Warum der Rechtsextremist Jens Maier nicht wieder Richter werden darf

Dossier

Greift ein gegen Naziterror, staatlichen und alltäglichen Rassismus – Verfassungsschutz abschaffen!„Unvorstellbar. Jens Maier – von 2017-2021 Bundestagsabgeordneter der AfD, selbsternannter „kleiner Höcke“, Breivik-Versteher, „Schuldkult“- und „Mischvölker“-Ablehner und nach der Einschätzung des sächsischen Verfassungsschutzes Rechtsextremist – will zurück ins Richteramt in Sachsen. (…) Nach Meldungen in der vergangenen Woche hatte Maier noch vor Weihnachten beantragt, in die sächsische Justiz zurückzukehren. Das seit 2019 von der Staatsministerin der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung Katja Meier (Bündnis 90/Die Grünen) geleitete Ministerium habe bestätigt, dass der ehemalige Richter Maier nach seinem Ausscheiden aus dem Deutschen Bundestag einen Rückkehranspruch in die sächsische Justiz habe; zwar nicht an sein früheres Gericht, das Landgericht (LG) Dresden, sondern an ein Gericht, das das Justizministerium auswählen werde…“  Beitrag von Andreas Fischer-Lescano vom 10. Januar 2022 beim Verfassungsblog externer Link – siehe daraus auch seine Kritik daran und Kommentare:

  • Dienstgericht des Bundes beim BGH: AfD-Richter Jens Maier untragbar und darf nicht zurück in die Justiz New
    Der ehemalige AfD-Abgeordnete und Richter Jens Maier kehrt nicht in die sächsische Justiz zurück. Das hat das Dienstgericht des Bundes beim Bundesgerichtshof entschieden (BGH, Urt. v. 05.10.2023, Az. RiZ (R) 1/23). Das Dienstgericht für Richter am Landgericht (LG) Leipzig hatte auf Antrag des sächsischen Justizministeriums die Versetzung in den Ruhestand für zulässig erklärt (Urt. v. 1.12.2022, Az. 66 DG 2/22). Maier ging dagegen in Revision, hatte damit aber keinen Erfolg. Der Vorsitzende Richter am BGH Pamp sagte bei der Verkündung am Donnerstag, das Dienstgericht beim LG Leipzig habe die Versetzung in den Ruhestand ohne Rechtsfehler für zulässig erklärt. (…) Entscheidend sei, dass eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Rechtspflege anzunehmen sei – dies sei der Fall, wenn in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden ist, dass der Richter bei seiner künftigen Berufsausübung nicht mehr auf dem Boden des Grundgesetzes stehe. (…) Der Vorsitzende Richter betonte, das Landgericht habe in den Blick genommen, dass Maier nicht etwa Opfer einer Schmutzkampagne geworden sei. Vielmehr habe das Justizministerium auf Äußerungen abgestellt, die Maier zuzurechnen waren. Dabei sei es auch nicht darauf angekommen, dass Maier erklärte, einzelne – von ihm nicht zurückgenommene – Tweets seien von einem Mitarbeiter, nicht von ihm selbst, über seinen Account abgesetzt worden. (…) Ein Sprecher des sächsischen Justizministeriums begrüßte die Entscheidung. Nach dem gerichtlichen Verfahren folgt nun ein Verwaltungsverfahren, in dem Maier endgültig den Bescheid über die Versetzung in den Ruhestand erhält. Das wolle man einleiten, sobald die schriftliche Fassung des Urteils vorliege. „Herr Maier wird nicht wieder Recht sprechen, das ist für uns das Entscheidende“, so der Sprecher.  Mit einer Disziplinarklage will das Justizministerium einen Schritt weitergehen. (…) Anders als bei der Versetzung in den Ruhestand geht es im Disziplinarverfahren darum, ob Maier gegen Dienstpflichten verstoßen hat. Die Hürden sind höher, die Konsequenzen wären weitreichender: Maier würde auch die Ansprüche auf Besoldung und Versorgung verlieren, die er als Richter im Ruhestand noch erhält. Über die Disziplinarklage muss das Dienstgericht am LG Leipzig entscheiden.“ Artikel von Annelie Kaufmann vom 5.10.2023 in lto.de externer Link („Dienstgericht des Bundes beim BGH: AfD-Richter Jens Maier untragbar“)
  • Sachsens Justizministerium hat gegen den als Rechtsextremist eingestuften Richter Jens Maier Disziplinarklage eingereicht 
