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Die Menschen in Peru protestieren nicht wegen des Putsches einer reaktionären Clique gegen die andere: „Vacarlos a todos“ – sie sollen alle gehen, samt ihrer Verfassung

Peru: „Vacarlos a todos“ - sie sollen alle gehen, samt ihrer VerfassungPerus Präsident Vizcarra ist am 09. November 2020 vom Parlament abgesetzt worden – erst im zweiten Anlauf ist dieses Vorhaben gelungen. Der Präsident, als Kämpfer gegen die Korruption ins Amt gekommen, ist der Korruption angeklagt – und sein nunmehr gerade mal „5 Tage“ Nachfolger Merino, bisher Parlamentspräsident, ist als Kämpfer gegen Korruption angetreten (und ist im Land durchaus bekannt für seine Beziehungen mit dem brasilianischen Bau-Multi Odebrecht, dessen „Großzügigkeit“ nicht nur einen peruanischen Präsidenten das Amt kosteten). Vizcarra war auf Kuczynski gefolgt, der als Kämpfer gegen die Korruption angetreten war und ebenfalls deswegen das Amt räumen musste und nicht der Erste war, bei dem die „Sache“ diese Entwicklung nahm. Während einerseits die bisherigen Regierungsparteien versuchen, sich als Demokraten gegen die geputscht wurde, zu profilieren – was angesichts ihrer Regierungspolitik im Dienste des Neoliberalismus extrem unglaubwürdig ist – mobilisieren progressive Kräfte und wesentliche Teile der peruanischen Gewerkschaftsbewegung unter der peruanischen Variante von „Que se vayan todos“ nämlich „Vacarlos a todos“ (alle absetzen) gegen das politische System, das mit der Verfassung des ebenfalls seit langem verurteilten Diktators Fujimori 1993 eingeführt worden war. Siehe zu den aktuellen Protesten gegen das politische System in Peru eine aktuelle Materialsammlung vom 16. November 2020 – inklusive gewerkschaftlicher Positionierungen und Aufrufe sowie einiger Schlaglichter der reaktionären Politik der bisherigen Regierung:

„Interimspräsident Merino tritt zurück“ am 15. November 2020 bei tagesschau.de externer Link meldete es auf die qualitätsjournalistisch-staatstragende Weise: „… Unter dem Druck massiver Proteste hat der peruanische Interimspräsident Manuel Merino seinen Rücktritt erklärt. Er hatte das Amt damit nicht einmal eine Woche lang übergangsweise inne. „Ich möchte wie alle, was für unser Land am besten ist“, sagte Merino in einer Fernsehansprache. Er rief zu Frieden und Einigkeit auf. Nichts rechtfertige den Tod von Peruanern bei legitimen Protesten. Allerdings seien auch Gruppen beteiligt gewesen, die Chaos hätten säen wollen. Die Vorfälle müssten untersucht werden. Zuvor war das von der Opposition dominierte Parlament zu einer Dringlichkeitssitzung zusammengekommen und hatte Merino aufgefordert, seinen Posten aufzugeben. Merino hatte das Amt des Staatschefs von Martín Vizcarra übernommen. Das Parlament hatte ihn am Montag nach zweieinhalbjähriger Amtszeit wegen Korruptionsvorwürfen und „moralischer Unfähigkeit“ abgesetzt. Vizcarra weist die Vorwürfe zurück. Seit dem Wechsel im Präsidentenamt waren mehrere Minister der Übergangsregierung wieder zurückgetreten…“ – als ob der Möchtegern-Putschist sozusagen moralische Skrupel bekommen hätte und nicht etwa, wie es sich real verhält, die Flucht ergriffen hätte…

„Perú. Pueblo en lucha logra sacar al dictador Merino de la presidencia“ am 15. November 2020 bei kaosenlared externer Link bewertet Merinos schnellen Abtritt aus dem angemaßten Amt ganz anders als einen Erfolg der Massenproteste – und als Hinweis darauf, dass die Zahl jener in Peru deutlich wächst, die die „kosmetischen Arrangements“ der herrschenden Oligarchie nicht mehr hinnehmen wollen.

