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Amazon in Bessemer/Alabama: Die landesweit erste Gewerkschaftswahl trotz des Widerstands des Unternehmens

Dossier

Amazons extrem schmutzige Kampagne gegen die Gewerkschaftswahl in Alabama kann sie nicht verhindernDie US-Behörde National Labor Relations Board hat verfügt, dass der Antrag der Gewerkschaft Retail, Wholesale and Department Store Union (RWDSU) genügend Unterstützung in der Belegschaft hat, um eine Gewerkschaftswahl durchführen zu müssen. Eine solche Wahl ist ja nach den reaktionären Gewerkschaftsgesetzen der USA nötig, um Vertretungsrechte bei Tarifverhandlungen zu bekommen – betrieblich organisierte Minderheiten haben in den USA faktisch kein Recht auf Gewerkschaft. Das Unternehmen Amazon hatte vor der Behörde zahlreiche konkrete Argumente angeführt, weswegen es nicht möglich sei, diese Wahl durchzuführen…. Es wird auf jeden Fall eine historische Wahl sein – die erste Gewerkschaftswahl in einem Amazon-Betrieb in den USA. Siehe dazu:

  • Amazon feuert Jennifer Bates – eine der zentralen Figuren in der Bessemer-KampagneNew
    „In einem weiteren Beispiel für Amazons grausames gewerkschaftsfeindliches Verhalten hat das Unternehmen Jennifer Bates, das globale Gesicht der Amazon-Gewerkschaftsbewegung in Bessemer, Alabama, entlassen. Bates‘ Entlassung erfolgte, als die dreifache Mutter – und siebenfache Großmutter – aufgrund von verkrüppelnden Verletzungen, die sie sich bei ihrer Arbeit bei Amazon zugezogen hatte, durch einen Albtraum der Arbeiterunfallversicherung kämpfte. Die RWDSU, die die Organisierungsbemühungen von Bessemer unterstützte, berichtet, dass Bates wegen eines Problems mit dem Papierkram entlassen wurde, das die Personalabteilung von Amazon ihr nicht erlaubte zu klären. Sie erfuhr, dass sie entlassen wurde, als das Unternehmen ihr den Zugang zu seiner Mitarbeiter-App entzog. Die Organisierungskampagne von BAmazon war die erste Kampagne zur Organisierung eines gesamten Amazon-Lagers in der jahrzehntelangen Geschichte des Unternehmens. Das Unternehmen musste eine Gewerkschaftswahl wegen unerhörter, unrechtmäßiger Gewerkschaftsverstöße wiederholen. Das Ergebnis der zweiten Abstimmung, die im März 2022 stattfand, ist immer noch umstritten.
    Jennifer Bates erläuterte ihre Situation, „Ich habe für Amazon gearbeitet, weil ich an die Zukunft der Arbeit geglaubt habe, aber bei Amazon gibt es keine Zukunft für Arbeitnehmer wie mich. Ich habe seit der Eröffnung von Amazon in Bessemer, Alabama, unermüdlich für das Unternehmen gearbeitet. Alles tut weh, und es hat mein Leben für immer verändert, aber ich bin geblieben, weil ich glaube, dass Amazon besser sein kann, und ich glaube, dass wir mit einer Gewerkschaft eine bessere Zukunft für die Beschäftigten im gesamten Unternehmen aufbauen können. Ich habe Amazon in den letzten drei Jahren den Rücken gestärkt. Ich habe Amazon in den letzten drei Jahren meine Arme und Schultern zur Verfügung gestellt. Und ich habe in den letzten drei Jahren jede Faser meiner Seele in die Organisation von Amazon gesteckt. Dass sie mich so behandeln, ist unbegreiflich. Aber lassen Sie mich eines klarstellen, Amazon, Ihre Kündigung meines Arbeitsverhältnisses wird die Organisierung der Arbeiter nicht unterdrücken, denn wenn Sie Führungspersönlichkeiten entlassen, bringt das nur noch mehr Menschen in die Bewegung. Wir sind eine Bewegung, wir werden uns nicht aufhalten lassen, und ich weiß, dass meine Gewerkschaft, ob von Ihnen anerkannt oder nicht, hinter mir steht. Wir werden kämpfen, ich lasse mich nicht zum Schweigen bringen, wir lassen uns nicht aufhalten.“ (…)
    „Jennifers Fall ist nur ein Beispiel für die Horrorgeschichten, die Tausende von Amazon-Beschäftigten jeden Tag ertragen müssen. Die Beschäftigten erleiden durch ihre Arbeit bei Amazon lebensverändernde Verletzungen, einschließlich Verletzungen durch repetitive Bewegungen und 911-Notfälle, die die Beschäftigten regelmäßig ins Krankenhaus schicken, von denen einige nie wieder zurückkehren. Die namenlose, gesichtslose Personalabteilung ist entweder nirgends zu finden oder übermäßig schwer aufzuspüren. „Wir werden Amazon weiterhin zur Rechenschaft ziehen und sicherstellen, dass die Stimmen der Arbeitnehmer gehört werden. Amazons Verhalten darf nicht unwidersprochen bleiben, und die Arbeitnehmer in Bessemer, Alabama, müssen ihre Rechte vor dem Gesetz schützen können. Kein Unternehmen, nicht einmal mit den bodenlosen Taschen von Amazon, darf über dem Gesetz stehen…“
    Pressemitteilung von Uni Global Union vom 2. Juni 2023 externer Link („Amazon feuert globales Gesicht der BAmazon-Kampagne“)
  • Nach 416 angefochtenen Stimmzetteln: RWDSU legt Einspruch gegen das Wahlergebnis ein und fordert Überprüfung wie Annullierung der Wahl
    Gewerkschaft macht Amazon erneut für rechtswidriges Verhalten bei Gewerkschaftswahlen verantwortlich und fordert eine vollständige Überprüfung
    D
    ie Einzelhandels-, Großhandels- und Kaufhausgewerkschaft (RWDSU) hat heute beim National Labor Relations Board (NLRB) Einspruch gegen das Verhalten von Amazon während der Gewerkschaftswahl eingelegt und behauptet, Amazon habe das Recht seiner Beschäftigten in Bessemer, Alabama, auf eine freie und faire Wahl beeinträchtigt; ein Recht, das durch Abschnitt 7 des National Labor Relations Act geschützt ist.
    Die RWDSU hat beantragt, dass der NLRB-Regionaldirektor eine Anhörung zu ihren Einwänden anberaumt, um festzustellen, ob die Wahlergebnisse für ungültig erklärt werden sollten, weil das Verhalten des Arbeitgebers eine Atmosphäre der Verwirrung, des Zwangs und/oder der Angst vor Repressalien geschaffen und somit die Wahlfreiheit der Beschäftigten beeinträchtigt hat.  Die RWDSU hat Einsprüche eingereicht, die nach Ansicht der Gewerkschaft sowohl einzeln als auch kumulativ einen Grund für die Annullierung der Wahl darstellen. Die Wahl im Jahr 2021 wurde von der NLRB für ungültig erklärt, nachdem die Behörde festgestellt hatte, dass Amazon im Rahmen des NLRA rechtswidrig gehandelt hatte. Die gestern eingereichten Einsprüche haben das Potenzial, dies erneut zu tun und werden vom NLRB zusammen mit den Argumenten der Parteien zu 416 Stimmzetteln angehört, die von den Parteien während der Stimmauswertung letzte Woche angefochten wurden. Die NLRB hat die Anhörung noch nicht angesetzt...“ Maschinenübersetzung der (engl.) Pressemitteilung der RWDSU vom 7.4.2022 externer Link mit detalierten Vorwürfen gegenüber Amazon. Siehe deren PM zuvor vom 31.3. externer Link: BESSEMER, ALABAMA AMAZON UNION VOTE HANGS ON 416 CHALLENGED BALLOTS WORKERS AWAIT OUTCOME IN BID TO BECOME AMERICA’S FIRST UNIONIZED AMAZON WAREHOUSE WORKERS
  • Am 25.3. wurden die ArbeiterInnen im Lager Bessemer stundenlang am Arbeitsplatz trotz Vergiftungsgefahr festgehalten bei einem Gesundheits- und Sicherheitsvorfall
    Unbekannte verdampfte Substanz verteilte sich im gesamten Lagerhaus. Gestern Mittag kam es in der Amazon-Anlage in Bessemer, Alabama, zu einer Fehlfunktion eines Kompressors, der übermäßige Mengen dessen, was die Arbeiter zu diesem Zeitpunkt für Rauch hielten, was aber nach heutigem Kenntnisstand möglicherweise verdampftes Öl war, in eine Entlüftungsöffnung sprühte, wodurch die Luft im dritten Stock des Lagers schnell getrübt wurde.
    Um ca. 13:30 Uhr nachts wurden die Arbeiter im dritten Stock des Lagers angewiesen, sich abzumelden, freiwillig und unbezahlt freizunehmen und das Gebäude zu evakuieren. Währenddessen wurden die Arbeiter in den anderen Stockwerken weder benachrichtigt noch aufgefordert, die Arbeit einzustellen, und die Substanz verbreitete sich durch die Lüftungsschächte. Gegen 16:30 Uhr sahen die Arbeiter im ersten Stock der Anlage etwas, das sie zu diesem Zeitpunkt für Rauch hielten. Zu keinem Zeitpunkt des Tages gab es Alarme in der Anlage oder Benachrichtigungen an die Arbeiter über Go-Bildschirme, die A bis Z-App, Textnachrichten oder auf andere Weise.  Um ca. 17:45 Uhr begannen die Beschäftigten, das Gebäude leise zu verlassen, und zwar durch mündliche Mitteilungen, ohne dass die Vorgesetzten dies angekündigt hätten. Als sie das Gebäude verließen, waren einige wenige Feuerwehr- und Polizeifahrzeuge vor Ort, und die Personalverantwortlichen begannen damit, die Ausweise zu kontrollieren und die Beschäftigten anzuweisen, die Tagesschicht zu verlassen. Der Schichtwechsel in der Anlage findet zwischen 17:30 Uhr und 19:00 Uhr statt, und die Arbeiter der Nachtschicht begannen, in der Anlage einzutreffen, während die Arbeiter der Tagschicht auf weitere Informationen warteten. Um 19:00 Uhr wurde den Arbeitern mündlich mitgeteilt, dass sie das Gebäude wieder betreten und mit ihrer Schicht beginnen sollten, wobei die Luft in der Anlage immer noch trüb war.