    Sachsens Justizministerium hat eine Disziplinarklage gegen den früheren AfD-Bundestagsabgeordneten und Richter Jens Maier erhoben. Ihm wird die „schuldhafte Verletzung von Dienstpflichten“ in seinem früheren Richteramt am Landgericht Dresden vorgeworfen, teilte das Ministerium am Mittwoch mit. „Das durch das Landgericht Dresden am 14. März 2022 eröffnete Disziplinarverfahren tritt damit in die nächste Stufe. Ich habe immer gesagt, dass wir alle rechtlich zulässigen Möglichkeiten ausschöpfen, um die sächsische Justiz vor Verfassungsfeinden in den eigenen Reihen zu schützen“, erklärte Justizministerin Katja Meier (Grüne). Sollte das Justizministerium Erfolg haben, würde Maier nicht nur aus dem Dienst entfernt, sondern ihm würden auch die Ruhestandsbezüge als Beamter aberkannt werden. (…) Das Dienstgericht des Bundes beim Bundesgerichtshof (BGH) will am 5. Oktober über den Fall Jens Maier verhandeln. Er wehrt sich gegen ein Urteil des Leipziger Dienstgerichts für Richter, mit dem seine Versetzung in den Ruhestand für zulässig erklärt wurde.“ Meldung vom 17.08.2023 im Migazin externer Link („Disziplinarklagen gegen AfD-Mann und Richter“)
  • Den Dammbruch in Kauf genommen
    Zu Recht wurde vor einem Dammbruch gewarnt, der mit der Rückkehr extrem rechter Richter*innen in den Justizdienst einhergehen würde. Die erhofften Selbstreinigungskräfte der Justiz haben (bisher) versagt, mit den vorhandenen Instrumenten des Rechts wird schwieriges juristisches Neuland betreten.
    Die sächsische Justiz und die Berliner Senatsverwaltung wussten, dass mit dem Ausscheiden der AfD-Abgeordneten Jens Maier und Birgit Malsack-Winkemann aus dem Deutschen Bundestag im September 2021 ein Problem auf sie zukommt. Beide Abgeordnete konnten nun binnen drei Monaten ihre Rückkehr in den Staatsdienst als Richter*innen beantragen. Anstatt aber eine juristische Prüfung und politische Debatte um die Problematik in Gang zu setzen, ignorierten das von den Grünen geführte sächsische Justizministerium sowie die linke Berliner Justizsenatorin zunächst das Problem. In Sachsen wurde dann mit fadenscheinigen Argumenten der Versuch unternommen, die eigene Verantwortung vom Tisch zu wischen, um schlussendlich unter öffentlichem Druck doch aktiv zu werden. Auch der Berliner Justizsenat unternahm schlussendlich den Versuch, die Richterin vorzeitig in den Ruhestand zu versetzen. Juristisch gibt es zwei Wege, um extrem rechte Richter*innen aus dem Staatsdienst auszuschließen: die sogenannte Richteranklage unter Federführung des Parlaments und das disziplinar- beziehungsweise dienstrechtliche Verfahren unter Hoheit des*der Dienstherr*in – bei den im Raum stehenden Vorwürfen meist des Justizministeriums. Die verschiedenen Verfahren sind auch parallel möglich. (…)
    Auffällig in der ganzen Debatte ist, dass bis auf die Ausnahme der Neuen Richtervereinigung aus der Justiz keine kritischen Stimmen zu hören sind. Dieses Wegducken und Ignorieren durch die Richter*innenschaft lässt befürchten, dass in der (sächsischen) Justiz nur schwache Selbstreinigungskräfte vorhanden sind. Es ist aber die Notwendigkeit – und im Übrigen rechtlich meist unkompliziert möglich – Richter*innen oder Staatsanwält*innen, die mit rassistischen, homo- oder transphoben, antisemitischen oder sozialdarwinistischen Einstellungen beziehungsweise Äußerungen auffallen, in der Justiz selbst zu reglementieren. Sei es, dass diese nicht mehr als Einzelrichter*innen entscheiden können, sei es, dass Disziplinarverfahren angestoßen werden oder sei es, dass in ihre Zuständigkeit keine hochsensiblen Bereiche wie das Asylrecht fallen. Dafür müsste aber die Richter*innenschaft ein Problembewusstsein entwickeln und Verantwortung übernehmen.“ Artikel von Kati Lang im Antifa-Magazin »der rechte rand« Ausgabe 199 vom November/Dezember 2022 externer Link
  • „Nicht mehr tragbar“. Früherer AfD-Abgeordneter und Richter darf nicht zurück auf Richterbank. Noch ist aber unklar, ob damit das letzte Wort gesprochen ist. 
