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Britische Bildungsgewerkschaft NEU organisiert (online) die größte Gewerkschaftsversammlung der Geschichte – gegen das Diktat, die Schulen am 4. Januar wieder zu öffnen

UK, NEU: #MakeSchoolsSafe„… Aber zum Glück haben die Gewerkschaften unter dem Druck der Mitglieder begonnen eine kämpferische Haltung gegen das rücksichtslose und völlig unverantwortliche Handeln einzunehmen. Die National Education Union – NEU, eine Bildungsgewerkschaft, hat am 2. Januar angekündigt, dass sie jedem Mitglied zur Seite stehen wird, das sein Recht auf Arbeitsschutz nutzt und sich weigert unter gefährlichen Bedingungen zu arbeiten. Die Gewerkschaften GMB und Unison, die beide das Hilfspersonal an Schulen organisieren, fordern ebenfalls die Schließung der Schulen. Die National Association of Headteachers (Nationaler Verband der Schulleiter*innen) sowie die Association of School and College Leaders (Verband der Schul- und Hochschulleiter*innen) haben angekündigt, dass sie rechtliche Schritte gegen das Bildungsministerium einleiten wollen, weil, so erklären sie, „die neuesten Daten zeigen, dass in weiten Teilen des Landes die Kontrolle über das Infektionsgeschehen verloren gegangen ist und der Mangel an Informationen über den neuen Erregerstamm nun zu einem untragbaren Risiko für viele Schulgemeinschaften geworden ist.“ Die Regierung war gezwungen, einen Rückzieher bei der Wiedereröffnung der Londoner Grundschulen zu machen, da 9 Stadtbezirksräte mit ihren Plänen nicht einverstanden waren. Aber andere Regionen des Landes haben ebenfalls extrem hohe Infektionsraten und trotzdem sollen dort die Schulen wieder geöffnet werden...“ – aus dem Beitrag „Britannien: Lehrer*innen auf den Covid-Barrikaden!“ am 03. Januar 2021 beim Sozialismus.info externer Link (Übersetzung eines Beitrags der Socialist Alternative England, Wales, Schottland). Siehe dazu auch eine kleine aktuelle Materialsammlung vom 04. Januar 2021, aus der auch deutlich wird, wie die zahlreichen lokalen Aktionen an Schulen und anderen Einrichtungen Druck für eine eindeutige gewerkschaftliche Haltung gemacht haben:

„National Education Union – LIVE at YouTube“ am 03. Januar 2021 ist die Videoaufzeichnung der Informationsveranstaltung externer Link (ab ca. Minute 19 geht es dabei dann „richtig los“) der NEU, die aufgrund des enormen Andrangs auf sämtliche zugängliche Medien ausgeweitet werden musste, nachdem die 20.000 Teilnehmenden, die das Maximum auf dem ursprünglich vorbereiteten sozialen Netzwerk (Zoom) darstellen, überschritten worden waren.

„January school safety advice“ am 02. Januar 2021 bei der NEU externer Link ist der „offizielle Rat“ der Gewerkschaft an ihre Mitglieder, vom Recht auf Arbeitsverweigerung im Gefahrenfall Gebrauch zu machen.

Kampagne britischer BasisgewerkschafterInnenTomorrow the Government is asking our members and students to be in school. We want learning to be online and this is whyam 03. Januar 2020 im Twitter-Kanal der NEU externer Link ist die Meldung, dass bis dahin bereits rund 250.000 Menschen die Petition der Gewerkschaft externer Link unterzeichnet hatten, die eine Schulschließung und Distanz-Unterricht fordert – samt entsprechenden Unterstützunggsmaßnahmen…

„Teachers are creating reality on the ground – the Tories’ schools policy is in tatters“am 03. Januar 2021 im Morning Star externer Link kommentiert diese „größte Veranstaltung der Gewerkschaftsgeschichte“ (wobei die Zahlen der Teilnehmenden in verschiedenen Medien zwar reichlich unterschiedlich angegeben werden, aber selbst die geringste Zahl noch eine historische Größe darstellt) als ein Ergebnis der Nutzung der sozialen Medien auf Grundlage einer „starken Organisationsarbeit vor Ort“ – und verweist auch auf den wachsenden Druck auf die Führung der Labour-Partei, endlich Stellung zu nehmen gegen die diktierte Schulöffnung am 04. Januar, was sie bis dahin – trotz entsprechender öffentlicher Aufforderung durch verschiedene Gewerkschaften und der Haltung vieler lokaler Verwaltungen, die von der Partei gestellt werden – verweigert hatte.

