel von Jörg Nowak vom 5.10.2022  – wir danken!
  • Wahlen in Brasilien: Lula gewinnt – überraschend knapp – ersten Durchgang, Stichwahl am 30. Oktober – woher der unerwartete Zuspruch für Bolsonaro? 
    „Mit 48,43 Prozent der Stimmen schlägt der linke Präsidentschaftskandidat Luiz Inácio Lula da Silva seinen Konkurrenten Jair Bolsonaro. Beide werden am 30. Oktober zur Stichwahl gegeneinander antreten. Bolsonaro konnte insgesamt 43,2 Prozent der Stimmen für sich gewinnen. Ihm folgen, mit großem Abstand, die Kandidatin Simone Tebet mit 4,16 Prozent und Ciro Gomes mit 3,04 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 79,1 Prozent und ist die niedrigste seit 1998. Bereits seit 2006 verzeichnete das Oberste Wahlgericht (TSE) einen Rückgang der Wähler:innen an den Urnen. Der Präsident des TSE, Alexandre de Moraes, zieht trotzdem eine positive Bilanz aus dem ersten Wahldurchgang.“Das TSE war ausgesprochen aktiv bei der Bekämpfung von Desinformation und Hassreden“. So hätten Falschmeldungen kaum Einfluss auf die Wahlen gehabt und der Tag sei, bis auf „wenige Ausnahmen“ruhig verlaufen. Lula ist optimistisch, die Stichwahl zu gewinnen. „Während der ganzen Kampagne lagen wir bei allen Meinungsumfragen vorne, und ich dachte immer, dass wir diese Wahl gewinnen würden und ich möchte euch sagen, dass wir diese Wahl gewinnen werden!“, erklärte er auf der Avenida Paulista in São Paulo nach der Bekanntgabe der Ergebnisse. Die kommenden Wochen wolle er noch mehr reisen, um mit der Bevölkerung ins Gespräch zu kommen. Bolsonaro hingegen hielt sich bedeckt. Zwar erkenne er an, dass die Bevölkerung Veränderungen wolle, mahnt aber, dass Selbige auch negative Folgen haben könnten. In den kommenden Wochen wolle er insbesondere die „betroffene Klasse“ auf die möglichen Konsequenzen der Politik seines Kontrahentenaufmerksam machen. Der argentinische Präsident Alberto Fernández, sowie die Staatsoberhäupter von Mexiko und Kolumbien, Andrés Manuel López Obrador und Gustavo Petro, beglückwünschten Lula bereits zum Wahlsieg im ersten Durchgang.“ Meldung von Anne Hellmund vom 3. Oktober 2022 bei amerika21 externer Link, siehe auch:

    • Franzen zur Brasilien-Wahl: „Stimmung ist aufgeheizt“
      Brasiliens politische Zukunft entscheidet sich in einer Stichwahl am 30. Oktober. Niklas Franzen, freier Journalist aus Sao Paulo, spricht im Interview mit PULS 24 Anchor Daniel Retschitzegger über den Wahlkampf.“ Audio der Sendung am 03. Okt. 2022 externer Link Audio Datei, höre auch seine Einschätzung beim Radio Dreyeckland externer Link Audio Datei: „Autoritäre Sehnsüchte“
    • Woher der unerwartete Zuspruch für Bolsonaro?
