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Offener Brief gegen Teilnahme von Modi an den 6. Deutsch-Indischen Regierungskonsulationen am 2. Mai 2022 in Berlin

Delhi brennt im Februar 2020 und der Brandstifter ist auch auf dem FotoAnlässlich der 6. Deutsch-Indischen Regierungskonsulationen in Berlin haben Organisationen von in Deutschland lebenden indischen Staatsbüger:innen einen offenen Brief an die deutsche Regierung und weitere Bundestags- und Europaabgeordnete geschrieben, um auf die dramatische Menschenrechtssituation und die Repression und Gewalt gegen Muslim_innen in Indien aufmerksam zu machen. Sie protestieren insbesondere gegen die Teilnahme des indischen Premierministers Narendra Modi an den Verhandlungen. Der Offener Brief vom 28.4.22 von India Justice Project, Berlin for India, India Solidarity Germany und International Council of Indian Muslims ist nachzulesen auf der Seite der Stiftung Asienhaus externer Link und hier sowie die Pressestatements von Bundeskanzler Scholz und Premierminister Modi:

  • Speak Up!: Offener Brief anlässlich des Besuchs von Indiens Premiermininster Modi
    Indien erlebt derzeit einen beispiellosen autoritären Rechtsruck in Gesellschaft und Politik unter der Herrschaft der Hindu-nationalistischen „Indischen Volkspartei“ (Bharatiya Janata Party/BJP) von Premierminister Narendra Modi. Es ist nicht das erste Mal, dass die von der Verfassung geschützten Rechte der Inder*innen von der indischen Regierung systematisch untergraben werden. Die aktuelle Situation ist jedoch besonders dringlich und erfordert umgehend die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft.
    Seit Narendra Modi 2014 an die Macht kam, haben Mitglieder und Anhänger*innen der BJP – einschließlich derer, die direkt mit Minister*innen in BJP-Regierungen in indischen Bundesstaaten in Verbindung stehen – gewaltsame Angriffe verübt, die das Leben und die Lebensgrundlagen von Minderheiten und marginalisierten Gemeinschaften bedrohen. Die indische Regierung hat Gesetze/Bestimmungen geändert, aufgehoben und/oder eingeführt, die den am stärksten benachteiligten Gemeinschaften, Muslim*innen, Christ*innen, Sikhs, Bäuerinnen und Bauern, Arbeiter*innen, Dalits, Adivasi (indigene Gemeinschaften) oder Kaschmiris ihre Rechte nehmen. Täter*innen, die gewalttätige Hassverbrechen begehen, genießen staatlichen und gerichtlichen Schutz vor jeglicher Form der Strafverfolgung.
    Diese Regierung hat extreme Polizeigewalt und andere gewaltsame Methoden eingesetzt, um legitimen und friedlichen Demonstrant*innen Schaden zuzufügen, wie in Kaschmir, in der Bewegung gegen die diskriminierenden CAA (Citizenship Amendment Act) und NRC (National Register of Citizens) – Staatsangehörigkeitsgesetze von 2019/2020 und bei den Protesten der Bäuerinnen und Bauern (um nur einige Beispiele zu nennen). Die Regierung hindert Menschenrechtsverteidiger*innen und Journalist*innen daran, ins Ausland zu reisen oder mit der internationalen Gemeinschaft zu sprechen. Sie nutzt äußerst repressive „Anti-Terror“-Gesetze, um Menschenrechtsverteidiger*innen, Akademiker*innen, Anwält*innen, Journalist*innen, Umweltschützer*innen, Dichter*innen, Student*innen und sogar Comedians noch bevor Prozesseröffnung auf unbestimmte Zeit zu inhaftieren. Deshalb möchten wir betonen, wie dringend die internationale Gemeinschaft gebraucht wird, um zu beobachten, zuzuhören und zu handeln.
    Am 12. Januar 2022 warnte der Vorsitzende und Gründer von „Genocide Watch“, Gregory Stanton, vor dem US-Kongress, dass es deutliche Anzeichen für einen Völkermord an den Muslim*innen in Indien gebe (Stanton, Gregory. 2022. “Early Signs of ‘Genocide’ in India: What Gregory Stanton Told the US Congress and Why.”National Herald, 23.01.2022.). Er führte dabei aus, dass ein Völkermord nicht unbedingt mit der Massenvernichtung der Juden vergleichbar sein müsse; vielmehr werde er die Form von Mob-Gewalt annehmen und langsam in das Bewusstsein der Mehrheit einsickern. Daher möchten wir Sie mit diesem Schreiben insbesondere auf die zunehmende Verfolgung der kulturellen und religiösen Identität der Muslim*innen in Indien in den letzten sieben Jahren aufmerksam machen, insbesondere auch aufgrund der Befürchtung eines drohenden Völkermords.
    Gesetze wie das Verbot Kühe zu schlachten und das Anti-Konversionsgesetz verletzen das Recht der muslimischen (und christlichen) Gemeinschaften, zu essen was sie möchten und die Religion ihrer Wahl zu praktizieren. Unprovozierte Angriffe auf Muslim*innen durch hinduistische Mobs sind in Indien zur Routine geworden – Lynchmorde an muslimischen Männern durch „Kuhschutzgruppen“(‚Cow Protection‘ Groups), immer wiederkehrende Angriffe auf Moscheen und Kirchen, Hindernisse beim Beten sind im heutigen Indien an der Tagesordnung.
    Religionsübergreifende Ehen zwischen selbstbestimmten Erwachsenen werden von hinduistischen Rassist*innen ins Visier genommen, weil sie glauben, dass muslimische Männer hinduistische Frauen zur Konversion „verführen“ wollen. Zwei Bundesstaaten haben Gesetze gegen den „Love jihad“ erlassen, die interreligiöse Ehen zwischen muslimischen Männern und hinduistischen Frauen unter Strafe stellen.
    Mindestens ein Bundesstaat in Indien hat damit begonnen, das Recht muslimischer Frauen auf Bildung zu blockieren, indem er plötzlich ein Hijab-Verbot in Bildungseinrichtungen verhängt hat…“ Offener Brief | Berlin, 28. April 2022
  • deutsch-indische Regierungskonsultationen in Berlin: „Indien ist ein zentraler Partner für Deutschland“
    Bundeskanzler Scholz hat den indischen Premierminister Modi in Berlin zu den sechsten deutsch-indischen Regierungskonsultationen getroffen. Deutschland stehe bereit, die enge Zusammenarbeit über globale Fragen fortzusetzen und auszuweiten, betonte der Kanzler. Bundeskanzler Olaf Scholz und der indische Premierminister Narendra Modi haben am Montagnachmittag bei einer gemeinsamen Pressebegegnung eine positive Zwischenbilanz der 6. deutsch-indischen Regierungskonsultationen in Berlin gezogen. Die Konsultationen begannen am Montagmorgen. Sie fanden am Montagabend mit einem vom Bundeskanzler für den indischen Premierminister gegebenen Abendessen ihren Abschluss. Bundeskanzler Scholz und Premierminister Modi unterstrichen ihre Absicht, die enge politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Indien auszubauen und dabei auch andere Länder miteinzubeziehen, insbesondere beim Klimaschutz…“ Pressemitteilung der Bundesregierung vom 2. Mai 2022externer Link und dort u.a. die Gemeinsame Erklärung externer Link zu den sechsten deutsch-indischen Regierungskonsultationen
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=200658
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