Proteste gegen die AfD nach der Correctiv-Recherche über rechte Deportationspläne: Ist Antifaschismus wieder „in“ oder wird er zum Feigenblatt der übrigen Parteien?

Dossier

Entnazifizierung jetzt! (Grafik zur Demo am 21.1.24 in Bonn)Tausende Menschen stellen sich dem Rechtsruck entgegen. Initiativen schmieden Bündnisse, organisieren Proteste und diskutieren über ein AfD-Verbot. Fast fünf Jahre ist es her, als das letzte Mal so viele Menschen gegen die AfD und den gesellschaftlichen Rechtsruck in Berlin auf die Straße gingen wie an diesem Sonntag. (…) Doch danach blieben annähernd große Mobilisierungen aus, trotz der weiteren Radikalisierung der AfD zu einer Partei, in der der faschistische Flügel den Ton angibt, trotz Wahlerfolgen in Serie und ihrem Aufstieg zur stärksten Partei in den ostdeutschen Bundesländern samt der Übernahme erster kommunalpolitischer Machtposten. Als im Oktober 2022 erneut 10.000 AfD-Anhänger:innen im Regierungsviertel zusammenkamen, war vom Gegenprotest kaum mehr etwas zu vernehmen: Antifaschistische und zivilgesellschaftliche Strukturen schauten wie gelähmt auf die Rechten, die inzwischen offen von der Machtübernahme träumen. Seit diesem Wochenende aber ist das vorbei…“ Artikel von Luise Bartsch, Susanne Memarnia, Gareth Joswig, Erik Peter und Rainer Rutz vom 15.1.2024 in der taz online externer Link („Proteste gegen die AfD: Antifaschismus ist wieder „in“) – siehe mehr daraus, Terminübersichten und die Debatte:

  • Land in Sicht? Was bringen Proteste gegen die rechte Hegemonie in Ostdeutschland – ein Überblick in drei Akten New
    In Hamburg, Berlin oder Frankfurt am Main gehört es in postmaterialistischen Milieus zum guten Ton, gegen rechts zu demonstrieren. Engagement gegen die AfD ist akzeptiert. In ostdeutschen Städten riskiert zerstochene Reifen, psychische Einschüchterung oder direkte Bedrohung, wer sich erkennbar gegen rechts engagiert. Protest gegen rechte Dominanzräume im Osten? Geht da was? Ein Überblick in drei Akten.
    Erster Akt: Die 1990er Jahre – Feuerwehr-Antifa
    Rechte Dominanz- und Hegemonieräume sind in Ostdeutschland nicht vom Himmel gefallen. Sie wurden mit Gewalt durchgesetzt. Nach der deutschen Einheit verging keine Woche, in der Neonazis nicht Obdachlose anzündeten, Jagd auf Migrant*innen machten, Punks zu Tode prügelten oder Asylunterkünfte in Brand setzten. Sie setzten in Schulen und Jugendeinrichtungen, im Bus und auf Zeltplätzen ihren Anspruch auf Deutungshoheit mit massiver Gewalt und Einschüchterung durch. (…)Lokale alternative Jugendliche wurden montags nach einer Antifa-Demo von örtlichen Nazi-Schlägern für den antifaschistischen Besuch am Wochenende zur Verantwortung gezogen, Polizei, Innenministerien und Lokalpresse überschlugen sich nach einer kleinen Antifa-Demo in ostdeutschen Regionen ritualisiert mit Berichten: Nur dank massiver Polizeipräsenz sei es gelungen zu verhindern, dass linke Randalierende eine friedliche Kleinstadt ins Chaos stürzen. Die eigentliche Gefahr, so die Botschaft, gehe nicht von den rechten Jungs und deren Gewalt in der eigenen Stadt aus, sondern von zugereisten Chaot*innen aus Leipzig und Berlin. Auf diese Weise wurden der rechte Konsens vor Ort gestärkt und jene, die ihm widersprachen, gezwungen, zu schweigen oder den Ort zu verlassen. (…)
    Zweiter Akt: Die fragmentierte Zivilgesellschaft Ost
    Die Zivilgesellschaft im Osten ist fragmentiert. Große Akteur*innen fehlen. Seit Jahrzehnten wird das Engagement gegen die extreme Rechte im Osten weniger von großen Organisationen als vielmehr durch Netzwerke von kleinen Initiativen oder Einzelpersonen getragen. Seine Ursache hat dies in der bis heute andauernden Schwäche von Parteien, Gewerkschaften und Verbänden in den kleinstädtischen und ländlichen Regionen im Osten. (…) Es sind soziokulturelle Zentren, kleine Filminitiativen oder Menschen aus Kirchengemeinden, die das Engagement gegen rechte Hegemonie im Osten tragen. In deren Habitus und politischer Agenda kommt linke Radikalität nicht vor, oder sie steht nicht im Vordergrund. (…)
    Dritter Akt: Aufbruch von unten?
    Die Demonstrationen gegen die AfD sind in den ostdeutschen Kleinstädten angekommen. Sie sind ein kleiner, aber entschlossener Aufbruch von unten. Sie werden getragen von den verbliebenen linksbürgerlichen Akteur*innen, Schüler*innen und kulturellen Multiplikator*innen. Die wütenden Reaktionen aus dem Umfeld der AfD gerade auf Kundgebungen in Tangerhütte (Sachsen-Anhalt), Altenburg (Thüringen) oder Bautzen (Sachsen) zeigen, dass die Proteste die extreme Rechte schmerzen. Besonders dann, wenn sie in den rechten Hochburgen stattfinden, wo sich die extreme Rechte für unbesiegbar hält. (…)
    Dass die rechten Akteur*innen die Sichtbarkeit ihrer Gegner*innen nicht hinnehmen, war zu erwarten. Es häufen sich Berichte über Angriffe auf Teilnehmende der Kundgebungen gegen die AfD, Versuche der Einschüchterung und Bedrohung. (…)
    Die Demonstrationen in Ostdeutschland erreichen ganz gewiss nicht die AfD-Kernwähler*innenschaft oder den erweiterten Resonanzraum der Partei. Doch den verunsicherten Unentschiedenen machen die Kundgebungen in ostdeutschen Kleinstädten ein Angebot, sich gegen die AfD zu bekennen und damit nicht allein zu bleiben. Demonstrationen allein werden rechte Dominanzräume nicht aufbrechen oder gar beenden. Aber sie sind ein Zeichen, dass es in AfD-Hochburgen die Möglichkeit für Widerspruch gibt. Wie daraus regionale Anker gegen die rechte Omnipräsenz werden können, muss sich erweisen. Wer sich vor dem Horizont kommender AfD-Wahlerfolge in ostdeutschen Städten engagiert, wird Unterstützung und Solidarität aus den Metropolen brauchen, gerade dann, wenn die gegenwärtige Mobilisierung nachgelassen haben wird
    …“ Artikel von Friederike C. Domrös und Marcel Hartwig am 20. Februar 2024 externer Link in ak 701: Anti-AfD
  • Aktionstag gegen Rassismus am 21. März in Köln mit dem Aufruf zu 15 Minuten Arbeitsniederlegung: #15vor12FürMenschenwürde: Demokratie schützen, AFD bekämpfen
    Köln stellt sich quer“ ruft zur Aktion #15vor12FürMenschenwürde am 21. März auf
    „Der Sprecherkreis von „Köln stellt sich quer“ ruft am Donnerstag, 21. März, dem internationalen Tag gegen Rassismus, zu der Aktion #15vor12FürMenschenwürde auf. Um 11.45 Uhr werden alle Kölnerinnen und Kölner gebeten, ihre Tätigkeiten für eine Viertelstunde in den Betrieben, Werkstätten, Büros, Verwaltungen, Schulen, Hochschulen und Kultureinrichtungen, Schulen und Hochschulen niederzulegen und ein Zeichen zu setzen für das unantastbare Recht auf Menschenwürde. Ab 17 Uhr werden Sternmärsche von verschiedenen Ausgangspunkten in Köln starten, die in einer gemeinsamen Abschlusskundgebung gegen 19.30 Uhr enden
    …“ Aufruf und alle Infos bei https://www.15-vor-12.de/ externer Link zum Aktionstag gegen Rassismus am 21. März in Köln / 15 vor 12 / Sternmarsch – siehe frühere Beiträge dazu hier weiter unten

  • Protestforscher zu AfD und Rechtsruck: „Die Unsicherheit muss eingefangen werden“
    Der Protestforscher Daniel Mullis über Türöffner zum Rechtsextremismus, toxische Migrationsdebatten und Ost-West-Unterschiede. (…) Die Proteste markieren ganz klar, dass es keinen Durchmarsch der extremen Rechten in Deutschland geben wird. Es wird aber darauf ankommen, wie sich diese Bewegung institutionalisiert und wie sie eine langfristige Basis entwickelt. Daraus kann sich ein starker Eckpfeiler für Demokratie entwickeln. Aber es ist zu früh, die Auswirkungen jetzt schon zu beurteilen. (…) Mit meiner Arbeit kann ich zeigen, dass es nicht zuletzt die in der Mitte der Gesellschaft seit Jahren voranschreitenden Prozesse in Richtung Individualisierung, Konkurrenz und Ungleichheitsdenken sind, die für die Rechte grundlegende Anknüpfungspunkte schaffen. Sie öffnen das Tor zu rechtsextremen Ideologien weit und schließen es in der Tendenz für progressive Positionen. Das bedeutet aber nicht zwingend, dass Menschen durch das Tor hindurchgehen. (…) Manche Leute wollen gar nichts mehr mit Politik zu tun haben. Andere gehen in soziale Bewegungen und tun etwas vor Ort. Die Wut ist ein Türöffner für die Rechte. Aber es gibt keine Automatismen. Man kann nicht allgemein sagen, dass sie Menschen dazu bringt, Rechte zu wählen. Allgemein feststellbar ist aber schon der Wunsch nach Ruhe, Stabilität und Sicherheit und dass die extreme Rechte mit ihrem Versprechen von nationaler Sicherheit und Homogenität hier anknüpfen kann. (…) Die Migrationsdebatte hat ihre Sprengkraft voll entfaltet. Dieser Ankerpunkt zieht die Menschen zur AfD hin und lässt Positionen, bei denen sie mit der Partei nicht einverstanden sein mögen, in den Hintergrund treten. Studien belegen, dass die AfD Politik gegen die Interessen der ärmeren Menschen machen würde, aber das spielt bei der Entscheidung dann keine Rolle. Relevant ist die Frage, wo die Menschen sich letztlich auch in der Zukunft geborgen fühlen. (…) Es wäre ein ganz schlechter Rat, den Menschen zu versprechen, dass sich nichts verändern wird und dass die alte Normalität wieder einkehren wird. Die Union gibt solche Versprechen aufs Sträflichste ab. Das wird letztlich zu mehr Krisenerfahrungen führen, weil es nicht einzuhalten ist und die Leute wieder das Gefühl hätten, dass Versprechen gebrochen werden. Man muss ehrlich sein. Diese Gesellschaft muss diskutieren über Fragen wie „Was ist Wohlstand?“ oder „Was ist soziale Sicherheit und wie können wir sie auch aus einer globalen Perspektive nachhaltig gestalten?“ Die verbreitete Unsicherheit muss eingefangen werden, ohne Frage, sonst fehlt den Menschen die Beweglichkeit, sich auf die anstehenden Veränderungen einzulassen und es kommt zu Blockadehaltungen. Eine Politik, die hier gegenhalten und zugleich gegen rechts vorgehen will, muss sich fernhalten von toxischen Migrationsdebatten…“ Interview von Pitt von Bebenburg vom 15.03.2024 in der FR online externer Link
  • Die Demokratie ist auch aus der Mitte heraus gefährdet
    Die AfD will Millionen Menschen aus Deutschland vertreiben. Wie reagiert die Politik? Die will ihr entgegen kommen: Unter anderem beschließt sie ein noch schärferes Abschiebegesetz. Und der Union geht das nicht weit genug. Die Demokratie ist nicht nur durch Rechtsextreme gefährdet. Die Mitte selbst hat völkische Denkmuster nie abgelegt…“ Gastbeitrag von Julian Daum vom 13.3.2024 bei Volksverpetzer externer Link
  • Die Brandmauer, das sind letztendlich wir alle
    „Als im August 1992 Rechtsextremisten einen Wohnkomplex in Rostock-Lichtenhagen in Brand steckten, war ich fünf Jahre alt. Meine Familie war wenige Jahre zuvor aus Polen eingewandert. Im Fernsehen wurden verstörende Bilder gezeigt, wie rund 3000 Menschen den Tätern zujubelten. Wenige Monate später wurden drei Menschen in Mölln bei einem rechtsextremen Brandanschlag ermordet. Ich versichere Euch: Es ist unmöglich, sich irgendwo wirklich zuhause zu fühlen, wenn man Angst um das Leben seiner Familie haben muss. Die Correctiv-Recherchen belegen einmal mehr, was längst auf der Hand liegt. Es geht beim Anstieg rechtsextremer Gewalt nicht um bedauerliche Einzelfälle. Das sind keine Einzeltäter, die sich im luftleeren Raum radikalisieren. Darum ging es damals nicht und heute noch viel weniger. Wir haben es hier mit organisierten Strukturen von Demokratiefeinden zu tun. Organisierte Strukturen, deren Netzwerke mittlerweile bis in den Bundestag reichen. Weil wir es zugelassen haben. Denn Rassismus ist nicht der einzige Nährboden auf dem die Saat des Hasses gedeihen kann. Ein anderer ist die Gleichgültigkeit. Zur Wahrheit gehört auch, viel zu viele in dieser Gesellschaft haben viel zu lange geschwiegen. Doch damit muss jetzt Schluss sein. Ich war Mitte 20, als der AfD-Gründer Bernd Lucke vom „Bodensatz der Gesellschaft“ sprach und wahrscheinlich auch meine Familie meinte. Ich war Ende 20, als Beatrix von Storch meinte, man könne an der Grenze auch auf Kinder schießen. Im selben Jahr veröffentliche die AfD-Baden-Württemberg einen Beitrag auf ihrer Webseite über mich, in dem es hieß: „Ihren polnischen Hintergrund, mit dem sie gerne kokettiert und den sie auch gegen die AfD anbringt, erwähne ich wegen Bedeutungslosigkeit nicht.“ Es folgten Morddrohungen. Einer der Täter schrieb, man solle mich im KZ vergasen. Das Ziel solcher Kampagnen ist klar: Einschüchterung. Sie wollen uns mundtod machen. Aber wisst ihr was: Wut im Bauch ist ein extrem mächtiger Antrieb. So einfach kriegen sie uns nicht klein. Was der Absender besagter Mail nicht wusste: Mein Uropa war mit seiner Frau ab 1940 im Widerstand und wurde 1943 verhaftet. Als sein Lager befreit wurde, hat ihn ein Genosse rausgetragen, er war nur noch Haut und Knochen. Wog mit seinen zwei Metern weniger als 50 Kilogramm. Jedes Mal, wenn ich in Berlin an Gebäuden aus der NS-Zeit vorbeigehe, frage ich mich, ob die Steine aus dem Steinbruch des Lagers stammen, das meinen Uropa fast umgebracht hat. Warum erzähle ich Euch das? Lasst uns bitte niemals, niemals vergessen: Wir sind Nutznießer einer äußerst glücklichen Anomalie namens Frieden und Demokratie in Europa. Viel zu viele in diesem Land begreifen nicht, wie zerbrechlich dieses Konstrukt ist. Und welcher Abgrund uns jenseits davon erwartet. (…) Die Mehrheit hat viel zu lange geschwiegen. Aber genug ist genug. Lasst uns heut, hier und jetzt, einander in die Augen schauen und uns versprechen: Wir werden im Gegensatz zu manch einem Politiker, manch einer Partei, niemals, niemals umfallen. Komme was wolle. Lasst uns gemeinsam, jetzt und hier unsere rote Linie ziehen. Und diese rote Linie werden wir gemeinsam, mit aller Kraft und Entschlossenheit und Ausdauer verteidigen. Denn die oft beschworene Brandmauer, das sind letztendlich wir alle. Und wir haben gerade erst begonnen.“ Aus dem Redebeitrag von Katharina Nocun am 25. Februar 2024 externer Link anlässlich der Demonstration gegen Rechtsextremismus „Wir sind die Brandmauer“ in Hamburg auf ihrem Blog am 3. März 2024
