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Shut Manston Down: Das Flüchlingscamp in Großbritannien ist eine humanitäre Katastrophe und muss sofort geschlossen werden, Bleiberecht und Entschädigung für alle!

Dossier

Großbritannien - Protest gegen unmenschliches Flüchtlingscamp Manston in KentSeit Ende Oktober 2022 werden die Zustände in dem Flüchtlingscamp Manston von Menschenrechtsorganisationen und Aktivist:innen im südbritischen Dover als unzumutbar und unmenschlich beschrieben. Berichte von unbegleiteten Minderjährigen, Schwangeren und Erkrankten aus Syrien, Afghanistan, Irak, Iran, Sudan, Pakistan und anderen Ländern, die auf Matten schlafen und keine ärztliche Versorgung erhalten, verbreiten sich über das Internet. Derweil hat Innenministerin Suella Braverman nichts Besseres zu tun, als Rassismus gegen Geflüchtete zu schüren. Das hat Folgen: Am 30. Oktober 2022 warf ein rassistischer Attentäter eine Bombe auf ankommende Geflüchtete in Dover und verletzte zwei davon. Mittlerweile gibt es Proteste in ganz Britannien für die Unterstützung der Betroffenen und die Schließung des Camps. Wir dokumentieren weitere Informationen:

  • Das Migrationszentrum Manston schadet allen: Nicht nur durch inhumane Zustände, sondern auch durch prekäre outgesourcte ArbeitNew
    „In den Abschiebegefängnissen Großbritanniens prallen Grenzgewalt und Outsourcing aufeinander. Ein Angestellter des Einwanderungszentrums in Manston sitzt auf der einen Seite des Metallzauns, die Inhaftierten auf der anderen Seite. (…) Es ist eine kalte Nacht und wir stehen mit dem Rücken zum schräg einfallenden Regen, die Hände tief in die Taschen gesteckt. Wir befinden uns auf dem Parkplatz eines Museums für Kriegsrelikte und Erinnerungsstücke auf einem stillgelegten Flugplatz außerhalb von Ramsgate in Kent. Auf der anderen Straßenseite befindet sich die Kurzzeitaufnahmestelle Manston für Asylsuchende. Es ist 19 Uhr und die Sicherheitsschicht hat gerade gewechselt. Omar*[Name von der Redaktion geändert] hat eine 12-Stunden-Schicht hinter sich, eine von sechs, die er diese Woche machen wird. Normalerweise wohnt er in Birmingham, aber er musste umziehen, um näher an der Arbeit zu sein. Er wird um 7 Uhr morgens wieder zurück sein. Letzte Woche war Omar einer von 400 Sicherheitskräften, die im Einsatz waren. Jetzt sind es nur noch 50. Die Arbeitenden kommen von so weit her wie Glasgow, Coventry und Bristol. Die vom Innenministerium beauftragten Sicherheitsdienste vor Ort locken die Beschäftigten mit dem Versprechen langer Arbeitszeiten. Aber Null-Stunden-Verträge bedeuten, dass Schichten innerhalb eines Tages gekürzt werden können: Auf 80 Stunden Arbeit in der einen Woche kann in der nächsten keine folgen. Ende November geriet das Innenministerium wegen der Zustände in Manston zunehmend unter Druck, da Berichte über tägliche Proteste von Gefangenen auftauchten. Die Menschen, die in dem Zentrum festgehalten wurden, wurden schnell im ganzen Land verlegt – in Hotels, provisorische Unterkünfte oder manchmal auch nur in Busbahnhöfe. Die Sicherheit wurde zu einer unerwünschten Ausgabe. Schichten wurden über Nacht gestrichen. Eine Woche später, als sich das Wetter über dem Ärmelkanal besserte, wurden die Überfahrten der Migrant:innen aus Frankreich wieder aufgenommen und die Häftlinge tauchten wieder in Manston auf. Das Sicherheitspersonal wurde wieder an die Arbeit gerufen. Edvin* [Name von der Redaktion geändert] war einer von ihnen. Er kommt ursprünglich aus Albanien und war mit seinem Wachhund fast 200 Meilen von Bristol aus gefahren. Er sprach mit uns, während er über einer köchelnden Brühe im hinteren Teil seines Vans kniete. „Letzte Nacht war meine erste Schicht. Nach meinem letzten Job hatte ich eine Stunde Schlaf, bevor sie mich hierher schickten. Heute habe ich versucht zu schlafen, aber (der Sicherheitsdienst) hat mich am Tag nach einer Nachtschicht zur Arbeit gerufen.