    Die Arbeiter haben die Occupational Health and Safety Administration (OSHA) über den Vorfall informiert und warten auf weitere Untersuchungen in dieser Angelegenheit. Es ist unklar, ob die verdampfte Substanz gesundheitliche Probleme verursacht oder ob sie ätzend ist. (…) „Amazon hielt die Beschäftigten während des Vorfalls wissentlich stundenlang an ihren Arbeitsplätzen, versäumte es, die Anlage ordnungsgemäß zu evakuieren, und wies die Beschäftigten an, wieder an die Arbeit zu gehen, bevor Klarheit über die Sicherheit der Dämpfe in der Luft herrschte. Es ist unzumutbar, dass Amazon seine Mitarbeiter an ihren Arbeitsplätzen belässt, obwohl ein Gesundheits- und Sicherheitsproblem bekannt ist. Das Leben von Arbeitnehmern sollte niemals für den Profit aufs Spiel gesetzt werden, was bei Amazon in unentschuldbarer Weise der Fall ist. Es war richtig, dass die Beschäftigten gestern gegangen sind, als sie sich unsicher fühlten, und dass sie dies der OSHA gemeldet haben, die die Angelegenheit umfassend untersuchen muss. Amazon muss für diesen Vorfall zur Rechenschaft gezogen werden. Wir hoffen, dass die Substanz, die die Beschäftigten stundenlang eingeatmet haben, keine langfristigen schädlichen Auswirkungen hat, aber allein die Tatsache, dass die Beschäftigten in dieser Situation waren, zeigt, dass Amazon die Gesundheit und Sicherheit seiner Beschäftigten eklatant missachtet“, sagte Stuart Appelbaum, Vorsitzender der Gewerkschaft des Einzel-, Groß- und Warenhandels (RWDSU).“ Maschinenübersetzung der (engl.) Pressemitteilung vom 26.3.2022 von und bei RWDSU externer Link
  • Ein Jahr nach der gescheiterten Amazon-Gewerkschaftsinitiative stimmen die Beschäftigten in Bessemer ein zweites Mal ab
    Die Aufregung und die Energie sind dieses Mal ganz anders, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Werks“, sagte Jennifer Bates, eine der Arbeiterführerinnen, die an der letztjährigen Gewerkschaftskampagne im Bessemer-Werk beteiligt waren.
    Bessemer, Alabama – Der Amazon-Lagerarbeiter Isaiah Thomas ist ein zertifizierter Unruhestifter, ein Begriff, der eigentlich abwertend gemeint war, den die Arbeitnehmer aber neu definiert haben, um Mut und Militanz zu feiern. Im Januar wurde er von der Amazon-Geschäftsleitung verwarnt, weil er mit Kollegen über die Vorteile der Gründung einer Gewerkschaft gesprochen hatte, was einen Verstoß gegen die Richtlinien des Unternehmens darstellt.
    „Wir haben zwar Verständnis dafür, dass Sie Ihre Tätigkeit während Ihrer Pause ausgeübt haben, aber Sie haben Ihre Kollegen während ihrer Arbeitszeit in ihrem Arbeitsbereich gestört“, heißt es in der Verwarnung. Bei den Versammlungen mit gefangenem Publikum müssen die Arbeitnehmer sitzen und den hochbezahlten gewerkschaftsfeindlichen Beratern von Amazon zuhören, die verbrannte Erde in Form von Lügen, Verzerrungen und Angstmacherei verbreiten. Thomas war gegen diese Taktiken geimpft – und er ließ es die Berater wissen. Als ein Berater versuchte, die Gewerkschaft als eine außenstehende „dritte Partei“ darzustellen, die sich zwischen die Arbeitnehmer und die Unternehmensleitung stellen würde – und damit vermutlich Amazons weltberühmte Beziehungen zwischen Arbeitnehmern und Managern in den Schmutz ziehen würde – konterte Thomas: „Das ist nicht wahr. Eine Gewerkschaft sind wir Arbeiter, die mit dem Management verhandeln.“ (…) Die Amazon-Beschäftigten in Bessemer stimmen erneut darüber ab, ob sie sich gewerkschaftlich organisieren sollen oder nicht. Die Stimmzettel wurden am 4. Februar an Thomas, Wyatt und über 6.100 Beschäftigte des Amazon-Mammutlagers verschickt. Die zurückgesandten Stimmzettel werden ab dem 28. März ausgezählt, fast auf den Tag genau ein Jahr nach dem Beginn der Stimmenauszählung beim historischen ersten Versuch der Beschäftigten, sich in der Bessemer-Anlage gewerkschaftlich zu organisieren, der mit einer Niederlage endete. Wird die Offensive der Beschäftigten in den Versammlungen vor eigenem Publikum dieses Mal einen Unterschied im Wahlergebnis bewirken?
    Fast 50 Prozent der Beschäftigten des Lagers werden zum ersten Mal darüber abstimmen, ob sie der Einzelhandels-, Großhandels- und Kaufhausgewerkschaft (RWDSU) beitreten wollen. Wenn sie erfolgreich sind, werden sie die ersten gewerkschaftlich organisierten Amazon-Mitarbeiter in den USA sein. Zu dieser Belegschaft gehört auch Wyatt, der im vergangenen August bei Amazon anfing, nachdem er zuvor in einem anderen Vertriebszentrum gearbeitet hatte. Amazon hat eine hohe Fluktuationsrate bei den Lagerarbeitern, die Firmengründer Jeff Bezos als ein integriertes Merkmal seines Betriebs preist, um zu verhindern, was er einen „Marsch in die Mittelmäßigkeit“ nennt. Aber diese Fluktuationsrate ist in Bessemer deutlich niedriger als in den anderen Lagerhäusern des Unternehmens, wo laut einem Bericht der New York Times eine jährliche Fluktuationsrate von 150 Prozent üblich ist. (…)
    „Dies ist keine gewöhnliche Wiederholung“, sagte Kate Bronfenbrenner, Leiterin der Arbeitsbildungsforschung an der School of Industrial and Labor Relations der Cornell University. „Weil es sich um Amazon handelt, schaut die ganze Welt zu, und niemand schaut genauer hin als der NLRB General Counsel.“ Die General Counsel, Jennifer Abruzzo, verfügt über beträchtliche Befugnisse bei der Festlegung von Richtlinien für die Regionalbüros des NLRB im ganzen Land zur Behandlung der ihnen vorgelegten Fälle. Zu den neuen Richtlinien, die in den ersten Monaten ihrer Amtszeit erlassen wurden, gehört die Wiedereinführung einer als Joy Silk bekannten Regel, die besagt, dass ein Unternehmen, dem unlautere Arbeitspraktiken vorgeworfen werden, um die Organisierungskampagne einer Gewerkschaft zu blockieren, angewiesen werden kann, die Gewerkschaft anzuerkennen und mit ihr zu verhandeln, wenn die meisten Beschäftigten Karten für den Beitritt unterschrieben und die Anerkennung durch das Unternehmen beantragt haben.
    Da die NLRB keine von Trump ernannte Mehrheit mehr hat, reichte die RWDSU mehrere Klagen wegen unlauterer Arbeitspraktiken gegen Amazon ein, darunter eine, in der die Behörde aufgefordert wird, zu entscheiden, dass allein die Abhaltung gewerkschaftsfeindlicher Versammlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit schon eine unlautere Arbeitspraxis darstellt. (Wenn das Gesetz „Protect the Right to Organize Act“ morgen in Kraft treten würde, wären solche Treffen mit gefangenen Zuhörern beispielsweise verboten).  (…)
    Obwohl sie die erste Gewerkschaftswahl verloren haben, ist es den Beschäftigten des Lagers gelungen, durch Aktionen im Betrieb kleine Verbesserungen zu erreichen, z. B. durch einen Marsch zum Chef mit einer Petition, in der eine Mikrowelle und mehr Stühle im Pausenraum gefordert werden. Diese Aktionen demonstrieren nicht nur die Macht der Arbeitnehmer, sondern geben den Gewerkschaftsbefürwortern auch ein Mittel an die Hand, um einzuschätzen, wie entschlossen die Arbeitnehmer sein werden, wenn der Arbeitgeber unweigerlich den gewerkschaftlichen Organisierungsprozess angreift, indem er Angst schürt, Spaltung sät und Verwirrung unter den Arbeitnehmern stiftet. Der Chef hat die Macht, das Leben zur Hölle zu machen, zu disziplinieren und zu entlassen. Aber die Arbeitnehmer können dieser Macht etwas entgegensetzen, indem sie sich zusammenschließen und eine bessere Behandlung fordern…“ Maschinenübersetzung aus dem umfangreichen (engl.) Artikel von Luis Feliz Leon am 18. März 2022 in The Real News externer Link
  • [Stimmzettel ab 4. Februar] Die Wiederholung der Gewerkschaftswahlen bei Amazon in Bessemer beginnt bald – Führungskräfte von Amazon begründet zuversichtlich? 
    Vor einem Jahr richteten sich alle Augen auf die Gewerkschaftswahlen im Amazon-Lagerhaus in Bessemer, Alabama, wo illegale Gewerkschaftsunterdrückungstaktiken von Amazon dazu beitrugen, dass der Versuch scheiterte. Dank eines Gerichtsbeschlusses wird diese Abstimmung nun wiederholt. (…)
    Am 4. Februar erhalten die Beschäftigten des Werks in Bessemer (Alabama) – das bekannter ist als vielleicht jedes andere seiner Hunderte von Kollegen im ganzen Land – Stimmzettel für eine Briefwahl. Bei der Abstimmung handelt es sich um eine Wiederholung der letztjährigen Bemühungen um eine gewerkschaftliche Organisierung mit der Einzelhandels-, Großhandels- und Kaufhausgewerkschaft (RWDSU), die mit einer Mehrheit der abgegebenen Stimmen gegen eine gewerkschaftliche Organisierung endete, wobei das Ergebnis in der Größenordnung von zwei zu eins lag. Obwohl sowohl Amazon als auch die RWDSU dieses Mal eine persönliche Abstimmung wünschten – im letzten Jahr wollte die RWDSU ein Briefwahlverfahren, während Amazon die Abstimmung persönlich durchführen lassen wollte – entschied sich die Nationale Arbeitsbeziehungsbehörde (NLRB), die Wahl erneut per Briefwahl durchzuführen. (…)
    Anders als beim letzten Mal, als Amazon alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel nutzte, um die Gewerkschaftswahlen zu verzögern, zu beeinflussen oder anderweitig zu verhindern, hat das Unternehmen dieses Mal zumindest einige Möglichkeiten zur Verhinderung der Abstimmung nicht genutzt, obwohl es gegen die Anordnung einer Neuwahl auch nach der Abstimmung noch Berufung einlegen kann. Ein Grund für die relative Zurückhaltung könnte darin liegen, dass die Führungskräfte des Unternehmens glauben, es sähe schlecht aus, wenn es sich auf die Fersen heftet, nachdem die NLRB festgestellt hat, dass es gegen das Gesetz verstoßen hat, eine andere einfache Erklärung ist, dass Amazon glaubt, die Abstimmung zu gewinnen. Es gibt gute Gründe für die Führungskräfte von Amazon, zuversichtlich zu sein. (…)
    Viele derjenigen, die den Angriffen des Unternehmens widerstanden haben und trotzdem für die Gewerkschaft gestimmt haben, werden vor der Wiederholung der Wahl gegangen sein, weil die Fluktuationsrate naturgemäß hoch ist und sie Schikanen und Vergeltungsmaßnahmen ausgesetzt waren. Die verbliebenen Beschäftigten haben bereits gewerkschaftsfeindliche Kampagnen des Arbeitgebers ertragen, und selbst neuere Beschäftigte sind sich der Entschlossenheit bewusst, mit der das Unternehmen die gewerkschaftlichen Bestrebungen vor kurzem niedergeschlagen hat.