  • Ostdeutschland: Was nach den Demos kommen muss
    „Hunderttausende Menschen füllen seit Wochen republikweit die großen Plätze und Straßen ihrer Städte, um für den Schutz der Demokratie und gegen die AfD zu demonstrieren – und zwar nicht nur in Berlin, München oder Hamburg, sondern auch in den ostdeutschen Mittel- und Kleinstädten: In Grimma, Greiz, in Aschersleben und Altenburg und vielen anderen Orten finden Kundgebungen statt. (…) Zugleich ist die Erwartung, die derzeitige Protestwelle werde überzeugte AfD-Wähler von einer Stimmabgabe für die Partei abhalten, eine Illusion. Es wäre schon viel gewonnen, wenn sie politisch unentschiedene Wähler dazu ermutigt, sich gegen die AfD zu entscheiden. Vor allem aber müssen die Proteste darauf zielen, demokratische Gegenkräfte zu stärken – und zwar über den Moment hinaus. Gegenwärtig ist der überwältigende Protest eine wichtige Erfahrung politischer Selbstwirksamkeit. Doch damit er längerfristig wirkt, muss er in andere Formen politischen Engagements überführt werden: ob in eine Bürgerinitiative, eine Kandidatur für die Gemeindevertretung oder auch in Gruppen, die sich um den Erhalt des örtlichen Kinos oder Jugendclubs bemühen oder Geld für das Stadtteilfest im Sommer auftreiben. (…) Was die Menschen brauchen, die sich in Ostdeutschland unter nicht gerade einfachen Bedingungen engagieren, ist jene gesellschaftliche Sichtbarkeit, die in den vergangenen Jahren der AfD und ihrem Umfeld zuteil wurde. (…) Der AfD psychologisch wirksame Niederlagen zu bereiten, ist von enormer Bedeutung, um ihr den Nimbus der Unbesiegbarkeit zu nehmen. Hinzu kommt: Die Auseinandersetzung mit den Politikangeboten der AfD sollte sich nicht allein auf Faktenchecks beschränken, sondern muss auch auf der emotionalen Ebene geführt werden. (…) Vor allem aber gilt es, die ostdeutsche Zivilgesellschaft in der Auseinandersetzung mit der AfD zu stärken. Dabei kann diese konkrete Unterstützung besser gebrauchen als wiederkehrende Beschwörungen der Gefahr eines „blauen Ostens“. Fest steht: Um die AfD zurückzudrängen und die demokratische Kultur im Osten zu verteidigen, braucht es einen langen Atem, die Bündelung aller Kräfte und auch unkonventionelle Strategien und Bündnisse. Andernfalls könnten die Wahlen einen Vorschein darauf geben, was auch im Westen droht: die schleichende Aushöhlung der Demokratie von rechts.“ Artikel von David Begrich aus: »Blätter« 3/2024, S. 9-12 externer Link
  • Stellungnahme der VKG zu den Anti-AfD-Protesten und wie dagegen kämpfen
    „… Millionen von Menschen empören sich – berechtigter- und erfreulicherweise – gegen dieses offen nazistische Ansinnen. Sie gehen deshalb, vorwiegend unter dem Motto „für die Demokratie“ gegen die AfD auf die Straße. Auch in kleineren Städten oder größeren Dörfern gehen die Menschen auf die Straße! Besonders erfreulich ist es, dass auch im Osten der Republik an sehr vielen Orten plötzlich (zum Teil erst wieder seit Langem!)  gegen Rassismus, die AfD und Neonazis demonstriert wird. Die schiere Zahl von 2 ½ bis 3 Millionen demonstrierender Menschen innerhalb von 3 1/2 Wochen (zur Zeit dieser Niederschrift) ist völlig unerwartet und deshalb zusätzlich beeindruckend. Das Besondere an dieser Bewegung ist, dass sie bis in viele kleine Städte und Dörfer reicht. Gleichzeitig können und dürfen wir die in dieser Bewegung auch vorhandenen inhaltlichen Schwächen und Lücken nicht verschweigen. (…) Lange Zeit haben sich augenscheinlich Millionen Menschen mit der oben genannten Entwicklung nicht befasst und die Zunahme des Zuspruchs der AfD bei einem großen Teil der Bevölkerung als nicht so gefährlich bewertet. Sie selber schienen ja davon nicht betroffen, sondern „nur“ die Flüchtlinge. Aber auch wir Linken haben zu diesem nicht vorhanden Bewusstsein beigetragen. (…)
    Die Bewegung gegen Rechts ist politisch nicht homogen. Je nach politischer Zusammensetzung der die Demos und Kundgebungen initiierenden Kräfte sind sie mal mehr oder weniger regierungs- oder kapitalismuskritisch ausgerichtet, wie z. B. in München am 21. Januar oder in Stuttgart am 20. Januar und 24. Februar oder auf mehreren Kundgebungen in Berlin. Aber bei vielen Demonstrationen und Kundgebungen ist die inhaltliche Ausrichtung auf die Verteidigung der „Demokratie“ eingeschränkt. Natürlich ist es wichtig und treten auch wir Linken für die Verteidigung demokratischer Rechte – wie Presse-, Rede-, Versammlungs-, Koalitionsfreiheit etc. – ohne Wenn und Aber ein! Aber das Ziel, das die bürgerlichen Kräfte in diesen Bündnissen (Vertreter:innen der Parteien der Ampelkoalition, Unternehmerverbänden etc.) mit dieser Einschränkung verfolgen ist es, möglichst breite Bündnisse zu schmieden, um von ihrer eigenen Mitverantwortung für den Rechtsrutsch abzulenken und um von den eigentlichen Verursachern der Krise abzulenken.
    Was wir aber brauchen, um das noch weitere Ausscheren nach rechts bis hinein in die organisierte Arbeiter:innenbewegung zu stoppen, sind Bündnisse, die nicht Flüchtlinge, Migrant:innen oder andere Schichten in der Gesellschaft für die nicht gelösten sozialen Probleme verantwortlich machen, sondern die wirklich Verantwortlichen der Krise benennen, die dazu auch noch von ihr profitieren – nämlich die großen Banken und international agierenden Großkonzerne und nicht zuletzt die Rüstungsindustrie!
    Was wir brauchen sind Bündnisse, die die Kolleg:innen aus den Betrieben und Dienststellen, Arbeitslosen, Jugendlichen, Rentner:innen, Frauen, Migrant:innen und Flüchtlinge gegen die kriegstreiberische und unsoziale Politik vereinen und zu Massenmobilisierungen führen bis hin zu politischen Streiks. In Regionen, in denen tatsächlich ein Wahlsieg der Rechten droht, kann letztlich nur ein Generalstreik aller Branchen die Machtübernahme verhindern – das sind die Lehren aus der Geschichte!
    Dafür muss aber auch der Zusammenhang zwischen der in Krisenzeiten zugespitzten unsozialen Politik der bürgerlichen Parteien und vor allem deren Abdeckung durch die Politik der Gewerkschaftsspitzen aufgezeigt werden. (…)
    Wann, wenn nicht jetzt, brauchen wir einen konsequenten Kampf unserer Gewerkschaften gegen Hochrüstung und Sozialabbau! Die großen Mobilisierungen gegen die AfD und Rechts müssen von unseren Gewerkschaftsführungen entsprechend dafür genutzt werden. Wir dürfen aber nicht abwarten bis unsere Gewerkschaften aktiv werden, wir müssen uns selbst für unsere Interessen organisieren und Kampfstrukturen aufbauen, um unseren Kampf zu diskutieren und zu bestimmen gegen jeden faulen Kompromiss und Ausverkauf durch die Gewerkschaftsführungen! Wir müssen dies aber auch gegenüber den Gewerkschaftsverantwortlichen einfordern und diese nicht aus der Pflicht lassen!…“ Stellungnahme vom 22. Februar 2024 von und bei der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften externer Link
  • Was bringen die Proteste (in Ostdeutschland), warum sie gerade dort besondere Unterstützung brauchen und soll am 21. März gegen AfD und Rechtsruck gestreikt werden?
    • Demos gegen rechts im sächsischen Hinterland geplant: „Wir werden verfolgt, angebrüllt, bedroht!“
      Das sächsische Umland darf im Kampf gegen Rechtsextremismus nicht alleingelassen werden – deswegen sind Demonstrierende vor allem in den Kleinstädten des Freistaats am Wochenende zum antifaschistischen Protest aufgerufen. (…) „Wir werden verfolgt, angebrüllt, beleidigt, bedroht. Einen anderthalben Meter über unseren Köpfen flog eine Drohne, vor uns stand ein Lkw der unangemeldet aufgetaucht ist, wir wurden mit Taschenlampen geblendet und aus einem Fenster wurde Wasser auf unsere Demo gegossen. Wir werden gefilmt und fotografiert. Vor unseren Privatadressen tauchen Autos auf und veranstalten Hupkonzerte. Unsere Namen werden in Redebeiträgen auf Nazidemos genannt. So sieht antifaschistische Arbeit im ländlichen Raum aus, das ist unsere Realität, das ist unser Alltag“, so Aktivistin Cindy Reimer aus Waldheim…“ Artikel von Anna Gumbert  vom 22.02.2024 in tag24.de externer Link
    • Land in Sicht? Was bringen Proteste gegen die rechte Hegemonie in Ostdeutschland – ein Überblick in drei Akten
      „… Erster Akt: Die 1990er Jahre – Feuerwehr-Antifa: Rechte Dominanz- und Hegemonieräume sind in Ostdeutschland nicht vom Himmel gefallen. Sie wurden mit Gewalt durchgesetzt. Nach der deutschen Einheit verging keine Woche, in der Neonazis nicht Obdachlose anzündeten, Jagd auf Migrant*innen machten, Punks zu Tode prügelten oder Asylunterkünfte in Brand setzten. Sie setzten in Schulen und Jugendeinrichtungen, im Bus und auf Zeltplätzen ihren Anspruch auf Deutungshoheit mit massiver Gewalt und Einschüchterung durch. (…) Dass rechte Hegemonieräume von heute im Osten auf der Gewalt der Jahre nach der Wende 1989/90 basieren, ist vielen nicht bewusst und wird erst jetzt zum Gegenstand sozialwissenschaftlicher Forschungen über die Reichweite rechter Einstellungen, über das Wahlverhalten und rechte Erlebniswelten. Die gegenwärtig in Ostdeutschland wöchentlich stattfindenden Demonstrationen, organisiert von regionalen rechten Bewegungsunternehmer*innen bedürfen nicht mehr der direkten Gewaltausübung gegenüber ihren Gegner*innen. Weil diese nicht mehr vorhanden sind, lassen die rechten Demoteilnehmenden ihren Hass an Journalist*innen aus. Zweiter Akt: Die fragmentierte Zivilgesellschaft Ost: Die Zivilgesellschaft im Osten ist fragmentiert. Große Akteur*innen fehlen. Seit Jahrzehnten wird das Engagement gegen die extreme Rechte im Osten weniger von großen Organisationen als vielmehr durch Netzwerke von kleinen Initiativen oder Einzelpersonen getragen. Seine Ursache hat dies in der bis heute andauernden Schwäche von Parteien, Gewerkschaften und Verbänden in den kleinstädtischen und ländlichen Regionen im Osten. Der viel zitierte vorpolitische Raum ist im Osten, etwa in Sachsen, wo er institutionell verfasst ist, fest in der Hand konservativer, mit der CDU verbundener Strukturen. (…) Den rechten Konsens, der vielfach eine stillschweigende Hinnahme der Dominanz der extremen Rechten ist, zu brechen beinhaltet deutlich mehr, als sich mit der regionalen Neonazi-Blase und der AfD auseinanderzusetzen. Dritter Akt: Aufbruch von unten? Die Demonstrationen gegen die AfD sind in den ostdeutschen Kleinstädten angekommen. Sie sind ein kleiner, aber entschlossener Aufbruch von unten. Sie werden getragen von den verbliebenen linksbürgerlichen Akteur*innen, Schüler*innen und kulturellen Multiplikator*innen. Die wütenden Reaktionen aus dem Umfeld der AfD gerade auf Kundgebungen in Tangerhütte (Sachsen-Anhalt), Altenburg (Thüringen) oder Bautzen (Sachsen) zeigen, dass die Proteste die extreme Rechte schmerzen. Besonders dann, wenn sie in den rechten Hochburgen stattfinden, wo sich die extreme Rechte für unbesiegbar hält. (…)Demonstrationen allein werden rechte Dominanzräume nicht aufbrechen oder gar beenden. Aber sie sind ein Zeichen, dass es in AfD-Hochburgen die Möglichkeit für Widerspruch gibt. Wie daraus regionale Anker gegen die rechte Omnipräsenz werden können, muss sich erweisen. Wer sich vor dem Horizont kommender AfD-Wahlerfolge in ostdeutschen Städten engagiert, wird Unterstützung und Solidarität aus den Metropolen brauchen, gerade dann, wenn die gegenwärtige Mobilisierung nachgelassen haben wird. Es wird einen Transfer von Ressourcen brauchen, um in den kommenden Wahlkämpfen die ostdeutschen Regionen nicht der AfD zu überlassen.“ Artikel von Friederike C. Domrös und Marcel Hartwig im ak 701 vom 20. Februar 2024 externer Link
    • „Breite Bündnisse gegen den Rechtsruck“ Was tun gegen den Rechtsruck! Aber wie?