    „Der frühere AfD-Bundestagsabgeordnete und Landrichter Jens Maier wird wegen verfassungsfeindlicher Äußerungen in den Ruhestand versetzt. Das hat das sächsische Dienstgericht für Richter am Donnerstag in Leipzig entschieden. Die drei Richter folgten damit einem Antrag der sächsischen Justizministerin Katja Meier (Grüne), den ehemaligen AfD-Abgeordneten in den Ruhestand zu versetzen (Az. 66 DG 2/22). „Es ist zwingend geboten, Herrn Maier zur Wahrung des Rechtsfriedens in den Ruhestand zu versetzen“, sagte der Vorsitzende Richter, Hanns-Christian John, in der Urteilsbegründung. „Er ist nicht mehr tragbar.“ Mildere Mittel als die Versetzung in den Ruhestand seien nicht gegeben. Das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Person Maiers habe in so hohem Maße Schaden genommen, dass seine Rechtsprechung nicht mehr glaubwürdig erscheine. Durch sein Verbleiben in dem ihm anvertrauten Amt wäre das öffentliche Vertrauen in eine unabhängige und unvoreingenommene Rechtspflege beseitigt oder gemindert. (…) Richter John sagte, es sei zu berücksichtigen gewesen, dass der 60 Jahre alte Maier ohnehin keine lange Dienstzeit mehr gehabt hätte. Die Versetzung in den Ruhestand habe keinen Strafcharakter, sondern diene dazu, dass die Rechtspflege nicht beeinträchtigt werde. Bei seiner Entscheidung habe das Gericht ausschließlich Tatsachen berücksichtigt, die in die Zeit Maiers als Abgeordneter fallen. „Hierbei handelt es sich um Äußerungen und Verhaltensweisen von Herrn Maier, die außerhalb des Bundestags gefallen sind oder sich ereignet haben“, sagte John. (…) Im März hatte das Dienstgericht bereits ebenfalls auf Antrag der Justizministerin dem 60-Jährigen vorläufig die Führung der Amtsgeschäfte untersagt. Diese Entscheidung bleibt weiterhin gültig, da das Urteil von Donnerstag noch nicht rechtskräftig ist. Es kann noch Revision zum Dienstgericht des Bundes beim Bundesgerichtshof eingelegt werden. Maier darf also wie bereits seit Ende März weiterhin nicht als Richter arbeiten, bekommt allerdings weiterhin sein Richtergehalt. In der Verhandlung am Donnerstag hatte der Anwalt Maiers vergeblich beantragt, das Verfahren des Dienstgerichts wegen einer anhängigen Klage vor dem Verwaltungsgericht Dresden auszusetzen. Mit der Klage vor dem Verwaltungsgericht will Maier erreichen, dass er vom sächsischen Verfassungsschutz nicht mehr als Rechtsextremist bezeichnet werden darf.“ Beitrag von Sven Eichstädt vom 1. Dezember 2022 im MiGAZIN externer Link
  • Gericht untersagt Ex-AfD-Abgeordneten Maier die Amtsgeschäfte 
    „… Der rechtsextreme frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier muss seinen Richterstuhl vorerst räumen. Das Dienstgericht für Richter in Leipzig untersagte ihm am Freitag in einem Eilverfahren die Amtsgeschäfte. Das Vorgehen sei zeitlich begrenzt bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag des sächsischen Justizministeriums, Maier in den Ruhestand zu versetzen, teilte das Dienstgericht in Leipzig mit. Über die Ruhestandregelung werde gesondert entschieden. Das Gericht befürchtet, dass Maier „aufgrund seiner exponierten Tätigkeit im ‚Flügel‘ der AfD in der Öffentlichkeit als Rechtsextremist wahrgenommen werde“. Dies könne zu einer schweren Beeinträchtigung der Rechtspflege führen, weil seine Rechtsprechung nicht mehr als glaubwürdig erscheinen könne. (…) Ein Richter habe nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb seines Amtes, auch bei politischen Betätigungen, sich so zu verhalten, dass das Vertrauen in seine Integrität und Unabhängigkeit nicht gefährdet wird. Der Beschluss des Dienstgerichts für Richter sei unanfechtbar, hieß es weiter. Maier erhalte weiter Dienstbezüge und im Fall einer Versetzung in den Ruhestand auch Ruhestandsbezüge. (…) Der Fall Maier war Anfang Januar bekannt geworden. Ministerin Meier war wegen ihres anfangs zurückhaltenden Agierens scharf kritisiert worden.