      • „… Die Differenz von zwölf Prozent zwischen den Umfragen und dem real hohen Zuspruch für Bolsonaro erklären Expert:innen mit der „Scham“ der Wähler:innen, ihre Präferenz für einen unpopulären Kandidaten öffentlich zu teilen. Und während Lula so viele Stimmen wie vorhergesagt bekam, verloren die weiteren, meist rechts-konservativen Kandidat:innen ihre Prozente an Bolsonaro. Diese Tendenz verschafft ihm für die Stichwahl Zuversicht. Bolsonaro profitierte zudem von den 32 Millionen Nicht-Wähler:innen. Deren Zahl ist mit 21 Prozent so hoch wie nie seit Ende der Diktatur 1988. Da die Wähler:innen-Basis des Amtsinhabers anders als bei Lula begrenzt ist – 53 Prozent würden ihn Umfragen zufolge auf keinen Fall wählen – steigt sein Anteil, je mehr sich der Stimme enthalten…“ Erste Analyse der Gründe im Beitrag von Mario Schenk am 04.10.2022 in amerika21 externer Link („Lula gewinnt, doch der „Bolsonarismo“ siegt in Brasilien“)
      • „… Vielleicht kann man das so zusammenfassen: Einerseits ist Bolsonaro jetzt kein repressiv, autoritär Regierender, wie das zu Zeiten der Militärdiktatur der Fall gewesen ist. Sondern er benutzt all‘ die Instrumente der Rechtspopulisten, wie wir das auch in Polen und Ungarn und in vielen anderen Ländern sehen. Und das kommt bei einem relativ großen Teil der Bevölkerung gut an. Er hat ähnlich wie Lula ein volksnahen, populären Diskurs, nicht abgehoben, wie die Politiker, die früher das Sagen hatten. Und dann hat Bolsonaro die Fake News auf seiner Seite. In den Zeiten der sozialen Netzwerke funktioniert das einfach sehr gut und führt dazu, dass wir eigentlich zwei Welten haben: die alte Welt mit linken Kräften und denjenigen rechten Kräften, die noch dem demokratischen Spektrum zugeordnet werden können. Die stehen alle gemeinsam gegen Bolsonaro. Und auf der anderen Seite eben Bolsonaro und diese Art von Politik, wie er sie betreibt und wie er sie vermittelt. Das hat sich etabliert, und das ist fast die wichtigste Nachricht dieser Wahlen. Das wird nicht verschwinden. Das rechtspopulistische Lager wird weiterhin auf der Straße präsent sein, wird weiterhin gegen Abtreibung und gegen Frauenrechte kämpfen. Eine Politik, die sich an christlich-evangelikalem Lobbying orientiert. Das ist eben das, was ich mit Polarisierung bezeichne, und das hinterlässt ein gespaltenes Land. Und das ist keine gute Nachricht für die Zukunft.“ Aus dem Interview von Markus Plate am 4.10.22 in npla externer Link mit Andreas Behn, Leiter des Regionalbüros für Brasilien und Paraguay der Rosa-Luxemburg-Stiftung in São Paulo („Überraschender Erfolg für Bolsonaro. Analyse und Ausblick“)
    • Im Brasilien-Dossier der RLS externer Link gibt es ebenfalls einen ersten Bericht zur Wahl
  • Nach starkem Anstieg der politischen Gewalt und 2 toten Anhängern Lulas: Oberstes Wahlgericht will Sicherheit der Wähler:innen garantieren 
    „…Vertreter:innen der Wahlkoalition des Präsidentschaftskandidaten Luiz Inácio Lula da Silva, „Brasilien der Hoffnung“, haben bei einem Treffen mit Richter Alexandre de Moraes, Präsident des Obersten Wahlgerichts (TSE), Garantien für die Sicherheit der Wähler:innen gefordert. Laut dem Abgeordneten Randolfe Rodrigues, Leiter der Wahlkampagne Lulas im Norden des Landes, sei es notwendig, „dass das TSE allen Bürgern das heilige Recht garantiert, am kommenden Sonntag, dem 2. Oktober, in Frieden zur Wahl zu erscheinen“. Es gehe nicht nur um die Sicherheit aller Wähler:innen am Wahltag selbst, sondern auch in der Woche vor der Wahl. (…) Die politische Gewalt ist in den vergangenen Jahren in Brasilien stark angestiegen. Eine Erhebung der Uni Rio, welche im Juli publiziert wurde, zeigt, dass die politische Gewalt in den vergangenen drei Jahren um 335 Prozent angestiegen ist. Eine Umfrage des Instituts Datafolha zeigte vergangene Woche, dass insgesamt 67,5 Prozent der Befragten Angst vor politischer Gewalt haben. Gisele Barbieri, Mitglied der Nichtregierungsorganisation Justiça Global, dazu: „Gewalt findet systematisch statt und wird eingesetzt, um bestimmte Ziele zu erreichen. Es ist super wichtig, dass mehrere Organisationen und Institute versuchen, diese Gewalt abzubilden. Aber wir wissen, dass die Straflosigkeit noch immer sehr hoch ist, und das ermutigt auch die Täter.