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Proteste gegen Polizeigewalt (und Einwanderungsgesetz) in mindestens 118 französischen Städten am 23.09.2023 und die neuesten Gründe hierfür

Paris am 23.09.2023: Starttransparent der Demo gegen Polizeigewalt in Frankreich (Foto: Bernard Schmid)Gut 10.000 Teilnehmende in Paris (…) Und frankreichweit, in insgesamt mindestens 118 französischen Städten, je nach Angaben „30.000“ Protestierende laut Polizei respektive „80.000“ laut Veranstalter/inne/n. So lautet die quantitative Bilanz zu den Demonstrationen gegen „Polizeigewalt und systemimmanenten Rassismus“, die am vorigen Sonnabend/Samstag, den 23. September d.J. In Frankreich stattfanden, die größte unter ihnen in Paris. Dazu hatten rund 100 Organisationen, unter ihnen Gewerkschaften, NGOs sowie Linksparteien aufgerufen (…) Thematisiert wurden neben Vorfällen von Polizeigewalt, vor dem Hintergrund – selbstredend – der Riots/Revolten/Unruhen im Juni & Anfang Juli dieses Jahres und der Todesschüsse unter anderem auf Nahel Merzouk (Ende Juni in Nanterre), auch stark die aktuellen Pläne der Regierung unter Emmanuel Macron und Elisabeth Borne für ein neues Einwanderungsgesetz…“ Artikel und Fotos von Bernard Schmid vom 25.9.2023 – wir danken!

Proteste gegen Polizeigewalt (und Einwanderungsgesetz) in mindestens 118 französischen Städten
am 23.09.2023 und die neuesten Gründe hierfür

Paris am 23.09.2023: Eine Auswahl von Polizeiopfern der letzten Jahre (Foto: Bernard Schmid)

Paris am 23.09.2023: Eine Auswahl von Polizeiopfern der letzten Jahre

Gut 10.000 Teilnehmende in Paris – die ursprüngliche Polizeizahl zu „erwarteten Teilnehmer/inne/n“ betrug „4.000“, die späteren Angaben der Polizeibehörden lauteten im Nachhinein dann „9.000“, jene der Veranstalter/innen hingegen „15.000“. Und frankreichweit, in insgesamt mindestens (https://france.attac.org/se-mobiliser/marches-contre-la-repression-contre-le-racisme-et-pour-les-libertes-publiques/article/carte-des-mobilisations-du-23-septembre externer Link) 118 französischen Städten, je nach Angaben „30.000“ Protestierende laut Polizei respektive „80.000“ laut Veranstalter/inne/n. (Vgl. https://actu.fr/societe/manifestations-contre-les-violences-policieres-30-000-personnes-attendues-partout-en-france_60121624.html externer Link)

So lautet die quantitative Bilanz zu den Demonstrationen gegen „Polizeigewalt und systemimmanenten Rassismus“, die am vorigen Sonnabend/Samstag, den 23. September d.J. In Frankreich stattfanden, die größte unter ihnen in Paris.

Paris am 23.09.2023: Aufstellung der Demo: Gewerkschaftsfahnen nahe der Demospitze: Bekleidungsbranchengewerkschaft FSU, Union nationale Solidaires [Zusammenschluss der SUD-Gewerkschaften] plus ATTAC Frankreich (Foto: Bernard Schmid)

Paris am 23.09.2023: Aufstellung der Demo: Gewerkschaftsfahnen nahe der Demospitze: Bekleidungsbranchengewerkschaft FSU, Union nationale Solidaires [Zusammenschluss der SUD-Gewerkschaften] plus ATTAC Frankreich

Dazu hatten rund 100 Organisationen, unter ihnen Gewerkschaften, NGOs sowie Linksparteien aufgerufen (konkret die linksplurale Wahlplattform La France insoumise / LFI, die französischen Grünen und die radikale Linke; nicht hingegen die frühere Regierungssozialdemokratie und auch nicht die Französische kommunistische Partei – in Gestalt des PCF -, welche beide auf Abstand blieben) seit Anfang August dieses Jahres. (https://www.labournet.de/wp-content/uploads/2023/08/fr-schmid040823.pdf pdf) Trotz des relativ früh im Hochsommer publizierten Aufrufs war allerdings erst in den letzten vierzehn Tagen dazu real mobilisiert worden. Insofern hätte man eine schwächere Beteiligung befürchten dürfen. Die Teilnahme fiel nicht völlig geringfügig aus, vor allem in Paris nicht; bei im engeren Sinne „politischen“ Themen liegen ihre Dimensionen traditionell hinter denen bei „sozialen“, verteilungspolitisch orientierten wie im ersten Halbjahr 2023 beim Renten(„reform“)thema zurück.

