Profitabler öffentlicher Hafenbetrieb Duisport AG verweigert sich der Tarifbindung und betreibt Lohndumping

Dossier

Sören Brandes und Kollegen im Duisburger Hafen - Foto Werkstatt ErschließungWährend zuletzt private Hafenbetriebe im größten Binnenhafen der Welt in Duisburg Tarifverträge für ihre Beschäftigten mit der Gewerkschaft Verdi abgeschlossen haben, sträubt sich die öffentliche Duisport AG gegen eine solche Vereinbarung. Von »Schmuddelkind in der Branche« ist bei Verdi die Rede, da die Duisport AG auch im erweiterten Umfeld von Duisburg die Rolle eines Hebels zur Verschlechterung der Lohn- und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Bereich der Häfen ausübe. Signalwirkung hätte eine tarifliche Bindung auch für Zulieferer und mit dem Duisburger Hafen in Geschäften stehende Betriebe allemal. (…) Der Duisburger Hafen ist organisiert und aufgeteilt in private Unternehmen, die Hauptbetreiber sind allerdings die städtischen Tochtergesellschaften, die als Duisport-Gruppe firmieren. Eigentümer sind zu zwei Dritteln das Land Nordrhein-Westfalen und zu einem Drittel die Stadt Duisburg…“ Artikel von David Bieber vom 15.10.2025 in ND online externer Link („Duisport mauert bei Tarifverträgen“) – siehe Interviews mit dem ver.di- Gewerkschaftssekretär Sören Brandes und mehr Informationen:

  • Streit um gerechte Löhne: Duisburger Hafenbeschäftigte wollen Tarifvertrag – von ihrem arbeitgebernah agierenden Betriebsrat bekommen sie keine Unterstützung New
    Die Duisburger Hafen AG gehört dem Land NRW und der Stadt Duisburg. Einen Tarifvertrag lehnt der Hafenchef ab – zum Ärger der Bundesarbeitsministerin.
    SPD-Chefin Bärbel Bas scheint wenig amüsiert, wenn sie auf den drohenden Arbeitskampf bei der Duisburger Hafen AG blickt. Die ist einer der wichtigsten Arbeitgeber ihrer Heimatstadt. „Tarifbindung ist ein Kernstück unserer sozialen Marktwirtschaft“, erklärt die mächtigste Sozialdemokratin der Republik auf taz-Anfrage. „Wer unter einem Tarifvertrag arbeitet, verdient mehr und hat bessere Arbeitsbedingungen“, sagt Bas. Als Bundesministerin für Arbeit und Soziales setze sie sich deshalb „mit Überzeugung dafür ein, die Tarifbindung in Deutschland zu stärken“.
    Doch bei der Duisburger Hafen AG, die zu zwei Dritteln dem schwarz-grün regierten Land Nordrhein-Westfalen und zu einem Drittel der SPD-geführten Stadt Duisburg und damit vollständig der öffentlichen Hand gehört, interessiert das die Chefetage wenig. Der Vorstandsvorsitzende Markus Bangen lehnt die Forderung der Gewerkschaft Verdi nach Abschluss eines Tarifvertrages gänzlich ab. Die Hafen AG habe „keinerlei Rückmeldungen von Mitarbeitenden erhalten, dass Interesse an einer gewerkschaftlichen Betreuung / Vertretung besteht“, lässt er sich im Lokalteil der Westdeutschen Allgemeinen zitieren. Mit der taz wollte Bangen über das Thema Tarifvertrag nicht sprechen.
    Doch eine Umfrage, die Verdi mit über 200 Beschäftigten im Duisburger Hafen durchgeführt hat, kommt zu einem ganz anderen Ergebnis: 95 Prozent wollen einen Tarifvertrag. Denn im Vergleich zu anderen Häfen wie etwa Wilhelmshaven wird in Duisburg schlecht bezahlt. Mitarbeiter, die ihren Namen aus Angst vor Repressionen erst einmal nicht in der Zeitung sehen wollen, berichten von Gehältern zwischen 2.750 und 2.900 Euro brutto.
