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Gegen Zwangsarbeit und miese Löhne: Protest von Wander-Fischer:innen vor dem irischen Parlament für Überprüfung von Arbeitsrichtlinien für atypische Beschäftigung

Dossier

Wander-Fischer:innen protestieren vor dem irischen Parlament für ArbeitsrechteDie Arbeit in der Hochseefischerei wird seit Jahren zu einem großen Teil durch Wanderarbeiter:innen aus dem globalen Süden bewerkstelligt, die zunehmender Ausbeutung durch Schichten von bis zu 20 Stunden/7 Tage die Woche ausgesetzt sind. Die ITF wollte im Irischen Parlament einen ersten EU-weiten Durchbruch für die Überarbeitung der atypischen Verhältnisse erzielen. doch die Regierung bremste. Mittlerweile waren die Gewerkschaftskampagne und die Kolleg:innen jedoch erfolgreich: Ein weniger restriktives Visum für migrantische Fischer:innen, die momentan oft an ein Schiff gekettet sind und bei Kündigung direkt abgeschoben werden, konnte durchgesetzt werden. Außerdem sind Fischunternehmen nun gezwungen, den Fischer:innen die gleichen Löhne zu zahlen, die auf EU-Ebene und nicht im Herkunftsland (Ghana, Ägypten etc.) gelten. Diese Regelung gilt ab dem 1. Januar 2023. Wir berichten über weitere Entwicklungen:

  • Irland: Wanderfischer erkämpft 12.500 € wegen Nichtzahlung des Mindestlohns und weiteren Rechtsverletzungen, Verstöße gegen Arbeitszeit unberücksichtigt New
    • 17 Stunden Arbeit pro Tag, kein Mindestlohn, zu wenig Urlaubstage
      „Ein Fischerei-Betreiber wurde dazu verurteilt, einem Fischer über 11.500 Euro zu zahlen, weil er ihm nicht den Mindestlohn gezahlt hat – eine Voraussetzung für die Arbeitserlaubnis, unter die er fiel. Die Workplace Relations Commission (Arbeitsbeziehungskommission) erließ die Anordnung gegen die in Co Wexford ansässige R&E Fish Ltd. aufgrund einer Beschwerde von Elamir Elamdkhoum wegen eines Verstoßes gegen den National Minimum Wage Act 2000 und weiterer kleinerer Beträge für Verstöße gegen Arbeitsrechte. Herrn Elamdkhoum wurde eine weitere Woche Lohn zugesprochen, weil der Arbeitgeber es versäumt hatte, eine schriftliche Erklärung über die Arbeitsbedingungen abzugeben, was einen Verstoß gegen das Gesetz über die Arbeitsbedingungen (Information) darstellt. Michael O’Brien von der Internationalen Transportarbeiter-Föderation erklärte dem Arbeitsgericht, dass die Regelung des Justizministeriums über atypische Arbeitsverhältnisse für Fischer vorschreibt, dass seinem Mandanten der Mindestlohn für 39 Stunden pro Woche gezahlt werden muss, auch wenn das Schiff seines Arbeitgebers festgefahren ist. „Er musste für jede geleistete Stunde zu einem Stundensatz bezahlt werden, der nicht unter dem nationalen Mindeststundenlohn lag“, so O’Brien. Der Gewerkschaftsvertreter fügte hinzu, dass nicht mehr als 54,13 € pro Woche für Unterkunft und Verpflegung abgezogen werden durften. Herr Elamdkhoum sagte aus, dass er im Dezember 2019 auf einem 24-Fuß-Garnelenboot von R&E Fish zu arbeiten begann und im Oktober 2020 in das atypische Arbeitsprogramm aufgenommen wurde. Er beschrieb, dass er 17-Stunden-Tage auf den Fischgründen des Schiffes