“ Bereits zwei Anhänger Lulas sind der Gewalt zum Opfer gefallen. Einer wurde nach einer politischen Diskussion von einem Arbeitskollegen erstochen, ein anderer wurde im Juli von einem Anhänger des Präsidenten Jair Bolsonaro auf seiner eigenen Geburtstagsfeier erschossen. Zuletzt wurden am Mittwochmorgen in Recife im Stadtviertel Casa Amarela mehrere Schüsse auf ein Haus abgefeuert, an dem eines der Fenster mit einer Flagge der Arbeiterpartei (PT) versehen war. Zwei der Schüsse trafen das Fenster einer Familie im sechsten Geschoss. Bisher ist unklar, ob eine politische Tat vorliegt. Trotzdem erklärte der betroffene Anwohner, dass er sich entschieden habe, die Flagge abzunehmen. Nicht nur „für seine Sicherheit, sondern auch für die Sicherheit der Bewohner“. „Ich habe noch nie so viel Gewalt gesehen, wie ich sie in dieser Kampagne erlebe“, erklärte Lula kürzlich. Zuletzt stand er mit dem TSE im Austausch über ein Verbot der Seite „Lulaflix“. Auf dieser Homepage werden Videos und Propaganda gegen den Präsidentschaftskandidaten von Anhänger:innen Bolsonaros geteilt und Fake News verbreitet. Lula selbst wurde nach einer Veranstaltung in Florianópolis von einer Gruppe Bolsonaro-Anhänger:innen vor dem Hotel empfangen und bedroht…“ Beitrag von Anne Hellmund vom 26. September 2022 bei amerika21 externer Link („Wahlen in Brasilien: Oberstes Wahlgericht will Sicherheit der Wähler:innen garantieren“)
  • [Medico-Podcast] Abgrund oder Aufbruch? Brasilien vor der Wahl
    „Wie ist das Phänomen Bolsonaro entstanden und mit welchen Herausforderungen ist Brasilien nun konfrontiert? Vier Jahre Bolsonaro haben Brasilien verändert. Eine dynamische rechtsextreme Bewegung zwischen Pfingstkirchen und Coronaleugnern ist entstanden, die die Grundsätze demokratischer Verfasstheit untergräbt. Während die Rechte in Italien mit der Losung „Gott und Vaterland“ sogar eine Regierungsmehrheit für sich gewinnen konnten, erscheint bei den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen am 2. Oktober in Brasilien doch ein Sieg des linksliberalen Ex-Präsidenten Lula möglich. In Folge 8 von Global Trouble sprechen wir mit dem Journalisten Niklas Franzen über die widersprüchliche und polarisierte Lage Brasiliens: Wie ist das Phänomen Bolsonaro entstanden, welche Spuren hat es in der Gesellschaft hinterlassen und mit welchen Herausforderungen ist Brasilien nun im Zuge der Wahl konfrontiert?…“ 44-minütiger Podcast von Global Trouble bei medico international vom 26. September 2022 externer Link Audio Datei
  • Unabhängigkeitstag am 7. September: Rechter Protest vor Brasiliens Wahlen und der Gegen-Protest der „Ausgeschlossenen“

    • Rechter Protest vor Brasiliens Wahlen: Spiel mit dem Putschgedanken
      „…. Viele Städte Brasiliens glichen am Mittwoch einem Meer aus Gelb und Grün. Zehntausende Brasilianer*innen, zumeist in den Landesfarben gekleidet, waren am Nationalfeiertag bei rechtsradikalen Protesten auf die Straße gegangen Es war eine bunte Mischung aus Evangelikalen, Farmer*innen, Aktivist*innen, Lastwagenfahrer*innen. Was alle verband: Die Unterstützung für Präsident Jair Bolsonaro. Neben rechtsradikalen Protesten fanden an diesem 7. September, wo die Unabhängigkeit von Portugal vor 200 Jahren gefeiert wurde, wie jedes Jahr Militärparaden statt. Bolsonaro, selbst Hauptmann der Reserve, ließ sich dort frenetisch feiern und machte die Zelebrationen zu einer großen Wahlkampfshow. Bereits im vergangenen Jahr gingen Anhänger*innen Bolsonaros am 7. September auf die Straße. Einige forderten damals ganz unverhohlen eine Militärintervention, andere die Schließung des Parlaments. In diesem Jahr hatten die Proteste eine noch größere Brisanz – denn am 2. Oktober wird gewählt. Amtsinhaber Bolsonaro liegt in allen Umfragen derzeit klar hinter seinem sozialdemokratischen Herausforderer Luiz Inácio da Silva, besser bekannt als Lula. Und so säht Bolsonaro seit Monaten