„El pueblo peleando en la calle volteó finalmente al golpista: Renunció Manuel Merino“ am 15. November 2020 bei Resumen Latinoamericano externer Link unterstreicht ebenfalls den Charakter der „Flucht vor den Straßenprotesten“ des Merino-Abgangs…

„Krise in Peru“ von Volker Hermsdorf am 16. November 2020 in der jungen welt externer Link über den Anfang vom Ende der sogenannten Merino-Regierung unter anderem: „… Augenzeugen berichteten von einem extrem harten Vorgehen der Polizei. In den »sozialen Medien« meldeten sich Opfer, die über den Einsatz von Pfefferspray aus Polizeihubschraubern klagten, auch seien mehrere Menschen durch Schrotkugeln und Gummigeschosse verletzt worden. Menschenrechtsaktivisten zufolge wurden »in acht Regionen des Landes Gewalttaten der Sicherheitskräfte registriert«, wobei sich die schwerwiegendsten in Lima ereignet hätten. Um den Grund für ihre Proteste deutlich zu machen, trugen viele Demonstranten Plakate mit dem Text: »Wir demonstrieren nicht für Vizcarra, sondern gegen den Staatsstreich und die Zustände in unserem Land.« Der bisherige Staatschef war am Montag, nur fünf Monate vor den nächsten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen, von der Mehrheit des Parlaments wegen Korruptionsvorwürfen abgesetzt und durch Merino, den Vorsitzenden des Kongresses, ersetzt worden. Der Expräsident war beschuldigt worden, als Gouverneur der Region Moquegua zwischen 650.000 und 850.000 US-Dollar an Bestechungsgeldern von Baukonzernen angenommen zu haben. 105 der 130 Abgeordneten hatten ihm daraufhin »moralische Unfähigkeit« bescheinigt. Der von großen Teilen der Bevölkerung als Putsch bezeichnete Machtwechsel verschärft die politische, gesundheitliche und wirtschaftliche Krise, die das Land bereits vor Beginn der Coronapandemie erschüttert hat – in Relation zur Bevölkerungszahl hat Peru die weltweit höchste Todesrate durch das Virus. Korrupte Politiker verstärken seit Jahren durch neoliberale Maßnahmen sowie Privatisierung von staatlichen Einrichtungen und natürlichen Ressourcen die Ungleichheit, Armut und soziale Missstände. Auch Vizcarra verfolgte neoliberale Konzepte und befolgte außenpolitisch die Vorgaben Washingtons. Zugleich hatte er aber auch versucht, Reformen im Hochschulwesen und Antikorruptionsmaßnahmen durchzusetzen, wodurch Wirtschaftskreise ihre Interessen gefährdet sahen. Laut einer von der Zeitung El Comercio veröffentlichten Umfrage des Ipsos-Instituts waren Ende Oktober 78 Prozent der Peruaner der Meinung, dass Vizcarra im Amt bleiben sollte, während 72 Prozent Manuel Merino ablehnten…“

„Peru: Präsident Vizcarra des Amtes enthoben“ von Quincy Stemmler am 12. November 2020 bei amerika21.de externer Link berichtete unter anderem zur Absetzung: „… Das peruanische Parlament hat am Montag dem Misstrauensvotum gegen Präsident Martín Vizcarra mit überwältigender Mehrheit stattgegeben. Tags darauf wurde Manuel Merino, Präsident des Kongresses, als dessen Nachfolger vereidigt. Merino wird voraussichtlich bis Juli 2021 die Geschäfte des Staatsoberhaupts ausüben bis ein:e gewählte:r Nachfolger:in ihn beerben wird. Für April 2021 waren bereits reguläre Präsidentschaftswahlen angesetzt gewesen. Die Amtsenthebung erfolgte unter der Begründung einer „permanenten moralischen Amtsunfähigkeit“ Vizcarras. Ihm wird ein Korruptionsfall aus seiner Zeit als Gouverneur der südperuanischen Region Moquegua vorgeworfen . Er soll angeblich Bestechungsgelder in Höhe von umgerechnet einer halben Million Euro für die Durchführung mehrerer Bauvorhaben entgegen genommen haben. Es war bereits der zweite Versuch des Parlaments, Vizcarra wegen eines vermeintlichen Bestechungsskandals des Amtes zu entheben. Erst im September war ein ähnlicher Anlauf in der finalen Abstimmung gescheitert, da die nötige Zweidrittel-Mehrheit nicht erreicht werden konnte. Dieses Mal stimmten alle Fraktionen mehrheitlich mit „Ja“ ab – mit Ausnahme der linksliberalen Lila Partei…“