      Es ist begrüssenswert, dass es in den letzten Wochen nach dem Bekanntwerden des „Masterplan Remigration“ von Sellner, Neue Rechte, AfD, WerteUnion, CDU, Millionären und Aristokraten Hunderttausende von Menschen gegen AfD und Faschismus auf die Strasse gegangen sind. Trotzdem können Antifaschist:innen mit diesem Stand der Dinge nicht zufrieden sein. Auch wenn die marxistische und antifaschistische Linke derzeit so schwach ist, dass sie keine nennenswerte Alternative in die Stadtteile und Betriebe oder auf die Strasse bekommt, ist es doch wenigstens erforderlich, während des Aufbaus der derzeitigen Bündnisse und auch in den Aktionen laut und deutlich Kritik und weiterreichende Vorstellungen einzubringen, die inhaltlich klar über ein „Alle gegen die AfD!“ hinausreichen.  (…)  Ich finde: die Frage der „breiten Bündnisse“ muss offen, respektvoll, aber konfrontativ in unseren eigenen Reihen diskutiert werden. Solche Bündnisse müssen einen erkennbaren antifaschistischen politischen Kern haben, der von uns nicht zur Disposition gestellt werden darf. In solchen Bündnissen sollten wir uns dem Schwur von Buchenwald verpflichtet fühlen: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“…“ Artikel von Hans Christoph Stoodt vom 20. Februar 2024 im untergrund-blättle.ch externer Link
    • VKG zur Kölner Initiative für einen Streik [am 21. März] gegen AfD und Rechtsruck
      Für einen gewerkschaftlichen Kampf gegen die AfD und gegen die Politik, die die Rechten stark macht. Nein zum Kürzungsprogramm der Bundesregierung. Das antifaschistische Bündnis “Köln stellt sich quer” (KSSQ), an dem auch der lokale DGB beteiligt ist, hat dazu aufgerufen, am 21. März, dem internationalen Tag gegen Rassismus, in Betrieben für 15 Minuten aus Protest gegen die Gefahr von rechts zu streiken. KSSQ schlägt “einen Streik für das unantastbare Recht auf Menschenwürde vor.” (…) Die Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG) unterstützt alle Bemühungen, den Kampf gegen die AfD und den Rechtsruck in die Betriebe hineinzutragen. Die Gewerkschaften können und müssen deutsche und migrantische Arbeiter*innen im Kampf für gemeinsame soziale Interessen vereinen, gegen die rassistische und nationalistische Spaltung.
      Die riesigen Demonstrationen gegen die faschistischen Pläne zur Massendeportation von Migrant*innen waren erste wichtige Schritte. Diese Bewegung muss weiterentwickelt werden, zum Beispiel durch die Verankerung des Protests in den Betrieben und die Politisierung von Diskussionen am Arbeitsplatz. Rassismus und faschistische Gruppierungen werden nicht nicht allein durch Zivilcourage besiegt und schon gar nicht durch Maßnahmen des bürgerlichen Staates, sondern müssen von der organisierten Arbeiter*innenbewegung zurückgedrängt bzw. zerschlagen werden.
      Eine viertelstündige Arbeitsniederlegung ist noch kein effektiver Streik, aber transportiert eine klare Botschaft und bietet die Möglichkeiten, in den Betrieben Diskussionen anzustoßen. Es wäre wichtig, daraus längere Aktionen mit größerer Wirkung erwachsen zu lassen.
      Die VKG hält es für wichtig, mit welchen Slogans und Forderungen die Gewerkschaften für diese Aktion mobilisieren. Wenn der Protest als gemeinsame Aktion mit den Chefetagen der Betriebe und den bürgerlichen Parteien durchgeführt wird, werden viele Kolleg*innen zu Recht skeptisch sein und es kann der AfD in die Hände spielen. Denn viele merken, dass die Ampel-Parteien und die Union versuchen, die Bewegung zu nutzen, um von ihrer eigenen Politik des Sozialabbaus und des Militarismus abzulenken. (…)
      Dabei muss deutlich gemacht werden, dass der Kampf gegen rechts mit dem Kampf gegen die gegen sozialen Kürzungen und für Umverteilung verbunden werden muss. Die Gewerkschaften müssen sich klar dagegen stellen, dass Geflüchtete, migrantische Kolleg*innen oder Bürgergeldempfänger*innen zu Sündenböcken für soziale Probleme gemacht werden. Wir brauchen einen Strategieplan für einen gewerkschaftlichen Kampf gegen den beschlossenen Kürzungshaushalt – von einer bundesweiten Demonstration bis hin zum politischen Streik, der auch folgende Forderungen formuliert: Rücknahme aller Kürzungen, die sich gegen die arbeitende Bevölkerung richten! Rücknahme der Asylrechtsverschärfung! Rücknahme der Bürgergeldsanktionierungen! Für eine massive Erhöhung der Steuern auf Gewinne und Vermögen der Banken, Konzerne und Superreichen! Für Milliardeninvestitionen in Bildung, Gesundheit, Klima und Soziales anstatt für Rüstung!
      Stellungnahme vom  13. Februar 2024 der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften externer Linksiehe den hier diskutierten Aufruf weiter unten 
    • Gewerkschaften: Wie weiter im Kampf gegen Rassismus und die AfD? Verbindung mit Kampagne gegen Krisenfolgen nötig
      Ausgehend von den Massendemonstrationen gegen die AfD und Rassismus hat auch in den Gewerkschaften das Thema Einzug gehalten, wie die Gewerkschaften diesen Kampf führen können. DGB und Einzelgewerkschaften rufen zur Teilnahme an den Protesten gegen die AfD auf. Außerdem hat das Bündnis „Köln stellt sich quer“ (KSSQ) aus antirassistischen Initiativen, Gewerkschaften, Kirchen und Parteien wie SPD und Grünen zu einer 15-minütigen Arbeitsniederlegung am 21. März aufgerufen. Zudem wird in gewerkschaftlichen Zusammenhängen diskutiert, wie man den Zulauf zur AfD auch in den Betrieben stoppen kann. Diese Diskussion ist in der Tat wichtig.
      Denn schon bei den Bundestagswahlen 2021 haben Gewerkschaftsmitglieder und Arbeiter*innen überdurchschnittlich stark AfD gewählt.Viele andere stellen sich angesichts dessen die Frage, wie der Kampf gegen die AfD, deren Einflussnahme und gegen rassistische Vorurteile erfolgreich geführt werden kann. Dabei ist wichtig, sowohl zu diskutieren, was praktisch getan werden kann, als auch mit welchen politischen Inhalten dies geschehen sollte. Dies wird entscheidend sein, damit nicht noch mehr Kolleg*innen in die Arme der AfD getrieben werden, aber auch, um diejenigen zurückzugewinnen, die sie wählen wollen.
      ..“ Artikel von Angelika Teweleit, Sol-Bundesleitung, vom 15. Februar 2024 bei solidaritaet.info externer Link
    • [Analyse] Die eine Welle mitnehmen, die andere brechen!
      „… Über die Leitlinie „Alle zusammen für Demokratie und Vielfalt“ konnten die, die seit Jahren konsequent gegen Rechts kämpfen, berechtigterweise nur den Kopf schütteln: „Flagge zeigen“ alleine stoppt keine Faschist:innen, die momentane „Demokratie“ ist mit ihrer rassistischen Abschottungspolitik Teil der Rechtsentwicklung. Richtigerweise entwickelten antifaschistische Strukturen trotz teilweise fundamentaler Kritik an vielen Orten trotzdem ein Verhältnis zu der gesellschaftlichen Mobilisierungen und warfen sich ins „Handgemenge“. Nicht mit dem Ziel gemeinsame Sache mit CDU, SPD, Arbeitgeber:innen und Co. zu machen, sondern mit der Idee, die Basis der Bewegung für einen langfristigen und konsequenten antifaschistischen Kampf zu gewinnen. Mittlerweile ist die „Demo-Welle“ erwartbar abgeflaut, geblieben ist eine erhöhte Sensibilität für die Gefahr von Rechts und ein Interesse an antifaschistischer Politik. Aus der kurzen Phase können wir für zukünftige Kämpfe lernen, mit dem Interesse für Antifaschismus müssen wir arbeiten. Darum soll es in den folgenden Zeilen gehen…“ Debattenbeitrag vo: Antifaschistische Aktion Süd am 15.02.2024 bei indymedia externer Link
    • Was die Forschung sagt: Rechtsextremen nach dem Mund reden geht nach hinten los
      „… Seit den Enthüllungen des Recherchenetzwerks „Correctiv“ über rechtsextreme Tendenzen in der AfD nimmt die Debatte über den Umgang mit der Partei Fahrt auf. Die einen wollen die Partei ausgrenzen, sie möglichst auch verbieten lassen. Andere mahnen, man müsse sich politisch mit ihr auseinandersetzen und sie „inhaltlich stellen“. (…) Eine Strategie von Parteien, Wählerstimmen von den Rechtsextremen zurückzuholen, besteht darin, selbst nationalistische und migrationsfeindliche Töne anzuschlagen – in der Annahme, Wählerinnen und Wähler wünschten sich diese Positionen. Aber diese Strategie geht nicht auf, wie 2022 eine Studie der Universität Cambridge herausfand. Einer Untersuchung im Jahr darauf des Kölner Leibniz-Instituts für Sozialwissenschaften zufolge erreicht sie sogar das genaue Gegenteil. Ergebnis der Kölner Studie, die Inhalte von Parteiprogrammen aus 26 europäischen Ländern und den Zuspruch zu rechtsaußen in Bezug setzte: Überall dort, wo Parteien der Mitte den Rechtspopulisten nach dem Mund reden, treibt das rechtsaußen noch mehr Stimmen zu. Die Forscherinnen erklären das so, dass die Identität vieler Menschen auf der Ausgrenzung anderer basiert – ein Befund, den beispielsweise die Leipziger Mitte-Studie bestätigt. Diese Identität alleine führe aber noch nicht zur Wahl von rechts, sondern sie müsse erst aktiviert werden. Etablierte Parteien täten genau das, wenn sie eine ausgrenzende Rhetorik verwendeten. (…) Neben politischen wirken auch psychologische Faktoren auf die derzeitige Stimmung. Persönlichkeitsfaktoren etwa haben ebenfalls Einfluss auf Wahlentscheidungen, wie weitere Studien bestätigen. Wer demnach autoritär tickt, nach sozialer Dominanz strebt oder – der bedeutendste Faktor – fremdenfeindlich ist, neigt zur Wahl der AfD. Diese Faktoren würden sich durch eine politische Auseinandersetzung mit der AfD nicht verändern. Die Bamberger Politologin Mayer war an einigen dieser Studien beteiligt. Tatsächlich blieben nach der „Correctiv“-Enthüllung die Umfragewerte für die AfD zunächst stabil. Erst seit Beginn der Massendemonstrationen gegen Rechtsextremismus sinken sie. Mayer nennt als Erklärungsansatz dafür den psychologischen Mechanismus der konfirmatorischen Informationssuche. Er besagt, dass Menschen dazu neigen, das zu glauben, was ihrem bereits vorhandenen Weltbild entspricht. Eine Enthüllung wie die von „Correctiv“ führt dann bei Unterstützern der AfD nicht dazu, dass sie ihre Ansichten über die AfD ändern, sondern sie erklären eventuelle Zweifel einfach weg. Auch Emotionen spielten bei der Unterstützung für die AfD eine Rolle, erklärt Mayer. Wut beispielsweise: „Und Wut überträgt sich auch auf andere Bereiche.“ (…) „Ein Verbot der AfD wäre nur sinnvoll, wenn man sich vorher überlegt, wie man mit dieser Wut umgeht“, sagt sie. Denn die Wut wäre dann ja immer noch da.“ Beitrag von Nils Sandrisser vom 11. Februar 2024 im MiGAZIN externer Link
    • Der Volksaufstand: Bei den Protesten gegen die AfD feiert sich die politische Mitte, linke Kritik ist un­erwünscht
      In den Massenprotesten gegen die AfD stellt die bürgerliche Mitte ihre Weltoffenheit zur Schau. Kritik an ihrer eigenen autoritären Entwicklung ist nicht gern gesehen. (…) Der derzeitige »Aufstand der Anständigen« erinnert an die Zeit der Lichterketten Anfang der neunziger Jahre. Damals gingen als Antwort auf die rassistischen Pogrome und Brandanschläge ebenfalls Millionen Menschen auf die Straße, zugleich wurde das Grundrecht auf Asyl durch eine Verfassungsänderung drastisch eingeschränkt. »Im Kerzenschein der Lichterketten soll das Grundrecht auf Asyl abgeschafft werden«, schrieb damals die »autonome l.u.p.u.s. gruppe«. Ein erfreulicher Unterschied zu den Lichterketten von damals ist, dass es heute oft antifaschistische Strukturen sind, die die Demonstrationen mitorganisiert oder angeführt haben. Vielerorts richten sich Aufrufe, Reden und Schilder auch gegen den Rechtsruck der Mitte. Jedoch entwickeln sich die Proteste mit zunehmender Größe zu einem bürgerlichen Wohlfühl-Event mit Volksfestcharakter, bei dem es vielen nicht darum geht, Rechtsextreme und Rassismus zu bekämpfen, sondern die eigene Weltoffenheit zur Schau zu stellen. Beispielhaft hierfür sei die Spiegel-Redakteurin Anna Reimann genannt, die einen ganzen Leitartikel schrieb, um vor »Hass-Chören« gegen die AfD zu warnen. Denn Hass sei »per se gefährlich« und grenze Menschen aus. Außerdem sollten »politische Sachfragen« wie das »Bleiberecht für alle« auf den Demonstrationen außen vor bleiben. Wird dagegen verstoßen, ist es mit der Toleranz der Demokrat:innen schnell vorbei…“ Artikel von Thorsten Mense in der Jungle World vom 01.02.2024 externer Link
  • Demolierte Demokratie? Demonstrationen gegen Rechtsextremismus dauern stabil an: Wo bleibt das „Wir haben verstanden“ der Politik (und der Medien)? 
    • Demonstrationen gegen Rechtsextremismus: Wo bleibt das „Wir haben verstanden“?  Jetzt müsste die Politik ins Reflektieren kommen. Aber bisher sind da nur Selfies...
