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Tag 18 im Kampf der indischen Kleinbauern – und eine Rechtsregierung, die wankt

„… Mit der Blockade großer Einfallstraßen nach Neu Delhi haben am Samstag Hunderttausende Bauern ihre wochenlangen Proteste gegen eine Deregulierung der Landwirtschaft fortgesetzt. Viele Landwirte kampieren bereits seit zwei Wochen an den Stadträndern der indischen Hauptstadt, und täglich kommen weitere vor allem aus Haryana, Rajasthan und Pandschab hinzu. Premierminister Narendra Modi versicherte den Bauern, die eine starke Wählerschaft stellen, dass der Regierung ihr Wohlergehen am Herzen liege. (…) Das Protestforum der Bauernverbände AIKSCC will vor allem drei im September beschlossene Gesetze zu Fall bringen, die nach seiner Einschätzung das Einkommen der Landwirte drücken und die Gewinne großer Agrarkonzerne steigern würden. Modi argumentiert, die Gesetze würden die Bauern von antiquierten Marktordnungen befreien und ihnen bessere Preise auf dem freien Markt ermöglichen. In Indien wird Getreide in staatlich organisierten Großmärkten bisher zu garantierten Mindestpreisen gehandelt. Nun sollen die Bauern ihre Ware ohne Mittelmänner auch direkt an Privatfirmen verkaufen können. Die Bauern befürchten einen Preisverfall, weil sie in Verhandlungen mit den Agrarkonzernen in einer schlechten Position wären. Die Landwirtschaft trägt rund 15 Prozent zur indischen Wirtschaftsleistung bei und ist Lebensgrundlage für rund 58 Prozent der 1,3 Milliarden Einwohner des Landes…“ – aus der Meldung „Bauern in Indien protestieren gegen Deregulierung“ am 12. Dezember 2020 bei Proplanta.de externer Link über die Fortsetzung der Proteste an vergangenen Samstag und in knapper Zusammenfassung der Hintergründe. Siehe dazu drei weitere aktuelle Beiträge von den Aktionen am Wochenende, einen Hintergrundbeitrag über die Landwirtschaftspolitik der indischen Rechtsradikalen und den Hinweis auf unseren bisher letzten Beitrag zu den Bauernprotesten:

  • „Indische Bauern weiten Proteste gegen „Reform“ im Interesse der Agrarindustrie aus, Modi bereitet Unterdrückung vor“ von Wasantha Rupasinghe und Keith Jones am 11. Dezember 2020 bei wsws externer Link fasst die Entwicklung der letzten Woche so zusammen: „… Die großen Konzerne begrüßten die „Landwirtschaftsreformen“ und die dazugehörige „Arbeitsrechtsreform“, die Streiks weitgehend verbietet und „Flexibilität“ des Arbeitsmarkts propagiert. Sie forderten die BJP-Regierung auf, hart zu bleiben. Zum einen betrachten sie die „Modernisierung“ der indischen Landwirtschaft auf Kosten der Kleinbauern als zentrales Element im Konkurrenzkampf mit China um Investitionen. Zum anderen fürchten sie, dass ein Rückzieher der Regierung aufgrund von Bauernprotesten den sozialen Widerstand stärken wird. (…) Die Regierung erklärt mittlerweile auch ihre Bereitschaft, „schriftlich zu versichern, dass das bestehende System der Mindeststützpreise (MSP) bestehen bleibt“. Die Bauern wollen die MSP jedoch als Gesetz verankern, da sie den Versprechungen der Regierung nicht trauen. Das MSP-System ist durch die „marktwirtschaftsfreundliche“ Politik der Zentralregierung und der Bundesstaatsregierungen – unabhängig davon, ob sie von der BJP und ihren Verbündeten oder den angeblich „bauernfreundlichen“ Oppositionsparteien kontrolliert werden – ohnehin schon weitgehend zusammengebrochen. Die Bauernorganisationen haben das Angebot der BJP-Regierung zurückgewiesen und drohen jetzt mit einer Blockade der Autobahnen von Delhi nach Jaipur, Agra und weiteren Städte. Diese soll spätestens am 12. Dezember beginnen. Das bereits erwähnte Kisan Morcha Koordinationskomitee erklärte in einer Pressemitteilung: „Modis Regierung behandelt die Forderungen der Bauern mit Unaufrichtigkeit und Arroganz. Alle Bauern weisen zu Recht die alten Vorschläge zurück, die lediglich neu verpackt wurden.“ Die Bauernorganisationen haben außerdem zu einer landesweiten Sitzblockade der Transportrouten am 14. Dezember aufgerufen, sind jedoch weiterhin zu Gesprächen mit der Regierung bereit. Die Militanz der Bauern hat Modi und seine Regierung offenkundig aufgeschreckt…“
  • „Does RSS Have A Positive Agrarian Policy?“ von Kancha Ilaiah Shepherd am 13. Dezember 2020 bei Countercurrents externer Link ist ein Beitrag, der sich mit der Agrarpolitik der faschistischen Massenbewegung RSS (die wichtigste soziale Basis der Regierungspartei BJP) auseinandersetzt – die natürlich behaupten, sie würden zugunsten der indischen Bauern arbeiten. Sehr ausführlich und konkret wird dies in dem Beitrag widerlegt und deutlich gemacht, dass auch in diesem Bereich und auch in Indien die Rechten – wie immer und überall, wenn auch anders als früher, nämlich „neoliberal“ – eine Politik im Dienste des Kapitals machen.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=183164
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