22. Ordentlicher DGB-Bundeskongress „Zukunft gestalten wir.“ vom 8. bis 12. Mai 2022 in Berlin

Dossier

22. Ordentlicher DGB-Bundeskongress "Zukunft gestalten wir." vom 8. bis 12. Mai 2022 in BerlinVom 8. bis 12. Mai 2022 findet in Berlin der 22. Ordentliche Bundeskongress des Deutschen Gewerkschaftsbundes statt. 400 Delegierte aus den acht DGB-Mitgliedsgewerkschaften, nationale und internationale Gäste kommen zum 22. Parlament der Arbeit. Dabei geht es um die Frage, wie die demokratische und wirtschaftliche Zukunft des Landes aktiv mitgestaltet werden kann. Die Delegierten werden dazu über etwa 60 Anträge beraten. Siehe u.a. die Anträge externer Link und das Programm externer Link auf der Sonderseite des DGB externer Link und hier dazu zunächst vorab einige Informationen zur Hoffmann-Nachfolge Yasmin Fahimi:

  • Materialen zum 22. DGB-Bundeskongress: Internationales / insbes. Ukraine New
    Vom 8. bis 12. Mai fand in Berlin der 22. Ordentliche Bundeskongress des DGB statt. Angesichts des Kriegs in der Ukraine war dieser eines der nahezu allgegenwärtigen Themen des Kongresses. Aber auch „jenseits“ dieser Thematik enthalten sowohl die Grundsatzrede der neu gewählten Vorsitzenden Yasmin Fahimi als auch eine Reihe von Beschlüssen des Kongresses Aussagen zu internationalen Themen. Die hier vorgelegten Materialien sollen einen ersten Einblick geben. Ich will aber gleich beto-nen, dass sie nicht vollständig sind/sein können. Insofern hoffe ich, dass sie auch dazu anregen, die Materialien des Kongresses umfassender zur Kenntnis zu nehmen. Deshalb sind in dem Abschnitt „Links“ u.a. web-Adressen zu diesen Materialien aufgelistet…“ Aus der Vorbemerkung zu Materialen von Bernhard Pfitzner vom 24.5.22 – wir danken!
  • Voll auf Regierungslinie. Neue DGB-Vorsitzende Fahimi spricht sich auf Bundeskongress für Waffenlieferungen an Ukraine aus
    Eine »kontrollierte Abrüstung weltweit« sei »unverhandelbar«, erklärte Yasmin Fahimi auf dem Bundeskongress des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) am Montag in Berlin. Die gleichentags neugewählte DGB-Vorsitzende und noch SPD-Bundestagsabgeordnete äußerte sich am Ende ihres Grundsatzreferats zum Krieg in der Ukraine – und die Widersprüchlichkeit ihrer Aussagen vermittelte, dass es – jedenfalls beim Thema Waffenlieferungen – (noch) keine einhellige Meinung beim DGB zu geben scheint. Noch nie habe es in der Welt so viele Waffen wie heute gegeben und noch nie sei so viel Geld für Waffen ausgegeben worden, so Fahimi in ihrer Rede. Selbst im Kalten Krieg sei die Zahl nuklearer Raketen geringer gewesen. »Der Krieg in der Ukraine darf uns nicht verführen zu glauben, man könne Frieden mit Waffen schaffen«, erklärte die DGB-Chefin. Statt dessen brauche es »Abkommen zur gegenseitigen Rüstungskontrolle in allen Regionen der Welt« und eine neue »internationale Initiative zur nuklearen Abrüstung«. Außerdem müsse die Friedens- und Entwicklungszusammenarbeit faire, regelbasierte Handelsabkommen einschließen. Für den aktuellen Krieg in der Ukraine scheint das nicht zu gelten: Auf Linie der Positionen, die Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) anschließend vortrug, sagte Fahimi: Wenn wir »ehrlich mit uns selbst sind, dann müssen wir eingestehen, dass diese Zeit neue Antworten braucht«. Zweifelsfrei habe die Ukraine jedes Recht auf Selbstverteidigung. »Für mich ist es deswegen auch richtig, sie mit Waffenlieferungen zu unterstützen.