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Finnlands rechtsliberale Regierung zeigt, was auf Europa zukommt – und auf die Lohnabhängigen

Dossier

#PainavaSyy: Protestbewegung gegen Finnlands rechtsliberale Regierung„Nicht einmal zwei Wochen dauerte es, bis Finnlands neue Rechtsregierung ihre erste Krise erlebte. Wie sich herausstellte, hatte Wirtschaftsminister Vilhelm Junnila von der nationalistischen Finnenpartei (Perussuomalaiset, früher auch bekannt als Wahre Finnen) in der Vergangenheit mit rechtsextremen Codes und Zeichen hantiert. Hinzu kamen »Witze«, in denen er seine Verehrung für Adolf Hitler andeutete. In einem Misstrauensvotum erhielt er nicht einmal die Unterstützung aller Kabinettsmitglieder und musste einige Tage später zurücktreten. Junnila ist nicht der einzige kontroverse Politiker in seiner Partei. Mehrere andere Abgeordnete der Finnenpartei sind bereits wegen Volksverhetzung verurteilt worden…“ Artikel von Tatu Ahponen in der Übersetzung von Tim Steins am 26. Juli 2023 in Jacobin.de externer Link und mehr daraus zu den gewerkschaftsfeindlichen Plänen:

  • Gewerkschaften setzen politische Streiks ab dem 8.4. für Gespräche aus – trotz Sozialkürzungen ab 1.4. und Gerüchten über beschleunigte Einschränkung des Streikrechts New
    • SAK-Gewerkschaften setzen politische Streiks ab dem 8. April aus – bereits ausgerufene Streiks finden wie geplant statt
      Auf seiner Sitzung am Donnerstag, den 4. April, kündigte der Vorstand der Zentralorganisation der finnischen Gewerkschaften (SAK) an, dass die Mitgliedsgewerkschaften ab dem kommenden Montag keine politischen Streiks mehr durchführen werden. Der Vorstand wird die aktuelle Situation am 18. April erneut bewerten.
      Die Regierung hat uns mitgeteilt, dass sie sich nicht um eine Einigung mit den Arbeitnehmerorganisationen bemühen wird, solange die Streiks andauern. Es wurden keine neuen Beschlüsse zur Fortsetzung der Streiks gefasst, und wir werden der Regierung von Orpo-Purra nun Gelegenheit geben, darauf zu reagieren. Die Streiks werden ab Montag, dem 8. April, ausgesetzt. Wir sind bereit, auch vorher zu verhandeln, erklärt SAK-Präsident Jarkko Eloranta.
      Die Gewerkschaften hatten das nun ausgesetzte Streikprogramm am 11. März gestartet, um gegen die zahlreichen Kürzungen der Regierung bei den Arbeitsbedingungen und der sozialen Sicherheit zu protestieren. An dem Programm haben sich rund 7.000 streikende Beschäftigte beteiligt, die in der Industriegewerkschaft, der finnischen Transportarbeitergewerkschaft AKT, der Dienstleistungsgewerkschaft United PAM, der finnischen Baugewerkschaft, der Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst und den Wohlfahrtssektor JHL und der Gewerkschaft der Elektroarbeiter organisiert sind.
      Ein fairer und vernünftiger Ansatz
      Eloranta schlägt vor, dass der erste Schritt zur Wiederherstellung des Vertrauens ein klares Dementi von Premierminister Petteri Orpo über die gerüchteweise beschleunigte Einführung von Maßnahmen zur Einschränkung des Streikrechts wäre. „Die Arbeitnehmer sollten weiterhin die Möglichkeit haben, sich zu verteidigen und ihre Interessen durchzusetzen. Wir haben daher zu einem vernünftigen Umgang mit dem Streikrecht und zu gesundem Menschenverstand bei der Ausweitung lokaler Tarifverhandlungen aufgerufen. Das Regierungsprogramm zielt darauf ab, die Wünsche der Arbeitgeber einseitig durchzusetzen. Wir haben jetzt die Gelegenheit, ein Gleichgewicht zu finden. Jetzt ist der Premierminister am Zug.
      Eloranta äußert sich besorgt über die Folgen des politischen Programms der Regierung und die Mängel bei der Bewertung der Auswirkungen der Maßnahmen. Die jüngste Runde der Sozialkürzungen trat am 1. April in Kraft. „Der Regierung scheint es an Empathie zu mangeln, so dass viele Familien die bevorstehende Debatte über die Ausgabenbegrenzung mit Angst betrachten. Das Gerede über neue Kürzungen wird von Tag zu Tag lauter. Die bereits getroffenen oder geplanten Massnahmen werden einen grossen Teil der Bevölkerung stark beeinträchtigen. Die SAK fordert die Regierung auf, für ihre eigene Halbzeitbilanz im Frühjahr 2025 eine Folgenabschätzung der getroffenen Massnahmen zu erstellen. Sie muss sich verpflichten, allfällige unzumutbare Einschnitte bei den Arbeitsbedingungen und der Sozialhilfe zu korrigieren
      .“ finnische Meldung von SAK vom 04.04.2024 externer Link (maschinenübersetzt), siehe auch:
    • Das glücklichste Land der Welt in Aufruhr: Finnlands Streiks legen Wirtschaft lahm
      Unruhe auf dem Arbeitsmarkt: Gewerkschaften versuchen, den Sozialabbau und die Schwächung der Arbeiterrechte aufzuhalten. Die Situation ist angespannt. Vier Wochen lang standen finnische Häfen still. Nur der Personenverkehr lief weiter, aber es wurde keine Fracht umgeschlagen. Kein Güterzug rollte. 7000 Menschen waren im Ausstand und legten Finnlands Im- und Export lahm. Am Freitag gingen zusätzlich Tausende aus der Industrie- und Elektrobranche vor das Werkstor, unter anderem bei der Werft Meyer Turku. Die Streikphase unter dem Motto „Painava syy“, („Gewichtige Gründe“) endet vorerst am Montag, 8. April, auch wenn noch nichts erreicht ist. (…)
      Dabei waren beide Arbeitsmarktpartner nicht beteiligt, was größte Abkehr von der nordischen Tradition sei. Und während die Arbeitgeber mit dem Teil, der sie betrifft, durchaus zufrieden sind, kämpft der finnische Gewerkschaftsverbund um eben das: gehört zu werden. Aus deutscher Perspektive bietet sich als Vergleich die Agenda 2010 an – weniger in den Details, aber durch die Wucht, die die vielen Maßnahmen in ihrer Gesamtheit für Einzelne haben können. (…)
      Zum neuen Gesetz gehört auch, dass nicht nur die Gewerkschaften, sondern zukünftig auch einzelne Arbeitnehmer eine Strafe zahlen sollen, wenn sie an einem Streik teilnehmen, der für illegal erklärt wurde. Dass einzelne Streikteilnehmer 200 Euro zahlen müssen, gibt es sonst nirgendwo im Norden, und auch die Strafe für die Gewerkschaften fällt vergleichsweise hoch aus – bis zu 150.000 Euro.
      Finnland – ein glückliches Land?
      Können die Reformen wirklich so schlimm sein? Schließlich haben wir doch gerade gehört, dass Finnland zum siebten Mal zum glücklichsten Land der Welt gekürt wurde. Da muss man einwenden, dass die Daten für den jüngsten World Happiness Report aus den Jahren 2021-2023 stammen und die Tragweite der Reformen erst Ende 2023 sichtbar wurde. (…)
      Nach den Umfragen des öffentlich-rechtlichen finnischen Senders Yle stützte eine Mehrheit der Finnen die Streiks lange, und laut einer aktuellen Umfrage von Yle zur Parteienpräferenz ist die Beliebtheit der Regierungsparteien, sowohl der Sammlungspartei als auch der Basisfinnen (Perussuomalaiset), noch weiter gesunken als vor einem Monat. Dass Gewerkschaftsführer Eloranta die vierwöchige Blockade nun abbrechen ließ, könnte taktisch klug gewesen sein, denn zumindest einige Umfragen zeigten inzwischen sinkende Unterstützung dafür. Eloranta betont auch immer wieder Kompromissbereitschaft in der für die Regierung so wichtigen Frage von „lokalen Vereinbarungen“ jenseits der Branchentarifverträge – wenn auch nicht um jeden Preis.
