Citystreifen und Bürgerrechte – am Beispiel der Stadt Heimsheim

Dossier

get out of controlAm 26. März 2022 berichtete die Leonberger Kreiszeitung, dass die Stadt Heimsheim aufgrund eines Gemeinderatsbeschlusses eine City-Streife bekommt. Was sich amtlich liest, ist nichts anderes als der Vertrag mit dem privaten Sicherheitsunternehmen DSS Security aufgrund eines offenbar überforderten Gemeindevollzugsbediensteten (…) Dass es dem Gemeinderat dabei weniger um eine soziale Betreuung der Jugendlichen geht, zeigen die umfangreichen Befugnisse für die Citystreife. (…) Demnach soll der private Sicherheitsdienst ergänzend mit dem Ordnungsamt und der Polizei zusammenarbeiten und „durch die übertragenen Befugnisse dürfen sie auch Personalien überprüfen oder Platzverweise aussprechen und können so Ordnungswidrigkeiten und Übergriffe umgehend und effektiv ahnden“. Damit übernimmt der private Sicherheitsdienstleister eindeutig hoheitliche Aufgaben. Und was passiert mit den persönlichen Daten Betroffener, die eine City-Streife aufnimmt? Wer kontrolliert den Umgang mit diesen Daten und wer überprüft etwaige Löschungsfristen? Platzverweise durch Citystreifen sind unrechtmäßig. Was passiert, wenn Betroffene dem Platzverweis nicht nachkommen?…“ Aus dem Artikel von Jürgen Korell und Thomas Brunst vom 6.5.2022 – siehe Volltext und Hintergründe sowie Aktualisierungen:

  • Sicherheitsfirma in Heimsheim: Die Citystreife wird weiter patrouillieren  New
    Heimsheim verlängert den Vertrag mit der Sicherheitsfirma. Nicht nur am Waldspielplatz hat sich der Einsatz aus Sicht der Stadt gelohnt. (…) In Weil der Stadt wie auch in Heimsheim wurde, unabhängig voneinander, 2022 die Firma DSS Schneider Security mit Sitz in Weissach zunächst befristet für ein Jahr beauftragt. In Weil der Stadt hat der Gemeinderat den Einsatz der örtlichen Citystreife erst kürzlich verlängert, Heimsheim hat jetzt nachgezogen. Auch hier sollen die Sicherheitskräfte weiterhin eingesetzt werden. (…) Missverständnisse hatte es im Vorfeld über die Zuständigkeiten und Befugnisse der Citystreife gegeben, die der Bürgermeister Jürgen Troll noch einmal aufklärte. Speziell ging es um die Aufnahme von Personalien und das Festhalten von Anderen. „Das Vorzeigen von Ausweisen erfolgt ausschließlich freiwillig“, erklärte er. Nur die Polizei darf Ausweise kontrollieren und die Daten festhalten. Das Festhalten von Personen, um sie an der Flucht zu hindern, ist nur dann erlaubt, wenn ein Verbrechen verübt worden ist. Dann gilt das Jedermannsrecht, nach dem jeder Unbeteiligte einen verdächtigen Täter festhalten darf, bis die Polizei eintrifft…“ Artikel von Kathrin Klette vom 16.02.2023 in der Stuttgarter Zeitung online externer Link
  • Einsatz in Heimsheim und Weil der Stadt: Citystreifen werfen noch Fragen auf 
    „… In Heimsheim waren die bisherigen Erfahrungen mit der Citystreife noch kein Thema im Gemeinderat. Dafür ging vor einigen Monaten eine Anfrage der Initiative „Frag den Staat“ für mehr politische Transparenz bei der Verwaltung ein, um die genauen Zuständigkeiten der örtlichen Citystreife zu erfragen. (…) Was die Sicherheitsleute nicht dürfen, ist beispielsweise die Herausgabe von Ausweisen verlangen und die Personalien ungefragt speichern. Das würde gegen den Datenschutz verstoßen. Sie dürfen Menschen auch nicht am Weggehen hindern, wenn diese kein Verbrechen begangen haben. Das liest sich in der Antwort der Stadt Heimsheim an „Frag den Staat“ anders. Darin steht: „Sollten die Personalien nicht freiwillig herausgegeben werden, haben die Mitarbeiter der Citystreife die Befugnis, die Personen bis zum Eintreffen von Polizei oder Mitarbeitern des Ordnungsamtes festzuhalten.“ Martin Wagner, Leiter des Ordnungsamts in Heimsheim, korrigiert die Formulierungen beziehungsweise ordnet sie anders ein: „Wenn sich eine Gruppe an so einem Platz aufhält, soll die Citystreife nach Namen fragen.“ Ziel der Anfrage sei es, einen Verantwortlichen zu haben, wenn der Platz anschließend zugemüllt ist. Die Angaben der Befragten seien aber freiwillig. „Die meisten gehen nach der Anfrage von sich aus weg“, sagt Martin Wagner…“ Artikel von Kathrin Klette vom 7.12.2022 in der Stuttgarter Zeitung online externer Link