verbrachte, während die Besatzung drei oder vier Mal am Tag das Netz auswarf – „manchmal auch mehr“ – und darüber hinaus Aufgaben wie Kochen, Reinigen von Fisch, Sortieren von Garnelen und Ausbessern von Netzen sowie einige Wartungsarbeiten übernahm. Herr Elamdkhoum fügte hinzu, dass er nicht, wie in der Rechtsverordnung für die atypische Arbeitserlaubnis vorgeschrieben, ein Formular zum Unterschreiben erhielt, sondern stattdessen zu Beginn jeder Fangreise einen Brief unterschrieb. Der Beschwerdeführer gab außerdem an, dass ein vom Beschwerdegegner in seinem Namen ausgestellter Arbeitsvertrag von jemand anderem als ihm selbst unterschrieben worden sei – und dass er sich zum Zeitpunkt der Unterzeichnung auf einer anderen Angeltour im Ausland befand. Er sagte, dass er am 31. Januar 2021 nicht zur Arbeit erschien, aber am nächsten Tag zur Verfügung stand – als ihm gesagt wurde, dass das Boot „zusätzliche Besatzung“ für eine Fahrt habe und er „diese aussetzen“ müsse. Daraufhin verlangte er von seinem Arbeitgeber eine Erklärung über seine Arbeitszeiten, aber er erhielt keine. Eine Direktorin von R&E Fish, die in einer heute Morgen veröffentlichten Entscheidung nicht genannt wurde, sagte, dass das Schiff, auf dem Herr Elamdkhoum arbeitete, normalerweise nur drei Netzeinschläge pro Tag macht, wenn es bei einem der ersten beiden „ein Problem“ gibt. Sie sagte, dass es „nicht möglich“ sei, dass der Beschwerdeführer die von ihm angegebenen Arbeitsstunden geleistet habe und dass es „physisch unmöglich“ sei, dass das Schiff seine Netze mehr als viermal an einem Tag einhole. „Keiner der übrigen Besatzungsmitglieder hat die Stunden gearbeitet, die der Beschwerdeführer geleistet hat, und daher ergibt es keinen Sinn, dass er diese Stunden arbeiten musste“, fügte der Zeuge hinzu. Der Anwalt des Unternehmens, Ruairí Ó Catháin von der Seerechtskanzlei Conways Solicitors, erklärte Herrn Elamdkhoum im Kreuzverhör, dass er „die Anzahl der Netzschläge pro Reise zu hoch angesetzt“ habe, da das Schiff nicht die Kapazität für all diese Fänge habe. Der Beschwerdeführer entgegnete, dass ein Schleppnetz zwischen 30 kg und 600 kg Fang mit sich bringt – und sagte, dass das Schiff einmal „mit zusätzlichem Fisch an Bord“ erwischt worden sei. (…) Herr Stokes fügte hinzu, dass der Beschwerdeführer drei Tage zu wenig Urlaub erhalten hatte, und ordnete an, dass er wegen eines Verstoßes gegen das Arbeitszeitgesetz einen Ausgleich in Höhe von fünf Tagen Mindestlohn, also 408 €, erhält…“ Meldung der RTÉ News vom 4. Juli 2023 externer Link („Migrant fisherman wins €12,500 over non-payment of minimum wage and rights breaches”)
    • „Eine weitere WRC_ie [Workplace Relation Commission – Arbeitsplatzkommission Ireland]  Entscheidung zugunsten eines Migranten*innen-Fischers. Das Urteil hätte höher ausfallen können, wenn DeptEnterprise [Department of Enterprise, Trade and Employment – Anstalt für Handel und Arbeit] das Versäumnis, dem WRC die Zuständigkeit für Verstöße gegen die Arbeitszeitregelungen für Fischer zu übertragen…“ Tweet von Michael O’Brien vom 4. Juli 2023 externer Link (engl.)
