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Tödliches Recycling: Werftarbeiter streikten in der Türkei für bessere Arbeitsbedingungen auf der Demtaş-Werft in Aliağa

Tödliches Recycling: Werftarbeiter streikten in der Türkei für bessere Arbeitsbedingungen auf der Demtaş-Werft in Aliağa„… Als der Werftarbeiter Kazim Han am 3. Februar ein Stück Metall aus dem Schiffsrumpf eines Frachters schnitt, donnerte die schwere Platte plötzlich nieder. Han entging haarscharf dem Tod, zog sich aber Brüche im Brustkorb zu. »Eine Schicht bei der Werft Demtaş dauert durchschnittlich acht Stunden«, sagt Yavuz Öcal* vom Solidarnetzwerk für die Abwrackwerftarbeiter in Aliağa in der Westtürkei der Jungle World, »doch wie so oft hatte er fast zehn gearbeitet.« Öcal selbst ist in der ölverarbeitenden Industrie beschäftigt und bei der Gewerkschaft Petrol-IŞ organisiert. Der Unfall auf der Demtaş-Werft und ein weiterer am darauffolgenden Tag, bei dem ein Arbeiter bei der Schiffswerft Blade von der Krantreppe eines zu ­verschrottenden Schiffs fiel und sich schwer verletzte, hätten das Fass zum Überlaufen gebracht, erzählt er. »Beide waren übermüdet, gleichzeitig gibt es keinerlei Sicherheitsvorkehrungen auf diesen Schiffen.« Eine Woche später legten fast alle 1 500 Arbeiter der 22 Werften in Aliağa die Arbeit nieder…“ Artikel von Sabine Küper-Büsch vom 17. März 2022 aus der Jungle World 2022/11 externer Link und daraus der Bericht vom Streik und weitere:

  • Weiter aus dem Artikel von Sabine Küper-Büsch vom 17. März 2022 aus der Jungle World 2022/11 externer Link: „… Bei ihrem Streik forderten die Werftarbeiter der 22 Werften in Aliağa Lohnerhöhungen und Arbeitsschutzmaßnahmen. Sie bekommen durchschnittlich etwas mehr als den türkischen Mindestlohn von derzeit 283 Euro im Monat, einige 290, andere 320 Euro je nach Berufsbild. Die Streikenden beklagten, dass ihre jüngste Gehaltserhöhung unter der jährlichen Inflations­rate geblieben sei. Der türkischen Zen­tralbank nach liegt diese für 2022 voraussichtlich bei 54 Prozent, im vergangenen Jahr waren es 15 Prozent. Die Arbeiter forderten eine Lohnerhöhung zwischen 21 und 32 Euro für die verschiedenen Arbeitsbereiche auf der Werft, eine Anerkennung als Beschäftigte im Schwerindustriesektor, Arbeitsverträge, Schutzkleidung, eine halbjährlichen Turnus der Lohnerhöhung, um die Inflation auszugleichen, die Abschaffung der Lohnaussetzung bei Arbeitsausfall durch schlechtes Wetter und Gehaltszahlungen per Banküberweisung. All das sind Bedingungen, die das türkische Arbeitsrecht eigentlich vorschreibt. »Momentan bekommen die Arbeiter dort noch Lohntüten«, sagt Öcal. »Banküberweisungen schaffen eine offizielle Grundlage, die die Arbeitgeber und auch die Rentenkasse nicht wollen. Denn dann hätten die Arbeiter ja eine Grundlage für Forderungen.« Öcal versuchte mit anderen Gewerkschaftsvertretern, den Streik der Werftarbeiter in Aliağa zu unterstützen. Dort führt gewerkschaftliche Organisation oft sofort zu Entlassungen. In einer Erklärung auf ihrer Internetseite kritisiert die Organisation Greenpeace, die Profite der internationalen Schifffahrtsindustrie gingen zulasten der Umwelt und der Gesundheit der Arbeiter. (…) Ende Februar wurde der Streik auf den Werften in Aliağa abgebrochen; verbesserte Arbeitsbedingungen habe er nicht bewirkt, betont Öcal desillusioniert. »Die Arbeiter sind jetzt froh, dass niemand entlassen wurde. Sie begreifen nicht, dass sie als Facharbeiter dort unerlässlich sind.« Gegen die internationale Abwrackindustrie, mit ihrer Einbettung in globale Wirtschaftsketten, haben lokale, prekarisierte Belegschaften wie in Aliağa einen schweren Stand. Menschenwürdige Arbeitsbedingungen in der Branche sollten durch festgesetzte internationale Mindestanforderungen gesichert werden.“
  • FAU Schweiz twitterte am 18.32.2022 externer Link dazu: „#Solidarität mit den kämpfenden Schiffs-Recycler*innen in der türkischen Stadt #Aliaga / #Izmir, die vom 06. Januar bis zum 15. Februar streikten. Die meisten #Streiks waren von den Arbeiter*innen selbst organisiert. Ca. 1500 Arbeiter*innen beteiligten sich an den Aktionen. Die Arbeiter*innen fordern höhere und sicherere Löhne in Bezug auf die starke Inflation in der Türkei. Schluss mit der Steuervermeidung der Betreiber*innen. Streikende sollen weder Entlassen noch auf «Schwarze Listen» gesetzt werden…“
  • Siehe auch einen (von vielen) Bericht bei Sendika-org externer Link (türkisch)
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=199055
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