Positiv zu verzeichnen ist vor allem die durchaus reale Beteiligung von Gewerkschaften, insbesondere CGT und Union syndicale Solidaires, zuzüglich der Bildungsbranchengewerkschaft FSU (…wie auch unsere nebenstehenden Photoaufnahmen illustrieren!). Auch mindestens ein dem Verfasser dieser Zeilen namentlich bekanntes CFDT-Mitglied, allerdings seit kurzem Rentner, wurde gesichtet. Hinzu kamen Nichtregierungsorganisationen wie ATTAC, Kollektive gege Polizeigewalt und von Opferfamilien.

Thematisiert wurden neben Vorfällen von Polizeigewalt, vor dem Hintergrund – selbstredend – der Riots/Revolten/Unruhen im Juni & Anfang Juli dieses Jahres und der Todesschüsse unter anderem auf Nahel Merzouk (Ende Juni in Nanterre), auch stark die aktuellen Pläne der Regierung unter Emmanuel Macron und Elisabeth Borne für ein neues Einwanderungsgesetz.

Paris am 23.09.2023: Demoblock der Klimabewegungen Dernière Rénovation und Alternatiba (Foto: Bernard Schmid)

Paris am 23.09.2023: Demoblock der Klimabewegungen Dernière Rénovation und Alternatiba

Der durch Innenminister Gérald Darmanin ausgearbeitete Entwurf möchte erhebliche Verschärfungen in vielen Bereichen, insbesondere für Straffällige und für (auch nicht straffällige) mit Ausreisepflicht belegte Personen, mit einer „Legalisierungskampagne“ für unter besonderem Arbeitskräftemangel leidende Wirtschaftsbranche verbinden. Vor genau vierzehn Tagen wurde zum letzteren Punkt auch ein gemeinsames Abendessen von Abgeordneten des Regierungslagers sowie der Grünen, der (vormaligen Regierungs-)Sozialdemokratie sowie des PCF, also der französischen KP in Gestalt ihres Vorsitzenden, zum Aushandeln von „Legalisierungs“kriterien und -richtlinien bekannt. Symbolisch wurde dabei ein mögliches Bündnis an dieser Ecke des Entwurfs sichtbar. Es sei daran erinnert, dass das Regierunglager seit Juni 2022 nur noch über eine relative Mehrheit in der Nationalversammlung und nicht länger eine absolute Mehrheit der Sitze verfügt. Hingegen möchte das Regierungslager gerne gleichzeitig und im selben Aufwasch die Verschärfungen im „Ausländerrecht“ mit den Rechtsparteien durchstimmen, wozu sie mindestens die Zustimmung der geschrumpften konservativen Oppositionspartei Les Républicains (LR) benötigt. Diese liegt jedoch in einem Überbietungswettbewerb mit dem ebenfalls oppositionellen, rechtsextremen Rassemblement national (RN). Am gestrigen Abend legte sich der im Dezember 22 neu gewählte, selbst der extremen Rechten in vielen Bereichen – nicht dem der Sozialpolitik, wohl aber bei „Ausländern“ und „Innere Scherheit“ – nahe stehende LR-Chef Eric Ciotti anlässlich einer Reaktion auf Emmanuel Macrons sonntägliche TV-Ansprache, die auch das Thema anschnitt, fest: Sollte der Entwurf bei der Eingabe ins Parlament Bestimmungen zur „Legalisierung“ enthalten, dann werde er gegen ihn stimmen. Ja, „Alles tun, um ihn zu verhindern“. Dahinter wird die rechtsextreme Konkurrenz vom RN kaum zurückfallen können. Insofern steht noch ziemlich in den Sternen, ob es wirklich zu irgendeinem innenpolitischen Kompromiss, irgendeiner Mehrheit für den Entwurf kommen wird. Dass Emmanuel Macron und das Regierungslager seit Anfang September d.J. laut darüber nachdenken, den Entwurf notfalls statt über’s Parlament eher über eine Volksabstimmung durchzunbringen, lässt die Alarmlichter aufblitzen: Das Thema „Einwanderung“ als Referendums-Gegenstand schiene brandgefährlich. Zum Glück gibt es auch ernsthafte juristische, konkret verfassungsrechtliche Bedenken dazu, ob dies überhaupt einen Abstimmungsgegenstand abgeben dürfte.

