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Belgien: Weil das Leben immer teurer wird… Kampagne für mehr Kaufkraft und gegen das „Lohnstopp-Gesetz“ startet mit Streiktag und Massendemo am 20.6.2022

Dossier

FGTB-Kampagne zur Kaufkraft (sozialistische Gewerkschaft Fédération Générale du Travail de Belgique)Weil das Leben immer teurer wird. Die Preise für Gas, Strom, Heizöl, Benzin, Diesel, aber auch für Brot, Kaffee, Nudeln … alles steigt zu schnell … nur die Löhne nicht! Wir müssen das Gesetz über die Lohnnorm (das sogenannte Lohnstopp-Gesetz von 1996) ändern, das Gesetz, das uns daran hindert, echte Lohnerhöhungen auszuhandeln. (…) Menschen mit mittleren oder niedrigen Einkommen kommen nicht mehr über die Runden. Und sie sehen kein Ende des Tunnels… Deshalb müssen die Löhne steigen. Und zwar deutlich. Das Gesetz über die Lohnnorm verbietet dies jedoch. Es erlaubt nur einen sehr geringen Anstieg der Löhne. Dennoch erzielen die belgischen Unternehmen laut der Nationalbank historisch hohe Gewinne, viel mehr als in den Nachbarländern…“ franz. Aufruf von FGTB, CSC und CGSLB externer Link bei FGTB. Siehe weitere Informationen und eine Übersetzung der Stellungnahme der marxistischen Partei der Arbeit zum Thema Lohnstopp und Inflationsbekämpfung durch das Gewerkschaftsforum Hannover sowie die Fortsetzung:

  • Über 25.000 Menschen demonstrierten am 16. Dezember 2022 in Brüssel für höhere Löhne und gegen VerarmungNew
    • „… An diesem 16. Dezember waren wir fast 25.000 Menschen, die der Kälte trotzten, um in den Straßen von Brüssel zu demonstrieren. Angesichts der steigenden Preise können die Arbeitenden nicht mehr über die Runden kommen. Das muss aufhören! Solange die Arbeiter:innen nicht das bekommen, was sie verdienen, werden WIR NICHT AUFHÖREN!Unsere Forderungen:
      Die Zahlen der Nationalbank zeigen deutlich, dass die belgischen Unternehmen Rekordgewinne erzielen. Dennoch ziehen es die Arbeitgeber vor, die Löhne der Arbeitenden einzufrieren. Es ist höchste Zeit, diese unausgewogene Situation zu korrigieren. Aus diesem Grund haben wir heute in einer gewerkschaftlichen Einheitsfront auf den Straßen von Brüssel demonstriert…“ 
      Pressemitteilung der FGTB vom 16. Dezember 2022 externer Link („Manifestation 16/12: Ensemble dans la rue pour le pouvoir de vivre“)
    • Flüge und Züge wurden bestreikt
      „Ein Streik in Belgien hat gestern den Verkehr auf dem Brüsseler Flughafen in weiten Teilen lahmgelegt. 60 Prozent der Flüge fielen aus, wie die Nachrichtenagentur Belga unter Berufung auf den Airport berichtete. Von den ursprünglich 400 geplanten Flügen seien 240 gestrichen worden. Das sei nötig gewesen, um Chaos auf dem Flughafen zu vermeiden und die Sicherheit zu gewährleisten, sagte eine Sprecherin. Auch der öffentliche Verkehr in der Hauptstadt Brüssel war wegen des Streiks stark eingeschränkt. Im landesweiten Zugsverkehr kam es ebenso zu Ausfällen. Nach Polizeiangaben demonstrierten in der Stadt rund 16.500 Menschen unter anderem für höhere Löhne und gegen die hohen Energiekosten. Drei große Gewerkschaften des Landes hatten zu dem Streik aufgerufen.“ Meldung vom ORF vom 16. Dezember 2022 externer Link („Streik in Belgien legt Verkehr lahm“)
  • 9. November 2022 in Belgien: Generalstreik legt viele Bereiche lahm, u. a. Häfen, Baumärkte und ExxonMobil
    • Streiks im Einzelhandel und bei ExxonMobil: „Brico Waterloo, Brico Plan-it Anderlecht, Brico Drogenbos, Brico Kraainem, Brico Basilix, Brico Etterbeek etc. etc…. alle nicht-Franchise-Baumärkte stehen heute still. …“ „Wenn drei Viertel der Arbeiterinnen von Zara Mons auf Streikposten stehen, sind es die Manager, die arbeiten müssen, um das Geschäft offen zu halten. Bravo an das Team und Virginie Brunebarbe…“ Facebook-Posts von Jalil Bou vom 9. November 2022 externer Link (frz.)