„Erbitterter Machtkampf in Peru“ am 01. Oktober 2020 bei der Deutschen Welle externer Link berichtete über den gescheiterten ersten Versuch Vizcarra abzusetzen und die Reaktionen darauf: „… Die Zukunft des Landes soll an den Urnen entschieden werden“, sagte der Staatschef in einer Rede an die Nation. Mit dem von der konservativen Opposition dominierten Parlament sei „keinerlei Vereinbarung“ möglich, sagt er. Vizcarra bezog sich dabei auf den erbittert geführten Streit um die Besetzung der Richterposten beim peruanischen Verfassungsgericht. Zuvor hatte er die Vertrauensfrage gestellt. Als die Abgeordneten daraufhin gegen seinen Willen über neue Verfassungsrichter abstimmten, wertete der Präsident die Vertrauensfrage als gescheitert und löste das Parlament auf. er aufgelöste Kongress wiederum stimmte für die Absetzung von Vizcarra und ernannte einen Interimspräsidenten. Die Entscheidung wurde mit 87 Stimmen von den im Plenarsaal anwesenden Abgeordneten getroffen, vor allem von der Fujimori-Partei Fuerza Popular, ihrem Verbündeten, der Partido Aprista, sowie Vertretern der rechten und extremen Rechten…“

„Massenproteste und politische Krise in Peru“ von Andrés Garcés am 13.November 2020 bei Klasse gegen Klasse externer Link zu den Reaktionen auf den parlamentarischen Krieg der Reaktion unter anderem: „… Das zentrale Ziel dieses neuen Kabinetts ist der Versuch, eine Regierung zu konsolidieren, die sich seit ihrer Amtsübernahme Mobilisierungen entgegen sieht, die für ihren Sturz kämpfen. Um Kontinuität zu zeigen, versicherte Merino während der Vereidigung, dass er während der Übergangszeit, die er nach dem Abtritt von Vizcarra nun bis zum 28. Juli nächsten Jahres führen soll, keine „traumatischen Veränderungen“ vornehmen werde. Doch die Proteste auf den Straßen und die Diskreditierung des Parlaments, das gerade für die Entlassung von Vizcarra gestimmt hat und damit die Amtsübernahme Merinos veranlasste, sind der Grund für die massiven Mobilisierungen, die die neue Regierung in Frage stellen. Was die vereidigten Minister:innen verbindet, ist, dass die meisten von ihnen an der Regierung von Pedro Pablo Kuczynski (PPK) und Martin Vizcarra teilgenommen haben, entweder als Minister:innen oder als deren Berater:innen. So läuft gegen José Arista Arbildo, der in das Wirtschafts- und Finanzministerium berufen wurde, wegen angeblichen Stimmenkaufs für PPK im ersten Anlauf seiner Amtsenthebung eine Untersuchung. Der Premierminister Flores Áraoz hat auch eine lange Geschichte der Politik im Dienste der Konzerne: Zwischen 2007 und 2009 war er Verteidigungsminister in der umstrittenen zweiten Regierung von Alan García (der sich 2019 das Leben nahm, um dem Knast zu entgehen) und einer der Architekten des Massakers an Indigenen im so genannten „Baguazo“ im Jahr 2009. Damals protestieren Indigene verschiedener Nationalitäten gegen die Durchsetzung des Freihandelsabkommens mit den USA, welches die natürlichen Ressourcen privatisierte und es transnationalen Minenkonzernen erleichterte, das Amazonasgebiet auszubeuten. Um seine mörderische Politik zu rechtfertigen, konnten rassistische Kommentare nicht fehlen: “Wir können nicht die befragen, die nicht lesen und schreiben können”. Etliche weitere unbeliebte Gesichter finden sich in Merinos Kabinett. Kein Wunder also, dass die Antwort nicht auf sich warten ließ: Seit fünf Tagen protestieren Zehntausende in Lima, Ayacucho, Cajamarca und anderen Städten. “Merino ist nicht mein Präsident” und “er wurde nicht gewählt” riefen die Demonstrierenden. Viele fordern zudem ein Ende der Korruption und eine Erneuerung in der Politik. Die Polizei reagierte mit brutaler Represssion: Die Medien sprechen von 40 Gefangenen und mehreren Schwerverletzten, während der Gesundheitsminister Abel Salinas dies leugnet, doch die Bilder sprechen für sich…“