    Das soll nicht heißen, dass die Arbeitnehmer, die sich um ein grundlegendes demokratisches Mitspracherecht an dem Ort bemühen, an dem sie einen Großteil ihres Lebens verbringen, keine Erfolgsaussichten haben. Es geht lediglich darum, die Angelegenheit in die richtige Perspektive zu rücken und die immensen Schwierigkeiten zu verdeutlichen, die alle Bemühungen um die Organisierung der Amazon-Standorte, von denen es inzwischen mehrere gibt, zu überwinden haben. Die Beschäftigten in Bessemer wurden unter die Lupe genommen, und zwar nicht nur von den Medien – die Amazon-Führungskräfte haben viel Energie und Ressourcen in die Anlage gesteckt, und es gibt viele Möglichkeiten, wie dies zu Frustration und letztendlich zu einem Sieg der Gewerkschaft führen könnte. Die jüngsten Todesfälle in der Anlage – Berichten zufolge zwei innerhalb von vierundzwanzig Stunden – sind selbst ein Pulverfass. Sag niemals nie.“ Maschinenübersetzung des (engl.) Artikels von Alex N. Press vom 23.1.2022 im Jacobin externer Link
  • US-Arbeitsbehörde legt Termine für Gewerkschaftsabstimmung in Amazon-Lagerhaus in Bessemer/Alabama fest: Stimmzettel ab 4. Februar, Auszählung ab 28. März 2022 
    Die US-Arbeitsaufsichtsbehörde National Labor Relations Board (NLRB) teilte am Dienstag mit, dass sie den Beschäftigten eines Lagers der Amazon.com Inc. in Bessemer, Alabama, am 4. Februar Stimmzettel für die Gewerkschaftswahlen zusenden wird, womit der nächste Arbeitskampf des Online-Händlers eingeläutet wird.
    Die Stimmen für die Briefwahl, die eine Wiederholung ist, nachdem die NLRB im letzten Jahr festgestellt hatte, dass Amazon sich eingemischt hatte, werden ab dem 28. März ausgezählt, wie aus einer von der NLRB veröffentlichten Mitteilung hervorgeht. Die Einzelhandels-, Großhandels- und Kaufhausgewerkschaft (RWDSU) hat sich um die Vertretung der Beschäftigten bemüht…“ Maschinenübersetzung der (engl.) Reuters-Meldung vom 11.1.2022 externer Link – siehe auch die PM der RWDSU externer Link erstaunlicherweise ohne Termine, nur über die Freigabe der Briefwahl
  • „Second chance“: Neuwahlen bei Amazon in Bessemer nach unzulässiger Einmischung durch Amazon – wird RWDSU aus der Nachbereitung der Niederlage lernen?
    • NLRB ORDNET NEUWAHLEN BEI AMAZON IN BESSEMER, ALABAMA AN
      Heute hat der Direktor der Region 10 der Arbeitsrechtsbehörde (National Labor Relations Board (NLRB)) formell eine Entscheidung und die Anweisung einer zweiten Wahl erlassen, mit der den Beschäftigten von Amazon in Bessemer, Alabama, eine Neuwahl auf der Grundlage der Einwände der Einzelhandels-, Großhandels- und Kaufhausgewerkschaft (RWDSU) gegen das Verhalten von Amazon während der im Frühjahr 2021 durchgeführten Gewerkschaftswahl gewährt wird. Stuart Appelbaum, Präsident der Einzelhandels-, Großhandels- und Kaufhausgewerkschaft (RWDSU), reagierte umgehend wie folgt: „Die heutige Entscheidung bestätigt, was wir die ganze Zeit gesagt haben – dass Amazons Einschüchterung und Einmischung die Arbeitnehmer daran hinderte, ein faires Mitspracherecht zu haben, ob sie eine Gewerkschaft an ihrem Arbeitsplatz wollen – und wie der Regionaldirektor angedeutet hat, ist das sowohl inakzeptabel als auch illegal. Die Amazon-Beschäftigten verdienen es, am Arbeitsplatz eine Stimme zu haben, die nur von einer Gewerkschaft kommen kann.“
      Die RWDSU wirft Amazon rechtswidriges Verhalten während der Gewerkschaftsabstimmung in Bessemer, Alabama, vor. Im August stellte der Anhörungsbeauftragte, der den Fall leitete, fest, dass Amazon gegen das Arbeitsrecht verstoßen hatte, und empfahl dem Regionaldirektor, die Ergebnisse der Wahl aufzuheben und eine zweite Wahl anzuordnen. Das Datum und die Methode der Neuwahl stehen noch nicht fest…“ Maschinenübersetzung aus der (engl.) Pressemitteilung der RWDSU vom 29.11.21 externer Link, siehe auch umfangreicher:
    • Gewerkschaft erringt wichtigen Sieg: Arbeitsbehörde fordert Neuabstimmung in Amazon-Lager in Alabama
      Ein Anhörungsbeauftragter stellte fest, dass Amazon die Beschäftigten in seinem Lagerhaus in Bessemer, Alabama, in unzulässiger Weise unter Druck gesetzt hat, damit sie sich bei der ersten Wahl nicht gewerkschaftlich organisieren. Der Direktor der NLRB-Region Atlanta rügte die „eklatante Missachtung“ fairer Wahlverfahren durch Amazon. Die Beschäftigten eines Amazon-Lagers in Bessemer, Alabama, erhalten eine zweite Chance, sich gewerkschaftlich zu organisieren, nachdem ein Beamter der Nationalen Arbeitsbeziehungsbehörde eine erneute Abstimmung gefordert hatte, nachdem er festgestellt hatte, dass sich der E-Commerce-Riese unzulässig in die erste Wahl eingemischt hatte.
      Dies ist ein großer Sieg für die Gewerkschaft des Einzel-, Groß- und Warenhaussektors, die bei der ersten Abstimmung in dem Lagerhaus im vergangenen Frühjahr unterlegen war, als die Beschäftigten die gewerkschaftliche Organisierung mit mehr als 2 zu 1 ablehnten. Diese Gewerkschaft und andere haben sich dafür eingesetzt, Amazon zu knacken, das inzwischen der zweitgrößte private Arbeitgeber in den USA ist und fast 1 Million Beschäftigte in seinen inländischen Lagerhäusern hat.
      Eine zweite Chance für die Organisierung der Bessemer-Beschäftigten zu bekommen, ist für die Gewerkschaft „eine große Sache“, sagte Rebecca Givan, Professorin für Arbeitsstudien an der Rutgers University. „Es bestätigt, was die Arbeiter gesagt haben“, sagte Givan, „dass Amazon zu weit gegangen ist.“
      Die Neuauflage wird die öffentlichkeitswirksame Kampagne zurück in das Lager bringen, das im März 2020 eröffnet wurde. Die Direktorin der NLRB-Region Atlanta, Lisa Y. Henderson, rügte in ihrer Entscheidung Amazons „eklatante Missachtung“ eines Verfahrens der Behörde, das freie und faire Gewerkschaftswahlen gewährleisten soll. Sie äußerte ihren Unmut insbesondere über die Bemühungen des Unternehmens, einen nicht gekennzeichneten Briefkasten der US-Post vor dem Lagerhaus aufzustellen, kurz nachdem die Abstimmung begonnen hatte, und schrieb, dass Amazon „den Prozess im Wesentlichen unterwandert und den starken Eindruck erweckt hat, dass es den Prozess kontrolliert“.
      Die RWDSU, die sich für die gewerkschaftliche Organisierung der Beschäftigten in Bessemer einsetzt, begrüßte die Entscheidung. „Die heutige Entscheidung bestätigt, was wir die ganze Zeit gesagt haben – dass Amazons Einschüchterung und Einmischung die Beschäftigten daran gehindert hat, ein faires Mitspracherecht bei der Frage zu haben, ob sie eine Gewerkschaft an ihrem Arbeitsplatz wollen – und wie der Regionaldirektor angedeutet hat, ist das sowohl inakzeptabel als auch illegal“, sagte Gewerkschaftspräsident Stuart Appelbaum in einer Erklärung. „Amazon-Beschäftigte verdienen es, am Arbeitsplatz eine Stimme zu haben, die nur von einer Gewerkschaft kommen kann.“
      Die Amazon-Sprecherin Kelly Nantel kritisierte die Entscheidung mit den Worten, dass die Arbeitnehmer von einer „direkten Beziehung“ zu den Managern profitierten und dass die Gewerkschaften die Fähigkeit des Unternehmens behinderten, flexibel zu bleiben…“ Maschinenübersetzung aus dem (engl.) Artikel von Jay Greene vom 29.11.2021 in The Washington Post online externer Link
    • ir können nun hoffen, dass bei dieser zweiten Chance die Ergebnisse der Nachbereitung der Niederlage berücksichtigt werden, siehe dazu unser Dossier: Klasse und Ungleichheit: Zur Organisierung bei Amazon nach der Niederlage in Bessemer/USA
  • Um Amazon zu besiegen führt für Gewerkschaften kein Weg an Rank and File vorbei – unsere subjektive Zusammenfassung einiger analytischer Artikel zur Niederlage
    • Die Anti-Amazon-Front lebt. In Bessemer wurde eine Schlacht gegen den Tech-Giganten verloren, aber die Mittel sind noch längst nicht ausgeschöpft
      „… Die Abstimmung in Alabama war ein klarer Rückschlag für die Gewerkschaften. Amazons Erklärung zum »Wahlsieg« endet entsprechend mit einer Siegerpose: Alle, die nun interessiert seien, das Unternehmen kennenzulernen, könnten sich direkt für eine Tour im Unternehmen anmelden. »Es ist ein unglaublicher Betrieb, der von einem Weltklasse-Team unterstützt wird, und wir würden uns freuen, wenn Sie sich selbst davon überzeugen könnten.« Aber nach Jahren schwindender Gewerkschaftsmacht gibt es auch Anzeichen dafür, dass das Pendel umschlägt. Das Unternehmen fürchtet einen Imageverlust, Konflikte mit Amazon sind in den USA kein neues Phänomen. (…) Auch die RWDSU ist bei Amazon keine Unbekannte. Schon damals in New York City war die Gewerkschaft Teil der Anti-Amazon-Bewegung und bei zentralen Protestaktionen in Manhattan und im Rathaus dabei. Zur gleichen Zeit engagierte sich die RWDSU aber auch bei einem Organisierungsversuch von Arbeiter*innen im Fulfilment Center von Amazon bei Staten Island in NYC. Gemeinsam mit der Transportarbeitergewerkschaft TEAMSTERS machte Stuart Applebaum, Vorsitzender der RWDSU, schon damals klar, dass »New York eine Gewerkschaftsstadt und deswegen Amazon hier nicht willkommen« sei. Gleichzeitig protestierten am Rathaus auch gelbe, neoliberal orientierte Gewerkschaften, wie etwa aus dem Bereich der Konstruktion – für Amazon. Damals war die RWDSU gegen Amazon noch erfolgreich, nun aber muss sie  einiges an Kritik einstecken. Ihre Kampagne in Alabama wird von anderen linken Gruppen in den USA häufig als »Top-Down Strategie« bezeichnet – der relativ kleinen 100.000-Mitglieder-Gewerkschaft ginge es gar nur um weitere Mitgliederwerbung. (…) Die RWDSU, aber auch ver.di und andere Gewerkschaften, könnten grundsätzlich erfolgreicher sein, wenn es ihnen gelänge, eine engere Verbindung zur Basis herzustellen. Und es braucht eine Verbindung mit anderen gesellschaftlichen Gruppen, die eine gemeinsame Vision mit den Beschäftigten teilen. Die Gewerkschaften müssten diese Allianzen aktiv suchen und aufbauen…“ Artikel von John Malamatinas im ak 670 vom 20. April 2021 externer Link