      Bisher haben Premierminister Petteri Orpo und sein Arbeitsminister Arto Satonen allerdings nicht erkennen lassen, dass sie überhaupt Absichten haben, sich zu bewegen. Die Zeichen deuten eher auf eine andere Lösung hin. Der Grundgesetz-Ausschuss wurde zu Ostermontag einberufen, um über die Einschränkungen des Streikrechts zu beraten, damit diese schnellstmöglich umgesetzt werden können. Der Ausschuss verlangt einige Änderungen, ihm sind die Kriterien zu vage. Auch der Arbeitsmarkt- und Gleichstellungsausschuss wurde außerhalb der Routine zu einem Termin am Montag, den 8. April, einberufen. All das deutet darauf hin, dass es der Regierung eilt mit der Umsetzung dieser Beschränkungen, und dass diese nicht erst am 1. Juli eingeführt werden sollen, wie ursprünglich geplant, sondern möglicherweise schon am 1. Mai. Damit ließe sich der Protest auf juristische Weise eindämmen. Echter „Arbeitsfrieden“ würde sich so aber wohl nicht herstellen lassen
      .“ Beitrag von Andrea Seliger vom 07. April 2024 in Telepolis externer Link
  • Gewerkschaftsbund SAK und angeschlossene Gewerkschaften setzen den politischen Streik gegen die Kürzungspolitik der finnischen Regierung auch nach 25. März unbefristet fort
    Bei einem Treffen mit dem finnischen Arbeitsminister Arto Satonen am Mittwoch stellte SAK-Präsident Jarkko Eloranta fest, dass die Regierung nach wie vor nicht bereit ist, ihre Kürzungspolitik zu Lasten der Beschäftigten zu mäßigen. Der Vorstand der SAK kündigte daraufhin die Fortsetzung der politischen Streiks an. (…)
    Der Vorstand der SAK hat beschlossen, das laufende Streikprogramm fortzusetzen. Insgesamt streiken rund 7.000 Beschäftigte, die in der Industriegewerkschaft, der finnischen Transportarbeitergewerkschaft AKT, der Dienstleistungsgewerkschaft United PAM, der finnischen Baugewerkschaft, der Gewerkschaft für den öffentlichen und den Wohlfahrtssektor JHL und der Gewerkschaft der Elektroarbeiter organisiert sind.
    „Wir sind bereit, die Streiks jederzeit auszusetzen, wenn die Regierung ein gewisses Verständnis für die Anliegen der Beschäftigten zeigt. Der Vorstand der SAK wird nächste Woche erneut zusammentreten, um die aktuelle Situation und die Fortsetzung des Arbeitskampfes zu bewerten“, so Jarkko Eloranta.
    Am Dienstag veröffentlichte die SAK eine Umfrage, die zwischen dem 13. und 17. März bei Verian (auf Finnisch) in Auftrag gegeben wurde. Demnach befürworten 54 Prozent der finnischen Öffentlichkeit die Streiks, zu denen die SAK und ihre Mitgliedsgewerkschaften aufgerufen haben. Die stärkste Unterstützung kommt von jungen Erwachsenen, Frauen und Arbeitnehmern.
    „Wir haben nach wie vor eine starke öffentliche Unterstützung, und auch wenn nur Beschäftigte in bestimmten Sektoren streiken, bleibt dies eine gemeinsame Anstrengung des gesamten SAK-Bundesverbandes. Die Entscheidung, den Arbeitskampf fortzusetzen, wurde einstimmig getroffen. Wir alle sind dankbar für den Beitrag der streikenden Beschäftigten und unterstützen sie und ihre Gewerkschaften.“ finnische Meldung der SAK vom 21.03.24 externer Link (maschinenübersetzt)

  • Der 3. Großstreik in 2024 in Finnland diesmal (vorerst) 2wöchig bis zum 25. März führt v.a. im Logistiksektor zu erheblichen Einschränkungen und wird von der Mehrheit der Bevölkerung befürwortet
    • SAK-Gewerkschaften beginnen am Montag mit politischen Streiks
      Auf einer Pressekonferenz am Dienstag erklärte die SAK, wie sie in den letzten Wochen versucht hat, mit der Regierung zu verhandeln. Die Regierung hat angekündigt, dass sie keinen Teil ihres Plans aufgeben wird. Wir waren bereit, über die großen Grundsatzfragen zu verhandeln, die für uns wichtig sind, und zwar im Einklang mit den Zielen der Regierung. Selbst auf solche bedeutenden Gegenmaßnahmen haben wir keine Antwort erhalten“, sagt SAK-Präsident Jarkko Eloranta. Aus diesem Grund werden die SAK-Gewerkschaften ab Montag, dem 11. März, mit politischen Streiks beginnen, die vorerst zwei Wochen andauern werden. Die Gewerkschaften werden die vom Streik betroffenen Standorte gemäß ihrer Meldepflicht informieren. (…) An den Streiks beteiligen sich der Industrieverband, die Föderation der Arbeiter des öffentlichen Dienstes und der Wohlfahrt JHL, die Föderation der Transportarbeiter AKT, die Elektrizitätsgewerkschaft, die Baugewerkschaft und die Dienstleistungsgewerkschaft PAM. Andere SAK-Gewerkschaften zeigen sich ebenfalls solidarisch, indem sie sich an der finanziellen Last beteiligen. Weitere mögliche Unterstützungsmaßnahmen werden von den Gewerkschaften gesondert mitgeteilt. Die Maßnahmen werden sich auf Exporte und Importe in den Häfen und auf der Schiene beziehen. Große Industrieanlagen und Verteilerterminals werden ebenfalls betroffen sein. Von den Streiks sind rund 7 000 Beschäftigte in Schlüsselsektoren betroffen. Die Gewerkschaften sind bereit, die Streikvorbereitungen und Streiks auszusetzen, wenn die Regierung bereit ist, ihre Schwächungsabsichten zu mildern und auszugleichen…“ finn. Meldung vom 6.03.24 der SAK externer Link (maschinenübersetzt) und die aktualisierte Liste der von den Gewerkschaften gemeldeten Arbeitskampfmaßnahmen
    • Mehr als die Hälfte der Finnen befürwortet politische Streiks
      Laut einer von SAK Verian in Auftrag gegebenen Umfrage befürworten 52% der Finnen Streiks gegen die Pläne der Regierung Orpon-Purra, das Arbeitsleben zu erschweren. 42 % der Befragten sind nicht mit den Streiks einverstanden. Die Unterstützung ist besonders groß unter den Arbeitnehmern, die Mitglied der Gewerkschaften SAK und STTK sind…“ finn. Meldung vom 13.03.24 der SAK externer Link (maschinenübersetzt)
    • Finnland: Zwei Wochen Streiks gegen das Regierungsprogramm
      Die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes (JHL), die Verkehrsgewerkschaft (AKT) und andere Mitglieder des Gewerkschaftsbundes SAK streiken seit zwei Wochen gegen das Regierungsprogramm, das Sozialkürzungen und Angriffe auf Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechte vorsieht. Die Gewerkschaften sind frustriert, dass die Regierung nicht auf ihre Forderungen nach Verhandlungen eingeht. An den Streiks beteiligen sich neben der JHL und der AKT auch Gewerkschaften aus der Industrie, der Elektrizitätswirtschaft, dem Baugewerbe und dem Dienstleistungssektor. Die Maßnahmen richten sich gegen Exporte und Importe in Häfen und auf Schienen. Auch große Industrieanlagen und Verteilerterminals sind betroffen. Rund 7.000 Beschäftigte sind von den Streiks in Schlüsselsektoren betroffen. Die Gewerkschaften sind bereit, die Maßnahmen auszusetzen, wenn die Regierung zu einem ausgewogeneren Vorgehen bereit ist. Eine Umfrage unter Gewerkschaftsmitgliedern in SAK ergab, dass 81% für Streiks sind. EPSU sandte eine Solidaritätsbotschaft…“ engl. Meldung von EPSU externer Link (maschinenübersetzt)
    • Streiks im finnischen Logistiksektor führen zu höheren Kosten und erheblichen Einschränkungen
      Aufgrund von andauernden Streiks im Logistiksektor Finnlands, berechnet der dänische Logistikdienstleister DSV einen Streikzuschlag für alle seine Landtransporte in Finnland…“ Artikel von Sabina Koll vom 15.3.24 in Trans.info externer Link
    • Finnland: Streik gegen Regierungspolitik geht weiter
      Die Aktionen der Gewerkschaften gegen die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik der finnischen Regierung gehen weiter. Seit gestern läuft ein neuer Streik, der zwei Wochen dauern soll und an dem rund 7000 Personen beteiligt sind. Diesmal trifft es vor allem den Gütertransport auf Straße und Schiene sowie in den Häfen – und damit Schlüsselbranchen im Im- und Export. Dem Flughafen Helsinki könnte beispielsweise nächste Woche das Flugbenzin ausgehen. (…) Der aktuelle Streik betrifft einige Schlüsselbranchen, für die der Ausfall teuer werden könnte. So haben die ersten Firmen aus der holzverarbeitenden Branche, Metsä und UMP,  ihre Werke teilweise heruntergefahren, weil Rohstoffe nicht geliefert werden. Insbesondere jene Branchen, die auf Umschlag im Hafen angewiesen sind, könnten Probleme bekommen. Edelstahlhersteller Outokumpu in Tornio kann nicht ausliefern und rechnet bereits mit einem niedrigeren Ergebnis. Privatpersonen müssen sich darauf einstellen, dass Onlinebestellungen länger dauern, dass bestimmte Produkte nicht in den Läden ankommen und dass es beispielsweise zu einem Treibstoffmangel kommen könnte…“ Artikel von Andrea Seliger vom 12. März 2024 im polarkreisportal.de externer Link