“ Meldung vom 28. März 2022 von und bei MiGAZIN externer Link
  • Ein Rechtsextremist als Richter in Sachsen – RAV verurteilt die Untätigkeit der sächsischen Justiz 
    „Dass Jens Maier ab heute, 14. März 2022 wieder als Richter im Freistaat Sachsen tätig sein wird, offenbart erneut die eklatanten Fehler, die seitens des Ministeriums, der Justiz und der im Sächsischen Landtag vertretenen demokratischen Parteien gemacht wurden. Nicht nachvollziehbar ist, weshalb das Richterdienstgericht nicht innerhalb eines Monats über den Eilantrag des Justizministeriums über das vorläufige Untersagen der Führung der Dienstgeschäfte entscheiden konnte oder wollte. Von offizieller Seite heißt es zur Begründung dazu, dass sich das Richterdienstgericht an einer Entscheidung gehindert gesehen habe und nicht absehbar wäre, wann überhaupt eine Entscheidung getroffen würde. Jens Maier ließe sich durch einen Rechtsanwalt aus Köln vertreten, dem zunächst Akteneinsicht über das Amtsgericht Köln gewährt würde und der sich dann zu dem Antrag äußern wolle. Diese Begründung überzeugt nicht: Sämtliche Anwälte und Anwältinnen sind verpflichtet, Zustellungen digital über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) entgegenzunehmen. Die Kommunikation an das Gericht hat ausschließlich über das beA zu erfolgen. Weshalb die Akteneinsicht nicht kurzfristig über das beA erfolgen konnte, erschließt sich nicht. Dazu Rechtsanwältin Kati Lang, Mitglied im erweiterten Vorstand des RAV aus Dresden: ›Aus anwaltlicher Erfahrung erscheint es höchst verwunderlich, weshalb über ein Eilverfahren nicht innerhalb eines Monats ab Antragseingang unter Wahrung des rechtlichen Gehörs entschieden werden kann. Vielmehr erscheint das Vorgehen des Richterdienstgerichts verzögernd und nicht dem Beschleunigungsgedanken eines Eilverfahrens – gerade in Anbetracht des im Raum stehenden Schadens für die Rechtspflege – entsprechend.‹ (…) Dabei gäbe es eine Vielzahl von Möglichkeiten der Justiz, wie im Rahmen der internen Kammerverteilung (Verhinderung von Einzelrichterentscheidungen), durch Geschäftsverteilungspläne, oder auch seitens der Staatsanwaltschaften durch Befangenheitsanträge prozessual legitimiert rechte Amtsträger*innen ausbremsen könnte…“ RAV-Pressemitteilung vom 14. März 2022 externer Link
  • OffenerBrief zur dauerhaften Enthebung von Jens Maier aus dem Richteramt – auch vorzeitiger Ruhestand ist keine gute Lösung
    Sehr geehrte Frau Staatsministerin, wir fordern Sie auf, den Wiedereintritt von Jens Maier in das Richteramt zu verhindern. Zwar begrüßen wir Ihre Initiative, Maier in den vorzeitigen Ruhestand zu versetzen, doch reicht dies in unseren Augen absolut nicht aus. Nutzen Sie bitte Ihre Position als Sächsische Staatsministerin der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung. Streben Sie bitte sofort ein Disziplinarverfahren gegen Maier an! (…) In der Summe muss davon ausgegangen werden, dass auch