      „… Niemand sollte sich anmaßen, für all die Millionen zu sprechen, die dieser Tage auf den Straßen sind. Unter ihnen sind CDU-Mitglieder, Antifa-Aktivistinnen und alles Mögliche dazwischen. Was sie eint, ist die Abscheu vor der AfD – sei es vor ihrem Willen, die Demokratie und den Rechtsstaat zu schleifen, sei es vor ihrem Rassismus, ihrem codierten Antisemitismus, sei es vor ihrem Frauen-, Männer- und Familienbild. Die Menschen auf den Straßen stehen gegen etwas auf, das von Jahr zu Jahr bedrohlicher wird. (…) Was es braucht, um die Rechtsradikalen zu stoppen, ist etwas, mit dem man nicht planen kann und das selbst in Demokratien nicht sehr häufig geschieht: nämlich eine breite, demokratische Gegenmobilisierung von unten. Eine Allianz der anständigen Leute, die in Städten und Dörfern, auf den Marktplätzen, auf Grillfesten, bei Elternversammlungen, im Fußballclub für das Grundgesetz aufstehen, wenn Rechtsradikale von wahrer Demokratie faseln. (…) Auch die Politik könnte einiges dazu beitragen, diese demokratische, lagerübergreifende Bewegung zu stärken – und tut doch teils das Gegenteil. Was genau etwa treibt SPD-Chef Lars Klingbeil an, genau jetzt den Bundesländern vorzuwerfen, nicht konsequent genug abgelehnte Asylbewerber abzuschieben – und damit das große Kernthema der AfD wieder nach vorn zu bringen? Und ist es für Christdemokraten und Liberale wirklich sinnvoll, an den Demos nicht teilzunehmen, weil auch die Antifa gegen Faschisten mitdemonstriert? Und was bringt es umgekehrt, demokratische Konservative auszuladen? Solch taktisches Verhalten wirkt gegenüber den großen Momenten dieser Tage klein und kontraproduktiv. Und es hat das Potenzial, den Demonstrationen mittelfristig die Luft abzulassen. Überhaupt ist es merkwürdig, dass bei aller Unterstützung der Proteste durch die demokratischen Parteien nirgends ein lautes Nachdenken darüber einsetzt, was aus ihnen folgen soll. Nirgends in der demokratischen Politiksphäre hört man ein „Wir haben verstanden“, fast nirgends Selbstreflexion über die Tatsache, dass das Gift, das die AfD versprüht, längst auch in der Mitte zu wirken beginnt. Warum genau meiden nicht wenige rassismusbetroffene Menschen die Demonstrationen, warum erkennen viele in ihnen Heuchelei und Doppelmoral? Lohnt es sich für uns, die weiße Mehrheit im Land, nicht doch endlich einmal, zu prüfen, wo unsere blinden Flecken sind? „Wenn der Bundeskanzler auf dem Spiegel-Cover sagt, ‚Wir müssen im großen Stil abschieben‘, fragen wir uns: Sollen wir gehen?“, rief der in Berlin geborene Rapper Apsilon an diesem Samstag auf der Bühne vor dem Reichstag. „Wenn der Anschlag von Halle nicht mal fünf Jahre her ist, aber auf einmal Ausländer wieder die einzigen Antisemiten sind, fragen wir uns: Sollen wir gehen?“ Da sprach die gelebte Erfahrung, dass Migrantisierte auch der deutsche Pass nicht davor schützt, kollektiv ausgegrenzt zu werden – und dass es nicht nur die AfD ist, die ausgrenzt. (…) Die deutsche Demokratie ist nicht gesund, solange es an manchen Orten ein persönliches Risiko darstellt, Person of Color, jüdisch, queer oder antifaschistisch zu sein. Diese Bedrohung aber gibt es auch deswegen, weil selbst manche demokratischen Politiker immer wieder die Vorstellung verbreiten, es müsse endlich eine homogene Mehrheit der sogenannten normalen Leute gegen böswillige Minderheiten verteidigt werden. Politik auf Basis solcher Ressentiments zu machen, führt in den Autoritarismus. Die gute Nachricht ist: Diese Proteste sind die beste Gelegenheit, als Gesellschaft ein bisschen schlauer zu werden.“ Kommentar von Christian Bangel vom 3. Februar 2024 in der Zeit online externer Link („Wo bleibt das „Wir haben verstanden“?“)
    • Demolierte Demokratie: »Unsere Demokratie verteidigen« – was der Aufstieg der AfD mit der politischen Mitte zu tun hat
      „Kaum ein Begriff ist in den vergangenen Wochen so häufig gefallen wie »unsere Demokratie«. (…) Klingt gut, aber von welcher Demokratie ist da eigentlich die Rede? Von der, die es einer Mieter*innen-Initiative ermöglicht, einen Volksentscheid zur Vergesellschaftung von Wohnraum in Berlin durchzusetzen und zu gewinnen – oder von der, in der sich die Senatsparteien weigern können, den Volksentscheid umzusetzen? Von der Demokratie, in der mehr als 70 Prozent der Bevölkerung seit mittlerweile zwei Jahrzehnten bei Umfragen die Einführung einer Millionärssteuer befürworten – oder von der, in der diese Steuer völlig undenkbar ist, weil keine Regierung den folgenden Unternehmeraufstand überleben würde? Von der Demokratie, in der alle Erwachsenen in freier Wahl ihre Abgeordneten bestimmen – oder von »unserer« real existierenden Demokratie, in der (wie in vielen Großstädten) 30 Prozent der erwachsenen Bevölkerung von Wahlen ausgeschlossen bleiben, weil sie zwar seit Langem hier leben, ihnen aber die entsprechende Staatsangehörigkeit fehlt? Man muss schon sagen: Am Ende ist »unsere Demokratie« auch ohne AfD ziemlich demoliert. Kein Zweifel: Wenn der Faschismus vor der Tür steht und Nazikader über Massendeportationen beraten, muss man mit allen an einem Strang ziehen, die das verhindern wollen. FDP-Minister, die die Einführung einer Kindergrundsicherung verhindern, aber jederzeit 100 Milliarden Euro für militärische Aufrüstung locker machen, mögen mit der Menschenverachtung der AfD mehr gemein haben, als sie selbst glauben. Dennoch wäre ein AfD-Staat unendlich viel schlimmer als die Gesellschaft extremer sozialer Ungleichheit, in der wir heute leben. Trotzdem muss man, wenn jetzt überall von der »Verteidigung der Demokratie« die Rede ist, kritische Fragen stellen. Im Aufruf zur Demonstration #WirSindDieBrandmauer am 3. Februar werden Rassismus und soziale Ausgrenzung richtigerweise in einem Atemzug genannt. Es gelte, »ein solidarisches Miteinander zu verteidigen«, heißt es in dem Aufruf, den Sozialverbände, Klimabewegung und antirassistische Gruppen initiiert haben. »Soziale Gerechtigkeit« wird eingefordert und: »eine Gesellschaft, die niemanden zurücklässt«. Stimmt! Der Punkt ist jedoch, dass »unsere« real existierende Demokratie eine Form von Gesellschaft ist, in der zwar alle (Deutschen) wählen dürfen, aber dennoch einige wenige herrschen – während die meisten anderen beherrscht werden. Die politische Gleichheit, die verfassungsrechtlich festgeschrieben ist, wird von der ebenso verfassungsrechtlich garantierten Eigentumsordnung konsequent auf den Kopf gestellt. Inwiefern? Große Vermögen sind die wichtigste Machtressource in unserer Gesellschaft und verhindern damit politische Gleichheit. Ein Unternehmer kann mithilfe von Medienkonzernen, Lobbyverbänden, Stiftungen, Forschungseinrichtungen und eigenen Investitionsentscheidungen enormen politischen Einfluss ausüben und, falls nötig, Regierungen brechen. Der Paketbote hingegen entscheidet im besten Fall darüber, ob er bei Netflix oder Amazon streamt. Die politischen Systeme des globalen Südens werden häufig als »Oligarchien« bezeichnet: Reichtum und politische Macht sind dort in den Händen weniger konzentriert. Bei derartigen Hinweisen fällt allerdings unter den Tisch, dass Deutschland in Sachen Ungleichheit dem globalen Süden in nichts nach steht. (…) Alle zusammen gegen den Faschismus ist das richtige Motto der Stunde. Aber wir sollten nicht vergessen, dass »unsere Gesellschaft« weitaus weniger mit Demokratie zu tun hat, als uns eingeredet wird. Was wir im Augenblick gegen die AfD zu verteidigen hoffen, ist ein Mindestmaß an Freiheits- und Menschenrechten – die allerdings auch von der politischen Mitte in den vergangenen Jahren bereits massiv beschnitten worden sind…“ Artikel von Raul Zelik vom 2. Februar 2024 in Neues Deutschland online externer Link

      • Anm.: Ein Beitrag mit einem sehr wichtigen Hinweis – allerdings auch mit einem Denkfehler. Zu fragen, was unsere Demokratie wirklich ist, erscheint anbetracht der gegenwärtigen vielfältigen „Verteidigung unserer Demokratie“ gegen rechts sicher sehr angebracht. Trotzdem macht Raul einen Fehler. Von welcher Demokratie spricht er denn? Wenn er die des Grundgesetzes meint, setzt er falsch an. So ist z.B. der Kapitalismus nicht zwingend als Wirtschaftssystem, Eigentum verpflichtet nach Art. 14 GG und Art. 1 GG stellt alles unter die staatliche Verpflichtung zum Schutz der Menschenrechte. Richtig: Trotzdem haben wir eine kapitalistische Klassengesellschaft. Aber ist da DIE Demokratie Schuld? Vom „demolierter“ Demokratie zu sprechen (vgl. Überschrift) ist eindeutig korrekt – auch anbetracht z.B. des Abbaus der Demokratie wie in Ungarn. Ansonsten wäre eher an Platons Befürchtung betreffs Demokratie zu erinnern (Platon wollte eine Gelehrten-Demokratie aus Angst vor Populismus als zwangsläufig für die Demokratie). Für die Demokratie des Grundgesetzes spielt ferner Wolfgang Abendroth eine große Rolle, der das Grundgesetz als eine Art Klassenkompromiss verstand. Raul verweist auch auf den israelischen Historiker Ishay Landa, der zwischen Liberalismus und Faschismus engen Verbindungen sieht (im Text nicht zitiert). Aber eben zum Liberalismus! Was die Demokratie des Grundgesetzes betrifft, stellt sich deshalb eher die Frage, ob sie nicht zu liberal – also zu viel Freiheiten – betont statt auch mehr Verpflichtungen. Jedenfalls ist eine Gleichsetzung von Demokratie mit Liberalismus nicht unbedingt logisch und zur Weiterentwicklung der Demokratie in Richtung einer Überwindung des Kapitalismus nicht hilfreich.
    • Ein letztes Mal Antifa? Die antifaschistische Protestwelle in Deutschland bildet die letzte Chance auf die Verhinderung eines faschistischen Krisenregimes
      „Die sich derzeit entfaltende, antifaschistische Massenbewegung scheint einem Befreiungsschlag aus der bleiernen Schwere jahrelanger Faschisierung gleichzukommen. (…) Millionen Menschen gehen auf die Straße, um gegen die AfD-Planungen zur millionenfachen Vernichtung von Existenzen qua Deportation zu protestieren. Dennoch bleibt die politische Lage in der Bundesrepublik viel prekärer, als es den Anschein hat. Noch ist nichts gewonnen. (…) Die unangenehme Wahrheit besteht schlicht darin, dass die Zeit für die AfD arbeitet. Denn die AfD hat die Systemkrise im Rücken, die ihr weiteren Zulauf verschafft. Der Kapitalismus ist nicht in der Lage, seine ökonomische und ökologische Krise zu lösen. Das überschuldete kapitalistische Weltsystem stößt in seinem Wachstumszwang an seine inneren und äußeren Schranken, es taumelt in Klimakollaps, sozialen Zerfall und Weltbürgerkrieg. Und das Erfolgsrezept des Vorfaschismus – von der AfD bis Donald Trump – besteht darin, diese krisenbedingt aus der „Mitte“ der Gesellschaft aufsteigende Barbarei ideologisch zu legitimieren und praktisch zu exekutieren. Deswegen scheint der Durchmarsch der Neuen Rechten so mühelos, deswegen übernehmen Liberale wie Lindner so leicht deren menschenverachtende Rhetorik – weil dies sich aus der zerstörerischen Krisenlogik des in Agonie befindlichen Systems ergibt. (…) Die seit der Sarrazin-Debatte ablaufende Faschisierung der Bundesrepublik ist an ihrem entscheidenden Kipppunkt angelangt. Alles liegt offen auf der Hand. Es stehen wieder buchstäblich Millionen von Menschenleben in einer ausweglosen kapitalistischen Systemkrise auf dem Spiel. Sollte die Neue Rechte die derzeitige Protestwelle tatsächlich aussitzen können, dann würde sie den entscheidenden Schritt Richtung Barbarei vollzogen haben. (…) Die Forderung nach dem Verbot der AfD muss ins Zentrum antifaschistischer Postulate rücken. Eben weil die Lage wirklich dramatisch ist. Die AfD, deren Politiker gemeinsam mit Nazis unzählige Bundesbürger mit Migrationshintergrund deportieren wollen (selbst Deutschlands rechtsblinde Justiz wird nicht umhinkommen, dies als verfassungsfeindlich einzustufen), kann mittelfristig nur durch ein Verbot zuverlässig von der Macht ferngehalten werden – gerade weil sie bereits Massenanhang gewonnen, sowie in vielen Regionen und auf vielen Diskursfeldern die Hegemonie errungen hat. (…) Freilich kann ein AfD-Verbot nur als eine zeitlich begrenzte Notlösung fungieren, es ist kein Allheilmittel. (…) Denn der Faschismus als Extremform kapitalistischer Krisenideologie hat die Krise im Rücken. (…) Das beste antifaschistische Gegengift gegen das dunkle Krisengeraune des Vorfaschismus besteht in der offenen Thematisierung der Krise und der Unausweichlichkeit der Systemtransformation – gerade bei antifaschistischen Protesten, um hierdurch zum Aufkommen eines breiten Transformationsdiskurses beizutragen. Es gilt, den Menschen schlicht klarzumachen, in was für einer schweren Lage wir uns befinden. Nichts wird gut werden, alles wird sich verändern. Die bewusste gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der kapitalistischen Systemkrise in ihrer ökologischen wie ökonomischen Dimension, mit emanzipatorischen Wegen in die unabwendbar anstehende Transformation – dies sind die Diskursmittel, mit denen der bewusstlose faschistische Taumel in die Barbarei vielleicht noch verhindert werden könnte. Der Antifaschismus wird somit tatsächlich das zentrale Kampffeld bei der anstehenden Systemtransformation bilden, um kurzfristig die faschistische Krisenoption zu verhindern, sowie als Medium eines Transformationskampfes, um die Ausformung eines radikalen Krisenbewusstseins in der spätkapitalistischen Gesellschaft zu befördern. Die derzeitige antifaschistische Protestwelle bildet gewissermaßen die letzte Ausfahrt vor der ganz großen Rechtskurve, auf die nicht nur die BRD zusteuert. Die letzte Chance, dem Faschismus das Rückgrat zu brechen, ist jetzt. Und dies kann nur geschehen, indem der in der Systemkrise sich auftuende zivilisatorische Abgrund erkannt und bewusst umgangen wird, in den der Faschismus in seinem dunklen Todestrieb abermals bewusstlos taumelt.“ Beitrag von Tomasz Konicz vom 31. Januar 2024 auf seiner Homepage externer Link
    • Stellungnahme der ver.di-Linke NRW zur Rechtsentwicklung in der Gesellschaft
      Die ver.di-Linke NRW hat sich bei ihrem Treffen am 28.1.2024 mit der Rechtsentwicklung in der Gesellschaft) beschäftigt und die Verantwortung der herrschenden Politik dafür herausgearbeitet. Wir haben über die Handlungsmöglichkeiten unserer Gewerkschaft und deren Mitglieder diskutiert, für die wir angesichts der Massenproteste der letzten Wochen gegen die AfD gute Ansatzpunkte sehen. Wir sehen die Gefahr, dass rechte und rassistische Politik Menschen mit Migrationshintergrund, queere Menschen, Menschen mit Behinderungen, politisch Andersdenkende sowie andere Gruppen konkret bedroht,  gewerkschaftliche Handlungsmöglichkeiten verschlechtert, den sozialen Druck erhöht  und autoritäre Politik fördert. (…) Die aktuelle Öffentlichkeit gegen die monströsen Pläne der AfD bilden den Anlass und die Möglichkeit, die genannten Zusammenhänge jetzt unverzüglich in den Betrieben und Verwaltungen, in Betriebs- und Personalräten sowie Betriebsversammlungen anzusprechen und zur Diskussion zu stellen…“ Siehe die vollständige Stellungnahme der ver.di-Linke NRW zur Rechtsentwicklung in der Gesellschaft vom 1.2.2024
  • #WirSindDieBrandmauer: Die Kundgebung gegen den Rechtsruck vor dem Bundestag am Samstag, 3. Februar, wird wird an diesem Wochenende die größte werden – auch die Strategiedebatte geht weiter
    • #WirSindDieBrandmauer: Große Kundgebung gegen den Rechtsruck vor dem Bundestag
      Das Netzwerk „Hand in Hand“ startet mit einer Auftaktaktion am Samstag, 3. Februar, 13 Uhr in Berlin. Den gemeinsamen Aufruf gegen die rechte Normalisierung in Deutschland und Europa haben mehr als 1.300 Organisationen unterzeichnet. (…) Die Kundgebung beginnt um 13 Uhr auf der Wiese vor dem Reichstag. Bei der Kundgebung werden unter anderem Newroz Duman von der Initiative 19. Februar und Katja Karger vom DGB Berlin-Brandenburg Reden halten, außerdem werden die Musikerinnen Nina Chuba und Malonda auftreten…“ Pressemitteilung von Pro Asyl vom 30.01.2024 externer Link – siehe den Aufruf und die Aktionsseite hier weiter unten, siehe für Aktuelles DieBrandmauer auf Twitter externer Link und #wirsinddiebrandmauer. Siehe einen neuen tollen Aufruf:
    • Gegen AfD und die Abschiebe- und Kürzungspolitik der Ampelregierung: Kommt zum Aktionstag am 3. Februar, 13 Uhr, Bundestagswiese!