„Werden die Menschen in Peru Zeugen eines Parlamentsputsches?“ am 14. November 2020 bei den Coop-News externer Link ist die Übersetzung eines Beitrags vom Vortag aus Peoples Dispatch worin die sozusagen traditionslinke Bewertung der Entwicklungen zusammen gefasst wird: „… Peruaner sind auf die Straße gegangen, um die Amtsenthebung und Entfernung von Martín Vizcarra aus dem Amt des Präsidenten am Montag, dem 9. November, abzulehnen. Nach einer vierstündigen Debatte auf dem peruanischen Kongress am Montagabend wurde Vizcarra mit 105 Mitgliedern des Kongresses angeklagt ihn wegen „moralischer Unfähigkeit“ wegen seiner angeblichen Beteiligung an Korruptionshandlungen zu entfernen. Die Amtsenthebung ist der Wendepunkt in einem Konflikt zwischen der Legislative und der Exekutive der peruanischen Regierung, der sich in den letzten zwei Jahren verschärft hatte. Der Kongressvorsitzende Manuel Merino von der Mitte-Rechts-Volkspartei wurde am Dienstag als Präsident vereidigt. Merinos Partei war an der Spitze der Amtsenthebung gestanden. Die Entscheidung löste eine Schockwelle in der peruanischen Gesellschaft aus und Hunderte gingen am Montagabend spontan auf die Straße. Am Dienstag forderten fortschrittliche Bewegungen und Organisationen ihre Mitglieder und Verbündeten auf, Proteste in Städten im ganzen Land zu veranstalten, und am Donnerstag gingen sie weiter. Die massiven Proteste wurden heftig unterdrückt. Die Polizei hat Dutzende festgenommen und Demonstranten mit Tränengas- und Wasserwerfertanks angegriffen. Während der Proteste am Donnerstag wurden Journalisten von AFP, El Comercio und anderen Verkaufsstellen durch Pellets und Tränengaskanister verletzt . „Am Montag waren wir Hunderte von Menschen auf der Straße, und am Dienstag waren wir Tausende, die gegen einen Staatsstreich mobilisierten“, sagte Lucía Alvites, ein Mitglied der peruanischen Volksbewegung La Junta und ein Pre -Kandidat für den Kongress mit der New Peru verließ die politische Partei. Die Situation in Peru und die tiefe Ablehnung der Amtsenthebung durch das Volk können für einige verwirrend sein. Martín Vizcarra ist weit entfernt von einem fortschrittlichen Führer und vertritt nicht die Interessen der Arbeiterklasse und der fortschrittlichen Bewegungen. Warum lehnen Tausende auf der Straße seine Amtsenthebung ab und nennen sie sogar einen Staatsstreich? Alvites erklärte, dass es bei den weit verbreiteten Protesten darum geht, was die Amtsenthebung impliziert und was über die Entfernung von Vizcarra hinaus erreicht werden soll. „Die massive Ablehnung durch das Volk hat mit der Entartung der traditionellen politischen Klasse zu tun, die vor allem vom Kongress vertreten wird“, sagte Alvites. „Die Menschen lehnen diese korrupte und verrottende politische Klasse und dieses politische System ab, das veraltet und den Interessen der Großunternehmer untergeordnet ist“, erläuterte sie. Für sie vertreten oder arbeiten die 130 Kongressmitglieder mit einigen Ausnahmen nicht im Interesse des Volkes. Peru hat über 930.000 Fälle von COVID-19 (das 12. am schlimmsten betroffene Land) registriert und eine der höchsten Sterblichkeitsraten der Welt (über 35.000 Todesfälle). Die schwere Krise im Bereich der öffentlichen Gesundheit hat auch einen wirtschaftlichen Notfall ausgelöst. Die Mehrheit der Menschen ist besorgt über grundlegende Überlebensfragen wie Essen, über die Runden kommen und Miete zahlen. Die Mitglieder des Kongresses haben sich jedoch nicht zusammengeschlossen, um diese dringenden Probleme anzugehen, sondern sich auf die Amtsenthebungs- und Abschiebungsmaßnahmen konzentriert und in einem bereits instabilen Moment Krise und Chaos ausgelöst. Korruption und die Ablehnung von Korruption stehen seit einigen Jahren im Zentrum der peruanischen Politik. Nach der Amtsenthebung und dem Rücktritt von Pedro Pablo Kuzcinksy im Jahr 2018 wegen einer Reihe von Korruptionsvorwürfen schwor der damalige Vizepräsident Vizcarra, der im März 2018 die Präsidentschaft übernahm, den Kampf gegen die Korruption zu verdoppeln. Ironischerweise waren es erneut Korruptionsvorwürfe gegen Vizcarra (die vom peruanischen Generalstaatsanwalt untersucht werden), die die Motivation für den Amtsenthebungsantrag darstellten, der von einer Gruppe von Senatoren der rechtsgerichteten Parteien Popular Action, Alliance for Progress, Popular Force unterstützt wurde , und andere. Soziale Bewegungen haben erklärt, dass sie zwar Korruption nicht dulden oder Vizcarra nicht unterstützen, aber der Ansicht sind, dass die Korruptionsvorwürfe vom Gericht hätten gelöst werden müssen und nicht in der hastigen Anhörung zur Amtsenthebung. Darüber hinaus behaupten viele, dass die Entfernung von Vizcarra tatsächlich ein Schritt war, um die Kongressmitglieder vor einer Überprüfung der Korruptionsvorwürfe zu schützen, mit denen sie selbst konfrontiert sind. Alvites sagte, dass „mehr als 60 der 130 Kongressmitglieder beschuldigt werden und in Korruptionsfälle verwickelt sind.“ Die Mitglieder des Kongresses genießen jedoch parlamentarische Immunität. Vizcarra hatte versucht, das zu ändern…“