« Die reale Gefahr, dass der Krieg dadurch noch verlängert wird, war kein Thema. Einseitig behandelt wurde auch die Situation von Lohnabhängigen in der Kriegsregion. Fahimi thematisierte die »Verhaftungswelle gegen Gewerkschafter« in Belarus, die sich gegen den Krieg stellten und forderte nicht nur für Russlands Präsident Wladimir Putin, sondern auch für den belarussischen Staatschef Alexander Lukaschenko ein Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof. Ausgespart wurde, dass sich der ukrainische Staat unter den Bedingungen des Kriegsrechts bislang gewahrter Arbeitsrechte entledigt und die Rechte von Gewerkschaften drastisch einschränkt hat...“ Artikel von Susanne Knütter in der jungen Welt vom 10.05.2022 externer Link
  • Der DGB wird diverser. Yasmin Fahimi mit 93,2 Prozent zur neuen Vorsitzenden gewählt
    Eigent­lich war es nur noch eine Form­sa­che. Denn eine*n Gegenkandidat*in hat­te Yas­min Fahi­mi nicht. Des­we­gen war es umso wich­ti­ger, dass sie mit einem mög­lichst guten Ergeb­nis gewählt wur­de. Das bekam die 54-Jäh­ri­ge am Mon­tag auf dem 22. Ordent­li­chen Bun­des­kon­gress des Deut­schen Gewerk­schafts­bun­des (DGB). Mit 93,2 Pro­zent der abge­ge­be­nen Stim­men wur­de Fahi­mi zur neu­en DGB-Vor­sit­zen­den und ers­ten Frau an der Spit­ze des Gewerk­schafts­bun­des gewählt. Neben Fahi­mis Wahl zur Nach­fol­ge­rin von Rei­ner Hoff­mann wur­den die übri­gen Mit­glie­der im DGB-Vor­stand bestä­tigt. Elke Han­nack erhielt als stell­ver­tre­ten­de Vor­sit­zen­de 97,7 Pro­zent, Vor­stands­mit­glied Ste­fan Kör­zell 97,1 und Anja Piel 96,3 Pro­zent. Damit besteht der DGB-Vor­stand nun aus drei Frau­en und einem Mann. Eine Frau­en-Quo­te von 75 Pro­zent sozusagen. Mit Fahi­mi steht erst­mals nicht nur eine Frau an der Spit­ze des DGB, son­dern auch eine Per­son mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund externer Link – Fahi­mis Vater, der noch vor ihrer Geburt bei einem Auto­un­fall starb, stamm­te aus dem Iran. Mit ihrer Wahl ist des­we­gen auch die Hoff­nung ver­bun­den, dass sie den DGB weib­li­cher, diver­ser und welt­of­fe­ner macht. Dass sie dafür ein­ste­hen will, mach­te sie in ihrer Grund­satz­re­de nach ihrer Wahl deut­lich: »Wir leben eine Kul­tur der Viel­falt.« Man begeg­ne sich beim DGB auf Augen­hö­he, in Respekt und ohne abwer­ten­de Klas­si­fi­zie­rung in unter­schied­li­che Grup­pen. »Wir sagen: Mach mei­nen Kum­pel nicht an und – und Hän­de weg von unse­ren Kol­le­gin­nen!«, so Fahimi. (…)  In der lin­ken Gewerk­schaft­sze­ne bezwei­felt man aller­dings, dass sie not­falls in Kon­fron­ta­ti­on zur Bun­des­re­gie­rung geht. Denn die neue DGB-Vor­sit­zen­de hat nicht nur ein SPD-Par­tei­buch, sie war auch Spit­zen­po­li­ti­ke­rin bei den Sozi­al­de­mo­kra­ten. Einer brei­te­ren Öffent­lich­keit wur­de sie bekannt, als sie Anfang 2014 zur SPD-Gene­ral­se­kre­tä­rin gewählt wur­de, spä­ter wech­sel­te sie als Staats­se­kre­tä­rin unter Andrea Nah­les (SPD) ins Bun­des­ar­beits­mi­nis­te­ri­um. Zuletzt war Fahi­mi für die SPD im Bundestag. Er fin­de es gut, dass eine Frau mit erkenn­ba­rem Migra­ti­ons­hin­ter­grund zur neu­en DGB-Che­fin gewählt