“ Die Absurdität dieser Art von Arbeit ist Edvin nicht entgangen, aber er hat Kinder, um die er sich kümmern muss. „Den nächsten Monat werde ich jede Nacht arbeiten, dann habe ich hoffentlich eine Woche frei, um meine Familie zu besuchen. Dutzende von Edvins Kolleg:innen schlafen ebenfalls auf den Rücksitzen von Transportern außerhalb des Gefangenenlagers. Sie kommen überwiegend aus Ostafrika, West- und Südasien und Albanien – denselben Regionen, aus denen auch die meisten der inhaftierten Asylsuchenden stammen. Ein Sprecher des Innenministeriums sagte gegenüber openDemocracy, dass es sich nicht zu den Vereinbarungen zwischen seinen Vertragspartnern und deren Mitarbeitern äußern könne, aber dass Schwankungen in der Zahl der in Manston festgehaltenen Menschen bedeuten, dass „Flexibilität beim Einsatz von Personal ein wichtiger Weg ist, um ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis für die Steuerzahler zu gewährleisten“. (…) Schichtarbeitende wie Omar und Edvin stehen am Ende der vielen Schichten, die das britische Grenzregime aufrechterhalten. Das Innenministerium verlässt sich auf Tausende von privaten Verträgen für seine Abschiebegewahrsamsprozesse – vom Zeltbau über Catering und Busvermietung bis hin zur Proto-Polizei. Das ist Outsourcing in einer feindlichen Umgebung. Für das Sicherheitspersonal bedeutet das niedrige Löhne für 12-Stunden-Schichten auf eiskalten Parkplätzen. Einige Einheimische haben außerdem dafür gesorgt, dass sich sowohl das Sicherheitspersonal als auch die Gefangenen unwillkommen fühlen. (…) Die Mitarbeiter, mit denen wir in Manston sprachen, behaupteten, dass die Belegschaft mit zunehmender Höhe der Gehaltsskala weißer wird und für den Umgang mit den Häftlingen zuständig ist – denjenigen mit niedrigeren Gehältern wird dies angeblich untersagt (…)
    Die Durchsetzung von Grenzkontrollen in prekären Branchen ist kein neues Phänomen. Im Juni 2009 berief die Leitung der Londoner School of Oriental and African Studies (SOAS) eine Krisensitzung für die ausgelagerten Reinigungskräfte ein, bei der sie von 40 Einwanderungsbeamten empfangen wurden. Neun der Reinigungskräfte wurden festgenommen und mindestens sechs wurden abgeschoben. An Standorten wie Manston wird der Kampf gegen die harte Einwanderungspolitik der Tories durch die Welle gewerkschaftlicher Organisierung, die in diesem Sommer an Schwung gewonnen hat, besonders deutlich. Doch diese Welle hat es bisher versäumt, nationalistische Narrative in Frage zu stellen, die das Einsperren und Abschieben von inhaftierten oder unorganisierten Arbeitenden oder solchen mit unsicherem Visastatus befürworten. Die Gewerkschaften müssen erkennen, dass Gewalt an den Grenzen Gewerkschaftssache ist. Um glaubwürdig zu bleiben, muss sich die Gewerkschaftsbewegung unter den prekärsten Arbeitenden organisieren, die im Spannungsfeld zwischen einem fremdenfeindlichen Grenzregime und dem neoliberalen Trend zum ausgelagerten Arbeitsmarkt stehen. Wir haben zwei Möglichkeiten. Den Klassenkampf und die Einheit derjenigen, die festgehalten, ausgelagert und unterbezahlt werden, zu unterstützen. Oder wir fallen zurück in nationalistische Kampagnen, die mehr Geld für die Zurückdrängung von Migrant:innen fordern und damit die Inhaftierung, Spaltung und Ausbeutung der arbeitenden Menschen verfestigen. Wofür werden wir uns entscheiden?“ Artikel von Marcel Salay und Abel Brandão vom 12. Dezember 2022 auf openDemocracy externer Link („At the UK’s detention centres, border violence and outsourcing collide“)
  • Shut Manston Down: Am 6. November 2022 riefen in Großbritannien landesweit Demonstrierende zur Schließung des Camps und der Befreiung der Insassen auf
    • „Hunderte fordern die Schließung der „illegalen und unmenschlichen“ Manston-Haftanstalt Demonstrierende flogen Papierflieger mit Solidaritätsbotschaften über den Zaun und schlugen auf Töpfe und Pfannen, um den Häftlingen zu zeigen, dass sie nicht allein sind.“ Tweet von Bethany Rielley vom 7. November 2022 externer Link (engl.)
