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ANC no more: Metallerkongress

SA: Metallgewerkschaft NUMSAWegen des Todes von Nelson Mandela war der Sonderkongress der NUMSA, der südafrikanischen Metallgewerkschaft auf den 17. Bis 20. Dezember 2013 verschoben worden. Die 1.200 Delegierten, die 338.000 Mitglieder vertraten, fassten dabei Beschlüsse, die für das Land von historischer Bedeutung werden könnten: Vor allem eben den, im kommenden Wahlkampf weder ANC noch KPSA zu unterstützen – das nationale Entwicklungsprogramm der Regierungsallianz sei eindeutig ein Programm des Kapitals. Die Materialsammlung “Keine Unterstützung für den ANC” von Helmut Weiss vom 31. Dezember 2013

“Sie muessen uns schon sagen, was revolutionaer daran ist, wenn ein privates Haus fuer 200 Millionen Rand gebaut wird” – mit diesen Worten reagierte der neugewaehlte Vorsitzende der Metallergewerkschaft NUMSA auf die Vorwuerfe von ANC und KPSA Vertretern, die NUMSA beteilige sich an einer konterrevolutionaeren Korruptionskampagne gegen Staatspraesident Zuma.

Diese Haltung des neuen Gewerkschaftsvorsitzenden Andrew Chirwa ist allerdings nicht ueberraschend – seine Wahl anstelle des zurueckgetretenen Zumafreundes Cedric Gina war insofern bereits eine deutliche Stellungnahme nahezu aller der ueber 1000 Delegierten, als der ANC und die KP Suedafrikas (und insbesondere deren Vorsitzender Blase Nzimande) intensiv dafuer gearbeitet hatten, Risse in der NUMSA zu erweitern. Der Artikel Zuma must go, says Numsa’s new boss externer Link von Lebogang Seale am 18. Dezember 2013 bei The Mercury (iol) berichtet ausfuehrlich ueber diese Grundsatzrede am ersten Kongresstag.

Die afp-Meldung Jim stands firm at Numsa congress externer Link ebenfalls vom 18. Dezember 2013 (ebenfalls bei iol dokumentiert) unterstreicht, dass Gewerkschafts-Generalsekretaer Irving Jim in seiner Rede am Eroeffnungstag den harten Oppositionskurs weiter verfolgte: “Wir muessen den ANC stuerzen, wie die Apartheid gestuerzt worden ist – wenn er seine Versprechungen nicht erfuellt”.

Am zweiten Tag des NUMSA Sonderkongresses waren die Schlagzeilen eindeutig: NUMSA fordert Zumas Ruecktritt und, nach einer am Vortag veroeffentlichten Umfrage, nur noch 55% der ANC WaehlerInnen der letzten Wahl wollen dies auch bei der kommenden Wahl tun. Die Reaktionen der Regierung waren im wesentlichen die Fortsetzung der Kampagne vor allem gegen Irving Jim, der manisch und machtbesessen sei, ganz im Stil, wie in den Tagen zuvor die heftigen Buhrufe gegen Zuma bei der Beerdigung Nelson Mandelas als das Werk von “spalterischen Kraeften” eingestuft wurden – zusammengefasst: Es gibt keine legitime Opposition…Der Artikel Zuma is entrenched as leader but ANC faces flagging support externer Link von Carol Parton am 19. Dezember bei Business Day Live fast diese allgemeinpolitischen Rahmenbedingungen des Metallerkongresses zusammen.

Die am 19. Dezember 2013 einstimmig beschlossene Resolution Resolution on Challenges Facing the Alliance ist insofern ein historisches Dokument, als sie eine programmatische Absage an die Dreierallianz von ANC, KPSA und COSATU ist, was in dem folgenden Absatz 1.3 der Resolution am deutlichsten gesagt wird: “1.3. The Freedom Charter which we understood as the minimum platform of the Alliance has been completely abandoned in favour of rightwing and neo-liberal policies such as the National Development Plan (NDP)”. (Die Freiheitscharta, die wir als die Mindestplattform der Allianz verstanden haben, wurde vollkommen aufgegeben, zugunsten rechtsgerichteter und neoliberaler Politik wie dem Nationalen Entwicklungsplan).

Zuvor hatte der Bericht des Sekretariats der NUMSA die Entwicklung der letzten Jahre zusammengefasst um den Standpunkt der Metallgewerkschaft zu untermauern, keinerlei Wahlempfehlung und Wahlhilfe fuer irgendeine Organisation zu vertreten: Secretariat Report externer Link vom 18. Dezember 2013 auf der NUMSA-Seite.