    • „Streikposten bei ExxonMobil in Antwerpen. ‚Wir müssen Überstunden machen, während das Unternehmen Milliardengewinne macht‘. Unterwegs mit einigen Studierenden, Bahnarbeiter:innen, Klimaaktivist:innen…“ Bericht von Geert Cool vom 9. November 2022 auf Facebook externer Link (flämisch – Maschinenübersetzung)
    • Streiken gegen steigende Schuldenberge der Arbeitenden bei gleichzeitigen Konzerngewinnen
      „Ich streike für jeden Menschen, der nicht mehr über die Runden kommt (und trotzdem hart dafür arbeitet), für jedes Elternteil, das versucht, die Operation seines Kindes in Raten zu bezahlen, für diejenigen, die nach Abzug der Rechnungen kein Geld mehr für Essen und Kleidung haben, für diejenigen, denen noch warm ist, die aber allmählich in der Arbeit untergehen, für die kleinen Selbstständigen, die auf unfaire Weise gegen multinationale Konzerne konkurrieren müssen, die keine Steuern zahlen, (…) für Menschen, die ihren Arbeitsplatz verlieren, kurzum: für die menschenunwürdigen Zustände, in denen wir uns befinden – trotz der Megaprofite der Konzerne und des persönlichen Reichtums einiger weniger…“ Anonym – Bericht einer Streikenden aus Belgien vom 9. November 2022 auf Facebook (flämisch – Maschinenübersetzung)
    • Siehe dazu auch weitere Berichte:
      • „Ein in der Nacht zum Mittwoch begonnener Generalstreik in Belgien für eine Stärkung der Kaufkraft hat weite Teile des Fern- und Nahverkehrs stillgelegt, zudem wurden die meisten Krankenhäuser bestreikt. Für Patienten gab es hier nur eine Notfallversorgung. Am Flughafen Brüssel, einem der Drehkreuze Europas, war die Mehrzahl der Flüge gestrichen worden, auch der Bus- und Bahnverkehr war deutlich eingeschränkt. In der Hauptstadt Brüssel fuhr lediglich eine Metrolinie. Bestreikt wurden auch Tankstellen. Zu umfassenden Arbeitsniederlegungen kam es in den Häfen Antwerpen und Zeebrügge sowie bei der Post. Der Automobilhersteller Volvo Cars Gent in der zweitgrößten belgischen Stadt musste die Produktion einstellen, nachdem Aktivisten einen Zugang zum Werksgelände blockiert hatten. Am stärksten waren die Auswirkungen der eintägigen Streiks in der überwiegend französischsprachigen Wallonie zu spüren. Die Streiks und verschiedene öffentliche Aktionen richten sich gegen steigende Lebenshaltungskosten bei stagnierenden Löhnen. Aufgerufen hatten die drei größten Gewerkschaftsbünde des Landes. Im Zentrum ihrer Forderungen an die Politik stehen ein Preisdeckel für Strom und Gas und spürbare Lohnerhöhungen. Für das Gesundheitswesen wird zudem eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen verlangt. (…) Die Regierung verweist auf eine herabgesetzte Mehrwertsteuer für Energie und andere bereits ergriffene Maßnahmen. Premierminister Alexander De Croo rief die Belgier am Mittwoch zur Einigkeit auf. Kein Staat sei heute in der Lage, alle durch die Krise verursachten Wunden zu heilen, betonte der liberale Politiker. Neben dem liberalen und dem christlichen organisierte vor allem der mehr als 1,5 Millionen Mitglieder zählende sozialistisch orientierte Allgemeine Belgische Gewerkschaftsbund FGTB/ABVV die Streiks vom Mittwoch. »Wir fordern die Regierung auf, die Energiepreise einzufrieren, damit Familien ihre Rechnungen in diesem und den kommenden Wintern bezahlen können«, heißt es im Aufruf der Gewerkschaft. Neben einer Senkung der Energiekosten, Lohnerhöhungen und armutsfesten Sozialleistungen fordert der FGTB auch die Ausweitung einer geplanten Übergewinnsteuer. Die Energiekonzerne hätten im Vergleich zum Vorjahr ihre Gewinne »verdoppelt und verdreifacht«, so die Gewerkschaft, seien aber nicht die einzigen Krisengewinnler.“ Artikel von Peter Steiniger vom 9. November 2022 im Neuen Deutschland Online externer Link („Generalstreik lässt Belgien stillstehen“)
