Teilzeit, Leiharbeit, Minijobs: Jeder Fünfte in „atypischer“ Beschäftigung
„… Rund sieben Millionen Menschen arbeiten in Deutschland in sogenannten atypischen Beschäftigungsverhältnissen, also zum Beispiel in Teilzeit mit weniger als 20 Wochenstunden oder mit einem befristeten Anstellungsvertrag. Das seien 20,9 Prozent der insgesamt 33,4 Millionen abhängig Beschäftigten, wie die „Neue Osnabrücker Zeitung“ („NOZ“) unter Berufung auf eine Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes berichtet. Der Statistik zufolge gibt es außerdem 4,5 Millionen Teilzeit-Beschäftigte mit mehr als 20 Wochenstunden. (…) Die Zahlen stammen aus einer Sonderauswertung des Mikrozensus 2020 durch das Statistische Bundesamt, welche die Linksfraktion im Bundestag in Auftrag gegeben
hatte. (…) Unterm Strich arbeiten laut der Linken rund 11,5 Millionen von 33,4 Millionen Beschäftigten nicht in sogenannten Normalarbeitsverhältnissen…“ Meldung vom 24. September 2021 in tagesschau.de
und dazu:
- Die „atypische“ Beschäftigung schrumpft (weiter). Drei von vier „Kernerwerbstätigen“ sind normal beschäftigt
„Da kommen positive Nachrichten aus dem Statistischen Bundesamt. Nach Angaben der Bundesstatistiker lag der Anteil atypisch Beschäftigter an allen „Kernerwerbstätigen“ im Jahr 2024 bei 17,2 Prozent. Damit hält der kontinuierliche Rückgang seit Beginn der 2010er Jahre an (…) Kernerwerbstätige sind Erwerbstätige im Alter von 15 bis 64 Jahren, ohne Personen in Bildung, Ausbildung oder Freiwilligendiensten. Kernerwerbstätige werden unterschieden in Selbstständige, sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einem Normalarbeitsverhältnis oder in atypischer Beschäftigung. (…) Bezieht man die atypisch Beschäftigten auf alle Kernwerbstätige, dann zeigt sich das folgende Bild: (…) Im Jahr 2010 hatte der Anteil atypisch Beschäftigter noch bei 22,6 Prozent gelegen. In diesem Zeitraum ist bei allen Formen der atypischen Beschäftigung ein Rückgang zu verzeichnen: Der Anteil befristet Beschäftigter sank von 8,1 Prozent auf 5,9 Prozent, der von Teilzeitbeschäftigten bis 20 Wochenstunden von 14,1 Prozent auf 10,9 Prozent und der von geringfügig Beschäftigten von 7,2 Prozent auf 4,2 Prozent. Zeitarbeit erreichte 2017 seinen größten Beschäftigungsanteil mit 2,5 Prozent. Im Jahr 2024 lag er bei 2,1 Prozent. Der auch 2024 deutlich höhere Anteil von Frauen in atypischer Beschäftigung von 25,0 Prozent gegenüber den 10,2 Prozent bei den Männern lag vor allem an der Teilzeitbeschäftigung mit einem Umfang von bis zu 20 Stunden pro Woche. 19,4 Prozent der Frauen in Kernerwerbstätigkeit gingen einer solchen Beschäftigung nach, aber nur 3,4 Prozent der Männer. Zudem waren Frauen mit 6,5 Prozent deutlich häufiger geringfügig beschäftigt als Männer (2,2 Prozent). Knapp drei von vier (74,8 Prozent) Kernerwerbstätigen waren 2024 in einem Normalarbeitsverhältnis beschäftigt. Im Jahr 2010 war der Anteil mit 65,8 Prozent noch deutlich geringer. Der Anstieg ist unter anderem auf die Teilzeitbeschäftigung mit mehr als 20 Wochenstunden zurückzuführen, deren Anteil zwischen 2010 und 2024 von 7,3 Prozent auf 14,1 Prozent gestiegen ist. Der Anteil der Selbstständigen unter den Kernerwerbstätigen lag 2024 bei 7,9 Prozent. Ihr Anteil ist seit 2010 langsam und kontinuierlich von 11,1 Prozent um gut 3 Prozentpunkte gesunken. Die strukturelle Verschiebung am deutschen Arbeitsmarkt zeigt sich mit Blick auf die absoluten Zahlen noch deutlicher. Während zwischen 2010 und 2024 fast 4,8 Millionen Normalbeschäftigte hinzugekommen sind, ging die Zahl der atypisch Beschäftigten um rund 1,5 Millionen zurück.