    • „KOMM AM SONNTAG, DEN 6. NOVEMBER UM 14 UHR AUF DEN PETERSPLATZ. [Manchester] Kontaktiere info@nobordersmcr.com, wenn du Fragen zur Teilnahme hast! Wir werden uns versammeln, während unsere Genoss:innen sich direkt in Manston versammeln. Niemand ist frei, bis wir es alle sind“ Tweet von No Borders MCR vom 2. November 2022 externer Link (engl.)
  • In Manston werden Menschen erniedrigt und entmenschlicht
    • „NEU: Die Gefangenen im Lager Manston werden unter Bewachung herumgeführt. Lasst euch nichts vormachen: Dies ist ein Gefangenenlager, in dem schutzbedürftige Menschen erniedrigt und entmenschlicht werden. Dieses Video haben wir gestern aufgenommen.“ Tweet von SOAS Detainee Support (SDS) vom 3. November 2022 externer Link (engl.)
    • „Augenzeugenbericht vom Manston Camp“: „…Das Lager ist nur die Spitze eines gewalttätigen und rassistischen Grenzregimes, das das Leben so vieler Menschen berührt, von denjenigen, die von Inhaftierung und Abschiebung bedroht sind, bis hin zu den vielen Menschen, die aufgrund der No Recourse to Public Funds-Politik in staatlich erzwungener Armut leben. Die Forderung nach der Schließung des Lagers Manston ist eine Forderung nach der Schließung aller Abschiebehaftanstalten und Kurzzeitgefängnisse. Wir sehen die Krise in Manston nicht als ein Problem des bürokratischen Rückstaus im Asylsystem oder der mangelnden Bereitstellung von Hotels für Asylsuchende, wie Yvette Cooper behauptet hat. Manston ist kein Fall von Illegalität, schlechter Planung oder Ineffizienz. Das Einwanderungssystem funktioniert so, wie es geplant war: Es stigmatisiert und kriminalisiert den Grenzübertritt, schürt Rassismus und Fremdenfeindlichkeit und teilt Migrant:innen in „Verdienende“ und „Unverdienende“ ein und macht das Leben in Großbritannien für Menschen, die hierher migrieren, bewusst unerträglich. Wir lehnen diese Vision ab. Wir müssen klar sagen, dass Menschen schon immer umgezogen sind und dass jeder Mensch ein Recht darauf hat, sich ein Zuhause aufzubauen, in dem er sich sicher und erfüllt fühlt. Wir sind Grenzabschaffer, denn es ist die Grenze selbst – und nicht der Migrant:innen – die eine Krise darstellt…“ Artikel von RS21 vom 2. November 2022 externer Link (engl.)