wur­de, erzählt denn auch ein lin­ker Ver­di-Gewerk­schaf­ter. Ent­schei­dend sei aber die poli­ti­sche Aus­rich­tung des DGB. Und inso­fern sei die Wahl Fahi­mis ein »völ­lig fal­sches Signal«. »Es wäre bes­ser gewe­sen, wenn eine Per­son gefun­den wäre, die nicht aus dem Dunst­kreis der Sozi­al­de­mo­kra­ten kommt und die für kämp­fe­ri­sche Gewerk­schaf­ten steht«, so der Gewerk­schaf­ter, der lie­ber anonym blei­ben möchte. Er orga­ni­sie­re vor allem Beschäf­tig­te im Nied­rig­lohn­sek­tor, erzählt der lin­ke Gewerk­schaf­ter wei­ter, die der­zeit wegen der hohen Infla­ti­on ver­zwei­fel­ten, und erin­nert dar­an, dass es die SPD unter Ger­hard Schrö­der war, die einst mit der Anfang 2003 ver­kün­de­ten Agen­da 2010 die Aus­wei­tung des Nied­rig­lohn­sek­tors beför­der­te. Und rund zwei Jahr­zehn­te spä­ter ist mit Olaf Scholz wie­der ein Sozi­al­de­mo­krat Kanzler. Inso­fern bleibt abzu­war­ten, wie sehr sich Fahi­mi letzt­lich für mehr Umver­tei­lung und sozia­le Gerech­tig­keit ein­setzt…“ Artikel von Simon Poelchau vom 09.05.2022 im ND online externer Link

  • [Interview mit Reiner Hoffmann] „Solidarität muss immer wieder neu geschaffen werden“
    Digitalisierung, Klima und Solidarität waren einige zentrale Themen der letzten Jahre. Im einblick-Interview spricht der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann über das Erfolgsrezept des DGB, die Bedeutung sozialer Sicherheit und worauf er sich in Zukunft freut. (…)
    [Welche Erfolge haben der DGB und die Gewerkschaften in deiner Amtszeit erreicht?]
    Erfolge sind immer das Ergebnis erfolgreicher Teamarbeit. Und hier hatten wir wirklich ein tolles Team im Geschäftsführenden Bundesvorstand, mit den Bezirksvorsitzenden und mit den Gewerkschaften. Wir waren immer dann erfolgreich, wenn die Gewerkschaften jenseits ihrer branchenspezifischen Themen große Geschlossenheit praktiziert haben. Beispielsweise beim Thema Rente: Unsere große Einigkeit war der Garant dafür, dass uns eine Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent gelungen ist. Alle Parteien hatten Vorstellungen, die teils deutlich darunter lagen.
    [Ist der DGB gut aufgestellt für die Zukunft?]
    Der DGB-Zukunftsdialog, den wir 2014 gestartet haben, ist eine echte Innovation. Es kam darauf an, das ehrenamtliche Engagement unserer Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen und zugleich die Kampagnenfähigkeit des DGB in der Fläche zu stärken. Da ist richtig Gutes gelungen, damit unsere Botschaften auch vor Ort Gehör finden. An diesen Erfolgen muss jetzt weitergearbeitet werden…“ Interview vom 02.05.2022 im DGB-einblick vom Mai 2022 externer Link
  • DGB nominiert eine Frau als Vorsitzende: Autonomie und politisches Mandat
    Die Personalfindung gestaltete sich schwierig und war von heftigen Querelen begleitet. Nach langem Gewürge einigte sich der Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) auf Yasmin Fahimi als Nachfolgerin für den scheidenden Vorsitzenden Reiner Hoffmann. Damit würde erstmals in der DGB-Geschichte eine Frau zur politischen Stimme der rund 5,9 Millionen Gewerkschaftsmitglieder. Die weiteren Mitglieder des Geschäftsführenden Bundesvorstands, Elke Hannack (CDU), Stefan Körzell (SPD) und Anja Piel (Grüne) kandidieren im Mai auf dem Bundeskongress erneut.