  • Der 2. Großstreik in 2024 in Finnland legt diesmal 1. Woche lang in verschiedenen Sektoren das Land gegen Sparpolitik und Arbeitsmarktreformen lahm
    „… Seit mehreren Tagen streiken Elektriker*innen, Bauarbeiter*innen, Lebensmittelarbeiter*innen und viele andere Gruppen gegen die volksfeindliche Sparpolitik der finnischen Regierung, die Verschlechterungen bei der Karenzzeit, Einschränkungen des Streikrechts, die Schwächung des Rechts auf Wiedereinstellung und Maßnahmen zur Erleichterung der Entlassung von Beschäftigten umfasst. Zudem wird das Kindergeld gekürzt, und Arbeitslose müssen noch länger auf Arbeitslosengeld warten. Der erste große Streik fand zum Monatswechsel zwischen Januar und Februar statt, damals legten teilweise andere Gruppen wie z.B. Beschäftigte in der frühkindlichen Bildung die Arbeit nieder. Das Ziel ist jedoch dasselbe: Die Kürzungen und Angriffe auf das Streikrecht zu stoppen, die unter anderem Solidaritätsstreiks und politische Streiks erschweren werden. Der Verband der finnischen Industrie (EK) schätzt die Kosten der Streiks in dieser Woche und in den darauf folgenden Monaten auf rund eine Milliarde Euro. Zu den wichtigsten betroffenen Sektoren gehört der Schienenverkehr, der am Montag aufgrund eines Streiks der Eisenbahnergewerkschaft vollständig zum Erliegen kam. Auch im Bereich der frühkindlichen Bildung kam es am Dienstag und Mittwoch zu Unterbrechungen, da die Gewerkschaften des Sozial‑, Gesundheits- und Bildungssektors in allen größeren Städten einen 48-stündigen Streik durchführten. Im Laufe der Woche kam es zu Streiks in immer weitere Bereichen, die arbeitenden Menschen in Finnland demonstrieren ihren Unmut im Zusammenhang mit den geplanten Reformen. (…) Die Kommunistische Partei Finnlands (KTP) drückt in einer Erklärung ihre Unterstützung für die streikenden Arbeiter aus: „Die finnische Verfassung schützt das Vereinigungs- und Handlungsrecht der Arbeitnehmer. Dazu gehört auch das Streikrecht. Die bürgerliche Regierung hat bereits mit der Ausarbeitung eines Gesetzes begonnen, um die Dauer der Streiks zu begrenzen.“…“ Meldung vom 16. Februar 2024 in zeitungderarbeit.at externer Link („Großstreik in Finnland legt das Land über mehrere Tage lahm“), siehe auch:

    • der finn. Streikaufruf mit allen Infos bei SAK externer Link
    • Umfrage: Klare Mehrheit der Finnen befürwortet Streiks im Januar und Februar
      Laut einer von der SAK in Auftrag gegebenen Umfrage lehnt eine Mehrheit der Bevölkerung auch die Maßnahmen der Regierung zur Reform des Arbeitsmarktes ab…“ finn. Meldung vom 15.2.24 in is.fi externer Link
    • Die Regierung weitet rücksichtslos den Geltungsbereich der lokalen Vereinbarungen aus
      Die Politik der Regierung, den Geltungsbereich lokaler Vereinbarungen auszuweiten, wird die Beschäftigungsbedingungen finnischer Arbeitnehmer erheblich verschlechtern und die Ausbeutung ausländischer Arbeitskräfte immer weiter vorantreiben. Wenn die Möglichkeiten für lokale Vereinbarungen unkontrolliert ausgeweitet werden, wird das, was bisher Ausbeutung von Arbeitskräften war, in der Praxis weiterhin legale lokale Vereinbarungen sein.
      Im Regierungsprogramm heißt es, dass die Reform der Möglichkeiten für lokale Vereinbarungen im Einklang mit dem 2016 erzielten Verhandlungsergebnis durchgeführt wird, das vom Verband der finnischen Unternehmen abgelehnt wurde. In der Praxis schwächen die heute vom Ministerium für Wirtschaft und Beschäftigung veröffentlichten Leitlinien die Position der Vertragsparteien jedoch deutlich mehr als der 2016 abgelehnte Vorschlag.
      Nach den Plänen der Regierung wird es möglich sein, lokale Vereinbarungen zu schließen, unabhängig davon, was in Tarifverträgen über die Vertragsparteien vereinbart wurde. Rami Lindström, Leiter der Arbeitsmarktabteilung der SAK, befürchtet, dass lokale Vereinbarungen komplizierter werden, wenn Arbeitnehmer mehrere Vertreter am selben Arbeitsplatz haben können. – Der Arbeitgeber kann mit der Mehrheit der Arbeitnehmer eine Vereinbarung abschließen, so dass diese Mehrheit über die Arbeitsbedingungen für alle Arbeitnehmer entscheidet. In einem Unternehmen mit zehn Beschäftigten können beispielsweise sechs Beschäftigte eine lokale Vereinbarung abschließen, die Löhne oder Ruhezeiten für alle Beschäftigten festlegt
      …“ finn. Meldung von SAK vom 15.02.24 externer Link (maschinenübersetzt)
  • Streikwelle in Finnland als ein Symptom für die Umwälzung im sozialpartnerschaftlichen Arbeitsmarkt- und Sozialsystem
    Die Regierung in Helsinki hat eine Streikwelle ausgelöst, nachdem sie versucht hat, in die Rechte der Arbeitnehmer einzugreifenDer arbeitsmarktpolitische Ansatz der finnischen Regierung und die von ihr angekündigten Reformen der Arbeits- und Sozialgesetzgebung haben zu einer Streikwelle im Land geführt. Vor dem Hintergrund der letzten Jahrzehnte stellt dies die traditionellen Strukturen der Arbeitsbeziehungen und des Arbeitsrechts in Frage.
    Die Zusammenarbeit zwischen den Sozialpartnern ist ein Merkmal in der Geschichte des finnischen Arbeitsrechts. Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften haben traditionell eine starke Rolle gespielt, auch wenn sich das Arbeitsmarktsystem mehrfach geändert hat. Gelegentlich wurden Rechtsreformen aufgrund von Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern durchgeführt.
    Dennoch ist das System in den letzten Jahren deutlich dezentralisierter geworden. Im Jahr 2015 hat der Verband der finnischen Industrie (Elinkeinoelämän keskusliitto EK) seine Regeln überarbeitet und sich aus den zentralisierten Vereinbarungen zur Einkommenspolitik zurückgezogen. Infolge der geänderten Vorschriften werden keine zentralen Tarifverträge mehr abgeschlossen. Die Vereinbarungen werden zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden auf sektoraler Basis ausgehandelt.
    Selbst auf sektoraler Ebene beschloss der Verband der finnischen Forstindustrie (Metsäteollisuus ry) im Jahr 2020, keine Tarifverträge mehr auszuhandeln. Daraufhin teilte der Verband der finnischen Technologieindustrie (Teknologiateollisuus ry) seine Aktivitäten auf zwei Verbände auf. Die neue Struktur bietet zwei Alternativen für Tarifverhandlungen, sowohl unternehmensspezifische als auch nationale Vereinbarungen.
    Begrenzung der Lohnerhöhungen
    Die Veränderungen in Finnland spiegeln den Wandel der Arbeitsmarktsysteme in vielen Ländern wider und stellen traditionelle Modelle und Institutionen der Regulierung in Frage. Wenn die Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern an Bedeutung verlieren, haben die Regierungen in einigen europäischen Ländern in die Tarifverhandlungen eingegriffen und die Autonomie der Parteien eingeschränkt. Die derzeitige finnische Regierung, die im April letzten Jahres gewählt wurde, hat sich zum Ziel gesetzt, politische Streiks einzuschränken und die Lohnerhöhungen auf das in der Exportindustrie ausgehandelte Niveau zu begrenzen, die im globalen Wettbewerb steht.
    Die Dezentralisierung spiegelt sich auch in der Zunahme der lokalen Tarifverhandlungen wider. Die Regierung strebt eine Ausweitung lokaler Verhandlungen an, indem sie die Beschränkungen für lokale Verhandlungen in nicht organisierten Unternehmen aufhebt, die derzeit durch die Ausdehnung von Tarifverträgen auf den gesamten Sektor gebunden sind. Lokale Tarifverhandlungen sollen in allen Unternehmen möglich werden.
    Einige der in Vorbereitung befindlichen Gesetzesänderungen, gegen die sich die Gewerkschaften wehren, würden die Grundrechte der Arbeitnehmer in Finnland beeinträchtigen. Diese Änderungen betreffen das Recht, Arbeitskampfmaßnahmen zu ergreifen und Tarifverhandlungen zu führen. Die Festlegung der Löhne ist dabei von zentraler Bedeutung. Die Regierung schlägt ein Lohnmodell vor, bei dem der Exportsektor die Obergrenze festlegt. Dies ist bei den Arbeitnehmerorganisationen auf breite Ablehnung gestoßen. Nach diesem Modell könnte das allgemeine Niveau der Lohnerhöhungen von einem nationalen Schlichter oder einer Schlichtungsstelle nicht überschritten werden. Die Begrenzung des Mandats des nationalen Schlichters durch ein Gesetz im Voraus würde einen Eingriff in die Grundwerte der Tarifautonomie darstellen.
