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Was kümmert uns die Wirklichkeit? Amerikanische Gewerkschaften begrüßen Joe Bidens „Workers Agenda“ – die außer ihnen niemand sieht…

Black Lives Matter: Wir haben Trump besiegtOkay, brothers and sisters: Gewerkschaften sind keine revolutionären Organisationen. Können es auch gar nicht sein, sagt das kleine LabourNet Germany (wohl wissend, dass viele Kolleginnen und Kollegen, mit denen wir gerne immer wieder zusammen gearbeitet haben – und dies auch weiterhin tun werden – dies anders sehen, etwa wenn gesagt wird, sie müssten wieder werden, was sie noch nie waren). Aber dass man nicht nur in der Unterstützung großer Koalitionen einen besonders hohen Grad an politischer Peinlichkeit, als Transmissionsriemen welcher politischen Partei auch immer demonstrieren kann, beweisen gerade – einmal mehr – die Gewerkschaften des AFL-CIO in den USA. Sie begrüßen – als weit und breit einzige Organisationen – das „arbeiterfreundliche“ Programm des gewählten Präsidenten Biden. Dies sei eine „workers agenda“ vertreten sie – als absolutes Alleinstellungsmerkmal. Während in der Demokratischen Partei bereits die Hexenjagd begonnen hat auf auch nur irgendwie etwas linkere Positionen, die für den keineswegs durchschlagenden Wahlerfolg verantwortlich gemacht werden sollen. Siehe zu dieser Bankrotterklärung der besonderen Art vier aktuelle Beiträge und den Hinweis auf unsere Materialsammlung zum Wahlergebnis in den USA:

  • „Biden und Harris stellen Übergangsprogramm vor“ von Harald Neuber am 09. November 2020 bei telepolis externer Link befasst sich da schon weitaus konkreter mit dem gewerkschaftlich bejubelten Vorhaben – und den Auseinandersetzungen in der Demokratischen Partei: „… Man wolle, so verkündet das designierte Präsidialteam, „dem Talent der Menschen, den komplexesten Herausforderungen der Gesellschaft, der Integrität und den höchsten ethischen Standards“ Priorität einräumen. Das klingt schon ziemlich nach Allgemeinplätzen, ebenso wie das Versprechen, „dem amerikanischen Volk und nicht Sonderinteressen zu dienen“ und „Transparenz (zu garantieren), um jederzeit Vertrauen zu gewinnen“. (…) Ob unter einem Präsidenten Biden der Neuanfang gelingt, wird in der Demokratischen Partei und in der US-amerikanischen Linken derzeit durchaus in Frage gestellt. Gegenüber der Tageszeitung The New York Times schilderte die Abgeordnete Alexandra Ocasio-Cortez unlängst ihr schwieriges Verhältnis zur eigenen Partei. Neben anderen Problemen habe ihr „der Mangel an Unterstützung“ zugesetzt, so Ocasio-Cortez, und der Umstand, dass „die eigene Partei einen für den Feind hält“. Ocasio-Cortez war vor vier Jahren als Außenseiterin für den linken Flügel der Demokraten in das Abgeordnetenhaus gewählt worden und gehört dem „Squad“ an, vier Women of Colour, die 2016 Mandate für die Demokraten erringen und vergangenen Woche verteidigen konnten. Der US-Marxist und Wirtschaftswissenschaftler Richard Wolff zeigte sich skeptisch, ob den Demokraten ein echter New Deal gelingt, mit denen die schweren sozialen Probleme der US-Gesellschaft überwunden werden können. Sowohl unter den Republikanern als auch unter den Demokraten werde das Wohlstands- und Einkommensgefälle in den USA wohl größer werden, so Wolff, der daran erinnerte, dass gegenwirkende Reformen in den 1930er Jahren erst von der Gewerkschaftsbewegung, Sozialisten und Kommunisten erzwungen worden waren...“
  • „Biden und Demokraten bereiten rechte Regierung vor“ von Patrick Martin am 10. November 2020 bei wsws externer Link fasst die Reaktionen in der Demokratischen Partei so zusammen: „… Bidens nationaler Sprecher, Jamal Brown, erklärte am Sonntag: „Joe Biden hat es in seiner Karriere immer geschafft, in Krisenzeiten Republikaner und Demokraten aus dem ganzen politischen Spektrum zusammenzubringen.“ Biden selbst konzentrierte sich in seiner Siegesrede am Samstagabend darauf, zur Zusammenarbeit zwischen beiden Parteien aufzurufen. Den Medien wurden aus Bidens Wahlkampfteam Listen mit potenziell Nominierten für Kabinettsposten zugespielt. Auf ihnen sind zahlreiche Persönlichkeiten vom rechten Flügel der Demokraten und dem nationalen Sicherheitsapparat aufgeführt, u.a. Michele Flournoy als Verteidigungsministerin, Lael Brainard als Finanzministerin und Susan Rice oder Chris Coons als Außenminister. Insgesamt sind auf den Listen mehr Republikaner vertreten als Vertreter des Sanders/Warren-Flügels der Demokraten. Es sieht so aus, dass die Demokraten im Kongress die Führung bei einer Kampagne zur Säuberung des linken Flügels der eigenen Partei übernommen haben, um die Republikaner schon im Voraus zu beschwichtigen. Senator Joe Manchin, der in der demokratischen Fraktion für seine rechten Positionen berüchtigt ist, machte den „Sozialismus“ für das schlechte Ergebnis in den Wahlen für die Senats- und Repräsentantenhaus-Sitze in den Bundesstaaten verantwortlich. Er behauptete, ohne den kleinsten Beweis vorzulegen, das sei der Grund für die meisten Menschen in seinem Bundesstaat West Virginia gewesen, die für die Republikaner gestimmt haben. Eine Stellungnahme im Stil der McCarthy-Ära von der Abgeordneten und ehemaligen CIA-Agentin Abigail Spanberger (Virginia), die am 3. November mit knapper Mehrheit wiedergewählt wurde, stieß in der Kongressfraktion der Demokraten und den Medien auf große Resonanz. Sie behauptete während einer Telefonkonferenz nach der Wahl, der Grund für die Verluste der Demokraten im Repräsentantenhaus seien die Forderungen nach „Mittelkürzungen für die Polizei“ und „Medicare für alle“ gewesen. Während der Konferenz erklärte Spanberger: „Wir dürfen die Worte ,sozialistisch‘ oder ,Sozialismus‘ nie wieder benutzen. Wir haben deshalb gute Mitglieder verloren.“ Die Tonaufzeichnung des Gesprächs wurde später der Presse zugespielt, um dieses rechte Narrativ zu stärken. Die Behauptung, die Demokraten seien zu links aufgetreten, ist lächerlich. Sie ist eine rechte kapitalistische Partei, deren wichtigster Zustrom an Führungspersonal in den letzten zwei Jahren aus einer Gruppe von ehemaligen CIA-Agenten und Angehörigen der Special Forces, ehemaliger Militärkommandanten und hoher ziviler Berater aus den Kriegen im Irak und Afghanistan bestand. Diese Gruppe stellt jetzt mindestens 15 Mitglieder der demokratischen Fraktion im Repräsentantenhaus und wird im nächsten Kongress das Kräfteverhältnis beeinflussen…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=181070
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