Paris am 23.09.2023: Abwandlung von "pays des droits l'homme", d.h. Frankreich als Ausgangsland der Menschenrechtserklärung [1789], zu "pays des droits l'homicide", d.h. der Rechte des Totschlags oder Rechtsansprüche auf Totschlag (Foto: Bernard Schmid)

Paris am 23.09.2023: Abwandlung von „pays des droits l’homme“, d.h. Frankreich als Ausgangsland der Menschenrechtserklärung [1789], zu „pays des droits l’homicide“, d.h. der Rechte des Totschlags oder Rechtsansprüche auf Totschlag

Noch zu den negativen Punkten: Am Rande der Demonstration machten einige Dutzend (vielleicht wenige Hundert) vermummte Vollidioten dadurch auf sich aufmerksam, dass sie nicht nur sämtliche erreichbaren Mülleimer, sondern auch Recycling-Müllcontainer entlang der Demoroute in Brand steckten. Ein solcher nicht nur erkennbar „strategisch“ sinnloser, sondern vor allem anti-ökologischer Akt hätte in erster Linie einen ordentlichen Faustschlag in die Fresse redlich verdient. Hätte es nur einen Ordner/innen/dienst gegeben, welcher dazu auch in der Lage gewesen wäre.

Möglicherweise dieselben Gestalten, oder Geistesverwandte (zu nobles Wort), attackierten am Rande, doch außerhalb der eigentlichen Demonstration, am Spätnachmittag gegen 16.30 Uhr einen polizeilichen Streifenwagen auf dem boulevard de Rochechourt oder dem angrenzenden boulevard de Clichy. Der Verfasser dieser Zeilen war kein Augenzeuge davon, sondern entnahm Bilder dieses Geschehens erst am Abend der TV-Berichterstattung. Ihr zufolge nahm die Streifenwagenbesatzung nicht an der Begleitung oder Kontrolle der Demonstration teil, sondern war infolge der Meldung eines Taschendiebstahls vor Ort gerufen wurden, um mutmaßliche Pick-Pockets zu kontrollieren. Den im TV ausgestrahlten Aufnahmen zufolge traktierten die Täter den, aufgrund eines ungeschickten Mofafahrers im Verkehr stecken gebliebenen Streifenwagen mit Tritten und mit Eisenstangen, worauf einer der drinnen sitzenden Beamten die Autotür öffnete, kurz ausstieg und seine Waffe zog, diese drohend vorzeigte, bevor er nach insgesamt vier Sekunden wieder im davon brausenden Wagen verschwand. Die Leitmedien infomierten ferner darüber, drei Polizeibedienstete seien in dem Auto, dessen Scheiben lädiert wurden, „leicht verletzt“ worden.

Am Abend und am daraufolgenden (Sonn-)Tag sorgte dies für erregte Mediendebatten, bei denen es unter anderem darum ging, ob das (kurzzeitige) Vorzeigen der Waffe juristisch berechtigt gewesen sei. Die Grünenpolitikerin Sandrine Rousseau griff in einer Nachricht bei X, früher Twitter, die „unangemessene Geste“ an, erwähnte darin jedoch nicht, was zuvor vorfiel, worauf hin sie wiederum scharf von Regierungsseite und aus den verschiedenen Rechtsparteien attackiert wurde. Der prominente Anwalt (u.a. der „Liga für Menschenrechte“/LDH) Arie Alimi kritisierte seinerseits, die zahlreich umstehenden Journalist/inn/en hätten infolge des Ziehens der Waffe gefährdet werden können.

Paris am 23.09.2023: Jérôme Rodrigues (Foto: Bernard Schmid)

Paris am 23.09.2023: Jérôme Rodrigues; er verlor im Januar 2019 bei einer Demonstration der „Gelbwesten“ ein Auge. Im Februar 2021 wurde deswegen ein Strafverfahren gg. einen beteiligten Polizisten eröffnet. Am Samstag, den 23.09.23 trat er ,(Rodrigues, nicht der Polizeibeamte) auch als Redner bei der Demo auf.