Zweifel am elektronischen Wahlsystem. Mehrfach hatte er erklärt, nur Gott könne ihn von der Präsidentschaft entfernen. Viele befürchten, Bolsonaro werde im Fall einer Wahlniederlage mit allen Mitteln versuchen, sich an der Macht zu halten. (…) Bolsonaro hatte versprochen, Millionen Menschen auf die Straße zu bringen – das schaffte er nicht. Doch es kamen mehr Anhänger*innen als im vergangenen Jahr. Das ist wichtig für Bolsonaro: Er wollte ein Zeichen der Stärke in Krisenzeiten senden und Bilder produzieren, die zeigen, dass „das Volk“ hinter ihm stehe. Doch es war vor allem seine radikale Wählerbasis, die protestierte – also jene Brasilianer*innen, die bei der Wahl am 2. Oktober sowieso für ihn stimmen werden. Ob er durch die Proteste neue Wähler*innen gewinnen wird, ist fraglich. Auch wenn Bolsonaro gerne Putschdrohungen verbreitet und mit dem Autoritarismus flirtet, glauben die meisten Analyst*innen, dass es keinen Rückhalt für ein autoritären Bruch gibt. Die große Mehrheit der Bevölkerung sei dagegen, die Medien berichten mittlerweile überaus kritisch und die demokratischen Institutionen weisen Bolsonaro immer wieder in die Schranken. Auch im Militär ist Bolsonaro nicht unumstritten: Obwohl er gerade in den unteren Rängen viele Anhänger*innen hat, ist es unwahrscheinlich, dass sich die Generäle auf ein antidemokratisches Abenteuer einlassen werden. Und das, obwohl sie von Bolsonaro mit Macht und einflussreichen Posten in der Regierung ausgestattet wurden. Auch Verfassungsrichter Gilmar Mendes äußerte sich am Mittwoch zu diesen Diskussionen. „Sie sehe die Möglichkeit eines Putsches nicht“, sagt er. „Die Demokratie hat großen Rückhalt in Brasilien.“ Artikel von Niklas Franzen vom 8. September 2022 in der taz online externer Link
    • Mit Zweifeln und Hetze. Brasilien: Präsident Bolsonaro nutzt 200. Unabhängigkeitstag für Wahlkampf. Linke mobilisiert zum »Schrei der Ausgeschlossenen«
      „… Zugleich gingen in vielen Städten des Landes zahlreiche Menschen unter dem Motto »Grito dos Excluídos« (»Schrei der Ausgeschlossenen«) auf die Straße. Seit 28 Jahren sind es vor allem soziale Bewegungen, die am Tag der Unabhängigkeit thematisieren, dass viele Brasilianerinnen und Brasilianer auch heute noch in Abhängigkeits- und Ausbeutungsverhältnissen leben und in verschiedenen Lebensbereichen von der Mehrheitsgesellschaft ausgeschlossen werden. Zentral ging es vielen Teilnehmern in diesem Jahr darum, gegen einen möglichen Militärputsch aus Bolsonaros Umfeld einzustehen. Der Staatschef hatte in der Vergangenheit öfter Zweifel am elektronischen Wahlsystem gestreut. Auch deutete er mehrmals an, eine Niederlage möglicherweise nicht anerkennen zu wollen. Auf den Kundgebungen waren Mitglieder diverser sozialer Zusammenschlüsse wie Stadtteil- und Landlosen-, LSBTI- und Frauenbewegung, Studenten- und Schülerorganisationen sowie Vertreter von Gewerkschaften präsent. Während Lula am Mittwoch nicht öffentlich auftrat, nahmen Präsidentschaftskandidaten von Parteien, die sich links der PT verorten, am »Schrei der Ausgeschlossenen« teil. Vera Lúcia vom Partido Socialista dos Trabalhadores Unificado (PSTU) und Leonardo Péricles von der Unidade Popular (UP) waren in São Paulo anwesend, Sofia Manzano vom Partido Comunista Brasileiro (PCB) in Rio de Janeiro. »Wir sind auf der Straße, um klarzustellen, dass es keinen Putsch geben wird! Wir haben es mit einer Regierung zu tun, die den Hunger, die Erwerbslosigkeit und Angriffe auf soziale Rechte verstärkt hat«…“ Artikel von Katharina Kirsch-Soriano da Silva in der jungen Welt vom 09.09.2022 externer Link
    • Siehe auch die CUT zum Aufruf von »Grito dos Excluídos« am 7.9. externer Link (port.) sowie Fotos und Videos unter #gritodosexcluidos und die Homepage der Bewegung externer Link
  • Linke in Brasilien: Nur ein breites Bündnis kann Bolsonaro schlagen 