  • Durchbruch! Migrantische Fischer:innen von Schiffsfessel befreit: Anheuern ab 1. Januar 2023 nun nur noch über offenes Arbeitsvisum inklusive EU-Lohn
    • „Am 22. November 2022 teilte die Einwanderungsbehörde allen Beteiligten mit (Schließung des Atypical Scheme (AWS) für Nicht-EWR-Besatzungen in der irischen Fischereiflotte), dass das Atypical Working Scheme (AWS) für Nicht-EWR-Besatzungen in der irischen Fischereiflotte am 31. Dezember 2022 für neue Anträge geschlossen wird. Die Einwanderungsbehörde kann bestätigen, dass dieses AWS-Programm nun geschlossen ist, nachdem man sich darauf geeinigt hat, die Zuständigkeit für Arbeitsgenehmigungen in diesem Sektor auf das Beschäftigungserlaubnissystem zu übertragen, bis der Sektor dem Minister für Unternehmen, Handel und Beschäftigung einen umfassenden Business Case vorlegt, um seine Aufnahme zu unterstützen…“ Stellungnahme der Irischen Einwanderungsbehörde vom 3. Januar 2023 externer Link („Sea fishers Atypical Working Scheme Update“)
    • ITF begrüßt Befreiung der Migranten:innen von restriktiven Visabestimmungen durch das Justizministerium
      „Die gestrige dramatische Ankündigung des Justizministeriums, dass alle Migrant:innen aus Nicht-EWR-Staaten, die unter das abgeschaffte Atypical Work Permit Scheme fallen, ein Stamp 4-Visum (oder eine Einwanderungserlaubnis) erhalten haben, das ihnen vollen Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht, wurde von der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF) begeistert begrüßt. „Seit 2016 waren alle Migrant:innen, die in Irland in das Atypical Work Permit Scheme aufgenommen wurden, für immer an ihren Arbeitgeber gebunden und hatten keinen Zugang zu einem Stamp 4-Visum“, sagte Michael O’Brien, Leiter der Fischereikampagne der ITF in Irland. In den letzten 18 Monaten hat die ITF eine Kampagne geführt, um diesen diskriminierenden Zustand zu beenden, der die zügellose Ausbeutung in der Branche erleichterte, und der heutige Tag ist ein Sieg für alle Migrant:innen, die in Irland arbeiten. Die von der ITF in Auftrag gegebene Studie der Rechtsfakultät der Universität Maynooth über die Erfahrungen von Arbeitsenden aus Nicht-EWR-Staaten in der irischen Fischereiindustrie hat laut O’Brien maßgeblich dazu beigetragen, eine Überprüfung der Regelung anzustoßen. Die ITF forderte daraufhin im Rahmen der Überprüfung unter anderem die Abschaffung des Atypical Work Permit Scheme, einschließlich eines Weges für Stamp 4-Visa für alle Fischer:innen. „Die im Oktober letzten Jahres veröffentlichte Überprüfung hatte ein übermäßig langwieriges zweijähriges Verfahren empfohlen, mit dem diejenigen Fischer, die derzeit im Atypical Scheme registriert sind, erfolgreich ein Visum Stamp 4 beantragen können“, sagte O’Brien. „Dies wurde nun durch die gestrige Ankündigung ersetzt, nach der die Fischer in den kommenden Tagen und Wochen sofort Termine mit dem National Immigration Bureau der Garda vereinbaren können, um ihre neuen Stamp 4-Visa zu erhalten. Migrant:innen, die weiterhin in der Fischerei arbeiten wollen, haben nun ein unanfechtbares Recht darauf, den gleichen Betrag wie ihre europäischen Besatzungsmitglieder zu verdienen, und zwar auf der Grundlage des Anteils am Fang, womit das System der effektiven Lohnapartheid, das unter dem alten Atypical Scheme herrschte, abgeschafft wird. Diese Ankündigung hat jedoch keine direkte Auswirkung auf derzeitige und ehemalige Fischer ohne Papiere. Obwohl das Justizministerium vor kurzem einer Reihe von Fischern ohne Papiere aufgrund individueller Anträge ihrer Anwälte Visa mit dem Stempel 4 erteilt hat, hofft die ITF, dass alle Anträge in den kommenden Wochen und Monaten zu ähnlichen Ergebnissen und der Erteilung von Visa mit dem Stempel 4 führen werden. Es bleibt noch viel zu tun, um die Bedingungen für Migrant:innen in der irischen Flotte zu verbessern, aber die gestrige Ankündigung ist ein bedeutender Schritt nach vorn und bedeutet die sofortige Befreiung von über 300 Fischer:innen aus dem ausbeuterischen Atypical Work Permit Scheme.“ Pressemitteilung der ITF vom 3. Januar 2023 externer Link („ITF welcomes liberation of migrant fishers from restrictive visa conditions by Department of Justice“)
    • Die neue Regelung erlaubt Migrant:innen Zugang zum gesamten irischen Arbeitsmarkt
      „1/ Das ist eine gute Nachricht für Hunderte von Migrant:innen, die unter das inzwischen abgeschaffte Atypical Work Permit Scheme fielen. Sie alle erhalten den Visastempel 4, der ihnen vollen Zugang zum Arbeitsmarkt verschafft und sie nicht mehr an einen einzigen Arbeitgeber bindet. 2/ Nun muss noch der Status derjenigen geklärt werden, die aufgrund von Verletzungen usw. aus dem Programm herausgefallen sind und derzeit keine Papiere besitzen. Bei einigen wurde ihr Status erst kürzlich stückweise reguliert. Wir brauchen eine branchenweite Lösung @ITFglobalunion“ Thread von Michael O’Brian vom 3. Januar 2023 externer Link (engl.)
