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#presidentielles2022: Die EU atmet auf – doch Frankreich hat den Blues

Dossier

#presidentielles2022 in Frankreich: Merde vs extreme merdeFrankreichs Staatschef Macron ist für eine zweite Amtszeit wiedergewählt worden. Die Nationalisten-Führerin Le Pen konnte sich erneut nicht durchsetzen. EUropa atmet auf – doch viele Franzosen haben den Blues. Macron holte in der Stichwahl am Sonntag nach Hochrechnungen unterschiedlicher Institute 57 bis 58,5 Prozent der Stimmen, Le Pen kam auf 41,5 bis 43 Prozent. Vor fünf Jahren hatte Macron noch mit 66 zu 34 Prozent gesiegt – also wesentlich klarer. Das zeigt, dass die extreme Rechte erneut stärker geworden ist. Dabei hatte Macron versprochen, die Bewegung von Le Pen zu dezimieren. Zudem liegt die Wahlbeteiligung niedriger als vor fünf Jahren, die Zahl der Nichtwähler und ungültigen Stimmen steigt. In ersten Analysen im französischen Fernsehen ist daher von einem “Vote de barrage” die Rede – im Gegensatz zum “Vote d’adhésion”. Zu gut deutsch: Viele Wähler haben gegen Le Pen gestimmt (faire barrage) – und nur wenige für Macron (adhérer). Diese Wahl hat das Land gespalten...“ Kommentar vom 24. April 2022 von Eric Bonse auf seinem Blog Lost in EU externer Link (Macron II), siehe weitere und Hintergründe:

  • Emmanuel Macron: Türöffner für die Rechtsradikalen New
    Als Jean-Marie Le Pen bei der Präsidentschaftswahl 2002 in den zweiten Wahlgang einzog, blieb er gegen den Gaullisten Jacques Chirac chancenlos. Nachdem auf den Strassen von Paris fast eine Million Menschen zur «republikanischen Front» gegen den rechtsradikalen Le Pen aufgerufen hatten, kam dieser nur auf 18 Prozent der Stimmen. Zwanzig Jahre später hat Tochter Marine am Sonntag 41,5 Prozent geholt – die Französ:innen stimmten in grosser Zahl für die radikale Rechte. Für den Faschismus. Daran ist Macron nicht alleine schuld. Aber wie kein Zweiter steht er für eine Politik, die die radikale Rechte befeuert. Weltweit. Der Kern dieser Politik liegt in der Verschmelzung der sozialdemokratischen Linken mit der bürgerlichen Rechten zu einem «dritten Weg», wie sie bereits unter François Mitterrand einsetzte (…) Jeder Politik erwächst eine gesellschaftliche Opposition. Wenn links das Angebot verblasst, entlädt sie sich rechts aussen: Indem die Partei der Le Pens auf Grosskonzerne schimpft, den (angeblich wahren) Französ:innen Arbeit verspricht und die Schuld für soziale Misere den Nachkommen der aus Frankreichs einstigen Kolonien Eingewanderten in die Schuhe schiebt, holt sie auch ärmere Wähler:innen ab, die von der Linken enttäuscht wurden. Macron versucht, die Verschmelzung der Linken mit der bürgerlichen Rechten in einer einzigen Partei zu vollenden (…) Statt sich mit Jean-Luc Mélenchon, dem Hauptkandidaten der zersplitterten Linken, über die soziale Frage zu streiten, inszenierte sich Macron auch diesmal lieber als «weder linke noch rechte» Brandmauer gegen Le Pen. So öffnete er ihr schon wieder die Tür zum zweiten Wahlgang. Seine Rechnung ging noch einmal auf: Gegen Le Pen und ihre (umgetaufte) Partei Rassemblement National (RN) hat ihn eine Mehrheit erneut zum Präsidenten gewählt. Aber die rechte Politberaterin Emmanuelle Mignon hat recht: «Wenn man den Franzosen immer wieder sagt, entweder ich oder der RN, werden wir irgendwann den RN haben.» Seine Mehrheit nutzt Macron für eine knallharte Wirtschaftsagenda, mit der er dem RN zusätzlich Auftrieb verleiht: Insbesondere hat er die Steuern für Konzerne und Reiche gesenkt sowie den Arbeitsmarkt dereguliert. Macron lobt sich dafür, die Arbeitslosigkeit von 10 auf 7 Prozent gesenkt zu haben. Abgesehen davon, dass die wirtschaftliche Erholung die Arbeitslosigkeit in ganz Europa zum Fallen gebracht hat, sind vor allem prekäre Arbeitsplätze entstanden: Entsprechend ist die Armutsquote laut Frankreichs Statistikamt auch unter Macrons Regierung weiter gestiegen. Sie liegt heute bei 15 Prozent. Macrons Wirtschaftskurs hat Le Pen diesmal beinahe zum Sieg verholfen. 2002 nahmen Linke Chirac in Kauf, um den Faschismus zu verhindern. Am Sonntag nun nahmen nicht wenige linke Wähler:innen den Faschismus in Kauf, um den Neoliberalismus zu verhindern. Man kann das weiterhin abstreiten. Irgendwann wird es jedoch zu spät sein.“ Artikel von Yves Wegelin in der WoZ vom 28.04.2022 externer Link
  • Frankreich: Neofaschistin verliert, doch viele Fragen bleiben offen 
    Das Stimmverhalten vieler Wähler/innen/gruppen ist weit von rationaler Vertretung gesellschaftlicher Interessen entfernt. 53 Prozent der an der Wahl teilnehmenden Auslandsfranzosen in Israel stimmten im ersten Wahlgang der französischen Präsidentschaftswahl am 10. April d.J. für den Rechtsextremen Eric Zemmour, welcher unter anderem das antisemitische Regime Philippe Pétains zu rehabilitieren versucht. Im zweiten Wahlgang nun, am vorigen Sonntag, stimmten rund zwei Drittel der überwiegend „farbigen“ Karibikfranzösinnen und -franzosen für eine andere rassistische Kandidatin. Marine Le Pen zog auch 68 Prozent der abgegebenen Arbeiter/innen/stimmen auf sich. Was ist da nur los? Eine Gewissheit bleibt unterdessen: Die Renten„reform“ kommt in Kürze wieder frisch auf den Tisch, serviert durch eine künftige Regierung unter Emmanuel Macron; es sei denn…“ Artikel von Bernard Schmid vom 27.4.2022  – wir danken!

