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Goedemorgen, wat kan ik voor u doen? Der Boom der Callcenter in Suriname

Please hold the line - Call Center Fantasien„„Guten Morgen, was kann ich für Sie tun?“ Alle, die bereits einmal die Hotline eines Unter­nehmens angewählt haben, kennen diese Begrüßungsworte. Wenn Niederländer*innen in der gleichen Situation „Goedemorgen, wat kan ik voor u doen?“ hören, vermuten sie wahrscheinlich nicht, dass hier gerade jemand aus dem fernen Suriname mit ihnen spricht. (…) Seit 2015 wächst der Sektor rasant. Die niederländische Tageszeitung De Telegraaf berichtete im Juli 2025, dass in den surinamischen Callcentern etwa 7000 Menschen arbeiten. (…) Der Grund, warum sich viele europäische Contact-Center in Suriname niederließen, seien – wen wundert’s – „Lohnvorteile“. Bei den meisten Unternehmen läge dort der Stundenlohn bei 1,80 bis 2,50 Euro…“ Artikel von Gert Eisenbürger in der ila490– Lateinamerika-Magazin vom 4. November 2025 externer Link und mehr daraus v.a. zu Teleperformance und Gewerkschaften:

  • Weiter aus dem Artikel von Gert Eisenbürger in der ila490– Lateinamerika-Magazin vom 4. November 2025 externer Link: „… Das derzeit größte Contact-Center-Unternehmen in Suriname ist Teleperformance. Der französische Konzern, Weltmarktführer im Bereich „Business Process Outsourcing“, hat in Suriname in drei Niederlassungen mehr als 1000 Beschäftigte, weltweit sind es laut Wikipedia 490 000. Der Konzern arbeitet(e) für Unternehmen wie Amazon, Apple und Uber, Samsung, Zalando oder Lebensmittelketten wie Albert Heijn und Lidl. Für die Teleperformance in Suriname wird laut Ziptone zwischen 1,86 und 2,50 Euro pro Stunde bezahlt.
    Die im Vergleich zu Europa niedrigen Löhne seien für Surinamer*innen aber dennoch attraktiv, weil sie in US-Dollar oder Euro ausgezahlt würden. Wenn diese auf dem Schwarzmarkt getauscht würden, und nicht zum offiziellen Kurs in den Banken und offiziellen Wechselstuben, sei das Einkommen in der lokalen Währung, dem Suriname-Dollar, durchaus akzeptabel. Das meint zumindest das Branchenorgan Ziptone. Da das Preisniveau in dem südamerikanischen Land in vielen Bereichen kaum niedriger ist als in Europa (viele Produkte müssen importiert werden), ist die Bezahlung ziemlich bescheiden.
    Laut der niederländischen Zeitung De Volkskrant arbeiten in den surinamischen Callcentern vor allem jüngere Leute, die gerade mit oder ohne Abschluss von der Schule oder Uni kämen und keinen Job fänden, oder solche, die noch studierten. Für die Arbeit sei nur eine kurze Schulung notwendig. (…)
    Widerstand ist rar
    Die spezielle Zusammensetzung der Beschäftigten in den Callcentern ist auch der Grund dafür, dass der gewerkschaftliche Organisationsgrad bisher sehr niedrig ist und wir keine Berichte über Arbeitskämpfe fanden. Viele dort Arbeitende sehen in den Jobs eine Übergangslösung und sind wenig motiviert, für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Das Onlinemedium Waterkant, ein Organ der surinamischen Diaspora in den Niederlanden, berichtete am 7. Juli 2025 über die Gründung einer Gewerkschaft der Beschäftigten von Callcentern in Suriname, die den ambitionierten Namen „Vakbond Voor Alle Werkers“ (Gewerkschaft Für Alle Arbeiter) trägt. Für deren Vorsitzenden Jerrel Mac Intosh scheint Sozialpartnerschaft das höchste Ziel zu sein. Waterkant zitiert ihn mit den Worten: „Die Gründung dieser Gewerkschaft ist kein Angriff auf die Arbeitgeber, sondern eine Einladung zur Zusammenarbeit. Gesunde, geschätzte Mitarbeiter leisten mehr. Indem wir uns organisieren, bauen wir eine Zukunft mit mehr Respekt, Sicherheit und Mitspracherecht auf.“
    Die lammfrommen Worte des Gewerkschafters haben möglicherweise damit zu tun, dass die Branche der Callcenter in Suriname nicht so robust ist, wie die hohen Wachstumsraten vermuten lassen. Schließlich verliert die niederländische Sprachkompetenz, auf der der Boom basiert, angesichts der technischen Entwicklungen bei der Künstlichen Intelligenz an Bedeutung. Das heißt, die in Paramaribo ansässigen Betriebe könnten in nicht allzu ferner Zukunft nach Afrika umziehen, wo das Lohnniveau noch einmal deutlich niedriger ist als in Suriname und der Zeitunterschied wegfällt
    …“
  • Recherche und Übersetzungen aus dem Niederländischen: Alix Arnold

Siehe zu Teleperformance v.a.:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=231886
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