    • Amazon hat seinen Beschäftigten den Kampf angesagt – und gewonnen
      In Alabama hat Amazon alles unternommen, um die Gründung einer Gewerkschaft zu verhindern. Die Niederlage wiegt schwer. (…) Es mag für viele überraschend sein, dass die Abstimmung so stark zu Gunsten von Amazon ausfiel. Ist Amazon nicht dafür bekannt, ein besonders unangenehmer Arbeitgeber zu sein? Gab es nicht gerade noch Berichte darüber, dass viele der Beschäftigten in Flaschen pinkeln müssen, weil die Pausenregelungen ihnen keine andere Wahl lassen? Aber so einfach ist das nicht. Wie die Arbeitssoziologin Rebecca Givan gegenüber Vice erklärte, spiegeln die Ergebnisse der NLRB-Wahlen weniger, »ob die Beschäftigten eine Interessenvertretung haben wollen oder nicht, sondern zeigen vielmehr das Ungleichgewicht zwischen dem Arbeitsrecht einerseits und den Ressourcen des Arbeitgebers andererseits«. In den USA ist jeder Schritt des gewerkschaftlichen Organisierungsprozesses zu Ungunsten der Arbeiterinnen und Arbeiter ausgestaltet. Es ist ein Wunder, dass es überhaupt Fälle gibt, die von Erfolg gekrönt sind. In Umfragen sagt etwa die Hälfte der nicht gewerkschaftlich organisierten Arbeiterinnen und Arbeiter in den USA, dass sie einer Gewerkschaft beitreten würden, wenn sie könnten; doch es gibt unzählige Hindernisse, die das verhindern, und die Bessemer-Kampagne ist ein Beispiel dafür. (…) Dass Amazon das alles tun kann, ist ein Beweis dafür, wie das bestehende Arbeitsrecht die Arbeitgeberseite begünstigt. Warum sollte der Chef hinsichtlich der Größe und Zuständigkeit einer Gewerkschaft überhaupt Mitspracherecht haben? Warum kann ein Unternehmen seine Beschäftigten zur Teilnahme an gewerkschaftsfeindlichen Propaganda-Meetings zwingen? Nach dem PRO Act, einem Gesetzentwurf zur Reform des Arbeitsrechts, der kürzlich im Repräsentantenhaus verabschiedet und an den Senat übergeben wurde, wäre keine dieser Aktionen legal. Appelbaum unterstrich: »Wir müssen hart für eine Arbeitsrechtsreform kämpfen.« (…) Unter den gegenwärtigen Bedingungen ist jede Ja-Stimme ein Hoffnungsschimmer. In gewissem Sinne hat jeder Betrieb, in dem Hunderte von Beschäftigten für eine Gewerkschaft gestimmt haben, eine organisierte Arbeiterschaft – ganz gleich, ob diese formell anerkannt ist oder nicht. Doch das Ziel war eine Mehrheit. Vor diesem Hintergrund sollte das Ergebnis eine kritische Reflexion anstoßen. (…)Was sind angesichts dieser bekannten Schwierigkeiten die effektivsten Organisierungsstrategien? Wie lassen sich die Verbindungen zwischen den Belegschaften an den verschiedenen Unternehmensstandorten stärken? Wie sollen sich die Gewerkschaften zu bestehenden Organisationen verhalten, die keine traditionellen Gewerkschaftskampagnen sind? Wie können Gewerkschaften und Organisationen, die die unterschiedlichen Berufsgruppen von Lagerarbeiterinnen, Lieferfahrern und Softwareentwicklerinnen vertreten, besser an einem Strang ziehen, anstatt aneinander vorbei zu arbeiten?…“ Artikel von Alex N. Press in der Übersetzung von Thomas Zimmermann am 12.04.2021 in Jacobin.de externer Link
    • Warum wollen die ArbeiterInnen im Amazon-Lager von Bessemer (Alabama) keine Gewerkschaft?
      „… Die Erklärungen waren schnell zur Hand. Die Expertin des »deep organizing«, Jane McAlevey, führte in ihrem Artikel vom 9. April 2021 in The Nation externer Link die Niederlage auf drei Gründe zurück: Das bösartige Vorgehen des Unternehmers (Lügen und Einschüchterung); die falsche Taktik der RWDSU, die durchgängig als Kraft von außen auftrat, die ArbeiterInnen als Opfer behandelte und zu keinem Zeitpunkt an ihre Stärke appellierte oder sie dazu aufrief, sich zusammenzuschließen; sowie drittens »den sozio-politischen Kontext«. Bezeichnenderweise kommen in ihren Überlegungen die ArbeiterInnen selber gar nicht vor! Zwar hat Amazon die ArbeiterInnen, die sich wehren wollten, massiv eingeschüchtert. Aber im Kern konnten die Manager in den angeordneten Versammlungen so argumentieren: »Im Gegensatz zu den opportunistischen Gewerkschaften und den Versprechungen der Demokratischen Partei hat Amazon die Stundenlöhne im letzten Jahr auf 15 Dollar erhöht, während 40 Millionen US-AmerikanerInnen nach wie vor für den Mindestlohn von 7,25 Dollar arbeiten müssen« – und Biden gerade aus seinem Konjunkturpaket die vorgesehene Mindestlohn-Erhöhung herausgenommen hat. Amazon bietet für ungelernte ArbeiterInnen Lohn und auch Arbeitsbedingungen, die trotz der intensiven Ausbeutung oft besser sind als ihre anderen Optionen. »Vor der Frage, ob sie weiterhin individuell mit dem Arbeitgeber verhandeln sollen, oder ob sie das an eine externe Gewerkschaft delegieren sollten, stellten sich die ArbeiterInnen in Bessemer Fragen, die der traditionelle Syndikalismus nicht beantworten kann. Er geht davon aus, dass es genüge, die Position der ArbeiterInnen am Arbeitsplatz zu stärken – während das neue Proletariat sieht, dass die Welt außerhalb der Fabrik in Flammen steht, und deshalb den vorübergehenden ›Status quo‹ in der Ausbeutung bevorzugt.«…“ Aus dem Vorwort der Wildcat zu ihrer Übersetzung des Artikels externer Link von Felice Mometti in connessioni precarie externer Link, in dem es dazu u.a. unter der Zwischenüberschrift „Eine Firma namens Gewerkschaft in der Krise“ heißt: „… Die Situation, in der sich die allermeisten amerikanischen Gewerkschaften befinden, lässt sich nicht mal mehr als Business Unionism bezeichnen. Die Entwicklung der [1935 gegründeten, d. Ü.] United Automobile Workers (UAW) sind dafür exemplarisch: vom Bild einer in den Kämpfen Ende der 1960er/Anfang der 1970er Jahre radikalen Gewerkschaft zur aktuellen Zwangsverwaltung durch ein Bundesgericht wegen Bestechung durch Fiat-Chrysler. Von der Zurschaustellung ihrer Unabhängigkeit von den Unternehmern, wenn schon nicht als Klasse, so doch zumindest als Gewerkschaft, bis dahin, dass sie inzwischen der größte Aktionär bei General Motors ist und die Verwaltung ihres Aktienpakets an BlackRock delegiert hat, die größte »Schattenbank« der Welt. Was zu einem gelinde gesagt paradoxen Kurzschluss geführt hat. Während der Tarifverhandlungen in der Automobilindustrie von 2011 und 2015 erhielt die UAW bei Verhandlungen mit General Motors, dessen zweitgrößter Anteilseigner sie damals war, Bestechungsgelder vom Konkurrenten Fiat-Chrysler, um Verträge zu unterzeichnen, die letztere gegenüber Ford und selbst General Motors bevorzugten. Die Finanzkrise der amerikanischen Gewerkschaften rührt von den enormen Unterhaltskosten ihrer Strukturen, der exorbitanten Anzahl ihrer Funktionäre und den fehlenden Börsenrenditen ihrer Pensions- und Krankenversicherungsfonds her. Um die Verbindlichkeiten in ihren Bilanzen zu begrenzen, hat die Gewerkschaftsfirma die Mitgliedsbeiträge erhöht und ihren »Kundenkreis« ausgeweitet. Jetzt ist die UAW nicht mehr nur die Gewerkschaft der Autoarbeiter, sondern auch der Bauern, der Universitätsforscher, des Gesundheitspersonals und des öffentlichen Dienstes, und zwar nicht, weil sie zu einer branchenübergreifenden Gewerkschaft geworden wäre – die verschiedenen Branchen sind strikt voneinander getrennt –, sondern um den finanziellen Kollaps abzuwenden. Ist die UAW ein Grenzfall? Ja, denn die Kombination aus endemischer Korruption und der Führung der Gewerkschaft wie eine Firma hat zum organisatorischen Zusammenbruch geführt. Nein, denn allein in den letzten zehn Jahren wurden auch die Führungen von Teamsters, SEIU und der Lehrergewerkschaft, um nur die mitgliederstärksten Gewerkschaften zu nennen, wegen Korruption oder Veruntreuung von Gewerkschaftsgeldern verurteilt. Dazu gehört auch die Retail Wholesale and Department Store Union (RWDSU), die Gewerkschaft, die die ArbeiterInnen des Logistikzentrums in Bessemer aufgerufen hatte, darüber abzustimmen, ob sie sie bei den Verhandlungen mit Amazon vertreten sollte. (…) Jetzt wird der Klageweg gegen Amazon für eine neue Abstimmung beginnen, der viele Monate dauern kann. In der Zwischenzeit wird sich die Situation im Logistikzentrum Bessemer jedoch ändern: Amazon wird einige Zugeständnisse machen und die engagiertesten ArbeiterInnen entlassen. Ein Sieg in Bessemer hätte eine starke symbolische und politische Bedeutung gehabt. Er hätte einen Präzedenzfall geschaffen, auf den sich andere Amazon-Zentren und -Lager hätten berufen können. Er hätte gezeigt, dass man in der Firma von Jeff Bezos nicht nur passiv Widerstand leisten, sondern sich auch organisieren und kämpfen kann. So wie es übrigens das Netzwerk »Amazonians United« getan hat und weiterhin tut – in anderen Formen und mit anderen Inhalten als die Gewerkschaftsfirmen.“
    • Interview mit dem leitenden Organizer des RWDSU
      Im Interview mit Labor-Notes Autor Luis Feliz Leon “Inside the Alabama Amazon Union Drive: An Interview with the Lead Organizer” am 17.4.21 externer Link berichtet Joshua Brewer, leitender Organizer des RWDSU Mid-South Council aus einer Innenperspektive über das Scheitern der Kampagne für eine Gewerkschaftliche Vertretung am Amazon-Standort Bessemer. Dabei geht er auch auf Kritiken an der Gewerkschaftsstrategie ein und gibt einen Ausblick auf kommende Mobilisierungen. Aus dem Text: „… I think a lot of people were a little surprised by the results. And I think a lot of that was because when you came, when people came down in March, they saw a new campaign that had had a little bit of time to get its feet underneath it and get its legs underneath it and was really beginning to explode with committees, and workers taking very bold stands. We just didn’t get there fast enough—and we fought like hell to get it there fast enough. But at the end of the day there was too much early vote, too much pressure from Amazon and coercion to get those ballots out before that their workers could figure out any better or any differently. Ultimately that’s what cost the campaign….“