  • Heimsheim: Rechtlicher “Befugniswildwuchs“ bei privater City-Streife 
    Wegen der umstrittenen privaten City-Streife in Heimsheim (Baden-Wüttemberg) hat die Initiative Frag den Staat (FdS) die Kommunalverwaltung der Enzkreis-Gemeinde gefragt, warum dem privaten Sicherheitsdienst im Rahmen der städtischen Beauftragung hoheitliche Befugnisse gestattet werden. Zur Beurteilung hatte FdS den Dienstleistungsvertrag zwischen der Stadt Heimsheim und der Sicherheitsfirma DSS Schneider Security angefordert. Im Auftrag der Stadt Heimsheim soll die private City-Streife Ordnungswidrigkeiten verfolgen und dafür auch die Personalien der Betroffenen feststellen. Weigern sich die Betroffenen den Angestellten der Sicherheitsfirma den Personalausweis zu zeigen, sollen sie bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten werden, so das Hauptamt der Stadt Heimsheim. Das Festhalten von Personen durch den privaten Sicherheitsdienst aufgrund von Ordnungswidrigkeiten ist nicht durch das Gesetz gedeckt. Diese “Scheinbefugnis“ der Stadt Heimsheim für ihre private City-Streife kann den Straftatbestand der Nötigung erfüllen. Unabhängig davon gilt: “Die Feststellung von Ordnungswidrigkeiten ist eine typische hoheitliche Aufgabe aus dem Kernbereich staatlichen Handelns.“ (…) Der Artikel 33 Abs. 4 Grundgesetz und das Gewaltmonopol der Bundesrepublik Deutschland sehen hierzulande nicht vor, dass privatwirtschaftliche Firmenangestellte für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sorgen. Auch das deutsche Verwaltungsrecht kennt keine kommerziellen Privaten die systematisch Ordnungswidrigkeiten feststellen und “umgehend ahnden“, weil es sich hierbei um hoheitliche Verwaltungsakte gemäß § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) handelt. Selbst wenn die Rechtslage der Stadt Heimsheim nicht bekannt ist oder die Kommunalverwaltung diesbezüglich wider besseres Wissen handelt, wäre es die Aufgabe der Kommunalaufsicht im Regierungspräsidium Karlsruhe einzugreifen, um den “Befugniswildwuchs“ der privaten Citystreife zu beenden – das bleibt aber aus! (…) Neben der Frage wie der Datenschutz in Verbindung mit festgestellten bzw. geahndeten Ordnungswidrigkeiten (diesbezüglich werden Sachverhalte und Personaldaten der Bürgerinnen und Bürgern vermutlich auf DSS-Firmenrechnern gespeichert) innerhalb der Sicherheitsfirma DSS Schneider Security gewährleistet und kontrolliert werden soll, wäre es interessant zu erfahren wie Polizei und Datenschutzbeauftragte zur Personalienfeststellung durch die private Citystreife stehen. Weigert sich eine Person wegen eines Ordnungsverstoßes den DSS-Firmenangestellten ihren Personalausweis zu zeigen und wird sie deshalb festgehalten, ist man wegen der fehlenden Befugnisnorm schnell im Bereich der Nötigung § 240 StGB. Unabhängig davon sollte bei Ordnungswidrigkeitenanzeigen durch Angestellte privater Sicherheitsdienste generell überlegt werden, verwaltungsrechtlich Widerspruch einzulegen…“ Beitrag vom 30. November 2022 bei dieDatenschützer Rhein Main externer Link
