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100 Jahre nach Kronstadt: Und wie Jahre viele noch?

Matrosendemonstration Kronstadt März 1921„… Im Frühjahr 1921 sah es so aus, als sei der Bürgerkrieg gewonnen und der Krieg mit Polen praktisch beendet. In diesem Zusammenhang hielt die Kronstädter Garnison Anfang März Neuwahlen zum örtlichen Sowjet ab und erhob eine ganze Reihe von Forderungen – darunter vor allem das Recht auf freie Meinungsäußerung, das Recht der Oppositionsparteien, sich zu organisieren, und das Recht auf freie Wahlen –, und diejenigen Bolschewiki, die die Festung nicht verließen, wurden verhaftet. Am 5. März stellte Trotzki in seiner Eigenschaft als Kriegsminister ein Ultimatum: «Ergebt euch oder wir marschieren ein». Aber im Laufe des 7. bis 10. März scheiterte der erste Angriff der Regierung auf Kronstadt. Dann gab es eine Pause, die mit dem 10. Parteitag (8.-16. März) zusammenfiel, der die Neue Ökonomische Politik verabschiedete. Die NEP war natürlich keine Antwort auf Kronstadt, denn die Pläne dafür waren schon vor dem Kongress gemacht worden, aber da sie weitreichende Zugeständnisse beinhaltete, vor allem an die Bauernschaft, untergrub sie eine mögliche breitere Unterstützung für Kronstadt. Da die Partei an der wirtschaftlichen Front einen Rückzug vom Kriegskommunismus zu einer gemischten Wirtschaft vollzog, sah die Führung die Notwendigkeit, die Kontrolle an der politischen Front zu verschärfen. Daher beschloss derselbe Parteitag das formale Verbot von organisierten Fraktionen innerhalb der Partei – etwas, das noch heute von der Linken aufgegriffen wird. Dann, am 16. und 18. März, unmittelbar nach dem Kongress, startete die Rote Armee einen erfolgreichen Angriff über das Eis, und Kronstadt fiel bald...“ so beginnt der Beitrag „Russische Revolution: 1921 als Wendepunkt?“ von Mike MacNair am 16. März 2021 bei den Maulwürfen externer Link über die heutige Bedeutung von Kronstadt… Siehe dazu auch zwei weitere historische Beiträge:

  • „Kronstadt Journal XVIII“ am 18. März 2021 bei de.indymedia externer Link hebt unter anderem hervor: „… Wir feiern diesen Tag als Erinnerung, als Bekundung unserer historischen Intention, den Staat-Kapital zu vernichten. Diese sollte am 28. Mai von den Truppen der III. Französischen Republik niedergewalzt werden, eben jener Regierung die die Herrschaft des Napoleons des III nicht beendete, sondern nur übernahm. Angeführt und befehligt durch ihren Präsidenten Thiers. Thiers war ein großer Staatsmann, er verstand was auf dem Spiel stand und warum die Pariser Kommune niedergeschossen werden musste, auch wenn er ganz Paris hätte niederbrennen müssen. Für den Erhalt ihrer Macht ist der herrschenden Klasse kein Preis zu groß. Wir feiern heute den Beginn eines wichtigen revolutionären Moments in der modernen Geschichte. Doch genau 50 Jahre später fand ein Ereignis statt, das der Pariser Kommune nicht fern stand. Heute vor hundert Jahre beendete die Rote Armee unter der Anführung von Trotzki und Tuchatschewski1 den Aufstand der Kronstädter Matrosen. Die Sowjetunion sollte eine Rätebewegung ohne Kommunisten sein, die nur durch die Herrschaft der einzigen Partei gelenkt werden sollte. Am 17. März würde die Rote Armee die Insel einnehmen und ein erbitterter Kampf würde über Stunden lang andauern. Offiziell gibt es verschiedene Meinungen, wann wirklich der Aufstand von Kronstadt niedergestreckt worden sei, einige meinen er sei durch den militärischen Sieg am 17. März beendet worden. Da die Tscheka bis in den 18. März – und dies den ganzen Tag lang – sich mit der Erschießung der Aufständischen beschäftigen würde, ist für uns dieser Tag und nur dieser, sprich der 18. März, der Tag welcher das Siegel der Besiegten mit Blei besiegelte. Ohne Revolutionäre auf die die Sowjetunion noch schießen konnte, vorerst zunächst, stand Lenin und seinen Lakaien nichts mehr im Weg und sie konnten den Kapitalismus so gestalten, wie sie wollten, sie nannten es nur Sozialismus. Wir beenden hiermit unsere Reihe zu Kronstadt, dieses schmerzvolle Kapitel der revolutionären Geschichte, eine Niederlage, bei der heute die Sieger und nicht die Besiegten gefeiert werden, welche heute bewusst oder unbewusst von den meisten radikalen Linken des Kapitals gefeiert wird. Darüber trauern wir natürlich nicht, sondern lachen entweder über deren reaktionären Charakter oder deren stupide Haltung, auf die wir sowohl als auch spucken...“
  • „Der kurze Traum vom »Sozialismus anderer Art«“ von Dirk Farke am 18. März 2021 bei der jungle world externer Link wiederum hebt hervor: „… Von Ende Februar bis 18. März 1921 verschanzten sich etwa 16 00 Matrosen zusammen mit der Zivilbevölkerung in der auf der Ostseeinsel Kotlin gelegenen Festung von Kronstadt. Es war die Elitetruppe, die vier Jahre zuvor den Bolschewiki bei der Oktoberrevolution zum Sieg verholfen hatte. Leo Trotzki hatte sie als »Schönheit und Stolz der Oktoberrevolution« gepriesen. Ihr Aufstand bildet das historische Ereignis, bei dem das Pendel der Revolution am weitesten nach links ausschlug. Um die Jahreswende 1920/1921 war Russland Schauplatz heftiger Auseinandersetzungen. Überall im Land streikten die Werktätigen, in deren Namen die Partei Lenins offiziell regierte. Am 23. Februar traten auch die Arbeiter in Petrograd, dem früheren Sankt Petersburg und späteren Leningrad, nur 20 Kilometer entfernt von Kronstadt, in den Streik. Ihre zentralen Forderungen lauteten Freiheit für alle Werktätigen, Aufhebung der Sonderdekrete und freie Wahlen für die Sowjets. Die Bewohner Kronstadts schlossen sich den Forderungen unmittelbar an. Wie konnte es ausgerechnet in Sow­jetrussland zu einer linken Revolte kommen? Die Situation nach dem Roten Oktober 1917 war gekennzeichnet von einer gravierenden Diskrepanz zwischen dem, was die Partei versprochen, und dem, was sie verwirklicht hatte. Im Januar 1921 kürzten die Bolschewiki die Brotrationen um ein Drittel. Überall im Land kämpften und streikten die Werktätigen gegen die Militarisierung der Arbeit, die Entmündigung der Gewerkschaften und eine exzessive Bürokratisierung. Große Hoffnungen ruhten zunächst auf den Sowjets und der Rätedemokratie. Deren Einfluss schwand jedoch in dem Maße, in dem der der immer absolutistischer regierenden Partei samt ihrer karrieristischen Funktionäre wuchs. Massenaustritte aus der Partei waren bald an der Tagesordnung…“
  • Siehe im LabourNet zuletzt [Digitale Konferenz am 21./22.3.21] 100 Jahre der Revolte von Kronstadt und zuvor in 2013: Volin: Die unbekannte Revolution
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=188149
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