  • Eine humanitäre Katastrophe: Die Maximale Kapazität von Manston beträgt 1.600 – jetzt sind 4.000 Menschen in dem Lager
    • „Dutzende von kleinen Kindern werden im Internierungslager Manston in Kent festgehalten. Mütter, Väter, Kinder und Babys aus Syrien, Irak, Afghanistan, Pakistan und anderen Ländern. Wir waren heute dort und haben gehört, wie sie für ihre Freiheit geschrien haben. Das ist Verfolgung. LASST SIE FREI UND SCHLIESST DAS LAGER.“ Tweet von SOAS Detainee Support (SDS) vom 30. Oktober 2022 externer Link (engl.)
    • „Wir haben gestern das Internierungslager Manston in Kent besucht. Das haben wir gesehen und gehört: Wir kamen außerhalb des Lagers an und sahen Menschen – Männer, Frauen, Kinder – hinter den Stacheldrahtzäunen. Sicherheitskräfte befahlen ihnen, hineinzugehen. Die Kinder liefen davon und krochen durch einen Zaun, um gehört zu werden. Mit einem Megaphon gelang es uns, mit Menschen über den Zaun hinweg zu sprechen. Wir haben sie gefragt, woher sie kommen: Syrien, Afghanistan, Pakistan, Iran, Sudan. Sie sagten, die Bedingungen seien „nicht schön“ und einige von ihnen würden krank. Sie sagten, es gibt keine Ärzte. Keine Anwälte. Wir haben sie gefragt, wie lange sie schon dort sind: 3 Tage, 20 Tage, 30 Tage, 40 Tage. Durch einen der umzäunten Eingänge zum Lager sahen wir einen Vater mit seiner Tochter in einem Käfig herumlaufen, der nicht raus konnte. Und wir sahen Berge von blauen Säcken mit den Habseligkeiten, die den Inhaftierten bei ihrer Ankunft beschlagnahmt wurden. Das Lager ist stark abgesichert und isoliert – umgeben von Zäunen, Polizei und Sicherheitspersonal. Mitie – bekannt für die Verwaltung gewalttätiger Haftanstalten – betreibt das Lager, während andere Unternehmen wie MCT – bekannt für die Verrohung von Kindern in Jugendgefängnissen – für die Sicherheit sorgen. Das Lager ist bereits überfüllt – und wir sahen Hunderte weitere Menschen, die erschöpft und erschöpft in Reisebussen und Bussen ankamen. Wir sahen 13 Busse voller Menschen in nur 3 Stunden ankommen. Nur ein Bus mit einer Handvoll Leuten, einschließlich Sicherheitspersonal, verließ während dieser Zeit das Camp. Laut der Polizei von Kent kamen gestern 700 neue Menschen in Manston an, weil in Dover eine Benzinbombe gezündet wurde, und die BBC berichtet, dass die Zahl der Menschen 4.000 erreicht hat. Manston ist ein Konzentrationslager. Menschen dort illegal zu internieren, ist eine politische Entscheidung von Suella Braverman und dem Innenministerium. Die Schreie der Kinder nach „Freiheit“ und „Wir brauchen Ihre Hilfe“ sind eine eindringliche Anklage gegen das barbarische britische Grenzregime.“ Thread von SOAS Detainee Support vom 31. Oktober 2022 externer Link (engl.).