  • Heimsheim: Private Citystreife der DSS Security soll Personalien feststellen und Ordnungswidrigkeiten ahnden – es sind hoheitliche Aufgaben! 
    Die Initiative Frag den Staat (FdS) forderte Ende März dieses Jahres externer Link Einsicht in den Dienstleistungsvertrag zwischen der Stadt Heimsheim und der Sicherheitsfirma DSS Security. Am 7.11.2022 hat FdS die Antwort der Stadt Heimsheim externer Link erreicht. Zur umstrittenen Personalienfeststellung durch den privaten Sicherheitsdienst teilt das Hauptamt der Stadt Heimsheim mit:
    “(…) Die Fa. Schneider Security hat hierbei keine hoheitlichen Befugnisse, sondern ist lediglich berechtigt, ein eventuelles Hausrecht der Gemeinde in öffentlichen Einrichtungen der Stadt Heimsheim gegenüber Dritten durchzusetzen, z.B. durch die Erteilung eines Hausverbotes. Weiterhin dürfen Mitarbeiter der Fa. DSS Schneider Security bei Verstößen von Betroffenen Personalien vor Ort abfragen. Die Herausgabe von Personalien durch die Betroffenen erfolgt freiwillig. Sollten die Personalien nicht freiwillig herausgegeben werden, haben die Mitarbeiter der Firma DSS Security die Befugnis, die Personen bis zum Eintreffen von Polizei oder Mitarbeitern des Ordnungsamtes festzuhalten. (…)“
    Der § 127 Abs. 1 Strafprozessordnung (“…vorläufige Festnahme durch Jedermann…“) gilt nur i. V. m. Straftaten und bildet gleichzeitig die einzige Befugnisnorm, auf die sich Mitarbeiter privater Sicherheitsdienste berufen können. Diese Befugnisnorm greift nicht bei Ordnungswidrigkeiten!
    Wie aus der Sitzungsvorlage des Gemeinderats vom 14.3.2022 hervorgeht, sollen die Mitarbeiter der privaten Citystreife berechtigt sein Ordnungswidrigkeiten zu ahnden – eine hoheitliche Aufgabe, die durch mehrere Gerichtsentscheidungen untersagt wurden: “Die Feststellung von Ordnungswidrigkeiten ist eine typische hoheitliche Aufgabe aus dem Kernbereich staatlichen Handelns.“ Selbst bei der Überwachung des ruhenden Verkehrs gilt: “… Die den kommunalen Polizeibehörden gesetzlich zugewiesene Verpflichtung der Überwachung des ruhenden Verkehrs und die Ahndung von Verstößen sind hoheitliche Aufgaben. Mangels Ermächtigungsgrundlage dürfen sie nicht durch private Dienstleister durchgeführt werden…“ OLG Frankfurt am Main v. 03.01.2020 (Beschluss vom 03.01.2020 – 2 Ss-OWi 963/18)