      • „…In der Industriemetropole Charleroi fuhren ab dem frühen Morgen weder Bus noch Tram. Aber auch im Großraum Liège (Lüttich) und Namur gab es laut belgischen Medien starke Störungen im Nahverkehr. Während der Flughafen von Charleroi komplett geschlossen blieb, wurden am größten Airport des Landes, Brüssel-Zaventem, mehr als die Hälfte der Flüge abgesagt. Weil das Personal an den Gepäckbändern nicht zum Dienst erschien, bat die Flughafendirektion alle Reisenden über Twitter nur Handgepäck mitzubringen. Der RTBF, der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Wallonien, berichtete von Straßensperren in der Nähe des Stahlkonzerns Arcelor Mittal in Jemeppe. Die glitzernden Konsumtempel Médiacité in Liège und Rive Gauche in Charleroi wurden genauso bestreikt wie in Verviers die Supermarktkette Delhaize. Einige Krankenhäuser hielten nur den reduzierten Wochenendbetrieb bereit. Aber auch in Flandern blieben die Arbeiterinnen und Arbeiter nicht tatenlos. »Fast der ganze Hafen liegt still«, freute sich der FGTB-Gewerkschafter Marc Ghys bei VRT Nieuws über den Streik in Gent. »Seeschiffe können noch einlaufen, aber sie werden nicht gelöscht.« Im Hafen von Antwerpen wurden keine Container be- und entladen. »Heute morgen wurde noch in zwei kleinen Lagern gearbeitet. Wir haben mit den Leuten gesprochen, danach legten auch sie die Arbeit nieder«, sagte Gewerkschaftsfunktionär Marc Loridan gegenüber der Gazet van Antwerpen. Bei den Öl- und Chemiekonzernen BASF, Lanxess, Evonik, Bayer und Total Energies bezogen in Antwerpen Streikposten Stellung. Streikbrecher durften allerdings unbehelligt passieren…“ Artikel von Gerrit Hoekman vom 9. November 2022 in der junge Welt Online externer Link („Stillstand in Belgien“)
  • 21. September 2022: Landesweite Proteste gegen Teuerungen mit 10.000 Demonstrierenden in Brüssel – Generalstreik für 9. November geplant 
    • Gewerkschaftsfront gegen Teuerung
      „In Belgien kam es am Mittwoch zu landesweiten Protestaktionen gegen die explodierenden Lebenshaltungskosten. Öffentliche Verkehrsmittel und Flughäfen wurden bestreikt. Eine Kundgebung am Platz der Börse im Brüsseler Stadtzentrum hatte mehr als 10.000 Teilnehmer (…). Der Aktionstag sei erst der Anfang, erklärte ein Bündnis der drei großen Gewerkschaften ABVV (sozialdemokratisch), ACLVB (liberal) und ACV (christlich). Bisher reichten die staatlichen Unterstützungen bei weitem nicht. Am 9. November soll ein Generalstreik stattfinden.“
      Meldung in der jungen Welt online am 22. September 2022 externer Link
    • Siehe den franz. Aufruf der FGTB für den 21.9. externer Link mit Mobi-Video
    • Energie: Ohne Steuergerechtigkeit haben die Familien das Nachsehen
      Am vergangenen Freitag beschloss der Rat einige neue, befristete Maßnahmen zur Unterstützung von Familien: 61 Euro Rabatt pro Haushalt auf Stromrechnungen und 135 Euro auf Gasrechnungen. Der Rabatt ist für knapp zwei Monate (November und Dezember) geplant. Die 6 %ige Mehrwertsteuer wird bis zum nächsten Frühjahr verlängert, aber nicht dauerhaft verankert. Wir stellen auch fest, dass der Sozialtarif nicht auf mehr Begünstigte ausgedehnt wird, dass man sich über Preisstopps ausschweigt und dass es auch dieses Mal keine Steuergerechtigkeit geben wird.