      „“Schließ dich der Brandmauer gegen Rechts an! Jetzt sind wir alle gefragt: Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, als Zivilgesellschaft ein solidarisches Miteinander zu verteidigen. Am 3. Februar zeigen wir mit einer großen Aktion um das Bundestagsgebäude: Wir sind die Brandmauer!”
      Auch die Gewerkschaften, darunter ver.di und GEW, rufen auf. Als ver.di-Betriebsgruppe FU halten wir gewerkschaftliche Mobilisierungen gegen Rechts für absolut notwendig und möchten gleichermaßen zur Teilnahme aufrufen. Lasst uns gemeinsam und als Gewerkschafter*innen erkenntlich ein starkes Zeichen setzen. AfD-Mitglieder und andere Rechte haben in unserer Gewerkschaft nichts verloren!
      Dabei ist für unsere kämpferische Betriebsgruppe klar: Die aktuelle Ampelregierung setzt bereits praktisch die Politik um, die von der AfD gefordert wird. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte im Spiegel: “Wir müssen endlich im großen Stil abschieben.” Gesagt, getan: Mit der Zustimmung der Bundesregierung zu GEAS-Reform der EU und mit der Verabschiedung des sogenannten Rückführungsverbesserungsgesetzes, neben weiteren Abschiebeabkommen, werden die Rechte von Geflüchteten in neuem Maße eingeschränkt. Innenministerin Nancy Faeser freut sich bereits über eine Steigerung der letztjährigen Abschiebungen um 27 Prozent und möchte diese Zahl sogar noch erhöhen.
      Die Bundesregierung kürzt bei allen Sozialausgaben und in der öffentlichen Daseinsvorsorge, aber hat Milliarden für die Rüstung übrig. Rechtes Gedankengut wächst am besten in einem solchen Klima der Prekarität.
      Das gilt auch für unseren Arbeitgeber: Wer wie das FU-Präsidium Tarifverträge nicht einhält, bekämpft aktiv Mitbestimmung und demokratische Prozesse und sorgt so für politischen Verdruss. Im Ergebnis fördert auch die FU damit den Rechtsruck und den Aufstieg der AfD, denen gewerkschaftliche Organisierung ebenfalls ein Dorn im Auge ist. Bis heute sind zudem Beschäftigtengruppen der unteren Lohngruppen und mit hohem Migrant*innenanteil wie z.B. Reinigungskräfte an der FU ausgegliedert und damit von der betrieblichen Gemeinschaft ausgegrenzt und schlechter gestellt.
      Damit bereiten die regierenden Parteien und gewerkschaftsfeindliche Arbeitgeber der AfD und den Rechten das Feld. Das Recht auf Flucht und Asyl darf nicht weiter eingeschränkt werden! Menschen fliehen vor Krieg, Verfolgung, Armut und Klimakatastophe – die europäische und deutsche Abschottungspolitik bedeutet Tod und Folter für viele. Deshalb richtet sich unser Protest nicht nur gegen die AfD, sondern auch gegen ihre Wegbereiter*innen in den aktuellen Regierungs- und anderen demokratischen Parteien
      .“ Aufruf der ver.di-Betriebsgruppe FU Berlin externer Link
    • Neue Restriktionen für Asylsuchende: Klatschen für Geflüchtete
      Die Proteste Hunderttausender gegen die AfD wären die perfekte Gelegenheit für progressive Migrationspolitik. Doch Bund und Länder sehen das anders. (…) Jetzt wäre die Gelegenheit gewesen, endlich nicht mehr eine immer weiter eskalierende Asyldebatte zu bedienen, sondern stattdessen eigene Themen auf die Agenda zu setzen. Nichts ist Rechtsextremen so zuwider wie eine plurale Einwanderungsgesellschaft, die ihre Probleme selbstbewusst ohne sie löst.
      Nur Scheinlösungen
      Und doch fällt den demokratischen Parteien nichts anderes ein, als weiter populistische Scheinlösungen anzupreisen. Viel deutlicher kann man vielen derer, die gerade in Scharen gegen rechts auf die Straße gehen, gar nicht die kalte Schulter zeigen. Seit Wochen demonstrieren landauf, landab die Menschen in Deutschland gegen die AfD und den Rechtsruck. Seien es Hunderttausende in Großstädten wie München oder Berlin oder Hunderte in kleinen Örtchen wie Puderbach oder Schleiz. Po­li­ti­ke­r*in­nen der demokratischen Parteien zeigen sich begeistert, beklatschen die Zivilcourage der Bürger*innen, laufen sogar fleißig mit. Dass aus diesen Demonstrationen aber auch eine Forderung an sie selbst erwächst, wollen viele offenbar nicht hören.
      Weil in der aktuellen Debatte Dif­fe­ren­zierung oft zu kurz kommt, sei gesagt: Natürlich sind Abschiebungen abgelehnter Asylsuchender nicht das Gleiche wie die rechtsextreme Fantasie, deutsche Staats­bür­ge­r*in­nen mit Migrationshintergrund zu ­deportieren. Die Ampel ist nicht schlimmer oder auch nur genauso schlimm wie die AfD. Doch menschenverachtende Forderungen bekämpft man nicht mit menschenverachtender Politik
      …“ Artikel von Dinah Riese vom 1.2.2024 in de taz online externer Link, siehe ähnlich:

    • Aktivist über Demos im ländlichen Raum: „Die Lage ist verdammt brenzlig“
      Die Proteste in der Provinz dürfen nicht vergessen werden, sagt Aktivist Jakob Springfeld. Anitfa-Initiativen seien dort häufig in der Defensive…“ Interview von Adefunmi Olanigan vom 28.1.2024 in der taz online externer Link
    • Holocaust-Überlebende Friedländer: „So hat es ja damals auch angefangen“
      Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer hat sich im tagesthemen-Interview tief bestürzt über den zunehmenden Antisemitismus geäußert. Sie sei dankbar für die Proteste gegen rechts – doch noch viel mehr Menschen sollten laut ihre Meinung sagen… “ interview von Helge Fuhst mit Margot Friedländer  am 26.01.2024 in den tagesthemen externer Link (Text und Video in tagesschau.de)
    • Köln stellt sich quer schlägt für den 21. März 2024, dem internationalen Tag gegen Rassismus, einen Streik für das unantastbare Recht auf Menschenwürde vor
      Für eine Viertelstunde wird die Arbeit niedergelegt, in Werkstätten, Büros, Fabriken, und Verwaltungen, in Kitas, Schulen und Hochschulen. Für eine Viertelstunde bitten wir alle, egal, was sie gerade tun, innezuhalten und ein deutliches Zeichen zu setzen. Wir wollen sichtbar machen, dass wir in einer offenen  international geprägten Gesellschaft zusammenleben und uns nicht spalten lassen. Leben und Arbeiten wäre nicht denkbar ohne Menschen mit Migrationsgeschichte. Eintreten für Menschenwürde bedeutet auch, Geflüchteten bessere Zugänge zur Arbeitswelt zu ermöglichen. Wir wollen, dass an Arbeits- und Ausbildungsplätzen eine Viertelstunde über Rassismus und die menschenverachtende Deportationspläne der AFD diskutiert wird, dass überlegt wird, wie gemeinsames Eintreten für Menschenrechte und Menschenwürde tatsächlich aussehen kann – gegen Rassismus, Antisemitismus, Nationalismus, Homophobie und Transfeindlichkeit, Wir wollen, dass an Arbeits – und Ausbildungsplätzen allen Menschen Solidarität und Wertschätzung entgegengebracht wird, unabhängig von Geschlecht, Abstammung,  Sprache, Heimat und Herkunft,  Glauben, religiöser oder politischer Anschauung.
      ( Art 3 GG) – auch als deutliche Absage  an die Pläne der AFD
      “ und per e-mail zugesandter Aufruf  von nun „Köln gegen Rechts“ externer Link, wurde auf der großen Kundgebung am 20.1. vorgetragen, ver.di und Stadt Köln sollen zugestimmt, DGB Köln Vorsitzender unterstützt haben (allerdings seitdem nichts mehr davon gehört)
    • Interview mit Protestforscher Daniel Mullis: Welche Wirkung die Massenproteste gegen rechts haben
      „… Ich glaube, dass diese Demonstrationen auf jeden Fall einen ganz unmittelbaren Effekt auf die vielen Menschen haben, die daran teilgenommen haben, die ein Interesse daran haben, diese Demokratie, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und eine pluralistische, bunte Gesellschaft zu stärken. Diese Menschen fühlen sich nun quasi bestätigt und ermutigt. Sie ziehen Energie und Kraft aus den Demos, um sich in alltäglichen Auseinandersetzungen oder Diskussionen in der Familie, am Arbeitsplatz oder anderswo, einzusetzen und einzubringen. Das ist der unmittelbare Effekt. (…) Rechte Parteien sind gut darin, Emotionen zu mobilisieren: Enttäuschung, Wut, ein Gefühl von Exklusion. Da stehen wir als Gesamtgesellschaft vor der Herausforderung, den Menschen – und das bezieht sich nicht nur auf Wähler rechter Parteien – positive Zukunftsvorstellungen anzubieten. Ihnen ein positives Erfahren von Demokratie und sozialer Teilhabe zu ermöglichen. Dabei kommt es aber eben auch stark auf politische Entscheidungen an. Die Zivilgesellschaft kann das Problem, vor dem wir stehen, nicht alleine lösen. (…) Man kann ganz klein anfangen, unmittelbar am Arbeitsplatz oder im Freundeskreis und sich klar und deutlich widersetzen, wenn sich jemand ausschließend oder rassistisch äußert oder Wahlwerbung für die AfD oder andere rechte Parteien macht. Und dann gibt es wirklich viele zivilgesellschaftliche Projekte quasi zur Demokratieförderung, wie Antirassismusarbeit, Unterstützungsnetzwerke für geflüchtete Menschen, Bildungsangebote, die Möglichkeit mit Schülerinnen und Schülern zu arbeiten, gewerkschaftliche Angebote, das ist alles da und bietet Möglichkeiten, etwas zu verändern. (…) Die Medien müssen sehr vorsichtig sein, welche Framings sie übernehmen und reproduzieren und was sie in der Berichterstattung aufnehmen. Und sie müssen sich vor allem fragen, ob es wirklich nötig ist, rechtsextremen Politikerinnen und Politikern eine Bühne zu geben, auf der sie ständig wieder ihre eigenen Botschaften präsentieren und in die Welt hinaus senden können. Selbst nach den großen Protesten jetzt haben Politikerinnen und Politiker der AfD zur besten Sendezeit die Möglichkeit bekommen, sich zu rechtfertigen. Da müssten die Medien überlegen, ob sie nicht einen anderen Umgang finden können, gerade mit der AfD.
      [hessenschau.de: Also weniger mit Rechten sprechen, sondern besser mit den Unzufriedenen und die Menschen und ihre Nöte zu Wort kommen lassen?]
      Daniel Mullis: Ja, und nein. Wir haben die Erzählung der besorgten Bürgerinnen und Bürger schon seit Pegida. Wir hören die Sorgen der Menschen an, die die Rechten wählen. Nur hat das letztlich dazu geführt, dass wir eine unsägliche Migrationsdebatte mittlerweile führen, die in weiten Teilen Züge einer entgleisten Debatte hat. Vielleicht ist es jetzt nach den Massenprotesten aber mal an der Zeit, Hunderttausende, die jetzt auf den Straßen sind und waren, genauso als besorgte Bürger ernst zu nehmen. Deren Ängste und Sorgen sich anzuhören und sie zu fragen: Was für eine Gesellschaft wünschen sie sich eigentlich, wovon träumen sie? Das würde die Möglichkeit öffnen, die Mitte der Gesellschaft neu zu verorten und die Eckpfeiler neu zu bestimmen. Wenn man nur immer auf diejenigen hört, die rechts wählen, dann ist das am Ende der Maßstab, an dem Politik sich orientiert. Das hat jetzt lange nicht gut funktioniert
      …“Interview von Katrin Kimpel mit Daniel Mullis am 25.01.24 in hessenschau.de externer Link
    • Antifaschistische Massenproteste: Das grosse deutsche Unterhaken – Wohin führt der Protest?
