Kurz vor Toresschluss doch noch die „Riester-Rente“ retten? Wenn man von einem fast toten Pferd partout nicht absteigen will

Seniorenaufstand: Wer garantiert auskömmliche Renten: Generationensolidarität oder Börsenspekulation?“ … Während innerhalb der Koalition offenbar bislang von Teilen die Bearbeitung des am Anfang dieses Beitrags zitierten Vorhabens „einer zügigen Entwicklung eines attraktiven standardisierten Riester-Produkts“ gemieden wurde, scheint nun doch Bewegung in die Szenerie zu kommen: Für eine Reform der Riester-Rente wollen Vertreter von Union und SPD am 5. Oktober auf Arbeitsebene im Bundesfinanzministerium über Eckpunkte verhandeln. (…) Bereits im Mai dieses Jahres wurde erkennbar, dass das Positionspapier aus den Reihen der Unionsfraktion zentrale Forderungen aus der Versicherungs- und Finanzwirtschaft aufgegriffen hat: »Ein … zentraler Punkt ist die Abkehr von der bislang geltenden 100-prozentigen Beitragsgarantie. Hiervon soll künftig abgewichen werden können, um so etwa eine stärkere Anlage in Aktien zu ermöglichen. (…) Diese Komponente findet man auch in dem Ende 2019 vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) veröffentlichten Fünf-Punkte-Plan zur Stärkung der privaten Altersvorsorge. Einer der fünf Punkte geht so: »eine Lockerung der Bruttobeitragsgarantie, um die Ertragschancen für die Sparer zu erhöhen.« (…) Dieser Hebel muss auch vor dem Hintergrund der Klage seitens der Anbieter von Riester-Produkten über anteilig hohe Verwaltungskosten gesehen werden, darunter die »sich jährlich wiederholende, komplexe und kostentreibende Verfahren im Zuge der Berechnung von Mindestbeiträgen, Verbuchung von Zulagen und deren Rückforderung sowie daraufhin entstehende Rückfragen und Beratungsbedarfe von der Kundenseite. (…) Wie es aus Unionskreisen heißt, könnten Riester-Kunden bei einer Lockerung der Beitragsgarantie künftig entscheiden, ob sie statt der vollständigen Auszahlungsgarantie nicht lieber einen höheren Aktienanteil und damit die Chance auf eine höhere Rendite wählen wollen. Womit natürlich auch die Chance auf das Gegenteil verbunden ist, was aber nicht gerne bzw. nie auch so gesagt wird…“ Beitrag von Stefan Sell vom 28. September 2020 auf seiner Homepage externer Link, siehe dazu:

  • Wunschbild der Versicherungs- und Finanzkonzerne: Sagte der Wolf zum Schaf: „Lass uns die Weide wechseln“ New
    „Nach zwanzig Jahren erklären die Schöpfer und hartnäckigsten Betreiber der Riester-Rentenversicherung deren Scheitern. Die Bundesregierung hat geplante Riester-Reformen gestoppt. Seit 2001 haben 16 Millionen Menschen in Riester-Verträge gespart. Sie sind in ihren Verträgen gebunden, egal wie katastrophal die weiteren Aussichten sind. Die Verträge nicht mehr zu bedienen oder gar zu kündigen würde sehr teuer werden. Verluste bis zu etlichen tausend Euro wären die Folge. (…) Nach dem Willen des Gesetzgebers 2001 sollten rund 40 Millionen Menschen privat vorsorgen. 24 Millionen von ihnen konnten offensichtlich nicht überzeugt werden. An das Aufbrechen dieser „Blockaden“ wird seit Jahren gearbeitet. Dabei fallen auch personelle Kontinuitäten auf. (…) Zu den Interessenvertretern der zukünftigen und jetzigen Rentnerinnen und Rentnern sollten in erster Linie die Gewerkschaften gehören. Die sind aber nicht wahrnehmbar und machen sich auch nicht wahrnehmbar. Die DGB-Forderung, das Rentenniveau vor Steuern von 48% auf 50% zu erhöhen, gleicht einem Offenbarungseid. Allein durch die nachgelagerte, jährlich steigende Besteuerung der Renten, wird das tatsächliche Rentenniveau nach Steuern weiter sinken. Die Forderung wird aber aktuell regelrecht absurd: Indem der Gesetzgeber seit Neuestem die Einkommen der arbeitenden Rentner*innen in die Berechnungen der Rentenwerte einbezieht, wird das Rentenniveau in diesem Jahr auf 49,8% ansteigen. Das passiert, ohne dass ein Cent mehr an Rente fließt. Es ist einfach nur ein statistischer