  • Fischer, der 427 Stunden in einem Monat gearbeitet hat, gewinnt Klage für Nachzahlung, allerdings nicht für entfallene Ruhezeiten
    „Die Workplace Relations Commission (Kommission für Arbeitsbeziehungen) hat anerkannt, dass ein Fischereimigrant im Jahr 2020 innerhalb eines Monats 427 Stunden gearbeitet hat, und hat ihm Urlaubsgeld zugesprochen. Der Mann erzählte dem Gericht, dass er auf den Trawlern Verlaine und Ocean Harvester II regelmäßig 18 bis 20 Stunden pro Tag auf See arbeitete und jeweils etwa sechs Tage auf Fangexpeditionen verbrachte, als er zwischen 2018 und 2020 bei dem Betreiber OF Fishing Ltd. beschäftigt war. Die Anordnung zur Zahlung von 350 Euro Jahresurlaubsgeld für die Arbeit im Juli 2020 erfolgte zusätzlich zu einer Entschädigung von 6.476 Euro wegen ungerechtfertigter Entlassung durch das Unternehmen in einer heute Morgen vom Gericht veröffentlichten Entscheidung. Das WRC erklärte jedoch, es könne nicht über weitere Vorwürfe wegen überlanger Arbeitszeiten und nicht gewährter Ruhepausen, die gegen die europäische Richtlinie über die Arbeitszeit auf See verstoßen, oder über eine Forderung von 37.000 Euro für angebliche Lohnnachzahlungen entscheiden, da es nicht zuständig sei. Das Gericht gab der Klage von Habbib Kannas gegen OF Fishing Ltd. nach dem Unfair Dismissals Act 1977 statt und stellte einen Verstoß des Unternehmens gegen den Organisation of Working Time Act 1997 in Bezug auf die Urlaubsvergütung für Juli 2020 fest. Der Beschwerdeführer in diesem Fall, Habbib Kannas (41), ein ägyptischer Staatsangehöriger und Vater von zwei Kindern, begann 2017 bei OF Fishing Ltd. als Fischer ohne Papiere zu arbeiten und erhielt einen Teil des Gewinns aus jeder Fahrt, wie dem WRC mitgeteilt wurde. Sein Gewerkschaftsvertreter Michael O’Brien von der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF) erklärte, dass er nach der Einführung des Programms für atypische Arbeitserlaubnisse für Arbeitsende aus Nicht-EWR-Staaten im Jahr 2018 ein Angestellter des Unternehmens wurde, der die Anforderungen des Programms erfüllt. (…) In seiner direkten Aussage beschrieb Herr Kannas einen angeblichen Streit mit einem Skipper auf See, bevor er entlassen wurde. „Ich wollte mich reinigen, indem ich auf die Toilette ging, bevor ich meine Gebete verrichtete, und er hat mich daran gehindert… Ich arbeite 18 Stunden am Stück – er will die sechs Stunden auch noch nehmen. Ich war nur fünf Minuten zu spät und er will nicht, dass ich meine Gebete verrichte“, sagte er. „Seitdem hat er mich anders behandelt, und zwar richtig schlecht“, fügte er hinzu…“ Meldung von RTE News vom 15. Dezember 2022 externer Link („Fisherman who worked 427 hours in a month wins action“)
  • Unterbezahlt und überarbeitet: Die schwerwiegenden Anschuldigungen von Migrant:innen vor der Workplace Relations Commission In Irland
    Tausende von nicht gezahlten Löhnen, Arbeitstage von bis zu 20 Stunden und die Fälschung von vorgeschriebenen Beschäftigungsnachweisen sind einige der schwerwiegenden Vorwürfe, die Migrant:innen gegenüber dem WRC über die irische Fischereiindustrie erhoben haben. Und das, obwohl das Atypical Working Scheme 2016 als Reaktion auf Berichte über Ausbeutung im Fischereisektor eingeführt wurde. Ihr Ziel war es, die Arbeitsrechte von Arbeitenden aus dem nicht-europäischen Wirtschaftsraum zu schaffen und zu schützen. Die Regelung gilt für bestimmte Fischereiboote mit einer Länge von mehr als 15 Metern – derzeit etwas mehr als 170 Schiffe oder 9 % der irischen Fischereiflotte. Seit der Einführung der Regelung geht aus den Entscheidungen der Workplace Relations Commission (WRC) hervor, dass die Rechte der Migranten:innen von den Schiffseignern wiederholt verletzt wurden. Unsere Analyse der WRC-Fälle, die von Migrant:innen gegen Schiffseigner in den letzten Jahren angestrengt wurden, ergab, dass die Fischer:innen mit einer Reihe von körperlichen Arbeiten beschäftigt waren. Zu dieser körperlichen Arbeit gehörten die Reparatur von Booten, das Auswerfen, Leeren und Einholen von Netzen, das Säubern von Fisch und der Wachdienst.  Diese Arbeiten wiederholten sich den ganzen Tag über, bis zu 20 Stunden lang, mit wenig Zeit für Pausen oder angemessene Erholung.