    In Sektoren mit einem hohen Anteil an weiblichen Arbeitnehmern wurde ein exportorientiertes Lohnmodell als ungleich angesehen. Frauen spielen auf dem finnischen Arbeitsmarkt eine wichtige Rolle, aber bis zur Lohngleichheit ist es noch ein weiter Weg. Die schwache wirtschaftliche Position des öffentlichen Sektors hat die Bemühungen um eine Verbesserung der Löhne in frauendominierten Berufen, die unter Arbeitskräftemangel leiden, zunehmend behindert.
    Elemente der von der Regierung vorangetriebenen Reformen, wie die Einschränkung des Streikrechts, sind auch im Hinblick auf die internationalen vertraglichen Verpflichtungen Finnlands problematisch. Dazu gehören die Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation und das Recht der Europäischen Union.
    Dreigliedriger Ansatz
    Bislang wurde in Finnland vor allem ein dreigliedriger Ansatz verfolgt, wenn es darum ging, arbeitsrechtliche Herausforderungen zu erkennen, Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft zu antizipieren und Lösungen zu entwickeln. Während der Pandemie haben sich die Sozialpartner beispielsweise gemeinsam auf vorübergehende Änderungen des Arbeitsrechts geeinigt. In Europa gelten die nordischen Länder als einzigartig, was die Qualität des Arbeitslebens angeht. Ein qualitativ hochwertiges Arbeitsmarktmodell betrifft in diesem Zusammenhang nicht nur das Niveau und den Inhalt der Arbeitsnormen und des Arbeitsschutzes, sondern auch die Befähigung der Arbeitnehmer. Jedes skandinavische Land hat seine eigenen Merkmale, aber im Großen und Ganzen bezieht sich das nordische Modell auf einen hohen gewerkschaftlichen Organisationsgrad, eine vorrangige Rolle für Tarifverhandlungen und geordnete Arbeitsbeziehungen. In einem gut funktionierenden Tarifverhandlungsmodell basiert die Zusammenarbeit zwischen den Sozialpartnern und der Regierung auf Vertrauen. In Finnland stellt sich die Frage, ob das Tarifverhandlungsmodell durch einen regulatorischen Ansatz ersetzt wird, der eher auf von der Regierung initiierten Rechtsvorschriften beruht.
    Die aktuellen politischen Streiks richten sich gegen die Regierung. Die Arbeitnehmerorganisationen sind unzufrieden mit dem Inhalt der Arbeitsmarktpolitik und den vorgeschlagenen Gesetzesänderungen. Weit verbreitet ist auch die Enttäuschung über die Art und Weise, wie die Reformen vorbereitet wurden. Dahinter steht eine wachsende Besorgnis über die offensichtliche Aushöhlung des dreigliedrigen Prinzips. Die Art und Weise, wie die Regierungen ihre Programme ausarbeiten, hat sich deutlich verändert. Anstatt Strategien zu skizzieren und Ziele zu formulieren, wurden Mittel und Wege zur Erreichung bestimmter Ziele vorweggenommen, wie z.B. die Reform der Arbeitsgesetzgebung. Dies wirft die Frage auf, ob die Arbeitsgesetzgebung so vorbereitet werden kann oder sollte, dass der Inhalt eines Regierungsprogramms fast wortwörtlich in die Gesetzgebung übernommen werden kann. Dies scheint die Richtung zu sein, in die es geht, und sie lässt wenig Raum für die dreigliedrige Vorbereitung und den sozialen Dialog.
    Neuverteilung der Macht
    In Finnland, wie auch in den anderen nordischen Ländern, ist der traditionell hohe gewerkschaftliche Organisationsgrad zurückgegangen und liegt jetzt unter 60 Prozent. Aufgrund der sinkenden Mitgliederzahlen haben die Gewerkschaften Mühe, ihre Position zu halten. Wie in vielen anderen europäischen Ländern wird auch hier die Machtverteilung zwischen den Sozialpartnern in Frage gestellt, da diese versuchen, sich an ein immer stärker dezentralisiertes Verhandlungssystem anzupassen. Diese Veränderungen können das Verhältnis zwischen Flexibilität und Sicherheit auf unterschiedliche Weise verschieben. Das Ausmaß an Stabilität und Vertrauen zeichnet auch ein Bild des Arbeitsmarktmodells. Tarifverhandlungen waren eine Garantie für Stabilität, und ein auf Vertrauen aufgebautes Arbeitsmarktsystem hat – selbst in Zeiten der Spannung – ein gewisses Maß an Vorhersehbarkeit geschaffen. Es besteht Einigkeit darüber, dass Finnland zwar Wirtschaftswachstum braucht, das Arbeitsmarktsystem aber auch aktiv zu diesem Wachstum beitragen muss. Die Herausforderungen des Arbeitslebens werden nur noch größer werden. In Anbetracht des Ausmaßes der Veränderungen – ob es sich nun um den allgemeinen grünen Übergang oder um Unternehmen handelt, die wirtschaftliche, ökologische und soziale Nachhaltigkeit miteinander verbinden – ist eine gesamtgesellschaftliche Einigung über Maßnahmen, die das Funktionieren des Arbeitsmarktes betreffen, unerlässlich. Man hat die Wahl zwischen Konsens und Konflikt. Die Streikwelle in Finnland ist nicht nur ein Symptom für diese Umwälzung. Sie zeigt auch, dass die von der Regierung durchgesetzten Änderungen nicht nur den Kerngehalt der Arbeitnehmerrechte aushöhlen, sondern auch ein auf Vertrauen basierendes Sozialmodell gefährden können
    .“ engl. Artikel von Ulla Liukkunen vom 13. Februar 2024 in Social Europe externer Link („Streikwelle in Finnland – ein Erbe des Vertrauens im Übergang?“, maschinenübersetzt)
  • Finnland: Erneut 3tägiger Streik und Riesenkundgebung zwischen dem 31. Januar und dem 2. Februar gegen die Kürzungen bei Arbeitsbedingungen und Sozialhilfe 
    • Großstreik legt Finnland lahm: Die Regierung will in den kommenden Jahren sechs Milliarden Euro einsparen, außerdem plant sie eine Arbeitsmarktreform
      „… In Finnland ging in den vergangenen Tagen nichts mehr. Keine U-Bahn, kein Bus, kein Zug. Die Kindergärten hatten am Donnerstag geschlossen, viele Läden, Hotels und Postfilialen waren auch am Freitag noch zu. Die Fluggesellschaft Finnair musste an den beiden Tagen rund 500 Flüge streichen. In einem der größten politischen Streiks in der finnischen Geschichte forderten mehrere Gewerkschaften die Rücknahme verschiedener Maßnahmen, die die neue Regierung im vergangenen Herbst angekündigt hat. Insgesamt 300 000 Menschen sollen daran teilgenommen haben, was für ein Land mit fünfeinhalb Millionen Einwohnern tatsächlich viel ist. Die konservative Regierungskoalition hat es zu ihrer wichtigsten innenpolitischen Aufgabe erklärt, die Schulden des Landes zu verringern. Sechs Milliarden Euro sollen in den kommenden Jahren eingespart werden, insbesondere über Kürzungen im Wohlfahrtsbereich. Die Streiks sind nun eine Reaktion auf mehrere Reformen, die Wirtschafts- und Unternehmerverbände allerdings seit Langem gefordert hatten. (…) Es soll Arbeitgebern in Zukunft leichter gemacht werden, Angestellte zu entlassen. Am ersten Krankheitstag wird das Gehalt nicht mehr weitergezahlt, sofern im Tarifvertrag nichts anderes vereinbart ist. Drittens soll das Streikrecht geschwächt werden: Die Regierung will die maximale Dauer politischer Demonstrationen auf einen Tag begrenzen, als „unverhältnismäßig“ geltende Unterstützungsstreiks verbieten und die Geldstrafen für illegale Streiks erhöhen. Außerdem hat das Parlament bereits im Dezember Kürzungen bei der Arbeitslosenversicherung beschlossen. Die Gewerkschaften fürchten einen massiven Anstieg der sozialen Ungleichheit, schließlich soll Geringverdienenden auch der Wohngeldzuschuss gestrichen werden, was in den größeren Städten die Segregation und andere Gentrifizierungsdynamiken drastisch verstärken dürfte. Gleichzeitig zu den Kürzungen wurden Steuererleichterungen für die Besserverdienenden angekündigt. (…) Mehrere Gewerkschaften kündigten am Freitag weitere Streiks für den Februar an.“ Artikel von Alex Rühle vom 2. Februar 2024 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link
    • Konservative Regierung unter Druck: Sparpläne sorgen für Streiks in Finnland
      „… Als Finnland vor einem knappen Jahr ein neues Parlament gewählt hat, hatten die Menschen die Wahl zwischen Staatsausgaben-Steigern – dafür standen die Sozialdemokraten – oder einem strikten Sparkurs. Das war das Konzept der konservativen Sammlungspartei, die die Wahl gewonnen hat. Gemeinsam mit der rechtspopulistischen Finnenpartei, der schwedischen Volkspartei und den Christdemokraten regieren die Konservativen und lösen ihr Wahlversprechen jetzt ein. Es soll kräftig gespart werden – und das sorgt seit Monaten für Ärger im Land. „Wenn man krank wird, soll man am ersten Tag kein Gehalt bekommen. Wir arbeiten mit kleinen Kindern, es gibt viele Krankheiten, das ist undenkbar für uns“, sagt Johanna Karlsson, Pädagogin in einem Kindergarten und Gewerkschaftssprecherin. „Und auch, dass Geld für Weiterbildung gestrichen werden soll. Wir müssen uns ständig weiterbilden und brauchen auch mehr Personal – das macht keinen Sinn.“ (…) Es brodelt schon lange in Finnland: Die ersten Arbeitsniederlegungen gab es bereits im Herbst. Damals jedoch im kleinen Rahmen – etwa mal für eine Stunde zur Mittagszeit. Doch nun stehen die Zeichen auf Streik in der gesamten Woche und auch noch darüber hinaus. (…) Ministerpräsident Petteri Orpo hatte versucht, die Streiks abzuwenden. Sie schadeten der Wirtschaft und seien übertrieben, warnte er. Und es gebe sehr wohl Gesprächsbereitschaft seitens der Regierung. „Ich habe das starke Gefühl, dass die Streiks sich auch direkt gegen die Regierung und die Politik der Regierung richten. Doch diese Regierung wurde gewählt, hat eine Mehrheit im Parlament hinter sich und wir machen die Reformen, die wir für notwendig halten“, so Orpo. Unterstützung bekommt die finnische Regierung vom Internationalen Währungsfonds (IWF). Der zeigte sich kürzlich besorgt über die hohe Staatsverschuldung und begrüßte die Sparpläne. Sie könnten noch umfassender sein, hieß es. Finnlands Regierung stehen turbulente Wochen bevor. Der innenpolitische Streit um das Reformpaket ist nur eine Baustelle. Dazu kommt die angespannte Situation an der immer noch geschlossenen Grenze zu Russland, und dann wählt das Land übernächstes Wochenende auch noch einen neuen Präsidenten.“ Beitrag von Sofie Donges vom 1. Februar 2024 bei tagesschau.de externer Link
    • SAK und STTK Arbeitskonföderationen: Tausende in Finnland sagen STOP! zu Kürzungen bei Arbeitsbedingungen und Sozialhilfe
      Die finnischen SAK- und STTK-Arbeitsverbände haben heute eine Massendemonstration organisiert, die gegen die geplanten Kürzungen der Regierung bei den Arbeitnehmerrechten und Sozialleistungen protestiert, wobei schätzungsweise 13 000 Demonstranten an einer Kundgebung auf dem Senatsplatz in Helsinki teilnahmen.