“ Beitrag von Stefan Sell vom 26. Juni 2025 auf seiner Homepage - IAB-Studie: Arbeitslos – und dann? Die neuen Jobs sind meistens atypische Beschäftigungen
„Was passiert, nachdem Menschen arbeitslos geworden sind? Tatsächlich sind die weiteren Erwerbsverläufe höchst unterschiedlich. Der dauerhafte Sprung in eine unbefristete Vollzeitbeschäftigung gelingt den meisten Betroffenen zunächst nicht. Vielmehr findet sich die Mehrzahl in den ersten vier Jahren nach Eintritt der Arbeitslosigkeit in atypischen Beschäftigungsverhältnissen wie befristeter Beschäftigung, Teilzeit, Leiharbeit oder Minijobs wieder, nicht selten unterbrochen von Phasen erneuter Arbeitslosigkeit. Welche Rolle spielt atypische Beschäftigung für Arbeitslose im weiteren Erwerbsverlauf? Dieser Frage sind die Autor*innen dieses Beitrags in einer aktuellen Studie nachgegangen. (…) Im Schnitt waren die Personen aus der Stichprobe, die zunächst alle arbeitslos waren, in den vier Jahren nach Eintritt der Arbeitslosigkeit insgesamt 15 Monate arbeitslos. Davon entfielen neun Monate auf die anfängliche Arbeitslosigkeit und sechs Monate auf erneute Arbeitslosigkeit (…). 80 Prozent gelangt es, in dieser Zeit zumindest vorübergehend eine Beschäftigung aufzunehmen (…). Dies weist zwar auf eine rege Arbeitsmarktbeteiligung hin, aber viele Biografien sind instabil: Insgesamt waren die Verläufe nach Beendigung der ersten Arbeitslosigkeit recht unbeständig. Im Schnitt gab es fast vier (3,7) Wechsel zwischen verschiedenen Erwerbszuständen, beispielsweise zwischen registrierter Arbeitslosigkeit und befristeter Beschäftigung. Mehr als die Hälfte der betrachteten Personen wurde mindestens einmal erneut arbeitslos, ein Viertel sogar noch häufiger. Dementsprechend waren viele Beschäftigungsaufnahmen nicht von Dauer: Mehr als die Hälfte der Betroffenen war innerhalb von vier Jahren mehrmals erwerbstätig. (…) Bei der Aufnahme einer neuen Erwerbstätigkeit spielte atypische Beschäftigung eine große Rolle: Die Personen aus der Stichprobe waren durchschnittlich neun Monate regulär in Vollzeit tätig und übten 15 Monate eine atypische Beschäftigung aus. 66 Prozent waren mindestens einen Monat lang atypisch beschäftigt und 38 Prozent übten mindestens einmal eine regulären Vollzeitbeschäftigung aus. (…) Daneben zeigt sich eine hohe Bedeutung atypischer Beschäftigung: Für sieben der zehn typischen Erwerbsverläufe, und damit für 62 Prozent der anfänglich Arbeitslosen, spielte atypische Beschäftigung eine wichtige Rolle. (…) Nur jeder Fünfte war nach vier Jahren unbefristet in Vollzeit beschäftigt (…) Besonders Arbeitslose in der Grundsicherung schaffen den Übergang in eine stabile Vollzeitbeschäftigung nicht…“ Beitrag von Torsten Lietzmann und Katrin Hohmeyer vom 7. Mai 2025 beim IAB-Forum