    • Siehe dazu auch den Artikel von Holly Bancroft vom 1. November 2022 im Intependent externer Link : „Migrant:innen, die im Manston Processing Center festgehalten werden, haben um Hilfe gebettelt und die Bedingungen als „Gefängnis“ bezeichnet. Ein junges Mädchen warf am Mittwochnachmittag eine Flasche mit einem Brief über den Zaun zu einem Fotografen der Nachrichtenagentur PA, in dem behauptet wurde, dass es in der Einrichtung in Kent schwangere Frauen und kranke Gefangene gibt…“ („‘You must help them’: Lone asylum-seeking children reveal trauma of Manston centre”)
  • Tory-Innenministerin Suella Braverman bezeichnete die aktuelle Situation an der britischen Küste als „Invasion“ und lenkt damit vom Versagen der Regierung ab, die mehrfach gewarnt wurde
    „… Wie kann es also sein, dass Menschen, die vor Verfolgung im Iran und in Afghanistan oder vor dem Blutvergießen in Syrien geflohen sind, über eine Woche lang festgehalten werden, auf dem Boden schlafen und sich Krankheiten wie Krätze und Diphtherie einfangen? Und wie kann es sein, dass die Innenministerin Suella Braverman so hetzerische Worte benutzt und sie beschuldigt, in das Vereinigte Königreich „einzudringen“[invading]? Es ist schwer, nicht zu dem Schluss zu kommen, dass diese Situation von der Regierung selbst geschaffen wurde. Robert Jenrick, der neue Minister für Einwanderung, betonte, dass die Regierung das Ausmaß des jüngsten Anstiegs der Versuche, den Ärmelkanal zu überqueren, nicht hätte vorhersehen können. Gegen Ende des letzten Jahres teilten Beamte den Minister:innen jedoch mit, dass sie im Jahr 2022 mit bis zu 60.000 Ankünften rechnen müssten. Die Botschaft war klar. Es mussten Notfallpläne erstellt werden, um sicherzustellen, dass Ressourcen, Kapazitäten und Einrichtungen vorhanden waren, um darauf zu reagieren. Nach einer Inspektion der Aufnahmeeinrichtungen in Dover Ende letzten Jahres erklärte Charlie Taylor, der Chefinspektor für Gefängnisse, dass „die Notfallplanung eine wirksame Reaktion auf schwankende Zahlen und eine schnelle Mobilisierung von Ressourcen gewährleisten sollte, wann immer dies erforderlich ist“. Rückblickend kann die Regierung nicht sagen, dass sie nicht gewarnt wurde. Aber der mangelnde Wille der Minister, sich mit dem auseinanderzusetzen, was ihnen gesagt wurde, geht noch weiter. Die Zahl der Menschen, die auf eine erste Entscheidung über ihren Asylantrag warten, ist seit 2010 Jahr für Jahr auf über 100.000 angestiegen – eine Folge der langjährigen Unterbesetzung, der unzureichenden Zahl von Sachbearbeitern und der schlechten Systeme und Verfahren. Vor einem Jahr wurde eine konzertierte Aktion gestartet, um mehr Sachbearbeiter:innen einzustellen. Aber es dauert mindestens ein Jahr von der Einstellung bis zur Ausbildung, bis ein:e Sachbearbeiter:in seine/ihre Arbeit gut machen kann. Ein Plan hätte schon lange vor der Covid-Pandemie eingeführt werden müssen, als der Rückstau bereits schnell anwuchs.
    Und es kommt noch schlimmer. Es ist unglaublich, dass es kein funktionierendes IT-Fallbearbeitungssystem gibt. Die Entscheidungsträger:innen haben mit Tabellenkalkulationen gearbeitet. In einem Bericht, der im November letzten Jahres veröffentlicht wurde, stellte der Chefinspektor der Grenz- und Einwanderungsbehörde, David Neal, fest, dass „ineffiziente“ und „ineffektive“ Arbeitsabläufe und ein übermäßiger Rückgriff auf schwerfällige Excel-Dateien dazu beitragen, dass die Entscheidungsfindung nicht auf dem neuesten Stand ist. Erst in diesem Jahr