      Die STOP now!-Demonstration fand am Donnerstag, den 1. Februar, auf dem Senatsplatz von Helsinki statt.
      SAK-Präsident Jarkko Eloranta sieht die neuesten politischen Vorschläge der Regierung als einen Angriff auf die Mitarbeiter in vielerlei Hinsicht.
      „Die Arbeitswelt in Finnland wird jetzt auf beispiellose Weise gemobbt, wobei Gesetzesänderungen direkt in einem Regierungsprogramm diktiert werden, das darauf abzielt, die Beschäftigungsbedingungen und die Sozialfürsorge zu untergraben. Die Umsetzung dieses Programms wird die Menschen immer unsicherer und machtmacht am Arbeitsplatz“, betont Eloranta.
      Die Konföderationen betonen, dass ihre Streiks und Demonstrationen nicht versuchen, die Regierung zu stürzen, sondern echte Verhandlungen anstelle eines diktatorischen Ansatzes zu fordern.
      Obwohl STTK-Präsident Antti Palola die Notwendigkeit, die nationale Wirtschaft anzupassen, bestreitet er nicht, lehnt er den Ansatz der Regierung entschieden ab. „Diese Konsolidierungsmaßnahmen der Regierung sind unfair und diskriminierend. Die Umsetzung der im Regierungsprogramm festgelegten Ziele wird die Unsicherheit in der Arbeitswelt erhöhen, eine wachsende Herausforderung darstellen, die Lebensgrundlagen zu sichern und die Erreichung gleicher Lohnziele zu verhindern. Das Wachstum, das Finnland braucht, sollte nicht durch die Untergrabung der Arbeitsbedingungen und die Verfolgung einer Politik der Armut entstehen“, betont Palola.
      In dieser Woche werden auch große politische Streiks in verschiedenen Branchen in ganz Finnland stattfinden. Insgesamt werden rund 300.000 Mitarbeiter an politischen Streiks von SAK und STTK teilnehmen.“ schwedische Mitteilung von SAK und STTK vom 01.02.2024 externer Link (maschinenübersetzt)
  • Welle von 24-Stunden-Streiks gegen Regierungspläne ging in Finnland am 14. Dezember vor allem im öffentlichen Verkehr, Energiesektor und Einzelhandel weiter
    • SAK-Präsident Jarkko Eloranta: Regierung muss den Stillstand in Arbeitsmarktfragen überwinden
      Die in der Zentralorganisation der finnischen Gewerkschaften (SAK) zusammengeschlossenen Gewerkschaften haben heute ein bedingtes Programm politischer Arbeitskampfmaßnahmen angekündigt. Diese Maßnahmen werden am Donnerstag, dem 14. Dezember, stattfinden, sofern die Regierung nicht den Weg für echte Tarifverhandlungen der Arbeitnehmerorganisationen frei macht.
      Die SAK wendet sich gegen die unnötigen Angriffe der Orpo-Purra-Regierung auf die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer und gegen die von ihr geplanten Kürzungen der Sozialleistungen, die unter den derzeitigen wirtschaftlichen Bedingungen ungerecht und unangemessen sind. Die Gewerkschaften sind der Ansicht, dass die politischen Vorschläge des neuen Regierungsprogramms, die sich auf die Arbeitsbedingungen auswirken, unausgewogen sind und die Bedürfnisse der Arbeitnehmer außer Acht lassen. (…)  Wenn die Regierung von den Sozialpartnern erwartet, dass sie von allgemeinen Gesprächen zu konkreten Tarifverhandlungen über ein Arbeitsmarktmodell übergehen, dann muss auch über lokale Tarifverhandlungen und Arbeitsfrieden verhandelt und eine Lösung gefunden werden, die den Bedürfnissen der Arbeitnehmer gerecht wird“. Die SAK betont, dass es keinen Konsens über das Arbeitsmarktmodell geben kann, ohne das Verhandlungsmandat zu erweitern und die Vorbereitungen zur Kürzung des Arbeitslosengeldes auszusetzen. Die allgemeine Diskussion kann nicht zu konkreten Verhandlungen über ein Arbeitsmarktmodell führen, wenn die Sozialpartner am Mittwoch, den 13. Dezember, wieder zusammenkommen, wenn die Regierung nicht signalisiert, dass die Ansichten der Arbeitnehmer ernst genommen werden. (…)
      Sollte die Regierung den Weg für echte Tarifverhandlungen nicht freimachen, werden die SAK-Mitgliedsgewerkschaften am Donnerstag, den 14. Dezember, in ganz Finnland und in verschiedenen Branchen einen großen politischen Arbeitskampf führen. Die Gewerkschaften werden in den kommenden Tagen weitere Einzelheiten zu ihren geplanten Arbeitskampfmaßnahmen bekannt geben, wobei sie die in ihren eigenen Tarifverträgen festgelegten Ankündigungsfristen einhalten werden…“ engl. Meldung vom 07.12.2023 bei SAK externer Link (maschinenübersetzt)
    • Aktionstag Donnerstag 14.12.