  • Heimsheim: Vertrag mit DSS Security
    „Den Vertrag, den die Stadt mit DSS Security geschlossen hat (…) sowie ggf. weitere Vereinbarungen, in denen die Übertragung von Befugnissen wie z.B. der Kontrolle von Personalien geregelt ist. Personenbezogene Daten wie Namen und Kontaktdaten können geschwärzt werden.“ Anfrage von FragDenStaat vom 31. März 2022 externer Link
  • City-Streife Heimsheim: Stadt bekommt private Ordnungshüter – Vertrag mit DSS Security 
    „In Heimsheim schaut nicht nur der Gemeindevollzugsbedienstete Dirk Albrecht nach dem Rechten, sondern demnächst zusätzlich eine City-Streife. Das hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen. Denn die Probleme mit Lärm, Vermüllung und Vandalismus im öffentlichen Raum nehmen auch in der Schleglerstadt zu. Die Beschäftigten der Firma DSS Security, die auch in Friolzheim tätig ist, sollen besonders die Brennpunkte kontrollieren, an denen sich Feiernde abends und am Wochenende treffen, etwa am Waldspielplatz, am Beachvolleyballfeld, an der Schutzhütte, auf dem Betzenbuckel oder im Schlosshof und am See. (…) Der Gemeindevollzugsbedienstete ist in drei Kommunen mit insgesamt mehr als 10 500 Einwohnern unterwegs. Das ist neben Heimsheim und Wurmberg auch Mönsheim, wo er angestellt ist und sein Büro hat. Seine Haupttätigkeit ist das Überwachen des ruhenden Verkehrs, sprich das Parken, sowie der Nutzung von Feldwegen. Er befasst sich in den drei Enzkreis-Kommunen auch mit illegalen Müllablagerungen und geht Hinweisen auf Lärmbelästigungen und Verschmutzungen auf öffentlichen Flächen nach, erklärte Albrecht jetzt in seinem Tätigkeitsbericht. 1500 Ordnungswidrigkeiten hat er in Heimsheim in den vergangenen Jahren mit Verwarnungen geahndet. Doch am Wochenende und späteren Abend, wenn es mancherorts in und außerhalb der Stadt hoch hergeht, ist der Vollzugsbeamte normalerweise nicht im Dienst. (…) Die neuen Ordnungshüter erhalten eine Reihe von Befugnissen. So dürfen sie Personalien kontrollieren, Platzverweise aussprechen und Ordnungswidrigkeiten und Übergriffe umgehend ahnden. Bei Bedarf ziehen sie die Polizei hinzu. Auch den unerlaubten Alkoholkonsum von Jugendlichen in der Öffentlichkeit sollen sie im Blick haben. Die City-Streife wird – zunächst für ein Jahr – von April bis Oktober dreimal wöchentlich an den Heimsheimer Brennpunkten zu unterschiedlichen Zeiten unterwegs sein, in den Wintermonaten sind sie an zwei Tagen im Einsatz. Für diese Leistung muss die Stadt rund 12 500 Euro bezahlen. Ein Startdatum steht noch nicht fest“ Artikel von Brunhilde Arnold vom 26. März 2022 in der Leonberger Kreiszeitung online externer Link