„Not at all costs: covid in schools and colleges“ am 22. Dezember 2020 bei „No safety – no work“ externer Link ist ein Beitrag, der deutlich macht, dass die NEU keineswegs ohne Druck sich zu solchen Positionen hin entwickelt hat – wenn beispielsweise darauf verwiesen wird, dass es bereits diverse örtliche Schulstreiks aus Sicherheitsgründen gab – von denen bei der NEU nichts zu erfahren sei. Im Unterschied zur NEU wird dabei auf die schottische Gewerkschaft  Scottish teaching union the Educational Institute of Scotland (EIS) verwiesen, die über entsprechende lokale Proteste und Urabstimmungen ausführlich berichte…

„Union members on strike at Havering Sixth Form College due to ‚Covid safety concerns’“ von Adriana Elgueta am 10. Dezember 2020 beim Rumford Recorder externer Link war einer der oben erwähnten lokalen Streikberichte, die von der NEU nicht verbreitet wurden.

„School closes on health grounds after pressure from union members“ von Sadie Robinson am 16. Dezember 2020 beim Socialist Worker externer Link berichtet von einem örtlichen Schulstreik, bei dem sich die Streikenden eben auf die Section 44 des Employment Rights Act von 1996 beriefen, die bei akuter Gefahr das Verweigerungsrecht beinhaltet.

„UK’s biggest union and biggest teaching union both keeping members out of school from Monday. Not even a tweet from Starmer, Green or Rayner“ am 02. Januar 2021 bei Skwakbox externer Link meldet, dass neben der NEU auch Unison – die größte Einzelgewerkschaft im TUC (die „nicht lehrendes Personal“ an den Schulen organisiert)  – ihre Mitglieder dazu aufruft, das gesetzlich garantierte Recht auf Verweigerung der Arbeit im Falle extremer Gefahr wahr zu nehmen und die Labour-Parteiführung trotz wiederholter Aufforderung bis dahin schweigend verharrt sei.

„Ministers must delay school reopening by a fortnight, says UNISON“ am 02. Januar 2020 bei Unison externer Link ist die Erklärung der Gewerkschaft, mit der gefordert wird, die Öffnung der Schulen mindestens um 2 Wochen zu verschieben.

„Mehr Schüler mit schweren Verläufen in Londoner Kliniken – oder doch nicht?“ von Sebastian Borger am 03. Januar 2021 im Tagesspiegel online externer Link zur unterschiedlichen Bewertung der Entwicklung im britischen Gesundheits- und Bildungswesen: „… Unter dem Druck rasch steigender Corona-Infektionsraten auch unter Kindern und Jugendlichen müssen englische Schulen ihre Planung fürs neue Jahr komplett umstellen. Besonders für den Großraum London verändert der konservative Bildungsminister Gavin Williamson die Richtlinien beinahe täglich. In der Metropole kämpfen die Krankenhäuser mit einer Welle von Covid-19-Kranken, die inzwischen über den Höchststand im April hinausgeht. Schon fordert die mächtige Lehrergewerkschaft NEU die Totalschließung aller Staatsschulen für mindestens zwei Wochen. Die Regierung verhalte sich rücksichtslos gegenüber der Gesundheit von Lehrerinnen sowie der gesamten Schulgemeinschaft, glaubt NEU-Chefin Mary Bousted. Die Nachrichten im Kampf gegen Sars-CoV-2 klingen zunehmend verzweifelt. „Wir haben viel mehr Patienten als im März und April“, berichtet Professor Marcel Levi, Leiter des gewaltigen University College Klinikkomplexes in der Londoner Innenstadt. Auch vor anderen Spitälern in und um London stauen sich die Krankenwagen, weil nicht genug Betten zur Verfügung stehen. In der Hauptstadt stehe das Nationale Gesundheitssystem NHS kurz davor, vom Ansturm der Patienten überwältigt zu werden, warnen Experten schon seit Tagen.  Auf die Erfahrungen der Londoner Kolleginnen gestützt, warnt der Chef des Ärzteverbandes RCP den Rest des Landes vor den kommenden Wochen. „Da kommt auf uns alle eine neue Welle zu“, glaubt Professor Andrew Goddard. Landesweit lagen die Neuinfektionen in der Woche bis zum Neujahrstag im Durchschnitt täglich bei 45 559 und damit um ein Drittel höher als in der Vorwoche. Dafür machen Fachleute vor allem die hochinfektiöse Mutation B117 des Coronavirus verantwortlich, die im Großraum London sowie in der südöstlich angrenzenden Grafschaft Kent erstmals im September auftrat. Für die Infizierten besteht nach bisherigen Erkenntnissen weder die Gefahr eines schwereren Verlaufs noch ein höheres Todesrisiko. Die Gesamtzahl der an den Folgen einer Coronainfektion Verstorbenen liegt der Zählung des Gesundheitsministeriums zufolge bis Freitag bei 74.125; im Durchschnitt der vergangenen Woche starben täglich 561 Covid-19-Patienten. Pro eine Million Einwohner sind inzwischen 1089 mit einer Sars-CoV-2-Infektion gestorben; europaweit gab es anteilig nur in Belgien, Italien und Spanien mehr Tote zu beklagen...“