in Zukunft die Gefahr besteht, dass Maiers richterliche Entscheidungen durch seine politische Einstellung deutlich gefärbt sein werden. Unserer Meinung nach hat Maier die ihm obliegenden Pflichten aus dem Richteramt schuldhaft verletzt und sich für ein Disziplinarverfahren, gemäß § 13 des Sächsischen Disziplinargesetzes (SächsDG) hinreichend qualifiziert. Wir sind überzeugt davon, dass eine Wiedereingliederung Maiers in die Justiz dem von Ihrem Ministerium am 21.12.2021 veröffentlichten »Gesamtkonzept gegen Rechtsextremismus« diametral entgegensteht. (…) Selbstverständlich sehen auch wir die Mitglieder des Sächsischen Landtages in der Pflicht eine Richteranklage gemäß Art. 80 der Sächsischen Verfassung in Verbindung mit Art. 98. Abs. 2 GG zu erheben. Doch bevor es dazu kommt, sehen wir Sie als Dienstherrin in der Pflicht, alle disziplinarrechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen…“ Offener Brief an die Sächsische Justizministerin Katja Meier externer Link zum Mitzeichnen durch Organisationen (wir haben!) bei Dresden nazifrei
  • Dienstgericht hat nicht rechtzeitig entschieden: Jens Maier wird vorerst wieder Richter
    „Jens Maier wird am 14. März 2022 seinen Dienst als Richter am Amtsgericht (AG) Dippoldiswalde antreten. Eigentlich wollte das sächsische Justizministerium verhindern, dass der ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete, der mehrfach mit rassistischen und völkischen Aussagen auffiel, in die Justiz zurückkehrt. Doch das Dienstgericht für Richter beim Landgericht Leipzig hat über den Antrag des Justizministeriums, das Maier vorläufig die Ausübung der Dienstgeschäfte untersagen wollte, nicht rechtzeitig entschieden…“ Meldung bei LTO online vom 11. März 2022 externer Link
  • Was tun gegen rechte Richter? Der Fall Jens Maier ist eine Blamage der Justiz
    „Das AfD-Mitglied Jens Maier wird nach seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter ins Richteramt zurückkehren. Danach soll er in den Ruhestand versetzt werden – ob es zu einem Disziplinarverfahren wegen seiner rechten Äußerungen kommt, ist unklar. Der Fall ist eine Blamage der Justiz (…) Fischer-Lescano nimmt in seinem Text »Warum der Rechtsextremist Jens Maier nicht wieder Richter werden darf« die Position ein, Maiers rechte Äußerungen vor und während seiner Abgeordnetenzeit seien disziplinarrechtlich als schwere Dienstvergehen zu behandeln und würden seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigen. Dass die zuständige Justizministerin Sachsens, Katja Meier von den Grünen, eine solche Entlassung erst gar nicht auf den Weg gebracht habe, wertet er als »Versagen der vermeintlich wehrhaften Demokratie«. Das Geschehen zeige exemplarisch, so Fischer-Lescano weiter, »wie ungehindert der rechtsextreme Marsch durch die Institutionen vonstatten geht«. (…) Unabhängig vom konkreten Umgang mit dem ehemaligen AfD-Abgeordneten Maier stellt sich allerdings die Frage, wie die Justiz selbst mit Beamt*innen umgeht, die während ihrer Diensttätigkeit oder in ihrem Privatleben öffentlich rassistisches, antisemitisches oder völkisches Gedankengut zur Schau stellen. Eine Diskussion, die immer nur in Hinblick auf eine mögliche Entlassung aus dem Beamtenverhältnis geführt wird, kann die Alltagsprobleme, die in der Justiz grassieren, nicht beantworten. Sie begibt sich zudem in gefährliche Nähe zu autoritären Positionen wie etwa Berufsverboten, die letztlich