      „… In der Frankfurter Innenstadt ist am Samstagmittag kein Durchkommen. Zehntausende drängen sich an diesem 20. Januar in den Strassen rund um das Rathaus, wo die Kundgebung gegen rechts stattfindet, der Platz ist bereits wegen Überfüllung geschlossen. (…) Frankfurt ist keine Ausnahme: Landauf, landab finden solche Demonstrationen statt. 100 000 Menschen in Hamburg, bis zu 200 000 in München, 50 000 in Leipzig, 200 000 oder mehr in Berlin. (…) Organisiert werden die Proteste von spontan gegründeten Bündnissen aus sozialen Bewegungen und Zivilgesellschaft, mancherorts auch von Unternehmen, die sich Sorgen um das Image des Landes machen. In Berlin initiierte die Klimabewegung Fridays for Future eine der ersten Demos. (…) «Wir sind die Brandmauer» lautet einer der Slogans: Er spielt auf ein Schlagwort an, mit dem die Parteien von CDU bis zu Die Linke ihre Abgrenzung zur AfD betonen und eine Zusammenarbeit mit der Partei ausschliessen. (…) In der Betonung, dass «wir», also die ganz normalen Bürger:innen, die Brandmauer seien, steckt auch eine Kritik an den etablierten Parteien, die nicht genug tun, um die AfD zu bekämpfen, weshalb es jetzt auf «uns alle» ankomme, ein Zeichen zu setzen und die Demokratie vor ihren rechten Feind:innen zu schützen. Hier beginnen auch die Ambivalenzen. Denn obgleich die Sorge vieler Bundesbürger:innen vor einer rechten Machtübernahme real ist, ist damit nicht unbedingt eine Ablehnung rechter Politik verbunden. (…) Dieser Widerspruch spielte auf den meisten Kundgebungen bislang keine grosse Rolle. (…) Für die Bundesregierung sind die Proteste daher ein willkommener Anlass, um das grosse Unterhaken gegen die AfD zu beschwören, ohne über die eigene politische Verantwortung für deren Aufstieg – etwa durch die Übernahme von AfD-Forderungen – sprechen zu müssen. Ähnliche Konstellationen gab es schon häufiger. 1992, auf dem Höhepunkt der rassistischen Gewaltwelle, demonstrierten Millionen gegen die Nazimorde, ein halbes Jahr später schränkte die Regierung das Grundrecht auf Asyl drastisch ein. Im Jahr 2000 kam es nach dem Anschlag auf eine Synagoge zum von der damaligen SPD-Grünen-Regierung ausgerufenen «Aufstand der Anständigen» – etwa zeitgleich begann der NSU damit, Migrant:innen zu ermorden, und blieb damit jahrelang unentdeckt. Und als 2018 ein Mob Geflüchtete durch Chemnitz hetzte, kamen danach Zehntausende unter dem Hashtag #wirsindmehr in die Stadt. Den rechten Aufschwung bremsten diese Proteste nur kurzfristig, mittelfristig blieben sie eine kleine Delle in der Aufwärtskurve der faschistischen Bewegung und des Rechtsrucks nahezu aller anderen Parteien. «Wir sind mehr», heisst es nun erneut. Die sonst um rassistische Hetze nie verlegene Berliner Boulevardzeitung «B.Z.» titelte diesen Ausruf, zusammen mit dem Foto einer der Massendemos. Die AfD-Anhänger:innen wird das alles wohl nicht erschüttern. Eher werden sie sich angesichts der Proteste mit dem Gütesiegel der Regierung in ihrer Dissidentenrolle bestärkt sehen und der faschistischen Rechten die befürchteten guten Wahlergebnisse im Superwahljahr 2024 bescheren. Ob die Proteste bis dahin mehr bewirken können als einen kurzen Moment demokratischer Selbstvergewisserung, muss sich erst noch zeigen.“ BArtikel Artikel von Jan Ole Arps und Nelli Tügel in der WOZ vom 25. Januar 2024 externer Link
    • [„Gegen die AfD, für ihre Politik?“] Kein Rechtsextremismus ohne Mitte
      Die AfD greift, getragen von einem Umfragehoch nach dem anderen, nach der Macht. Und das, obwohl sie offen rechtsextreme Positionen vertritt. Gestärkt wird sie dabei durch eine Politik aus der Mitte, die völkische Vorstellungen nie überwunden hat…“ Umfangreicher Artikel von Julian Daum vom 24.01.2024 im Migazin externer Link – in Gänze lesenswert
    • Welche Strategie gegen den Rechtsrutsch? Für breite Bündnisse und sozialen Antifaschismus
      Antifaschistische Politik muss breite Bündnisse schließen, um unsere Republik zu verteidigen. Sie darf sich aber nicht zum Anhängsel sozialliberaler und konservativer Kräfte machen lassen. Der Postfaschismus nährt sich aus Verzweiflung, schlagen lässt er sich nur durch Hoffnung. Um zu gewinnen, brauchen wir einen flankierenden sozialen und kulturellen Antifaschismus. Ausgehend von den breiten Mobilisierungen gegen die AfD sollten wir mit dem Aufbau eines sozialen Bündnisses beginnen. (…)  Statt nach der einen Ursache zu suchen, ist es hilfreicher zu fragen, unter welchen Bedingungen eigentlich rassistische Einstellungen zu rassistischer Meinungsäußerung und gewaltsamer Handlungsbereitschaft werden; wann Dinge, die vorher nur gedacht wurden, nun auch gesagt werden; wie aus Skepsis gegenüber Migrant*innen Angst werden kann. Zwei Dinge sind in diesem Zusammenhang wichtig: Zum einen schwinden in Zeiten von Krisen und Stress Toleranzreserven: „In jeder Krisensituation schrumpft unsere Toleranz gegenüber dem, was anders ist als wir selbst, zieht sich der Identitätszirkel enger um uns zusammen. Was in besseren Tagen toleriert werden konnte, gar Neugier und Sympathie weckte, verfällt dann fortschreitend panischer Verfremdung.“ (Dahmer 2009, 125) Zum anderen repräsentieren Parteien nicht nur das, was bereits da ist. Sie schaffen auch eine eigene Gedankenwelt, fördern Gedanken und Ideen und fordern andere heraus – ihr schierer Erfolg wirkt wie eine Bestätigung der eigenen Ideologie. Diese andauernde ideologisch-kulturelle Arbeit kann nicht nur das Alltagsbewusstsein verändern, sie verändert auch, was denk- und sagbar ist. Hegemonial ist man, wenn der Gegner die eigenen Argumente auf den Lippen trägt, könnte man Gramsci zuspitzen. Wenn der alte NPD-Slogan „Das Boot ist voll“ zum Leitsatz der Asyldebatte geworden ist, der Christ- und Sozialdemokraten ebenso leicht über die Lippen geht wie Sahra Wagenknecht, dann spricht das für die Hegemonie der nationalradikalen Rechten. (…)
      Wir haben also keine Zeit zu verlieren. Deshalb ist es gut und wichtig, wenn Menschen sich gegen rechts organisieren und gemeinsam gegen die AfD auf die Straße gehen. Wir brauchen einen republikanischen Antifaschismus, der breite Bündnisse schmiedet, der auch um Teile der Christdemokratie und der Liberalen ringt, der gemeinsam mit ihnen die Republik verteidigt, die uns als Sozialist*innen nicht genügt. Einen Antifaschismus, der Freiheit, politische und soziale Rechte verteidigt und daran arbeitet, den Raum des Sagbaren in Richtung der extremen Rechten zu verkleinern. Das setzt ein positives Verhältnis zur Republik voraus, einen linken Republikanismus. (…) Im Mittelpunkt eines solchen sozialistischen Republikanismus stehen die radikaldemokratische Idee des politischen Bürgerseins, des Bürgers als aktivem Menschen, der diese Gesellschaft gestalten kann (Balibar 2016, 241f, Mouffe 2018, 77), und das Ideal der Gleichheit. Deshalb ist die Verteidigung auch der halbierten Republik unerlässlich, droht doch die Zerstörung der Zivilgesellschaft und die Beseitigung bürgerlicher Freiheiten, die wir zwar als ungenügend kritisieren, aber bewahren wollen. Es stimmt, dass wir uns im Kampf gegen die radikale Rechte nicht einfach auf den Staat verlassen können – Errungenschaften müssen wir aber verteidigen und die im Grundgesetz verankerten Rechte, die sowohl einen demokratischen Weg zum Sozialismus als auch einen wirkungsvollen Kampf gegen Faschist*innen ermöglichen, nutzen. Der republikanische Antifaschismus muss die Demokratie verteidigen, unsere Bürger*innen, die eine Einwanderungsgeschichte haben, zugleich aber die Vielfalt unserer Lebensweisen, die Errungenschaften des Feminismus, der Gewerkschaftsbewegung, der LGBTQ-Bewegung, die die Rechten so hassen. Wer nicht gemeinsam mit Sozialdemokrat*innen und Grünen, und ja, auch mit Christdemokrat*innen (deren Politik wir scharf kritisieren), gegen die Faschisten kämpfen will, wer ihre Politik für ähnlich rechts erklärt wie die der AfD, wird den Unterschied möglicherweise schmerzhaft lernen, wenn wir alle gemeinsam in den Lagern der Postfaschisten sitzen. Ich gebe zu: Das ist nicht einfach. (…)
      Wir sollten diesen republikanischen Antifaschismus mit Leben füllen, aber er allein wird nicht reichen, um den Faschismus zu schlagen. Der Faschismus nährt sich aus Verzweiflung und Hass. Deshalb müssen wir zugleich eine starke soziale antifaschistische Bewegung aufbauen, die die Rechte bekämpft, indem sie für eine soziale und ökologische Wende eintritt – für bessere Löhne und anständige Renten, für einen starken Sozialstaat, für wirksamen Klimaschutz in sozialer Verantwortung, für eine humane Asyl- und Einwanderungspolitik, gegen Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus, für die gründliche Verfolgung rechter Verschwörer*innen in Verwaltung, Polizei und Armee. Es ginge um zwei Dinge gleichzeitig: Die oben erwähnten sozialen Stressbedingungen, die die Toleranzreserven zum Schwinden bringen und den Rechten den Weg bereiten, sollen abgebaut werden, um zugleich eine Auseinandersetzung für echte soziale und ökologische Wendepunkte zu beginnen, die das Leben von Millionen verbessern würde
      . (…) Den Faschismus werden wir schlagen, wenn wir ein politisches Projekt begründen, das Hoffnung macht und eine echte Alternative bietet, zur ökoliberalen Verwaltung der Krise wie auch zum erstarkenden Postfaschismus. Entstehen kann es im gemeinsamen Kampf für einen sozialen Antifaschismus. Warum nicht einen Cross-Over-Prozess beginnen zwischen Anhänger*innen verschiedener Parteien, Gewerkschafter*innen und Klimaaktiven – all denen, die ähnliche Sehnsüchte und Ziele haben? Aus diesem Austausch könnte eine gesellschaftliche Bewegung für einen politischen Richtungswechsel entstehen.
      Wir müssen gegen die AfD kämpfen, natürlich – aber am besten, indem wir gleichzeitig gemeinsam für eine wirkliche soziale und ökologische Republik organisieren, in unseren Gewerkschaften, in unseren Städten und Dörfern, in den Schulen und Universitäten, im Kleingartenverein und im Betrieb. Es kämpft sich besser gegen eine Sache, wenn man gleichzeitig ein Ziel hat, das begeistern kann
      …“ Artikel von Thomas Goes in der Zeitschrift Luxemburg vom Januar 2024 externer Link
    • Ein sehr deutsches Problem. Der Rechtsruck ist kein alleiniges Problem der AfD. Er betrifft deutsche Familien, Freundeskreise, liberale Milieus. Zeit, sich diesen Konflikten zu stellen
      Hunderttausende Menschen demonstrieren derzeit deutschlandweit gegen die AfD. Sie rufen: Ganz Berlin, ganz Hamburg oder ganz Köln hasst die AfD. Danach können sie selbstzufrieden nach Hause gehen, weil sie ein Zeichen gegen Rechtsextremismus gesetzt haben. Sie sind die Guten, rechtsextrem sind die anderen. Dabei ist die AfD weder ein Randphänomen noch eine fremde Macht, gegen die „wir“ jetzt Widerstand leisten müssen. Wenn nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, würden aktuellen Umfragen zufolge 22 Prozent die AfD wählen. Also möglicherweise für viele Deutsche auch die eigene Cousine, der Nachbar von unten, die Kollegin aus der anderen Abteilung, der beste Freund. Die Mitte-Studie zeigt, dass rechtsextreme Überzeugungen in der breiten Gesellschaft immer weiter Zustimmung finden. Das bedeutet: Demonstrieren reicht nicht. Wer Menschenleben wirklich verteidigen will, muss der Bedrohung im Alltäglichen, im Selbstverständlichen und in der nächsten Nähe entgegentreten. Es geht darum, die eigenen Berührungspunkte mit rechtsextremen Vorstellungen in der Familie und im Freundeskreis anzuerkennen. Das Problem nicht zu externalisieren – sondern genau hinzusehen. Nicht nur vor der eigenen Haustür kehren, sondern auch dahinter – im Privaten, im Heimischen.   Das verlangt, den Rechtsruck im eigenen Umfeld nicht weiter zu verharmlosen oder wegzuschauen (…) In der deutschen Normalität von Abgrenzung und Abwertung sind aber nicht erst offen rassistisch hetzende Verwandte oder Freund:innen ein Problem. Sondern auch die, die schweigen. Die, die den Status quo gerade durch ihr Nichtssagen aufrechterhalten. Deshalb ist es unausweichlich, das Gespräch zu suchen und Streit bewusst nicht mehr aus dem Weg zu gehen.“ Kommentar von Elif Küçük 24. Januar 2024 in der Zeit online externer Link (ze.tt)
  • Mehr als eine Million Menschen demonstrieren in Deutschland gegen AfD und Faschismus am letzten Wochenende – ein Überblick zu Einschätzungen und Perspektiven 
    • Hunderttausende auf den Straßen: Die große Demo-Übersicht!
      Dies ist eine Übersicht aller Anti-AfD-Demonstrationen in Deutschland seit dem 12. Januar 2024. Genommen werden in der Regel die konservativen (kleineren) Polizei-Schätzungen der Demo-Teilnehmenden oder ein Mittelwert. Dieser Artikel wird fortlaufend aktualisiert! Sollten wir eine Demonstration vergessen haben, freuen wir uns über Hinweise an redaktion@volksverpetzer.de ….“ Beitrag von Thomas Laschyk und Frederik Mallon vom 20.1.2024 bei volksverpetzer.de externer Link
    • „Remigriert euch ins Knie“: Die Republik steht auf gegen AfD
      Hunderttausende gehen an einem einzigen Wochenende auf die Straße, um ein Zeichen gegen Rechtsextremismus zu setzen. In Groß- und in Kleinstädten. In Ost und in West. Das hat es lange nicht gegeben. Daraus kann sich mehr entwickeln, sagt ein Forscher. (…) Die geografische Breite der Kundgebungen sei bemerkenswert, sagt der Konfliktforscher Andreas Zick der Deutschen Presse-Agentur. Ost und West seien vertreten, Metropolen wie auch kleinere Städte. Außerdem beteiligten sich Menschen, die noch nie oder seit Jahren nicht mehr demonstriert hätten. „Es sind nicht nur die erwartbaren urbanen, gebildeten und engagierten Milieus, sondern eine generationenübergreifende Zivilgesellschaft.“ Man spüre, dass ein Ruck durch die Gesellschaft gegangen sei: „Dass Richter, die Kirchen und vor allem die Unternehmen sich so klar an die Seite der Demonstrationen stellen, hat es lange nicht gegeben.“ (…)
      Sind die Demonstrationen nun ein kurzes Aufflackern oder baut sich da eine breite demokratische Gegenbewegung auf? „Noch ist es nicht im üblichen Sinne bewegungsförmig, aber es ist eine klare Gegenbewegung gegen den Aufwärtstrend der AfD und das weitere Eindringen in Parlamente, in die Kultur und den Alltag“, meint Wissenschaftler Zick. „Dazu müssen sich weitere Netzwerke und Aktivitäten ergeben. Das müssen wir abwarten. Aber egal was sich da entwickelt, es ist für den Moment eine wichtige gemeinsame Bewegung mit alten und neuen Akteuren, eine breite Allianz aus Gruppen inklusive von Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft. Das zeigt, dass die Demokratie Bindekräfte hat und die Mehrheit keinen weiteren Rechtsruck möchte
      .“…“ Beitrag von Christoph Driessen vom 21.01.2024 im Migazin externer Link
    • Wie man die AfD kleinkriegt
      Die demokratischen Parteien sind bestürzt von den Umfragewerten der AfD, ein Mittel aber scheint niemand zu haben. Dabei gibt es klare Hinweise aus der Forschung, was zu tun ist. (…) Maßnahme fünf ist keine Aufgabe nur für einzelne Parteien, sondern für die gesamte Gesellschaft, für Verbände, Vereine, Kirchen und jede und jeden einzelnen: Es muss bei jeder sich bietenden Gelegenheit klargemacht werden, dass Zustimmung zu den Positionen der AfD und anderer Rechtsextremer zu gesellschaftlicher Ächtung führt. Es muss wieder unangenehm sein, beim Verbreiten rechtsextremer Ideen ertappt zu werden. Was gerade in deutschen Innenstädten passiert, zeigt, dass das gelingen kann – wenn auch die demokratischen Parteien mitziehen.„…“ In Gänze lesenswerte Kolumne von Christian Stöcker vom 21.01.2024 im Spiegel online externer Link
    • Proteste gegen die AfD: Da geht noch mehr
      Zehntausende gehen gegen den Faschismus auf die Straße. Um dessen Wurzeln zu beseitigen, sollte die Bewegung auch für Umverteilung streiten.