„On December 22 SAGE told Government to close schools“ am 02. Januar 2021 bei der NEU ist eine Pressemitteilung externer Link, in der unterstrichen wird, dass bereits am 22. Dezember 2020 SAGE (Scientific Advisory Group for Emergencies) der Regierung empfohlen habe, die Schulen zu schließen bzw. geschlossen zu halten (unter anderem mit Verweis auf die Situation im NHS – siehe dazu auch den folgenden Beitrag).

„Teachers take legal action as chaos grips England’s schools plan“ von Michael Savage und Donna Fergusonam 02. Januar 2021 im Guardian externer Link meldet, dass inzwischen selbst konservative Abgeordnete sich gegen die – offenbar ständig wechselnden – Richtlinien des Bildungsministeriums wenden, und die Forderung nach Rücktritt des Chaosministers sich ausbreitet.

„Im Auge des Sturms“ von Peter Stäuber am 03. Januar 2021 in nd online externer Link zur Situation im Nationalen Gesundheitsdienst (NHS): „… Am Samstag meldeten die Behörden mehr als 57 000 Covid-Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden, der bisherige Höchstwert; fast 24 000 Patientinnen und Patienten liegen im Krankenhaus – auch das ist ein Rekord. Die Lage könnte laut Gesundheitsmitarbeitern bald eskalieren. Ärzte und Pfleger warnen, dass der Gesundheitsdienst NHS schon in den kommenden Tagen überfordert sein könnte. Der Vorsitzende des NHS in England, Simon Stevens, sagte, seine Mitarbeiter seien »erneut im Auge des Sturms«. Ein medizinischer Berater der Regierung warnte, dass Großbritannien »eine sehr gefährliche neue Phase der Pandemie betrete.« Verantwortlich für das Ausmaß der Krise ist die neue Mutation des Coronavirus, die deutlich ansteckender ist als die frühere. »Es gibt einen riesigen Unterschied in Bezug auf die Geschwindigkeit, mit der sich die neue Virus-Variante ausbreitet«, sagte Professor Axel Gandy vom Imperial College in London. Eine neue Studie seiner Universität hat ergeben, dass sich die Übertragung dieser Variante selbst während des Lockdowns im November verdreifachte. Besonders schwer getroffen von der zweiten Welle ist der Südosten Englands, darunter London sowie die Grafschaften Essex und Kent. Mehrere Krankenhäuser in dieser Region sind bereits jenseits ihrer Kapazität – es fehlt an genügend Pflegern. Ein Notfallmediziner in London berichtete gegenüber der Presse, dass die Ambulanzen vor vielen Krankenhäusern Warteschlangen bilden...“

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=184420
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