    Mitarbeitende kritisieren schlechte und ungerechte Bezahlung
    In Wilhelmshaven seien dagegen bis zu 5.000 Euro drin, sagt Verdi-Gewerkschaftssekretär Sören Brandes. Unverständlich sei die Verweigerungshaltung des Hafen-Chefs, findet Brandes – schließlich gebe es in den öffentlichen Hafenbetrieben etwa in Köln, Neuss und Emmerich „selbstverständlich“ Tarifverträge. (…)
    Von ihrem eigenen, arbeitgebernah agierenden Betriebsrat bekommen die Beschäftigten keine Unterstützung. Der Arbeitnehmervertretung sei die Forderung nach einem Tarifvertrag schlicht nicht bekannt: „Auf uns ist keiner der Kollegen zugekommen“, erklärte etwa die stellvertretende Betriebsratschefin Nadine Krischer – wiederum im Lokalteil der WAZ. Karl-Heinz Wich-Kühnlein, der Konzernbetriebsratsvorsitzende, sagte, die Gewerkschaft Verdi habe keine Ahnung von der Hafen AG, an der indirekt über 50.000 Jobs hingen. Gegenüber der taz wollte er sich inhaltlich nicht äußern: „Ich werde diese Farce nicht weiter befeuern“, so Wich-Kühnlein in einem kurzen Telefonat. Die Betriebsräte seien „sehr schockiert über das Verhalten dieser Gewerkschaft“. (…)
    Zwar äußert sich die Gewerkschaft Verdi noch nicht zu der Frage, ob sie bei den im kommenden Frühjahr anstehenden Betriebsratswahlen mit einer eigenen Liste antreten will oder gar ein Streik drohe – doch Edis ist sich schon heute sicher: „Die kommenden Betriebsratswahlen werden anders ausgehen.“ Auch im Duisburger Stadtrat wollen die Linken den Tarifstreit zum Thema machen. „Stadt und Land sind in der Pflicht, gerade die gewerblichen Arbeitnehmer zu schützen“, sagt Ratsfraktionschefin Barbara Laakmann (Die Linke)
    …“ Artikel von Andreas Wyputta vom 17.11.2025 in der taz online externer Link („Streit um gerechte Löhne: Duisburger Hafenbeschäftigte wollen Tarifvertrag“)
  • Verdi im Clinch mit Hafenbetriebsrat. Duisburg: Gewerkschaft versucht beim größten Binnenhafen der Welt einen flächendeckenden Tarifvertrag zu etablieren
    „»Wir wollen endlich wieder einen übergreifenden Flächentarifvertrag für den Duisburger Hafen mit dessen Hauptunternehmen, der Duisport AG«, sagt Sören Brandes, Gewerkschaftssekretär von Verdi auf einer Pressekonferenz am Mittwoch im DGB-Haus in Duisburg, Nordrhein-Westfalen. Das sehe auch ein Großteil der Beschäftigten bei Duisport so, argumentiert Verdi selbstbewusst. Um das zu untermauern, hat die Gewerkschaft eigens eine nicht repräsentative Umfrage unter mehr als 200 Beschäftigten bei Duisport, den Tochtergesellschaften des Betreibers sowie weiteren nicht tarifierten Hafenunternehmen gemacht. 95 Prozent der Befragten sprachen sich für einen Tarifvertrag aus. Duisport bemängelt, Verdi könne unmöglich mit allen Hafenmitarbeitern, vor allem den gewerblichen Arbeitern, gesprochen haben. Denn diese arbeiten nicht nur in Duisburg. Brandes bekräftigt: »Dennoch sind unsere Erfahrungen und Zahlen aussagekräftig und valide, wir stehen täglich mit den Beschäftigten in Kontakt.« (…) »Was hier abgeht, ist schlimm«, sagt ein Mitarbeiter und schiebt nach: »Wir werden ausgebeutet, und das in einem Betrieb, der öffentlich ist.« Tatsächlich gehören Duisburger Hafen und Duisport AG zu einem Drittel der Stadt Duisburg und zu zwei Dritteln dem Land NRW. Daneben gibt es im riesigen Hafen zahlreiche kleinere, private Betriebe, die teilweise nach Tarif bezahlen. »Wieso geht das nicht bei Duisport?«, fragt Niels-Holger Schmidt von Verdi. (…) Der Duisport-Betriebsrat und Verdi liegen im Clinch. Die Gewerkschaft hatte den Hafen nach knapp 20 Jahren erst 2023 wieder – mit neuem Gewerkschaftssekretär – als Betätigungsfeld erkannt. Das wirft der Betriebsrat Verdi vor. Der vor einigen Jahren gewählte Duisport-Betriebsrat soll indes nicht von gewerblichen Hafenmitarbeitern gestellt werden. Die Betriebsräte erklärten in einem Artikel der »Westdeutschen Allgemeinen Zeitung«, sie stünden im Austausch mit den Hafenarbeitern, und diese würden sich keinen Tarifvertrag wünschen. Verdi zufolge erklärten Beschäftigte, dass der Betriebsrat nie auf sie zugegangen sei. Sören Brandes von Verdi sagt deshalb unumwunden: »Der Betriebsrat ist ein Kuschel-Betriebsrat.