wurde ein anständiges IT-System entwickelt, das jetzt eingeführt wird. (…) Vor einem Jahr mussten Kinder, die allein hier ankamen, auf Matten auf dem Boden eines baufälligen Gebäudes in Kent schlafen, weil es keine ausreichenden Mechanismen gab, um sie schnell in die Obhut der örtlichen Behörden zu übergeben. Wir haben gewarnt, und den Minister:innen wurde gesagt, dass sich das wiederholen würde, wenn nicht schnell etwas unternommen wird. (…) Heute wird Braverman vorgeworfen, nicht genügend Hotelunterkünfte gebucht zu haben, damit Männer, Frauen und Kinder nicht tagelang auf provisorischen Matten in Manston schlafen mussten (sie bestreitet, die Buchungen blockiert zu haben). (…) Als Sunak letzte Woche vor der Downing Street zur Nation sprach, betonte er, wie wichtig es ist, Mitgefühl und Fairness zu zeigen. Ein Asylsystem, das auf diesen Werten aufbaut, würde die Menschen mit Würde und Anstand behandeln und sie nicht unter „erbärmlichen“ Bedingungen lagern. Es würde auch die UN-Konvention für Geflüchtete respektieren und sicherstellen, dass jeder eine faire Anhörung auf britischem Boden erhält, anstatt nach Ruanda verfrachtet zu werden. (…)
    Der neue Premierminister und die Ministerin für Einwanderung haben eine einfache Wahl. Entweder sie ändern schnell die Richtung und zeigen einen weitaus mitfühlenderen Ansatz, oder sie setzen das anhaltende Systemversagen und die herzlose Reaktion fort, die von der Regierung selbst gewählt wurde…“
    Meinung von Enver Solomon am 1. November 2022 im Guardian externer Link („An ‘invasion’? Suella Braverman, this refugee crisis is of the government’s own making”)
  • Gewerkschafter:innen und Aktivist:innen wie Mick Lynch kritisieren Innenministerin scharf
    • Mick Lynch RMT- Vorsitzender sagte: „Armut entkommen zu wollen, ist kein Verbrechen“ und reagiert damit auf den Rassismus der Innenministerin Suella Braverman: „Wir haben Mitglieder, die auf Abruf sind, um Menschen auf See zu retten. Ich denke es ist empörend, Menschen, die von Krieg, Naturkatastrophen und natürlich auch verarmten Wirtschaftsregionen – Flucht vor Armut ist kein Verbrechen – diese als Eindringlinge zu bezeichnen…“ Tweet von PoliticsJOE vom 2. November 2022 externer Link (engl.)
    • Siehe dazu auch den Artikel „Die Träume von Suella Braverman sind ein Alptraum für die Menschheit“: „… Kaum war die Tinte auf ihrem neuen Amt als Innenministerin getrocknet, wurde Suella Braverman dabei gesehen, wie sie launig darüber nachdachte, dass es ihr „Traum“ wäre, einen Abschiebeflug nach Ruanda starten zu sehen. Diese besonders grausame Anti-Immigrations-Haltung war charakteristisch für ihr Innenministerium. Es war – zumindest dachten wir das – nur von kurzer Dauer. Nach nur 43 Tagen kündigte Braverman. Sie begründete dies mit dem Missbrauch ihrer persönlichen E-Mail, aber ihre Verbündeten auf der rechten Seite behaupteten, sie sei von der ehemaligen Minister:in Liz Truss und dem Kanzler Jeremy Hunt zum Rücktritt gezwungen worden. Doch in weniger als einer Woche wurde ein neuer Premierminister eingesetzt, und Braverman ist irgendwie zurückgekehrt. Sie hat ihre Position zementiert, dass sie fest auf der rechten Seite ihrer Vorgängerin Priti Patel steht. Ihre Philosophie ist folgende: Großbritannien muss aus einem unbekannten Grund die Kontrolle über seine Grenzen zurückerlangen. Mit den Worten Bravermans: „Wir müssen die kleinen Boote davon abhalten, den Kanal zu überqueren…“ von Ella Sinclair vom 18. Oktober 2022 auf gal-dem externer Link (engl.)