    „In Lateinamerika waren Straßenproteste schon immer ein Indikator für die Stimmung der Bevölkerung und Vorboten politischer Umbrüche. Den Zustand der Linken kann man auch in Brasilien an ihrer Mobilisierungsfähigkeit ablesen. (…) Landesweite Proteste hatten es in einem Land von der Größe Brasiliens schon immer nicht einfach. Der Norden und Süden sind nicht nur geografisch, sondern auch kulturell und politisch weit voneinander entfernt. Lokale Themen sind oft relevanter als die große Politik. Ein weiterer Grund: Die befürchtete Repressionswelle gegen Linke ist bislang zwar ausgeblieben, dennoch fürchten sich viele vor Polizeigewalt und bleiben Protesten fern. Teile der Linken sind zudem zerstritten. Viele setzen alles auf die Kandidatur Luiz Inácio da Silvas, besser bekannt als Lula. Der sozialdemokratische Ex-Präsident wird im Oktober gegen Amtsinhaber Bolsonaro ins Rennen um die Präsidentschaft ziehen – und hat gute Chancen, die Wahl zu gewinnen. (…) Die Devise vieler Linker scheint nun zu sein: erst einmal Bolsonaro abwählen und dann weitersehen. Doch es ist eine Illusion zu glauben, dass Lula im Fall eines Wahlsiegs dort anknüpfen kann, wo er bei seinem Amtsende 2011 aufhörte. Die goldenen Zeiten sind vorbei, Brasilien hat sich verändert. Die Fronten sind verhärteter, die Gesellschaft ist gespalten, wirtschaftlich geht es dem Land schlecht. Und der Bolsonarismus ist gekommen, um zu bleiben. Lula wird viele Zugeständnisse an seine konservativen Partner*innen machen und im völlig zerstückelten Parlament hart um Mehrheiten kämpfen müssen. (…) Trotz zahlreicher Krisen hat es in den letzten Jahren viel Bewegung in der Linken gegeben. Eine neue Generation hat sich politisiert und selbstbewusst ihren Platz in der Politik erkämpft. Neue Gesichter prägen die politische Landschaft: Frauen, Schwarze, Indigene. Das kommt einer kleinen Revolution gleich in einem Land, in dem die meisten Politiker*innen immer noch männlich, weiß und wohlhabend sind. Bei der letzten Wahl zogen zudem 30 trans Politiker*innen im ganzen Land in die Lokalparlamente ein. Während in Europa emotional über den vermeintlichen Widerspruch zwischen Identitäts- und Klassenpolitik diskutiert wird, ist es für Brasiliens Linke normaler, verschiedene Kämpfe zusammenzuführen. Soziale Ungleichheit kritisieren, ohne Rassismus und Sexismus anzuprangern? Kaum vorstellbar. Fast alle Bewegungen haben Arbeitsgruppen für LGBTI. Feministische Kollektive solidarisieren sich mit streikenden Busfahrer*innen. Afrobrasilianische Gruppen weisen auf die Verbindung von Rassismus und Kapitalismus hin. (…) Nicht wenige vermuten, dass die soziale Frage für das Land in den kommenden Jahren bestimmender sein wird als je zuvor. Das ist eine Chance für die Linke. Wenn sie die Bekämpfung der Ungleichheit ins Zentrum rückt, ohne den Kampf gegen Rassismus, Sexismus und Homofeindlichkeit zu vernachlässigen, gibt es Grund zur Hoffnung.“ Artikel von Niklas Franzen vom 21. August 2022 in neues Deutschland online externer Link
  • Demonstrationen, Kundgebungen und politische Proteste in mehr als 50 Städten Brasiliens gegen Bolsonaro und Anstieg der Preise für Strom, Gas, Miete und Lebensmittel 
    „“Brief an die Brasilianer“ in São Paulo vorgestellt: Warnungen vor Untergrabung der Demokratie. Armut in Städten auf Rekordhoch. Inflation erschwert Situation
    In Brasilien sind tausende Menschen für den Erhalt der Demokratie und bessere Lebensbedingungen auf die Straße gegangen. Fast täglich fanden vergangene Woche Demonstrationen, Kundgebungen und politische Akte von ganz unterschiedlichen Akteur:innen statt. Ein Höhepunkt war dabei die Verlesung des „Briefs an die Brasilianerinnen und Brasilianer“ am Mittwoch an der juristischen Fakultät in São Paulo. (…) Auch für die soziale Lage im Land findet der Brief kritische Worte: „In Bezug auf die nachhaltige Entwicklung unserer wirtschaftlichen Potentiale haben wir noch einen langen Weg vor uns. Angesichts all dieser zahlreichen Herausforderungen zeigt sich der Staat allerdings als ineffizient. Respekts- und Rechtsgleichheitsforderungen in Bezug auf Rasse, Geschlecht und sexuelle Orientierung sind noch lange nicht so erfüllt, wie es ihnen zukommt.“ (…) Begleitet wurde die Publikation des Briefes von unzähligen Demonstrationen in mehr als 50 Städten des Landes.