Taschenspielertrick. Der DGB hat sein Ziel erreicht ohne dass Renten erhöht wurden. Toll? Nein es dokumentiert nur das Versagen der Gewerkschaftsvorstände. Wer heute 50% (und selbst 53%) als Rentenniveau vor Steuern fordert, hat kein Rentenkonzept gegen die zunehmende Privatisierung der Altersvorsorge. Denn wenn die gesetzliche Rente nicht vor Altersarmut und vor dem Absturz des erreichten Lebensstandards schützt, erhöht sich der Druck die Altersversorgung aus anderen Quellen zu holen. Das wissen die Gewerkschaftsvorstände auch und setzen auf eine alternative weitere Quelle: Betriebsrenten. Aber Betriebsrenten, die ihren Namen auch verdienen, sind ein Auslaufmodell und sie passen auch nicht mehr in eine Ökonomie, die zunehmend von prekären und befristeten Arbeitsverhältnissen, von Konzernzerlegungen und -zusammenbrüchen und von Plattformökonomie und millionenfacher Scheinselbständigkeit geprägt ist. Die Betriebsrenten, die auf Basis des Altersvermögensgesetzes 2001 und des Betriebsrentenstärkungsgesetzes 2018 abgeschlossen wurden, sind Betrugsrenten. Sie basieren nur noch auf Entgeltumwandlung, also aus Lohngeldern und müssen als ein weiterer Zweig der Privatvorsorge angesehen werden. Der Betrieb bestimmt die Versicherung, an welche die Lohngelder überwiesen werden – das war´s. Alles andere ist freiwillig. Die Hoffnung der Gewerkschaftsvorstände, mit Hilfe des Betriebsrentenstärkungsgesetzes eine Flut von Tarifverträgen abschließen zu können, hat sich glücklicherweise zerlegt. Es gibt auf Basis des im Gesetz vorgesehenen Partnerschaftsmodells auch nach 3 ¼ Jahren nicht einen einzigen Vertrag. (…) In Frankreich und Spanien haben sich in den vergangenen zwei Jahren starke Bewegungen von Millionen Menschen gegen die Angriffe auf ihre gesetzliche Altersversorgung gebildet. Die Kämpfe dort dauern an und verdienen unsere Aufmerksamkeit und Unterstützung. Durch diese Bewegungen sahen sich Gewerkschaften veranlasst, sich zu beteiligen. Alle Zeichen sprechen dafür, dass ohne Druck von unten auch in Deutschland nichts gehen wird in Sachen Altersversorgung und Generationensolidarität…“ Beitrag von Reiner Heyse vom 8. März 2021 beim Seniorenaufstand externer Link
  • Rentenpolitik: Paritätischer fordert Abschaffung der Riester-Rente
    „Scharfe Kritik übt der Paritätische Wohlfahrtsverband an dem Vorhaben der Bundesregierung, das gescheiterte Modell der Riester-Rente durch diverse Einzelmaßnahmen zu reformieren. Notwendig ist nach Ansicht des Verbandes stattdessen ein grundsätzlicher rentenpolitischer Kurswechsel, mit dem die gesetzliche Rentenversicherung gestärkt und armutsfest gemacht wird.  “Riester ist gefloppt und ein rentenpolitischer Zombie, der auch nicht dadurch reanimiert werden kann, dass man schlechtem Geld noch gutes Steuergeld hinterher wirft”, kritisiert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, die öffentlich gewordenen Pläne der Union, die Riester-Förderung durch höhere Steuerzuschüsse auszuweiten und damit faktisch unrentable Produkte bzw. Anlagen staatlich zu fördern. “Selbst eine noch so gute Bezuschussung durch Steuergeld ändert nichts daran, dass das Riester-Modell nur einen richtigen Gewinner kennt, und das ist die Versicherungswirtschaft.” Der Paritätische fordert die Abschaffung der Riester-Rente, das heißt die sofortige Einstellung jeglicher Förderung neuer Vertragsabschlüsse, und einen rentenpolitischen Kurswechsel. Die gesetzliche Rentenversicherung müsse stabilisiert werden u.a. durch den konsequenten Ausbau zu einer Erwerbstätigenversicherung, die endlich alle Erwerbstätigen, also auch Beamt*innen, Politiker*innen und Selbständige, einbezieht. Der Verband fordert zudem eine Anhebung des Rentenniveaus auf 53 Prozent…“ Pressemitteilung des Paritätischen Gesamtverbands vom 2. Oktober 2020 externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=178833
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