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„Ermüdender Aufstieg“: Kapitalistischer Wettbewerb und die Herausbildung der Arbeiterklasse. Oder: Warum die ArbeiterInnen nicht revoltieren

Howard Botwinick: Persistent Inequalities: Wage Disparity Under Capitalist CompetitionWie die „wirklich existierende“ Arbeiterklasse zu einer kohärenten gesellschaftlichen Kraft wird, eine Kraft, die kulturell, materiell und strategisch unabhängig ist, um den Kampf um eine gesellschaftliche Veränderung zu führen, ist die Frage, die Sozialisten am stärksten umtreibt.“ Mit diesen Worten leitet Sam Gindin seinen langen Rezensions- und Analyseartikel zu Howard Botwinicks 2017 bei Haymarket wiederveröffentlichtem Buch externer Link „Persistent Inequalities: Wage Disparity Under Capitalist Competition“ (Fortdauernde Ungleichheiten: Lohndisparität im kapitalistischen Wettbewerb) ein. Botwinicks zentrale These fokussiert darauf, dass die innerhalb der Arbeiterklasse fortbestehenden Ungleichheiten „einen der zentralen Stolpersteine für die Entwicklung einer einheitlichen Arbeiterbewegung darstellen“. Gindin betont die Bedeutung von Botwinicks Werk und fordert im Sinne von Marx die genaue Beschäftigung mit der „politischen Ökonomie von Arbeitsmärkten“…“  Aus der Zusammenfassung des Artikels von Sam Gindin vom Juni 2021 im US-Amerikanischen Jacobin-Magazine externer Link durch Lars Stubbe – wir danken! Siehe den gesamten Text im Beitrag:

„Ermüdender Aufstieg“: Kapitalistischer Wettbewerb und die Herausbildung der Arbeiterklasse.
Oder: Warum die ArbeiterInnen nicht revoltieren

Wie die „wirklich existierende“ Arbeiterklasse zu einer kohärenten gesellschaftlichen Kraft wird, eine Kraft, die kulturell, materiell und strategisch unabhängig ist, um den Kampf um eine gesellschaftliche Veränderung zu führen, ist die Frage, die Sozialisten am stärksten umtreibt.“ Mit diesen Worten leitet Sam Gindin seinen langen Rezensions-

und Analyseartikel zu Howard Botwinicks 2017 bei Haymarket wiederveröffentlichtem Buch externer Link „Persistent Inequalities: Wage Disparity Under Capitalist Competition“ (Fortdauernde Ungleichheiten: Lohndisparität im kapitalistischen Wettbewerb) ein.

Botwinicks zentrale These fokussiert darauf, dass die innerhalb der Arbeiterklasse fortbestehenden Ungleichheiten „einen der zentralen Stolpersteine für die Entwicklung einer einheitlichen Arbeiterbewegung darstellen“.

Gindin betont die Bedeutung von Botwinicks Werk und fordert im Sinne von Marx die genaue Beschäftigung mit der „politischen Ökonomie von Arbeitsmärkten“. Zuerst gehört dazu die These von der Ablehnung eines dualen Arbeitskräftemarktes, wie er auch von Sozialisten häufig postuliert würde, also eines in einen Markt mit hohen Qualifikationsanforderungen und entsprechenden Vergütungen auf der einen und einen Markt mit geringen Anforderungen und ebenso niedriger Entlohnung, jeweils gekoppelt mit einem entsprechenden gewerkschaftlichen Organisationsgrad. Gindin sieht hier vielmehr „Abstufungen einer allgemeinen Prekarität der Arbeiterklasse“ am Werk, die im Wesentlichen einem „durchdringenden Wettbewerb und Reservoirs erwerbsloser Arbeiter“ zu verdanken seien.

Auch ein zweites Vorurteil sozialistischer Theoriebildung, nach der der Wettbewerb im ursprünglichen Kapitalismus des 19. Jahrhunderts schärfer als der im Zeitalter der „Monopole“ gewesen sei, zerstört Gindin mit Verweis auf Jim Cliftons Forschungen aus den 1970ern und ergänzt: „Mit dem Größenwachstum der Firmen, wuchsen auch ihre technischen, administrativen und finanziellen Kapazitäten um ihre eigenen Unternehmen umzustrukturieren, in andere Branchen einzusteigen und sich geographisch auszudehnen, das heißt, in den Wettbewerb einzutreten. Die Globalisierung verallgemeinert diesen Wettbewerb.

Der finanzmarktgetriebene Kapitalismus hat ihn noch weiter beschleunigt, weil er relativ wenig an physische Wurzeln gebunden ist“. Der über Regionen und Arbeitsplätze hinweg ungleich intensiv bestehende Wettbewerb verschärft die Fragmentierung der Arbeiterklasse, da die Übernahme scheiternder Firmen ebenfalls zu einer Schwächung der betroffenen Arbeiter führt und auch verschiedene Schichten der Arbeiterklasse, die ihre Revenuen aus verschiedenen Quellen beziehen, gegeneinander stellt, wie etwa Industriearbeiter und Beschäftigte im öffentlichen Dienst.

Im Zuge der historischen Entwicklung der Arbeiterklasse habe sich auch die Rolle der Gewerkschaften verändert. Konnten sie in in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch als Ogranisationen der Arbeiterklasse betrachtet werden, hätten sie sich jetzt zu partikularistischen Organisationen entwickelt, die die Interessen bestimmter Arbeiter in bestimmten Branchen repräsentierten. Um den Partikularismus zu überwinden, seien Gewerkschaften im öffentlichen Dienst gezwungen, ihre Kämpfe mit umfassenderen Interessen der Gemeinde zu verschmelzen, die im Übrigen nur andere Dimensionen des Lebens der Arbeiterklasse seien. Für Gewerkschaften in der Privatindustrie bedeute dies, dass die Hinnahme von Eigentumsrechten und eines ins Übermaß getriebenen Wettbewerbs, in Frage gestellt, also ein politischer Kampf entlang von Klasseninteressen geführt werden müsse. Dies erfordere, so auch Botwinick, letztlich die politische Intervention in Form einer sozialistischen Partei, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der ökologischen Krise. Gindin schließt seine Rezension mit einer Empfehlung für das Buch: „Aber für jeden, der den Kapitalismus als Feind begreift und davon ausgeht, dass die Arbeiterklasse eine unerlässliche Rolle beim „ermüdenden Aufstieg“, ihn zu beenden und etwas Neues aufzubauen, hat, bietet dieses beeindruckende und nuancierte Buch wichtige Hinweise und Einsichten„.

Zusammenfassung des Artikels von Sam Gindin vom Juni 2021 im US-Amerikanischen Jacobin-Magazine externer Link durch Lars Stubbe – wir danken!

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=192159
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