erfahrungsgemäß ohnehin vor allem gegen Linke eingesetzt werden. Die Unabhängigkeit der Justiz und damit der Richter*innen ist für eine rechtsstaatliche Ordnung unverzichtbar. Die Justiz muss daher selbst Wege finden, mit Richter*innen oder Staatsanwält*innen umzugehen, die beispielsweise Mitglieder oder bekennende Sympathisanten der AfD sind. Der Fall Maier zeigt stattdessen, wie wenig »Selbstreinigungskräfte« innerhalb der Justiz vorhanden sind. (…) [E]ine wirkliche Veränderung muss, in der Justiz wie in der Gesamtgesellschaft, von unten beginnen – dann bleibt nur die Frage, ob die zuständigen Ministerien dies unterstützen oder bekämpfen. Das Verhalten der Justizminister*innen in Sachsen und Thüringen lässt hier allerdings wenig Mut aufkommen.“ Artikel von Alexander Hoffmann und Kristin Pietrzyk vom 11. März 2022 in neues Deutschland online externer Link
  • Weiter im Beitrag von Andreas Fischer-Lescano vom 10. Januar 2022 beim Verfassungsblog externer Link: „… Äußerungen und Verhalten von Jens Maier in seiner Abgeordnetenzeit affizieren sein Beamtenverhältnis. Wie und in welcher Weise soll Jens Maier je wieder Gewähr dafür bieten, die Unabhängigkeit der Justiz und ihre Bindung an Menschenwürde und Gleichheit zu achten? In welchen Verfahren soll ein Richter wie Jens Meier je unbefangen urteilen? Ist denn irgendein Rechtsstreit denkbar, indem der Anschein nicht besteht, dass ein Rassist und Rechtsextremer nicht seine völkisch-nationalen Vorannahmen in das Verfahren einbringt? Wie könnte ein Rassist je die „unbedingte Neutralität gegenüber den Verfahrensbeteiligten“ wahren, die das BVerfG zuletzt im Hinblick auf den Gießener Verwaltungsrichter Andreas Höfer („Migration tötet“) so zutreffend eingefordert hat (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 01. Juli 2021 – 2 BvR 890/20, Rn. 14)? Wie soll es Rechtssuchenden – also der Allgemeinheit – je zumutbar sein, in einem Rechtsstreit Vertrauen in die Unabhängigkeit und Gerechtigkeitsvorstellung eines furchtbaren Juristen wie Jens Maier zu fassen? Indem das Sächsische Justizministerium trotz der rechtsextremen Verfehlungen des Rassisten und Faschisten Jens Maier dessen Rückkehranspruch auf ein Richter*innenamt nach § 6 AbgG bejaht und sich zu seiner disziplinarrechtlichen Sanktionierung ausschweigt, verweigert es sich dem Kampf gegen den Rechtsextremismus in der sächsischen Justiz. Es ist mir – offen gesagt – ein Rätsel, wie die grüne Justizministerin Katja Meier meint, dennoch vollmundig bekunden zu können, dass die sächsische „Staatsregierung den Rechtsextremismus als vordringliches Problem anerkannt“ hat.“
  • Andreas Fischer-Lescano zeigt in dem Beitrag als Jurist erstens, dass gegen solche Wiedereinsetzung von rassistischen Richtern (und Staatsanwälten) durchaus auch rechtlich-begründeter Widerstand möglich ist (etwas, was die von mir zitierten LTO-Bewertungen gerade weglassen). Zweitens – was wahrscheinlich noch wichtiger ist – lässt sich Fischer-Lescanos Argumentation auf ähnliche Fälle von Nazis im Staatsdienst übertragen, was logischerweise für einen antifaschistischen Kampf nicht unwichtig ist. (auch zu der unterschiedlichen Behandlung von rechts und links bringt Fischer-Lescano was). Letztlich ist dies auch ein Beitrag zu der grundsätzlichen Debatte von verbeamtete Nazis im Staatsdienst und die zum institutionellen Rassismus bzw. zu dessen Verharmlosung – also kein Einzelfall.