    • There is No Substitute for the Rank and File: Thoughts on Amazon Unionization
      The Bessemer Amazon union was defeated by an almost 2-1 margin. This wasn’t just due to tactical mistakes. It’s due to a top-down, bureaucratic union model. To take on Amazon’s colossal strength, there is no substitute for the power of a combative rank-and-file movement…“ Artikel von Tatiana Cozzarelli vom 17. April 2021 bei Left Voice externer Link
    • Und von nun an die weitere Debatte im Dossier: Klasse und Ungleichheit: Zur Organisierung bei Amazon nach der Niederlage in Bessemer/USA
  • „Bessemer ist eine Lektion: Verlasst euch nicht auf Verlautbarungen von Politikern oder auf medialen Druck. Und nicht auf externe Aktivistinnen“ 
    „… Bessemer ist eine Lektion: Verlasst euch nicht auf Verlautbarungen von Politikern oder auf medialen Druck. Und nicht auf externe Aktivistinnen. [Wie hat sich das nun in Alabama gezeigt?] In Bessemer scheint das Problem klar: Es waren nicht Leute, die selber vor Ort im Werk arbeiteten, die die Kampagne hauptsächlich stemmten, sondern professionelle Bürokraten der Gewerkschaften. Die sitzen draussen vor den Toren, wissen aber nicht, was im Lager vor sich geht. An Türen klopfen reicht nicht, Unterstützung von Institutionen wie Kirchen aus der Region reicht nicht, man braucht ein starkes Team im Werk drin. Wir selbst müssen uns organisieren! Arbeiterinnen müssen sich selbst einbringen, nicht nur das Management der grossen Gewerkschaften. [Die Firma hat auch dreckige Tricks benutzt, um die Belegschaft zu beeinflussen. Sie hat sogar Druck auf die Gemeinde ausgeübt, die Verkehrsampeln anders zu takten, sodass Aktivistinnen keine Zeit hatten, an Kreuzungen mit den Angestellten zu sprechen, wenn diese mit dem Auto nach Hause fuhren.] Amazon nutzt auf der ganzen Welt Tricks, um uns zu schwächen…“ Aus dem Interview von Caspar Shaller vom 15.04.2021 in der WoZ online externer Link: „Arbeitskämpfe bei Amazon: «Wenn wir wollen, steht das alles still»“ mit der polnischen Amazon-Arbeiterin Agnieszka Mróz, siehe weitere Teile des Interviews im Dossier: Kampf bei Amazon in Poznan/Polen: Flugblätter, Berichte etc. zu den Arbeitsbedingungen und Arbeiterkämpfen
  • USA: The BAmazon Loss and the Road Ahead
    „… What can we learn? Hopes were high. The drive had garnered enormous favorable press coverage and even support from the White House. Nevertheless, the loss was no surprise to many in labor. Amazon is one of the world’s most powerful corporations, and organizing is notoriously difficult under U.S. labor law. Some aspects of the campaign gave observers pause, like the shortage of workplace leaders who were willing to speak up publicly. From years of won and lost union drives, there is some accumulated. At the same time, we should be wary of anyone who claims that a win is guaranteed if you just follow all the right steps. This was always going to be a tough fight. It would help us all to know more about how it unfolded—especially since organizing at Amazon is likely to take many attempts. Far too often there is a void of reflection in the wake of a union loss. Union staff and leaders like RWDSU’s Stuart Applebaum will cry “Monday morning quarterbacking” at observers who try to make sense of why things went wrong. But what do they expect? Labor can’t afford to waste the opportunity to learn something new about how a particular strategy worked under particular conditions. That requires honest reflection by those directly involved—rank and filers, officers, and union staff alike. I’m happy to see some early signs that this is happening. (…) The PRO Act would change the terrain, before and after an election. It would unquestionably make it easier to win elections and first contracts, and open up space to build stronger unions. Unions should fight tooth and nail for legislation like this that gives workers a meaningful right to organize. But we will still need to build strong, democratic organizations that engage broad swaths of workers in building workplace power—unions that make workers want to join. The PRO Act won’t do that part; it’s on us. (…) However, we shouldn’t get caught in the media frenzy about the overwhelming historical significance of a single election. If we let the establishment press dictate our lessons learned, the labor movement would have packed it in a long time ago. Organizing has ripple effects that we can’t always perceive while we’re in the midst of a campaign. Those ripple effects can be positive (getting a sense of “Hey, we could do that here!”), negative (a wave of hopelessness), and everything in between. Predicting them is difficult. This loss could prompt a wave of disappointment—though, judging from anecdotal conversations I’ve had with Amazon workers in other facilities, it doesn’t seem to be having much effect at all. Regardless, we still know that many workers want to fight for better working conditions and confront the petty—and not-so-petty—tyranny in their workplaces. Many workers want unions. Many workers at Amazon want unions. That’s not going to disappear because the company won this time…“ Beitrag von Joe DeManuelle-Hall vom 15 April 2021 in LaborNotes externer Link
  • 1798 zu 738 Stimmen ausschließlich durch Amazon-Wahlmanipulation? RWDSU legt Widerspruch ein, doch es gibt auch erste basisgewerkschaftliche Kritik an ihr – und an den mangelnden Gewerkschaftsrechten in den USA  
    • AMAZON beeinflusst illegale Gewerkschaftswahl – RWDSU legt Widerspruch ein
      Die Einzelhandels-, Großhandels- und Kaufhausgewerkschaft (RWDSU) gab heute bekannt, dass sie beim National Labour Relations Board (NLRB) Einspruch gegen die Durchführung der Wahlen in Bessemer, Alabama erhebt. Amazon hat auf gesetzwidrige Weise die Belegschaft manipuliert und eine freie und faire Wahl verhindert. Die RWDSU will Beweise vorlegen und den NLRB-Regionaldirektor auffordern,  die Wahlergebnisse aufzuheben. Stuart Appelbaum, Präsident der RWDSU: „Amazon hat nichts unversucht gelassen, seine eigenen Mitarbeiter zu manipulieren.(…) Deshalb erheben wir offiziell Anklage gegen alle ungeheuerlichen und offensichtlich illegalen Maßnahmen, die Amazon während der Gewerkschaftsabstimmung ergriffen hat…“ Über Vorträge, die alle Mitarbeiter besuchen mussten, wurden Unwahrheiten und Lügen verbreitet (…) Über das Internet, Radiosender und soziale Medien wurde massiv Desinformation verbreitet. Aussenstehende und „union-busters“ wurden in den Betrieb eingeschleust. Die Leute wurden bombardiert mit Schildern im ganzen Betrieb, Textnachrichten und sogar Anrufen zu Hause (…) Das Schlimmste ist jedoch, dass die NLRB die Anfrage von Amazon nach einer Wahlbox auf dem Lagergrundstück definitiv abgelehnt hat. Amazon war jedoch der Ansicht, dass sie über dem Gesetz stünden, und installierte trotzdem eine mit Hilfe des Postdienstes. Dies bot eine eindeutige Einschüchterungsmöglichkeit. Wir fordern eine umfassende Untersuchung des Verhaltens von Amazon bei der Korruption dieser Wahl. Berufstätige verdienen einen besseren Umgang als der den Amazon während dieser Kampagne an den Tag gelegt hat. Diese Kampagne hat gezeigt, dass der beste Weg für arbeitende Menschen, sich und ihre Familien zu schützen, darin besteht, sich zu einer Gewerkschaft zusammenzuschließen. (…) Wir werden nicht ruhen, bis die Stimmen der Arbeiter nach dem Gesetz fair gehört werden. Wenn dies geschieht, glauben wir, dass wir in diesem historischen und kritischen Kampf um die Gewerkschaftsbildung des ersten Amazonas-Lagers in den USA siegreich sein werden.“ So eine zusammenfassende Übersetzung des Statements der RWDSU vom 9. April 2021 externer Link, siehe dazu erste Kommentare:
    • Siehe zur Kritik der Basisgewerkschaften den Twitter-Thread von Amazonians United Chicagoland vom 10.4.2021 externer Link: „We became a union by fighting. It’s a process, not a moment. Amazon workers don’t need a business union like RWDSU to misguide us. We don’t need someone to represent us. We speak and fight for ourselves, collectively. Don’t despair or wait to be saved, WE are our union. (…) We’re building a real union, not some business union aka a dues-extracting org of pseudo-lawyers for workers to call. We’re not handing our collective power over to some bureaucrat who shows up every 3 years to “negotiate” a shitty contract through backroom deals with our bosses…“
    • „… Three factors weigh heavily in any unionization election: the outrageously vicious behavior of employers..the strategies and tactics used in the campaign by the organizers; & the broader social–political context in which the union election is being held…“ Eine gewerkschaftspolitische und -strategische Analyse über nicht unerwartetes erfolgreiches Union Busting und die Rolle der mangelnden Gewerkschaftsrechten in den USA liefert die Organizerin im Artikel von Jane McAlevey vom 9.4.2021 in the Nation externer Link: „Blowout in Bessemer: A Postmortem on the Amazon Campaign. The warning signs of defeat were everywhere“ – sie hinterfragt aber auch die strategischen Entscheidungen der Gewerkschaft. Siehe zu den Hintergründen der Debatte um Gewerkschaftsrechte im LabourNet: Der PRO-Act in den USA: Auf dem Weg zur Demokratie?