      In der vergangenen Woche ist das demokratische Deutschland aus seiner Schockstarre erwacht. Regungsunfähig hatte die Zivilgesellschaft den Vormarsch der Faschisten zuletzt nur noch passiv zur Kenntnis genommen. Doch die „Correctiv“-Recherche hat die unverhohlene Brutalität offengelegt, wie die Deportation von Millionen Menschen auf einem Geheimtreffen geplant wurde, an dem finanzkräftige Unternehmer, Rechtskonservative der Werte-Union der CDU, prominente AfD-Mitglieder und Führungskader der neonazistischen Szene teilnahmen. Das endlich hat das Fass zum Überlaufen gebraucht. (…) Die Hoffnung ist geweckt, dass hier tatsächlich eine Demokratiebewegung entstehen könnte, die die offene Gesellschaft und die demokratischen und rechtsstaatlichen Ideale gegen ihre Feinde zu verteidigen vermag. Dafür wird es in den kommenden Wochen von entscheidender Bedeutung sein, das gegenwärtige Moment der Entrüstung in eine längerfristig handlungsfähige und schlagkräftige Bewegung zu kanalisieren. (…) Die Wahl dieser Orte zeigt bereits, nach welcher politischen Logik die Proteste organisiert wurden: Es ist die des moralischen Appells, gewissermaßen die einer Petition an die Herrschenden. Stattdessen sollte die Bewegung dahin, wo es weh tut: vor die Parteibüros von CDU und AfD, die sich in ihrer Hetzerei viel zu sicher fühlen – weil sie nicht damit rechnen müssen, auf den entschlossenen Widerstand der Menschen zu treffen. (…)
      Demoverbot für Olaf Scholz
      Nur zeigt aber gerade das Scheitern der Klimabewegung, dass die Generierung von Aufmerksamkeit nicht ausreicht, weil es für Veränderung auch den Aufbau von Druck, von Gegenmacht, benötigt. Grundvoraussetzung dafür ist, dass sich kein Olaf Scholz und auch kein:e andere:r Politiker:in der Ampelregierung in die Proteste einreihen darf. Denn so wichtig es nun ist, ein möglichst konsensfähiges Ziel zu formulieren: Die Bewegung kann nur scheitern, wenn sie zu einer stumpfen Verteidigung der Regierung gegen ihre Kritiker:innen degradiert wird. Denn was beinhaltet das Ziel, die Verteidigung der offenen Gesellschaft? Natürlich einerseits, dass man den Faschismus bitte nicht bekämpft, indem man die Ziele der Faschos umsetzt. Genau diese Politik verfolgen aber inzwischen auch SPD und Grüne, die mitmachen in dem würdelosen Wettstreit, wer die Entrechtung migrantisierter Menschen schneller vorantreibt. Um es klar zu sagen: Wer „im großen Stil“ (Olaf Scholz) und insgesamt schneller (Ricarda Lang) abschieben will, dem muss ein deftiges antifaschistisches Demoverbot ausgesprochen werden. Aber auch darüber hinaus kann die Verteidigung von offener Gesellschaft und Demokratie nicht bedeuten, die bestehenden Verhältnisse zu bejahen. Theodor W. Adorno hat faschistische Bewegungen einmal als „Wundmale der Demokratie“ bezeichnet, also als Folge davon, dass in der Klassengesellschaft das Versprechen von demokratischer Freiheit und Gleichheit unerfüllt bleibt. Eigentlich ist es eine banale Erkenntnis: Antifaschismus darf kein moralischer Appell bleiben, sondern muss dem Faschismus seine Bedingungen entziehen. (…) Soll die Demokratie verteidigt werden, muss das deshalb bedeuten, sie überhaupt erst wieder richtig herzustellen. Bisher dreht sich die Strategie der neuen Demokratiebewegung aber primär um ein mögliches Parteiverbot der AfD. Und ja: Um die immanente Gefahr einer faschistischen Machtergreifung zu stoppen, kann dieses Mittel eine entscheidende Rolle spielen. Doch um die Millionen von AfD-Wähler:innen in die demokratische Gesellschaft zurückzuholen, muss es darum gehen, konkrete materielle Verbesserungen für die breite Masse der normalen Leute zu erstreiten...“ Kommentar von Timm Kühn vom 20.1.2024 in der taz online externer Link
    • Antifaschisten überall, Freizügigkeit nirgends
      Es wird kalt. Deshalb ist es so wichtig, dass wir heute hier zusammenkommen und unsere Angst, unsere Wut und unsere Hoffnung teilen. Aber auch wir haben uns an die Kälte gewöhnt. Seit vielen Jahren haben wir uns an die Todesmeldungen im Mittelmeer, an die Abschottung der EU-Außengrenzen und an die Verschärfung der unmenschlichen europäischen Asylpolitik gewöhnt.
      Wir haben uns daran gewöhnt, dass Seenotretter und Kirchenasyl behindert und kriminalisiert werden, dass vor Abschiebungen in den Iran oder nach Afghanistan nicht zurückgeschreckt wird. An die Erklärung der Türkei, Marokkos und Tunesiens zu sicheren Drittstaaten, an die Verlagerung der europäischen Außengrenze in Todeszonen wie die Wüste Sahara. Dass es uns nicht wundert, wenn die CSU von Italiens neofaschistischem Regierungschef Meloni die Idee kopiert, im Nicht-EU-Land Albanien zur „Abschreckung“ Haftanstalten samt Leichenhalle für Tausende von Flüchtlingen einzurichten. Dass sogar ein SPD-Kanzler im SPIEGEL ankündigt, er wolle „im großen Stil abschieben“ und dass die Grünen die faktische Abschaffung des Asylrechts durch die EU unterstützen. Daran, dass die britische Regierung mit ihrem Ruanda-Modell längst plant, wovon Sellner träumt. Daran, dass es keine roten Linien mehr gibt.
      Wir haben uns an die Abschiebung von Kollegen, Nachbarn und Freunden gewöhnt, die seit Jahrzehnten in Deutschland leben und arbeiten. An den Hass und die Hetze, die über Zeitungen und Social-Media-Kanäle verbreitet werden, und an die Sprache des rechten Kulturkampfes, der längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. An die Tatsache, dass die AfD seit Jahren von CDU, SPD, Grünen und FDP mit dem Versuch bekämpft wird, sie in Wort und Tat von rechts zu überholen. Daran, dass ihre vermeintliche Brandmauer längst zusammengebrochen ist und dass auch ihre Antwort auf die eskalierenden Krisen des Kapitalismus die Festung Europa ist.
      Wir haben uns an die globale Doppelmoral bei den Menschenrechten und die eklatante globale Ungerechtigkeit gewöhnt. Wir haben uns daran gewöhnt, dass unser eigenes Leben missachtet wird und dass wir diese Missachtung sogar regelmäßig weitergeben. Wir haben uns so sehr daran gewöhnt, dass in den Debatten über den Nahen Osten sogar der Kampf gegen den Antisemitismus mühelos zu einer rassistischen und antimuslimischen Kampagne instrumentalisiert wird.
      Es ist gut, dass wir hier zusammen sind. Ein Zeichen dafür, dass wir uns noch nicht an alles gewöhnt haben. Und ein Zeichen unserer Hoffnung, dass wir, die wir uns hier treffen, uns noch nicht an all das gewöhnt haben.
      Die Dokumentation der Inhalte des Treffens führender Faschisten durch die CORRECTIV-Redaktion hat einmal mehr gezeigt, dass die faschistische AfD mit allen Mitteln bekämpft werden muss. Nicht dass die „Enthüllungen“ wirklich neue Erkenntnisse wären. Und doch ist der CORRECTIV-Bericht nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, denn die offene Hetze ist seit Jahren unerträglich. Trotzdem macht sie uns wieder wütend. Heute machen wir unserer Wut, unseren Ängsten und unseren Sorgen endlich auf der Straße Luft.
      Vielleicht hat uns diese CORRECTIV-Recherche wachgerüttelt und uns daran erinnert, dass viele der unverschämten Forderungen der Rechten längst von jenen bürgerlichen Parteien umgesetzt werden, die sich jetzt als große Antifaschisten aufspielen.
      Wir dürfen nicht in unsere Gewohnheit zurückfallen, in die latente und manifeste Gewalt, die sie verkörpert. Wir dürfen auch nicht in die Verteidigung eines Rechtsstaates zurückfallen, in dem es keine gleichen Rechte für alle gibt und der systematisch von Nazis und rechten Strukturen durchgesetzt wird. Ein Rechtsstaat, der Menschen in Länder wie Afghanistan abschiebt, Demonstrationen verbietet und Antifaschisten und Klimaaktivisten mit einer Härte verfolgt, die es gegenüber der Rechten nie gab. Wir dürfen uns nicht darauf zurückziehen, einen Normalzustand zu verteidigen, in dem Sicherheit durch Polizei und Militär und nicht durch Justiz und Partizipation hergestellt werden soll. Wir wollen keine „defensive Demokratie“, die sich ihre Feinde nicht nur auf der Rechten, sondern auch auf der Linken sucht. Eine Demokratie, die andere Länder ausplündert und sie in einem Zustand zurücklässt, in dem sie vielleicht noch überleben, aber sicher nicht mehr leben kann, nur um dann alle, die ihre Länder verlassen, mit Grenzzäunen aufzuhalten. Wir wollen nicht eine globale kapitalistische Ordnung verteidigen, die sich selbst immer tiefer in die Katastrophe treibt und deren einzige Antwort Krieg, Isolation und Autoritarismus ist. Wir sollten etwas anderes verteidigen und dafür kämpfen: eine vielfältige, sozial gerechte Gesellschaft des gegenseitigen Respekts und der Würde für alle.
      Wir wollen mit all denen vereint sein, die nicht den Rechtsstaat, sondern die Gesellschaft der Vielen verteidigen wollen. Mit all jenen, die um die Falschheit des rassistischen Segregationsmistes wissen, weil wir sagen: Jeder, der hier ist und hierher kommen will, gehört hierher. Mit all jenen, die um die Falschheit des neoliberalen Diversity-Quatsches wissen, weil es nicht um eine offene Gesellschaft der Teilhabe geht, sondern um billige, migrantische Arbeitskräfte.
      Mit all jenen, die tagtäglich das europäische Grenzregime mit seinen unzähligen Zäunen und Mauern, Wüsten und Meeren überwinden. Mit all jenen, die vor den Kriegen, den Katastrophen und den Bedingungen des ständigen Todes fliehen, die der Kapitalismus in die Welt trägt. Mit all jenen, die den gescheiterten Versuchen der tödlichen Kontrolle ihren lebendigen Widerstand entgegensetzen. Mit all jenen, die für die Bedingungen und das Recht zu bleiben und zu gehen kämpfen.
      Lasst uns zusammenkommen, wie wir es heute tun. Stellen wir uns den Faschisten der AfD entgegen, aber stellen wir uns auch gegen Kälte und Gewohnheit, gegen den Autoritarismus aus der Mitte und gegen die rassistische Normalität. Verteidigen wir weiterhin die Vielfalt und Offenheit, für die wir bereits gekämpft haben, und hören wir nicht auf zu kämpfen, bis das Eis der Isolation, der Segregation und der Gewalt gebrochen ist und unserer Vision einer Gesellschaft der Vielen, der Solidarität, der Sorge und der Teilhabe – einer Gesellschaft des Lebens – Platz gemacht hat.“ engl. Fassung des Flugblatts von INTERVENTIONISTISCHE LINKE FRANKFURT (Deutschland) am 20.1.2024 bei TSS externer Link (Transnational Social Strike)(„Anti-fascists Everywhere, Freedom of Movement Nowhere“, maschinenübersetzt)
    • Die Demonstrationen gegen die #noafd und für #Demokratie und Rechtsstaat sind wundervoll. Sie sind aber kein Ausdruck der Unterstützung der aktuellen Politik. Diese ist für die  Entsolidarisierung und den Rechtsruck dieser Gesellschaft mitverantwortlich. Mehr anzeigenTweet von RAV vom 20. Jan. 2024 externer Link
    • Was bewirken die Demos? – Fragen an den Sozialwissenschaftler Oliver Nachtwey
      Video des Interviews vom 22.01.2024 in tagesschau24 externer Link
  • Die deutsche Regierung ebnet den Weg für die extreme Rechte
    Zehntausende von Menschen demonstrieren gegen die AfD. Doch die Regierung von Olaf Scholz setzt bereits viele Maßnahmen der AfD um (…) An einer #NoAfD-Demonstration in Potsdam nahmen auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) teil. Das Motto lautete: »Verteidigen wir unseren Staat«. Es wäre ein großer Tag in Deutschland, wenn sich die Regierung gegen Rassismus wehren würde. Doch noch vor drei Monaten erschien derselbe Kanzler auf der Titelseite des Magazin »Spiegel« mit den Worten: »Wir müssen endlich im großen Stil abschieben«. (…)Hinter dem bürokratischen klingenden Begriff Abschiebung verbirgt sich eine alptraumhafte Realität. Menschen leben in Deutschland – sie sind vielleicht hier geboren und haben nie woanders gelebt – und ohne Vorwarnung kommen schwer bewaffnete Beamte in ihre Wohnung oder an ihren Arbeitsplatz und bringen sie weg. Von einer Sekunde auf die andere werden Menschen aus ihrem Leben gerissen und an einen weit entfernten Ort geschickt, nur weil ihnen ein Stück Papier fehlt. Es ist unfassbar, dass ein Staat, der sich für demokratisch hält, so etwas tun kann. Doch SPD, Grüne und CDU/CSU sagen, wir brauchen viel mehr davon. Das ist der Schlüssel zum Verständnis, warum die AfD in den Umfragen über 20 Prozent liegt. (…) Die »Migrationskrise« ist frei erfunden. Deutschland gibt derzeit 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr aus – zusätzlich zu einem ohnehin schon astronomischen Militärhaushalt. Wenn Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagt, dass die Subventionen für Landwirt*innen gekürzt wurden, um Asylsuchende zu unterstützen, ist das nichts als rassistische Hetze. Es scheint, als wäre die einzige finanzielle Priorität der Regierung die Aufrüstung der Armee. (…) Wir müssen den Aufstieg des Faschismus bekämpfen. Aber das können wir nicht, indem wir die Agenda der extremen Rechten umsetzen. »Unseren Staat verteidigen« hilft nicht, wenn der Staatsapparat voller Rechter ist. Nein, die einzige Möglichkeit, die Demokratie zu verteidigen, besteht darin, für gleiche Rechte für alle zu kämpfen.“ Artikel von Nathaniel Flakin vom 17.01.2024 in ND online externer Link, siehe auch:

    • den LabourNet-Post u.a. auf Mastodon am 18.1.24 externer Link: „Gerade nach den heutigen BT-Entscheidungen gegen Erwerbslose und Geflüchtete wäre m.E. ein Aufruf zu den (wichtigen!) Demos gegen #noAfd mit „Auch ohne Nazis ist es schlimm genug“ ehrlicher als „Demokratie verteidigen!