    Überschreitung von 72 Stunden pro Woche
    Lange Arbeitstage sind eine häufige Beschwerde in WRC-Fällen. In einer Entscheidung vom November 2021 schrieb der WRC-Beauftragte Eugene Hanly, dass der Vertreter:innen eines Fischtrawlereigentümers angab, „dass sie keine Aufzeichnungen über die Arbeitsstunden geführt haben“. Der Fischer behauptete, dass er im Durchschnitt 17 Stunden pro Tag auf See und 8 Stunden pro Tag an Land arbeitete. Der WRC-Beauftragte stellte fest, dass er „mehr als 72 Stunden pro Woche“ arbeitete und erhielt daraufhin eine Entschädigung von über 15.000 €. Hanly wies auch darauf hin, dass die Branche „sehr schwierigen Wetterbedingungen ausgesetzt ist und die Sicherheit der Fischer von größter Bedeutung ist. Ich halte es für unverzichtbar, dass die Fischer:innen vor übermäßigen Arbeitszeiten geschützt werden, die sie zu Fehlern bei ihrer Arbeit verleiten könnten, was sich negativ auf ihre Sicherheit und die ihrer Kolleg:innen auswirken könnte.“ (…)
    Unterzahlungen können sich summieren und Verstöße können zu hohen Geldstrafen führen.
    In einem aktuellen WRC-Fall gegen Richard Brannigan haben drei Fischer – Khaled Elagamy, Mohamed Shokr Ghonim und Salem Elfeky – behauptet, dass sie zusammen etwa 140.000 € schuldig sind. Eine erste Anhörung in diesem Fall fand im Juni statt, wurde aber vertagt. Auf Antrag des Vertreters der Fischer:innen – Michael O’Brien von der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF) – stimmte der Schöffe einer Vertagung zu. Der Grund dafür war, dass sich Elagamy in Ägypten aufhielt, weil sein Kleinkind „schwer krank“ war, und dass er drei Arbeitstage vor der Anhörung um Zeit für die Prüfung von Dokumenten gebeten hatte. Bei der anschließenden Anhörung im September, über die die Irish Times berichtete, behaupteten die Fischer, bis zu 17 Stunden am Tag gearbeitet zu haben und Tausende von unbezahlten Löhnen zu erhalten. Brannigan, der Eigentümer des Trawlers Nausicaa in Skerries, bestreitet jegliche Verstöße gegen das Arbeitsrecht und behauptet, dass alle drei Männer ordnungsgemäß bezahlt wurden. Einer der Fischer, Elagamy, behauptete außerdem, sein Arbeitgeber habe ihn aufgefordert, einen leeren Stundenzettel zu unterschreiben. Ein Anwalt von Brannigan erklärte, dass der leere Stundenzettel darauf hinwies, dass in dem fraglichen Zeitraum nicht gefischt wurde. Die Anhörung des Falles wurde auf Antrag von O’Brien noch einmal vertagt, damit Brannigans Anwalt die Stundenzettel vorlegen kann, die seiner Seite bei der Anhörung nicht vorlagen. Bisher wurde noch kein Termin für die weitere Verhandlung dieses Falles festgelegt.