„Ex-Präsident Kuczynski wegen Korruption in U-Haft“ am 10. April 2019 bei der Deutschen Welle externer Link zu einem der zahlreichen Beispiele des Wirkens des brasilianischen Baumultis Odebrecht der (bei weitem nicht nur) in Peru seit langem wirkte: „… Der Skandal um den brasilianischen Baukonzern Odebrecht bereitet fast allen Regierungen Lateinamerikas massives Kopfzerbrechen. Seit 2014 förderten Ermittlungen gegen den Eigentümer Marcelo Odebrecht und sein Unternehmen nach und nach ein ausgeklügeltes System von Schmiergeldzahlungen an Politiker, Parteien, Staatsbeamte und Manager zutage. Nun traf es Pedro Pablo Kuczynski, der im vergangenen Jahr wegen der Ermittlungen bereits von seinem Präsidentenamt in Peru zurückgetreten war. Das Gericht in Lima verhängte eine zehntägige Untersuchungshaft gegen ihn, wegen des Verdachts der Geldwäsche. Kurz darauf wurde der 80-Jährige festgenommen und ins Polizeipräsidium der Hauptstadt gebracht. Auch der Fahrer und ein Sekretär Kuczynskis wurden verhaftet. Fahnder durchsuchten Häuser, Wohnungen und Büros des ehemaligen Staatschefs…

„Destitution du président : émeute à Lima“ am 10. November 2020 bei Anthropologie du Présent externer Linki st eine ausführliche Materialsammlung zu den sofortigen Protesten gegen die neue Regierung (inklusive zahlreicher Videoberichte über die massive Polizeigewalt, die sie verhindern sollte, aber nicht konnte). Dazu gibt es auch noch eine vergleichbare Sammlung vom 12. November 2020.