    • More Perfect Union hat in einem Thread und Video am 9.4.2021 externer Link die Eingriffe von Amazon in die Wahl aufgelistet, u.a. dass angeblich mindestens 20% der Wahlstimmen aus der illegalen Wahlurne stammen, die Amazon in seinem Lager installiert hat und die  RWDSU im Statement erwähnt
    • Amazon in den USA: Promi-Beifall reicht nicht. Versuch der Bildung einer ersten US-Gewerkschaftsvertretung bei Amazon gescheitert
      „… Wenn der RWDSU-Vorsitzende Stuart Appelbaum ankündigt, das Wahlergebnis anzufechten und dem Onlineriesen Wahlbehinderung vorwirft, ist das sicherlich richtig. Dass Amazon Millionen in eine Anti-Gewerkschaftskampagne investiert hat, steht außer Frage. Ebenso bekannt ist, dass Beschäftigte mit allerlei Methoden direkt und indirekt unter Druck gesetzt wurden. Doch mit dem alleinigen Verweis auf das sogenannte Union-Busting macht es sich die Gewerkschaft zu einfach. Nicht nur, weil viele von Amazons Maßnahmen in den USA weder verboten sind noch unerwartet waren. Vor allem verstellt die Kritik den Blick auf die strategischen Fehler der Gewerkschaft. Die RWDSU setzte von Beginn an auf eine klassische Top-down-Kampagne. Die Kommunikation mit den Beschäftigten fand vor allem vor dem Logistikzentrum oder über die Medien statt. (…) Entschieden wurde die Angelegenheit aber im Logistikzentrum, wo Amazon das Kommando hat. Draußen kritisierten große Teile der Medien das Vorgehen von Amazon und berichteten fasziniert über den Mut der Beschäftigten. Drinnen hörten diese über Monate dagegen nur eine Botschaft: Amazon ist gut, die Gewerkschaft ist schlecht. Amazon-Mitarbeiter Chris Smalls, gefeuert, nachdem er öffentlich unzureichende Schutzmaßnahmen vor dem Coronavirus in einem Warenhaus auf Staten Island, New York, anprangerte, brachte das Problem gegenüber dem britischen Guardian auf den Punkt. »Es ist gut, diese politische und öffentliche Unterstützung zu haben, aber ich denke nicht, dass sie bei den Arbeitern Anklang findet.« Nach einer Zehneinhalb-Stunden-Schicht, so Small, »gehst du nicht nach Hause und schaust dir die lokalen Nachrichten an, du gehst schlafen.« Das gilt vor allem, weil die Gründe für eine Gewerkschaftsmitgliedschaft nicht so auf der Hand liegen, wie es viele Beobachter gern hätten. (…) Gerade um Beschäftigte ohne Bezug zu Gewerkschaften zu überzeugen, reicht es nicht, sie am Autofenster vor oder nach der Arbeit anzusprechen. Laut US-amerikanischer Rechtsprechung haben Gewerkschafter kein Recht, das Firmengelände zu betreten und mit Arbeitnehmern zu sprechen. Viele Gewerkschaften reagieren darauf, indem sie die die Familien der Beschäftigten zu Hause besuchen. Doch auf solche Haustürbesuche verzichtete die RWDSU aufgrund der Corona-Pandemie. All das bedeutet nicht, dass die Niederlage in Bessemer das Ende der seit etwa zwei Jahren beginnenden gewerkschaftlichen Gegenwehr bei Amazon markiert. Vor allem die Diskrepanz zwischen den riesigen Gewinnen von Amazon seit Beginn der Corona-Pandemie und den offensichtlichen Problemen beim Gesundheitsschutz haben zu einer deutlichen Zunahme von Beschäftigtenprotesten geführt…“ Artikel von Jörn Boewe und Johannes Schulten vom 11.04.2021 im ND online externer Link
    • Amazon in Alabama: Herbe Niederlage
      Erstmals wollten Amazon-Mitarbeiter in den USA eine Arbeitnehmervertretung gründen. Trotz breiter Unterstützung und weltweiter Aufmerksamkeit ist das misslungen. Warum? (…) Nach der Auszählung der meisten Wahlzettel haben die Gewerkschaftsgegner sich mit 1.798 zu 738 Stimmen durchgesetzt. Zwar hat Amazon Hunderte Stimmzettel beanstandet, die bisher nicht ausgezählt wurden. Doch selbst wenn diese überwiegend zugunsten der Gewerkschaft ausfallen würden, stünde bei insgesamt 3.215 abgegebenen Stimmen am Ende immer noch eine deutliche Niederlage. Es ist eine Niederlage, die in ihrer Deutlichkeit so überraschend wie niederschmetternd ist für die Beteiligten. Denn hinter der RWDSU standen nicht nur Gewerkschaftsorganisationen, sondern fast die gesamte Prominenz des linken Amerikas. Von der Spielergewerkschaft der Football-Liga NFL über bekannte Schauspieler wie den Lethal-Weapon-Star Danny Glover bis zum ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Bernie Sanders – die Liste der Unterstützer war lang. Selbst US-Präsident Joe Biden veröffentlichte eine Videobotschaft, in der er – ohne Amazon explizit zu erwähnen – für die gewerkschaftliche Organisation von Arbeitnehmern warb. Dass es dennoch zu dieser Niederlage kam, wird eine lange und womöglich schmerzhafte Aufarbeitung nach sich ziehen. (…) Amazon fuhr eine rigorose Gegenkampagne, unterstützt von hoch bezahlten Anwälten, die auf Antigewerkschaftskampagnen spezialisiert sind. Im Gegensatz zur RWDSU hatte das Unternehmen am Arbeitsplatz uneingeschränkten Zugang zu seinen Mitarbeitern – ein großer Vorteil. Doch die Methoden des Unternehmens gingen nicht gravierend über die übliche Antigewerkschaftsrhetorik und Einschüchterungen externer Link hinaus. (…) Die Pressestelle der RWDSU zeigte sich auch gegenüber ZEIT ONLINE zeitweise kaum kooperativ bei der Suche nach Amazon-Beschäftigten, die sich zur Lage im Betrieb äußern wollten. Das galt zwar auch für Amazon selbst, allerdings ist es gerade das öffentliche Bekenntnis möglichst vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Gewerkschaft, das dem Kollegium signalisiert, dass man selbstbewusst in die Kampagne geht. Kurz vor Ende der knapp siebenwöchigen Briefwahlabstimmung erschien dann Bernie Sanders in Bessemer – wohl um noch um die letzten Stimmen zu werben. Das späte Auftreten der Arbeiterikone konnte man schon damals als letzte Trumpfkarte einer Bewegung werten, die sich ihres Sieges nicht mehr sicher sein konnte. Aus der Hoffnung, im gewerkschaftsfeindlichen Süden der USA endlich einen Erfolg verbuchen zu können, ist nun eine bittere Enttäuschung geworden, die vor allem der Arbeiterbewegung zu denken geben sollte. Denn in den vergangenen Jahren scheiterten bereits andere große Organisationsinitiativen in den Südstaaten, etwa 2019 bei Volkswagen in Chattanooga oder 2018 bei Boeing in North Carolina. Offenkundig gelingt es den Gewerkschaften nicht, ihre Botschaften gegen die gut finanzierte Opposition der Unternehmen zu verbreiten. (…) Allerdings ist auch die Politik gefragt. Denn die ungleichen Machtverhältnisse zwischen Unternehmen und Arbeitnehmern belasten die Gewerkschaftsarbeit. Alabama ist einer der Bundesstaaten, in denen Arbeitsverhältnisse at-will abgeschlossen werden. Das heißt: Arbeitnehmer genießen kaum Kündigungsschutz und können jederzeit gefeuert werden, sofern die Gründe für die Entlassung nicht illegal sind (etwa rassistische Diskriminierung). Die Angst, den Job zu verlieren, instrumentalisieren Unternehmen gern, um Arbeitnehmer einzuschüchtern. Man droht etwa, ein Werk zu schließen, wenn die Beschäftigten sich organisieren. Repressionen gegenüber Gewerkschaftern im Betrieb sind zwar offiziell verboten, finden auf subtile Art und Weise aber dennoch statt. Unbegründete Entlassungen wären dagegen schwieriger, wenn ein Betrieb gewerkschaftlich organisiert ist, außerdem sind auch im Durchschnitt die Stundenlöhne höher. Dennoch wiegt die Angst vor dem Jobverlust gerade für Menschen im Niedriglohnsektor hoch…“ Eine Analyse von Jörg Wimalasena, New York, vom 9. April 2021 in der Zeit online externer Link
    • Eine Schlacht verloren
      Die Gewerkschaft in Alabama verliert eine wichtige Wahl deutlich, aber: Spontaner Wildcat-Strik bei Amazon in Chicago zeigt Basisaktivismus unter den Amazon-Beschäftigten. Das Scheitern der Wahl einer gewerkschaftlichen Vertretung im Amazon-Warenlager in Bessemer ist eine Niederlage für die US-Gewerkschaftsbewegung. Eine Bewegung, die gerade die öffentliche Meinung auf ihrer Seite hat, die neue Dynamik entfaltet, aber dringend einen »Sieg« braucht. Aber: Dass die Abstimmung externer Link in Alabama mit 1798 zu 738 Stimmen deutlicher verloren ging als vorher viele Beobachter dachten, die einen knappen Ausgang erwarteten, ist nur eine verlorene Schlacht. Der Kampf geht weiter. Das ist nicht einfach hoffnungsvolle Lyrik, sondern journalistische Beschreibung der Ereignisse. Über 1000 Anfragen hat die Gewerkschaft RWDSU externer Link im Laufe der Kampagne von Amazon-Arbeiter*innen aus den ganzen USA erhalten. Sicher, nur ein kleiner Teil davon wird tatsächlich zu Gewerkschaftskampagnen führen, doch die Zahl zeigt neuen Basisaktivismus unter den Amazon-Arbeiter*innen im Land…“ Artikel von Moritz Wichmann vom 10.04.2021 im ND online externer Link
    • Gewerkschaften in den USA: Eine Niederlage und dann auch noch gegen Amazon. Zugleich werden die bitteren Folgen der Atomisierung gewerkschaftlicher Gegenmacht in Dollar und Cent erkennbar. Und warum das auch für Deutschland relevant ist
      „… Wie konnte es zu dieser Niederlage kommen? Eidelson weist zum einen auf strategische Fehler der Gewerkschaft RWDSU hin, so beispielsweise „that they accept votes during the seven-week election from hundreds of additional employees, including temps.“ Allerdings sei das nicht ausschlaggebend gewesen, sondern ein Grundproblem in den USA: „But the bigger challenges were the structural disadvantages that face workers trying to organize at any major nonunion company in the U.S.“ Und er beschreibt das enorme Ungleichgewicht zwischen den Unternehmen und den Gewerkschaften (…) Und selbst wenn eine Abstimmung zugunsten einer gewerkschaftlichen Vertretung ausgegangen ist, zeigen die Erfahrungen in den USA, dass die Arbeitnehmer keineswegs in absehbarer Zeit oder überhaupt in den Genuss einer tarifvertraglichen Absicherung gelangen, denn »employers aren’t legally compelled to complete a union contract in a specified period of time, so about half of workers who win union votes won’t have a union contract a year later. Some companies simply shut down operations that unionize.