  • Wie die rechts orientierte Justiz Verfassungstreue prüft
    Von einem besonders kritikwürdigen Aspekt im Zusammenhang mit Radikalenerlassen berichtete Dr. Joachim Wagner am 6. Januar 2022 bei LTO externer Link – allerdings ohne Kritik: Der rechtsextreme AfD-Politiker Jens Maier darf wieder Richter sein (nur nicht an einem Gericht seiner Wahl). So entschied jüngst das sächsische Justizministerium aufgrund Maiers Wiedereinstellungsantrag. Meiers Personalakte sei wieder sauber, „nachdem ein Verweis aus einem Disziplinarverfahren nach zwei Jahren gelöscht worden ist.“ Aber was ist mit Meiers Gesinnung? „Er selbst hat sich einmal als “kleiner Höcke” bezeichnet. 2019 wurde er wegen eines Tweets, in dem er Noah Becker, ältester Sohn von Tennislegende Boris Becker, rassistisch beleidigte, zu einer Geldstrafe verurteilt. Im Wahlkampf 2017 hat er im Brauhaus Watzke vor der “Herstellung von Mischvölkern” gewarnt und den “Schuldkult” für “endgültig” beendet erklärt und sagte über die NPD, diese sei “die einzige Partei […], die immer geschlossen zu Deutschland gestanden hat”. Ebenfalls bei LTO beschäftigten sich bereits am 12. April 2019 Pia Lorenz und Dr. Markus Sehl externer Link mit der Frage: „Wie die Justiz Verfassungstreue prüft“ anlässlich des Staatsanwaltes Martin Zschächner, zu dem ein Anwalt, der nach eigenen Angaben mit Zschächner in Heidelberg studiert hat, anmerkte: “Wir nannten ihn nur den ‘Jura-Nazi’. Wer hat denn den zum Staatsdienst zugelassen. Jemanden, der nur 50% so links ist wie der rechts, würde man nie einstellen.“ Wie wahr, wie wahr. Lorenz und Sehl merken dazu jedoch an: „Aber nach jetzigem Kenntnisstand gibt es nichts, was einen Eintritt in den Staatsdienst hätte verhindern müssen.“ Weil er eben rechts und nicht links orientiert war? Nein. Zumindest nach Lorenz und Sehl soll viel mehr gelten: „Nach ständiger Rechtsprechung gibt es zwischen der Mitgliedschaft in einer Partei und verfassungstreuem Verhalten, das von allen Beamten, Richtern und Soldaten als sogenannte ständige Dienstpflicht erwartet wird, keinen Zusammenhang. Und zwar auch dann nicht, wenn die Partei verfassungsfeindliche Ziele verfolgt oder vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Sondern erst dann, wenn sie verboten würde. Zu diesem Ergebnis kommt aktuell auch das Bundesinnenministerium (BMI). Die “reine Zugehörigkeit” eines Beamten zu einer Partei sei “beamtenrechtlich ohne Relevanz”, heißt es laut übereinstimmenden Medienberichten als Ergebnis einer “vertieften Prüfung”, die Seehofer im Februar eingeleitet hatte. (…) Seit den achtziger Jahren hat die beamtenrechtliche Rechtsprechung klare Grundsätze aufgestellt: Der Eintritt in das Beamtenverhältnis kann einem Bewerber erst verwehrt werden, wenn er aus seiner verfassungsfeindlichen politischen Überzeugung Folgerungen zieht – für die Erfüllung seiner Dienstpflichten, für den Umgang mit seinen Mitarbeitern oder für politische Aktivitäten.“ Warum diese Grenzziehung beim verfassungsfeindlichen Jens Maier nicht gelten soll, bleibt ein offenes Geheimnis des sächsischen Justizministeriums. Kein Geheimnis ist jedoch die staatliche Verharmlosung rechter Ideologie in den eigenen Reihen und die Verteuflung verfassungskonformer Anschauungen, bloß weil sie dem Verfassungsschutz zu links erscheinen. Das hat auch sehr bedenkliche praktische Konsequenzen: Rechte Richter und Staatanwälte wird man so eher im Rechtstreit antreffen, als links orientierte. Kein Wunder also, dass es bei dem Kampf gegen rechte Strömungen im Staatsdienst nichts so recht weitergeht. Verheerend kann die rechte Gesinnung von Staatsanwaltschaft und Richter auch bei Ermittlungsverfahren und Prozessen sein, bei denen es um Straftaten von Beamten (z.B. Polizei) geht.” Beitrag von Armin Kammrad vom 8. Januar 2022 (ursprünglich bei uns veröffentlicht im Dossier „Der 50. Jahrestag des Radikalenerlasses steht bevor – die Zeit ist reif, mehr Demokratie zu wagen!“ 

Siehe zum Thema auch:

  • Neues Buch eines Justizjournalisten: „Rechte Richter“ – alles nur Einzelfälle?
