Ungleichheit überwinden. UNESCO-Weltbildungsbericht 2021/2022 ruft zu Regulierung des nichtstaatlichen Bildungssektors auf

UNESCO-Weltbildungsbericht 2021/2022Der Weltbildungsbericht 2021/2022 wurde von der UNESCO im Dezember letzten Jahres vorgelegt. Er warnt vor zunehmender Ungleichheit durch hohe Kosten, unzureichende staatliche Aufsicht und mangelnde Regulierung privater Bildungseinrichtungen in vielen Ländern. Der Bericht präsentiert fünf Empfehlungen externer Link für qualitativ hochwertige Bildung für alle Menschen. (…) Weltweit besuchen 350 Millionen Kinder und Jugendliche nicht-staatliche Schulen. Allerdings fehlen in vielen Ländern Vorschriften für den privaten Bildungssektor oder die Fähigkeit, solche Vorschriften umzusetzen. Laut des UNESCO-Berichts wirkt sich das negativ auf die Bildungsqualität aus und verschärft die Ungleichheit zwischen Arm und Reich. (…) In Deutschland besuchten vergangenes Schuljahr mehr als eine Million Kinder und Jugendliche Privatschulen. Ihre Zahl wächst seit Jahren. Aber auch in anderen Bereichen des deutschen Bildungssystems spielen nichtstaatliche Akteure eine Rolle. (…) Die UNESCO fordert in ihrem Bericht, Chancengerechtigkeit bei der Finanzierung von Bildung konsequent mitzudenken…“ UNESCO-Pressemitteilung vom 15.2.2022 externer Link zum UNESCO-Weltbildungsbericht 2021/2022 externer Link  (deutsche Kurzfassung): Nichtstaatliche Akteure in der Bildung. Siehe dazu:

  • Privilegierte Milieus. UNESCO-Weltbildungsbericht: Mehr Privatschulen, weniger Chancengerechtigkeit New
    „Bei der Vorstellung des »UNESCO-Weltbildungsberichts 2021/22« wurden am Dienstag in Berlin zunächst einmal hehre Ziele formuliert und die Bedeutung nichtstaatlicher Akteure für die Umsetzung betont. Zugang zur »besten Bildung« dürfe »keine Frage des sozialen Status« sein, erklärte Jens Brandenburg (FDP), Staatssekretär im Bundesbildungsministerium, und brach eine Lanze für die Privatwirtschaft. Mit ähnlicher Stoßrichtung meinte SPD-Staatssekretär Niels Annen aus dem Bundesentwicklungsministerium, dass weltweit um die 500 Millionen Schüler in der Pandemie keinen Fernunterricht erhielten, sei »absolut nicht hinnehmbar«. Und auch der Direktor des Weltbildungsberichts der UNESCO, Manos Antoninis, stellte seinen Ausführungen voran, dass in Sachen Bildungsgerechtigkeit nicht weit komme, wer nur auf staatliche Akteure setze. (…) Im Hauptteil werden da zehn »Mythen« ausgeräumt. Zum Beispiel sei der private vom öffentlichen Sektor viel schwieriger zu unterscheiden als gemeinhin angenommen, da Privatschulen subventioniert würden und öffentliche längst teilprivatisiert seien, vom Erstellen der Lehrbücher über technische Ausstattungen bis zu von Lobbyisten durchgesetzten Inhalten. Auch dass an öffentlichen Schulen der soziale Status keine Rolle spiele, sei ein Mythos. Und überhaupt schaffe erst deren Unterfinanzierung die Nachfrage nach Privatschulen, die im übrigen kaum besser seien, wenn man Effekte der Zusammensetzung der Schülerschaft herausrechne, die in der Regel aus privilegierten Milieus stamme. Mehr als 350 Millionen Heranwachsende besuchen weltweit private Grund- und Sekundarschulen, die allermeisten befinden sich in urbanen Räumen und kassieren hohe Gebühren. Die soziale Ungleichheit wird dadurch verschärft, auch weil in ärmeren Ländern viele Familien in der Schuldenfalle landen. In Haiti, Kenia, den Philippinen und Uganda muss etwa jede dritte Familie Bildungskredite bedienen. Es gebe »keinerlei Belege« dafür, dass der Privatsektor »willens oder fähig« sei, »eine wichtige Rolle bei der Finanzierung von Bildung (zu) spielen«, heißt es in dem UNESCO-Bericht. »Er könnte jedoch auf andere Weisen einen Beitrag leisten, zum Beispiel durch Steuerzahlungen, insbesondere in Ländern mit niedrigem und niedrigem mittlerem Einkommen, wo (…) Möglichkeiten zur Steuerhinterziehung und Steuerflucht zahlreich sind.« (…) Das aber gilt so auch für die BRD, in der im vergangenen Schuljahr mehr als eine Million Kinder und Jugendliche Privatschulen besuchten. Ihre Zahl wächst seit Jahren. Die Zahl der Studierenden an privaten Hochschulen hat sich seit dem Jahr 2000 mehr als versiebenfacht: auf mittlerweile rund 340.000. Und was das »Sonderungsverbot« angeht, dem diese Einrichtungen unterliegen, die per Gesetz niemanden durch Gebühren ausschließen dürfen, so blieb es bei der Präsentation am Dienstag der Staatssekretärin aus dem Bildungsministerium Schleswig-Holstein, Doris Stenke, vorbehalten, an die in dieser Hinsicht wirklich »große Eigenverantwortung der Träger« zu erinnern…“ Artikel von Alexander Reich in der jungen Welt vom 16. Februar 2022 externer Link
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