    • Regierung gegen rechts: Das große Aber
      Es ist, als habe nur noch dieser letzte Tropfen gefehlt, um das Fass zum Überlaufen zu bringen. Seit bekannt wurde, dass Nazis über die Massendeportation von Menschen nachdenken, die nicht ihrem deutschen Abziehbild entsprechen, ist die Protestwelle groß. Denn es geht um eine reale Gefahr. Da ist es zu begrüßen, wenn aus der SPD-Fraktion der Ruf nach einem Aufstand der Anständigen laut wird. Allerdings ist ein mehrfaches Aber nötig: Aber auch im Jahr 2000, als Kanzler Schröder nach einem antisemitischen Brandanschlag einen Aufstand der Anständigen ausrief, war es wie jetzt schon allerhöchste Eisenbahn angesichts vieler Vorfälle zuvor. Aber ein solcher Aufstand nutzt nur etwas, wenn es nicht beim bloßen Bekenntnis der Zuständigen bleibt. Aber ein aus der Regierungspartei ausgerufener Aufstand hat nur dann einen Sinn, wenn der Finanzminister nicht kalte Sozialpolemik auf Kosten der Schwächsten in der Gesellschaft betreibt, Bevölkerungsgruppen gegeneinander ausspielt. Aber der Appell an Solidarität funktioniert nicht, wenn der Kanzler dem Druck von rechts nachgibt und fordert, wir müssten »endlich im großen Stil abschieben«….“ Kommentar von Wolfgang Hübner vom 17.01.2024 im ND online externer Link
  • 3.2. Aktionstag: #WirSindDieBrandmauer – Schließ dich der Brandmauer gegen Rechts an!
    Die Bündnisseite externer Link u.a. mit dem Aufruf:

    • Hand in Hand – jetzt solidarisch aktiv werden!
      Wir rufen dazu auf, der rechten Normalisierung in Deutschland und Europa nicht länger zuzuschauen. (…) In Deutschland entwickelt sich die politische Landschaft alarmierend: Rechte und rechtsextreme Ansichten bekommen öffentlichen Rückhalt. Rassismus, Antisemitismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit nehmen zu. Menschen werden etwa aufgrund von Armut, Arbeitslosigkeit oder Obdachlosigkeit herabgesetzt und sozial ausgegrenzt. Gleichzeitig werden zwingende Aufgaben wie Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit zu lästigen Zumutungen abgewertet. Respektlosigkeit, Anfeindungen  und das Leugnen von Fakten dominieren Teile der gesellschaftlichen Stimmung. Die Abgrenzung gegenüber Verächtern der Demokratie wie der AfD schwindet. Für Menschenrechte einzustehen, wird in Frage gestellt. Geflüchtete werden massiv entrechtet, sie und Menschen, die sie unterstützen, werden zunehmend kriminalisiert. Unser gesellschaftliches Zusammenleben, die Vielfalt und Fairness: Ja, unsere Demokratie ist in Gefahr. Doch wir sind entschlossen, laut und aktiv zu werden: für eine offene, demokratische, plurale und solidarische Gesellschaft, gemeinsam gegen den Rechtsruck in Deutschland und Europa! Schweigen ist keine Option! Wir  müssen sichtbar und hörbar werden. Die Zeit zu handeln ist jetzt, denn bei den Kommunal-, Landtags- und Europawahlen in 2024 geht es um viel! Jetzt sind wir ALLE gefragt:
      Für Solidarität und Respekt, gegen Hass und Hetze
      Für Gerechtigkeit und Toleranz, gegen Spaltung
      Für eine Gesellschaft, die niemanden zurücklässt, für Menschenwürde, gegen Ausgrenzung
      Für Selbstbestimmung und Humanität, Menschenrechte für Alle,  gegen  Rassismus, Antisemitismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit„. Siehe darüber:
    • Neues Netzwerk gegen rechts: Endlich wächst der Widerstand gegen die AfD. Das noch junge Netzwerk „Hand in Hand“ möchte langfristig ein Bündnis gegen rechts bilden
      „Nach der Demo ist vor der Demo. Das haben sich auch die Initiator*innen rund um Fridays for Future vorgenommen und kündigen direkt nach der Versammlung von diesem Sonntag die nächste Großdemo an: Am 3. Februar organisiert das noch junge Bündnis „Hand in Hand“ die nächste Aktion. Das Bündnis, bei dem auch FFF und weitere bekannte Organisationen vertreten sind, wollen die Ereignisse der vergangenen Woche nutzen, um ein langfristiges Bündnis gegen rechts zu etablieren. Für viele seien die Ergebnisse der Correctiv-Recherche in der vergangenen Woche ein Weckruf gewesen, sagt Samira Ghandour, FFF-Mitinitatorin der vergangenen Demo. (…) Dass zivilgesellschaftliche Organisationen nun gemeinsame Demonstrationen planen, kann besonders einflussreich sein, weiß Lukas Theune, Geschäftsführer des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins. Der Verein engagierte sich zwischen 2018 und 2022 maßgeblich im Bündnis „Unteilbar“, das Großdemonstrationen gegen rechts organisierte. „Unteilbar hat gezeigt, dass wir politische Themen zusammendenken müssen, denn der Erhalt der Demokratie ist die Basis aller unserer Anliegen.“ Damit der aktuelle Tatendrang nachhaltig in eine Bewegung übergehen kann, brauche es mediale Aufmerksamkeit für die Proteste, aber auch eine klare Kommunikation, was das Bündnis „Hand in Hand“ erreichen will, so Theune. „Eine Lehre, die ich aus meiner Zeit bei Unteilbar ziehe, ist, weitreichender zu denken. Wir wollen bei ‚Hand in Hand‘ nicht nur die nächste Demo im Februar planen und dann gehen, wir wollen uns langfristig für die Zivilgesellschaft starkmachen“, so Theune. (…) Dass FFF sich für den Kampf gegen rechts starkmache, sei ein Beispiel dafür, dass es eine breit aufgestellte Bewegung innerhalb der Bürger*innen geben muss, um erfolgreich gegen den Rechtsruck anzukommen. Die Massenbesetzung, die die Letzte Generation am selben Februartag in Berlin plane, könne man mit der Demo vereinbaren. (…) Details zur Demo Anfang Februar sind noch unklar. Bisher soll es nur eine Aktion in Berlin geben. „FFF hat Arbeitsgruppen in vielen Landkreisen, die wir mobilisieren wollen, um unsere Demokratie zu verteidigen“, sagt Samira Ghandour. Ihnen gehe es nicht nur darum, auf die Straße zu gehen, sondern die Demokratie auch im Privaten zu stärken. „Wir haben schon immer das Ziel verfolgt, auch in den persönlichen Diskurs zu gehen mit klimapolitischen Themen.“ Es sei an der Zeit, sich auch im eigenen Umfeld einzusetzen und über rechte Ideologien zu informieren.“ Artikel von Anastasia Zejneli vom 16. Januar 2024 in der taz online externer Link
    • „Wir sind die Brandmauer“: 160 Organisationen mobilisieren für Menschenkette um Bundestag
      Schon 160 Organisationen haben den Aufruf von #WirsinddieBrandmauer unterzeichnet. Mit einer Menschenkette um den Bundestag will das Bündnis den Protest gegen die AfD ins Wahljahr tragen. 25.000 Menschen, die gegen die AfD demonstrieren. Szenen wie Sonntag am Brandenburger Tor hatte es in Berlin lange nicht gegeben. Auch in anderen Städten gingen Zehntausende auf die Straße. 160 Organisationen wollen jetzt den Protest in das Wahljahr tragen und haben den Aufruf des Bündnisses „Hand in Hand“ unterschrieben. Darunter: ver.di, Fridays For Future und Aufstehen gegen Rassismus. Unter dem Motto #WirsinddieBrandmauer ist am 3. Februar eine Menschenkette um den Bundestag geplant. Die Gruppe habe sich bereits vor einigen Monaten gegründet, sagt Tareq Alaows. Er ist Referent bei Pro Asyl und Pressesprecher des Bündnisses. Das abschließende Organisationstreffen ist für Mittwoch geplant. Bereits am Donnerstag soll die Website online gehen. „Nach den Correctiv-Recherchen musste alles ganz schnell gehen.“ (…)„Dass rechte Akteure eine rassistische Politik planen, hat uns nicht überrascht“, sagt Tareq Alaows. Problematisch sei, dass sich der Rechtsruck nicht auf die AfD beschränke. „Bürgerliche Parteien übernehmen rechte Positionen und stärken so die AfD“. Dem will sich das Bündnis „Hand in Hand“ entgegenstellen. „Wir bekämpfen die AfD nur, indem wir an den Menschenrechten festhalten. Wir sind eine Brandmauer gegen den toxischen Diskurs der letzten Monate und Jahre.“
      Mehr als 160 Organisationen hätten den Aufruf schon unterschrieben haben, so Tareq Alaows. Stündlich würden es mehr. Neben Akteuren aus dem Bündnis um #Unteilbar finden sich in der Liste auch die Gewerkschaft ver.di und der Wohlfahrtsverband Der Paritätische. Auch Fridays for Future und die Grüne Jugend sind beteiligt. (…) Am 3. Februar ist die Auftaktveranstaltung von „Hand in Hand“ geplant. Neben der Klimabewegung sind auch Gewerkschaften, Parteien und andere zivilgesellschaftliche Gruppen an der Organisation beteiligt. Unter dem Motto #WirsinddieBrandmauer soll eine Menschenkette als symbolische Brandmauer gegen rechts den Bundestag schützen. Danach sind weitere Proteste geplant
      . “ Artikel von Moritz Valentino Matzner vom 17.01.2024 im Tagesspiegel online externer Link
  • Weiter aus dem Artikel von Luise Bartsch, Susanne Memarnia, Gareth Joswig, Erik Peter und Rainer Rutz vom 15.1.2024 in der taz online externer Link („Proteste gegen die AfD: Antifaschismus ist wieder „in“): „… Der Druck aus der Zivilgesellschaft muss größer werden. Da ist sich auch Tareq Alaows vom neuen Bündnis Hand in Hand #Wirsinddiebrandmauer sicher, das sich am Mittwoch der Öffentlichkeit vorstellen will. Seit dem vergangenen Jahr arbeite man am Aufbau einer großen Struktur, „um den anhaltenden Rechtsruck zu bekämpfen“, wie Alaows sagt. Mittlerweile zählt das Bündnis über 120 Organisationen, von Pro Asyl über Aufstehen gegen Rassismus bis Fridays for Future Berlin. Die Auftaktveranstaltung ist für den 3. Februar geplant: eine Menschenkette um den Bundestag. „Wenn die politische Brandmauer bröckelt, dann sind wir in der Zivilgesellschaft eure Brandmauer“, sagt Alaows. Das Bündnis tritt für eine deutlichere Abgrenzung der demokratischen Parteien von der AfD ein. Wichtig sei es, so Aloaws, sich nicht an den politischen Themen der Rechten abzuarbeiten, sondern ernsthafte Debatten über die Bewältigung der multiplen Krisen unserer Zeit zu führen. Froh über die neue Aufbruchstimmung ist man bei den Berliner Omas gegen Rechts: „Ich hoffe, das ist jetzt der Wendepunkt im Kampf gegen die AfD“, sagt Renate Christians. Überrascht seien die Omas von dem „Geheim-Treffen“ mit Nazis und den „Remigrationsplänen“ nicht. Über diese hätte schon der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke in seinem Buch geschrieben. Christians sagt, die neueste Recherche habe viele Menschen von ihren Sofas runter auf die Straße geholt: „Auch wir Omas haben jetzt großen Zulauf, es gibt viele neue Interessenten“. Bei der Demo am Sonntag seien sie zudem von Menschen aus Brandenburg angesprochenen worden, die dort jetzt Strukturen gegen rechts aufbauen wollen. (…) Initiativen wie „Hand in Hand“ diskutieren derzeit noch ihre Position zu einem AfD-Verbot. Die Haltung der etablierten Parteien aber stößt vielfach auf große Kritik. So sagen die Sprecherinnen von „Kein Raum der AfD“: „Wir setzen nicht auf die Parteien, deren Strategie es bislang war, rassistische Forderungen der Rechten zu imitieren.“ So oder so bleibt die Zivilgesellschaft gefragt. An Aufrufen und Anlässen für Proteste in der nächsten Zeit mangelt es nicht.“

Terminübersichten:

  • [DGB] Mitmachen bei bundesweiten Kundgebungen gegen Rechtsextremismus
    Der DGB und seine Bündnispartner rufen zu Demonstrationen auf
    Die bestürzenden correctiv.org-Enthüllungen zum konspirativen Treffen von Rechtsextremen und AfD-Politikern erinnern an das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte. Wer politische und ethnische Säuberungen unseres Landes fordert, tritt unsere Verfassung, Freiheit und die Grundrechte mit Füßen. Dieses braune Gedankengut reicht weit in die AfD hinein. Wir lassen uns unsere Demokratie nicht kaputtmachen! Der DGB und seine Gewerkschaften sind solidarisch mit allen Menschen in Deutschland – egal ob mit oder ohne Migrationsgeschichte, egal welcher Herkunft, Hautfarbe, Religion oder Weltanschauung. Wir gehören zusammen! Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften rufen auf, gegen das braune Gedankengut auf die Straße zu gehen. Wir wollen gemeinsam ein Signal aus der Mitte der Gesellschaft senden: Mit dieser Radikalisierung und der Diffamierung von Menschen mit Migrationsgeschichte finden wir uns nicht ab, sondern treten öffentlich dagegen auf. Wir haben die Demonstrationen und Kundgebungen mit Beteiligung des DGB zusammengestellt
    …“ Die Liste vom 17.01.2024 beim DGB externer Link wird ständig ergänzt – mitterlweile haben alle Einzellgewerkschaten ähnliche Aufrufe und Listen (sehr oft mit örtlichen/regionalen RegieungsvertreterInnen)

Siehe für Demo-Termine:

Siehe zum aktuellen Hintergrund im LabourNet Germany:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=217558
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