  • In Dover warf ein rassistischer Attentäter eine Benzinbombe auf Geflüchtete – es gab zwei Verletzte – Anti-Terror-Polizei musste mehrfach ermahnt werden, den Vorfall zu untersuchen
    „… Andrew Leak hat eine Stunde vor seinem Brandanschlag in Dover gesagt, er wolle „muslimische Kinder auslöschen“, wie jetzt bekannt wurde. In seinem letzten Tweet vor dem Anschlag schrieb der 66-jährige Leak: „Wir werden diese muslimischen Kinder auslöschen [sie] sind jetzt unser Ziel. Und die ekelhaften Frauen dort [sic] werden Mütter und Schwestern sein, die wir bei lebendigem Leibe verbrennen“. Die Nachricht wurde um 10.22 Uhr am Sonntag [30. Oktober 2022] veröffentlicht. Eine Stunde später, gegen 11.20 Uhr, wurde Leak dabei fotografiert, wie er eine Plastikflasche, die mit einem brennenden Feuerwerkskörper verbunden war, auf der Western Jet Foil im Hafen von Dover losließ, wo Dutzende von Menschen, die den Ärmelkanal in kleinen Booten überquert hatten, darauf warteten, von Grenzbeamten abgefertigt zu werden. Bei dem Angriff mit drei Benzinbomben wurden zwei Menschen verletzt. Leek wurde Minuten später tot an einer nahe gelegenen Tankstelle gefunden. Leeks letzter Tweet wurde in einem Archiv seiner Social-Media-Postings aufgedeckt, das von der antifaschistischen Wohltätigkeitsorganisation Hope Not Hate zusammengestellt wurde, bevor sie gelöscht wurden. Am Dienstag erklärte die Anti-Terror-Polizei, dass sie den Vorfall nun untersuche, nachdem mehrfach gefordert wurde, ihn als Terrorakt zu behandeln. Im Oktober letzten Jahres hatte Leak in einem Facebook-Post an die Regierung geschrieben und gewarnt: „Ich werde die illegale Einwanderung in dieses Land innerhalb eines Jahres von der französischen Bootsseite aus beenden.“ Später tweetete er: „Wir werden diese Boote stoppen.“ Das Archiv zeigte auch, dass er ein aktiver Anhänger von Gruppen war, die sich gegen die Überquerung des Ärmelkanals einsetzen, indem sie Menschen bei der Ankunft in Rettungsbooten filmen und belästigen. Sein Social-Media-Verlauf zeigt, dass sich seine Anti-Migrationsansichten auf Verschwörungstheorien stützen. Im September twitterte er an die Anti-Migrationsgruppe Migration Watch UK: „All diese Boote werden am selben Ort von der UN-Pier 52 hergestellt.“ (…)
    Patrik Hermansson, ein leitender Forscher bei Hope Not Hate, sagte: „Das derzeitige feindselige Klima gegen Migranten und die harte Fokussierung der Regierung, der Medien und der extremen Rechten auf die Überquerung des Ärmelkanals und die Unterbringung von Migranten ist ein Thema, das sich wie ein roter Faden durch die Beiträge von Leak zieht. „Hope Not Hate’s archive of Leak’s tweets reveals extensive interaction with anti-migrant activists … and praised former EDL leader Tommy Robinson“. Am Montag forderte Edward Biggs, ein Labour-Stadtrat, zu dessen Bezirk der Tatort gehört, die Polizei auf, den Anschlag als Terrorismus zu behandeln. Im Unterhaus fragte die Schatten-Innenministerin Yvette Cooper, ob Beamte der Terrorismusbekämpfung den Vorfall untersuchten. „Es macht keinen Sinn, wenn sie das nicht tun“, sagte sie. Am Dienstagabend tweetete Cooper: „Ich habe die Innenministerin gefragt, warum die Anti-Terror-Polizei und die Anti-Extremismus-Einheiten nicht an den Ermittlungen zu dem schrecklichen Anschlag in Dover beteiligt waren. Sie hat nicht geantwortet. Angesichts der weiteren Informationen, die heute aufgetaucht sind, bin ich weiterhin sehr besorgt, dass dies nicht sofort geschehen ist…“ Artikel von Matthew Weaver vom 2. November 2022 im Guardian externer Link („Dover petrol bomb attacker said he planned to ‘obliterate Muslim children’”)
  • Siehe auch #ShutManstonDown 

Siehe zum Thema auch auf LabourNet Germany unser Dossier: Großbritannien baut weiter Mauern: Neue Gesetzesvorlage erschwert den Zugang zu Asyl, kriminalisiert die Antragsteller – und schiebt nach Ruanda ab

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=205881
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