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Die Bedeutung der Logistikbranche in der chilenischen Wirtschaft

DHL Chile - von Aussen normal hässlich...„Logistik in Chile“ von Olaf Berg und Helen Schwenken in der Zeitschrift iz3w Ausgabe 349 vom Juli/August 2015 ist in der gedruckten Ausgabe der Zeitschrift ein Infokasten innerhalb des Artikels „Wir haben uns lautlos organisiert“ – Gewerkschaftsgründungen bei DHL im postdiktatorischen Chile“ (den wir zur selben Zeit in unserer Rubrik Chile/Gewerkschaften mit Dank an AutorInnen und Redaktion veröffentlichen). Weil die Redaktion LabourNet Germany meint, dieser Beitrag stellt einen guten knappen Überblick über eine wichtige Branche der chilenischen Wirtschaft dar, veröffentlichen wir ihn gesondert in eben dieser Rubrik.

Logistik in Chile

Der Logistik-Sektor spielt für Chiles Ökonomie eine zentrale Rolle. „33 Prozent des BIP kommen in Chile aus dem Warenexport; und 93 Prozent dieser Exporte werden über den Seeweg durchgeführt. Die Mehrheit der exportierten Rohstoffe müssen von den Produktionsorten (Wälder, Minen, Felder) per Lastwagen zum Hafen transportiert werden“, sagt Lucas Cifuentes, Soziologe am FLACSO Chile, und benennt damit die wichtigsten Transportwege. Die Deutsch-Chilenische Handelskammer schreibt 2013: „Chile hat in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Freihandelsabkommen mit den weltweit wichtigsten Märkten abgeschlossen. Diese verpflichten Chile über eine schnelle und effiziente internationale Logistik zu verfügen.“ Nun sollen das Handelsrecht reformiert werden und Spediteure in Zukunft eigenständig Zollverfahren abwickeln können.

Das Schienennetz wurde während der Diktatur nahezu abgeschafft – unter anderem, um das klandestine Logistiknetz der gut organisierten BahnarbeiterInnen zu zerschlagen. Transportunternehmen, die vor dem Putsch die Volksfront-Regierung Allendes mit Streiks und Blockaden destabilisiert hatten, wurden dagegen begünstigt. Im Straßenverkehr gibt es einen Trend zur Privatisierung der Straßen im Rahmen von öffentlich-privaten Partnerschaften. Die Konzessionsverträge werden in der Regel auf 30 Jahre befristet und garantieren den Unternehmen durch den Transfer staatlicher Mittel Einkünfte. Etwa 2.500 Kilometer Autobahnen sind bereits privatisiert, für weitere 9.000 Kilometer gibt es Pläne. Zu den internationalen Betreibern zählen die italienische Autostrade, die kolumbianische ISA sowie die spanischen Unternehmen Global Vía und OHL.

Der chilenische Staat ist Eigentümer von zehn Häfen, die jedoch seit der Jahrtausendwende von privaten Betreibern auf Konzessionsbasis verwaltet werden. Die Verbindungen nach Deutschland sind gut. Den bedeutendsten chilenischen Hafen Valparaíso leitet der deutschstämmige Harald Jäger, und im Aufsichtsrat sitzt Klaus Schmöcker, Chef der Hamburg Port Consulting, eine Tochter der Hamburger Hafen und Logistik AG.

Mit Arbeitskämpfen konnten in den Häfen in den letzten Jahren einige Verbesserungen erreicht werden. „Die Strategien sind völlig neu und zugleich sehr alt: direkte Aktionen, wilde Streiks und entbürokratisierte Basisorganisierung, die von den Gewerkschaftsregistern nicht anerkannt wird“, schildert Cifuentes die Lage. Bei der internationalen Luftfracht ist Santiago die Drehscheibe und mit einem Marktanteil von über 50 Prozent dominiert hier die private chilenische LAN-Gruppe. DHL übernahm 2003 Commercial Safeway, den chilenischen Marktführer im Luftfrachtexport leicht verderblicher Waren und eröffnete 2013 ein modernes Logistikzentrum beim Flughafen.

Im lateinamerikanischen Vergleich gilt Chiles Logistikinfrastruktur als gut ausgebaut. So blicken Agrarunternehmen aus Brasilien neidisch nach Chile, weil dort mit nur einem Zehntel der Obstanbaufläche und deutlich komplizierteren Transportwegen weit mehr und lukrativer nach Europa exportiert wird. Chile exportierte zuletzt etwa 2,6 Millionen Tonnen Frischobst, Brasilien knapp 700.000 Tonnen. Die vergleichsweise niedrige Kriminalitätsrate erlaubt Transporte ohne bewaffnete Eskorten.

Olaf Berg und Helen Schwenken

Siehe dazu auch auch bisherige Beiträge im LabourNet Germany zu Gewerkschaften bei DHL Chile:iz3w 349 – Zeitschrift zwischen Nord und Süd - vom Juli/August 2015: Logistik - Leidbranche der Globalisierung

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=82932
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