    Ungerechtfertigte Entlassung
    Wenn ein/e Arbeitnehmer/in sich gegen seinen/ihren Arbeitgeber ausspricht, läuft er/sie Gefahr, seinen/ihren Job zu verlieren, was sich in manchen Fällen auf seinen/ihren Visastatus auswirken kann. In einem Fall aus dem Jahr 2017 behauptete ein Nicht-EWR-Fischer, er habe drei Fahrten mit seinem Arbeitgeber unternommen, sei aber nur für zwei bezahlt worden. Obwohl das Fischereiunternehmen behauptete, der Fischer sei ein „Anteilsfischer“ – das sind in der Regel selbstständige Arbeitende, die einen Prozentsatz des Fangs erhalten -, konnte es laut der Entscheidung des Richters keine Beweise vorlegen, die dies bestätigen. Als er sich bei seinem Arbeitgeber über einen Verdienstausfall von 3.461 € beschwerte, wurde ihm mitgeteilt, dass sein Arbeitsverhältnis gekündigt wurde und er für die dritte Fangreise kein Geld mehr bekommen würde. Das Fischereiunternehmen erklärte, dass er nicht, wie behauptet, „ungerechtfertigt entlassen wurde“ und bestritt, dass „er nicht zur Arbeit erschienen ist“. Der WRC kam zu dem Schluss, dass „der Arbeitnehmer entweder entlassen wurde, weil er die ihm zustehenden Zahlungen in Frage gestellt hatte, oder weil er nicht zur Arbeit erschienen war“, was er nicht getan hatte, da er die Zahlung für die dritte Reise nicht erhalten hatte. Das WRC sprach ihm eine Entschädigung in Höhe von 2.000 € wegen ungerechtfertigter Entlassung zu. In einem neueren Fall von ungerechtfertigter Entlassung gegen Rockabill Seafood Limited behauptete Lisa Kelly, dass der Eigentümer, Bill (William) Price, ihr gedroht hatte, ihr zu kündigen, nachdem sie entdeckt hatte, dass sich ein undokumentierter Arbeiter aus Ägypten auf dem Schiff befand. Dies war eines von mehreren Malen, in denen sie behauptete, er habe ihr mit der Kündigung gedroht. Als Antwort auf diese Behauptung betonte Price, dass er mit den Booten nichts zu tun hatte, sich aber an ein Gespräch mit Kelly über einen Ägypter erinnerte, der auf den Booten arbeitete. Neben anderen Behauptungen gab Kelly an, dass Price ihr nicht mitgeteilt habe, dass sie das Firmenkonto von Enterprise Fishing Ltd. übernehmen sollte, sondern dass er sie angeschrien und vor den anderen Mitarbeitern eingeschüchtert habe…“ Artikel von Louise Lawless und Maria Delaney/ Hands on Deck vom 4. Dezember 2022 externer Link („Underpaid and overworked: The serious allegations by migrant fishers to the WRC“)
  • Protest der Wander-Fischer:innen vor dem Irischen Parlament
    „Frustrierte Wander-Fischer:innen und Gewerkschaftsvertretungen versammelten sich heute vor dem Dáil, um gegen die Verzögerung bei der versprochenen Überprüfung der Regelung für atypische Arbeitsverhältnisse für Nicht-EWR [Europäischer Wirtschaftsraum] -Fischer:innen zu protestieren. Die Regelung macht Wanderarbeiter:innen anfällig für Missbrauch durch Arbeitgeber und muss dringend reformiert werden, sagte der Leiter der Fischereikampagne der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF) für Irland, Michael O’Brien. Einige Wander-Fischer:innen sind so besorgt über ihre Lage, dass sie trotz der Tatsache, dass einige von ihnen jetzt ohne Papiere sind und Angst vor Abschiebung haben, trotzdem zum Dáil gekommen sind, um zu protestieren…“ Artikel von Liz Dunphy 18. Mai in Irish Examiner externer Link („Vulnerable migrant fishers protest at Dáil over delayed review”).
