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Westafrika: Im Senegal will Frontex erstmals eine Operation auf dem afrikanischen Kontinent durchführen

Dossier

Ferries, not Frontex„… Im Februar wurde bekannt, dass die Europäische Kommission den senegalesischen Behörden vorgeschlagen hat, zum ersten Mal in der Geschichte operative Frontex-Kräfte in das Hoheitsgebiet eines afrikanischen Staates zu entsenden. Die vorgebliche Absicht der Stationierung entlang der Außengrenzen des Senegal besteht darin, den Menschenhandel über diese Grenzen zu unterbinden. Europa will damit aber vielmehr direkt auf den Routen der Migranten*innen eingreifen, um diese schon „zu Hause“ zu stoppen. Der Plan, der vom Senegal noch nicht abgesegnet wurde, sieht eine aktive Überwachung der so genannten Atlantikroute vor. Außerdem könnten die Grenzposten zu Mauretanien und anderer Routen über Algerien und Libyen überwacht werden. (…) Das für einen Frontex-Einsatz nötige Abkommen würde auch eine neue Dimension in der Externalisierung der europäischen Grenzen in diesem Gebiet einführen und könnte später auf Mauretanien ausgedehnt werden…“ Blog von Sebastian Carlotti vom 23. März 2022 bei Cilip.de externer Link und die Ausführungen zur Vorgeschichte:

  • Protest im Senegal: »Ihr beobachtet die Grenzen, wir beobachten euch«. In Dakar fordern Aktivist*innen den Abzug von Frontex New
    »Push back Frontex!« forderten Dutzende Demonstrant*innen, während sie am 12. August durch die Straßen eines Vororts von Dakar marschiert sind. Ihr Protest bildete den Abschluss einer dreitägigen Veranstaltung, die sich unter dem Motto »Ihr beobachtet die Grenzen, wir beobachten euch« externer Link gegen die Rolle der EU-Grenzagentur im Senegal richtete. »Die EU will uns eine mörderische, kriminelle und externalisierte Migrationspolitik aufzwingen, die für uns aber nicht passt«, sagt dazu der Aktivist Ibrahima Konate dem »nd«. Auch er hat sich an den Veranstaltungen gegen Frontex beteiligt.
    Organisiert wurde die Veranstaltung von der Gruppe Boza Fii aus Dakar. Sie will damit ein Bewusstsein für die Rolle von Frontex und anderen EU-Akteuren im Bereich der Migrationspolitik schaffen. Dabei werden auch neokoloniale Politiken und die wirtschaftliche Zusammenarbeit kritisiert. Dazu veranstaltet Boza Fii Demonstrationen, Konzerte und macht Öffentlichkeitsarbeit zur europäischen Migrationspolitik im Senegal. Dort engagiert sich die Gruppe außerdem gegen Sammelabschiebungen und sorgt für Unterstützung für Personen, die in den Senegal abgeschoben wurden.
    Seit Februar 2022 hängt eine von der EU-Kommission geplante Verhandlung eines Statusabkommens zwischen Frontex und Senegal in der Luft. Es würde, sollte es zustandekommen, den direkten Einsatz von Frontex-Beamt*innen in dem Land ermöglichen. Dazu sollen die eingesetzten Polizist*innen über straf- und zivilrechtliche Immunität verfügen externer Link. Laut der Linken-Europaabgeordneten Cornelia Ernst sei der »neokoloniale Aspekt eines solchen Abkommens nicht zu übersehen«. Ernst hatte den Senegal zusammen mit der Grünen-Abgeordneten Tineke Strik anlässlich des geplanten Frontex-Abkommens zur Entsendung von bewaffneten europäischen Grenzpolizist*innen auf senegalesisches Gebiet dieses Jahr besucht. Die senegalesische Regierung ist an einem solchen Statusabkommen vorerst aber doch nicht interessiert. Verhandlungen über ein Arbeitsabkommen, das den Datenaustausch ermöglichen würde, stehen ebenfalls noch aus…“ Artikel von Kelly Bescherer vom 27.08.2023 in ND online externer Link
  • Frontex soll Ausreisen aus Senegal und Mauretanien verhindern und Frontex-Mitarbeiter straf- und zivilrechtliche Immunität genießen – „unter allen Umständen“ 
    „Die EU plant Einsätze der Grenzschutzagentur Frontex im Senegal und in Mauretanien. Dabei gehe es um die „Verhinderung irregulärer Ausreisen“, zitiert die Nichtregierungsorganisation Statewatch aus zwei Dossiers der EU. Der Rat hat laut einer Entscheidung von Ende Juni die Aufnahme von Verhandlungen mit den beiden Staaten genehmigt. Der Senegal und Mauretanien sind wichtige Ausgangspunkte für Migranten, um auf die Kanarischen Inseln zu gelangen. (…) Die Verhandlungen seien die ersten mit Staaten, die nicht an die EU grenzen, erklärte Statewatch. Vor einer Gesetzesreform im Jahr 2019 habe Frontex nur in Drittländern tätig werden können, die eine gemeinsame Grenze mit EU-Staaten hatten. Nun könne die Agentur überall tätig werden, sofern eine rechtliche Vereinbarung bestehe. Laut Statewatch fordert die Verhandlungsrichtlinie für das Abkommen mit dem Senegal straf- und zivilrechtliche Immunität für Frontex-Mitarbeiter – „unter allen Umständen“, zitiert die NGO das Papier.“ Meldung vom 11. August 2022 im MiGAZIN externer Link
  • Weiter im Blog von Sebastian Carlotti vom 23. März 2022 bei Cilip.de externer Link: „… 2006 unterzeichneten Spanien und Mauretanien zwei Abkommen über den Einsatz von 250 Beamt*innen der Guardia Civil auf mauretanischem Hoheitsgebiet. Diese Entsendung ausländischer Polizeikräfte diente der Unterstützung der örtlichen Polizei in den Städten Nouadhibou und Nouakchott. Darüber hinaus begann Spanien, die mauretanische Polizei mit Ausrüstung und Kontrollinstrumenten zu versorgen, darunter Hubschrauber und Nachtsichtgeräte. Das Wahrzeichen dieser neuen Zusammenarbeit war jedoch der Bau eines neuen Gefangenenlagers, das unter dem Namen „Guantanamito“ berüchtigt geworden ist – in Anspielung auf die Gewalt und die bekannte Gesetzlosigkeit des gleichnamigen US-Gefangenenlagers auf kubanischem Gebiet. Guantanamito, offiziell „Centro de Estancia Temporal de los Inmigrantes“ genannt, befand sich in Nouadhibou und war der Inhaftierung von Migrant*innen vorbehalten, die im Verdacht standen, nach Europa reisen zu wollen. (…) Die EU war ihrerseits sehr aktiv bei der Finanzierung des Baus neuer Grenzübergänge in Mauretanien und stellte zwischen 2008 und 2013 bis zu acht Millionen Euro über den Europäischen Entwicklungsfonds und das Stabilitätsinstrument bereit. So finanzierte Europa allein im Jahr 2010 den Bau von 45 neuen mauretanischen Grenzübergängen, die zu obligatorischen Grenzübergängen an der Grenze zu Senegal und Mali wurden. Im Rahmen der bilateralen Zusammenarbeit wurde auch die mauretanische Gendarmerie mit Ressourcen und Schulungsmaßnahmen aus Spanien unterstützt, um damit die Überwachung der mauretanischen Küste weiter zu verbessern. (…) Damals begannen die Menschen, ihre Routen über Niger und Libyen auf das afrikanische Binnenmeer, die Sahara, zu verlegen. Trotz dieses Wandels hat die Atlantikroute im Laufe der Jahre eine zentrale Rolle behalten, auch hinsichtlich des Todes von Menschen die versucht haben, diese lange Seestrecke zu überqueren…“

Siehe auch:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=199120
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