      Zunächst einmal ist die sehr kurze Dauer dieser Maßnahmen zu erwähnen. Was ist nach November und Dezember, wenn der größte Teil des Winters noch vor uns liegt? In einer Zeit, in der sich die monatlichen Energierechnungen vieler Familien verdoppeln oder sogar verdreifachen, scheint die gewährte Unterstützung nicht nur schwach, sondern auch zeitlich sehr begrenzt zu sein.
      Für die FGTB müssen die Probleme anders angegangen werden. Solange es keine Entwicklung hin zu einer gerechten Besteuerung gibt, bei der die stärksten Schultern die schwersten Lasten tragen, kann es nur Jongliermaßnahmen geben, die den Familien nicht wirklich zugute kommen. Durch die Besteuerung überschüssiger Gewinne von Unternehmen, insbesondere von Energieunternehmen, können jedoch ausreichende Mittel für die Entwicklung eines effizienten und nachhaltigen Förderprogramms freigesetzt werden. Steuergerechtigkeit ist eine politische Entscheidung und erfordert politischen Mut. In Krisenzeiten muss man sich trauen, diesen Mut zu zeigen. (…)
      Neben Maßnahmen, die sich direkt auf die Energierechnung der Arbeitnehmer auswirken, sollte die Kaufkraft auch auf anderen Wegen verbessert werden. Erstens durch deutliche Lohnerhöhungen unter Beibehaltung der automatischen Indexierung. Darüber hinaus setzen wir uns weiterhin für eine Änderung des Lohnnormgesetzes ein, das heute Reallohnerhöhungen blockiert.
      Angesichts des nahenden Winters und der explodierenden Energierechnungen erwarten wir von den Regierungen, dass sie effiziente und nachhaltige Maßnahmen ergreifen. Steuergerechtigkeit ist hier das Schlüsselwort. Aus diesem Grund werden die Gewerkschaften am 21. September in Brüssel eine Aktion durchführen und am 9. November wird ein berufsübergreifender Streik folgen.“ niederl. Meldung der ABVV vom 19.9.2022 externer Link
    • ‘Das Leben wird immer schlimmer‘ – soziale Proteste in Belgien
      „Steigende Lebensmittelpreise, erschreckende Energierechnungen und Frustration mit Politikern und Arbeitgebern – dieses Gemisch hat am Mittwoch in Brüssel rund 10.000 Menschen auf die Straße getrieben. Gekleidet in Grün, Blau und Rot, den Farben der drei großen Gewerkschaften, war die Wut greifbar. Die Demonstranten wollten, dass lokale, nationale und europäische Politiker jetzt handeln. Man müsse gegen die steigenden Preise und Stromrechnungen kämpfen, sagt eine Frau. Das Leben werde immer schlimmer. Ein Mann sagt, er arbeite seit 23 Jahren und habe nun zum ersten Mal echte Überlebensschwierigkeiten. Und seine Frau arbeite auch. Und dieser Mann erwarte von der Regierung, dass sie die Probleme löse. Egal ob die Ursache für alles der Krieg zwischen der Ukraine und Russland sei. Ein weiterer Protestpunkt – die mangelnde Kaufkraft. Die Demonstranten verlangten die Änderung eines Gesetzes von 1996 zum Wohlergehen der Arbeitnehmer, das den Gewerkschaften die Möglichkeit gibt, Lohnerhöhungen auszuhandeln. Aber die politische Landschaft in Belgien ist komplex. Es gebe zahlreiche Regierungen in Belgien, aber diese täten nichts, weder die flämische, noch die wallonische, sagt eine Frau. Sie hätten zwar Geld, wollten aber ihre öffentlichen Finanzen im Gleichgewicht halten. Doch den Menschen müsse jetzt geholfen werden. Die Regierungen täten nichts. Das sei nicht normal und nicht akzeptabel. Ähnliche Proteste fanden zuletzt in mehreren Ländern Europas statt, etwa in Griechenland, der Tschechischen Republik und Österreich. Belgien steht möglicherweise ein Winter der Unzufriedenheit bevor. Für November ist ein Generalstreik geplant.“
      Artikel von Stefan Grobe und Meabh McMahon vom 21. September 2022 auf Euro News externer Link
  • [Belgien] Automatische Lohnanpassung: Wie sich vor Preissteigerungen schützen?