      Die von der Regierung geplanten Kürzungen und Einschnitte werden vor allem die arbeitenden Menschen und die Schwächsten treffen. Am Donnerstag, den 14. Dezember 2023, werden die SAK und ihre Mitgliedsgewerkschaften eine Reihe von politischen Arbeitskampfmaßnahmen durchführen, da die finnische Regierung nicht auf die Aufforderung zu Verhandlungen reagiert hat. Auf dieser Seite veröffentlichen wir Informationen zu den Straßenveranstaltungen und politischen Arbeitskampfmaßnahmen der Gewerkschaften am Aktionstag…“ finnische Streikliste auf der Aktionsseite zu #PainavaSyy externer Link des Gewerkschaftsabundes
    • Finnland: Welle von 24-Stunden-Streiks gegen Regierungspläne
      Am 14. Dezember organisierte der finnische Gewerkschaftsbund SAK einen landesweiten Streiktag gegen die Pläne der rechten Regierung, die Arbeitsrechte zu verschlechtern. Laut Gewerkschaft beteiligten sich rund 100.000 Gewerkschafter an den Streiks. Betroffen waren vor allem der öffentliche Verkehr, der Einzelhandel, die Industrie, die Häfen und die Bauwirtschaft. Die Regierung sprach von einem 100- bis 130-Millionen-Schaden. Zu den geplanten „Arbeitsmarktreformen“ gehören: Senkung von Beihilfen, Streichung der Bezahlung des 1. Krankentages, Einschränkungen bei Streikrecht, Abbau der Rechte von Migranten und weitere.“ Kurzmeldung vom 16.12.2023 in den Rote-Fahne-News externer Link
  • Finnische Gewerkschaften haben ab dem 7. November eine neue Welle politischer Arbeitskampfmaßnahmen gegen die Angriffe der Orpo-Purra-Regierung gestartet 
    • SAK: Wir werden einen immer härteren Arbeitskampf führen
      Der Zentralverband der finnischen Gewerkschaften (SAK) und die ihm angeschlossenen Gewerkschaften haben angekündigt, dass sie ab dem 7. November eine neue Welle politischer Arbeitskampfmaßnahmen einleiten wollen. Diese Maßnahmen werden in Opposition zu den unnötigen Angriffen der Orpo-Purra-Regierung auf die Arbeitswelt und als Protest gegen ungerechte Kürzungen der Sozialleistungen, die unter den derzeitigen wirtschaftlichen Bedingungen unangemessen sind, ergriffen. (…)Der Gewerkschaftsvorsitzende Riku Aalto stellt fest, dass es sich bei den im Regierungsprogramm vorgesehenen Kürzungen nicht um unumgängliche Maßnahmen handelt, die nach langer Überlegung widerwillig getroffen werden, sondern um Wertentscheidungen. Diese Kürzungen zielen ausschließlich auf eine einzige Gruppe ab: die Arbeitnehmer. Diese Wertentscheidungen diktieren auch die Spielreihenfolge.
      „Warum die erste und dringendste Maßnahme die Einschränkung des Streikrechts ist, lässt sich aus dem Orpo-Purra-Spielbuch ablesen. Zunächst wird versucht, jegliche Kritik zum Schweigen zu bringen, bevor eine Reihe von ruinösen Maßnahmen auf dem finnischen Arbeitsmarkt durchgesetzt wird.“
      Die Vorsitzenden der SAK-Mitgliedsgewerkschaften werfen der Regierung Orpon-Purra vor, dass sie die Realitäten der Arbeitswelt nicht richtig einschätzen kann.
      Die Präsidentin der Dienstleistungsgewerkschaft United PAM, Annika Rönni-Sällinen, macht auf einen Eintrag im Regierungsprogramm aufmerksam, der suggeriert, dass Vollzeitarbeit für die meisten Arbeitnehmer die wichtigste Form der Arbeit sei. Dies ignoriert die Tatsache, dass fast 420.000 Arbeitnehmer in Finnland in Teilzeit arbeiten. Etwa 110.000 dieser Arbeitnehmer arbeiten in den von PAM organisierten Branchen, von denen etwa 50.000 lieber eine Vollzeitbeschäftigung ausüben würden.
      Ziel ist es, Arbeitnehmer für Teilzeitarbeit zu bestrafen, ohne die Unternehmen zu verpflichten, Vollzeitarbeit anzubieten. „Aus Regierungskreisen ist zu hören, dass diese Arbeitnehmer lediglich Vollzeit arbeiten sollten, was aber nicht in Frage kommt, wenn eine solche Arbeit nicht verfügbar ist. Der Standard der Schichtplanung kann auch so schlecht sein, dass Vollzeitarbeit unmöglich wird“.
      Der Präsident der finnischen Baugewerkschaft, Kimmo Palonen, kritisiert die Regierung dafür, dass sie die Konjunktur und die Bedingungen in den verschiedenen Branchen ignoriert. „Als Bauarbeiter können wir einen harten Winter erwarten. Der wirtschaftliche Abschwung in der Branche könnte sogar dazu führen, dass jedes dritte unserer Mitglieder arbeitslos wird, wenn der tiefste Winter kommt. Keiner dieser Arbeitssuchenden wird durch die Maßnahmen dieser Regierung Arbeit finden.“
      Päivi Niemi-Laine, Vorsitzender der Gewerkschaft JHL, betont, dass die praktische Auswirkung der Nichtbezahlung des ersten Krankheitstages darin besteht, dass Geringverdiener es sich nicht leisten können, bei Krankheit zu Hause zu bleiben. Arbeitnehmer, die im Krankheitsfall arbeiten, gefährden direkt ältere Menschen in Heimen und Einrichtungen sowie Kinder in Kindergärten und Schulen.
      „Dies ist nicht einmal eine Neuerfindung des Rades durch die Orpo-Purra-Regierung. Schon die Regierung Sipilä hat im letzten Jahrzehnt zugegeben, dass sie Menschen ungleich behandelt, als sie ein ähnliches Projekt zu rechtfertigen versuchte. Haben wir wirklich überhaupt nichts gelernt?“.
      ..“ engl. Meldung vom 01.11.2023 bei SAK externer Link (maschinenübersetzt) – auf der (finnischen) Aktionsseite zu #PainavaSyy externer Link des Gewerkschaftsabundes gibt es eine umfangreiche Auflistung von Aktionen für diese Woche. Siehe für letzte Woche:
    • Politische Warnstreiks gegen Regierungspläne
      „… Eine Warnstreikwelle der Gewerkschaften SAK und PRO dagegen hat am Dienstag begonnen, wo rund 100 Unternehmen in Nordfinnland bestreikt wurden. Am Mittwoch waren Betriebe im Nordwesten und am Donnerstag in östlichen Landesteilen im Warnstreik. Politische Streiks sind in Finnland erlaubt, sie dürfen aber maximal 24 Stunden dauern.“ Kurzmeldung vom 10.11.2023 in den Rote-Fahne-News externer Link
  • Interview mit Vorsitzender der finnischen Dienstleistungsgewerkschaft PAM: Der Kampf um den finnischen Sozialstaat hat begonnen 
    In Finnland hat eine rechte Regierung, der auch die rechtsextremen »Die Finnen« angehören, einen massiven Angriff auf die Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter und den Sozialstaat gestartet. Doch die Gewerkschaften schlagen zurück. (…)
    Das Herzstück des finnischen Klassenkompromisses ist die Tradition des sozialen Dialogs zwischen Gewerkschaften, Arbeitgebern und der Regierung, die zu jährlichen bundesweiten und sektoralen Verhandlungen über die Festlegung der Löhne für alle Gewerkschaftsmitglieder, zu dreiseitigen Verhandlungen über neue Gesetzesvorschläge und zum Ausbau des Wohlfahrtsstaates geführt hat. Doch dieser Gesellschaftsvertrag steht kurz davor, von einer neu gewählten rechtsgerichteten Regierung zerrissen zu werden. Während die finnische Politik in den letzten Jahren mit einer von fünf Frauen geführten Mitte-Links-Koalition mit der jungen Sozialdemokratin Sanna Marin an der Spitze international für Schlagzeilen sorgte, errang bei der letzten Parlamentswahl im April 2023 eine radikalisierte Rechte die Mehrheit. Daraufhin bildeten die Konservativen, die Christdemokraten, eine schwedische Minderheitspartei und die rechtsextreme Finnen-Partei eine Regierung. Seitdem hat sie einen in der Geschichte des finnischen Wohlfahrtsstaates beispiellosen Angriff auf die Rechte der Arbeitnehmer und die soziale Sicherheit gestartet. Annika Rönni-Sällinen, die Vorsitzende der finnischen Dienstleistungsgewerkschaft Palvelualojen ammattiliitto (PAM), sprach mit Daniel Kopp für JACOBIN über den beispiellosen Angriff der Regierung und die Antwort der finnischen Arbeiterbewegung. (…)
    Es sind vielleicht 30 oder 40 verschiedene Vorschläge, die die Regierung mit Gewalt durchsetzen will. Sie greifen das Sozialversicherungssystem an, einschließlich der Arbeitslosenunterstützung, und schwächen gleichzeitig die Arbeitsplatzsicherheit in mehrfacher Hinsicht. Außerdem wollen sie viele grundlegende Elemente der Arbeitnehmerrechte ändern, wie das Streikrecht und das Modell der Lohnverhandlungen auf dem Arbeitsmarkt. So etwas haben wir noch nie erlebt. Es gibt wirklich keine Verhandlungen. (…)
    [Welche sind die gefährlichsten Reformen im Bereich der Arbeitnehmerrechte und des Sozialschutzes?]
    Betrachten wir zum Beispiel den Arbeitslosenschutz. Viele unserer Mitglieder im Dienstleistungssektor arbeiten in Teilzeit, weil es keine Vollzeitstellen gibt. Diese Beschäftigten kommen schon jetzt nicht über die Runden und sind auf das angepasste Arbeitslosengeld und das Wohngeld angewiesen. Die Regierung kürzt nun diese Leistungen, die sich auf 300 oder 400 Euro pro Monat belaufen könnten. Es ist schwer vorstellbar, wie diese Menschen mit Hunderten von Euro weniger überleben können. Aber wie sollen sie dann mehr arbeiten, wenn es keine Vollzeitstellen mehr gibt?
