Tod am Gleis: Arbeitsunfälle bei der Bahn

Eisenbahnerstreik in FrankreichBei der Bahn gibt es derzeit jede Menge Baustellen. Häufig werden allerdings nur die Verspätungen thematisiert. Was kaum jemand weiß: Die Arbeit der Reparaturtrupps an den Schienen ist mehr als gefährlich. Jedes Jahr kommen Menschen ums Leben, die am Gleis arbeiten. Doch nach den tödlichen Unfällen bekommen Angehörige von der Deutschen Bahn und den zuständigen Behörden kaum Antworten.“ Video des Beitrags von Tonja Pölitz in der Sendung Frontal vom 20.08.2024 beim ZDF externer Link (10 min, Video verfügbar bis 20.08.2026)

  • Vier tödliche Arbeitsunfälle bei der Bahn in nur vier Wochen, am 20.Mai erneut drei südlich von Stuttgart New
    • Tödlicher Arbeitsunfall: Drei Bauarbeiter aus großer Höhe abgestürzt
      Auf einer Brückenbaustelle bei Horb im Neckartal, südlich von Stuttgart, sind am Dienstagmittag, den 20. Mai, drei Bauarbeiter aus großer Höhe in den Tod gestürzt. Als sie in der mannshohen, an einem Kran befestigten Käfiggondel zu ihrem Arbeitsplatz auf einem Brückenpfeiler hochgezogen wurden, riss das Stahlseil über ihnen, und die Gondel stürzte ab. Feuerwehr und Rettungsdienste konnten nur noch den Tod der drei Männer feststellen. Die getöteten Männer, zwei polnische und ein deutscher Bauarbeiter im Alter zwischen 40 und 46 Jahren, gehörten zu der Baukolonne, die an einer der wichtigsten Großbaustellen Baden-Württembergs arbeitet (…) Während der Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) und der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) Beileidserklärungen abgaben und Krokodilstränen vergossen, drängte der verantwortliche Baukonzern Porr aus München, der schon für das Bahnprojekt Stuttgart 21 tätig war, rasch auf die Wiederaufnahme der Arbeit an der Baustelle. Schon ab Montag soll wieder gearbeitet werden, obwohl die Unfallursachen noch in keiner Weise geklärt sind…“ Beitrag von Marianne Arens vom 22.5.2025 in wsws externer Link
    • Vier tödliche Arbeitsunfälle bei der Bahn in nur vier Wochen
      „Am Mittwoch, den 14. Mai 2025, erlitt ein Mitarbeiter des Bahn-Instandhaltungswerks in Wittenberge (Brandenburg) einen schweren Schock: Bei seinem 15-Uhr-Rundgang entdeckte er einen Kollegen leblos in einer Arbeitshalle am Boden liegen. Der 38-Jährige, der Sandstrahlarbeiten ausgeführt hatte, war offenbar gestürzt. Herbeigerufene Rettungskräfte konnten nur noch den Tod des Kollegen feststellen. (…) Der grausige Unfalltot im Bahn-Ausbesserungswerk Wittenberge ist beileibe nicht der einzige tödliche Unfall bei der Bahn. In den letzten Wochen häufen sich schwere und tödliche Arbeitsunfälle. Allein in den vier Wochen seit Ostern waren es mindestens fünf: – Am Ostermontag, den 21. April, starb ein 52-jähriger Eisenbahner in Kehl (B.-W.) im Hafengebiet am Rhein. Bei Rangierarbeiten war er beim Zusammenkuppeln zweier Waggons zwischen die Pufferstempel geraten, eingeklemmt und tödlich verletzt worden. – Am Sonntag, den 27. April, verunglückte ein Bahnarbeiter im Rangierbahnhof Neuseddin (Brandenburg) tödlich, weil er ebenfalls zwischen zwei Waggons geriet und dabei regelrecht zerquetscht wurde. – Am Dienstag, den 29. April, wurde ein 58-jähriger Mitarbeiter eines Bautrupps in Hamburg vom ICE erfasst. Er überlebte schwerverletzt und soll mittlerweile außer Lebensgefahr sein, wird aber für sein Leben gezeichnet sein. – Am Freitag, den 9. Mai, wurde ein Arbeiter erneut zwischen zwei rangierenden Güterwaggons eingeklemmt. Der 50-Jährige war im Bahn-Instandhaltungsbetrieb Oberhausen (Oberbayern) als Sicherungsposten für die Waggons eingesetzt. Als er einen langsam rollenden Waggon begleitete, geriet er in das Gleis zwischen die Züge und wurde tödlich verletzt. – Am 14. Mai wurde der Arbeiter des Bahn-Instandhaltungswerk Wittenberge (Brandenburg), der Sandstrahlarbeiten ausführte, tot aufgefunden. Fünf schwerste Arbeitsunfälle, vier davon tödlich, in nur vier Wochen – so die blutige Bilanz. (…) Wie das Aktionskomitee Bahn aufgedeckt hat, gab es allein im letzten Jahr mindestens elf schwerste oder tödliche Arbeitsunfälle bei der Bahn. Im Jahr davor kam es zu mindestens zwölf (und vielleicht noch mehr) solchen Unfällen. Es gibt in Deutschland keine Behörde, die alle Bahnunfälle systematisch erfasst. Weder die Deutsche Bahn, noch das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) oder die Bundesstelle für Eisenbahnunfall-Untersuchungen (BEU) fühlen sich dafür verantwortlich. Am Wenigsten interessiert es sie, wenn es sich um Beschäftigte eines Subunternehmens handelt. Die einzige Möglichkeit, bei jedem einzelnen Unfall die Ursache herauszufinden, um dies in Zukunft zu verhindern, besteht darin, dass Arbeiter die Untersuchung selbst in die Hand nehmen. Sie kennen den Arbeitsablauf mit allen Gefahren am besten. Das gilt auch für die Arbeitsunfälle bei der Deutschen Bahn. Wie ein anderer Arbeiter sagte: „Sicherheit ist die beste Möglichkeit zu überleben.“…“ Beitrag von Marianne Arens vom 18. Mai 2025 bei wsws.org externer Link
  • [2024 bereits 9 tote ArbeiterInnen] Bahn-Sanierung: Was steckt hinter den tödlichen Unfällen? Sind Strecken nicht ausreichend abgesichert?
    „Angehörige von Arbeitern, die bei Unfällen auf Bahn-Baustellen verletzt oder sogar getötet wurden, erheben schwere Vorwürfe gegen den DB-Konzern. Silke Hedemann und Steffen Rach haben ihren Sohn Simon Hedemann an einer Baustelle der Bahn verloren. Er war noch Auszubildender und wurde nur 19 Jahre alt. Necmi Ekici trauert um seinen großen Bruder Necip. Katharina Duarte hat die drei Familien zusammengebracht, nachdem ihr Lebensgefährte Ali Ceyhan bei der Gleisarbeit umkam. Alle berichten das Gleiche über den Umgang mit den Unfällen: Es gebe weder Informationen noch eine angemessene Aufklärung. (…) Am 11. September 2023 wird der 33-jährige Ali Ceyhan zu einer Reparatur am Gleis in Köln-Mülheim gerufen. Ein Regionalexpress erfasst den Weichenmechaniker, trifft ihn am Kopf. Ali stirbt vier Tage später im Krankenhaus. Die Bahn bezahlt die Beerdigung – aber Antworten gibt es keine. Am Unfalltag befand sich Ali Ceyhan zwischen den Gleisen an einem Kölner S-Bahnhof. Zusammen mit einem Lokführer der Deutschen Bahn, der anonym bleiben will, hat das ARD-Wirtschaftsmagazin Plusminus die Unfallstelle aufgesucht. Für den Lokführer ist klar: Da, wo Ali gearbeitet hat, hätte die Strecke gesperrt sein müssen. Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt im Fall Ali Ceyhan gegen einen Bahn-Mitarbeiter, der für die Sperrung der Gleise zuständig war. Also nur der Fehler eines Einzelnen? Der anonyme Lokführer, der sich oft hinter den Kulissen für die Aufklärung von Unfällen engagiert, berichtet von einem Riesendruck, der hinter Baumaßnahmen herrsche, damit die Züge wieder fahren könnten. (…) Plusminus trifft Ingo Lubaczewski, Lokführer bei einem anderen Bahnunternehmen, der offen spricht. Er erlebt immer wieder brenzlige Situationen, weil Baustellen nicht gesperrt werden. Es seien Schockmomente, wenn er um den Gleisbogen komme und plötzlich Arbeiter auftauchten: Einmal funkt er deswegen den Fahrdienstleiter an, erzählt Lubaczewski, und erfährt, dass dieser davon gar nichts weiß.(…) Die zuständige Aufsichtsbehörde ist das Eisenbahnbundesamt. Das kontrolliert regelmäßig, ob die Bahn bei Baustellen die Vorschriften einhält. Tatsächlich wurden seit Anfang 2023 bei 800 Kontrollen insgesamt 2.700 Sicherheitsmängel beanstandet – Tendenz steigend. Die Familien wollen, dass der Tod ihrer Liebsten nicht umsonst war. Daher sind Katharina Duarte und Necip Ekici nach Berlin gereist, um mit Abgeordneten des Bundestags zu sprechen. Es geht ihnen darum, sich Gehör zu verschaffen. Die Betroffen wollen, dass man sie ernst nimmt – und dass man die Probleme, die es bei der Deutschen Bahn gibt, nicht klein redet, wie sie sagen. Sie wollen, dass ihre Angehörigen die letzten Toten bei der Bahn bleiben. Doch laut Presseberichten sind auch 2024 bereits neun Arbeiter am Gleis ums Leben gekommen.“ Beitrag von Melanie Jost vom 7. Dezember 2024 bei tagesschau.de externer Link mit dem Video des Beitrags im ARD-Wirtschaftsmagazin Plusminus

Siehe von 2014: Deutsche Bahn nahm tödliche Unfälle in Kauf

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=222577
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