    „Unterschätzt die Justiz die Gefahr durch Verfassungsfeinde in den eigenen Reihen? (…) Ein AfD-Politiker verliert seinen Staatsanwaltsposten externer Link wegen rassistischer Äußerungen, die AfD stellt Verfassungsrichter in Bayern und Baden-Württemberg externer Link, Gerichte fällen nachlässige Urteile zu NPD-Plakaten wie „Migration tötet“ externer Link. Wenn es eine Bedrohung von rechts für die deutsche Justiz gibt, dann zeigt sie sich in Einzelfällen. Doch die Gesamtschau von Einzelfällen kann auf eine gefährliche Tendenz hindeuten – so lässt sich jedenfalls der erste Befund von Joachim Wagner in seinem neu erschienenen Buch „Rechte Richter – AfD-Richter,- Staatsanwälte und -Schöffen: eine Gefahr für den Rechtsstaat?“ zusammenfassen. Der Jurist Wagner, viele Jahre Justizjournalist und zuletzt stellvertretender Chefredakteur im ARD-Hauptstadtstudio, beschäftigt sich schon geraume Zeit mit der Frage, wie die Justiz auf neue Herausforderungen reagieren kann, die mit dem Auftauchen der AfD, mit verbreitetem Rechtsextremismus und Antisemitismus in Gesellschaft und Behörden zusammenhängen. Schon diese Herausforderungen überhaupt sichtbar zu machen und zu systematisieren, ist eine Leistung des Buchs von Wagner. Weil wie, wenn nicht über Einzelfälle, lässt sich ein solches Phänomen beschreiben? (…) „Die Justiz hat dem Problem der AfD-nahen Richter, Staatsanwälte und Laienrichter bisher wenig bis keine Aufmerksamkeit geschenkt“, heißt in der Einleitung. Das Argument aus der Justiz: Ein paar Dutzend Einzelfälle bei 26.240 aktiven Richtern und Staatsanwälten in Deutschland sei „kein Problem“. Wagner hat offenbar bei seiner Recherche zahlreiche Gespräche mit Justizvertretern geführt. Dem größten deutschen Verband für Richterinnen und Staatsanwälte, der Deutsche Richterbund, wirft er vor, dass Problem zu unterschätzen. Auch die eher linksliberal Neue Richtervereinigung habe sich nur selten zum Thema geäußert. Wagner sieht eine Diskussion, „die in den Anfängen steckengeblieben ist.“ Er warnt: Gerade Einzelfälle von extremistischen Richtern oder Staatsanwälten können dem Ansehen der Justiz schaden, wenn sie ihre besondere Stellung missbrauchen. (…) Bundesweite Einführung einer Regelanfrage beim Verfassungsschutz? (…) Der Regelanfrage hängt immer noch der Verdacht aus Zeiten eines „Radikalenerlasses“ an, Kritiker fürchten eine Justiz, die unter Generalverdacht gestellt wird, wieder andere versprechen sich von der Überprüfung schlicht nicht allzu viel…“ Rezension von Dr. Markus Sehl vom 4. September 2021 bei Legal Tribune Online externer Link zu „Rechte Richter, AfD-Richter, -Staatsanwälte und -Schöffen: eine Gefahr für den Rechtsstaat?“ von Joachim Wagner 2021 beim Berliner Wissenschafts-Verlag externer Link zum Preis von 29 Euro (194 Seiten)

Siehe auch im LabourNet:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=196829
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