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Citystreifen und Bürgerrechte

von Jürgen Korell und Thomas Brunst

Am 26. März 2022 berichtete die Leonberger Kreiszeitung, dass die Stadt Heimsheim aufgrund eines Gemeinderatsbeschlusses eine City-Streife bekommt. Was sich amtlich liest, ist nichts anderes als der Vertrag mit dem privaten Sicherheitsunternehmen DSS Security aufgrund eines offenbar überforderten Gemeindevollzugsbediensteten, der nämlich neben Heimsheim auch für die Nachbargemeinden Mönsheim und Wurmberg und damit für 10500 Einwohner.innen zuständig ist. Während der regulären Arbeitszeiten soll er den ruhenden Verkehr, die Nutzung von Feldwegen überwachen, bei illegalen Müllablagerungen ermitteln, bei Lärmbelästigungen und bei Verschmutzungen öffentlicher Flächen einschreiten. Das führte im vergangenen Jahr alleine in Heimsheim zu 1500 Ordnungswidrigkeiten.

Im Gemeinderat von Heimsheim sind von den etablierten Parteien lediglich die CDU mit drei Sitzen und die SPD mit zwei Sitzen vertreten. Ansonsten regieren die Bürger für Heimsheim mit vier Sitzen, die Freie Wählervereinigung mit drei Sitzen, die Frauen für Heimsheim mit einem Sitz und die Unabhängige Wählervereinigung ebenfalls mit einem Sitz. Die Zusammensetzung des Stadtrats in Heimsheim zeigt, dass die Bürger.innen offenbar eine eigene Vorstellung vom Regieren ihrer Stadt haben.

Heimsheim und Mönsheim belastet das gemeinsame Problem der feiernden Jugendlichen. Neben dem Lärm sind die Müllhinterlassenschaften der Jugendlichen problematisch, weshalb Mönsheim den privaten Sicherheitsdienst beauftragte und Heimsheim nun nachzog.

Die Gemeinde wird es jährlich 12500 Euro kosten, dass der Sicherheitsdienst für zunächst ein Jahr an Brennpunkten von April bis Oktober dreimal wöchentlich und von November bis März zweimal wöchentlich mit jeweils einem variablen Tag im Einsatz ist.  

Dass es dem Gemeinderat dabei weniger um eine soziale Betreuung der Jugendlichen geht, zeigen die umfangreichen Befugnisse für die Citystreife. So soll die Citystreife die Personalien kontrollieren, Platzverweise erteilen, Ordnungswidrigkeiten und Übergriffe ahnden sowie den Alkoholkonsum von Jugendlichen eindämmen. Dass es sich dabei um hoheitliche Aufgaben handelt, die auf private Dienstleister nicht übertragen werden dürfen, wie das Oberlandesgericht Frankfurt am 3. Januar 2020 entschied, ist den Verantwortlichen offenbar nicht bewusst. In dem Zusammenhang verwundert auch, dass weder die Datenschutzbeauftragten noch die Kommunalaufsicht Bedenken gegen das widerrechtliche Vorgehen der Gemeinden haben. Im übrigen stellt sich die Frage, ob der repressive Umgang mit Jugendlichen tatsächlich zielführend ist.

Aufgrund einer Anfrage an die Stadt Heimsheim antwortete die Hauptamtsleiterin: „Die Stadt Heimsheim hat keine hoheitlichen Befugnisse an die beauftragte Sicherheitsfirma übertragen.“ Aus der Beschlussvorlage des Gemeinderats vom 14.03.2022 mit der Vorlage-Nr. 14/2022 geht allerdings etwas anderes hervor. Demnach soll der private Sicherheitsdienst ergänzend mit dem Ordnungsamt und der Polizei zusammenarbeiten und „durch die übertragenen Befugnisse dürfen sie auch Personalien überprüfen oder Platzverweise aussprechen und können so Ordnungswidrigkeiten und Übergriffe umgehend und effektiv ahnden“. Damit übernimmt der private Sicherheitsdienstleister eindeutig hoheitliche Aufgaben.

Und was passiert mit den persönlichen Daten Betroffener, die eine City-Streife aufnimmt? Wer kontrolliert den Umgang mit diesen Daten und wer überprüft etwaige Löschungsfristen? Platzverweise durch Citystreifen sind unrechtmäßig. Was passiert, wenn Betroffene dem Platzverweis nicht nachkommen? Wird die Polizei hinzugezogen, damit sie das Unrecht vervollständigt? Der Einsatz privater Citystreifen ist lediglich im sogenannten Jedermannsrecht geregelt. Wer aber im öffentlichen Raum Grundrechte einschränken darf, bedarf einer gesetzlichen Grundlage ähnlich den Polizeigesetzen und die haben private Sicherheitsdienste nicht. 