Als Nicht-Augenzeuge dieser Szene hält sich der Verf. vorläufig zurück bei ihrem Kommentieren. Von der politischen Bilanz her steht hingegen fest, dass die Aktion einiger wohl unreifer Idioten – deren strategischer Sinn sich in keinerlei Weise erkennen lässt – in der Folgeberichterstattung, dadurch jedoch auch in der Ideologiebildung bei den Massen in den Vordergrund gespielt wurde und dadurch den relativen, doch realen Erfolg der Demonstration in der Wahrnehmung verdrängte. Selbstverständlich warteten viele Leitmedien darauf nur wie ein gefundenes Fressen. Extra dazu umschulen brauchte man die (Leit-)Medienmachenden und Ideologieproduzierenden dazu bestimmt nicht. Nur machte man ihnen das Handwerk dadurch wohl zu leicht. Noch am Montag früh wurde der LFI-Abgeordnete Manuel Bompard beim Frühstücksinterview auf den Sendern RMC und BFM TV mit Fragen zu just diesem Aspekt, mit Bildern zum Polizeiauto unterlegt, gepiesackt und in die Defensive gedrängt.

Den relativen, doch realen Mobilisierungserfolg kann und darf dies gewiss nicht ausblenden. Allerdings erweist es sich einmal mehr, dass die gesellschaftliche Linke ein Interesse daran hätte, ihren Idioten und ihren Hooligans keinen freien Lauf zu lassen. Zumindest vorläufig jedenfalls scheint die Staatsmacht nicht einmal bezahlte Provokateure zu benötigen.

Und was tat und tut sich sonst zum Thema?

Prozesse & Polizeigewalt: Rückblick auf diesen Monat September

Unterdessen kam in Marseille am 1. September dieses Jahres der Polizeibeamte, gegen den Untersuchungshaft verhängt (vgl. https://www.labournet.de/internationales/frankreich/politik-frankreich/eine-erstaunlich-erstaunte-debatte-ueber-rassismus-in-den-reihen-der-franzoesischen-polizei-aber-verbote-von-demos-gegen-polizeigewalt/) worden war, nachdem er der Teilnahme an den schweren Misshandlungen gegen einen jungen Mann unter dem Vornamen Hédi beschuldigt wurde, wieder auf freien Fuß. (Vgl. https://www.francetvinfo.fr/faits-divers/violences-sur-hedi-a-marseille-le-policier-auteur-du-tir-de-lbd-remis-en-liberte-annonce-son-avocat_6037391.html externer Link und https://www.france24.com/fr/france/20230901-le-policier-soup%C3%A7onn%C3%A9-de-violences-sur-hedi-remis-en-libert%C3%A9-%C3%A0-marseille externer Link) Er hatte nur insgesamt vierzig Tage in U-Haft verbracht. Und nach anfänglichem beharrlichem Leugnen räumte er am 03. August d.J. vor der Untersuchungs-Strafkammer am Gericht in Aix-en-Provence erstmals ein, im Zusammenhang mit dem „Fall Hedi“ vom Gummigeschosswerfer LBD40 Gebrauch gemacht zu haben.

Die Untersuchungshaft gegen den Polizeibeamten hatte im Hochsommer dieses Jahres eine Welle von Protestbekundungen und Bummelstreiks in den Reihen der nationalen Polizei ausgelöst (wie Labournet berichtete).

Nun ist er nach unterdurchschnittlich kurzer Zeit aus der Untersuchungshaft wieder frei. Allerdings steht der Beamte unter Meldeauflagen und darf, bis zu einem künftigen Prozess, einstweilen seinen Beruf nicht ausüben. Insofern handelt es sich nicht um eine totale „Schwamm drüber“-Entscheidung. Dennoch handelt es sich um einen symbolträchtigen Beschluss, zumal die damals fortdauernde (insgesamt kurze) U-Haft des Polizeibediensteten seitens der stärksten Polizei„gewerkschaften“ zum Zankapfel der Auseinandersetzung und zur Grundsatzfrage hochstilisiert worden war.