« Es überrascht nicht, dass einige Beschäftigte bei Amazon in Bessemer genau über diese Drohung seitens des Unternehmens während der siebenwöchigen Wahlperiode berichtet haben. (…) Die auf der Ebene eines aktuellen Einzelfalls am Beispiel von Amazon-Arbeitern in Bessemer, Alabama, beschriebene weitere Niederlage der sowieso schon seit vielen Jahren geschwächten Gewerkschaftsbewegung kann und muss sicher eingeordnet werden in die vielen Aktivitäten der Unternehmen, durch teilweise massives und zerstörerisches Union Busting eine Renaissance der Gewerkschaften in den Betrieben zu verhindern und sie erhalten massive politische Rückendeckung seitens der Republikaner, aber auch durch „ambivalente“ Demokraten, wo es durchaus zahlreiche Gewerkschaftsskeptiker und -gegner gibt. Auch das US-amerikanische Arbeitsrecht ist sicher ein Hemmschuh für Strategien einer Stärkung kollektiver Verhandlungen über die Arbeitsbedingungen. (…) Das kann nich ausschließlich an irgendwelchen Störaktionen der Arbeitgeber liegen, die sicher ihren Anteil haben. Man kann und muss zwei weitere Erklärungsansätze in den Blick nehmen (auch wenn es den pro-gewerkschaftlichen Lager natürlich weh tut): Zum einen könnte die hohe Ablehnung auch darauf zurückzuführen sein, dass die Betroffenen das gewerkschaftliche Angebot gar nicht so attraktiv finden, wie viele Aktivisten aus der Gewerkschaftsbewegung vielleicht automatisch oder unbewusst annehmen. Vielleicht gibt es auch schmerzhafte und negative Erfahrungen mit Gewerkschaften aus der Vergangenheit, die Arbeitnehmer davor zurückschrecken lassen, in einer gewerkschaftlichen Vertretung etwas Sinnvolles erkennen zu können. Und einen weiteren Aspekt muss man vor dem Hintergrund des sowieso schon generell niedrigen Organisationsgrades, der dann in den unteren Etagen des Arbeitsmarktes, also da, wo die Bedingungen besonders schlecht sind und der Bedarf an kollektiver Aktion besonders groß ist, nochmals niedriger ausfällt, aufrufen: Es gibt durchaus viele Arbeitnehmer, die schlichtweg nicht den Hintern hochbekommen, sich zu organisieren und zu engagieren. Die glauben, dass ihre Probleme von anderen gelöst werden müssen, die vielleicht auch schon abgeschlossen haben und überhaupt keine Verbesserung mehr erwarten...“ Beitrag von Stefan Sell vom 11. April 2021 auf seinem Blog Aktuelle Sozialpolitik externer Link
  • Im Endspurt der Gewerkschaftswahlen greift Amazon zu offen illegalen Mitteln
    Amazon took illegal action to try to bust the union organizing effort in Alabama. Depending on the union election results, Amazon is likely to face a serious legal challengeam 22. März 2021 im Twitter-Kanal von More Perfect Unions externer Link meldet erneut, dass Amazons Vorgehen gegen die Gewerkschaftswahlen bzw. diejenigen, die sich für diese Wahlen einsetzen wollen, sich außerhalb der Legalität befand. Siehe dazu drei weitere aktuelle Meldungen:

  • Warum die Wahlkampagne bei Amazon besser aussieht als andere Gewerkschaftskampagen in den Südstaaten der USA 
    Dass die Wahlkampagne der Amazon-Belegschaft in Bessemer, Alabama besser aussieht, als bisherige vergleichbare Kampagnen in den Südstaaten der USA ist weitgehend unbestritten. Warum dies so ist, ist wiederum durchaus umstritten. Aber es bleibt dabei – sie sieht einfach besser aus. Wenn nun Ende der Woche das Ergebnis der Wahlen vorliegen wird, wäre alles andere als ein Wahlsieg der pro-Gewerkschafts-AktivistInnen eine (negative) Überraschung. Siehe dazu drei aktuelle Beiträge:

    • „Amazon in Alabama“ von Violetta Bock in der Ausgabe März 2021 der SoZ externer Link (Ausgabe 3/2021) hob unter anderem hervor: „… Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet in Alabama die erste Wahl zur Gewerkschaftsanerkennung stattfinden würde – für Amazon muss dies einem drohenden Sündenfall gleich kommen. Amazon, das Unternehmen mit dem reichsten Mann an der Spitze, ist dafür bekannt, gewerkschaftliche Aktivitäten nicht zu dulden und durch Befristungspolitik, Druck und Überwachung eine Organisierung zu erschweren. Ende letzten Jahres waren Berichte über Bespitzelungen und das Anheuern von Geheimdienstkräften zur Überwachung von Gewerkschaftern, Aktivistengruppen, aber auch Händlern aufgetaucht. Anfangs schien es nahezu unmöglich, doch immer öfter fordern Arbeiter:innen bei Amazon höhere Löhne, mehr Gesundheitsschutz, bessere Verträge, Klimaschutz und ein Ende von Diskriminierung. Minneapolis, Seattle, New York. Doch ausgerechnet in Alabama besteht das erste Mal die reale Chance die formale Anerkennung zu erreichen. Der Bundesstaat im Südosten der USA, ein Right-to-work-Staat, ist bekannt dafür, dass Gewerkschaften es schwer haben, einen Fuß in die Tür zu kriegen, Gewerkschaftsrechte sind eingeschränkt, der Organisationsgrad niedrig. Birmingham in Alabama war einst eine Hochburg der Arbeiter- und Bürgerrechtsbewegung. Viele sehen die Wahl daher als historisch, ein Erfolg könnte der Funken für mehr sein. Amazon ist inzwischen der zweitgrößte Arbeitgeber in den USA, hier arbeiten die meisten der 1,1 Millionen Beschäftigen weltweit. Allein im dritten Quartal wurden laut Manager-Magazin 250000 Menschen bei Amazon USA neu eingestellt, mehr als 20000 Corona-Fälle sind hier aufgetreten.
      Das Verteilzentrum in Bessemer wurde im März 2020 eröffnet. 5800 vor allem schwarze Menschen aus der Region wurden eingestellt. Die Gewerkschaft vor Ort ist die Einzel- und Großhandelsgewerkschaft RWDSU (Retail, Wholesale and Department Store Union), wenn sie eine Mehrheit erhält, muss Amazon sie offiziell als Vertretung akzeptieren, und es besteht die Chance auf mehr Rechte und einen besseren Kündigungsschutz. Die Schichten dauern zehn Stunden mit zwei 30-Minuten-Pausen, problematisch sind vor allem die Arbeitsbedingungen, die langen Wege, fehlende Toilettenpausen. Die Gewerkschaftsanerkennung ist daher ebenso ein Kampf um Würde. Dem Unternehmen gefällt das gar nicht. Es hat versucht, die Wahl möglichst hinauszuzögern und natürlich eine Gegenkampagne gestartet mit Flugblättern, «Informationsveranstaltungen», täglichen SMS an Beschäftigte und Kleingruppengesprächen (trotz Pandemie). Die örtlichen Behörden wurden sogar überzeugt, die Rotphasen der Ampeln zu verkürzen – eine der Gelegenheiten, bei der Organizer Flugblätter verteilen können.
      ..“
    • „Dispatch from Alabama: The Biggest Amazon Union Drive Yet“ von Luiz Leon am 19. März 2021 bei den Labornotes externer Link hob vor allem hervor, dass die Gewerkschaften, bzw. all jene, die für eine gewerkschaftliche Vertretung aktiv sind, jenen PRO-Act brauchen, der gerade im Parlament diskutiert wird…„Amazon Workers Consider Unionizing at Several More U.S. Sites“ von Spencer Soper und Josh Eidelson am 19. März 2021 bei Bloomberg externer Link berichtet vor allem davon, dass es bereits entsprechende Initiativen für eine Gewerkschaft in mehreren Amazon-Niederlassungen gibt, die allesamt bezug auf Bessemer, Alabama nehmen…
  • Neben Zwangsversammlungen und Überwachung bis aufs Scheißhaus kann Amazon USA auch „großzügig“: 2.000 Dollar für jeden! (Vorausgesetzt er oder sie treten aus der Gewerkschaft aus…) 
    Amazon zieht alle Register: Sie verteilen Schriften, in denen nahe gelegt wird, wenn es eine Gewerkschaft im Lager gebe, werde es vermutlich das Lager nicht mehr geben. Zur selben Zeit haben sie die örtlichen Behörden dazu gebracht, die Ampelphase auf dem Weg zum Werkstor zu kürzen, so dass möglichst keine Flugblätter an die Belegschaft verteilt werden können. Teure öffentliche Werbekampagnen kommen ebenso hinzu, wie die „Prämie“: 2.000 Dollar für mindestens 2 Jahre Beschäftigung, wenn jemand seinen Job kündigt (der oder die für eine Gewerkschaftswahl unterschrieben haben), bei drei Jahren sind es 3.000 und so weiter – Amazon kann eben auch „großzügig“. In der Meldung „Amazon Offers $2,000 “Resignation Bonuses” to Bust Union Drive in Alabama“ von Mike Elk am 21. Februar 2021 beim Payday Report externer Link werden diese Prämiemzahlungen ebenso konkret aufgelistet, wie die verschiedenen Drohungen und antigewerkschaftlichen Schweinereien des Unternehmens… Siehe dazu auch einen Bericht über die Solidaritätsarbeit der Gewerkschaftsbewegung:

  • Wie unterschiedlich doch die Arbeitsbedingungen bei Amazon in den USA bewertet werden können: Die ArbeiterInnen in Bessemer, Alabama, widersprechen Mr. Bezos eindrücklich 
    Wie die Arbeitsbedingungen bei Amazon aussehen, ist – je nach Standpunkt der Betrachtung – reichlich unterschiedlich, quasi naturgemäß. Das Unternehmen selbst, sieht diese als recht ordentlich und besser als der Durchschnitt an – so sagt es Mr. Bezos in Person. Die Arbeiterinnen und Arbeiter sehen das jedoch ziemlich anders herum: Zumindest jene, die sich äußern. Und zwar in dem kurzen Videobericht „Amazon Warehouse Workers Reveal Brutal Working Conditions“ von More Perfect Unions am 10. Februar 2021 bei YouTube eingestellt externer Link , in dem sich Beschäftigte eben genau jener Niederlassung in Bessemer, Alabama dazu äußern, die in diesen Tagen über eine Gewerkschaftsorganisation bzw. Vertretung abstimmen. Dass daraus dann eine entsprechende gewerkschaftliche Organisationskampagne entsteht – die das Unternehmen „natürlich“ total überflüssig findet – ist dann, wenn man ihnen zuhört, keine besonders große Überraschung mehr, sondern eher: Naheliegend… Siehe dazu auch einen Aktionsbericht über eine Soli-Aktion und einen Hintergrundartikel zur Bedeutung dieser Entscheidung:

  • Quer durch die USA am 20. Februar 2021: Basisgruppierungen der Gewerkschaften organisieren einen Solidaritätstag mit der Amazon-Belegschaft in Alabama
    Für den 20. Februar 2021 hat die Southern Workers Assembly (ein Zusammenschluss alternativer Gewerkschafts-AktivstInnen verschiedenster Orientierung aus den – gewerkschaftlich problematischen – Südstaaten der USA) zu einem Solidaritätstag mit den Kolleginnen und Kollegen von Amazon in Bessemer, Alabama und ihrer seit dem 08. Februar laufenden Gewerkschaftswahl aufgerufen. Binnen der ersten drei Tage haben bereits über zwei Dutzend Gruppen von BasisgewerkschafterInnen und oppositionellen Gewerkschaftsgruppierungen sich diesem Aufruf angeschlossen und öffentlich verbreitet bzw. ihrerseits dazu aufgerufen teilzunehmen, weil sie an diesem 20. Februar lokale Aktionen organisieren werden. In dem Beitrag „Powerful Amazon Organizing Call Builds Towards February 20 Day of Action“ am 14. Februar 2021 bei Global Workers Solidarity externer Link (Facebook) werden die bisher feststehenden Aktionen an den diversen Orten zusammenfassend dargestellt – und darauf verwiesen, dass zu weiteren örtlichen Aktionen aufgerufen werden wird. Von Alabamas Hauptstadt Montgomery über Brooklyn in New York, Cheasepeak in West Virginia und Charleston in South Carolina sind es mehr als 15 Bundesstaaten in denen bisher solche Aktionen in Vorbereitung sind – und diese Liste soll laufend ergänzt werden eben bis hin zum 20. Februar.