Die Nachbargemeinden Wimsheim und Tiefenbronn gehen einen besseren Weg, denn private Sicherheitsdienste gehören nicht in den öffentlichen Raum. Die Gemeinden schaffen einen gemeinsamen Gemeindevollzugsdienst, der aufgrund der rechtlichen Möglichkeiten effektiver als eine private City-Streife einschreiten kann. 55.0000 Euro wird das die beiden Gemeinden kosten plus den Kosten für ein Mietfahrzeug.

Durch den Einsatz privater Sicherheitsdienste wollen die Gemeinden Geld sparen und vergessen dabei, dass sie einen Niedriglohnsektor unterstützen, in dem nicht gut ausgebildete Fachkräfte zum Einsatz kommen sondern schlecht bezahlte Hilfskräfte, die lediglich vordergründig den öffentlichen Frieden aufrechterhalten.

Der Schaden durch deren unrechtmäßigen Einsatz ist letztendlich größer als der Nutzen. Durch den Einsatz privater Sicherheitsdienste in der Öffentlichkeit wird das Vertrauen in staatliche Institutionen weiter herabgesetzt, denn die Citystreife wird nicht als privater Dienstleister sondern als Teil des Staates wahrgenommen und das gilt es zu verhindern.

In den Kommunen und bei deren Bürger.innen herrscht dagegen Zufriedenheit mit der Arbeit der Citystreifen. Die Probleme seien verringert und das subjektive Sicherheitsgefühl erhöht worden. Das liegt vermutlich auch daran, dass Citystreifen durch ihre Uniformen, die den Polizeiuniformen nicht unähnlich sind einen offiziellen und seriösen Anstrich verleihen. Selbst deren Fahrzeuge sind im Polizeidesign unterwegs. Die eingesetzten Sicherheitsfirmen betonen immer wieder, dass ihr Einsatz sich im Rahmen geltender Gesetze bewegt und die Mitarbeiter.innen regelmäßig geschult würden. Auch die Polizei zeigt sich mit der Zusammenarbeit zufrieden, wovon die vielfachen Kooperationsverträge aus der Vergangenheit zeugen. 

Sobald die Citystreife ihren Einsatzbereich aufsucht, meldet sie sich bei der zuständigen Polizeidienststelle an und ab. Über relevante Geschehnisse tauscht man sich aus und die Polizei setzt die Streifen sogar zur Überprüfung von Ruhestörungen oder anderen kleinen Belästigungen ein. Einzig die Betroffenen selbst sind mit dem Einsatz der Citystreifen unzufrieden. Oftmals lassen sich die Jugendlichen von den privaten Ordnungshütern nichts sagen. Der Widerstand findet meist nur vor Ort statt und mündet in den seltensten Fällen in Beschwerden oder gar Strafanzeigen.

Das Public Private Partnership (ppp) wird wohl nicht mehr zurück zu drängen sein. In Österreich und der Schweiz ist die Zusammenarbeit noch intensiver als in Deutschland, auch wenn es in unseren Nachbarländern immer wieder Beschwerden gegen deren Vorgehen gab. 

2010 bemängelte die Polizei in Hessen noch den Einsatz privater Sicherheitsdienste im öffentlichen Raum, weil bereits Streifengänge eine hoheitliche Aufgabe darstellten, die einer rechtlichen Grundlage bedürften. Von dieser Kritik ist heute nichts mehr zu hören.

Vielleicht könnten sich die Gemeinden die Citystreifen sparen, wenn sie für angemessene Jugendtreffs sorgen würden. Doch dieser Prozess findet nicht gar nicht oder nur so schleppend statt wie im Wiesbadener Künstlerviertel. Dort sollte ein Jugendtreff bereits im Juni 2019 nutzbar sein. Bislang waren dort noch keine Jugendlichen zu sehen.

Artikel von Jürgen Korell und Thomas Brunst vom 6.5.2022 – wir danken!

Bezugsquelle:

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Und im LabourNet Germany:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=200649
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