« Seitens Verdi habe es Gesprächsangebote gegeben, diese seien aber vom Betriebsrat nie aufgenommen worden. Mehr noch: »Zu Betriebsversammlungen wurde Verdi bewusst nicht eingeladen.« Der Betriebsrat ließ eine entsprechende »nd«-Anfrage unbeantwortet.“ Artikel von David Bieber vom 5. November 2025 in Neues Deutschland online externer Link
  • »Man will bei den Beschäftigten Geld sparen«. Duisburg: Profitabler Hafenbetrieb Duisport verweigert sich weiter der Tarifbindung. Ein Gespräch mit Sören Brandes
    „… Die Hafenarbeit in Duisburg war lange Zeit weitgehend tariflos. Dementsprechend schlecht sind die Löhne und Arbeitsbedingungen. Im Vergleich beispielsweise zum Containerterminal Eurogate Bremerhaven verdient ein Duisburger Hafenarbeiter nur die Hälfte, obwohl die Arbeit hier sehr wichtig für die mitteleuropäische Logistik ist. Duisburg liegt an der Mündung der Ruhr in den Rhein und ist der wichtigste und größte Rheinhafen mit direkter Verbindung nach Rotterdam und zur Nordsee. Bei Haeger & Schmidt, einem für den Stahlumschlag in der weiterhin wichtigsten Stahlstadt Deutschlands zuständigen Betrieb, konnten die Kollegen jetzt nach monatelangem Kampf einen neuen Tarifvertrag durchsetzen. Das ist das erste Mal seit über 20 Jahren, dass hier der Neuabschluss eines Tarifvertrags gelungen ist. Die Arbeitgeber haben sich mit Händen und Füßen gewehrt, mussten sich aber letztlich geschlagen geben, weil die Kollegen konsequent Druck gemacht und mit Streik gedroht haben. Damit sind nun nicht nur ihre Arbeitsbedingungen abgesichert, sondern Tariflöhne festgelegt, die bis zu 15 Prozent höher sind als vor dem Tarifkampf. Auch die Arbeitsbedingungen bei Haeger sind nun mit die besten im ganzen Hafen – die Kollegen bekommen ein Urlaubsgeld und bis zu 200 Prozent Schichtzuschläge. (…)Nach der erfolgreichen, aber noch anonymen Umfrage haben wir jetzt eine Petition gestartet, in der Beschäftigte einen Hafentarifvertrag fordern. Am letzten Mittwoch gab es auch eine erste Aktion vorm Duisburger Rathaus, wo Beschäftigte lautstark Oberbürgermeister Sören Link zum Handeln aufgefordert haben. Weitere Aktionen werden folgen, bis ein guter Tarifvertrag durchgesetzt ist.“ Interview von Henning von Stoltzenberg in der jungen Welt vom 20.10.2025 externer Link mit Sören Brandes, Gewerkschaftssekretär bei Verdi und für die gewerkschaftliche Organisierung der Beschäftigten des Duisburger Hafens zuständig
  •  „Man muss Hoffnung reintragen“: Interview mit Sören Brandes zum Organizing im Duisburger Hafen
    Der Duisburger Hafen ist der größte Binnenhafen Europas – und spielt eine Schlüsselrolle in der europäischen Logistik. Sören Brandes ist seit gut zwei Jahren im Rahmen eines ver.di-Organizing-Projekts vor Ort aktiv. Es gibt selten so ein komplexes Terrain für Erschließungsarbeit wie den Duisburger Hafen. Sören und seine Kolleg*innen arbeiten in einem logistischen Knotenpunkt, der für große Teile Mitteleuropas zentral ist – und dabei gewerkschaftlich weitgehend unerschlossen war. Eins steht aber fest: Die wirtschaftliche Bedeutung des Duisburger Hafens steht in keinem Verhältnis zu den Arbeitsbedingungen der Beschäftigten, die dort arbeiten. Wir haben mit Sören gesprochen: über harte Arbeit, strukturelle Macht, tarifpolitische Ziele – und warum Organizing mehr ist als nur Ansprache…“ Interview von Jeffrey Raffo vom 15. September 2025 bei der Werkstatt Erschließung externer Link (daher auch das Foto zum Beitrag)
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=232096
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