FAIRWANDEL-Aktionstag 29. Oktober 2021 der IG Metall: „Wir demonstrieren für unsere Zukunft“

FAIRWANDEL-Aktionstag 29. Oktober 2021 der IG Metall: "Wir demonstrieren für unsere Zukunft"Die Industrie ist im Umbruch, durch die Umstellung auf klimafreundliche Produktion und Produkte, durch die Digitalisierung. Hunderttausende Arbeitsplätze sind betroffen. Am 29. Oktober demonstrieren wir mit der IG Metall für die Zukunft unserer Arbeitsplätze. Der neue Bundestag ist gewählt. Die Gespräche möglicher Koalitionspartner laufen. Die neue Regierung muss die Weichen stellen, um unsere Zukunft zu sichern. Denn die Transformation ist in vollem Gange: die Klima- und Energiewende, der Umstieg auf Elektroautos, die Digitalisierung. Der Wandel gefährdet hunderttausende Arbeitsplätze. Und die Arbeitgeber investieren oft zu wenig in die Zukunft. Die IG Metall will den Wandel fair gestalten und gute Arbeit für unsere Zukunft sichern…“ Aus dem Aufruf der IG Metall externer Link zu Kundgebungen in mehr als 50 Städten externer Link für ihre Positionen und Forderungen: Für eine Politik des fairen Wandels externer Link , siehe einen Kommentar dazu und nun einen weiteren:

  • [IG Metall] Bundesweiter Aktionstag: 50 000 Metaller senden Weckruf an Politik und Arbeitgeber / Kuscheln für den „fairen Wandel“ New
    • [IG Metall] Bundesweiter Aktionstag: 50 000 Metaller senden Weckruf an Politik und Arbeitgeber
      Keine Entlassungen, sozialer Umbau der Industrie: Dafür sind heute mehr als 50 000 Metallerinnen und Metaller auf die Straße gegangen. In über 50 Städten demonstrierten sie für ihre Ziele. Am Berliner Reichstag übergaben sie ihre Forderungen direkt an die Politik…“ Bericht der IG Metall externer Link, siehe auch:
    • „… In Berlin schaffte es die Gewerkschaft nicht mehr als 500 ihrer Mitglieder heranzukarren, und das obwohl im dortigen Siemens-Dynamowerk, bei Daimler in Marienfelde, im Stahlwerk in Eisenhüttenstadt sowie weiteren Werken der Region Tausende Arbeiter um ihren Arbeitsplatz fürchten. Nach Eisenach, wo im Opel-Werk und den Thüringer Autozulieferern zwischen 5000 und 6000 Arbeitsplätze unmittelbar gefährdet sind, waren weniger als 1000 Menschen gekommen. In Nordrhein-Westfalen beteiligten sich nach Gewerkschaftsangaben insgesamt 9000 Arbeiter an den Aktionen in Köln, Düsseldorf, Lüdenscheid, Bielefeld und Duisburg. In der Stahlstadt wurde die Allianz zwischen der IG Metall und den Konzernen besonders deutlich. Die Gewerkschaft hatte vor das Thyssenkrupp-Stahlwerk im Duisburger Norden, in dem rund 12.000 Menschen arbeiten, zur landesweiten zentralen Kundgebung gerufen. Obwohl die IG Metall zusätzlich Stahlarbeiter aus Krefeld (Outokumpu und Deutsche Edelstahl-Werke), Bochum, Dortmund sowie aus dem Duisburger Süden mit Bussen hergebracht hatte, kamen nur wenige Tausend Teilnehmende zusammen. Dabei hatte Thyssenkrupp selbst „Betriebsruhe“ für den Großteil der Duisburger Belegschaft angeordnet. Wer nicht zur Aufrechterhaltung notwendiger Funktionen im Stahlwerk vorgesehen war, musste Zeitguthaben, Gleitzeit oder Urlaub nehmen. Der Aktionstag wurde offen von den Unternehmen unterstützt. Eine Thyssenkrupp-Sprecherin teilte mit, dass es sich bei der Kundgebung zwar um eine „reine IG- Metall-Veranstaltung“ handele, mit deren Zielen sich das Unternehmen aber identifizieren könne. Auch der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Hans Jürgen Kerkhoff, stellte sich voll hinter den Aktionstag…“ Aus dem Artikel von Dietmar Gaisenkersting vom 1.11.2021 bei wsws externer Link („Der Fair-Wandel-Aktionstag der IG Metall: Eine abstoßende Maskerade“)
    • Kuscheln für den „fairen Wandel“
      Am IG-Metall-Aktionstag für einen sozial-ökologischen Umbau bekamen auch Politiker von Parteien eine Bühne, die schon mehrere Jahre Zeit hatten, genau dieses Projekt anzugehen. Wer sich vom bundesweiten Aktionstag der IG Metall für einen „fairen Wandel“ ein kämpferisches Statement gegen faule Kompromisse bei den Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP versprochen hat, könnte enttäuscht sein. Denn eine Bühne bot die Gewerkschaft heute nicht zuletzt Spitzenpolitikern von Parteien, die in den letzten vier Jahren schon reichlich Gelegenheit hatten, den „fairen Wandel“ in die Wege zu leiten. Bei einer IG-Metall-Kundgebung vor der Zentrale der ThyssenKrupp-Stahlsparte in Duisburg hatte Nordrhein-Westfalens neuer Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) seinen ersten großen Auftritt. Der Nachfolger des gescheiterten Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet sagte dort Sätze wie: „Wir müssen alles tun, damit mit wir in Deutschland auch weiterhin Stahl wettbewerbsfähig produzieren können.“
      Alles tun für Wettbewerbsfähigkeit? Ging es nicht um irgendwas mit Nachhaltigkeit und sozialer Gerechtigkeit? Ach so: „Wenn wir wirklich was fürs Klima tun wollen, dann geht das nur, wenn wir der Welt vormachen, wie man dabei gute Arbeitsplätze, Wohlstand und soziale Sicherheit erhält. Denn sonst macht uns das auf der ganzen Welt keiner nach“, erklärte Wüst, als sei Deutschland weltweit Vorreiter in Sachen Klimaschutz und seine Partei schon immer für soziale Sicherheit gewesen. Zahlreiche Medien berichteten anschließend, Wüst habe den „Erhalt der Stahlindustrie in Deutschland“ gefordert. Als hätte den irgendjemand mit Macht und Einfluss zur Disposition gestellt. Selbst Umweltbewegte, die grenzenloses Wachstum aufgrund begrenzter Ressourcen infrage stellen, waren nie der Meinung, in Deutschland solle gar kein Stahl mehr verarbeitet werden, zumal sie sich für schwere Dinge möglichst kurze Transportwege wünschen, solange der Güterverkehr nicht klimaneutral ist. (…) Einen Ausstand gab es dafür nicht; interessierte Gewerkschaftsmitglieder mussten sich freinehmen oder Pausenzeiten für die Teilnahme nutzen. Im Berliner Regierungsviertel hatte Metall-Chef Jörg Hofmann unter anderem Noch-Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zum „politischen Frühstück“ eingeladen. Heil, der seit 1998 dem Bundestag angehört, also seit mehr als 20 Jahren nicht außerhalb des Politikbetriebs gearbeitet hat, war am Donnerstag demonstrativ Mitglied der IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) geworden. „Ich hoffe, ihr nehmt das nicht als Anbiederung wahr“, sagte Heil unter Applaus auf dem Kongress der Gewerkschaft, die sich an einigen Orten auch am „FairWandel“-Aktionstag beteiligte, obwohl sie einem Kohleausstieg vor 2038 kritisch gegenübersteht. Anders als die Umweltbewegung kritisierte IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis nicht, dass der Kohleausstieg laut Sondierungspapier der drei „Ampel“-Parteien „idealerweise“ – also nicht verbindlich – auf 2030 vorgezogen werden soll, sondern dass dies überhaupt in Betracht gezogen wird…“ Artikel von Claudia Wangerin vom 29. Oktober 2021 bei Telepolis externer Link
  • [Flyer der VKG zu IGM Aktionstag] Es gibt keinen fairen Wandel! Nur wenn wir uns aktiv wehren, können wir etwas erreichen! 
    Nicht nur die Automobilindustrie steht vor einem großen Umbruch. Auch andere Wirtschaftszweige (der gesamte Verkehrssektor, die Energieerzeugung usw.) werden in nächster Zeit umgebaut, also „transformiert“. Uns muss klar sein: In der bestehenden Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung wird so etwas niemals „fair“ ablaufen. Der Verband der Autoindustrie hat angekündigt, 178 000 Arbeitsplätze in den nächsten 3 Jahren zu vernichten und neue nicht in Deutschland entstehen zu lassen! In den anderen Branchen sieht es auch nicht besser aus! Deshalb: Wenn wir die Ziele erreichen wollen, die im Aufruf der IG Metall genannt sind, müssen uns ein paar Dinge klar sein: 1.) Keine Entlassungen?! Dann müssen wir endlich wieder Konfliktbereitschaft entwickeln und uns nicht auf den Abschluss von Interessensausgleichen und Sozialtarifverträgen zum „verträglicheren“ Abbau der Arbeitsplätze beschränken. Wir müssen kämpfen! (…) 2.) Zukunftsfähige Arbeitsplätze? Die werden wir nur über einen Umbau, also eine Konversion, durchsetzen können. Betriebe, die die Unternehmen schließen wollen, müssen stattdessen in gesellschaftliches Eigentum überführt werden (§2 IGM-Satzung). (…) 3.) 500 Milliarden für Zukunftsinvestitionen? In der Tat ist viel Geld nötig für den Umbau der Wirtschaft, damit wir so schnell wie möglich klimaneutral werden. Aber diese Mittel müssen bei den Reichen geholt werden. (…) Leider beschränkt sich unsere Organisation (noch) darauf, an Regierung und „Arbeitergeber“ zu appellieren. Appelle juckt die nicht! Einmalige Kundgebungen verpuffen und Kamingespräche im Kanzleramt haben noch keinen einzigen Arbeitsplatz gerettet…“ Flyer der VKG zu IGM Aktionstag externer Link vom 27. Oktober 2021
  • Aktionstag der IG Metall: Hartnäckige Kämpfe gegen die Angriffe des Kapitals notwendig
    Am 29. Oktober ruft die IG Metall zum bundesweiten Aktionstag „Fairwandel“ auf. In jedem Bezirk soll es an diesem Tag Aktionen, Kundgebungen, Demos usw. geben. Mit dem Aktionstag will die IGM Druck machen auf die Politik. „Die Bundesregierung muss die Weichen stellen, um unsere Zukunft zu sichern“, heißt es im Aufruf. Und dies sind die Forderungen der IG Metall an die neue Bundesregierung:

    • „sichere Brücken in die Arbeitswelt von Morgen – keine Entlassungen in der Transformation.
    • eine aktive Industrie- und Strukturpolitik für zukunftsfähige Arbeitsplätze – an unseren Standorten, in unseren Regionen. Klimaschutz geht nur mit Guter Arbeit.
    • 500 Milliarden Euro öffentliche Zukunftsinvestitionen bis 2030
    • eine solidarische Finanzierung – Lasten und Kosten gerecht verteilen, Krisengewinner zur Kasse bitten“

    Die Forderungen sind eher unkonkret, auch wenn einige in die richtige Richtung gehen, aber es bleibt bei eher hilflos klingenden Appellen an Staat und Kapital wie „Die neue Bundesregierung muss jetzt die richtigen Weichen stellen“ oder „Die Arbeitgeber sind in der Pflicht: Sie müssen Strategien für den Umbau von Produktion, Lieferketten und Wertschöpfungsnetzwerken entwickeln – gemeinsam mit uns.“ Damit werden Illusionen geschürt. Dass das Kapital andere Interessen hat, als die Beschäftigten, findet in dem Aufruf keine Erwähnung. Sie unterstellen dem Kapital Fehler: „Die Unternehmen investieren zu wenig. Vielen fehlen Ideen und Konzepte für Geschäftsmodelle der Zukunft.“ Die Kapitalisten wissen genau, warum sie Standorte schließen, Zehntausende KollegInnen rausschmeißen, in Billiglohnländer investieren und auswandern, die Arbeit verdichten, Betriebsräte mobben, Tarifverträge unterwandern, betriebliche Errungenschaften kürzen: das alles dient ihrer Profitmaximierung. Das ist ihr Konzept.