    Was die Rechte der Arbeitnehmer betrifft, so werden Entlassungen deutlich erleichtert. Heutzutage kann man in Finnland jemanden nur aus »schwerwiegenden Gründen« entlassen. Das soll nun geändert werden, um es den Arbeitgebern durch die vage Formulierung »relevanter Grund« leichter zu machen. Ebenso würden die Vorschläge die Zahl der befristeten Arbeitsverhältnisse erhöhen, da es nicht mehr erforderlich wäre, besondere Gründe für eine befristete Beschäftigung vorzulegen.
    Hinzu kommen die vielen anderen Möglichkeiten, das Streikrecht einzuschränken, die Beteiligung der Sozialpartner zu begrenzen und das Recht auf Tarifverhandlungen zu beschneiden. Das ist wirklich gravierend.
    [Die Regierung scheint auch sehr strategisch vorzugehen: Sie fangen mit der Einschränkung des Streikrechts an, denn das wird es der Arbeiterbewegung schwerer machen, sich gegen die anderen Kürzungen zu wehren.]
    Ja, auf jeden Fall. Zum Beispiel würden die Geldstrafen für illegale Streiks deutlich erhöht, wenn die Regierung ihren Willen durchsetzt. Die höchsten Bußgelder würden bis zu 150.000 Euro betragen, die untere Grenze läge bei 10.000 Euro. Derzeit liegt die Höchststrafe bei 23.500 Euro ohne Untergrenze. Auch Beschäftigte könnten zu einer Geldstrafe verurteilt werden. Wenn eine Arbeiterin an einem Streik teilnimmt, der bereits von einem Gericht für illegal erklärt wurde, wird eine Strafgebühr von 200 Euro fällig. Es ist jedoch etwas unklar, was ein illegaler »fortgesetzter« Streik sein soll. Unsere Vertreter in den Arbeitsgruppen fragten sich auch nach dem Sinn der Beschränkungen für politische Streiks, da wir in der Vergangenheit nicht so viele hatten. Wir fragten die Regierung nach ihrer Begründung, und sie antwortete einfach, dass es zu Streiks kommen könnte! (…)
    Wir haben diese Demonstrationen auf vielen Marktplätzen in ganz Finnland organisiert und es haben sich viele Menschen daran beteiligt. Sie waren definitiv ein Erfolg. Die Menschen sind sehr wütend. Natürlich wünschen wir uns, dass die Regierung es sich zweimal überlegt und uns zuhört, aber es sieht nicht so aus, als ob sie sich zurückziehen würde. Das bedeutet, dass wir mit diesen Aktionen weitermachen werden und neue Aktionen planen. Bislang waren unsere Aktionen recht moderat. Aber natürlich werden wir den Druck erhöhen, wenn sich nichts ändert…“ Interview von Daniel Kopp vom 17. Oktober 2023 in Jacobin.de externer Link mit Annika Rönni-Sällinen, Vorsitzende der finnischen Dienstleistungsgewerkschaft Palvelualojen ammattiliitto (PAM)
  • Finnlands „umgekehrte Robin-Hood-Regierung“ ruft mit Sparhaushalt Proteste von Studierenden und Streikaktionen der Gewerkschaften hervor
    • Finnland steht vor Protestwelle gegen Sparhaushalt der Regierung
      Führende Gewerkschafter sagen, die rechte Regierung verfolge eine „umgekehrte  Robin Hood“-Politik: Sie kürze die Leistungen für die Armen, belohne aber die Reichen mit Steuererleichterungen. Finnlands rechtsgerichtete Regierung steht vor einem ‚Herbst der Unzufriedenheit‘.  Gewerkschaften und Studentenverbände machen mobil gegen Kürzungen bei der Sozialhilfe, der Aushöhlung von Arbeitsrechten und Arbeitsplatzsicherheit sowie neuer Beschränkungen für internationale Student:innen, die in dem nordischen Land bleiben wollen. Gewerkschafter haben die Regierung von Premierminister Petteri Orpo als „umgekehrte Robin-Hood-Regierung“ gebrandmarkt, die die Leistungen für die Armen kürzt und die Reichen mit Steuersenkungen belohnt.
      Die sichtbarsten Proteste der letzten Zeit begannen mit der Besetzung der Universität Helsinki durch Student:innen, die nun in die dritte Woche geht und für die eintausend Universitätsmitarbeiter:innen ein Unterstützungsschreiben unterzeichnet haben. Die Organisatoren sagen, die Bewegung habe sich „wie ein Lauffeuer“ auf alle anderen großen Universitäten des Landes ausgebreitet. „Wir unterstützen die Ansichten der Student:innen, und die Universitätsleitung hat Verständnis für die Sorgen der Besetzer um den Lebensunterhalt der Student:innen“, so Prorektor Kai Nordlund in einer Erklärung externer Link. Die Studierenden sagen, sie hätten schon genug Kürzungen ertragen, und es müsse ein Schlussstrich gezogen werden. (…) „Die jetzige Regierung will auch die Studiengebühren erhöhen und die Einwanderungspolitik verschärfen, so dass internationale Studenten nach ihrem Abschluss nur noch drei Monate Zeit haben, einen Job zu finden, sonst werden sie rausgeschmissen“, so Laakso gegenüber Euronews. Politische Beobachter sind verblüfft, weil die derzeitige Regierung einerseits das Wohngeld kürzt, während sie gleichzeitig Tausende von ausländischen Arbeitskräften anwerben muss, um traditionell schlecht bezahlte Jobs wie Kranken- und Altenpflege zu besetzen – Arbeitskräfte, die auf genau diese Art von Leistungen angewiesen sind, um über die Runden zu kommen. Außerdem ist es verwunderlich, warum internationalen Hochschulabsolventen, deren Fähigkeiten benötigt werden, wenn Finnland eine der innovativsten und technologieführenden Volkswirtschaften Europas werden will, ein so enger Zeitrahmen auferlegt wird. Ein Politiker der regierenden Nationalen Koalitionspartei verschärfte am Wochenende die Rhetorik, indem er die Studenten als „linke Eindringlinge“ bezeichnete, die in unangemessener Weise mehr Zuschüsse und Beihilfen vom Staat verlangten. (…) Die „Occupy Education“-Streiks haben sich sogar auf einige finnische Gymnasien ausgeweitet, zuerst in der Hauptstadtregion und jetzt auch in mehreren anderen Städten, da der Verband der Gymnasiast:innen, Lukio, seine Mitglieder dazu ermutigt, ihre Stimme zu erheben. „Es gibt viele Proteste im ganzen Land, und ich denke, dass die Regierung aufhorchen muss, aber ich bin nicht sehr zuversichtlich, dass sie sich ändern wird“, so die Lukio-Vorsitzende Ella Siltanen gegenüber Euronews. (…)
      Neben Kürzungen bei den Leistungen für Studierende und strengeren Einwanderungsmaßnahmen schlägt die Regierung auch einige der umfangreichsten Reformen des Arbeitsmarktes seit Jahrzehnten vor
      . (…)
      Als Teil der allgemeinen Proteste hat die SAK nun drei Wochen lang gezielte Streiks in verschiedenen Sektoren und in verschiedenen Teilen des Landes angekündigt. Die Gewerkschaft lässt ihre Muskeln spielen und hofft, der Regierung einen Vorgeschmack darauf zu geben, was passieren könnte, wenn sie nicht einige der Maßnahmen zurücknimmt, die die Gewerkschaften für problematisch halten. „Natürlich haben wir andere Pläne, wenn die Situation so weitergeht, und ich bin mir ziemlich sicher, dass die Regierung durch unsere derzeitigen Aktivitäten nicht erschüttert wird oder einen Rückzieher macht“, sagt Eloranta und spielt damit auf eine mögliche Eskalation der Streiks an...“ Artikel von David Mac Dougall vom 2.10.2023 bei Euronews externer Link („Finnland steht vor Protestwelle gegen Sparhaushalt der Regierung“), siehe dazu:
    • SAK: Beginn des politischen Arbeitskampfes
      Der Zentralverband der finnischen Gewerkschaften (SAK) und die ihm angeschlossenen Gewerkschaften haben Premierminister Petteri Orpo und Finanzministerin Riikka Purra am Donnerstag, den 21. September, über die Absicht informiert, in der kommenden Woche einen politischen Arbeitskampf zu beginnen. (…) Dies ist ein Weckruf im Namen der arbeitenden Bevölkerung, der sich gegen das Regierungsprogramm des Sozialabbaus und der Verschlechterung der Arbeitsbedingungen richtet“, erklärte SAK-Vizepräsidentin Katja Syvärinen am Donnerstag, den 21. September. Syvärinen erklärt, dass die Gewerkschaften koordinierte Aktionen durchführen werden, wobei die einzelnen Proteste von Arbeitsniederlegungen bis hin zu verschiedenen Arten von Demonstrationen reichen. Die ersten Maßnahmen werden am Dienstag, dem 29. September, stattfinden, wobei über einen Zeitraum von drei Wochen Aktionen in ganz Finnland geplant sind. (…) Die Gewerkschaftsführer sind auch über die langfristigen strukturellen Auswirkungen besorgt. Die Regierung ist bestrebt, das derzeitige Tarifverhandlungssystem Stück für Stück abzuschaffen. So wird ihr lokales Tarifverhandlungspaket die Allgemeinverbindlichkeit der nationalen Tarifverträge aufheben. „Es wird so viele Lücken in unseren Arbeitsgesetzen geben, dass allgemeinverbindliche Vereinbarungen bedeutungslos sein werden. Dies wird unweigerlich zu einer Verschlechterung der Löhne und anderer Bedingungen, wie etwa der Arbeitszeiten, führen. Es wird möglich sein, die Mindestbedingungen außer Kraft zu setzen, indem man vor Ort eine Vereinbarung mit einem beliebigen, vom Arbeitgeber benannten Funken abschließt und so die organisierten Vertrauensleute umgeht“, erklärt der Vorsitzende der finnischen Transportarbeitergewerkschaft, Ismo Kokko. Eine weitere langfristige Verschlechterung ist die Gesetzgebung zur Einschränkung der offiziellen Schlichtung. Dadurch, dass die höchsten Lohnerhöhungen künftig auf die Exportindustrie beschränkt werden, werden die derzeitigen Lohnunterschiede zementiert…“ engl. Meldung vom 22.09.23 bei SAK externer Link (maschinenübersetzt)
    • Auf der Homepage des Gewerkschaftsabundes externer Link gibt es eine (finnische) Aktionsseite zu #PainavaSyy externer Link: „Der SAK und seine Gewerkschaften haben am Dienstag, den 26. September 2023, ihre organisatorische Aktion im Namen der finnischen arbeitenden Bevölkerung mit einem Notruf gestartet. Mit diesen Aktionen wehren wir uns gegen die Kürzungen der Regierung Orpon-Purra bei der sozialen Sicherheit und die Verschlechterung des Arbeitslebens…“ mit Streik- und Aktionsterminen
    • Die SAK und ihre angeschlossenen Gewerkschaften werden politische Arbeitskämpfe einleiten. Die ersten Maßnahmen werden am Dienstag stattfinden, wobei über einen Zeitraum von drei Wochen in ganz Finnland Aktionen stattfinden werden. #SeriousGrounds #PainavaSyy“ engl. Tweet von SAK vom 25. Sep. 2023 externer Link
    • Siehe aktuelle Berichte unter #PainavaSyy (Schwerwiegender Grund)
  • Ein Katalog von Kürzungen der Orpo-Purra-Regierung
    Die Regierung Orpo-Purra strebt erhebliche Änderungen im Arbeitsrecht und im Streikrecht an. Ihr Programm sieht auch eine breite Palette von Sozialkürzungen vor, darunter drastische Kürzungen der einkommensabhängigen Arbeitslosenunterstützung und des Wohngeldes. Ein umfangreiches Maßnahmenbündel ist bereits in Vorbereitung.