  • Solidaires: Gegenüber Macron eine Massengegenoffensive aufbauen!
    Die Gewerkschaftsunion Solidaires begrüßt die Niederlage der rechtsextremen Kandidatin. Seit Monaten führen wir eine Kampagne, um daran zu erinnern, dass die extreme Rechte der Feind der Arbeiterinnen und Arbeiter ist.
    Dennoch sind ihr Ergebnis, die Fokussierung der öffentlichen Debatte auf Hasstiraden gegen Ausländer und die Zunahme rechtsextremer Gewalttaten sehr besorgniserregend. Wir werden weiterhin auf allen Gebieten gegen die üblen Ideen und sozialen Betrügereien von Le Pen und denjenigen kämpfen, die rechtsextreme Ideen im Dienste der kapitalistischen Sozial- und Wirtschaftsordnung aufgreifen.
    Die Stärkung der extremen Rechten bei Wahlen und unter Aktivisten hängt mit der antisozialen Politik der aufeinanderfolgenden Regierungen zusammen. Die Macron-Regierungen im Dienste der Reichsten haben die Verzweiflung und die Armut nur noch verstärkt. Die freiheitsfeindliche Politik schließt die Gesellschaft in einer Sicherheitsspirale ein. Sie sind ein Sprungbrett für die extreme Rechte.
    Heute beginnt Emmanuel Macron eine neue fünfjährige Amtszeit auf den Trümmern der alten. Wenn er gewählt wurde, dann zu einem großen Teil, um zu verhindern, dass die extreme Rechte die Staatsmacht übernimmt. Selbst wenn er die Legalität der Wahlurnen besitzt, hat er keine Legitimität durch das Volk, um seine unsozialen Reformen, angefangen bei der Rentenreform, umzusetzen. Wir werden ihn daran erinnern…“ Machinenübersetzung  der fr. Stellungnahme der Gewerkschaft Solidaires vom 24.4.2022 externer Link mit dem Aufruf zum 1. Mai als ersten Schritt
  • Was bedeutet Macrons Sieg der Präsidentschaftswahl in Frankreich?
    Am 24. April ging in Frankreich die Präsidentschaftswahl zu Ende. Emmanuel Macron konnte sich gegen Marie Le Pen im zweiten Wahlgang durchsetzen und wurde im Amt bestätigt. Mit unserem Frankreichkorrespondenten Bernard Schmid sprachen wir über die Wahl.“ Interview mit Bernard Schmid vom 25. April 2022 beim Radio Dreyeckland externer Link Audio Datei, ein Artikel von ihm zum Thema folgt…
  • Le Pens Niederlage ist kein Sieg für die EU
    Bei den Wahlen in Frankreich und Slowenien haben die EU-Gegner verloren. Dennoch kann sich die EU nicht beruhigt zurücklehnen. Denn das bürgerlich-demokratische Lager verfällt, die EU-freundliche “Mitte” schrumpft. Auf den Brexit folgt kein Frexit, die Nationalistin Le Pen wird in Frankreich nicht die Macht übernehmen. Und in Slowenien wurde der Trump-Freund Jansa aus dem Amt gejagt. Das sorgt für Erleichterung in Brüssel. Beide Wahlen werden hier als Votum gegen den Nationalismus und für die EU gewertet. Doch so einfach ist es nicht. Denn das bürgerlich-demokratische Lager verfällt, die EU-freundliche “Mitte” schrumpft. In Frankreich konnte Wahlsieger Macron im ersten Wahlgang nur 28 Prozent der Stimmen holen – die EU-feindlichen Gegenkandidaten kamen zusammen auf fast 50 Prozent. Beim entscheidenden zweiten Wahlgang hat Macron schwächer abgeschnitten als 2017. Er verlor fast 2 Millionen Stimmen, Le Pen gewann 2,6 Millionen hinzu…“ Kommentar vom 25. April 2022 von Eric Bonse auf seinem Blog Lost in EU externer Link
  • Siehe auch ebd. das aktuelle Dossier zu Frankreich externer Link
  • Siehe auch: Wahlkampf um Löhne und Steuern. Im TV-Duell sticht Frankreichs Präsident Macron die rechtsextreme Kandidatin Marine Le Pen aus. Am Sonntag haben die Wähler das Wort. Artikel von Bernard Schmid, Paris, vom 22.04.2022 im ND online externer Link

Siehe zuvor im LabourNet Germany:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=200197
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