    Die KollegInnen von Bosch München kämpfen seit Monaten gegen die Schließung des Standortes. In einer Erklärung der Beschäftigten heißt es: „Der Versuch, unser Werk nach Nürnberg, Tschechien oder Brasilien zu verlagern, hat nur einen Grund: Man verspricht sich davon größere Profite. Dieser Wunsch und nicht der Klimaschutz steht hinter der Schließung.“ Diese Beschäftigten haben unser kapitalistisches System besser durchschaut.

    KollegInnen von Mahle schreiben in der Mahle-Solidarität-Sonderausgabe: „Wir haben immer betont, dass ein Aktionsplan für alle Betriebe nötig ist. Dass der Widerstand aufgebaut und koordiniert werden muss. Dazu müssen sich die Belegschaften wirklich zusammenschließen und nicht darauf hoffen, dass die andere zuerst zerstört werden!“ und sie geben damit die Richtung vor, in die der Aktionstag gehen muss: Ein Auftakt für weitere Aktionen und gemeinsamen Widerstand gegen die Angriffe des Kapitals. Mahle-Behr Feuerbach kämpft seit über einem Jahr hartnäckig gegen weitere Entlassungen – seit Juli letzten Jahres demonstrieren sie jede Woche um’s Werksgelände, protestieren gegen die Pläne der Geschäftsleitung und informieren sich gegenseitig. Am letzten Dienstag (nach Redaktionsschluss) gab es einen gemeinsamen Aktionstag mit anderen Mahle-Betrieben und anderen Feuerbacher Betrieben.

    Wichtig sind der gemeinsame Kampf, sowie hartnäckige Nadelstiche gegen das Kapital, die schmerzen. Ohne Streiks werden die Angriffe nicht abgewehrt werden können. Ein notwendiger Stellhebel ist der Kampf für kürzere Arbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich, um damit die vorhandene Arbeit auf alle zu verteilen, um die Entlassungen zu verhindern. Stehen doch allein im Bereich der Automobilindustrie bis 2025 rund 178.000 Arbeitsplätze auf der Schleuder. Unter dem Deckmantel „Transformation“ wird Arbeitsplatzvernichtung und -verlagerung vorangetrieben, um noch mehr Profit aus den Belegschaften pressen zu können. Dringend notwendige Maßnahmen zum Klimaschutz werden so gegen die KollegInnen ausgespielt. Dem müssen wir breiten und koordinierten Widerstand entgegensetzen. Nehmen wir diesen Aktionstag als Auftakt.
    Die Aktionen sind auf den bezirklichen Seiten der IG Metall zu finden.“ Kommentar von Christa Hourani vom 22.10.2021. Es ist die ungekürzte Fassung des Beitrags von Christa Hourani in der UZ vom 22. Oktober 2021 externer Link – wir danken der Autorin!

  • 29. Oktober: IG Metall plant Aktionstag für Job- und Klimarettung. Den Investitionen für einen „fairen Wandel“ steht in einem möglichen „Ampel-Bündnis“ vor allem die FDP im Weg. Die Gewerkschaft will nun auf der Straße Druck machen
    „… Gefordert werden darauf unter anderem der Anspruch auf eine zweite Ausbildung und ein Transformationskurzarbeitergeld sowie die Möglichkeit, nach 45 Versicherungsjahren mit 63 Jahren in Rente zu gehen. Für die Arbeitswelt von morgen seien ein „konkreter Plan, mit Zukunftstarifvertrag, Qualifizierung und Mitbestimmung“ und 500 Milliarden Euro öffentliche Investitionen bis 2030 erforderlich. Schwer vorstellbar ist, dass die FDP dazu in Koaltionsverhandlungen mit dem Wahlsieger SPD und den Grünen ihren Segen geben würde, falls diese beiden Parteien überhaupt nachdrücklich versuchen, dergleichen durchzusetzen. In einer „schwarz-grün-gelben“ Koalition wäre es noch viel weniger denkbar. Die FDP hat laut Medienberichten den Verzicht auf Steuererhöhungen bereits zur Bedingung für eine Regierungsbeteiligung gemacht, während SPD und Grüne im Wahlkampf versprochen haben, den Spitzensteuersatz zu erhöhen, damit bitter nötige Investitionen gestemmt werden können. Der Druck für nachhaltige, „enkeltaugliche“ Jobs müsste also aus den Betrieben selbst kommen…“ Beitrag von Claudia Wangerin vom 04. Oktober 2021 in Telepolis externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=194500
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