„Perú: la juventud sorprende como nuevo sujeto político“ von Rodrigo Montoya Rojas am 15. November 2020 bei Clajadep-LaHaine externer Link bewertet insbesondere die Beteiligung vieler junger Menschen an den aktuellen Protesten – was unter anderem dazu geführt habe, dass die sogenannte Übergangsregierung als einzigen Anwärter auf den Posten des Erziehungsministers einen Admiral fand…

„LOS TRABAJADORES Y EL PUEBLO EXIGEN RENUNCIA INMEDIATA DE MERINO, CONFORMACIÓN DE GOBIERNO PROVISIONAL CON PARTICIPACIÓN POPULAR QUE CONVOQUE A UNA ASAMBLEA CONSTITUYENTE“ am 15. November 2020 beim Gewerkschaftsbund CGTP externer Link ist Stellungnahme und Aufruf des größten Gewerkschaftsbundes Perus, in der der sofortige Rücktritt der neuen Regierung Merino gefordert wird und die Einberufung  einer Verfassungsgebenden Versammlung durch eine sofort zu bildende provisorische Regierung, die unter Beteiligung demokratischer Volksorganisationen zu bilden sei.

„Trabajadores manifestaron rechazo a cogobierno de Vizcarra y grandes empresas“ am 06. November 2020 beim Gewerkschaftsbund CGTP externer Link steht hier als Beispiel dafür, dass die Gewerkschaftsföderation (nicht alleine) keineswegs die bisherige Regierung Vizcarra verteidigt, sondern eine „Ende der gemeinsamen Regierung von Vizcarra und Großunternehmen“ gefordert hatte.

„Tras la destitución de Vizcarra, trabajadores volverán a movilizarse“ am 10. November 2020 bei der CLATE externer Link (der lateinamerikanischen Föderation der Gewerkschaften im Öffentlichen Dienst) ist ein Betrag, der die Position der Föderation der ÖD-Gewerkschaften Perus, der CITE wiedergibt: Wir werden weiter und verstärkt mobilisieren, denn wir nehmen nicht hin, dass durch die rechten Intrigenkämpfe diese Fraktionen ihre Position bei den Wahlen 2021 verbessern…

„CUT: “No habrá ninguna solución a los problemas laborales”“ am 10. November 2020 bei La Republica externer Link ist eine Meldung über die Positionierung des kleineren Verbandes CUT Peru, der zwar bezüglich der zentralen Probleme der Arbeiterinnen und Arbeiter ebenfalls keinen Unterschied zwischen zwei Rechtsregierungen sieht (und darauf verweist, dass dies so schnell ja auch gar nicht sein könne -?)  – aber nichts über eine eventuelle Mobilisierung gegen diese Politik zu sagen weiss…

A new law in Peru grants police special legal protections when they injure or kill. Instead of building a police force that is accountable & effective in the fight ag crime, the law spurs the use of excessive force & impunityam 12. Mai 2020 im Twitter-Kanal von Kriti Sharma externer Link ist eine der wichtigsten Meldungen über einzelne reaktionäre Maßnahmen der bisherigen Vizcarra-Regierung: Ein neues Polizeigesetz, das faktisch eine „Lizenz zum Töten“ ausstelle…

„Reforma laboral de Vizcarra: Institucionalizar la precariedad“ von Maria Sosa am 07. Januar 2019 bei La Plaza externer Link war ein Beitrag über die gleich zu Beginn der Regierungszeit Vizcarra geplante „Reform der Arbeitsgesetze“ (die aufgrund massiven Widerstandes dann „verschoben“ werden musste) – die Kritik der Autorin (die durchaus mit jener der Gewerkschaften übereinstimmte): Das ist die Institutionalisierung der Prekarität als Normalverhältnis.

„Protestas por derechos laborales en Lima y otras ciudades del Perú“ am 06. November 2020 bei der CLATE externer Link berichtete über den landesweiten Protesttag der Gewerkschaften gegen die Pläne der Regierung Vizcarra, die Arbeitsgesetzgebung weiterhin neoliberal zu demontieren.

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=181381
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