  • Erste Niederlage für Amazon: Die Gewerkschaftswahl in Alabama hat begonnen 
    Am 08. Februar 2021 hat die Gewerkschaftswahl bei Amazon in Alabama begonnen – es wurden die entsprechenden Emails an die knapp 6.000 Beschäftigten der Niederlassung verschickt – womit das Unternehmen bereits eine erste Niederlage erlitten hat. Denn eine Wahl per Email sollte unbedingt vermieden werden, das Unternehmen wollte die Wahl in der Niederlassung durchführen, um entsprechend Einfluss – per Einschüchterung – nehmen zu können. In der Meldung „Amazon Workers In Alabama To Start Mail Ballots For Unionization Vote“ am 08. Februar 2021 bei nasdaq.com externer Link wird nochmals darauf verwiesen, dass die Abstimmung bis zum 29. März gehen wird (und das Uternehmen mit der „Entschuldigung“ zitiert, man habe die Wahl in Anwesenheit machen wollen, um sicher zu stellen, dass es, wie es den Erfahrungen entspräche, eine höhere Wahlbeteiligung gebe). Siehe dazu auch einen Beitrag über die gesellschaftliche Bedeutung dieser Wahl:

    • „Bürgerrechte mittels Arbeitskampf“ von Johannes Schulten am 07. Februar 2021 in nd online externer Link hebt zur gesellschaftlichen Bedeutung dieser betrieblichen Entscheidung unter anderem hervor: „… Zahlreiche Berichte über Einschüchterungen, die dieser Tage in großen US-Medien veröffentlicht werden, lassen wenig Zweifel an dem enormen Druck, dem die Belegschaft in Bessemer ausgesetzt ist. Bis zuletzt versuchte der Onlineriese noch, die von der US-Arbeitsbehörde aufgrund der Corona-Pandemie angeordnete Briefwahl zu verhindern. Für eine Wahl vor Ort hatte das Unternehmen ein Hotel angemietet. Dem Antrag hatte die Aufsichtsbehörde NLRB am Freitag eine endgültige Absage erteilt. Für den RWDSU-Vorsitzenden »ein weiterer Sieg der Arbeiter auf ihrem Weg, ihr Recht auf Gewerkschaftsvertretung wahrzunehmen«. Bis eine solche erreicht ist, dürfte es ein langer und harter Weg werden. Das Wahlverfahren dauert ganze sieben Wochen, was mit der durch Corona eingeschränkten Arbeitsfähigkeit der NLRB begründet wird. Der Ausgang ist schwer vorherzusagen. Alabama ist wie die meisten Südstaaten der USA hartes Pflaster für Gewerkschaften. Nur in wenigen Betrieben gibt es gewerkschaftliche Vertretungen. Das Lohnniveau ist niedriger als im Norden. Amazon zahlt seinen Beschäftigten einen Stundenlohn von 15,30 US-Dollar und damit mehr als das Doppelte des Mindestlohns von 7,25 Dollar. Der Ausgang der Abstimmung dürfte vom Grad der Verankerung der RWDSU im Logistikzentrum abhängen. Im Dezember hatten bereits 1500 Beschäftigte schriftlich erklärt, die Gewerkschaft zu unterstützen und damit die gesetzlichen Voraussetzungen für die Abstimmung erfüllt. Für eine Mehrheit müssen aber noch mindestens 1500 weitere Beschäftigte überzeugt werden. Angesichts des Dauerdrucks, unter dem die Belegschaft seit Wochen steht, kein leichtes Unterfangen. Um Anerkennungswahlen dieser Größenordnung zu gewinnen, fahren US-Gewerkschaften normalerweise langfristig vorbereitete und teure Organisierungskampagnen. Das Logistikzentrum in Bessemer existiert aber seit März 2020. Im Sommer nahmen Beschäftigte Kontakt zur Gewerkschaft auf. Hinzu kommt, dass die mit etwa 100 000 Mitgliedern relativ kleine RWDSU eher als bürokratisch und hierarchisch gilt. Stuart Appelbaum ging im Januar in sein 23. Jahr als Vorsitzender...“
    • Siehe die entsprechende Meldung der Gewerkschaft RWDSU vom 8.2.21: In Alabama, Workers At Amazon Warehouse Are Poised For Union Vote externer Link
  • Die Gewerkschaftswahl bei Amazon in Alabama hat längst begonnen: Mit der ekelhaften Schmutzkampagne des Unternehmens 
    „… Auch 25 Jahre nach der Gründung ist das Unternehmen praktisch gewerkschaftsfrei. Mit aktuell über 400 000 Beschäftigten ist Amazon einer der größten Arbeitgeber des Landes. Die wenigen Versuche, Gewerkschaftsvertretungen an Amazon-Standorten zu wählen, scheiterten kläglich. Beim letzten Versuch 2014 stimmte eine kleine Gruppe von Technikern eines Servicezentrums im Bundesstaat Delaware gegen eine Gewerkschaftsgründung. Laut der zuständigen internationalen Vereinigung von Maschinisten und Luft- und Raumfahrtarbeitern, die IAMAW, hatte das Management «intensiven Druck» auf die Belegschaft ausgeübt. Allein aufgrund der Größe des Logistikzentrums in Bessemer hat die aktuelle Auseinandersetzung eine weit größere Bedeutung. Die «Washington Post» prophezeit bereits die «größten Arbeitskämpfe in den Vereinigten Staaten seit Jahren». Für viele Beobachter kam die Nachricht der Wahl überraschend, viele Hintergründe sind noch unklar. Die RWDSU gibt aktuell keine Kommentare, heißt es auf eine Anfrage von «nd.DerTag. Die große Unbekannte: Handelt es sich um einen Einzelfall oder ist sie der Auftakt zu einer Organizing-Bewegung? Sicher ist, dass die Beziehungen zwischen den Gewerkschaften und Amazon in den vergangenen drei Jahren in Bewegung geraten sind. Eine entscheidende Zäsur war die erfolgreiche Kampagne gegen den Bau einer weiteren Amazon-Zentrale in New York City in den Jahren 2018 und 2019. Als eine der wenigen Gewerkschaften unterstützte die RWDSU den Kampf mit einer parallelen Organizing-Kampagne...“ – aus dem Beitrag „Dammbruch in den USA“ von Johannes Schulten am 26. Januar 2021 in nd online externer Link – wobei sich Dammbruch oder nicht erst noch herausstellen muss, wenn die Wahlen ab 08. Februar bis Ende März 2021 stattfinden. Siehe dazu zwei weitere aktuelle Beiträge – über Amazons schmutzigen „Vorwahlkampf“ und die Unterstützung der gewerkschaftlichen Bestrebungen durch Profi-Sportler:

  • Der Termin für die erste Gewerkschaftswahl bei Amazon USA ist festgelegt: 8. Februar bis 30. März – der Wahlkampf hat längst begonnen: Durch Amazon
    Die zuständige Arbeitsbehörde NLRB hat den Zeitraum für die ersten Gewerkschaftswahlen bei Amazon USA festgelegt. Begonnen wird am 08. Februar 2021, die abschließende Stimmauszählung wird am 30. März sein. In der Reuters-Meldung „Amazon union election to start in February, U.S. labor board says“ am 15. Januar 2021 externer Link (hier bei Yahoo News dokumentiert) wird berichtet, dass die NLRB sich den gewerkschaftlichen Standpunkt zu eigen gemacht hätte, angesichts der Epidemie eine Abstimmung per Email zu organisieren, während das Unternehmen gerne eine Präsenzwahl gehabt hätte, wobei die Vermutung nahe liegt, dass die Absicht dabei gewesen ist, bessere Kontrolle (und Einschüchterung) ausüben zu können – denn das Unternehmen hat, so wird in der Meldung berichtet, den Wahlkampf längst begonnen. Etwa mit einer Rundmail an die 6.200 Beschäftigten, die wahlberechtigt sind (einfache Mehrheit der Teilnehmenden entscheidet) in der die Frage aufgeworfen wird, warum sie 500 Dollar im Jahr Beitrag bezahlen wollen um eine soziale Absicherung zu bekommen, die sie längst hätten…). Siehe dazu auch einen weiteren aktuellen Beitrag, der sich ausführlicher mit Amazons längst begonnenem Wahlkampf befasst:

    • „Amazon Warehouse Workers to Vote on Union“ von Annie Palmer am 16. Januar 2021 bei Portside externer Link dokumentiert (ursprünglich bei CNBC) ist ein Bericht zur Festlegung des Wahltermins durch die NLRB, in dem relativ ausführlich die „Wahl-Sonderseite“ die das Unternehmen eingerichtet hat vorgestellt wird, samt den verschiedenen dabei benutzten Argumenten, die allesamt zeigen sollen, dass eine gewerkschaftliche Organisierung bei Amazon überflüssig sei…Die Gewerkschaft RWDSU wollte zu Termin und Wahlkampf keinen Kommentar abgeben (wobei die leise Hoffnung besteht, die RWDSU möge nicht ganz denselben Ruf „genießen“ wie die Auto-Gewerkschaft UAW, die mehrerer solcher Wahlen verloren hat, auch – längst nicht nur, aber eben auch – weil sie in dem (zutreffenden) Ruf stand, ein korrupter Verein zu sein…)
  • In dem Bericht „Amazon warehouse workers in Alabama allowed to vote on unionization, NLRB rules“ von Jay Greene am 16. Dezember 2020 bei der Washington Post externer Link wird unter anderem das Unternehmens-Argument angeführt, die Belegschaft (knapp über 5.000 Menschen arbeiten in der Niederlassung) sei viel zu groß, um genau feststellen zu können, ob der Antrag der Gewerkschaft genügend Unterstützung für eine Zulassung habe. Der Vertreter des zuständigen Bezirks Atlanta sah dies ganz anders und begründete die Verfügung für eine Wahl in der Niederlassung in Bessemer im (benachbarten) Bundesstaat Alabama damit, dass die Unterstützung ausreichend sei.

Grundinformationen:

  • Im April 2021 fand die Abstimmung im Amazon Fulfillment Center in Bessemer, Alabama, statt. Von insgesamt 5.800 stimmberechtigten Beschäftigten sprachen sich 738 für und 1.798 gegen die Einrichtung einer Gewerkschaftsvertretung am Standort aus. Aufgrund vermuteter Wahlmanipulation legte die RWDSU Widerspruch ein. Diskutiert werden nun angesichts dieser Wahlniederlage unter anderem der restriktive rechtliche Rahmen, das Union-Busting seitens des Arbeitgebers und die Schwierigkeiten der Organisierung in der Pandemie-Situation. Zudem mehren sich basisgewerkschaftliche Kritiken an der Strategie der Gewerkschaft (siehe auch unser Dossier nach der Niederlage: Klasse und Ungleichheit: Zur Organisierung bei Amazon nach der Niederlage in Bessemer/USA).
  • Siehe auch die RWDSU dazu externer Link
  • Und für die Organisierung weiterer Standort in den USA unser Dossier: Weitere Kampagne für Amazon-Gewerkschaft in den USA, nun in Staten Island/New York
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=183434
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