    Beispielsweise forderten am Dienstag indigene Gruppen das Ende des illegalen Bergbaus, die Anerkennung und den Schutz ihrer Gebiete. Feministische Gruppen riefen am Samstag dazu auf, sich aktiv an den Wahlkampagnen zu beteiligen, Lula zu wählen und somit einen Weg aus den prekären Lebensbedingungen zu ebnen. Unter Bolsonaro hat die Gewalt gegen Frauen, insbesondere gegen Schwarze Frauen, enorm zugenommen. Seit 2016 gab es einen Anstieg von 50 Prozent an Femiziden. 66 Prozent der ermordeten Frauen waren Schwarz. Ebenfalls sind junge, Schwarze Frauen überdurchschnittlich stark von informeller Beschäftigung und Arbeitslosigkeit betroffen. Die Initiative „Fora Bolsonaro“ (Weg mit Bolsonaro) versammelte ebenfalls unzählige Menschen auf den Straßen. Mehr Bildung, ein sicherer Zugang zu Lebensmitteln und bessere Arbeits- und Lebensbedigungen stehen auf ihrer Agenda. (…) Durch den starken Anstieg der Preise für Strom, Gas, Miete und Lebensmittel sowie die Tatsache, dass Löhne oftmals nicht pünktlich zum Monatsende ausgezahlt werden, verschärft sich die Situation für die Bevölkerung des Landes enorm.“ Beitrag von Anne Hellmund am 15.08.2022 in amerika21 externer Link („Landesweite Proteste gegen Bolsonaro in Brasilien“), siehe auch:

    • Brasilien: „Die Einheit herstellen, um Bolsonaro zu besiegen“
      Interview mit Guilherme Boulos, einem der Koordinatoren der  Wohnungslosenbewegung und Mitglied der PSOL von Gerardo Szalkowicz am 15.08.2022 in amerika21 externer Link in der Übersetzung durch Vilma Guzmán
  • [„Brief an die Brasilianer“] Angst vor Putsch in Brasilien: Viele Brasilianer*innen fürchten, dass Präsident Jair Bolsonaro eine Wahlniederlage im Oktober nicht akzeptiert. Jetzt gehen sie auf die Straße 
    Am 8. August 1977 kamen vor der Rechtsfakultät der Universität von São Paulo Tausende Menschen zusammen. Ein Brief wurde vorgelesen, der Brasiliens rechte Militärdiktatur anklagte und eine Rückkehr zur Demokratie forderte. 45 Jahre später, an diesem Donnerstag, wird an gleicher Stelle erneut ein offener Brief externer Link vorgestellt. Die klare Forderung: Die Ergebnisse der im Oktober stattfindenden Wahlen müssten unbedingt akzeptiert werden. In Brasilien, heißt es dort, gebe es keinen Platz für „autoritäre Rückschritte“. Neben der offiziellen Vorstellung des Briefes in São Paulo, zu der Tausende Menschen erwartet werden, wird es im ganzen Land Kundgebungen geben, wo der Brief ebenfalls vorgelesen wird. Auch wenn dort kein Name genannt wird, ist klar, wem die Botschaft gilt: Jair Bolsonaro. Der ultrarechte Präsident hat mehrfach angekündigt, das Votum anfechten zu wollen. Unlängst säte er bei einem Treffen mit Bot­schaf­te­r*in­nen erneut Zweifel am elektronischen Wahlsystem, obwohl erst im Mai ein Sicherheitstest ohne Beanstandungen verlaufen war. (…) Antidemokratische Drohungen Bolsonaros sind kein Novum – ein größerer gesellschaftlicher Aufschrei blieb meist jedoch aus. Jetzt aber, wenige Wochen vor Wahl, kommen mit dem Manifest erstmals ganz verschiedene politische und gesellschaftliche Lager gegen Bolsonaros Putschfantasien zusammen. Unterzeichnet wurde der Brief von Richter*innen, Musiker*innen, Intellektuellen, Sportler*innen und bis zum Ende des Redaktionsschlusses fast eine Millionen Brasilianer*innen. Auch Ex-Präsident Lula, der am 2. Oktober bei der Wahl gegen Bolsonaro antreten wird und mit klarem Vorsprung führt, sowie acht weitere Präsidentschaftskandidat*innen unterschrieben den Brief. Nur der Name Bolsonaro fehlt. (…) Ein herber Schlag dürfte für Bolsonaro die Unterschrift einiger ihm traditionell nahestehender Kräfte sein. Der Präsident des rechten Industrieverbandes von São Paulo sowie einige bekannte Unternehmervertreter*innen unterzeichneten das Manifest. (…) Dass sich Teile der Elite abwenden, dürfte jedoch nichts mit einem generellen Richtungswechsel zu tun haben. Nicht Bolsonaros menschenverachtende Politik ist zum Problem geworden, sondern ganz alleine die wirtschaftliche Instabilität…“ Artikel von Niklas Franzen vom 11. 8. 2022 in der taz online externer Link, siehe auch:

  • Brasilien: Präsident Bolsonaro wettert erneut gegen das Wahlsystem – Staatsanwaltschaft fordert ein Ermittlungsverfahren gegen ihn 
    Präsident Jair Bolsonaro hat das brasilianische Wahlsystem aufs Neue in Frage gestellt. Bei einer Zusammenkunft mit ausländischen Botschafter:innen aus mehr als 40 Staaten äußerte er sein Misstrauen gegenüber dem elektronischen Wahlsystem. Zudem übte er scharfe Kritik am Obersten Wahlgericht (TSE) und beschuldigte dessen Mitglieder, sich „verschworen“ zu haben, um seinen Kontrahenten, Luiz Inácio Lula da Silva zu begünstigen, der als Favorit bei den Wahlen am kommenden 2. Oktober gilt. Belege dafür wies er nicht vor. (…) Aufgrund der ständigen nicht belegten Anschuldigungen und der Desinformationskampagne des rechten Präsidenten fordert die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen ihn. Die 43 unterzeichnenden Staatsanwälte kritisieren das Verhalten und den Machtmissbrauch des Präsidenten. Auch die links-grüne Opposition geht gegen Bolsonaro vor und erstattete nach dem Treffen mit den Botschafter:innen Anzeige. Ermittlungen gegen den Präsidenten sollen klären, ob seine Aussagen gegen die demokratischen Institutionen Straftatbestände erfüllen.“ Beitrag von Maria Luziara Hatje vom 28.07.2022 in amerika21 externer Link
  • Brasilien steht vor einer Richtungswahl: Jair Bolsonaro tritt gegen Lula da Silva an
    Amtierender Präsident ist offiziell nominiert und sät Zweifel am Wahlsystem. Lula führt die Umfragen an, doch entschieden ist nichts
    In Brasilien kommt es bei der Präsidentschaftswahl am 2. Oktober zu einem Duell zwischen dem rechten Amtsinhaber Jair Bolsonaro und dem linksgerichteten Ex-Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva. Am Sonntag nominierte die Liberale Partei Bolsonaro (67) offiziell zu ihrem Präsidentschaftskandidaten. Auf Druck von Bolsonaro ernannte sie bei ihrem Konvent in Rio de Janeiro den General und früheren Verteidigungsminister Walter Souza Braga Netto zum Vizepräsidentschaftskandidaten. Lula (76) war bereits am Donnerstag von seiner Arbeiterpartei offiziell aufgestellt worden. (…) Analyst:innen warnen darum davor, die Wahl als entschieden zu betrachten. In den verbleibenden zwei Monaten könnten unvorhersehbare Ereignisse die Sympathien zu Bolsonaro verschieben. Im Wahlkampf 2018 hatte ein Messerattentat auf den Rechtsaußen-Politiker diesem einen Stimmengewinn von circa 15 Prozent verschafft. Derweil setzt Bolsonaro auf einen Mix an Wahlkampf-Methoden. Der Kongress hat ihm nun im Wahljahr umfangreiche Sozialausgaben gestattet, gegen die er sich früher gestellt hatte. Zugleich sät der Präsident Zweifel am brasilianischen Wahlsystem und unterstellt, Wahlfälschungen könnten ihm den Sieg rauben. Beobachter:innen befürchten, er könnte das Wahlergebnis nicht anerkennen. Einen großen Teil seiner Arbeitszeit aber investiert er, um an gut besuchten Motorradfahrten oder Gottesdiensten evangelikaler Kirchen teilzunehmen sowie Fußballspiele zu besuchen – jedes Mal medienwirksam in Szene gesetzt. Lula hingegen kämpft darum, die Wahl mit reichlich Vorsprung im ersten Gang für sich zu entscheiden, um so Vorwürfen der Wahlfälschung den Boden zu entziehen. Dabei setzt er auf die Millionen, die