    Die Personalie ist nicht unumstritten. Fahimis Lebensgefährte ist Michael Vassiliadis, Chef der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), was zu Interessenkonflikten führen kann, wenn »Weichenstellungen in der Gewerkschaftspolitik bald am Frühstückstisch gemacht werden könnten« (WAZ, 27.01.2022). Gewichtiger: Der Vorschlag forciert die Wiederannäherung der Gewerkschaftsspitzen an die SPD. Hatten sich große Teile der Gewerkschaften nach 2003 mehrheitlich frei geschwommen und die Vorteile einer pluralistischen Linken schätzen gelernt, arbeiten einige Gewerkschaftsvorsitzende seit längerem wieder daran, die Entfremdung im Verhältnis zwischen SPD und Gewerkschaften seit der Agenda 2010-Politik und den Hartz-Gesetzen des früheren SPD-Kanzlers Gerhard Schröder zu überwinden. Dies stärkt mitnichten eine autonome Gewerkschaftspolitik für die abhängig Beschäftigten. Seit Jahrzehnten erleidet der DGB einen zunehmenden Bedeutungsverlust. Nach Außen liegt das an den sinkenden Mitgliederzahlen. Heute haben die acht Einzelgewerkschaften weniger als sechs Millionen Mitglieder, so wenige wie zuletzt Anfang der 1950er Jahre. Im Innenverhältnis erodiert die Wertschätzung des Dachverbandes in den großen Mitgliedsgewerkschaften, die durch diverse Fusionsprozesse selbst zu Dachorganisationen geworden sind, die nicht selten am DGB vorbei eigene politische Lobbyarbeit betreiben. (…)
    Die IG Metall hatte den ungeschriebenen Gewerkschaftsgesetzen zufolge dieses Mal das Vorschlagsrecht, da die letzten beiden DGB-Vorsitzenden von den anderen großen Gewerkschaften kamen: Michael Sommer (2002 bis 2014) von ver.di, sein Nachfolger Reiner Hoffmann von der IG BCE. Da die größte Einzelgewerkschaft jedoch selbst mit der »Nachfolgefrage« kämpft, gelang es ihrem Vorsitzenden Jörg Hofmann nicht, eine allseits akzeptierte Kandidatin zu präsentieren. (…)
    Für eine autonome Gewerkschaftspolitik bedarf es einer DGB-Vorsitzenden, die nicht in Parteiloyalitäten eingebunden ist. Sie sollte über jeden Zweifel erhaben sein, bei Konflikten mit der Bundesregierung im Sinne der SPD zu handeln und nicht der Versuchung erliegen, das autonome politische Mandat der Gewerkschaften einem vermeintlich erfolgversprechenderen engen Bündnis mit der sozialdemokratisch geführten Regierung zu opfern…“ Artikel von Otto König und Richard Detje vom 9. Februar 2022 bei sozialismus.de externer Link
  • Gut vernetzt. Yasmin Fahimi wird voraussichtlich die nächste Bundesvorsitzende des DGB
    Das Ende einer langen Suche: Der Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) nominierte am Mittwoch vergangener Woche die SPD-Bundestagsabgeordnete Yasmin Fahimi als neue Bundesvorsitzende. Die acht Einzelgewerkschaften im DGB einigten sich nach zähen Verhandlungen auf die 54jährige Chemikerin, ihre Wahl beim Bundeskongress im Mai gilt als sicher. Sie würde Reiner Hoffmann folgen, der nach acht Jahren an der Spitze des Gewerkschaftsbunds nicht erneut antritt. In einer knappen Mitteilung auf ihrer Website erklärte Fahimi, als Bundesvorsitzende vor allem die technologische Transformation der Arbeitswelt gestalten zu wollen.
    Fahimi war seit Abschluss ihres Studiums in verschiedenen Funktionen für die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) tätig. Von 2005 bis 2014 leitete sie dort die Abteilung für Grundsatzfragen. Parallel dazu durchlief sie eine Funktionärinnenkarriere bei der SPD: Nach Anfängen bei den zu dieser Zeit als orthodox marxistisch geltenden Jusos in Hannover wurde sie 2014 zur Generalsekretärin der SPD gewählt. Nach zwei Jahren wechselte sie als Staatssekretärin ins Arbeitsministerium und wurde 2017 in den Bundestag gewählt. Trotz Fahimis gewerkschaftlicher Karriere und ihrer arbeitsmarktpolitischen Expertise rief es im gewerkschaftlichen Mittelbau Unmut hervor, dass nicht eine Person aus dem Funktionärsstamm der DGB-Gewerkschaften nominiert wurde. Zumindest ein Gschmäckle hat es, dass Fahimi von ihrem Ehemann, dem IG-BCE-Vorsitzenden Michael Vassiliadis, vorgeschlagen wurde, der sich zuvor selbst für das Amt ins Spiel gebracht hatte, aber am Widerstand aus der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi gescheitert war. Die frühere Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) und die stellvertretende Vorsitzende der IG Metall, Christiane Brenner, hatten das Angebot abgelehnt, sich nominieren zu lassen…“ Porträt von Marten Brehmer vom 03.02.2022 in der Jungle World externer Link

Siehe zuletzt das Dossier zu 21. Parlament der Arbeit: DGB-Bundeskongress vom 13. bis 17. Mai 2018 in Berlin

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