    • Verschlechterung der Arbeitsbedingungen
      • Keine Bezahlung für den ersten Tag des Krankheitsurlaubs
      • Abschaffung des Urlaubs für einen Arbeitsplatzwechsel
      • „Erhebliche Gründe“ reichen für eine Kündigung aus, statt der derzeitigen höheren Schwelle „erheblicher und schwerwiegender Gründe“.
      • Ausweitung der Möglichkeiten, die gesetzlichen Beschäftigungsstandards durch Tarifverhandlungen in einzelnen Betrieben ohne Vertrauensleute zu umgehen
      • Besondere Gründe für eine befristete Beschäftigung sind nur erforderlich, wenn die Beschäftigung länger als ein Jahr dauert
      • Erschwerung der Beilegung von Arbeitskonflikten durch Einschränkung der Befugnisse des nationalen Schlichters
      • Verkürzung der Ankündigungs- und Verhandlungsfristen für vorübergehende Entlassungen
      • Keine Verpflichtung zur Wiedereinstellung entlassener Arbeitnehmer in Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten
    • Beschränkungen des Streikrechts
      • Beschränkungen für Sympathiestreiks und politische Streiks
      • 200 € Geldstrafe für einzelne Streikende, wenn ein Streik für illegal befunden wird
      • Eine drastische Erhöhung der Geldbußen für Gewerkschaftsstreiks
    • Kürzungen bei den Sozialleistungen
      • Abschaffung des Kinderzuschlags beim Arbeitslosengeld
      • Kürzung des einkommensabhängigen Arbeitslosengeldes bereits nach zwei Monaten
      • Verlängerte Wartezeit auf Arbeitslosengeld
      • Wegfall der Anrechnung von lohnsubventionierter Beschäftigung auf die Beschäftigungsbedingung für die einkommensabhängige Leistung
      • Eine längere Beschäftigungsbedingung für das einkommensabhängige Arbeitslosengeld
      • Eine Beschäftigungsbedingung, die auf dem früheren Verdienst statt auf der Arbeitszeit basiert
      • Kürzungen beim Wohngeld
      • Anspruch auf Arbeitslosengeld beginnt erst nach Auslaufen der Urlaubsabgeltung
      • Hindernisse für den Anspruch auf Sozialhilfe
      • Abschaffung des Arbeitslosengeldes und der Wohngeldanteile, die während der Teilzeitarbeit geschützt sind
      • Abschaffung des Erwachsenenbildungsgeldes
      • Kürzung der Leistungen für arbeitslose ältere Arbeitnehmer
      • Abschaffung des erhöhten Elterngeldsatzes für die ersten 16 gewöhnlichen Wochentage *)
      • *) Nach einer Haushaltssitzung kündigte die Regierung am 19. September 2023 an, dass sie nach alternativen Maßnahmen sucht...“
        engl. Meldung vom 6.09.23 bei SAK externer Link (maschinenübersetzt)
  • Weiter aus dem Artikel von Tatu Ahponen in der Übersetzung von Tim Steins am 26. Juli 2023 in Jacobin.de externer Link: „… Der ideologische Führer der Partei, Jussi Halla-aho, der jetzt Sprecher des finnischen Parlaments ist, schrieb einmal, sein Wunschtraum wäre, dass Ausländer diverse linke und liberale Politikerinnen vergewaltigen würden. Die neue Finanzministerin Riikka Purra, aktuell Vorsitzende der Finnenpartei, begann ihre politische Laufbahn im Jahr 2008 mit einem Kommentar in Halla-ahos Online-Gästebuch, in dem sie sich rassistisch über Migranten äußerte. Allerdings ist die Finnenpartei nur der Juniorpartner in der Regierung. Sie sind die Erfüllungsgehilfen, die zweite Geige und die benötigte Unterstützung, um Neoliberalismus und Austerität in Finnland auf ein neues Niveau zu heben. Hier zeigt sich die finnische Variante eines Modells, das in ganz Europa umgesetzt wird. (…) Die Regierung wird angeführt von der Nationalen Sammlungspartei, die sozusagen der parlamentarische Arm des finnischen Kapitalismus ist. Ihr Chef Petteri Orpo ist nun Ministerpräsident. Die Partei war 1918 ursprünglich als konservativ-nationalistische Bewegung gegründet worden, präsentiert sich seit den 1990er Jahren aber als modernes Zuhause für Kosmopolitinnen, Umweltschützer und liberale Feministinnen – vorausgesetzt, diese können mit einer Wirtschaftspolitik der Privatisierung, Deregulierung, Steuersenkungen und einer radikal unternehmensfreundlichen Haltung in Finnland leben. Das Programm der neuen Regierung entspricht zweifelsfrei diesen Zielen. Es beinhaltet Geldstrafen für Arbeiter, die sich an wilden Streiks beteiligen, Einschränkungen für Solidaritätsstreiks, und eine Regelung, nach der im Falle einer Erkrankung schon der erste verpasste Arbeitstag unbezahlt bleibt. Außergewöhnlich ist, dass sich die Regierung auch in Tarifverhandlungen einmischt: Sie hat verfügt, dass Gewerkschaften nicht für bessere Tarifverträge kämpfen dürfen, wenn Lohnerhöhungen von der Industrie vorgeschlagen werden. (…) Die weiteren Entwicklungen in Finnland könnten über die Landesgrenzen hinaus von Bedeutung sein. Im benachbarten Schweden sind die Mitte-Rechts-Parteien inzwischen auf die parlamentarische Unterstützung durch die rechtsradikalen Schwedendemokraten angewiesen. Letztere sind zwar nicht direkt an der Regierung beteiligt, aber möglicherweise noch einflussreicher als die Finnenpartei. Auch in Spanien erwägen die Konservativen, mit der rechten Vox zu koalieren. Das Schicksal beziehungsweise der (Miss-) Erfolg der finnischen Koalition kann ein Barometer dafür sein, ob zukünftig eine Verknüpfung von Austerität und rechtsradikalen Gesellschaftsansichten möglich ist und wie funktionsfähig eine solche Kooperation wäre. Die »Brandmauer«, die Liberale und Konservative von Nationalisten trennt, wird überall in Europa von Jahr zu Jahr dünner und durchlässiger. Darauf zu reagieren und eigene Lösungen durchzusetzen ist die große Aufgabe für die Linke, europaweit.“

Siehe aktuell auch: Europa wird rechts: Von Finnland bis Spanien übernimmt die Rechte das Ruder. Fehler der Linken tragen dazu bei

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=214003
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