    • „… Die massiven Preissteigerungen der letzten Wochen, deren Ende nicht abzusehen ist, werfen die Frage auf, wie Lohnabhängige und Sozialleistungsbeziehende sich dagegen schützen können – die Einmalzahlungen und Rabatte sind insbesondere für die unteren Einkommensschichten ja höchstens ein Tropfen auf dem heißen Stein. Eine der Forderungen, die dabei diskutiert werden, ist die nach einer automatischen Anpassung an den Verbraucherpreisindex, der die Preissteigerungen abbildet. Solche Mechanismen gab es früher in mehreren Ländern, etwa in Italien, sie wurden jedoch unter dem Druck der Kapitaleigner abgeschafft bzw. ausgehöhlt. In unserem Nachbarland Belgien gibt es sie, wenn auch in verstümmelter Form, immer noch. Die Lohnindexierung und der damit verbundene, nationale Verbraucherpreisindex (NICP) wurden in Belgien 1920 eingeführt. Die Preise waren, infolge von Krieg und Wirtschaftskrise, im Vergleich zu 1914 (dem Bezugsjahr für den ersten Verbraucherpreisindex) um 236 Prozent gestiegen, mehr als die Hälfte des Einkommens wurde für Lebensmittel ausgegeben, viele Familien hatten einen oder mehrere Erwerbstätige im Krieg verloren… Unmittelbar nach dem Waffenstillstand kam es zu spontanen Streiks in den Kohlebergwerken und Metallbetrieben, den wichtigsten Industriezweigen. Allein in den ersten sieben Monaten des Jahres 1919 meldete die Arbeitsinspektion 733 Streiks. Die wichtigsten Forderungen waren eine Lohnerhöhung um 100 Prozent, der Acht-Stunden-Tag, ein Mindestlohn und die Anerkennung der Gewerkschaften. Um ihre Position als herrschende Klasse zu sichern, musste die Bourgeoisie einen Teil der Forderungen erfüllen. (…) Zwischen den Gewerkschaften und den nach Branchen organisierten Unternehmerverbänden wurden mehrere paritätische Ausschüsse eingerichtet. In diesen Ausschüssen wurde festgelegt, wie die Löhne an die Inflation angepasst werden sollten. Somit wurden, je nach Ausschuss, unterschiedliche Systeme festgelegt. Zwei Hauptgruppen haben sich herausgebildet: – Das eine System sieht eine Erhöhung der Löhne um 2 Prozent vor, wenn der Referenzpreisindex um mindestens 2 Prozent gestiegen ist. 50 Prozent der Beschäftigten in der Privatwirtschaft sowie Renten, Sozialleistungen und die Gehälter der Beschäftigten im öffentlichen Dienst fallen unter diese Regelung.– Für die andere Hälfte der Beschäftigten in der Privatwirtschaft findet die Lohnanpassung zu festen Zeitpunkten statt: in den meisten Fällen (für rund 40 Prozent der Beschäftigten) einmal im Jahr, seltener nach sechs, vier, drei oder zwei Monaten. Nur für ein Prozent der Angestellten werden die Entgelte monatlich an den Index angepasst. Dies betrifft vor allem Beschäftigte, die in multinationalen Unternehmen arbeiten (etwa die Grundlöhne in der Ölindustrie). In einigen paritätischen Ausschüssen sind nur die Mindestlöhne an den Index gebunden. Darüber hinaus kann jedes Unternehmen einen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) abschließen, der eine automatische Anpassung auch für Löhne über dem Mindestlohn vorsieht. Einige paritätische Arbeitsausschüsse sehen kein Indexierungssystem vor, etwa 8 Prozent der abhängig Beschäftigten sind überhaupt nicht an den Index angebunden. Wenn Löhne nicht monatlich an die Inflation