Und zumal just am selben Tag – es mag Zufall geschuldet gewesen sein – publik wurde, dass die zuständige Untersuchungsgerichtsbarkeit am Vortag (also am Donnerstag, den 31. August d.J.) eine definitive Verfahrenseinstellung im Verfahren um den Tod von Adama Traoré verfügt hatte. (Vgl.: https://www.lemonde.fr/societe/article/2023/09/01/affaire-adama-traore-les-juges-d-instruction-prononcent-un-non-lieu_6187441_3224.html externer Link, Anm.: Das im Artikel enthaltene Datum „Donnerstag, der 30. August“ ist falsch, es handelt sich sehr wohl um den 31.08.23)

Der Todesfall des damals 24jährigen, aus einer malischen Familie stammenden Adama Traoré am 19. Juli 2016 in der Pariser Vor(doppel)stadt Persan-Beaumont im Gewahrsam der Gendarmerie, hatte bis dahin jahrelang die französische Justiz beschäftigt, ebenso wie die Medien, aufgrund der Hartnäckigkeit mehrerer seiner Angehörigen und insbesondere seiner Schwester Assa Traoré, die auch am vorgestrigen Samstag zu den Redner/inne/n der Pariser Demonstration zählte. Die Familienmitglieder dürften aller Voraussicht nach vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strasbourg/Straßburg ziehen.

Was hatte der September dieses Jahres sonst noch zu bieten, in Sachen Polizei & Justiz(affären)?

Elancourt im Bezirk Les Yvelines

Am 06. September d.J. wurde am Abend in der Pariser Vorstadt Elancourt der 16jährige, türkischstämmige Jugendliche Sefa auf einem Mofa durch eine Kollision mit einem Polizeifahrzeug – das möglocherweise auf ihn zuhielt – tödlich verletzt. Er wurde binnen kurzer Zeit für „hirntot“ erklärt, am 13. September in der Türkei wurde definitiv sein Tod vermeldet. Am Abend des Geschehens, am 06.09.23, zog die neue Sondereinsatztruppe CRS08 (vgl. https://www.labournet.de/internationales/frankreich/aussengebiete-frankreich/frankreichs-operation-wuambushu-gegen-illegale-siedlungen-und-illegale-auslaender-auf-mayotte-nach-protesten-vorlaeufig-gestoppt/) in Elancourt ihre Stellung auf. Im Nachhinein hieß es dann jedoch, der Abend sei insgesamt ruhig verlaufen, und die Sondereinheit zog wieder ab. Vgl.:

Niort & Sainte-Soline

Im Justizbereich sollte am 08. September d.J. im westfranzösischen Niort der Strafprozess gegen neun Personen beginnen, denen vorgeworfen wird, die Proteste bei dem Städtchen Sainte-Soline gegen Intensivbewässerungsprojekte (die so genannten méga-bassines oder überdimensionierte Rückhaltebecken, die in Dürrezeiten besonders umstritten sind und die das Naturschutzgebiet des Marais poitevin zu entwässern drohen) mit organisiert zu haben, also eine „verbotene Demonstration“. Unter ihnen befinden sich auch die Bezirksvorsitzenden der Gewerkschaftsverbände CGT und Union syndicale Solidaires. Zu dem Prozesstermin war eigens die CGT-Dachverbandsvorsitzende Sophie Binet (https://www.francetvinfo.fr/monde/environnement/mega-bassine/proces-des-anti-bassines-a-niort-c-est-un-proces-clairement-politique-denonce-sophie-binet_6050648.html externer Link) angereist, während in Paris der als „besonders fähig“ bekannte Justizminister Eric Dupont-Moretti trompetete, er habe die Schnauze voll von dem „Gerede über zivilen Ungehorsam“, welches ihm „unerträglich sei“. Binet antwortete darauf u.a. unter Verweis auf die historische Bedeutung des Civil rights movement in den USA.

Bei den letzten Protesten in Sainte-Soline, am Wochenende des 25./26. März d.J., waren zweihundert Teilnehmer/innen verletzt worden, unter ihnen vierzig Schwerverletzte (zwei von ihnen lebensbedrohlich, beide sind inzwischen aus dem Koma erwacht).

Der in stickiger Hitze und in einem, für die zahlreich erschienen Zuschauer/innen viel zu engen Verhandlungssaal begonnene Prozess wurde an jenem 08. September d.J. nach kurzer Zeit abgebrochen und auf den kommenden 28. November (https://www.lemonde.fr/planete/article/2023/09/08/sainte-soline-debut-du-proces-de-neuf-opposants-aux-megabassines-a-niort-une-manifestation-de-soutien-prevue_6188400_3244.html externer Link) vertagt. Labournet Germany wird selbstverständlich den Riecher dran behalten.

Artikel und Fotos von Bernard Schmid vom 25.9.2023 – wir danken!

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=215188
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