In allen wesentlichen Dokumenten des Kongresses wird der Massenmord von Marikana ausdruecklich verurteilt, al seine Art Scheidelpunkt der Trennung von politischen Stroemungen bewertet und der Ruecktritt der Polizeifuehrung gefordert.

Einen Gesamtueberblick ueber den Verlauf und die politischen Positionierungen des Gewerkschaftstages der NUMSA gibt der Beitrag NUMSA calls for new movement for socialism, end to ANC alliance externer Link erschienen am 01. Januar 2014 in der australischen Links, hier dokumentiert beim CETRI. Neben dem Ende der Wahlunterstuetzung fuer den ANC und die Allianz, wird in dem Bericht vor allem die Positionierung innerhalb des Gewerkschaftsbundes COSATU ausfuehrlich dargestellt, im Kern mit der Aussage: “There are two voices, crystallised into two camps, coming from within and amongst COSATU’s top leadership: a camp that wants COSATU to continue to fight for socialism and against neoliberalism, and another camp that wants a COSATU that acts as the “labour desk” of the ANC, thereby consciously or unconsciously advancing the neoliberal project underway in South Africa” (In und unter der COSATU Fuehrung gibt es zwei Stimmen, die zwei Lagern entsprechen: Ein Lager, das will, dass COSATU weiterhin fuer den Sozialismus und gegen den Neoliberalismus kaempft und ein anderes Lager, das will, dass COSATU als die Gewerkschaftsabteilung des ANC agiert und somit absichtlich oder unabsichtlich das neoliberale Projekt vorantreibt, das gegenwaertig in Suedafrika verfolgt wird).

Reaktionen und Positionen

Natuerlich gibt es jede Menge Artikel, Berichte und Beitraege ueber die Reaktionen und Positionierungen der “anderen Seite”, also der VertreterInnen der Allianz, von denen in diesem Zusammenhang aber nur drei erwaehnt werden sollen (wir haben es bereits getan und werden noch in anderen Beitraegen diese pro-Regierungsstroemung ebenfalls dokumentieren).

Der Beitrag A rocky relationship, perhaps, but it’s one that has lasted externer Link von S’dumo Dlamini dem COSATU Praesidenten am 01. Dezember 2013 in The Independent, also im Vorfeld des Kongresses veroeffentlicht fast die Position der (sehr knappen) Cosatu Mehrheit zusammen. Mit dem Verweis auf die Gear-Politik die der damalige Staats- und ANC Praesident Thabo Mbeki verfolgt hatte und die innerhalb der Dreierallianz stets bekaempft worden sei und schliesslich, S’dumo Dlamini zufolge 2007 (mit der Wahl Zumas) besiegt worden sei, argumentiert er, dass dies eben auch jetzt moeglich und die Aufgabe sei: Das neue offizielle Regierungsprogramm zu Fall zu bringen, was gelingen werde und kein Grund sei, die erfolgreiche Allianz aufzukuendigen.

Die Ruepelrolle uebernahm diesmal die ANC Jugendliga, deren Sprecher Masina dem NUMSA Sekretaer Jim nahelegte “Fuck off” (hau ab). Was nachher als Missverstaendnis bewertet wurde, er habe gesagt “Fork off” (Spalte dich ab), wie es in dem sapa-Beitrag Masina meant “fork off” externer Link : ANCYL am 21. Dezember 2013 bei der SABC deutlich wird – als ein Beispiel dafuer, dass es in dieser Auseinandersetzung immer auch den harten Ton gibt.

Die KP Suedafrikas, in der bisherigen Auseinandersetzung sozusagen die Speerspitze gegen die Metallerfuehrung, der sie in altbekanntem ueblen Stil eine Agentenrolle zuschreibt und Korruption unterstellt, kann aber auch prinzipiell argumentieren und tut dies etwa in dem Beitrag The alliance is not a trap to the working class externer Link von Alex Mashilo in der Ausgabe vom 20. Dezember 2013 von Usembezi Online tut, worin die Richtigkeit der Politik der Allianz vertreten wird, ausgehend von einer Ausfuehrung von Karl Marx, die Arbeiterklasse muesse zunaechst die fuehrende Rolle im Kampf fuer die Demokratie einnehmen – und dies sol laut dem Autor in Suedafrika der Fall sein…

Andere Organisationen, wie die Democratic Left Front begruessen den NUMSA Kongress nahezu euphorisch, wie es in dem Beitrag DLF SALUTES THE NUMSA SPECIAL NATIONAL CONGRESS externer Link einer offiziellen Stellungnahme vom 24. Dezember 2013 deutlich wird.

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=50552
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