angepasst werden, bleibt die Lohnanpassung allerdings immer hinter der Verbraucherpreisinflation zurück. (…) Um die Kaufkraft wirklich wiederherzustellen, muss es eine monatliche Anpassung der Löhne an den monatlich berechneten Verbraucherpreisindex geben. Nicht nur die Arbeitsentgelte und die Sozialleistungen müssen angepasst werden, auch die Grenzsteuersätze, Steuerbefreiungen, Abzüge und Ermäßigungen. Einen anderen Weg als den Kampf für eine vollständige Anpassung der Löhne an die Verbraucherpreise gibt es nicht.“ Artikel von Johan Seynaeve aus der Soz Nr. 7/2022 externer Link
  • Siehe ähnlichen Aufruf der sozialistischen Gewerkschaft ABVV externer Link (flämisch)
  • die FGTB-Kampagne zur Kaufkraft externer Link (sozialistische Gewerkschaft Fédération Générale du Travail de Belgique)
  • und die Erfolgmeldung der Demo der FGTB auf Twitter externer Link: 80.000 in Brüssel (mit Foto)
  • Siehe die ins Deutsche übersetzten Presseschauen der beglischen Presse externer Link – v.a. von Montag und Dienstag – des deutschsprachigen Dienstes des Belgischen Rundfunk- und Fernsehens (BRF) – allerdings tendenziell aus der Arbeitgebersicht
  • Schluss mit Kumpanei. Belgien: Landesweite Streiks und Demonstrationen für mehr Geld und besseres Lohngesetz. Sozialistische Gewerkschaft FGTB betont Kampfeswillen
    „Nationaler Aktionstag in Belgien. Mehrere zehntausend Werktätige demonstrierten am Montag in Brüssel für mehr Kaufkraft und ein besseres Lohngesetz. Die drei großen Gewerkschaften ABVV (sozialistisch), ACLVB (liberal) und ACV (christlich) hatten zu dem Protest aufgerufen. Gleichzeitig ließen zahlreiche Branchen die Arbeit ruhen. Vom Flughafen in Brüssel startete kein Flieger, weil das Bodenpersonal streikte. 30.000 Passagiere waren betroffen. Auch der ÖPNV war stark eingeschränkt…“ Artikel von Gerrit Hoekman in der jungen Welt vom 21.06.2022 externer Link
  • Die Botschaft ist klar: Lohnstopp-Gesetz von 1996 muss so schnell wie möglich überarbeitet werden
    Mehr als 80 000 Menschen demonstrierten heute auf den Straßen von Brüssel. Sie kamen aus allen Teilen des Landes und aus allen Sektoren. Noch viel mehr streikten in der Stahl- und Chemieindustrie, in Häfen und Flughäfen, in der Reinigungsbranche, im Baugewerbe, in der Metallindustrie, im Pflegebereich usw. Sie alle verkündeten in allen Landessprachen des Landes eine klare Botschaft: Das Lohnstopp-Gesetz, das Gesetz von 1996, muss dringend überarbeitet werden…“ vom Gewerkschaftsforum Hannover angefertigte Übersetzung der Stellungnahme des Vorsitzenden der marxistischen Partei der Arbeit (PTB/PVDA) Raoul Hedebouw zum Thema Lohnstopp / Inflationsbekämpfung.

    • Anmerkung des Gewerkschaftsforum Hannover: „Die PTB ist alles andere als eine Splittergruppe. Bei den letzten Parlamentswahlen 2019 erhielt sie 8,6% der Stimmen (ein Plus von 4,9% im Vergleich zu 2014) und in der belgischen Politik ist sie die einzige ernsthaft linke Kraft, die die kampfbereiten Gewerkschaften nach Kräften unterstützt.“

Siehe zuletzt: Generalstreik am 31. Mai 2022 im öffentlichen Dienst Belgiens für mehr Kaufkraft und Respekt soll nur der Auftakt sein

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=201977
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