  • Hohe Anzahl von Verletzungen und Unfällen in der irischen Hochseefischerei durch Überausbeutung
    • Der ITF-Beauftragte für Hochseefischerei Michael O.Brien schrieb am 11. März 2022 auf Twitter externer Link (engl.): Heute hielt die ITF eine Pressekonferenz ab, in der es um die hohe Häufigkeit von Verletzungen und Unfällen ging, die nichteuropäische Fischer:innen auf irischen Schiffen im Zusammenhang mit einer Kultur übermäßiger Arbeitszeiten und Müdigkeit erleiden. Die Ersetzung der atypischen Regelung, die derzeit geprüft wird, mit einem Programm wie dem Critical Skills Permit Scheme, das den Fischer:innen nicht ausschließlich und auf unbestimmte Zeit an den Schiffseigner bindet, kann ihm die Macht geben, a) sich dagegen zu wehren, dass er gezwungen wird, illegal lange Stunden zu arbeiten, b) zu gehen und ggf. für einen anderen Arbeitgeber zu arbeiten & c) es kann ihnen die Zeit geben, sich von Verletzungen zu erholen, ohne ihren Visumsstatus zu verlieren.“
    • Die ITF berichtete am 11. März 2022 in einer Pressemitteilung externer Link (engl.): „… Wir haben immer wieder von Fischer:innen mit und ohne Papiere gehört, dass sie 15 bis 20 Stunden am Stück arbeiten, manchmal auch mehr. Das kann tagelang so weitergehen. Das Dossier, das wir zusammengestellt haben, enthält eine Auswahl der Verletzungen, die in diesem Sektor nur allzu häufig vorkommen. Es handelt sich um Verletzungen, die oft durch die Abnutzung aufgrund überlanger Arbeitszeiten entstehen, insbesondere chronische Rückenprobleme. Und dann sind da noch die schweren Verletzungen, die wir bei Unfällen an Bord dokumentiert haben – am häufigsten an den Händen und Fingern, bei denen Müdigkeit eine Rolle spielen kann.“ (…) Neben Michael O’Brien sprach auch Rhea Bohan, Anwältin bei Cathal N Young, O’Reilly and Company. Bohan vertritt 15 Wander-fischer:innen (mit und ohne Papiere) bei Anträgen auf ‚Änderung des Visastatus‘, die beim Justizministerium eingereicht wurden. Bohan sagte, dass Verletzungen dazu führen können, dass Wander-fischer:innen undokumentiert werden und gegen das Gesetz verstoßen: ‚Ein gemeinsames Merkmal der Fälle von Fischern ohne Papiere, die ich vertrete, ist, dass entweder die kumulative Wirkung der unmenschlichen Arbeitszeiten, die sie geleistet haben, oder ein Unfall, der zu einer Verletzung führte, sie an einen Punkt brachte, an dem sie entweder nicht mehr in der Fischerei arbeiten konnten oder eine angemessene Erholungszeit benötigten, die die Schiffseigner nicht bereit waren zu gewähren. Dies führte zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dazu, dass der Fischer seine Papiere verlor wurde und nach seiner Genesung die Arbeit auf anderen Schiffen auf dieser undokumentierten Basis wieder aufnahm. Eine Genehmigungsregelung, die den Rechtsstatus des Fischers nicht vollständig von einem fortlaufenden, exklusiven Arbeitsverhältnis abhängig macht, würde den Arbeitnehmer:innen das Recht einräumen, sich von Verletzungen zu erholen und an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren oder schließlich in anderen Sektoren Arbeit zu suchen, wenn die Arbeit in der Fischerei einfach zu körperlich anstrengend oder gefährlich wird. Die Regierung hat mit der gegenwärtigen Überprüfung des Atypical Scheme die Möglichkeit, nicht nur das Los der derzeitigen und zukünftigen dokumentierten Fischer:innen in diesem Sektor zu verbessern. Ich stimme dem Argument der ITF zu, dass die Überprüfung auch eine Gelegenheit ist, sich mit dem Erbe von Hunderten von Fischer:innen ohne Papiere und ehemaligen Fischer:innen zu befassen, die jetzt in Irland leben und von denen viele überhaupt erst durch eine Verletzung am Arbeitsplatz in ihre derzeitige Einwanderungssituation geraten sind. Sie verdienen einen Weg, um ihren Status zu legalisieren und Irland ihr Zuhause nennen zu können.“
  • Siehe auch #GiveFishersABreak

Siehe im LabourNet Germany auch: Artensterben, Ausbeutung und Zwangsarbeit: Industriefischerei zerstört Umwelt und das Leben von Fischer:innen

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=200945
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