von der grassierenden Wirtschaftskrise betroffen sind. (…)Gleichzeitig bemüht sich Lula um die Stimmen der politischen Mitte. Dazu ging er vor Monaten eine Allianz mit seinem früheren politischen Gegner Geraldo Alckmin ein (amerika21 berichtete externer Link). Mit dem Neoliberalen und streng Gläubigen als seinem Vize verspricht Lula, keine all zu linken Projekte umzusetzen. Kritiker:innen befürchten eine weitere Entfremdung der PT von Gewerkschaften und sozialen Bewegungen. Doch auch die stellen sich derzeit hinter das Mitte-Links-Bündnis, um eine Wiederwahl Bolsonaros zu verhindern. Indes fürchten viele eine Radikalisierung der Anhänger:innen von Bolsonaro, der immer wieder Gewalt und den Einsatz von Waffen verherrlicht…“ Beitrag von Mario Schenk vom 26.07.2022 in amerika21 externer Link
  • Brasilien: Bolsonaro kämpft mit allen Mitteln. Brasiliens Rechte droht mit politischer Gewalt
    „Dutzende Botschafter waren am 18. Juni in der Hauptstadt Brasília zusammengekommen. Der Grund: Jair Bolsonaro hatte zu einem Treffen in den Präsidentenpalast geladen. Bei seiner Rede nahm der für seine cholerische Art bekannte Rechtsradikale kein Blatt vor den Mund: Er säte Zweifel am elektronischen Wahlsystem und attackierte einzelne Richter am Obersten Gerichtshof scharf. Für viele waren Bolsonaros Aussagen ein weiterer Hinweis darauf, dass Brasilien stürmische Zeiten bevorstehen. Am 2. Oktober findet im größten Land Lateinamerikas die erste Runde der Präsidentschaftswahl statt. Sollte kein Kandidat auf über 50 Prozent der Stimmen kommen, gibt es am 30. Oktober eine Stichwahl. Es ist wahrscheinlich, dass es zum großen Showdown zwischen Amtsinhaber Bolsonaro und Ex-Präsident Luiz Inácio »Lula« da Silva kommen wird. In den Umfragen liegt der Sozialdemokrat Lula derzeit weit vorne. Das größte Minus für Bolsonaro ist die wirtschaftliche Talfahrt. Die Inflation und Arbeitslosigkeit klettern auf immer neue Rekordwerte, die Energiepreise gehen durch die Decke und Millionen Menschen sind am Hungern. Das Land wurde sogar erneut auf die Welthungerkarte der UN aufgenommen. Videos in den sozialen Medien zeigen Menschen, die im Müll nach Essensresten suchen. Viele ehemalige Gefolgsleute haben sich deshalb von Bolsonaro abgewendet. Allerdings: Umfragen zeigen, dass rund ein Viertel der Bevölkerung hinter Bolsonaro steht. Und seine Anhängerschaft ist überaus aktiv – im Netz und auf der Straße. Zudem kann sich Bolsonaro auf die Unterstützung der einflussreichen evangelikalen Kirchen verlassen. (…) Verlassen kann sich Bolsonaro auch auf einflussreiche, meist weiße Großgrundbesitzer. Während er international viel Kritik für seine Umweltpolitik einfährt, bekommt er von diesen Kräften Unterstützung für seinen umweltfeindlichen Kurs. (…) Dass es im Zuge der Wahl zu Gewalt kommen wird, gilt für viele als traurige Gewissheit. Am 9. Juni ermordete ein Bolsonaro-Anhänger einen Lokalpolitiker der Arbeiterpartei PT an dessen Geburtstag. Viele geben Bolsonaro, der wiederholt zum Mord an Linken aufgerufen hatte, Mitschuld an der Tat. Und es wird befürchtet, dass Bolsonaro seine Anhängerschaft im Falle einer Wahlniederlage aufhetzen könnte. Auch Edson Fachin, Richter am Obersten Gerichtshof und Leiter der Wahlkommission, gab unlängst eine dunkle Einschätzung ab: »Wir könnten einen noch schwerwiegenderen Vorfall als den Sturm auf das Kapitol in Washington am 6. Januar 2021 erleben.«“ Artikel von Niklas Franzen vom 24. Juli 2022 in neues Deutschland online externer Link

Siehe erste Informationen zur Wahl im LabourNet in:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=203083
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